DER INDEX

DER

T7T?T>pnTT?ioi]^RtTf!HER.

BONN

VERLAG VON MAX COHEN & SÜHN (FR. COHEN)

1883.

DER INDEX

DER

VERBOTENEN BÜCHER.

EIN BEITRAG ZUR KIRCHEN- UND LITERATURGESCHICHTE

YON

DK FR. HEINRICH REUSCH,

PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT ZU BONN.

ERSTER BAND.

BONN

VERLAG VON MAX COHEN & SOHN (FR. COHEN)

1883.

Das Recht der Uebersetzung behalten sich Verfasser und Verleger vor.

Vorwort.

Die Aufgabe, welche ich mir bei diesem Werke gesetzt, ist in dem einleitenden Paragraphen ausführlich charakterisirt. In dem vorliegenden Bande geben die grösser gedruckten Par- tieen eine zusammenhangende Uebersicht der Entwicklung der kirchlichen Gesetzgebung bezüglich des Bücherwesens bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. In kleinerm Druck ist die Begrün- dung und weitere Ausführung dieser Skizze beigefügt. Auch diese kleiner gedruckten Partieen sind, wie ich glaube, zum grössten Theile für einen weitern Leserkreis verständlich und interessant; von einigen aber verkenne ich selbst nicht, dass die darin zusammengestellten Einzelheiten vorwiegend nur für solche ein Interesse haben, die sich mit literar- oder re- formationsgeschichtlicheu Studien beschäftigen. Es gilt dieses namentlich von einem Theile der kleiner gedruckten Partieen der §§ 3. 10-12. 14-16. 22-25. 40 und 50 (S. 518-527). Ich habe diese Details nicht unterdrücken zu dürfen geglaubt, einerseits weil durch sie der Index in der S. 4 angedeuteten Weise für die Literaturgeschichte nutzbar gemacht wird, ander- seits und hauptsächlich darum, weil die in den grösser ge- druckten Partieen über die Entstehung der einzelnen Indices und ihr Verhältniss zu einander vorgetragenen Sätze grossen- theils so neu sind und theilweise so auffallend klingen, dass ich eine jeden Widerspruch ausschliessende Begründung derselben geben zu müssen glaubte.

Wenn es mir gelungen ist, eine genauere Geschichte der Entstehung des Römischen Index und damit eine zuverlässigere Grundlage für die Würdigung desselben zu liefern als meine Vorgänger, so hat das seinen Grund hauptsächlich darin, dass es mir möglich gewesen ist und dass ich mich die Mühe nicht

IV Vorwort.

habe verdriessen lassen, fast sämmtliclie Indices des 16. Jahr- hunderts einzeln genau zu untersuchen und mit einander und mit den Werken von Gesner, Frisius u. a. und den Messcatalogen zu vergleichen. Die einzigen Indices von einiger Bedeutung, die ich nicht zu Gesicht bekommen, sind der Pariser von 1556 (S. 148) und der nicht publicirte Clemens' VIII. von 1593 (S. 532). Wer diese benutzen kann, wird meine Darstellung vielleicht in einigen Punkten vervollständigen, aber schwerlich in einem wichtigen Punkte berichtigen können.

Dass ich fast sämmtliche Indices des 16. Jahrhunderts, auch die nur noch in wenigen Exemplaren existirenden, und manche andere seltene Bücher habe benutzen können, dafür habe ich den Vorständen der beiden Mtinchener und mehrerer anderen deutschen und ausländischen Bibliotheken meinen herz- lichen Dank auszusprechen. Auch Freunde und Collegen haben mich durch Beantwortung von Anfragen und durch Mittheilung von Notizen aus Büchern und Archivalien unterstützt. Vor allem muss ich die Förderung dankend erwähnen, welche mein hochverehrter Lehrer Döllinger durch Mittheilung seiner Col- lectanea zur Geschichte des Index, durch Nachweisen und Leihen seltener Bücher und namentlich während meines wiederholten längern Aufenthalts in München fast täglich durch mündliche Belehrung meiner Arbeit hat zu Theil werden lassen.

Das Material für die Geschichte des Index bis zur Gegen- wart habe ich bereits fast vollständig gesammelt und geordnet und theilweise schon bearbeitet, so dass hoffentlich in einem Jahre der zweite Band wird erscheinen können.

Bonn im September 1883.

Reusch.

Inhalt.

Seite

1. Einleitung 1

2. Büclierverbote in der alten Kirche 8

3. Büclierverbote im Mittelalter 14

4. Das Verbot den Talmud und anderer jüdischer Bücher . 45

5. Verordnungen über Bücherwesen aus der Zeit von Erfin-

dung der Buchdruckerkunst bis zum Beginne der Re-

forriiation 53

6. Bücherverbote aus derselben Zeit 58

7. Die ersten päpstlichen Erlasse gegen die Scliriften der

Reformatoren 65

8. Die Bulla Coenae Domini 71

9. Verordnungen über Bücherwesen in Deutschland 1521

1555 ." 80

10. Verordnungen über Bücherwesen und Verzeichnisse ver-

botener Bücher in England 152ti 1555 87

11. Verordnungen über Bücher wesen in den Niederlanden.

Bücherverbote Karls V. 1521 1550 98

12. Die Löwener Indices von 1546 und 1550 113

13. Verordnungen der Kölnischen Synoden von 1549 und

1550 128

14. Verordnungen über laudier wesen und Bücher verböte in

Spanien 1521 1551. Der erste Index des Valdes . 131

15. Verordnungen über Bücherweseu und Bücherverbote in

Frankreich 1521—1551 . 140

16. Indices der Sorbonne 1543 155i. Index des Inquisitors

Becanis von Toulouse 146

17. Die Errichtung der Römischen Inquisition 1542 . . . 169

18. Strengere Durchführung der Bestimmungen über verbotene

Bücher in päpstlichen Verordnungen seit 1550 . . . 179

19. Der Index des Senates von Lucca vom J. 1545 .... 190

20. Verhandlungen auf dem Trienter Concil 1546 .... 194

21. Der zweite Index des General-Inquisitors Valdes 1554 . 199

22. Der Index des päpstlichen Nuncius Casa, Venedig 1549 . 204

23. Die Indices von Florenz 1552, Mailand und Venedig 1554 214

24. Der Löwener Index vom J. 1558 248

25. Der Index Pauls IV 258

VI Inhalt.

Seite

26. Aufnahme des Index Pauls IV. Edict des Greneral-Inqui-

sitors Card. Ghislieri vom J. 1561 294

27. Der Index des spanischen General-Inquisitors Valdes vom

J. 1559 300

28. Verhandlungen auf dem Trienter Concil 1562. 1563 . . 312

29. Der Index Pius' IV. vom J. 1564 321

30. Die Eegeln des Trienter Index 330

31. Eeception des sog. Trienter Index 342

32. Erasmus im Index 347

33. Erasmianer im Index 355

34. Mcolaus von Clemanges, Savonarola und Greiler von

Kaisersperg 367

35. Italienische Eeformationsliteratur 373

36. Nichttheologische italienische Schriften 386

37. Das Consilium de emendanda Ecclesia. Italienische Theo-

logen im Index 396

38. Verordnungen über Bücherwesen in Belgien 1560—1570 401

39. Der Lütticher Index von 1569 4U4

40. Die Antwerpener Appendix zum Trienter Index von 15 70 405

41. Der Antwerpener Index expurgatorius von 1571 . . . 423

42. P^rrichtung der Index-Congregation 429

43. Pius V. und Gregor XIII 435

44. Der Inquisitionsprocess gegen den Erzbischof Carranza . 455

45. Verordnungen über Bücherwesen in Baiern 1561 1579 . 466

46. Der Münchener Index vom J. 1582 472

47. Der portugiesische Index vom J. 1581 481

48. Die Indices des spanischen General-Inquisitors Q,uiroga

von 1583 UTid 1584 " . 490

49. Das Enchiridion ecclesiasticum des F. Gregorius Ca])ucci-

nus von 1588 498

50. Der Index Sixtus' V. vom J. 1590 501

51. Der Index Clemens' VIII. vom J. 1596 532

52. Die Instruction Clemens' VIII 539

53. Rece])tion des Index Clemens' VIII 543

54. Der Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis . . . 549

55. Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII. . . 560

56. Italienische reformatorische Schriften im Index Clemens'

VIII 580

57. Verbote spanischer Bücher 583

58. Protestantische Censur im 16. Jahrhundert 595

59. Schluss 598

Berichtungen und Nachträge 603

Eegister 606

üebersicht der besprochenen Indices.

I. Verzeichnisse von verbotenen Bücliern :

1. in England 1526-1555, S. 87.

2. in Edicten Karls Y. 1524—1540, S. 111.

3. von der Kölner Synode 1549, S. 128.

4. von der Sorbonne 1543, S. 146.

5. in Lucca 1545, S. 190.

6. von dem Inquisitor Becanis, S. 167.

Tl. Catalogi librorum probibitorum :

1. Löwener 1546, 1550 und 1558, S. 113. 248.

2. Löwener 1550 mit Zusätzen der spanischen Inquisition 1551, S. 131.

3. Pariser 1544, 1547, 1551 und 1556, S. 147.

4. von Giov. della Casa, Venedig 1549, S. 204.

5. von Gr. A. Arcimboldi, Mailand 1554, S. 215.

6. von der Inquisition zu Venedig 1554, S. 219.

7. von Ferd. Valdes 1559.

III. Indices librorum probibitorum :

1. von Paul IV. 1557 und 1550 und Abdrücke desselben 1559-1560, S. 258.

2. von Pius IV. 1564 (Trienter Index). S. 320. Abdrücke desselben 1564—1593, S. 342. Uebersetzung desselben: Catalogue . . . Rheims, 1573, S. 343.

3. Trienter Index mit Zusätzen:

a. München 1569, S. 466.

b. Lüttich 1569, S. 404.

c. cum Appendice, Antwerpen 1570, S. 405.

d. mit Catalogo dos livros etc. Lissabon 1581, S. 481.

e. München 1582, S. 472.

4. von Quiroga 1583, S. 490.

5. von Sixtus V. 1590, S. 501.

6. von Clemens VIII. 1596, S. 532. Abdrücke desselben 1596 1603, S. 54-3. Abdruck cum Appendice, Venedig 1766, S. 547.

IV. Indices expurgatorii :

1. Antwerpen 1571, S. 423.

2. Lissabon 1581, s. o. III, 3, d.

VIII Uebersicht der besprochenen Indices.

3. von Quiroga 1584, S. 490.

4. von J. M. Brasicliellensis 1607, S. 549.

5. kleinere Indices expurgatorii :

a. Censura generalis über Bibelausgaben, Pinciae 1554 (Ve- nedig 1562). S. 199.

b. Censura in glossas et additiones juris canonici, Rom 1572 (Köln 1572), S. 440.

c. Censura in notas marginales etc. Eom 1573, S. 441.

d. Index expurg. in libros Henrici Harphii, Paris 1598, S. 310.

e. Censura in omnes additiones . . . Caroli Molinaei, Rom 1602, S. 443.

V. Private Indices:

1. Encbiridion (Institutiones) Grregorii Capuccini, Ven. 1588. 1597, S. 498.

2. Index generalis von Thomas James, Oxford 1627, S. 4.

VI. Verzeichnisse empfohlener oder erlaubter Bücher:

1. Löwener 1546 und 1550, S. 115. 116.

2. Kölner 1550, S. 129.

3. Münchener 1566 und 1569, S. 466.

4. Mainzer Index librorum (katholischer Messcatalog) 1606 ff., S. 479.

Die wichtigsten Schriften über den Index.

Gretser, Jac, S. J., De jure et more prohibendi, expurgandi et abo- lendi libros haereticos et noxios. Ingoist. 1603. 4. Supple- mentiim duplex pro duobus libris de jure etc. 1604. Beide, abgedr. in Opera, ßatisb. 1734, T. 13, p. 1.

Haynaud, Theopliilus, S. J., Erotemata de malis ac bonis libris de- que justa aut injusta eorum confixione. Lugd. 1653. Von demselben: Petri a Yalle Clausa De immunitate authorum Cyriacorum a censura, Lugd. 1662, abgedr. in der Ent- gegnung von Jo. Casalas, 0. P., Candor lilii s. Ordo Praedica- torum a calumniis Petri a Valle Clausa vindicatus. Par. 1664.

Francus, Daniel, Disquisitio academica de papistarum Indioibus li- brorum prohibendorum et expurgandorum. Lipsiae 1684. 4.

Schoettgen, Cliristianus, Commentationes de Indicibus librorum pro- hibitorum et expurgandorum eorumque naevis. Dresdae 1732—35. 4.

Thesaurus bibliograpbicus ex Indicibus librorum prohibitorum et ex- purgandorum. Pensum I— VIII. Dresdae (1742?)--1747. 4.

Seabra Silvius, Jos.de, Deductio chronologica et analytica . . . lati- nitate donavit Ant. Pereria Figueredus. Olisipone 1771.

Fritsch, Bern., Dissertationes de censura librorum et propositionum

in negotiis religiopis. Yratisl. 1775. 4. Zaccaria s. S. 3.

Peignot, (t., Dictionnaire critique, litteraire et bibliographique des principaux livres condamnes au feu, supprimes ou censures. Paris 1806. 2 vol. 8.

Mendham s. S. 3. 1836 ist ein Supplement und 1844 eine Tbird Edition erschienen. Beide waren mir nicht zugänglich.

Heymans, A., De ecclesiastica librorum aliorumque scriptorum in Belgio prohibitione disquisitio. Brux. 1849. 8.

Hoffmann, F. L., Des Index prohibitifs et expurgatoires, in dem Annuaire de la Bibliotheque Royale de Belgique par le Baron de Reiffenberg, Annee X. (1849). Vgl. Bulletin du Bibliophile Beige, Tom. XIII (2. Serie, Tom. IV, 1857), p. 145.

X Die wichtigsten Schriften über den Index.

Fessler, Jos., Das kirchliche Bücherverbot. Wien 1858. Abge- druckt in der Sammlung vermischter Schriften. Freib. 1869 (S. 125—183: Censur und Index).

Petzholdt, J., Bibliotheca bibliographica, 1866, gibt S. 133 ein reich- haltigeres, aber viele unbedeutende und antiquirte Schriften enthaltendes Yerzeichniss der Literatur über den Index, und S. 136 ein chronologisches Yerzeichniss der Indices. Vgl. dazu Eeusch, Die Indices librorum prohibitorum et expur- gandorum des 16. Jahrhunderts, im N. Anzeiger für Biblio- graphie 1880, H. 8. 9.

Erklärung einiger Abkürzungen.

Alex. = Index Alexanders VII. 1664; s. S. 1.

Antw. App. = Antwerpener Appendix zum Trienter Index 1570; s. S. 405.

Antw. Exp. = Antwerpener Index expurcratorius 1571; s. S. 423.

Ben. = Index Benedicts XIY. 1758; s. S. 2.

Bras. = Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis ; s. S. 549.

Liss. 81 und 1624 = Lissaboner Index von 1581 (s. S. 481) nnd von 1624

(s. S. 2). Lov. 46. 50. 58 = Löwener Index von 1546, 1550 (s. S. 113) und 1558

(s. S. 248). Med. = Mailänder Index von 1554; s. S. 214. Mon. = Münchener Index von 1582; s. S. 472. P. = Index Pauls IV.; s. S. 258.

Par. 43. 44. 51 = Pariser Index von 1543, 1544, 1551; s. S. 146. Q. Index Quiroga's 1583. 1584; s. S. 490. Sand. = Index Sandovals 1612; s. S. 2. Sot. = Index Sotomayors 1640; s. S. 2.

Tr. = Index Pius' IV. von 1564 (Trienter Index); s. S. 321. V. 51. 54. 59. = Index des Valdes von 1551 (S. 131), 1554 (S. 199), 1559

(S. 300). Ven. = Venetianischer Index von 1554; s. S. 214. d. c. = donec corrigatur (S. 3).

Die mit * bezeichneten Indices (und sonstigen Bücher) habe ich selbst in Händen gehabt. Bei den besonders seltenen Indices ist die Biblio- thek angegeben, wo ich sie gefunden.

A. D. B. = Allgemeine Deutsche Biographie.

A. J. P. = Analecta Juris Pontificii, Rom 1855 ff.

Albit. = Albitius, De inconstantia s. S. 434.

Arg. = C. du Plessis d'Argentre, CoUectio judiciorum de novis erroribus,

Paris 1755. Archiv (für Geschichte) des D(eutschen) Buchh(andels).

XII Erklärung einiger Abkürzungen.

Baumg. = (S. J. Baumgarten), Nachrichten von einer hallischen Bibliothek

1748—52. Bocca, Catalogo (No. 12) di libri di novatori e riformatori, Rom 1879. Bull. = Bullarium Romanum, wenn nichts anderes bemerkt wird, die

Luxemburger Ausgabe. Clement, D., Bibliotheque curieuse 1750 60. Dommer, A. v., Autotypen der Reformationszeit, Hamb. 1881. Eym. = Nie, Eymerici Directorium, s. S. 4. Fontanini, G., Bibliotheca della eloquenza italiana con le annotazioni del

S. Apostolo Zeno. Parma 1804.

F. S. = Forgesetzte Sammlung; s. u. U. N.

Freytag, Fr. G., Anal(ecta literaria 1750) ; App(aratus literarius 1752 55). Fris. = Bibliotheca instituta et coUecta primum a Conr. Gesnero . . . amplificata per Joh. Jac. Frisium. Tiguri 1583.

G. = Bibliotheca universalis . . . authore Conrado Gesnero. Tig. 1545. GA. = Appendix Bibliothecae Gesneri. Tig. 1555.

GP. = , Partitiones theologicae, Pandectarum universalium Conradi Ges- neri liber ultimus. Tig. 1549. Guicciardini, Catalogo della Collezione Guicciardiniana. K.-L. = Freiburger Kirchenlexicon (die beiden ersten Bände nach der

2. Auflage). Kuczynski = Thesaurus libellorum historiam reformationis illustrantium.

Lpz., T. 0. Weigel 1870. Lutz. = Bern. Lutzenburgii Catalogus haereticorum ; S. 14. Nie. = Niceron Memoires (die französische Ausgabe, wenn nicht die deutsche

ausdrücklich angegeben wird). Nund. 64 = Frankfurter Messcatalog von 1564 u. s. w.; S. 410. Placcius, Vinc, Theatrum anonymorum Hamb. 1708. R.-E. = Realencyclopaedie für prot. Theol. 2. Aufl. Rosenthal, Antiquarische Cataloge. Schelh. = Schelhorn, Am(oenitates) lit(erariae) ; Am(oenitates) hist(oriae

eccl.); Samml(ung) für Gesch(ichte) ; Erg(ötzlichkeiten). U. N. = Unschuldige Nachrichten von alten und neuen theol. Sachen

1702—20, dann Fortgesetzte Sammlung 1720—50, Neue Beiträge

u. s. w. 1751—61. Weller, E., Repertorium typographicum. Nördl. 1864. Supplement 1874.

1. Einleitung.

Im J. 1559 unter Paul IV. erschien zu Rom ein „Ver- zeicliniss von Schriftstellern und Büchern, Index autorum et librorum, vor denen die Römische und allgemeine Inqui- sition unter Androhung von Censuren und Strafen allen Christen sich zu hüten gebietet." Das Verzeichniss ist alphabetisch ge- ordnet, aber so dass bei den einzelnen Buchstaben zuerst die Schriftsteller verzeichnet werden, deren sämmtliche Werke als verboten angesehen werden sollten, seitdem gewöhnlich Aue- tores primae classis genannt, dann einzelne mit den Namen ihrer Verfasser erschienene, zuletzt anonyme Schriften. Von einer Commission des Trienter Concils wurde in den Jahren 1562—63 dieser Index überarbeitet und zehn allgemeine Verordnungen über Bücherwesen, die sog. Regulae Indicis, beigefügt. Dieser neue Index, gewöhnlich der Trienter genannt, wurde als Index librorum prohibitorum 1564 von Pius IV. publicirt. Eine be- deutend vermehrte und theilweise modificirte Ausgabe desselben wurde 1590 unter Sixtus V. gedruckt, nach dem Tode des Papstes (27. Aug. 1590) aber unterdrückt und 1596 unter Clemens VIII. durch eine andere ersetzt, in welcher der Index Pius' IV. un- verändert reproducirt, aber den drei Classen desselben bei den einzelnen Buchstaben eine Appendix beigefügt wurde, deren Inhalt grösstentheils aus dem Index Sixtus' V. entnommen ist.

Seitdem sind zu Rom von Zeit zu Zeit neue Ausgaben publicirt worden, im Ganzen etwa 40, in welchen die mittlerweile durch päpstliche oder Decrete der Index-Congre- gation, der Inquisition oder anderer Congregationen verbotenen Bücher beigefügt wurden. Unter diesen späteren Ausgaben sind besonders bemerkenswerth die von Alexander VII. 1664 publi-

Beusch, Index. i

2 Einleitung.

cirte, in welcher die drei Classen in ein einziges Alphabet ver- einig:t wurden, eine Einrichtung*, welche in allen folgenden Ausgaben beibehalten wurde, und die von Benedict XIV. vom J. 1758, in welcher die zahllosen Fehler und Ungenauig- keiten der früheren Ausgaben grossentheils verbessert und neue allgemeine Verordnungen über das Bücherwesen beigefügt wurden.

Ausserhalb Roms erschienen mehrere Abdrücke des Index Pius' IV., einige derselben mit selbständigen Vermehrungen. Von letzteren sind besonders die zu Antwerpen 1570, zu Lis- sabon 1581 und zuMtinchen 1582 erschienenen Ausgaben zu nennen, deren Zusätze grösstentheils von Sixtus V. und Clemens VIII. in den Römischen Index aufgenommen wurden. Die nach der Publication des Index Clemens' VIII. ausserhalb Roms erschie- nenen Ausgaben, deren Zahl hundert übersteigt, sind mit wenigen Ausnahmen einfache Abdrücke der Römischen Ausgaben.

Unabhängig von den Römischen Indices, wenn auch zum grossen Theile inhaltlich mit ihnen übereinstimmend, sind die von der spanischen Inquisition vom J. 1551 bis zum J. 1844 publicirten Indices. Die ersten und für die Vergleichung mit den Römischen Indices wichtigsten sind die von den General- inquisitoren Vald^s (1551 und 1559), Quiroga (1583) und San- doval (1594) herausgegebenen; von den späteren ist der von Soto- mayor (1640) der wichtigste. Eine ähnliche Stellung gegenüber den Römischen Indices, wie die spanischen, nimmt der portu- giesische vom J. 1624 ein.

Vor dem ersten päpstlichen Index vom J. 1559 wurden mehrere Verzeichnisse von verbotenen Büchern, nicht unter dem Namen Index, sondern Catalog, ausserhalb Roms pub- licirt, namentlich von der Löweuer Universität 1546, 1550 und 1558, von der Pariser Sorbonne 1544, 1547 und 1551, von dem päpstlichen Legaten Giovanni della Casa zu Venedig 1549, von dem Erzbischof Arcimboldi zu Mailand 1554 und von der Vene- tianischen Inquisition 1554. Kleinere Verzeichnisse von ver- botenen Büchern kommen noch früher vor, namentlich in Belgien in Erlassen Karls V. und in England unter Heinrich VIII., ein- zelne Bücherverbote noch früher, auch schon in der Zeit vor der Reformation und vor der Erfindung der Buchdruckerkunst bis in das 4. Jahrhundert hinauf.

Einleitung. 8

In dem Index Pius' IV. und in den folgenden werden manche Bücher nicht unbedingt verboten, sondern mit Formeln wie „donec corrigatur" oder dergleichen, d. h. der Gebrauch der Bücher wird gestattet unter der Bedingung, dass einzelne Stellen in den vorhandenen Ausgaben getilgt oder mit der Feder cor- rigirt, in neuen Abdrücken weggelassen oder modificirt, dass die Bücher, wie der technische Ausdruck lautet, expurgirt werden. Bücher, in denen die Expurgationen für mehr oder weniger viele Bücher angegeben werden, heissen, im Unterschiede von den Indices librorum prohibitorum oder prohibitorii, Indices expur- gatorii. In Rom ist, abgesehen von Expurgationen einzelner Bücher, nur ein einziger Index expurgatorius erschienen, im J. 1607, von dem Magister Sacri Palatii Giovanni Maria da Bri- sighella (Brasichellensis) bearbeitet. Vorher erschien ein im Auftrage des Herzogs von Alba ausgearbeiteter Index expurga- torius zu Antwerpen 1571. Der spanische Generalinquisitor Qui- roga Hess seinem Index librorum prohibitorum vom J. 1583 im nächsten Jahre einen Index librorum expurgatorum folgen. Die späteren spanischen Indices heissen alle Index librorum prohi- bitorum et expurgatorum. Auch die beiden portugiesischen In- dices sind beides.

Manche Schriftsteller, namentlich französische, nennen alle Indices, welche bedingte und unbedingte Bücherverbote enthalten, namentlich die Römischen Indices librorum prohibitorum, im Gegensatze zu anderen Indices, z. B. bibliographischen Bücher- verzeichnissen, Index expurgatorius. Der gewöhnliche und rich- tige Sprachgebrach ist aber, diesen Namen auf die Indices librorum (prohibitorum et) expurgatorum zu beschränken und also die Römischen Indices mit Ausnahme des von Brisighella und die ihnen ähnlichen Index librorum prohibitorum oder kurzweg Index zu nennen.

Es gibt viele Bücher, welche von den kirchlichen Bücherver- boten überhaupt und speciell von den Indices handeln, meist im pole- mischen oder apologetischen Interesse. Die umfangreichsten und bedeutendsten darunter sind die von dem italienischen Jesuiten Francescantonio Zaccaria zu Rom 1777 veröffentlichte „Storia polemica delle proibizioni de' libri'S und das Buch des angli- canischen Geistlichen Joseph Mendham : „The Literary Policy

4 Einleitung.

of the Church of Rome exhibited in an account of her damna- tory Catalogues or Indexes, both prohibitory and expurgatory'S London 1826, 2. Auflage 1830.

In dem Buche von Zaccaria ist die Polemik gegen die Tadler der kirchlichen, speciell der Römischen Bücherverbote das Vorwiegende; die geschichtliche Darstellung ist bezüglich der altern Zeit am eingehendsten, bezüglich der Indices vielfach lückenhaft. Mendhams Buch ist hinsichtlich der Bibliographie der Indices fast vollständig und durchgängig zuverlässig: er hat die meisten wichtigen Indices selbst in Händen gehabt und beschreibt sie im allgemeinen genau und in guter über- sichtlicher Ordnung. Aber neben dieser äussern Geschichte der Indices tritt die innere, das Eingehen auf den Inhalt derselben und die Charakteristik der verbotenen Bücher, sehr zurück. Und doch ist dieses, freilich der schwierigere, aber auch der wich- tigere und interessantere Theil der Aufgabe einer Geschichte des Index. Es ist zwar eine starke Uebertreibung und Einseitig- keit, wenn Thomas James*) meint, man könne aus den Indices die werthvollen Bücher kennen lernen; aber das darf man sagen: sehr viele in den Indices stehenden Bücher gehören zu den in irgend einer Hinsicht, und grösstentheils nicht bloss wegen ihrer

1) Index Generalis Librorum prohibitoru m a Pontificiis una cum Editionibus expurgatis vel expurgandis juxta seriem literarum et triplicem classem. In usum ßibliothecae Bodleianae, et Curatoribus ejusdem specia- liter designatus. Per Tho. James, S. Theol. D. . . . Oxoniae 1627. James sagt in der Vorrede, sein Buch solle den Gelehrten, speciell den Curatoren der Bodleyanischen Bibliothek ans Flerz legen, die im Index stehenden Bücher und Ausgaben zu beachten, aufzubewahren und vor- kommenden Falls anzuschaffen, da die Bücher durchgängig werthvoll, namentlich aber die (nicht expurgirten) Ausgaben werthvoUer seien als die späteren (expurgirten). Speciell von den Indices expurgatorii sagt der anglicanische Bischof Barlow: „Es sind sehr gute Nachschlagebücher, mit deren Hülfe wir leicht finden können, was die darin verzeichneten Schrift- steller den Papisten Unangenehmes gesagt haben. Man braucht nur einen solchen Index nachzuschlagen, um die Stellen nach Buch, Capitel und Zeile angegeben zu finden, wo gegen irgend einen Irrthum oder Aberglauben Borns gesprochen wird, so dass derjenige, welcher solche Indices besitzt, wenn er nicht faul oder unwissend ist, um Zeugnisse gegen Rom nicht in Verlegenheit sein kann". Mendham p. 5.

Einleitung. 5

Seltenheit interessanten Büchern, und eine Geschichte des Index, welche auch auf den Inhalt desselben eingeht, liefert einen nicht unbedeutenden Beitrag zur Literaturgeschichte, und zwar nicht bloss, wenn auch vorwiegend zur theologischen Literaturge- schichte.

Was die protestantisch - theologische Literatur betrifft, so bestimmt zwar die zweite Regel des sog. Trienter Index, die noch heute in Kraft ist, dass alle Schriften von häre- tischen Verfassern, welche ex professo über religiöse Dinge handeln, selbst wenn sie nicht ausdrücklich im Index stehen, verboten sind, und die Geschichte des Index hat in dieser Hin- sicht nur zu zeigen, mit welcher Consequenz oder vielmehr mit welcher Inconsequenz und Ungeschicklichkeit diese Regel von den Herausgebern der Indices durchgeführt worden ist. Es sind aber von Anfang an nicht nur auch viele Schriften von häre- tischen Verfassern, welche nicht ex professo über religiöse Dinge handeln, sondern auch viele Schriften von katholischen Ver- fassern in den Index gesetzt worden, und seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts tritt das Verbieten von protestantisch-theolo- gischen Schriften gegenüber dem Verbieten von Schriften der beiden genannten Kategorieen in den Hintergrund und greift die Index-Congregation, theils durch die von ihr selbst ausge- henden Verbote, theils durch das Einregistriren der von den Päpsten oder von der Inquisition erlassenen Verbote, in die zahl- reichen und wichtigen, die Lehre und die Verfassung der katho- lischen Kirche und ihr Verhältniss zu den anderen Confessionen und zur Staatsgewalt betreff'enden Streitigkeiten innerhalb der katholischen Kirche mächtig ein, so dass sich die Geschichte des Index seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts zu einer Ge- schichte dieser Streitigkeiten, so weit sie sich in der Literatur abspiegeln, gestaltet.

Es übersteigt freilich die Kräfte Eines Mannes, alle im Index, auch nur alle im Römischen Index stehenden Bücher zu charakteri- siren; esist schon unmöglich, sie alle zu Gesicht zu bekommen, auch nicht wohl für einen einzelnen möglich, alle zugänglichen auch nur zu durchblättern. Aber das ist möglich, und das ist der mühevollste Theil meiner Jahre langen Vorarbeiten gewesen, auf Grund eigener Anschauung oder zuverlässiger Berichte,

6 Einleitung.

letzterer gibt es viele, aber sie üuden sich in vielen Biichern, oft an schwer auffindbaren Stellen zerstreut, die wichtigsten im Index stehenden Bücher und eine erkleckliche Anzahl der an sich weniger wichtigen, theilweise an, sich ganz unbedeu- tenden, genau genug kennen zu lernen, um die Gesichtspunkte angeben zu können, welche bei den Verboten massgebend ge- wesen sind, und die sonstige Literatur vollständig genug kennen zu lernen, um nachweisen zu können, welchen Einflass die Ver- bote auf die Entwicklung derselben geübt haben, ein Einfluss, der bedeutender gewesen ist, als man ohne eine specielle Kennt- niss der Geschichte des Index anzunehmen geneigt sein dürfte.

In der Geschichte des Index sind nach dem Gesagten zwei Hauptperioden zu unterscheiden: in der ersten, die bis zur Voll- endung des sog. Trienter Index mit seinen Appendices, also bis zum Ende des 16. Jahrhunderts geht, tritt die Bekämpfung der Reformation in den Vordergrund; in der zweiten handelt es sich vorwiegend um die innerkirchlichen Bewegungen. In dieser zweiten Periode bildet der Index Benedicts XIV. vom J. 1758 einen Incidenzpunkt.

Wenn es sich in einer Geschichte des Index auch vor- zugsweise um den Römischen Index handelt, so ist doch nament- lich in der ersten Periode eine eingehendere Besprechung der ausserhalb Roms erschienenen Indices schon darum nicht zu umgehen, weil manche von diesen auf die Gestaltung des Rö- mischen einen bedeutenden Einfluss geübt haben. Es wird sich zeigen, dass die Römischen Indices des 16. Jahrhunderts ihrem Hauptinhalte nach nur Compilationen, theilweise recht unge- schickte Compilationen anderer Indices sind. So wird die Frage, warum ein Buch im Römischen Index stehe, vielfach durch die andere Frage ersetzt werden müssen, warum es in einem Löwener oder einem spanischen oder einem andern Index stehe, aus welchem die Compilatoren des Römischen den Titel abge- schrieben ; Ja in manchen Fällen wird sich nur durch ein Zurück- gehen auf die von diesen Compilatoren benutzten Quellen die Frage beantworten lassen, welches Buch denn eigentlich ge- meint sei.

Ein Zurückgehen auf die Quellen und Hülfsmittel, die bei der Ausarbeitung der Römischen und der ihnen zu Grunde

Einleitung. 7

liegenden Indices benutzt wurden, wird denn auch das anschei- nend so schwierige Problem, welches die mehr als tausend Namen enthaltende erste Klasse des Römischen Index darbietet, sehr vereinfachen. Der grösste Theil dieser vielen Namen steht einfach darum in der ersten Classe, weil nicht gerade alle, aber doch die meisten Leute Männer darf ich nicht sagen, denn es sind auch ein paar Frauen darunter, in die erste Classe eingereiht worden sind, die in den verschiedenen Ausgaben des grossen bibliographischen Werkes von Conrad Gesner oder in Frankfurter Messkatalogen als protestantische Schriftsteller, vielfach nur als Verfasser einiger Predigten, einer Dissertation oder einer andern ephemeren Production, verzeichnet sind oder verzeichnet zu sein schienen; denn es ist auch nicht ausgeblieben, dass man einige sehr eifrige Katholiken, durch missverständ- liche bibliographische Angaben irregeführt, in die 1. Classe ge- setzt hat, wo sie was schärfern Tadel verdient noch jetzt z:u finden sind.

Auch ein Theil der in der 2. und 8. Classe stehenden Bttchertitel ist, wie sich nachweisen lässt, mechanisch aus Gesner, den Messkatälogen u. dgl. abgeschrieben-, das gilt aber bei diesen Classen nur von der Minderzahl.

Seit dem Erscheinen des Index Clemens' VIII. im J. 1596 ist die 1. Classe im Römischen Index nicht weiter vermehrt worden (anders ist es bei dem spanischen Index) und hat man sich im allgemeinen auf das Verbieten bestimmter einzelner Schriften beschränkt. Darum findet das eben über die Quellen des Index Gesagte auf die zweite Periode keine Anwendung.

Da die Trienter Regeln einen integrirenden Theil des Römischen Index bilden, so wird auch über die in ihnen ent- haltenen, im wesentlichen wenigstens in der Theorie noch jetzt in der katholischen Kirche zu Recht bestehenden allgemeinen Bestimmungen über das Bücherwesen und über die allmähliche Entstehung und theilweise spätere Modification dieser Bestim- mungen eingehend zu handeln und nebenbei auch über die im 1(3. Jahrhundert darüber erlassenen staatlichen Verordnungen und über das Verfahren in protestantischen Kreisen zu handeln sein.

Dass ich meine Darstellung nicht erst mit der Reformation oder der Erfindung der Buchdruckerkunst beginne, hat seinen

8 Bücherverbote der alten Kirche.

guten Grund. Die mittelalterlichen Bücherverbote sind grössten- theils auch dem Index einverleibt worden und darum in einer Geschichte des Index nicht zu umgehen, und die Bücherverbote der alten Kirche lassen sich auf so wenigen Blättern behandeln, dass ich diesen Abschnitt schon der Vollständigkeit halber bei- fügen zu müssen glaube; er ist aber darum auch interessant, weil er zeigt, wie weit man in der spätem Zeit von der Praxis der alten Kirche abgewichen ist.

2. Bücherverbote in der alten Kirche.

In manchen Ausgaben des Römischen Index findet sich als Motto die Stelle Apg. 19, 19, wo berichtet wird, dass zu Ephesus „Viele, welche vorwitzige Dinge (Zaubereien) getrieben, die Bücher zusammenbrachten und öffentlich verbrannten", oder auch ein Titelkupfer, welches die Scene darstellt mit jener Stelle als Unterschrift (so noch in der Ausgabe von 1819). Es ist aber doch ein Unterschied zwischen dem, was damals in Ephesus geschah, als diejenigen, welche Zaubereien getrieben, durch die Predigt des h. Paulus und die Zeichen, welche sie begleiteten, bekehrt und von der Nichtigkeit und Sündhaftigkeit ihres Treibens überzeugt, freiwillig ihre Zauberbücher verbrannten, und dem, was die spätere kirchliche Gesetzgebung vorschreibt, dass die von den Päpsten oder päpstlichen Behörden durch allgemeine Regeln oder specielle Erlasse für glaubens- oder sittengefährlich erklärten Bücher von niemand ohne eine ausdrückliche Erlaubniss der kirchlichen Oberen gelesen, vielmehr diesen abgeliefert und verbrannt werden sollen.

Seit jenem Vorfalle in der apostolischen Zeit hat die kirch- liche Gesetzgebung über gefährliche Bücher grosse Wandlungen durchlaufen.

Dass ein Christ das Lesen solcher Bücher zu meiden hat, von denen er weiss, dass ihre Leetüre ihm in religiöser oder sittlicher Hinsicht schädlich sein würde, ist ein Grundsatz, der seit den Zeiten der Apostel immer gegolten. Aber dieser Grund- satz ist in den ersten Jahrhunderten von den kirchlichen Oberen

Bücherverbote der alten Kirche. 9

nur durch Belehrung und Ermahnung zur Geltung gebracht worden. Dass kirchliche Behörden bestimmte Bücher als solche bezeichneten, welche von den Gläubigen im allgemeinen nicht gelesen werden dürften, davon finden sich in dem ersten Jahr- tausend, und zwar erst seit dem 4. Jahrhundert, nur einige Bei- spiele, und davon, dass das Lesen eines in dieser Weise ver- botenen Buches von einer speciellen Erlaubniss der kirchlichen Oberen abhängig gemacht und sonst mit kirchlichen Strafen be- droht worden wäre, nur allenfalls eins, aus dem J. 787.

Kirchliche Bücherverbote kommen erst vor, nachdem die christliche Religion durch Constantin den Grossen Staatsreligion geworden. Das Concil von Nicaea (325) verbot') die Thalia des Arius; darauf erliess Constantin ein Edict, worin er ver- ordnete: wie die gottlosen Bücher des Porphyrius gegen die christliche Religion vernichtet worden seien, so sollten auch die Schriften des Arius verbrannt werden; wer dieselben verberge und nicht sofort zum Verbrennen abliefere, solle mit dem Tode bestraft werden 2). Eine ähnliche Verordnung erliess Arcadius 398 bezüglich der Bücher der Eunomianer : wer sie nicht ab- liefere, heisst es am Schlüsse derselben, solle velut noxiorum codicum et maleficii crimine conscriptorum retentator mit dem Tode bestraft werden^); es werden also auf die häretischen Bücher in verschärfter Form die Strafbestimmungen des Römi- schen Rechts bezüglich der magischen Bücher angewendet: libros magicae artis apud se neminem habere licet, et si penes quoscunque reperti sint, bonis ademtis ambustisque his publice in insulam deportantur, humiliores capite puniuntur*).

Die beiden genannten Verordnungen sind ohne Zweifel aus Veranlassung der Beschlüsse der beiden ersten allgemeinen Con- cilien, vielleicht auf Ersuchen derselben erlassen worden. Von der Synode von Ephesus vom J. 431 ist uns ein Schreiben er- halten, worin der Kaiser Theodosius gebeten wird, dafür zu sorgen, dass die Irrlehre des Nestorius aus den Kirchen ent-

1) dTTGKripuHev. Soor. 1, 9, ed. Val. p. 30. Sozom. 1, 21, p. 435,

2) Soor. 1, 9, p. 32.

3) Cod. Theod. 1. 16, tit. 5, 1. 34.

4) Jul. Paulus, Receptae sent. 1. 5, tit. 23, § 12.

10 Bücherverbote der alten Kirche.

fernt und seine Bücher überall verbrannt würden 0. Der Kaiser verordnete darauf 435 : die Bücher des Nestorius dürfe niemand besitzen, lesen oder abschreiben, dieselben seien vielmehr sorg- fältig aufzusuchen und zu verbrennen ^). In einem andern Edicte des Tbeodosius wird befohlen, die Bücher des Porphyrius und anderer gegen die christliche Religion und die Schriften, welche mit der Lehre der Synoden von Nicaea und Ephesus und des Cyrillus von Alexandrien nicht übereinstimmten, namentlich die des Nestorius zu verbrennen.. Wer sie behalte und lese, habe ^die äusserste Strafe" zu erwarten^). In dem Edicte von 435 wird Vermögens-Confiscation, in einem ähnlichen nach dem Concil von Chalcedon (451) erlassenen Edicte über die Bücher der Eutychianer und Apollinaristen Deportation auf Lebenszeit angedroht*). Dass eine dieser Strafen oder gar die Todes- strafe wirklich verhängt worden sei, davon wird kein Fall be- richtet; es scheint bei der Androhung derselben sein Bewen- den gehabt zu haben.

Diese und einige andere Beispiele^) zeigen, dass es in den ersten Jahrhunderten nach Constantin Praxis war, dass die Con- cilien häretische Lehren verdammten und dann die Kaiser die betreffenden Bücher verboten und ihre Verbrennung anordneten.

Noch die Synode von Constantinopel von 536 beschränkte sich auf die Erklärung, die Bücher des Severus seien zu ver- brennen, und bat den Kaiser Justinian, die Verbrennung anzu-

1) Mansi IV, 1240.

2) Cod. Theod. 1. 16, tit. 5, 1. 66.

3) Cod. Just. 1. 1, tit. 1, n. 3: ,;Wir verordnen, alles was Por- phyrius . . . oder irgend ein anderer gegen die christliche Religion ge- schrieben, bei wem es auch gefunden werden mag, zu verbrennen. . . Da es uns zu Ohren gekommen, dass Einige Lehren aufgeschrieben, die zwei- deutig sind und nicht genau mit dem orthodoxen Glauben übereinstimmen, der von der h. Synode der zu Nicaea und zu Ephesus zusammengekommenen h. Väter und von Cyrillus dargelegt worden. ... so befehlen wir, der- artige vordem oder jetzt verfasste Schriften, namentlich die des Nestorius, zu verbrennen und der gänzlichen Vernichtung preiszugeben, so dass sie niemand mehr zu Gesicht kommen können. Wer solche Schriften fortan besitzt und liest, hat die äusserste Strafe (^axaTi^v Ti|aujpiav) zu erwarten."

4) Cod. Just. 1. 1, tit. 5, 1. 6.

5) Boehmer, Jus eccl. prot. 1. V, tit. 7, § 92. 93.

Bücherverbote der alten Kirche. 11

ordnen, was denn dieser auch unter Bezugnahme auf die älteren derartigen kaiserlichen Verordnungen that ^).

Das erste rein idrchliche Bücherverbot kommt um 400 in dem Origenisten-Streite vor: auf einem unter dem Vorsitz des B. Theophilus von Alexandria 399 gehaltenen Concil wurde verordnet, niemand dürfe die Bücher des Origenes „lesen oder haben". Gegen dieses Verbot, berichtet Sulpicius Severus^), hätten ägyptische Mönche opponirt, indem sie sagten, man dürfe nicht Schriften, die viel Gutes enthielten, um des Tadelns- werthen willen, welches darin stehe und welches auf Inter- polationen durch die Häretiker beruhe, verdammen, da die Leser leicht das Gute und das Schlechte von einander unterscheiden könnten ; dagegen hätten die Bischöfe geltend gemacht, es gebe mehr als genug von der Kirche gut geheissene Bücher, darum sei das Lesen solcher zu unterlassen, die den Ununterrichteten mehr schaden als den Unterrichteten nützen könnten; es sei darüber zu ärgerlichen Streitigkeiten gekommen und die Bischöfe hätten schliesslich den bedenklichen Schritt gethan (scaevo exemplo), zur Durchführung der kirchlichen Disciplin die Hülfe des Präfecten anzurufen.

Im J. 446 schritt Leo I. zu Rom gegen die Manichäer ein und Hess eine grosse Zahl von Büchern derselben verbrennen^). Wenn Prosper, der dieses berichtet, beifügt, viele Bischöfe im Orient hätten die industria des Papstes nachgeahmt, so ist da- mit wahrscheinlich nicht speciell das Verbrennen von Büchern, sondern überhaupt das Einschreiten gegen die Manichäer ge- meint. Im folgenden Jahre schrieb Leo an den spanischen

1) Mansi VIII, 1153: „Wir verbieten allen, von diesen Büchern irgend eines zu besitzen; und wie es nicht gestattet ist, die Bücher des Nostorius abzuschreiben oder zu besitzen, weil die Kaiser vor uns in ihren Verordnungen befohlen haben, sie gleich den Schriften des Porphyrius gegen die Christen zu behandeln, so soll auch das, was Severus gesagt und geschrieben, bei keinem Christen bleiben, . . . vielmehr von den Be- sitzern verbrannt, . . und fortan von niemand abgeschrieben werden. . . . Wer seine Schriften abschreibt, soll durch Abhauen der Hand bestraft werden".

2) Dial. I, 6. 7.

3) Prosper, Chron. ed. Paris 1711. p. 749.

12 Bücherverbote der alten Kirche.

Bischof Turibius: die von den Priscillianisten gefälschten Bibel- handschriften dürften nicht bei den kirchlichen Lesungen ge- braucht werden, ihre apokryphischen Schriften aber seien nicht nur zu verbieten, sondern zu verbrennen ; einen Bischof, der nicht verbiete, die Apokryphen im Hause zu haben, oder gestatte, die von den Priscillianisten verfälschten Codices als biblische zu lesen, müsse man als Ketzer ansehen ; auch derjenige, welcher die priscillianistischen Schriften des Dictinnius gebrauche, die nicht nur von der katholischen Kirche, sondern auch von ihrem Verfasser selbst nach seiner Bekehrung verdammt worden seien, sei nicht als Katholik anzusehen 0-

Die erste allgemeine Synode, welche selbst die Verbren- nung der (ihr vorliegenden Exemplare der) von ihr verdammten Schriften, darunter der Briefe des Papstes Honorius, an- ordnete, war die dritte allgemeine Synode von Constantinopel im J. 6812). Die Trullanische Synode von 692 verordnete das Verbrennen von erdichteten Martyrergeschichten ^).

Die zweite allgemeine Synode von Nicaea (787) befahl, die Schriften gegen die Bilderverehrung in der Amtswohnung des Bischofs von Constantinopel mit den Büchern der übrigen Häre- tiker aufzubewahren, und bestimmte : wer tiberwiesen werde, dass er dieselben verberge, solle, wenn er ein Bischof, Priester oder Diakon sei, abgesetzt, wenn er ein Mönch oder Laie sei, excommunicirt werden*). Etwas früher, auf dem Römischen Concil im J. 755, wurde von den Bischöfen beantragt, die von dem Concil verdammten Schriften des Adelbert zu verbrennen; Papst Zacharias erklärte es aber für zweckmässiger, sie im Römischen Archiv aufzubewahren ad reprobationem et ad per- petuam ejus confusionem ^).

Als der älteste Index verbotener Bücher wird gewöhnlich das 496 auf einem Römischen Concil publicirte (auch in das

1) Ep. 15 n. 15. 16.

2) Mansi XI, 582: „Und wir beschliessen, dass diese Schriften als gottlos und seelenverderblich sofort zur gänzlichen Vernichtung dem Feuer übergeben werden sollen. Und sie wurden verbrannt".

3) Mansi XI, 972.

4) Mansi XIII, 430.

5) Mansi XII, 379.

Bücherverbote der alten Kirche. 13

Decretum Gratiani c. 3 D. 15 aufgenommene) sog. Decretum Ge- lasianum bezeichnet *). Es werden darin zunächst die von der Römischen Kirche recipirten patristischen Schriften aufgezählt; dann heisst es : „Caetera, quae ab haereticis sive schismaticis conscripta vel praedicata sunt, nullatenus recipit catholica et apostolica Romana ecclesia", und nach einem langen Verzeich- niss von Apokryphen und Schriften häretischer und als hetero- dox angesehener Schriftsteller: „Haec et omnia his similia . . . non solum repudiata, verum etiam ab omni Romana catholica et apostolica ecclesia eliminata atque cum suis auctoribus au- ctorumque sequacibus sub anathematis indissolubili vinculo in aeternum confitemur esse damnata.^^ Das Beeret ist offenbar kein Index im spätem Sinne, da es nur eine Verwerfung und Verdammung der betreffenden Schriften, nicht ein allgemeines Verbot des Lesens derselben ausspricht.

Bellarmin '^) macht sich, nachdem er zu beweisen versucht, dass die Bücher der Ketzer mit Recht verboten und verbrannt würden, die Einwendung: nach Eus. H. E. 7, 6 habe Dionysius von Alexandria, als er wegen des Lesens häretischer Bücher ge- tadelt wurde, sich auf eine Vision berufen; nach Soor. 6, 15 habe Theophilus von Alexandria, als man ihn darüber tadelte, dass er die Schriften des Origenes lese, geantwortet, er entnehme daraus das Gute und verwerfe das Schlechte; Hieronymus sage (Ep. 119, 11), er lese häretische Schriften, um das Gute daraus zu entnehmen, obschon er wisse, dass einige darüber murrten, und Gelasius sage de vinc. anath., die Bücher der Ketzer seien theils anzunehmen, theils zu verwerfen, und citire dabei das Schriftwort : Prüfet alles, das Gute behaltet. Auf diese Ein- wendung antwortet Bellarmin : Aus den ersten Stellen gehe her- vor, dass es auch in der alten Kirche Sitte gewesen, ketzeri- sche Bücher nicht zu lesen, da sonst niemand jene Väter ge- tadelt haben würde. Das Lesen ketzerischer Bücher sei aber den Bischöfen und vielen anderen gestattet gewesen, wie es auch jetzt gestattet werde; darum hätten die Patriarchen Dio- nysius und Theophilus und der gelehrte Hieronymus sie lesen

1) Hefele, Conc.-Gesch. II. §. 217.

2) Controv. de membris Eccl. mil. 3, 20.

14 Bücherverbote im Mittelalter.

dürfen. Es habe bezüglich des Lesens ketzerischer Bücher, abgesehen von den Büchern des Ariiis, damals vielleicht (!) noch nicht, wie jetzt, ein allgemeines kirchliches Gesetz, son- dern nur eine Gewohnheit bestanden. ~ Dass niemand, auch nicht ein Patriarch und ein Gelehrter, ohne Erlaubniss des Papstes ketzerische Bücher lesen dürfe, war jedenfalls in der alten Kirche weder Gesetz noch Gewohnheitsrecht.

3. Bficlierverbote im Mittelalter.

Von den zahlreichen mittelalterlichen Bücherverboten sind hier diejenigen zu besjirechen, welche entweder für die Ent- wicklung der kirchlichen Gesetzgebung von Bedeutung sind oder in den ludices des 16. Jahrhunderts Berücksichtigung gefunden haben.

In grösserer Zahl wurden mittelalterliche Schriftsteller zuerst im Med. und Yen., dann von Paul lY. in den Index aufgenommen. Die Compilatoren dieser Indice.s entnahmen die Namen zum grössten Theile aus dem Ketzer-Catalog des Bernard Lutzenburg 0, der seiner- seits hauptsächlich das Directorium des Nicolaus Eymeric ^) als Quelle benutzt hat. Wenn nicht im Folgenden das Gegentheil erwähnt wird, stehen die hier besprochenen mittelalterlichen Schriftsteller im Eöm. Ind. und sind sie aus Lutz, dorthin gekommen. Es sei aber hier gleich erwähnl, dass manche mittelalterliche Häretiker seit P. in der 1. Cl., also unter denjenigen stehen, deren sämmtliche Schriften verboten sind, welche nichts geschrieben oder von denen keine Schriften erhalten sind.

1. Im 9. Jahrhundert wurden Claudius vo n T u r i n, Ag o- bardus von Lyon, Gottschalk und andere wegen ihrer Lehren verfolgt; aber von förmlichen Verboten ihrer Schriften wird nichts berichtet. Claudius und Agobardus starben als Bischöfe um 840, Gottschalk als Excommunicirter 868 oder 869.

Claudius von Turin steht seit P. in der 1. CL, er ist der älteste Schriftsteller in dieser Classe, seit Tr. mit dem Zusätze „qui scripsit de imaginibus". Von den Werken des Agobardus wurde die 1605 erschienene Editio princeps von Papirius Masson sofort

1) Fr. Bernardi Lutzenburgii Catalogus haereticorum. S. 1. et a. 1522*. Ich citire nach der Ed. V., Köln 1537.

2) Nie. Eymerici Directorium Inquisitorum cum oommentariis Fran- cisci Peernae. Ven. 1607.

Claudius von Turin. Agobardus. Berengar. Erigena. 15

6. Dec. 1605 verboten, aber, wie es scheint, obscbon das Verbot unbedingt lautet, nur der Zuthaten des Herausgebers wegen; denn die Ausgabe von Baluze 1666 und andere Ausgaben wurden nicht verboten. In den spanischen Indices (Sand. Sot.) und im Liss. 1624 wird verordnet, in der Vorrede Massons eine Stelle, in seiner Synopsis de vita Agobardi ejusque doctrina zwei Stellen und den ganzen Paragraphen de imaginibus zu streichen; der Text des Agobardus darf unverändert bleiben, nur soll bei zwei Stellen ein „Caute lege" am Rande beigefügt werden '). Grottschalk steht (nicht bei Lutz, und) in keinem Index.

2. Auf der Synode zu Vercelli 1050 wurde die Abend- mablslehre des Berengar von Tours verdammt und ein älteres Buch über das Abendmahl zerrissen, welches dem Johannes Scotus Erigen a zugeschrieben wurde ^), aber wohl das von Ratraranus von Corbie (f um 870) verfasste Buch de corpore et sanguine Christi war. Berengars Lehre wurde noch mehrere Male verdammt und er selbst genöthigt. auf einer Synode zu Rom 1059 seine Vertheidigungsschrift zu verbrennen und 1079 ein seine Lehre ausschliessendes Glaubensbekenntniss abzulegen. Von Scotus Erigena wurde auf einer Synode zu Sens 1225 das Buch de divisione naturae verworfen. Honorius III. bestätigte dieses Urtheil und verordnete, die Schrift überall aufzusuchen, unter Androhung der Excommunication zur Ablieferung derselben binnen 15 Tagen aufzufordern und sie öffentlich zu verbrennen oder nach Rom zu schicken, damit sie dort verbrannt werde ^j.

Berengar steht seit Tr. in der 1. Gl. als Berengarius Diaconus Andegavensis; P. hatte, wahrscheinlich weil Berengar mit der Kirche ausgesöhnt gestorben*), Berengarii opera in die 2. Cl. ge- setzt''). -— Erigena steht nicht in den älteren Indices; erst 1685 wurde die Oxforder Ausgabe der Bücher de divisione naturae ver-

1) Possevin in seinem Apparatus (1608) bezeichnet ihn als Sanctus Agobardus (er wird in Lyon als Heiliger verehrt) und spricht von der Ausgabe von Masson, ohne das Verbot zu erwähnen. Bellarmin de scr. eccl. erwähnt weder Claudius noch Agobard.

2) Hefele IV, 712. Mansi XIX, 774.

3) Hefele V, 833. Mansi XXII, 1212.

4) Sein Widerruf (bei Eym. p. 246) beginnt: Ego Berengarius, indignus S. Mauritii Andegavensis ecclesiae diaconus.

5) Lutz. : Berengarius . . . errorem revocavit, , . . ideo inter haere- ticos non ponitur, quia postea non fuit relapsus, sed doctrina ejus fuit haeretica.

16 Bücherverbote im Mittelalter.

boten. Man könnte loannes Philologus im Ven. für einen Schreib- fehler für loannes Philosophus halten, unter welchem Namen Erigena bei Lutz, erwähnt wird *). Es ist aber vielmehr ein Schreibfehler für lonas Philologus, den Yen. bei Gr. fand. P. nahm aus Ven. den verschriebenen und aus Gr. den richtigen Namen in die 1. Gl. auf; sie stehen noch heute beide unter einander. Das Buch des Ratramnus wurde als Bert rami liber de corpore et sanguine Domini zuerst zu Köln (Zürich?) 1532 2) und dann wiederholt gedruckt. Es kam durch P. in die 2. Gl. Es wurde von katholischen Gelehrten im 16. Jahrh. vielfach als eine Fälschung, gewöhnlich des Oecolampadius bezeichnet (noch Sot. p. XXI nennt es librum pestilentissimum Oe- colampadii; auch Th. Raynaud, Erot. p. 204, meint, es sei von Oecolampadius gemacht oder verfälscht, sagt dann aber p. 205, es sei von Ratramnus). In dem Antw. Exp. p. 54 steht ein Gutach- ten der Universität Douay, welches darauf hinausläuft, das Buch möge freigegeben werden mit Ausmerzung einiger Stellen, die viel- leicht von den Häretikern, welche die oben genannten Ausgaben be- sorgt, beigefügt seien; aber Possevin s. v. Bertramus sagt, es möge niemand denken, wegen jenes Gutachtens sei das Buch erlaubt. Es steht in der That noch heute im Index. Es erschienen aber viele Ausgaben desselben, eine von Jacques Boileau 1712 mit einer Ab- handlung, worin er die Orthodoxie des Verfassers gegen Hardouin vertheidigt^); diese ist nicht auf den Index gekommen.

3. Abaelard wurde 1120 auf der Synode zu Soissons ge- nöthigt, seine Introductio in theologiam zu verbrennen, und InnocenzIII. befahl 1140, ihn und Arnold von Brescia in Klöster einzusperren und ihre Bücher zu verbrennen'*).

Dass Arnold (1155 in Rom gehängt) nicht im Index steht, könnte man natürlich finden, da er kein Schriftsteller war; aber der auf der Synode zu Pisa 1135 verurtheilte Petrobrusianer Hein- rich von Lausanne^) steht als Henricus Tolosanus in der 1. Ol., obschon von ihm ebenso wenig Schriften existiren (P. hatte ihn aus Ven., dieser aus Lutz, aufgenommen, im Tr. wurde er ge- strichen, von S. Gl. aber wieder eingesetzt). Auch Abaelard steht seit P. in der 1. GL, obschon Sot. ausführlich demonstrirt :

1) loannes Philosophus, qui transtulit libros Dionysii, et ejus liber, quem fecit de eucharistia, damnatus est in concilio Vercellensium ... et non est Scotus ordinis Minorum (Duns Scotus).

2) Pestalozzi, Bullinger S. 630.

3) Liber de corp. et sang. Dom. Ratramno seu Bertramo, 0. Ben., presb. Corbejensi assertus et ab haeresis Calvinianae suspicione vindicatus. Par. 1712. 8. Vgl. A. J. P. 15, 769. R. Gibbings, An exact reprint of the Roman Ind. exp. p. XLIV.

4) Hefele V, 431.

5) Hefele V, 379.

Abaelard. Gilbertus Porretanus. Amalrich. 17

wenn er aiicli diesen Platz verdient habe, da er nicht nur ein Häretiker, sondern gewissermassen ein Häresiarch gewesen, so sollte er doch eigentlich wegen seiner Abschwörung und Bekehrung und seines erbaulichen Todes (1142) in die 2. Cl. versetzt- werden*).

4. Von Gilbert de la Porree (gestorben als Bischof von Poitiers 1154) wird berichtet: Eugen III. habe auf der Synode zu Reims 1148 vier capitula aus seinem Commentar zu Boe- thius de trinitate verdammt, districte prohibens, ne eundem librum legere vel transscribere quis auderet, nisi prius eum Ro- mana Ecclesia correxisset; Gilbert habe sich erboten, das Buch selbst nach dem Verlangen des Papstes zu corrigiren, dieser habe das aber abgelehnt. „Eine solche Correctur", sagt Hefele, es ist das erste Beispiel, dass eine solche förmlich vorge- schrieben wird, „scheint nicht erfolgt zu sein; wenigstens enthält der Text, wie wir ihn jetzt haben, noch die alten Irr- thümer". Im Index steht Gilbert nicht, obschon Lutz, ihn hat.

5. Eine Pariser Synode von 1209 oder 1210 excommuni- cirte den 1204 gestorbenen Amalrich von Bena und Hess seine Gebeine aus dem Gottesacker ausgraben; seine Lehre wurde auch von dem Lateran- Concil von 1215 verdammt. Dieselbe Pariser Synode Hess auch Schriften von David von Dinant ver- brennen, verbot bei Strafe der Excommunication die Bücher des Aristoteles de metaphysica Gregor IX. bestätigt dieses 1231 mit dem Zusätze: bis sie geprüft seien, ~ und befahl, „in ro- mano" (in romanischer d. i. französischer Sprache) geschriebene theologische Bücher denDiöcesanbischöfen abzuliefern 2). Mehrere Anhänger des Amalrich, welche die Synode verurtheilt hatte, wurden im Dec. 1210 auf Befehl Philipp Augusts verbrannt, u. a. ein Goldschmied Wilhelm.

Amalrich steht als Almaricus hei P., wurde aber von Tr. gestrichen; dagegen hat sich in der 1. Cl. bis heute behauptet Gui- lelmus Aurifex! Das Verbot der Bücher des Aristoteles hängt

1) Sot. gibt eine Expurgation der Pariser Ausgabe des Abaelard von 1616: es sollen nicht nur in der Vorrede des Fran^ois d'Amboise und in den Noten von Quercetanus (Duchesne), sondern auch in Abaelards Werken manche Stellen, einige Briefe ganz, gestrichen, bei anderen Stellen „Vide censuram Parisiensem hoc loco" oder „caute lege" oder dgl. beigefügt werden.

2) Arg. la 129.

Beusch, Index, o

1^ Bücherverbote im Mittelalter.

mit der Verdammung Amalrichs und Davids von Dinant zusammen. Der gleichzeitige Chronist Rigordus, Mönch von St. Denis, berichtet darüber: „Zu jener Zeit wurden zu Paris Schriften über Metaphysik gelesen, angeblich von Aristoteles verfasst, die von Constantinopel herübergebracht und aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt waren. Da sie durch ihre subtilen Sätze nicht nur zu der Ketzerei Amalrichs Anlass gaben, sondern auch zu neuen Ketzereien Anlass geben konnten, wurde von dem Concil verordnet, sie alle zu ver- brennen, und bei Strafe der Excommunication verboten, sie abzu- schreiben, zu lesen oder zubehalten". Im J. 1215 verordnete der päpstliche Legat, Card. Robert de Corleon, der die L^niversität reor- ganisirte : „Die Bücher des Aristoteles de metaphysica et de na- turali philosophia und summae de iisdem oder über die Lehre des David von Dinant oder des Ketzers Amalrich oder des Mauritius Hispanus sollen nicht gelesen werden". Am 5. April 1231 schrieb Grregor IX. an die Universität : „Die Magistri artium sollen die libri naturales, welche von dem Provincialconcil verboten worden, nicht gebrauchen, bis dieselben geprüft und von jedem Verdacht des Irr- thums gereinigt worden sind". Das Verbot war nicht lange in Kraft 1).

6. Die vierte Lateran- Synode von 1215 erklärte in cap. 2:

^Wir verdammen und verwerfen die Schrift oder den Tractat,

den der Abt Joachim [von Flore in Calabrien f 1202] gegen

den Magister Petrus Lombardus herausgegeben haf ; ein

besonderer libellus seu tractatus der Art existirt nicht; es ist

eine scharfe Aeusserung Joachims gegen Petrus Lombardus die

Trinitätslehre betreffend gemeint, wovon das Beeret des Concils

ausführlich handelt; „wenn jemand die Lehre des besagten

Joachim in diesem Punkte zu vertheidigen oder zu billigen w^agt,

soll er als Ketzer von allen zurückgewiesen werden". Damit

solle aber, wird beigefügt, in keiner Weise dem von Joachim

gegründeten Kloster zu Fiore zu nahe getreten werden, zumal

Joachim in einem Briefe sein Festhalten an dem Glauben der

Römischen Kirche betheuert und angeordnet habe, alle seine

Schriften sollten dem apostolischen Stuhle zur Approbation

eventuell zur Correctur vorgelegt werden 2). Joachims mystisch-

1) Jo. Launoi, Varia Aristotelis in acad. Paris, fortuna, c. 1,4, 6, 8,9. Arg. I a 132. 238.

2) Das Decret steht bei Eym. p. 1 und bei Arg. I a 120; hier auch die anderen betreffenden Documente. Vgl. Döllinger, der Weissagungs- glaube und das Prophetenthum in der christlichen Zeit, im Histor. Taschen- buch 1871, S. 319.

Aristoteles. Joachim von Fiore. 19

prophetische Schriften sind in Rom nie verdammt worden, wohl aber eine von Gherardino da Borgo San Donnino verfasste Ein- leitung zu einer Sammlung von drei Schriften Joachims, Intro- ductorius in Evangelium aeternum.

In dem von der Lateran-Synode erwähnten merkwürdigen Briefe vom J. 1200 sagt Joachim: er habe, wie man aus einem Briefe Clemens' III. (1187 91) ersehen könne, im Auftrage der Päpste Lucius' IIL (1181—85) und Urbans IIL (1185-87) einiges geschrieben, mit dem Vorbehalte, dass die Schriften dem apostoli- schen Stuhle vorgelegt werden sollten, nämlich einen liber Concor- diae in 5 Büchern [Concordantia N. et Y. T. s. Conc. veritatis], eine Auslegung der Apokalypse in 8 Theilen, das Psalterium decem chordarum in 3 Theilen und einige kleine Schriften gegen die Juden und gegen die Gregner des katholischen Grlaubens; von diesen Schrif- ten habe er bis jetzt nur die erste dem apostolischen Stuhle vor- legen können ; wenn er sterbe, ehe er die anderen vorlegen könne, sollten seine Ordensgenossen sie vorlegen und in seinem Namen die Correctur derselben annehmen.

Die Cistercienser, welche gegen Joachim erbittert waren, weil er sich mit der von ihm gestifteten Congregation von ihrem Orden getrennt hatte, suchten die Verdammung des Mannes oder doch seiner Schriften zu erwirken und beuteten auch das Beeret des Lateran-Concils gegen ihn aus. Honorius III. (1216 27) nahm aber in zwei Schreiben an die calabrischen Bischöfe*) die Congre- gation Joachims in Schutz und erklärte unter Hinweisung auf den Schluss des Lateranensischen Decretes, er halte Joachim für einen katholischen Mann. Als solcher ist er auch später in Rom immer angesehen worden 2). Benedict XIV. (De beatif. 1. 2 c. 33 n. 11) führt das zweite Schreiben Honorius' III. an und sagt : In vita vir- tutibus et in vita et post obitum miräculis damit et in loco, ubi sepultus est, cultum publicum obtinet, quemadmodum comproba- runt Bolland. ad d. 29. Mail. Wenn ein Buch des Abtes Gregorius de Laude oder de Lauro, B. loannis loachim abbatis et Florensis ordinis institutoris Hergasiarum alethia apologetica s. mirabilium veritas defensa (Neapel 1660, fol.) 1663 d. c. auf den Index ge- setzt wurde, so war der Grrund wohl nur, dass der Verfasser be- hauptet, von dem libellus gegen Petrus Lombardus habe dem Lateran-Concil ein von Joachims Gegnern interpolirter Text vorge-

1) Das eine vom J. 1216 steht bei Possevin, App. 1,808, das andere J. 1221 bei Eym. p. 6, Arg. I a 121.

2) Dante sagt von ihm (Par. 12, 139):

und hier an meiner Seite Erglänzt Abt Joachim, der Calabrese, Der mit prophet'schem Geiste war begäbet.

2tO Bücherverbote im Mittelalter.

legen und das Concil habe durch die Yerdammung des libellus zwar nicht in quaestione iuris, aber in, quaestione facti geirrt*).

Um die Mitte des 18. Jahrli. vereinigte der Minorit Grherar- dino da Borgo San Donnino^) die oben genannten drei Schriften Joachims zu einem Granzen unter dem Titel Evangelium acte r- num und schrieb dazu eine Einleitung, Introductorius, welche von den meisten Anhängern Joachims als eine Verzerrung seiner Lehre angesehen wurde. Das Werk wurde von dem Bischof von Paris dem P. Innocenz IV. denuncirt und im Auftrage seines Nachfolgers Alexander TV. von drei Cardinälen geprüft^). Gleichzeitig denun- cirten Pariser Minoriten Sätze aus der Concordantia. Alexander IV. schrieb darauf 1255 und 1256 dem Bischof von Paris: Der Intro- ductorius sei zu vernichten (abolendus), desgleichen gewisse Sche- dulae (die von den Minoriten zusammengestellten Sätze), in quarum nonnullis multa, quae in libello non continebantur eodem, nequiter sibi adscripta fuisse dicuntur; der Bischof solle unter Androhung der Excommunication zur Ablieferung des Introductorius und der Schedulae auffordern, um sie zu vernichten, und befehlen, dass nie- mand dergleichen (Schedulae) verfassen oder behalten solle.

Also nur der Introductorius wurde in Rom verdammt, Ghe- rardino wurde zu lebenslänglicher Haft verurtheilt und starb nach 18 Jahren im Kerker, nicht die Schriften Joachims, obschon sie vieles enthalten, woran man in Rom Anstoss nehmen konnte *). Nur ein Concil von Arles unter dem Erzbischof Florentinus, der sich 1255 in Rom vergebens für die Yerdammung bemüht hatte, verdammte 1260 auch libros Concordantiarum et alios libros loachi- miticos und verbot unter Androhung der Excommunication, ne tali- bus utantur et ea ultra recipiant^).

In der Mitte des 13. Jahrhunderts erschienen auch unter Joa- chims Namen Commentare zu Isaias und Jeremias, von italienischen Minoriten verfasst, in seinem Greiste und nach seiner Methode, aber doch hinsichtlich des Tones und Urtheils bedeutend von Joachims Schriften verschieden ®).

Paul lY. setzte in den Index: loachimi Abbatis liber contra Petrum Lombardum. Dieses wurde von Tr. gestrichen; S. nahm es wieder auf und fügte bei : Item Commentaria in Jeremiam '^) ; von

1) Arg. I a 122.

2) Nach Eym. u. a. der Minoriten - General Johann von Parma. Im Anhang des Ven. steht: Evang. aet. edidit Fr. Petrus loannis ord. min.

3) Ihr Gutachten Arg. I a 163.

4) Döllinger S. 321. 325. W. Preger, Das Evangelium aeternum und Joachim von Floris, Abh. der bist. Cl. der Ak. zu München XII, 3, 21, hält die drei Schriften für unecht.

5) Arg. la 166.

6) Döllinger S. 322. 328.

7) Die Interpretatio in Jeremiam war 1525 zu Venedig mit päpst- lichem Privileg gedruckt; sie enthält starke Stellen über die ecclesia car-

Evangelium aeternum. Gull, de S. Amore. 21

Cl. wurde aber beides wieder gestrichen. Dagegen blieb seit P. in der 3. Cl. Evangelium aeternum, wobei aber wohl nur an den In- troductorius gedacht ist.

6. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts finden sich mehr- fach Verdammungen von Büchern, die von Päpsten ausgesprochen werden mit der ausdrücklichen Bemerkung, das betreffende Buch sei von einigen Cardinälen w^ie das eben erwähnte Buch des Gherardino oder von Cardinälen und Theologen geprüft worden, ein Vorbild der später errichteten Congregationen der Inquisition und des Index. Unter dem 5. Oct. 1256 erliess Alexander IV. eine Bulle gegen den Tractatus brevis novissi- morum temporum (liber de periculis nov. temp.) des Pariser Theologen Wilhelm von Saint Amour, welcher ein düsteres Bild von dem Zustande der Kirche entwirft und sich sehr scharf gegen die neuen Bettelorden wendet*). Der Papst sagt: er verwerfe auf den Rath von vier Cardinälen, die er mit der Prü- fung des dem apostolichen Stuhle zur Anzeige gebrachten Buches beauftragt, kraft apostolischer Autorität das Buch als ein ver- brecherisches und abscheuliches und gebiete allen, die dasselbe besässen, bei Strafe der Excommunication, es binnen acht Tagen zu verbrennen. Wilhelm übersandte Clemens IV. sein Buch umgearbeitet unter dem Titel : Collationes catholicae et cano- nicae scripturae ad instructionem . . . contra pericula imminentia ecclesiae per hypocritas pseudopraedicatores. Von einem Urtheile des Papstes über diese Umarbeitung ist nichts bekannt^). Wil- helm blieb übrigens im Amte.

P. setzte G-uilelmus de Sancto Amore in die 1. Cl.; er wurde aber von Tr. gestrichen^).

nalis, die Päpste u. s. w. (Weller), Altes und Neues, 1762, I, 322. In Venedig erschienen auch, von dem Augustiner Silvester Meucci edirt, Expositio in Apoc. 1527, Psalterium decem chordarum 1527 (mit Privileg Clemens' VII.), Liber concordiae N. ac V. T. 1519 (Preger S. 16), schon 1515 mit einem Privileg des Papstes und mit Approbation des Patriarchen und des Inquisitors Abbas Joachim magnus propheta, worin eine Vita Joachims und mehrere mittelalterliche prophetische Schriften abgedruckt sind, auch der Tract. de Septem statibus Ecclesiae von Ubertino da Casale.

1) Bull. I, 112. Arg. la 168. Döllinger S. 330.

2) Nur ein vorläufiges Schreiben des Papstes. Arg. Ja 172.

3) Als 1633 zu Paris eine Ausgabe seiner Werke erschien, wurde sie

22 Bücherverbote im Mittelalter.

Bei dem späteren Streite des Erzbischofs Richardus Radulphi (Fitz-Ralph) von Armagh mit den Bettelmönchen handelte es sich zunächst um die Frage, ob die österliche Beichte bei dem Pfarrer abzulegen sei oder auch bei einem Mönche abgelegt werden könne. Richard wurde von Innocenz VI. 1357 nach Avignon citirt und starb 1360 vor der Beendigung des Processes. Benedict XIV. sagt von ihm : „Theophil Raynaud und mehrere von ihm angeführte Autoren zählen ihn unter die Ketzer; aber Innocenz VI. hat 1357 die Entscheidung der Streitfrage suspendirt (später ist sie wieder- holt zu Grünsten der Mendicanten entschieden worden) und Boni- facius IX. (1389 1404) hat eine remissoria für Richard erlassen, quia oppositiones ejus deprehensae fuerunt a bono zelo provenientes nee non de eins sanctitate et miraculis fama vigebat" *). Er steht als Armacanus (bei Lutz, und) im Med. und Ven., aber in keinem Rom. Ind. Bellarmin (de scr. eccl. 1350) sagt von Richard: caute valde legendus est, und verwirft besonders auch Stellen in der Summa con- tra Armenos, welche viele Irrthümer über die Gewalt der Priester, die Armuth Christi und den status religiosorum mendicantium ent- hielten, deutet sogar an, dass Wycleff einiges von Richard ent- lehnt habe'^).

7. Veranlasst durch ein Schreiben P. Johannes' XXL, veröffentlichte der Bischof Stephan Templer von Paris 1276 nach Berathung mit anderen Prälaten und Theologen eine Censur über 219 Sätze, über die in den Schulen disputirt wurde unter dem Vorgeben, sie seien „nach der Philosophie wahr, aber nicht nach dem katholischen Glauben"; zugleich verdammte er ver- schiedene Bücher über Zaubereien, Nekromantie und Teufels- beschwörung und gebot unter Androhung der Excommunication, dieselben binnen sieben Tagen abzuliefern^). Im J. 1325 er- liess Johann XXII. eine Bulle gegen Teufelsbeschwörungen und dgl. und gebot unter Androhung der Excommunication und au-

von dem königlichen geheimen Rath verboten, weil das Buch de periculis noviss. temp. von Alexander IV. 1256 verdammt worden sei. Arg. I, XLI.

1) De beatif. 1. 2 c. 30 n. 2. Vgl. Arg. I a 378.

2) Seine in Avignon gehaltene Vertheidigungsrede und die Anklage- schrift seines Hauptgegners, des Franciscaners Roger Conway, Defensiones curatorum contra privilegiatos a Rieh. Arm. et privilegiatorum seu men- dicantium contra Arraachanum a Rogerio Chonnoe, wurden 1496 u. s. gedruckt (auch in Browns Fasciculus II 466), die Summa s. libri 19 adv. Armenos nebst drei Predigten gegen die Bettelmönche Paris 1511. R. Simon, Lettres I, 152, bespricht letzteres Buch ausführlich und sagt : II n'est pas eloigne des principes des protestants.

3) Arg. I a 175.

Richardus Armachanus. Zauberbücher. 23

derer Strafen, alle Schriften, „die etwas von den vorbesagten verdammten Irrthümern enthielten", binnen acht Tagen zu ver- brennen *).

Der Bischof Tempier verdammt librum de amore s. de Deo amoris, librum necromantiae und libros rotulos seu quaterniones ni- gromanticos [sie] aut continentes experimenta sortilegorum, invoca- tiones daemonum sive coniurationes impiarum [oder in periculumj animarum. Eymeric berichtet 2), um 1290 seien von den Bischöfen von Paris und Sens und dem Inquisitor aus dem Dominicaner-Orden nach Anhörung von Theologen verdammt worden omnes libri divi- nationum et sortium, sc. libri necromantiae, geomantiae, pyromantiae, hydromantiae, chiromantiae, speciell libri decem annulorum Yeneris, quatuor speculorum, imaginum Thobiae Bantricat (Beniricat), imagi- num Ptolemaei, Hermetis magi ad Aristotelem. An einer andern Stelle erwähnt Eymeric als Zauberbücher, die er selbst confiscirt und ölfentlich verbrannt habe, eins mit dem Titel Clavicula Salo- monis und einen dem Nekromanten Honorius zugeschriebenen Thesaurus necromantiae ^). Aus Eymeric sind die libri decem annu- lorum und die folgenden bis zu dem des Honorius in den Anhang des Ven. übergegangen; daraus hat sie P. in die 3. Gl. (unter Liber und Clavicula) aufgenommen. Tr. behielt nur die Clavicula und die Libri Hermetis bei, aber S. Cl. setzten auch die anderen wieder ein.

Das verbreitetste unter diesen Zauberbüchern scheint die Cla- vicula Salomonis (eine Sammlung von Beschwörungsformeln, die dem König Salomo zugeschrieben werden) gewesen zu sein. Sie wird auch in einem Process zu Barcelona im J. 1440 erwähnt^) und wurde früh und oft gedruckt^), und Albitius, De inconstantia (1683) p. 313 sagt, sie komme in den Processen der Inquisition oft vor. Auch der Nekromant Honorius spielt, später als Papst Honorius, in der magischen Literatur eine grosse Rolle. Koch 1804 wurde auf den Index gesetzt: Le Grremoire [grimoire == ZauberbuchJ du Pape Honorius (ementitum nomen) avec un recueil des plus rares secrets. Rome (falsa loci annotatio) 1800. Querard II, 307 er-

1) Bull. I, 204.

2) P. 2 q. 29, p. 317, abgedruckt bei Arg. I a 263.

3) P. 2 q. 43, p. 338: Liber qui Tabula (Variante: Clavicula) Salo- monis intitulatur, super quo jurant daemones advocati de dicenda veri- tate, sicut nos Christiani super quatuor Dei evangelia et Judaei super legem Dei, in quo libro potestas Luciferi et aliorum daemonum menda- citcr est inserta et orationes nefariae a daemonibus revelatae Lucifero et aliis daemonibus exhibendae. Apparet etiam in libro, qui Honorio ne- cromantico inscribitur, qui Thesaurus necromantiae appellatur.

4) M. Menendez Pelayo, Hist.de losHeterodoxos espafioles, 1880, 1, 603.

5) S. 1. et a. 48 S. 4; vgl. Freytag, Anal. 802.

24 Bücherverbote im Mittelalter.

wähnt mehrere von einander abweichende Ausgaben, u. a. eine Rom l?] 1670, 136 S. 12 ^), Grraesse auch ein lateinisches Grimo- rium verum vel probatissimum. Salomonis Clavicula etc. und Le grand Grrimoire avec la grande Clavicule de Salomon. S. 1. et a.

7. Im J. 1300 wurde Gherardo Segarelli aus Parma, der Stifter der Apostelbrüder, verbrannt, 1307 sein Nachfolger FraDolcino. Auf Betreiben der Franciscaner in der Provence Hess ihr General Johannes de Murro die Leiche des Fraticellen Petrus Johannes von Oliva ausgraben und sammt seinen Schriften verbrennen. Das Concil von Vienne 1311 verdammte einige Sätze von ihm. Johannes XXII. Hess seine Postilla in Apocalypsin, das Lieblingsbuch der Spiritualen, auf Ersuchen der Franciscaner durch neun Theologen, worunter Guilelmus de Lauduno, Lector oder Magister Sacri Palatii, prüfen und verdammte sie dann in publico consistorio^). Sixtus IV. (1471 —84), selbst Minorit, Hess seine Schriften nochmals untersuchen und für rechtgläubig erklären, da man alles für anstössig ge- haltene auch in gutem Sinne erklären könne ^).

In der 1. Cl. stehen seit P. Gerardus Segarelli Pergamen (erst Ben. hat Parmensis corrigirt), Dulcinus (Ven. Durianus) No- variensis und Petrus loannes de Villa Sereiatum (Oliva war aus Serignan in Languedoc), ferner Hermannus Italus (Pongilupus aus Ferrara), ein Fraticelle, dessen Leiche auf Befehl Bonifacius' VIII. 1297 ausgegraben wurde*). Einer der bedeutendsten Schriftsteller der Spiritualen, Ubertino da Casale, ist nicht verurtheilt worden, obschon er in seinem 1305 verfassten Hauptwerke „Arbor vitae crucifixae" Bonifacius VIII. und Clemens V. für falsche Päpste er- klärt. Er steht auch nicht im Index, obschon jenes Werk zu Ve- nedig 1485 gedruckt war, während Oliva's Postille noch nicht ge- druckt ist ^). Dagegen steht wieder im Index als Henricus Se- nensis (P., von Tr. gestrichen, von S. Cl. wieder eingesetzt) der Fraticelle Henricus de Ceva, gegen den Johannes XXII. 1318 eine

1) Querard führt Beispiele daraus an, z. B. Pour marcher sans se, lasser, ecrivez sur trois billets: Gaspard, Melchior, Balthazar etc.

2) Arg. I a 226.

3) Döllingcr S. 334, der dafür Suppl. ad Bull. Franc, Rom 1778 p. 52 citirt. Zaccaria p. 87 polemisirt gegen Wadding, der dieses auch berichtet, und hält ihm vor, dass ein solches Gegenüberstellen von zwei Päpsten keinen andern Nutzen habe, als den Freidenkern und Protestanten Anlass zu Spöttereien zu geben.

4) Arg. I a 270.

5) Döllinger S. 833.

P. J. de Oliva. Marsilius v. Padua. Occam. 25

Bulle erliess ^). Der Minorit Johannes de Rupescissa, de Eochetaille, nach Pelayo aus Peratalliada in Catalonien, der Ver- fasser von apokalyptischen Schriften im Sinne Joachims (Ostensor, Vademecum in tribulatione), war 1356 wegen angeblicher Prophe- zeiungen in Haft^). Er steht nicht im Index.

8. Im J. 1327 erliess Johannes XXII. eine Bulle, worin er zwei der hervorragendsten Spiritualen, welche auf Seiten Ludwigs des ßaiern standen^), Marsilius von Padua und Johannes von Jandun für Häretiker erklärt und das von ihnen verfasste Buch Defensor pacis, das er durch Cardinäle und Prä- laten, Theologen und Kanonisten habe prüfen lassen, sowie quamcunque aliam scripturam continentem eosdem articulos (die vorher in der Bulle ausführlich kritisirten Sätze) verdammte^). 1328 verhängte er den Bann über den Minoriten - General. Michael von Cesena, über Wilhelm von Occam und den Bruder Bonagratia von Bergamo, und 1329 erliess er gegen Michael von Cesena die Bulle Quia vir reprobus^).

In der 1. Cl. stehen seit P. Marsilius Paduanus seit Ben. (wie bei Bayle): Menandrino (de) seu Menandrinus, Marsilius, Pa- tavinus, was keine Verbesserung zu nennen, und Michael de Caesena, in der 2. Cl. Gruilelmi Occam Opus nonaginta dierum, item Dialogi et scripta omnia contra lohannem XXII ^).

1) Arg. la 290.

2) Arg. I a 374. Pelayo I, 500. Gedruckt wurde von ihm eine alcby- mistische Schrift, Libri II de consideratione quintac essentiae omnium rerum, Basel 1561 u. f. Das Vademecum steht in Browns Fasciculus.

3) S. Kiezler, Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit Ludwig des Baiers, 1874.

4) Arg. I a 304.

5) Eine merkwürdige Kritik dieser Bulle von Bellarmin mit Gegen- bemerkungen von Fr. Peßa bei Laemmer, Mel. Rom. Mantissa p. 69.

6) Vgl. Riezier S. 242. Ein interessanter Brief über Occam von J. A. Thaanus steht in Virorum clarorum ad M. Goldastum Epistolae, Frkf. 1688, p. 32. Er meint, den Erörterungen Bellarmins über die Ge- walt des Papstes gegenüber müsse, „um mit Vermeidung falscher Extreme dem christlichen Volke die richtige und legitime Gewalt des apostolischen Stuhles klar zu machen", eine neue Ausgabe der Werke Occams über die kirchliche und staatliche Gewalt veranstaltet werden, zu der er einen aus- führlichen Prospectus entwickelt. Occams Werken sollten beigefügt wer- den die Schrift des Richard von Armagh sammt der Entgegnung Roger Conway's (s. o. S. 22) und die Apologie des Picus von Mirandula für Sa-

26 Bücherverbote im Mittelalter.

9. In einer Bulle Johannes' XXII. vom J. 1329 wurden 28 Sätze, welche der Dominicaner Meister Eckart in Predigten und Schriften vorgetragen, nach vorheriger Prüfung durch Theo- logen verdammt, und zwar 17 als ketzerisch, 11 als verdächtig und übelklingend, mit der Angabe, er habe 26 Sätze vor seinem Tode (1327) widerrufen*). Eckarts Lehre wurde 1430 auch von der Heidelberger theologischen Facultät verdammt. 1348 ver- dammte Clemens VI. eine Reihe von philosophischen und theolo- gischen Sätzen des Pariser Theologen Nicolaus de Ultricuria (de Autricourt); er wurde angehalten, sie zu widerrufen und den Tractat, aus dem sie entnommen waren, zu verbrennen ^).

Beide stehen nicht im Index, obschon Eckarts Verdammung von Gresner erwähnt wird.

10. Im J. 1374 wurden von Gregor XL auf Grund einer Prüfung durch einige Cardinäle, Theologen und Juristen 14 Ar- tikel des Sachsenspiegels „als falsch, temerär, ungerecht, theil- welse ketzerisch und schismatisch und gegen die guten Sitten verstossend verdammt und für null und nichtig erklärt".

Die' Untersuchung des Sachsenspiegels in Eom wurde veran- la-sst durch das dem Papste überreichte Decadicon contra 21 errores Spe- culi Saxonum des Augustiners Joh. Kienkok, Professors in Erfurt. Die Bulle von 1374 ist an die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Bre- men, Magdeburg, Prag und Riga gerichtet. Dem Kaiser Karl IV. empfahl der Papst in einem besondern Schreiben die Publication und Befolgung der Bulle. Die Bulle hat noch einige Streitschriften über die darin verdammten x^rtikel hervorgerufen, weiter aber keine Folgen gehabt^), nicht einmal die, dass der Sachsenspiegel in den Index gekommen.

11. Gregor XL verdammte in Folge einer Denunciation des Inquisitors Nicolaus Eymeric in einer Bulle vom J. 1376 mehr als 200 Sätze in 20 Schriften des Raymundus Lullus. Diese Bulle wurde aber von einem päpstlichen Legaten in Spa- nien im J. 1419 als erschlichen und der Fälschung dringend

vonarola. Die Ausgabe ist nicht erschienen. Goldast druckte aber Occams Schriften in der Monarchia II, 993 ab.

1) Arg. la 312. Vgl. A. Lütolf, über den Process und die Unter- werfung M. Eckarts, Tüb. Q.-S. 1875, 578. A. D. B. 5, 618.

2) Arg. I a 355.

3) Raynaldus 1374, 12. Zacc. p. 123. Vgl. Homeyer, Joh. Kienkok wider den Sachsenspiegel, Abb. der Berl. Akad. 1855, 377.

Meister Eckart. Sachsenspiegel. Raymundus LuUus. 27

verdächtig bezeichnet. Seitdem ist vielfach und lebhaft über die Frage gestritten worden, ob Raymunds Schriften verdammt und verdammlich seien oder nicht, ein Streit, bei welchem nament- lich Franciscaner und Spanier für Raymund, Dominicaner für ihren Ordensgenossen Eymeric Partei ergriifen haben. Paul IV. setzte Raymund in die 2. Cl, des Index ; er wurde aber in Trient gestrichen. In den Jahren 1580—1620 wurde in Rom wieder darüber verhandelt, ob er auf den Index zu setzen sei ; es unter- blieb aus Rücksicht gegen den spanischen Hof, der sich für Raymund lebhaft interessirte.

Raymundus Lullus ist nicht zu verwechseln mit einem andern Raymundus aus Tarrega in der Diöcese Solsona, der, aus einer jü- dischen Familie stammend, als elfjähriger Knabe getauft wurde und darum vielfach Raymundus Neophytus genannt wird. Dieser wurde 1368 von Eymeric processirt und starb vor Beendigung des Processes 1371 im Grefängniss, nach einigen durch Selbstmord. Gregor XI. verdammte ein Buch von ihm de invocatione daemonum und eine Reihe von Sätzen, die er gelehrt. Man schreibt ihm auch Tractate de secretis naturae, de alchymia u. s. w. zu, und vielleicht sind einige alchymistische Schriften, die unter dem Namen des Raymundus Lullu«! gehen, von ihm ').

Raymundus Lullus (RamonLuU), geboren 1235 zu Palma auf Mallorca, wurde 1315 zu Tunis von den Muhammedanern ermordet^). Er war Laie, wird aber von den Franciscanern als Tertiarier ange- sehen und von ihnen und auf Mallorca seit alter Zeit als Märtyrer verehrt.

Bei Eymeric^) steht ein Schreiben Gregors XL vom J. 1376 an den Erzbischof von Tarracona und seine SufFraganen, worin es heisst: Eymeric habe 20- Schriften des Raymundus Lullus als he- terodox denuncirt; dieselben seien durch den Cardinal-Bischof Petrus von Ostia und mehr als 20 Theologen untersucht und von ihnen mehr als 200 irrige und häretisch klingende (haereticales) Sätze gefunden worden, die der Papst ihrem Gutachten entsprechend ver- damme (die Sätze werden nicht mitgetheilt). Da nach Eymerics Angabe in Aragonien, Valencia und Mallorca noch andere Schriften von Raymund verbreitet seien, die wahrscheinlich dieselben und andere Irrthümer enthielten, so sollten die Bischöfe zur Ablieferung

1) Eym. P. 2q. 27, p. 314 (Arg. I a 394). Pelayo, Heterodoxos espanoles I, 496.

2) Pelayo I, 513. A. J. P. II, 2465. Arg. I a 246. Acta Sanct. Jun. V, 633; p. 691 eine Diss. de orthodoxia et libris Raymundi Lulli genuinis ac suppositis von J. B. Sollier, p. 697 Catalogus operum aus Nicolas An- tonio mit Berichtigungen und Anmerkungen.

3) P. 2 q. 26, p. 311 (Arg. Ja 255).

28 Bücherverbote im Mittelalter.

derselben innerhalb eines Monats auffordern und dieselben nach Avignon schicken und bis auf weiteres die Lehre und den Grebrauch (doctrinam seu dogmatizationem et usum) dieser Bücher verbieten. Ein weiteres Urtheil des Papstes ist damals nicht erfolgt, und die Bulle vom J. 1376 ist von den Anhängern Lulls als von Eymeric erdichtet oder als erschlichen bezeichnet oder behauptet worden, man habe Eaymund Lull mit Eaymundus Neophytus verwechselt. Benedict XIV. (De beatif. 1. 1 c. 40 n. 4) zeigt aber, dass es durchaus unwahrscheinlich sei, dass die Bulle von Eymeric fabricirt worden oder sich auf Eaymundus Neophytus beziehe, und Bremond, der Herausgeber des Bullarium Dominicanum, sagt, das Original der Bulle befinde sich zu Grirona, eine authentische Abschrift im Archiv der Dominicaner in Rom ^). Dem Verdammungsurtheil von 1376 stellen die Anhänger Lulls ein anderes Decret gegenüber: 1419 beauftragte Cardinal Alamanni, Legat in Spanien, den Bischof von Civitas Castelli, die Sache zu untersuchen, und dieser erliess eine Sentenz, worin er auctoritate apostolica die Bulle von 1376 als er- schlichen und der Fälschung dringend verdächtig bezeichnet ^).

Es ist eine Menge von Schriften für und gegen Lull erschie- nen, und der Streit nahm einen eigenthümlichen Charakter an, weil die Franciscaner für Lull, die Dominicaner gegen ihn und für Ey- meric Partei ergriffen und die Spanier mit den Franciscanern sich für die Anerkennung Lulls als eines Heiligen interessirten. Der an charakteristischen Momenten reiche Verlauf der Verhandlungen bei der Curie mag der Uebersichtlichkeit wegen gleich hier dargestellt werden.

Eymeric verzeichnet (p. 255) von den (von ihm denuncirten) Irrthümern Lulls 100 und gibt bei jedem die Schriften an, woraus er sie entnommen; an einer andern Stelle (p. 313) verzeichnet er die 20 von ihm denuncirten Schriften (Lulls berühmtestes Werk, Ars magna, ist nicht darunter). Dieses Verzeichniss wurde in den Med. und Ven. aufgenommen; P. setzte in die 2. Cl. Raimundi Lulli opera per Gregorium XL damnata, Eaymundus Neophytus steht bei ihm und in allen folgenden Indices in der 1. Cl. Bei den Verhandlungen über den Index in Trient ^) machten die Spanier Opposition gegen diesen Satz im Index Pauls IV., Ludwig Joh. Vileta erklärte die Bulle von 1376 für unecht^) und am 1. Sept. 1563 beschloss die Trienter Commission, Lull im Index zu streichen^). Er steht denn auch nicht im Tr. Unter Grregor XIII. kam die Sache in Eom wieder zur Verhandlung, wie es scheint, weil 1578 in Eom eine neue Ausgabe von Eymerics Directorium von Franz

1) A. J. P. 2, 2480.

2) Arg. I a 260.

3) Der unten zu erwähnende Arce (bei Pelayo I 788) sagt: Con- sanguinei Raimundi ex regno Cataloniae recurrerunt ad Sacrum Concilium.

4)Arg. Ia261. 5) Albit. p. 522.

Raymundus Lullus. 29

Pena mit Approbation des Magister Sacri Palatii und einem Privi- leg Grregors XIII. erschien, und in Folge einer Beschwerde der LuUisten, dass der Mag. S. Pal. die Bücher Lulls als verbotene be- handle, — Bzovius sagt, sie seien auch zu seiner Zeit, um 1616, in Italien supprimirt worden, während sie in Spanien als nicht ver- boten angesehen worden seien *). Die Index-Congregation beschloss 9. Febr. 1583, non esse permittenda Eaimundi Lulli opera^), und der Papst wollte Lull nun wieder auf den Index setzen, unterliess es aber wegen der Opposition der Spanier.

Unter Sixtus V. beantragte nochmals der Mag. S. Pal. unter Berufung auf die Bulle Grregors XI., Lull auf den Index zu setzen. Der Jurist Juan Arce de Herrera überreichte aber der Index- Congregation im Auftrage Philipps II. eine Apologie Lulls ^). Eine andere ausführlichere Apologie sandte damals an Sixtus Y. und Philipp II. der Canonicus Antonio Belver von Mallorca'').

Als an dem Index Clemens' YIII. gearbeitet wurde, wurde in der Index-Congregation 3. Juni 1594 wieder die Frage aufgeworfen, ob Lull auf den Index zu setzen sei, und namentlich mit Eiicksicht auf die Eemonstration des Königs von Spanien verneint ^). Am 11. Juni wurde dann auf den Antrag des von dem spanischen Ge- sandten geschickten Procurators beschlossen, den Papst zu bitten, er möge die Bischöfe von Barcelona und Mallorca auffordern, alle Schriften Lulls und die ihn betreffenden Acten zu sammeln und nach Eom zu schicken, „damit endlich die Sache juridisch zu Ende geführt werden könne". Es geschah aber vorläufig nichts. Unter dem 4. März 1595 wird gemeldet, die Index-Congregation habe noch- mals beschlossen. Lull solle „aus dem Index gestrichen werden" und

1) Bei Bzovius ad a. 1372 n. 16 ff. ist eine 1583 der Inquisition über- reichte Informatio abgedruckt, worin die für und gegen Lull vorgebrach- ten Argumente erörtert, die ersteren widerlegt werden. In dieser heisst es (p. 1405), als Cardinal Sirlet Präfect der Index-Congregation ge- worden, hätten die Lullisten eine Petition eingereicht, ne M. S. P. libros Raimundi sibi oblatos interdiceret.

2) Albit. p. 525 (A. J. P. 2 2469).

3) abgedruckt bei Pelayo I, 785.

4) Apologia Lullianae doctrinae adv. Nie. Eymerici calumnias ad S. D. N. Sixtum V. et Philippum II. Hispaniarum ac novi orbis monarcham, nach Pelayo I, 538 ein Manuscript von zwei Quartbänden.

5) Albit. p. 525 (A. J. P. 2, 2470): In Congr. Ind. praesentibus Card. Marco Ant. Columna, Fr. Toleto et aliis, lecto memoriali pro Raimundo Lullo et Omnibus consideratis, quae proponebantur, praesertim quoniam super hoc Catholici Regis literae ad suum oratorem in ürbe habebantur, decretum fuit, ut in novo Indice Lullus non reponatur, eisdem de causis, quibus deputati in S. Conc. Trid. eundem Raimundum ex Indice sus- tulerunt.

30 Bücherverbote im Mittelalter.

die fraglichen Schreiben sollten baldigst abgehen, und unter dem 11. März, dieselben seien expedirt worden. Ueber den Erfolg der- selben wird nichts gemeldet ^).

Unter Paul Y. wurde aus Sardinien eine Denkschrift einge- sandt, worin von den 100 nach Eymeric durch Gregor XI. ver- dammten Sätzen nachgewiesen werden sollte, dass sie zum Theil in LuUs Schriften nicht enthalten seien-). Es wurden allem An- scheine nach von der Inquisition, die jetzt die Sache in die Hand nahm, mit der Prüfung beauftragt der Benedictiner Michael von Neapel, der Dominicaner Lemos, der Augustiner Gregor Nunez und der Jesuit Bened. Giustiniani ; diese Hessen die Sätze, von denen behauptet wurde, sie seien nicht von Lull, bei Seite; die übrigen erklärten sie für novae, impropriae, periculosae, temerariae, sapien- tes haeresim, einige für aperte erroneae in fide vel etiam proprie haereticae. Der Defensor Majorchinus, der für Lull bestellte Ver- theidiger, der Franciscaner Juan de Eiera, suchte diese Sätze orthodox zu deuten und beantragte eine Prüfung der angefochtenen 20 Schriften von Lull. Man liess diese aus Spanien kommen, und sie wurden zur Prüfung unter die vier erwähnten und die neu er- nannten Censoren, den Generalvicar der Dominicaner, den Conven- tualen Magister Bonaventura von Nola und Johannes Camerotta, ver- theilt ^). Die Censuren, welche alle nicht günstig für Lull aus- fielen, wurden ohne Nennung der Verfasser dem A^ertheidiger vor- gelegt, und dieser schrieb eine ausführliche Entgegnung.

Cardinal Bellarmin verfasste nun ein Referat für die Inquisi- tion, welches mit dem Votum schliesst: LuUs Lehre sei mindestens unnütz und gefährlich und müsse darum verboten werden, bis sie corrigirt und die Correctur von der Inquisition approbirt werde. Er fügt die charakteristische Bemerkung bei : Hanc conditionem addo, ut minus displiceat sententia damnationis, sed credo nunquam corrigendam hanc doctrinam. Bellarmin referirte auch über die Gutachten der Censoren in der unter dem Vorsitze des Papstes 29. Aug. 1619 gehaltenen Sitzung. In dieser wurde beschlossen,

1) Albit. p. 525.

2) Bzovius a. 1392 p. 1411 : Memoriale coUationis 100 articulorum ab Eymerico compilatorum cum libis R. LuUi factae.

3) Albit. p. 523 ff. Es werden zwölf Bände catalonische und fünf kleinere Bände lateinische Schriften erwähnt. Die Prüfung der catalo- nischen Schriften wurde dem Generalvicar der Dominicaner und dem P. Lemos übertragen. Ersterer erklärte, er habe nicht alles darin verstanden und nichts Irriges darin gefunden, aber multa levia et ridicula et parum digna gravitate theologica. Auch aus der Ars brevis und der Probatio articulorum fidei per necessarias rationes wurden um diese Zeit Sätze ex- cerpirt und zwölf Qualificatoren vorgelegt, welche dieselben für impro- priae, temerariae, erroneae in fide . . . haereticales erklärten. Albit. p. 526.

Raymundus Lullus. 31

zunächst zu warten, bis nochmals eine Entscheidung gefordert werde, dann aber dem Nuncius in Spanien die Censiir zu schicken und ihn zu beauftragen, mit dem Könige und dem spanischen Grrossinquisi- tor darüber zu sprechen und ihnen begreiflich zu machen, dass nach dieser Censur die Bücher Lulls verboten werden müssten ; er solle beifügen, diejenigen, welche die Bücher früher geprüft (und unver- fänglich gefunden), möchten nicht alles gelesen haben. Es wird dann weiter noch berichtet: „im Namen des Königreichs Mallorca", also von dem oben erwähnten Defensor Majorchinus sei der Antrag auf coiTectio librorum Raimundi wiederholt worden; der Papst habe aber 6. Aug. 1620 befohlen, ihm zu antworten, ut tandem requies- cat. Am 30. Aug. 1620 schrieb dann Bellarmin an den Commissar der Inquisition : er schicke ihm im Auftrage des Papstes die 20 im .T. 1619 von den Censoren verworfenen (riprovati) Bücher Lulls und eine früher censurirte Denkschrift ; die Papiere, die er seit dem An- fange der Controverse von der Inquisition, von dem Sekretär der Index-Congregation und von den Censoren erhalten, habe er ihm schon in der letzten Sitzung gegeben; er solle alles zusammen in eine Kiste legen, damit man es vorkommenden Falls leicht finden könne.

Also: unter Paul Y. ist eine neue Untersuchung angestellt worden, die zu dem Ergebniss geführt hat, dass wenigstens ein grosser Theil von Lulls Büchern grobe Irrthümer enthalte; aber es ist aus Rücksicht gegen den spanischen Hof kein Urtheil publicirt worden. Bellarmin, der bei dieser Untersuchung die Hauptrolle ge- spielt, sagt in seinem Buche de scriptoribus eccl. : die Controverse scheine von dem apostolischen Stuhle noch nicht entschieden zu sein, da einerseits Eymerics Directorium, anderseits ein gegen das- selbe gerichtetes Buch \) nicht verboten seien. Auch die Yer- theidigungsschrift des Franciscaners Riera. wurde 1627 gedruckt und nicht verboten-).

1) Sententia definitiva in favorem Lullianae doctrinae juris ordine et apostolica auctoritate lata (die oben erwähnte Sentenz von 1419) et in veritatis triumphum inque gloriosae vindicationis memoriam denuo im- pressa et principalibus rescriptis munita, Palma 1604 (vermehrte Ausgabe Paris 1676).

2) Transumptum raemorialis in causa pii eremitae et martyris Rai- mundi Lulli, quae nunc Romae vertitur coram Sanctissimo, per P. lo. Rieram, 0. Franc. Theologum et Regni Balearum Syndicum in Rom. Curia hanc causam agente. Palma 1627. So Arg. I a 262. Tractatus in quo respondetur omnibus quae hucusque objecta sunt Raimundo, Palma 1627, fol., bei Pelayo I, 538 wird wohl nur ein anderer Titel desselben Buches sein. Im Gegensatze zu Bellarmin haben mehrere spätere Jesuiten ent- schieden für Lull (gegen die Dominicaner) Partei ergriffen, so Sollier (s. o. S. 27), Salelles, Custurerius (Arg. I a 262), Th. Raynaud.

32 Bücherverbote im Mittelalter.

Im J. 1662 erschien zu Paris eine französische TJebersetzung einer Schrift von Lull; auf dem Titelblatt war er als Heiliger und Märtyrer bezeichnet^). Das veranlasste den Provincial der Domini- caner in Belgien, bei der Congregation der Eiten anzufragen, ob diese Bezeichnung zulässig sei. Franz de Rubeis gab für die Con- gregation ein Grutachten ab, worin es heisst : Eaymundus Lullus stehe zwar unter dem 26. März im Martyrologium der Franciscaner ; gleichwohl glaube er, dass man nicht nur die fragliche Bezeich- nung vermeiden, sondern auch auf eine sorgfältige Revision von Lulls Schriften dringen müsse, damit nicht, wenn dieselben Irrthü- mer enthalten sollten, diese durch TJebersetzung der Schriften weiter verbreitet würden. Es scheint aber damals weder von der Riten- Congregation noch sonst etwas geschehen zu sein. Aber am 20. Juni 1690 verbot die Inquisition ein Buch des Domherrn Bennazar von Mallorca, welches nach dem Titel zu urtheilen^) die Anschauung der Lullisten sehr kräftig zum Ausdruck gebracht haben muss. Ausser diesem Buche ist nur noch im Jahr 1755 eine Schrift von Sebastian Kreuzer, Cursus theologiae scholasticae per principia Lul- liana cum principiis aliarum scholarum comparata, auf den Index gekommen, sonst keine der zahlreichen Streitschriften, auch nicht die von Ivo Salzinger veranstaltete grosse Gesammtausgabe : B. Ray- mundi Lulli Doctoris illuminati et Martyris opera, Mainz 1721 42, 10 Folio-Bände 3).

Benedict XIY. (De beatif. 1. 1, c. 40, 4) sagt, nachdem er Schrif- ten pro et contra verzeichnet, das Urtheil über die Frage, ob Ray- mund ein Heiliger sei, sei zu suspendiren, bis der h. Stuhl ent- scheide. Pius IX. approbirte 1847 ein Officium des „seligen Ray- mundus Lullus" für das Königreich Mallorca, wo er, wie es darin heisst, seit unvordenklichen Zeiten und mit Gutheissung Leo's X. als Seliger verehrt werde, und erlaubte 1858 dem Minoritenorden, all- jährlich am 27. Nov. das Fest des sei. Raymundus zu feiern*).

1) Le triomphe de l'amour et l'echelle de la gloire ou la medecine universelle des ames faite par Saint Raymond Lulle, Martyr et Hermite du Tiers Ordre de S. Frangois. Vgl. Albit. p. 521.

2) Der Titel wird in den älteren Index- Ausgaben so angegeben (seit Ben. ist er stark abgekürzt): Doctoris Petri Bennazar, almae sedis Majori- carum canonici, breve et compendiosum rescriptum nativitatem, vitam, martyrium, cultum immemorabilem pii Eremitae ac venerabis Martyris Ray- mundi 'Lulli Baleatis Tertii Ord. S. Franc, Doctoris coelitus illustrati, approbationes, commendationes Lullianae doctrinae et juridicas vindica- tiones a calumniis quibuslibet praefatae doctrinae dolose impositis ingenti brevitate complectens. Majoricis 1688.

3) In den spanischen Indices wird Lull nur erwähnt unter Henricus Cornelius Agrippa, dessen Commentar zu Lulls Ars brevis verboten wird.

4) A. J. P. 3, 812. In der Petition des Minoriten-Generals wird u.a. von Raymund gesagt: immaculatum Deiparae conceptum operibus caelesti

Arnold von Villanova. 33

Gleich woM wurde noch 1857 in einer in Rom mit Approbation des Magister S. Palatii erscheinenden Zeitschrift am Schlüsse einer langen Abhandlung über Lull behauptet: wenn sein Name auch nicht im Römischen und trotz der Ermahnungen Pauls V. auch nicht im spanischen Index stehe, so sei doch das Verbot Gregors XI. noch in Kraft und auf Grund der 1. Regel des Index das Lesen und Behalten der Bücher Lulls als verboten anzusehen*).

12. Eymeric berichtet ausführlich über die Häretiker,

welche im 14. Jahrhundert von den Inquisitoren in Aragonien

und Catalonien, einige von ihm selbst, verurtheilt wurden ^). Von

mehreren derselben erwähnt er gar keine Schriften, von anderen

sind die Schriften nicht erhalten oder doch nicht gedruckt. Sie

stehen gleichwohl fast alle im Römischen Index. Von dem

Arzt Arnold von Villanova (in Catalonien), einem eifrigen

Joachimiten und Spiritualen (f um 1310), wurden 1316 durch

die Inquisition in Tarragona 14 theils lateinische, theils cata-

lonische Schriften verurtheilt und unter Androhung der Excom-

munication verordnet, sie binnen zehn Tagen abzuliefern ^).

Die Titel der 1316 verbotenen Schriften, die nicht gedruckt sind, stehen, aus Eymeric abgeschrieben, im Med. und Ven. P. setzte darauf Arnold in die 1 . Gl. ; hier wurde er von Tr. gestrichen. S. setzte nach -dem Vorgange von Liss. 81 und Q. in die 2. Cl. Arnoldi de V. opera, und Cl. fügte ein d. c. bei. Dieses Verbot bezieht sich nicht auf die 1316 verbotenen, sondern auf die zu Lyon 1504 und sonst wiederholt gedruckten medicinischen Schriften Ar- nolds. Q. und die anderen span. Indices und Bras. verordnen, in der Sammlung 7 Tractate zu streichen, die von Behexung, Traum- deutung u. dgl. handeln. Mit Opusculi scholae Salernitanae de conservanda bona valetudine scholia et annotationes, die S. mit d. c.

sapientia refertis asseruit. In der Lection des von Pius IX. approbirten Officiums heisst es: Adeo coelesti sapientia est imbutus, ut, qui rudis antea fuerat, optima de rebus divinis loqueretur.

1) A. J. P. 2, 2480.

2) P. 2 c. 11, p. 265. Vgl. Pelayo, Heterodoxos espaßoles, I, 449.

3) P. 2 c. 28, p. 316 (Arg. la 268). Das ürtheil mit ausführlicher Kritik der Schriften bei Villanueva, Viaje leterario 19, 321 und bei Pelayo I, 777. Eine Auslegung von Träumen der Könige Jakob II. von Ara- gonien und Friedrich III. von Sicilien ist unter dem Titel: Collocutio Friderici regis Siciliae et nostra Arnoldi de V. lecta et communicata Sedi apostolicae bei Flacius, Catal. testium veritatis, 1562, App. p. 1—14 und mit mehreren anderen unedirten Schriften von Arnold und Documenten, die ihn betreffen, bei Pelayo I, 720—781.

Keusch, index. o

34 Bücherverbote im Mittelalter.

verbot, die aber von Cl. gestrichen wurden, ist wahrscheinlich ge- meint: Scholae Sal. liber de cons. . . . valetudine, cum Arnoldi Villanovani in singula capita exegesi, Lyon 1577. 16. Die spani- schen Häretiker, von denen Eymeric M gar keine Schriften erwähnt, die aber gleichwohl im Med. und Ven., meist auch' in den Römi- schen Indices stehen, sind: Petrus Olerii aus Mall orca (in allen Indices) und ein Priester Frater Bononatus (nur Med. Yen.), I)uran- dus de Baldach aus Gerunde und Jacobus Justi (beide bei P., von Tr. gestrichen, von S. Cl. wieder eingesetzt), der Cistercienser Berengarius de Montefalcone (nur Med. Ven.), der Minorit Arnol- dus Montane ri (Med. Yen. de Monte Averni, seit P. Montanii, erst seit Ben. Montanerii). Yon einem Grondisalvus aus der Diö- cese Cuenca berichtet Eymeric -), er habe, daemone ei visibiliter apparente et docente, seinem Anhänger Mcolaus de Calabria 1357 ein Buch dictirt, welches sie Yirginale nannten und welches E3nneric verbrennen Hess. Um dieselbe Zeit liess Eymeric ein dickes Buch voll Teufelsbeschwörungen u. dgl. in sieben Theilen verbrennen, welches Liber Salomonis hiess, in quo erant scripta sacrificia, orationes, oblationes et nefaria quamplurima fieri daemonibus consultata. Tn allen Römischen Indices stehtNicolaus de Calabria in der 1,, Liber virginalis in der 3. CL, bei P. auch Grondisalvus in der 1., Liber Salo- monis magicis superstitionibus refertus in der 3. Cl. 1363 wurden zwei libelli de ad ventu Antichrist! von B a r t h o 1 o m a e u s J a n o v e s i u s aus Mallorca verbrannt (die Ankunft des Antichrists war darin fiir 1360 angekündigt). Bartholomaeus steht in allen Indices, aber, wohl weil er abgeschworen^), in der 2. Cl.

13. In Italien wurden 1316 Petrus de Abano (Apone) und 1328 Cecco d'Ascoli wegen Magie von der Inquisition zum Tode verurtheilt; letzterer wurde mit seinem Buche de spbaera und anderen Büchern verbrannt.

Nur Schriften des Petrus de Abano stehen seit Paul lY. im Index. Er ist der Stifter der Averroisten-Schule in Padua ^). Ein anderer Arzt soll ihn aus Neid bei der Inquisition wegen Irrglau- bens und Zauberei verklagt haben •'). Er starb während des Pro- cesses; die Leiche sollte verbrannt werden, wurde aber von Freun- den bei Seite geschafft; er wurde darauf in effigie verbrannt. Seit P. stehen von ihm in der 2. Cl. G-eomantia (Yenedig 1541 u. s.), Heptameron seu Elementa magica (in Henr. Corn. Agrippae Opera

1) P. 2 c. 11, p. 265. Pelayo I, 492.

2) P. 2 q. 28 p. 316 (Arg. I a 376). Pelayo I, 494.

3) Lutz.: Libellus fuit igni traditus, Bartholomaeo poenitente et er- rores publice abjurante. Ygl. Eym. P. 2 q. 11 n. 10, p. 266 (Arg. la 380).

4) Werner, Thomas von Aquiu 3, 127.

5) Burckhardt, Cultur der Renaiss. II, 9. Ausführlich handelt Bayle über ihn.

Petrus de Abano. Wycleff. Hus. B5

I, 455) et de omni genere divinationis opera. Das Heptameron ent- hält eine Anweisung zur Teufelsbescliwörung für jeden Tag der Woche'). Sein Conciliator differentiarum philosophorum et me- dicorum (Yen. 1548. 1596) steht nicht im Köm. und span. Index, wird aber im Liss. 1624 expurgirt.

In dem Urtheil der Inquisition von Florenz, wodurch Cecco d'Ascoli als relapsus zum Tode verurtheilt wurde-), wurde auch angeordnet, „das abergläubische, thörichte und nigromantische (sie) Buch de sphaera und ein anderes italienisches Buch voll Bitterkeiten und ketzerischer Grrundsätze mit all seinen Werken, Schriften und Lehren zu verbrennen." Cecco's Commentar zu der Sphaera des Jo. de Sacrobosco ist Ven. 1499 u, s., sein Gredicht L'acerba sehr oft im 16. Jahrh. gedruckt worden. Albizzi nennt (1683) die Werke des Petrus de Abano und des Cecco d'Ascoli neben denen Agrippa's als die besonders oft in den Inquisitionsprocessen wegen Magie u. dgl. vorkommenden^).

14. Bezüglich der Bücher Jobann Wycleffs bestimmte das Concil von Constanz im J. 1415: es dürfe sie niemand lesen, lehren, erklären oder citiren, ausser um sie zu widerlegen, bei Strafe der Excommunication, und die Bischöfe sollten sie unter Androhung von Censuren und Strafen einsammeln und verbren- nen lassen. Dasselbe Concil verdammte alle Schriften von Job. Hus, „seien sie lateinisch oder böhmisch von ihm herausgegeben oder in irgend eine andere Sprache von irgend jemand über- setzt^^ Es verordnete ferner, sie sollten in Constanz und ander- wärts (öffentlich verbrannt werden und die Bischöfe sollten sie aufsuchen und verbrennen *). In England hatte schon 1387 Riebard IL unter Androhung von Gefängnissstrafe und Vermö- gensconfiscation verboten, die häretischen Schriften von Wycleff und Nicolaus Hereford zu kaufen oder zu . verkaufen, und be- fohlen, sie zu confisciren '"), und 1408 die Convocation unter

1) Thiers, Traite des superstitions II, 323, nennt es ein abominable livre. Baumg. II, 323 führt daraus folgende Formel an: Venite ergo in nomine Adonay Zebaoth, Adonay Amioram, venite, venite, quid tardatis? Festinate, imperat vobis Adonay. Rex regum, EI, Aty, Titeip, Azia, Hyn, Jen, . . . Hy, Hau, Va etc. Aehnliche Dinge werden uns freilich später in approbirten Exorcismenbüchern begegnen.

2) Le Bret, Magazin 8, 542. Riv. Eur. 1879, vol. 15, G06; 16, 11.

3) üe inconst. p. 313.

4) Hefele, Conc.-Gesch. 7, 118. 207.

5) Wilkins Conc. M. Brit. III, 204.

36 Bücherverbote im Mittelalter.

dem Vorsitze des Erzbiscbofs Thomas AruDdel verordnet: es solle keine von Wycleif oder einem andern zu seiner Zeit oder seitdem verfasste Schrift gelesen oder danach gelehrt werden, wenn sie nicht zuvor von den Universitäten Oxford oder Cam- bridge oder von wenigstens zwölf von einer dieser Universitäten im Einvernehmen mit dem Erzbischof bestellten Censoren ge- prüft und einstimmig gut geheissen und von dem Erzbischof approbirt worden sei 0- S^it dem J. 1400 wurde einer grossen Zahl von Wycleffiten und Lollarden der Process gemacht und manche hingerichtet. Im J. 1459 befahl Pius IL unter An- drohung der Inquisition die im Sinne Wycleffs gehaltenen Schriften des Bischofs Reginald Pecock von Chichester abzu- liefern und zu verbrennen.

Pecock widerrief 1457 die ketzerischen Ansichten, die er in verschiedenen (lateinischen und englischen) Schriften vorgetragen, forderte die Besitzer derselben auf, sie nicht mehr zu lesen, son- dern an den Erzbischof von Canterbury abzuliefern, und erklärte sich damit einverstanden, dass sie öffentlich verbrannt würden-). Er wurde abgesetzt und in ein Kloster geschickt. Im J. 1459 schrieb dann Pius IT. an den Erzbischof und zwei andere englische Bischöfe: es habe sich herausgestellt, dass Pecock nicht, wie er an- gegeben, seine ketzerischen Schriften sämmtlich abgeliefert (er scheint sie weiter verbreitet zu haben) ; es solle also eine Unter- suchung eingeleitet und Reginald, wenn schuldig befunden, nach Rom gesandt werden ; alle, welche Abschriften von seinen Büchern hätten, seien unter Androhung der Excommunication aufzufordern, sie abzuliefern, damit sie öffentlich verbrannt würden ^).

Reginald steht nicht im Index, wohl aber ausser Wycleff selbst seit P. in der 1. Cl. eine Reihe von Wycleffiten*): aus Lutz, abgeschrieben, Gruilelmus Sartoris (Sawtre oder Sautry, der erste, der in England wegen Ketzerei verbrannt wurde, 1400),

1) Wilkins III, 314. 2) Wilkins, DI, 576.

3) Raynaldus 1459, 29. Reginald heisst hier (und bei Zacc. p. 131) Reginaldus Pecoli. Ueber seine Schriften s. Gudin III, 2592. Sein Haupt- werk, The Repressor of over much blamig the clergy, ist von Babington, Lond. 1859, 2 vol. herausgegeben, A Treatise proving Scripture to be the rule of faith von H. Wharton, Lond. 1688.

4) Die Namen die in den älteren Indices vielfach stark corrumpirt sind, gebe ich, wie sie Ben. berichtigt hat. Ueber die Persönlichkeiten vgl. Lechler, Joh. von Wiclif, 1873, 2. Band, an den im Register angegebenen Stellen und R.-E. 8, 739.

Wycleffiten, Husiten. 37

ferner aus Gresner: Jo. Ashwarby, Jo. Astone (Ashton), Ni- colaiis Herforde s. Herefordius, Jo. Oldencastel s. Oldcastel (Sir John Oldcastle, Lord Cobham), Jo. Piirvey, Gull. Taylour und Eich. Wick s. Wichius (Wyche; er wird auch mit Richardus An- glicus gemeint sein, der aus Lutz. im Ven. steht). Dazu kamen noch (aus Gresner resp. Frisius) durch S. Cl. Petrus Clarke, Petrus Pateshull, Nie. Upton (in den älteren Indices Opton) und Gull. White (in älteren Indices Witte). Auch der angebliche Stifter der Lollarden steht seit P. als LoUardus (seit Ben. als Waltherus LoUardus) ebenso wohl in der 1. Cl. wie Petrus Waldus. Die neben Hus und Hieron ymus von Prag in der 1. Cl. stehenden Husiten sind fast alle von P. aus Med. Ven., von diesen aus Lutz, abgeschrieben. Es sind folgende: drei der Vertreter der Böhmen auf dem Baseler Concil, Jo. de Eochezana s. Rockyzana, Petrus Payne Anglus (Ven. wie Lutz. Petrus de Anglia) und Nie. de Pelhrzimow s. Pelhizimow, Thaborensium pseudo-episcopus ^), ferner Jac. Misnensis s. de Misa, alias Jacobellus, Jo. de Lukawetz, Petrus Dresdensis ^), endlich Joh. Przibram, obschon dieser nie mit ßom brechen wollte, gegen die Taboriten schrieb ein Tractat von ihm und ßokyzana ist in der Historia Hussitica von Cochlaeus ab- gedruckt — und von Possevin zu den katholischen Schriftstellern gezählt wird.

In der 3. Cl. stehen seit P. (aus dem Ven.) Processus con- sistorialis martyrii Jo. Huss (cum correspondentia legis gratiae ad jus papisticum) etc. ^) und eine Historia de iis quae loanni Huss in Constantiensi Concilio evenerunt, seit S. Cl. Liber egregius de unitate Ecclesiae, cujus auctor periit in Concilio Constantiensi^), seit

1) Gewöhnlich Nie. Pilgram Biskupec genannt. Bei Lutz, (und Aeneas Sylvius, Hist. Boh. c. 49) und danach im Ven. heisst er Nie. Galecus. P. behielt diesen Namen bei, nahm aber aus der sog. Chronica Abbatis Urspergensis auch Nie. Pelhrzimow auf, so dass er unter zwei Namen in der 1. Cl. steht. Im Ven. stehen noch (aus Lutz.) Jo. de Praga, wohl der frühere Prämonstratenser Johannes, der 1422 in Prag hinge- richtet wurde (Palacky HI, 2, 183. 279), Mathias Bohemus und Ulricus de Moravia (Matthias Lauda, Hauptmann von Pisek, und Ulrich von Znaim, Pfarrer zu Kaslau, die beide in Basel waren).

2) Bei den böhmischen Chronisten Petrus de Drasdian, Drasdansky; s. Ranke, D. Gesch. im Zeitalter der Ref. (WW. H), 15. Von ihm ist vielleicht Planctus ruinae Ecclesiae, Memmingen c. 1482 (Ros. 34, 2104).

3) S. 1. et a., von Otto Brunfels, herausgegeben (mit Holzschnitten). Brunfels besorgte auch die erste Ausgabe der Werke von Hus, s. 1. et a., 3 vol. 4; s. Literar. Wochenbl., Nürnb. 1770, I, 105. 111. Ueber andere alte Ausgaben derselben s. Baumgarten I, 433.

4) S. 1. 1520; vielleicht von Hütten bei Schöffer in Mainz edirt; Baumgarten I, 409. Am Schlüsse steht: Explicit tractatus Mag. lo. Huss,

38 Bücherverbote im Mittelalter.

Ben. mit dem Zusätze Opus Jo. Huss, ferner Confessio Walden- sium, ohne Zweifel die von Flacius Basel 1568 edirte, wahrschein- lich von Johann von Lukawetz verfasste Confession der Taboriten'), und eine Historia Hussitarum (diese aus Liss, 81).

15. Von dem Baseler Concil wurde in der 22. Sitzung, 15. Oct. 1435 ein Buch des Augustinus Favorini, gewöhnlich Augustinus de Roma genannt, er war seit 1419 General- prior der Augustiner -Eremiten, seit 1431 Erzbischof von Naza- reth bei Barletta, f 1443, worüber der Cardinal Torquemada referirte, als „eine nicht gesunde und im Glauben irrige Lehre enthaltend" sammt seinen Vertheidigungsschriften verdammt und verboten, die darin enthaltene Lehre vorzutragen und zu ver- theidigen. Augustinus appellirte an den Papst Eugen IV., und dieser ernannte eine Untersuchungsconimission, worüber das Concil sich beschwerte und was Veranlassung zu dem Verbote der Appellation von dem Concil an den Papst wurde '^). Ueber das Ergebniss der Untersuchung wird nichts berichtet; sie ist aber wohl nicht günstig für Augustinus ausgefallen, da seiü Buch es ist nicht gedruckt, seit P. auf dem Index steht.

Im Ven. steht einfach Aug. de Roma Archiep. Nazarenus. P. setzte ihn aber nicht in die 1. Cl , sondern in die 2. mit An- gabe der drei Tractate, die das Buch enthielt : Tractatus de sacra- mento divinitatis [vielmehr unitatis] Jesu Chr. et Ecclesiae [s. de Christo integroj, de Christo capite et ejus inclyto principatu, de charitate Christi erga electos et de ejus infinito amore.

Die Angabe, Eugen IV. habe den unfläthigen Hermaphroditus des Antonio Beccadelli (Panormita) verboten ^), scheint unrichtig zu sein. Richtig ist, dass der h. Bernardinus von Siena und Roberto da Lecce gegen das Buch predigten und es zu Bologna, Ferrara und

quem collegit a. 1413 et est pronunciatus publice in civitate Prag. Hus' Schrift De ecclesia erschien auch unter dem Titel De causa Bocmica. Paulus Constantius ... S. 1. et a. 97 Bl. Baumg I, 426.

1) Clement IV, 457. Sie steht auch in den Waldeusia ed. Balth. Eydius, Roterdam 1616, 2 vol. 8. als lo. Lukawitz Waldensis Confessio Taboritarum contra Rokenzanam (gegen den bei Cochlaeus abgedruckten Tractat) et Papistas Pragenses. Baumg. I, 544. Die Sammlung von Lydius steht nicht im Index.

2) Lederer, Joh. von Torquemada S. 90. 108. Mansi 30, 1068. Das Urtheil bei Arg. I b 371, Sätze aus dem Buche bei Nat. Alex. 17, 191.

3) Zacc. p. 130. Gregorovius, Gesch. der St. Rom 7, 544.

x\.ugustinus de Roma. Alphonsus Tostatus. 39

Mailand öffentlich verbrannten ^). Es steht nicht im Index ( es wurde erst 1791 und 1824 gedruckt).

16. Als Eugen IV. auf der Rückkehr von Florenz nach Rom zu Sieua verweilte, fand dort 21. Juni 1443 eine öffent- liche Disputation statt zwischen dem gelehrten spanischen Theo- logen Alphonsus Tostatus (Abulensis), der wahrscheinlich zu diesem Zwecke vorgeladen war, und dem Cardinal Torquemada. Es handelte sich dabei um einige Sätze von Tostatus, die Tor- quemada in einer Schrift angegriffen hatte und die von einer Commission von drei Cardinälen und mehreren Theologen und Juristen als temerariae, scandalosae, falsae, erroneae et haere- ticae qualificirt worden waren"). Eugen scheint durch Tosta- tus' Erklärung zufrieden gestellt worden zu sein.

In den Römischen Indices kommt sein Name nicht vor; aber in Spanien und Portugal sind die Werke des Tostatus, eines der gelehrtesten Theologen der Halbinsel, von Expurgationen nicht ver- schont geblieben.

Bei Sand. (1612) werden nur drei Stellen in den Randnoten der Ausgabe Venedig 1530 gestrichen, mit dem Bemerken, diese Randnoten seien nicht von Tostatus, Im Liss. 1624 steht eine 5 Eolioseiten lange Expurgation der Ausgabe Venedig 1530 und der als „correcter" bezeichneten Köln 1613, und hier werden nicht nur Randnoten gestrichen, sondern auch einige Sätze im Texte mit einem „Caute lege" versehen, andere gestrichen oder geändert, z. B. gestrichen : Deus non colitur auro etc., Papa non potest dispensare cum monacho, ut proprium habeat, Non cuilibet regi obediendum; zu dem Satze: Homo per fidem efficitur filius dei wird inchoate beigefügt; hinter den Worten: Papa non potest mutare wird ge- strichen neque dispensare circa eam (legem), und hinter Papa potest concedere wird, gestrichen sed male facit. Der Index von Zapata von 1632 scheint diese Expurgation abgedruckt zu haben, bei Sot. (16G7) aber wird mitgetheilt : der Inquisitions-Rath habe nach noch- maliger Anhörung von Ceusoren und nach Einsicht einer von dem Bartholomaeus-Colleg zu Salamanca eingesandten Vertheidigungs- schrift für Tostatus beschlossen, die in dem Index von 1 632 stehende Expurgation zu beseitigen. Zur Motivirung dieses Beschlusses wird zunächst Tostatus sehr gerühmt er könne den Kirchenvätern an

1) Nie. 9, 56.

2) Lederer, S. 170. Es handelt sich bei den Sätzen um die abso- lutio a culpa et a poena, -um den Tag der Einsetzung des Abendmahls, und um die Ansicht. Christus sei nicht am 25. März, sondern am 3. April gestorben. S. Defeusorium trium conclusionura in Tostati Opuscula, Yen. 1615. Arg. I b 240. Pekyo I, 545.

40 Bücherverbote im Mittelalter.

die Seite gestellt werden u, s. w., und bemerkt, es dürfe auf ihn die 1. Regel des Römischen Index angewendet werden, wonach in den Büchern alter katholischer Schriftsteller nur die durch die Schuld der Ketzer oder der Buchdrucker eingedrungenen Fehler zu corrigiren seien ; dann wird beispielsweise von einigen Stellen nach- gewiesen, dass sie einer orthodoxen Deutung fähig seien. Wenn Tostatus z. B. (zu Matth. 17) sage: lacobum fuisse Petro maiorem in concilio illo lerosolymitano, et solum lacobum locutum definitive velut totius Ecclesiae Organum et quolibet de assistentibus maiorem, so habe er doch sicher die orthodoxe Ansicht gehabt, dass Petrus, der Statthalter Christi, der dem allgemeinen Concil zu Jerusalem präsidirt habe, dem Jakobus als dem Ortsbischof von Jerusalem die Verkündigung des von dem Concil gefassten Beschlusses aufge- tragen. Tostatus, wird beigefügt, habe lange vor Luther und Cal- vin gelebt, sonst würde er sich vorsichtiger ausgedrückt haben.

17. Unter dem 26. April 1463 erliess Pius IL (Aeneas Sylvius) seine an die Universität Köln gerichtete Bulle In minoribus agentes*): er nimmt darin den um 1440 der Univer- sität übersandten Liber dialogorum de auctoritate concilii ge- neralis ac de gestis Basilensium et Eugenii Papae contradi- ctione^), den er schon in einem Schreiben an den Rector d. d. Köln 13. Aug. 1447 retractirt hatte ^), nochmals zurück, entwickelt seine jetzige Anschauung vom Primate und fordert die Kölner auf: „Wenn ihr etwas diesem Widersprechendes in unseren Dialogen oder in unseren Briefen, deren wir mehrere veröffent- licht haben, oder in anderen Schriften von uns, denn in un- seren jungen Jahren haben wir vieles geschrieben, findet, so weiset es zurück und verdammt es."

In den Rom. Ind. kam durch Paul IV. statt des in der Bulle genannten, damals nocK nicht gedruckten Liber dialogorum ein anderes 1522 gedrucktes Werk von Aeneas Sylvius, Commenta- riorum de concilio Basileensi 11. duo. Im Med. Ven. und danach bei P. in der 2. Cl. steht nämlich Aeneae Sylvii de actis et gestis concilii Basileensis, was auf die erste Ausgabe jenes Werkes passt^).

1) Harduin IX, 1449.

2) Gedruckt in Kollarii AnalectaMon. Vindob. II, 685-790. G.Voigt, Enea Silvio de' Piccolomini I, 238.

3) Epistola retractationis ad Mag. Jordanum, Rectorem Univ. scholae Colon, bei C. Fea, Pius II. P. M. a calumniis vindicatus, Rom 1823, p. 1 ; s. Voigt I, 415.

4) Commentariorum Aeneae Sylvii Piccolomini Senensis de Concilio

Aeneas Sylvius. Gregor von Heimburg. 41

Tr. änderte dieses in: In Actis Aeneae Sylvii prohibentiir ea [S. errata eaj quae ipse in Bulla retractationis damnavit, Ben. in: Piccolomineus, Aeneas Sylvins, Comnientariorum de concilio Basil. 11. .2. Corrigantur ea quae ipse in B. r. d. So steht noch jetzt im Index, denn eine corrigirte Ausgabe ist nie erschienen. Die Briefe und andere Schriften Piccolomini's, welche manche wenig er- bauliche Dinge enthalten, sind von den Indices verschont geblieben, obschon er als Papst wenigstens seine erotischen Schriften auch desavouirt hatte *).

Sand, hat hinter der Notiz des Komischen Index noch die Vorschrift: an die Spitze der Werke des Aeneas Sylvius solle die Notiz geschrieben werden: „Caute legenda opera A. S., ipse enim in Bulla retractationis nonnulla quae scripserat damnavit". Liss. 1624 hält für nöthig zu bemerken, das verbotene Buch sei nicht das zu Rom 1584 gedruckte Pii II. P. M. rerum memorabilium quae temporibus suis contigerunt comm. 11. 12, die zweite, curialistische Geschichte des Baseler Concils ^). Sand, schreibt auch vor, in neuen Aus- gaben die Bulle beizudrucken, und Sot. constatirt, dass dieses in den Baseler Ausgaben von 1551 und 1571 bereits geschehen sei,

18. Von anderen mit den Reformconcilien zusammen- hangenden Schriften, die im Index stehen, wird später die Rede sein; im 15. Jahrhundert wurde in Rom keine derselben ver- dammt. Merkwürdiger Weise wird vom J. 1439 aus Sieben- bürgen berichtet, der dortige Bischof sei gegen die Verbreitung von Schriften und Briefen der Anhänger des Baseler „Concilia- bulums" eingeschritten, welche Kaufleute von Basel mitgebracht hatten 3). Gregor von Heimburg, der 1460 von Pius IL in einem Breve und dann in der Bulla Coenae 1461 von Pius IL, 1468 von Paul IL neben den W>cleffiten und Husiten und an-

Basileae celebrato 11. 2 olim quidem scripti, nunc vero impressi, s. 1. et a. (Köln oder Basel 1521 oder 22), von dem Kölner Juristen Jacob Sobius, nach einer Handschrift des Hermann von Neuenaar herausgegeben. Baumg. n, 492. Clement VHI, 258.

1) Ep. 395: De amore quae scripsimus olim juvenes, contemnite, o mortales; sequimini quae nunc dicimus, et seni magis quam juveni credite. Nee privatum hominem pluris facite quam pontificem. Aeneam rejicite, Pium suscipite.

2) Voigt II, 322.

3) Arch. f. Gesch. des D. Buchh. 11, 18. In dem Erlass des Bischofs (S. 26) heisst es: Intelligimus dari nonnullos in partibus Ulis mercatores, qui ex Basiliensium oris reducentes [redeuntes?] sub specie mercatus certa scripta et literas per fautores et autores illius Bas. conciliabuli concinnatas spargere pergunt.

42 Bücherverbote im Mittelalter.

deren Ketzern namentlich excominunicirt wurde'), steht (nicht bei Lutz, und) in keinem Index, obschon einige seiner Streit- schriften gegen den Papst schon 1555 gedruckt waren 2).

19. Im J. 1479 wurde Pedro Martinez de Osma (Petrus Oxomensis), Professor in Salamanca, von dem Erzbischof Carillo von Toledo mit Ermächtigung Sixtus' IV. wegen einer Schrift de confessione (über Busswesen und Ablass) processirt. Er schwor zu Alcala seine Irrthümer ab (starb im folgenden Jahre). Sein Buch wurde verbrannt. Der Erzbisehof verordnete auch, binnen drei Tagen seien alle Exemplare zu verbrennen, und forderte die Universität „mit apostolischer Autorität" auf, binnen neun Tagen alle dort vorgefundenen Exemplare feierlich zu ver- brennen. Sixtus IV. bestätigte das Urtheil durch eine Bulle vom 10. Aug. 1480-^). -- In demselben Jahre wurde zu Mainz von den Inquisitoren Gerhard Elten von Köln und Jakob Sprenger der Doctor Johann Ruchrath von Oberwesel, gewöhnlich Jo- hannes de Wesalia genannt, früher Professor in Erfurt, da- mals Prediger in Worms, processirt. Anlass boten „Paradoxa", die er in seineu Predigten ausgesprochen haben sollte und welche von Dominicanern denuncirt worden waren. In dem Verhör

1) Voigt III, 382. 407. 413. Ullraann, Reformatoren II, 214. Die Bulla Coenae von 1468 bei E. S. Cyprianus, Tabularium Eccl. Rom. p. 38. Nach den Wycleffiten und Husiten excommunicirt der Papst Georgium, regni Bohemiae occupatorem . . ., ejusdem filium, ... Jo. Rochezanam pro administratore Ecclesiae Pragensis nulla suffultum auctoritate sc gereutem, und damnatae haeresis defensorem, Gregorium de Heymburg, qui sicut alias justo judicio haereticus declaratus est.

2) In der Antilogia Papae von Wolfg. a Wissenburg-; vgl. Fascic. rerum expet. ed. Brown II, 114. Schulte, Gesch. II, 372.

3) Arg. I b 298. Pelayo I, 548. Die incriminirte Schrift ist nicht erhalten, aber eine andere, aus der Osma's Ansichten zu erkennen sind, abgedruckt bei Pelayo I, 788. Er trug u. a. folgende Sätze vor : die specielle Beicht ist nicht göttlichen, sondern nur kirchlichen Rechtes (de ratione praecepti, non sacramenti) ; die Kirche kann nicht direct die zeit- lichen Sündenstrafen, sondern nur die Kirchenstrafen nachlassen, also der Papst keine Ablässe für Verstorbene ertheilen; der Papst kann nicht von allgemeinen Kirchengesetzen dispensiren ; über Glaubenssachen kann nur die Gesammtkirche entscheiden, die Römische Kirche kann irren und einige Päpste sind Ketzer gewesen.

Peter von Osma. Joh. von Wesel. Bibelübersetzungen. 43

werden Tractate vüd Wesalia über die kirchliche Gewalt, die Verbindlichkeit menschlicher Gesetze, Ablass, Fasten u. a. er- wähnt. Da er widerrief, wurde er nicht zum Tode, sondern zu lebenslänglicher Haft verurtheilt (er starb 1481); seine Bücher wurden verbrannt *).

Peter von Osma steht in keinem Index, dagegen Jo. de We- salia seit P. in der 1. Gl. (schon im Ven. aus Lutz.), ausserdem in der 3. Gl. (aus Lov. 58) Liber inscriptus De auctoritate, officio et potestate pastorum ecclesiasticorum, eine Schrift Wesalia' s, die von Melanchthon herausgegeben wurde ^).

20. Bezüglich des Lesens von Bibelübersetzungen und des Bibeliesens der Laien finden sich bis zum Ende des 12. Jahrhunderts keinerlei Verordnungen. Im 13. Jahrhundert wurden in Frankreich von einzelnen Synoden theologische Bücher in der Volkssprache überhaupt, also auch Bibelüber- setzungen, verpönt und den Laien das Lesen von theologischen Büchern oder speciell der Bibel mit Ausnahme der Psalmen verboten. Diese Verordnungen scheinen aber nicht dauernd in Geltung gewesen zu sein. In England wurden im Anfange des 15. Jahrhunderts nur Wycleffitische oder nicht approbirte Bibel- übersetzungen verboten. Nur in Spanien waren seit dem Ende des 13. Jahrhunderts spanische Bibelübersetzungen durch könig- liche Verordnungen allgemein verboten. Dieses unbedingte Ver- bot findet sich auch in den spanischen Indices des 16. Jahr- hunderts, in den Römischen nur eine, allerdings einem Verbote nahe kommende Einschränkung.

Die französischen Verordnungen wurden durch die Waldenser und Albigenser veranlasst. 1199 führte der Bischof von Metz bei Innocenz III. Klage darüber, dass Laien in seiner Diöcese sich die Evangelien, die Paulinischen Briefe, das Psalterium, Gregors des Grossen Moralia in Job und mehrere andere Bücher ins Französi- sche hätten übersetzen lassen und diese Bücher in geheimen Zu-

1) Die Processacten wurden zuerst gedruckt im Anhange der oben erwähnten ersten Ausgabe der Commentare von Aeneas Sylvius, dann in dem Fasciculus von Ortuin Gratius 1535 fol. 163 (in der Ausgabe von E. Brown I, 325), danach bei Arg. Ib 291. Einige Schriften bei Walch, Monimenta medii aevi, vol. III. Ullmann, Reformatoren 1, 282. 416.

2) Ullmann I, 354. 417. Seit Ben. steht sie unter «A. mit vollstän-

digerm Titel : De auct eccl. et quatenus sint audiendi, e sacris

literis declaratio, aber noch immer ohne Angabe des Verfassers.

44 Bücliervcrbote im Mittelalter.

sammenkünften läsen. Der Papst forderte den Bischof zum strengen Einschreiten gegen die betreffenden Personen auf, erwähnt aber die Bücher nicht weiter ^). Die Pariser Synode von 12U9 oder 1210 gebot, alle theologischen Bücher in französischer Sprache den Bischöfen abzuliefern (s. o. S. 17). Die Provincialsynode von Toulouse 1229 verordnete : Laien sollen nicht die Bücher des Alten und Neuen Testaments haben; nur das Psalterium oder das Brevier oder die Horae B. M. Y. dürfen sie als Erbauungsbücher benutzen, aber auch diese nicht in Uebersetzungen in der Volkssprache be- sitzen 2). Eine Synode von Beziers 1246 erliess ein Statut für die Inquisitoren der Provinz, worin diesen die Bestimmung eingeschärft wurde, dass Laien gar keine theologischen Bücher, Kleriker keine theologischen Bücher in der Volkssprache haben dürften ^).

Jacob I. von Arragonien verordnete um 1276: niemand solle Bücher des A. oder N. T. in spanischer Sprache (in romanico) haben; wer solche besitze, solle sie dem Bischof abliefern; widrigen- falls er, er möge Greistlicher oder Laie sein, als der Ketzerei ver- dächtig werde angesehen werden *). Eine Synode von Tarragona 1317 verbot den Mitgliedern der dritten Regel des h. Franciscus, theologische Bücher in der Volkssprache zu besitzen^). Die Ver- ordnung Jacobs I. wurde von späteren Königen erneuert und von Paul IL (1464—71) bestätigt ß). Ferdinand und Isabella (1474- 1516) verboten unter Androhung schwerer Strafen, die Bibel in die Volkssprache zu übersetzen oder solche Uebersetzungen zu be- sitzen '^).

Die zu Oxford 1408 gehaltene Provincialsynode von Canter- bury verordnete: „es solle fortan niemand eigenmächtig (auctoritate sua) irgend einen Text der h. Schrift in Büchern oder Tractaten (per viam libri, libelli aut tractatus) in die englische oder eine an- dere Sprache übersetzen, und bei Strafe der grössern Excommuni- cation solle niemand solche Bücher und Tractate (mit Bibelstellen), die zur Zeit Wycleffs oder seitdem geschrieben seien oder in Zu- kunft würden geschrieben werden, ganz oder theilweise, öffentlich

1) Innocentii III. Epistolae 2, 141, ed. Baluze I, 432. Es klingt doch etwas sehr übertrieben, wenn Reinerus (contra Waldenses c. 3. 5 ; Biblioth. Patr. Col. 1618, t. 13, p. 299. 300) berichtet : Ich habe einen un- gebildeten Bauern (unter den Waldensern) gehört und gesehen, der das Buch Job wörtlich hersagte, und mehrere, die das ganze Neue Testament auswendig wussten . . . Das N. T. und einen grossen Theil des Alten wissen sie auswendig.

2) Mansi 23, 194. Hefele Conc.-Gesch. 5, 875.

3) Mansi 23, 715. Hefele 5, 1019.

4) Le Long-, Biblioth. sacra I, 361.

5) Mansi 25, 627. Hefele 6, 525. 6) Pallav. 6, 12, 5. 7) Alph. de Castro, Adv. haer. 1, 13,

Verbot des Talmud. 45

oder privatim lesen dürfen, bis die Uebersetzung von dem Bischof oder von dem Provinzialconcil giitgeheissen sei" ^). Das Decret be- zieht- sicli also nicht eigentlich auf Bibelübersetzungen. Jedenfalls waren nicht diese allgemein verboten. Sir Thomas More sagt, er habe selbst alte Bibeln gesehen, die von dem Bischof gesehen waren und in den Händen von gut katholischen Laien gelassen wurden -). Thatsächlich ist aber seit diesem Decrete bis auf Tyndall (1525) kein Theil der Bibel übersetzt worden ^).

4. Das Verbot des Talmud und anderer jüdischer Bücher.

Im Mittelalter wurde von Gregor IX. und anderen Päpsten

1239 1320 wiederholt die Verbrennung des Talmud verordnet^).

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts herrschte in Rom in

diesem Punkte eine mildere Anschauung ; aber Julius III. und

die folgenden Päpste verordneten wieder die Verbrennung des

Talmud. Er steht auch seit Paul IV. im Index; die mildernden

Bestimmungen, die im Tricnter Index beigefügt sind, wurden von

Clemens VIII. wieder aufgehoben.

In Folge der Denunciationen eines getauften Juden Nicolaus (Donin) de Rupella, welcher die in den talmudischen Büchern ent- haltenen Irrthümer und Blasphemieen in 25 Artikeln zusammen- gestellt hatte, verordnete Gregor IX. 1239 in Breven an die Könige und die Erzbischöfe von Frankreich, England, Spanien und Portu- gal, an einem bestimmten Tage jene Bücher überall zu confisciren und den Dominicanern und Minoriten abzuliefern, damit sie, wenn

1) Wilkins III, 317. Hefele 6, 847.

2) Blunt, Reform of the Ch. of Engl., 1878, I, 505.

3) R. W. Dixon, Hist. of the Ch. of Engl. 1878, I, 450.

4) Graetz, Gesch. der Juden 7, 112. 462. Die Actenstücke bei Arg. la 146. Es handelt sich von Anfang an nicht um die Mischna, sondern um die Gemara, und zwar, da die von Jerusalem wenig Anstössiges ent- hält und bei den Juden in geringerm Ansehen steht, um die Gemara von Babylon, oder genauer gesagt, um die Mischna in Verbindung mit der babylonischen Gemara. Es heisst schon in einem Gutachten aus dem 13. Jahrh. (Arg. la 146): Sciendum quod in qualibet macecta (Tractat) primo ponitur mysna, et est quasi thema s. materia, quae in illa ma- cecta prosequenda est aut tractanda, et illud, quod super hoc texitur aut constituitur. Talmut proprie dici solet.

46 "Verbot des Talmud.

sie wirklich die von Nicolaiis angegebenen Sachen enthielten, ver- brannt würden. Die Breven wurden durch Nicolaus dem Bischof von Paris zur Weiterbeförderung überbracht. Der Befehl scheint nur in Frankreich ausgeführt worden zu sein. In Paris wurden unter dem Vorsitze des päpstlichen Legaten Card. Odo von Tuscu- lum die Bücher von Pariser Theologen und Canonisten mit Hülfe' von zwei des Hebräischen kundigen Uebersetzern untersucht, auch vier Eabbinen vernommen, und dann an einem Tage 14, an einem andern 6 Wagenladungen hebräischer Bücher, welche aus ganz Frankreich nach Paris gebracht worden, verbrannt. Innocenz IV. forderte 1244 den König Ludwig IX. auf, den Talmud in seinem ganzen Eeiche verbrennen zu lassen ^), wies dann auf die Bitte der französischen Juden aber den Card. Odo an, ihre Bücher nochmals untersuchen zu lassen und so weit es ohne Verletzung der christ- lichen Religion geschehen könne, sie den Juden zu lassen und zu- rückzugeben. Nach einer neuen Untersuchung durch 40 Gelehrte (unter denen Albert der Grosse), verfügte Odo im Mai 1248 noch- mals die Verbrennung des Talmud und behielt sich die Verfügung über andere noch nicht abgelieferte oder noch nicht geprüfte Bücher vor. Im December 1254 schärfte Ludwig IX. nochmals die Ver- brennung des Talmud und der anderen Bücher, welche, Blasphemieen enthielten, ein. Auch eine Synode von Beziers 1255 erliess darüber eine Verordnung -). Im J. 1267 übersandte Clemens IV. durch den Dominicaner Paulus Christianus, einen getauften Juden, dem Erz- bischof von Tarragona und seinen Suffraganen ein Breve, worin er sie aufforderte, sich die Bücher der Juden, namentlich librum quem vocant Talmutz, abliefern, sie durch Minoriten und Dominicaner und andere geeignete Männer, speciell durch den Ueberbringer, untersuchen zu lassen, die unverfänglichen zurückzugeben, die anderen bis auf weitere Verfügung des apostolischen Stuhles aufzubewahren. Honorius IV. ermahnte 1286 den Erzbischof von Canterbury und seine SuflFraganen zu strengen Massregeln gegen die Juden ; er spricht dabei auch sehr scharf über den Talmud, sagt aber nichts von Confiscation desselben. Johannes XXII. gab 1320 dem Erz- bischof von Bourges und seinen Suffraganen dieselben Weisungen wie Clemens IV., nur verordnete er, die schädlichen Bücher zu ver- brennen ^). Eine allgemeine Verordnung erliess Benedict XIII. (Petrus de Luna) in einer langen Bulle vom J. 1415: die talmudi- schen Bücher seien binnen einem Monat an die Bischöfe abzuliefern und von diesen bis auf weitere Verfügung des apostolischen Stuhles aufzubewahren; andere Bücher, welche Schmähungen gegen die christliche Religion enthielten, dürfe kein Jude behalten^).

In den letzten Decennien des 15. und in den ersten des 16. Jahrhunderts standen in Rom die kabbalistischen Studien in grossem

1) Eym. App. p. 4. 2) Hefele 6, 46.

3} Die drei Actenstücke bei Raynald 1820, 25. 4) Döllinger, Beitr. II, 393.

Der Talmud. 47

AnseheTi; die Agitation gegen die jüdischen Schriften in Deutsch- land, welche den Eeiichlin'schen Handel hervorrief, fand dort wenig Beifall; der Minorit Petrus Galatinus gab sein im Sinne Eeuchlins gehaltenes Buch De arcanis catholicae veritatis 11. 12 im J. 1516 im Auftrage des Cardinais Lorenzo Pucci und einiger anderen Car- dinäle ^) und des Kaisers Maximilian heraus und spricht in der Wid- mung an den Kaiser von dem Wohlwollen Leo's X. für Reuchlin ; nicht nur die Mischna und der Talmud von Jerusalem wurden wie- derholt in Italien gedruckt, auch der babylonische Talmud erschien 1520 22 zu Venedig bei Daniel Bomberg in zwölf Bänden mit einem päpstlichen Privilegium, und nochmals 1546 -).

Unter Julius III. (1550 55) Hess die Inquisition zu Rom die talmudischen Bücher in den Häusern der Juden confisciren, sie durch Theologen untersuchen, auch Rabbinen darüber verhören, und 9. Sept. 1553 (am jüdischen Neujahrstage) auf dem Campo di Fiore ver- brennen. Am 12. Sept. publicirte sie dann, von Julius III. vivae vocis oraculo autorisirt, ein Edict, worin alle Fürsten, Bischöfe und Incjuisitoren die Weisung erhielten, den Talmud von Jerusalem und von Babylon zu confisciren und zu verbrennen ; den in christlichen Ländern wohnenden Juden wurde bei Strafe der Grüterconfiscation befohlen , die talmudischen Bücher abzuliefern, und den Christen unter Androhung der Excommunicatio latae sententiae verboten, sie zu lesen oder zu behalten oder die Juden bei dem Abschreiben oder Drucken derselben mit Eath und That zu unterstützen ^). Unter dem 29. Mai erliess dann Julius III. eine Bulle, worin zunächst das Edict der Inquisition über die Verbrennung des Talmud er wird hier noch deutlicher volumen Grhemarot Thalmud (also nicht die Mischna) genannt, erwähnt, dann weiter verordnet wird: da dem Vernehmen nach noch andere Bücher existiren, welche Blasphe- mieen und Schmähungen auf Christus enthalten, so sollen alle Ju- dengemeinden unter Androhung von Strafen , eventuell der Todes- strafe aufgefordert werden, binnen vier Monaten solche Bücher ab- zuliefern; wegen anderer Bücher sollen sie nicht belästigt werden^).

Die Römische Inquisition schickte, wie sich aus den Briefen des Grirolamo Muzio^) ergibt, den Local-Inquisitoren ein Verzeichniss der zu verbrennenden Bücher. Am 16. Dec. 1553, schreibt er an den General-Commissar der Inquisition, Padre Michele (Ghislieri) Alessandrino (später Pius V.), habe auf dem Markte in Pesaro

1) Das sagt er in dem Briefe an Reuchlin bei L. Geiger, J. Reuch- lins Briefwechsel, 1875, S. 248. Das Buch ist übrigens meist aus Raymund Martini und Porchetus de Sylvaticis abgeschrieben; s. lo. Morini Exercit. bibl. p. 9.

2) Wolf, Biblioth. hebr. II, 888. 892. 896.

3) Eym. App. 119. Albit. p. 295.

4) Bull. I, 813.

5) Lettere catholicho, Ven. 1571, p. 171—186.

48 Verbot des Talmud.

l'holocausto del Talmud und der anderen in dem Verzeicliniss stellenden Büclier stattgefunden; die Bücher seien aus dem ganzen Herzogthum dorthin zusammengebracht und von dem Sachverstän- digen, den man ihm auf seine Bitte von Eom gesandt, Raphaelle, sortirt worden ; über einige habe sich dieser mit den Juden nicht einigen können, da diese behaupteten, sie ständen nicht in dem Ver- zeichnisse, während er sage, es ständen ganze Stücke (Citate) aus dem Talmud darin; diese Bücher habe er vorläufig an sich genom- men und er lege ein Yerzeichniss derselben bei ; Raphaelle sage übrigens, auch in vielen exegetischen Büchern der Juden ständen verdammliche Sachen; der Herzog habe einmal geäussert, man solle den Juden nur die Bibel lassen. Muzio klagt gleichzeitig, dass man an manchen Orten, obschon der Kirchenstaat ein so schönes Beispiel gebe, lässig sei, und hält es für nöthig, dass das h. Officium seine Commissare anfeuere. In Ancona sei noch nichts geschehen; der Cardinal von Fano solle das Edict missbilligt haben ; man mache die Einwendung, die Lutheraner würden die Bücher neu drucken und übersetzen, und in der Levante könne man sie ohnehin nicht verbrennen; vielfach sage man, die Sache werde einschlafen, und die Juden streuten aus, das Edict sei suspendirt. Die Juden be- mühten sich in der That, eine Zurücknahme oder Abänderung des Edictes zu erwirken, und eine kleine Milderung enthielt ja auch die Bulle vom J. 1554'). Im Venetianischen Gebiete wurden 1553 auf Befehl der Richter des Tribunale della Bestemmia „zahllose Bücher" verbrannt ^). Ausserhalb Italiens scheint das Edict der Inquisition nicht ausgeführt worden zu sein.

Durch Paul IV. kam 1559 der „Talmud der Juden sammt allen Grlossen, Anmerkungen, Interpretationen und Auslegungen desselben" auf den Index. In demselben Jahre ordnete Grhislieri, jetzt Cardinal und Greneral-Inquisitor, nochmals die Verbrennung der talmudischen Bücher an. Sixtus von Siena wurde nach Cremona im Mailändischen gesandt, wo damals eine berühmte jüdische Schule und eine grosse Niederlage von Talmud-Exemplaren war 3). Er rühmt sich, dort 12000 Bücher verbrannt zu haben ^). Sixtus sagt auch, es seien in den letzten Jahren (sein Buch erschien 1566) durch ein Decret der Inquisition alle „zur Kabbala gehörenden Bücher" ver- dammt worden.

In dem Index Pius' IV. ist dem Verbote Pauls IV. beigefügt: „wenn dieselben ohne den Namen Talmud und ohne Injurien und Schmähungen gegen die christliche Religion erscheinen, werden sie geduldet werden"^). Mit diesem Zusätze steht das Verbot auch bei

1) Graetz 9, 359. 2) Albit. p. 296.

3) Graetz 9, 381.

4) Biblioth. 1. 2 s. v. Traditiones p. 125; 1. 4 hinter Z p. 313. 314.

5) L. 1 s. V. Esdras p. 72.

6) Graetz 9, 391 erzählt, die jüdischen Gemeinden hätten im Oct. 1563 [1562] „zwei Deputirte gewählt [um dahin zu wirken], dass der

Der Talmud. 49

S. und Cl. Sixtus V. verbot, was ja die Gesetzgebung eigent- lich nicbt änderte, in der 11. Eegel seines Index lateinische und andere Uebersetzungen von solchen „Büchern der Juden, Muham- medaner, Saracenen und anderer dergleichen Feinde der christlichen Religion, welche irgend etwas gegen den katholischen Glauben und die Gebräuche und Disciplin der Kirche enthalten". Aber Cle- mens YIII. verbot in der Bulle vom 28. Febr. 1592*) die talmudi- schen, kabbalistischen und anderen von seinen Vorgängern verdamm- ten gottlosen Bücher, ferner alle in hebräischer oder einer andern Sprache geschriebenen oder gedruckten oder zu schreibenden oder zu druckenden Schriften, welche Häresien oder Irrthümer gegen das A. T., Schmähungen gegen die christliche Lehre, gegen kirchliche Gebräuche, gegen Geistliche oder Neophyten oder schmutzige Er- zählungen enthalten. Alle diese Bücher, fügte er bei, dürften die Juden auch nicht unter dem Yorwande behalten, lesen, kaufen oder verbreiten, dass dieselben expurgirt seien (auch nicht vorläufig be- halten, bis sie expurgirt werden würden), auch nicht unter dem Vorwande, dass sie mit verändertem Titel oder mit Erlaubniss oder mit Yorwissen des Sekretärs oder irgend eines Mitgliedes des Trien- ter Concils oder auf Grund der Bestimmung des Index Pius' lY. oder eines päpstlichen Indultes oder einer Erlaubniss von Cardi- nälen, Legaten, Nuncien, Bischöfen oder Inquisitoren neu gedruckt seien. Zugleich nahm er alle von seinen Yorgängern oder irgend jemand anders für bestimmte oder unbestimmte Zeit ertheilten Er- mächtigungen zum Behalten der Bücher zurück, verbot, solche Er- mächtigungen zu ertheilen, und verordnete, die Bücher in Rom in 10

Talmud und die übrigen anfechtbaren jüdischen Schriften nicht in den Index aufgenommen oder dass mindestens das Urtheil, ob das jüdische Schriftthum verboten sei. der päpstlichen Curie allein überlassen werden sollte. Das letztere scheine gelungen zu sein, und der Papst habe für Geld später eine Bulle (vom 24. März 1564) erlassen, dass der Talmud, wenn der Name wegbliebe und er von den angeblich christenfeindlichen Stellen gesäubert, d. h. censirt worden, erscheinen dürfe". In der frag- lichen Bulle, es ist die, durch welche der sog. Trienter Index publicirt wurde, steht natürlich keine Silbe vom Talmud ; aber, dass man nicht in Trient, sondern nachträglich in Rom in dem Index die Bestimmung Pauls IV. über den Talmud geändert habe, ist möglich. Wenigstens be- richtet der Erzbischof von Prag, der Vorsitzende der Index-Commission in Trient, am 3. Febr. 1563 (Buchholtz, Gesch. Ferdinands I. 9, 686) an den Kaiser: Hebraei voluerunt repurgatum suum Talmud a deputatis (den Mitgliedern der Index-Commission) sibi restitui, sed repulsam passi sunt merito suo. Mitto petitionem eorum oblatam nobis et copiam fabu- larum et blasphemiarum quarum myriades in Talmud inveniuntur, et a quibusdam theologis haec obiter excerpta sunt.

1) Bull. III, 27.

Beusch, Index. a

50 Verbot des Talmud.

Tagen, anderwärts in zwei Monaten abzuliefern und sofort zu ver- brennen, unter Androhung der Vermögensconfiscation und noch här- terer zeitlicher Strafen, und für Christen auch der Excommunicatio latae sententiae.

Ein Auszug aus dieser Bulle wurde in dem Index Clemens' VTII. 1596 hinter den Eegeln abgedruckt. Damit war die Milderung in dem Index Fius' IV. aufgehoben; diese wurde denn auch in späteren Ausgaben des Index weggelassen. Seit Ben. steht das Verbot des Talmud überhaupt nicht mehr in dem Alphabete des Indexj wo es ja auch, da es hinter den Eegeln steht, nicht mehr nöthig ist.

In der Bulle Clemens' VIII. wird auf Ausgaben des Talmud hingewiesen, die (expurgirt) mit Erlaubniss von kirchlichen Behör- den erschienen seien. Unter Grregor XIII. beschäftigte man sich in der That mit Expurgation jüdischer Bücher, und der gelehrte Marco Marino aus Brescia, Canonicus regularis S. Salvatoris, wurde nach Rom berufen, um dem Cardinal Sanctorius, einem Mitgliede der Inquisition, dabei zu helfen ^). Marino expurgirte auch den Talmud, und nach seinen Angaben wurde derselbe mit Weg- lassung des Tractats Aboda sara und vieler einzelner Stellen bei Ambrosius Frohen in Basel 1578—80 gedruckt^).

Unter Sixtus V. 1586 bemühten sich einige Juden-Gemeinden in Italien die Erlaubniss zum Druck einer weniger stark expurgir- ten Ausgabe des Talmud zu erlangen, und Sixtus beauftragte wirk- lich die Inquisition, mit Hülfe getaufter Juden die Expurgation zu besorgen. Nach dem Tode des Papstes wurde der Plan aufgegeben, und schon 13. April 1591 schrieb die Inquisition an den Nuncius zu Turin, der unter Sixtus V. gemachte Versuch habe gezeigt, dass eine Expurgation des Talmud unmöglich sei^). Das in der Bulle Clemens' VIII. ausgesprochene unbedingte Verbot des Talmud wurde,

1) M. Marini Brixiani Annott. in Ps. ed. J. A. Mingarelli 1748, I, p. XV. XVII.

2) Froben druckte 1600 Exemplare für Simon Jud zum Gambs in Frankfurt a. M., der sie hauptsächlich in Polen verkaufte. In dem Vertrage war bestimmt, es solle die Ausgabe Venedig 1547 abgedruckt werden, mit Ausscheidung dessen, „was vermög des Concilii Tridentini als der christlichen Religion zuwider durch den Herrn Marcum Marinum als Inquisitoren darin corrigirt und herauszulassen vor nothwendig zu achten sei". Nachträglich entstand ein Process, weil Simon nicht nur den Druck schlecht und in- correct, sondern auch die Aenderung zu stark fand. „Die Theologi zu Basel hätten selbst gesagt, es sei dem Buch zu viel geschehen". Kaiser Rudolf II. verlangte von dem Rath zu Basel 1579, er solle den Druck verbieten, weil der Talmud gegen den christlichen Glauben sei. Der Rath antwortete, die Censur und die Universität hätten nichts gegen den Druck einzuwenden. Arch. f. den D. Buchh. VII, 44.

3) Albit. p. 295.

Andere jüdische Bücher. 51

soweit der Arm der Inquisition reichte, strenge durchgeführt, und man bemühte sich, es auch ausserhalb Italiens zur Greltung zu bringen: 1628 verlangte der Nuncius in Polen, man solle die in Lublin gedruckten talmudischen Bücher verbieten und die bethei- ligten Juden bestrafen, und 1629 erhielt Cardinal Palotto in Wien von der Inquisition die Weisung, den Kaiser in der Absicht, die Bulle durchzuführen, zu bestärken *).

Von den jüdischen Büchern, welche Clemens VIII. ausser dem Talmud verbot, weigerte sich die Inquisition trotz wiederholter An- träge von Local-Inquisitoren ein Yerzeichniss aufzustellen; darum ent- hält auch der Index nichts näheres darüber. Dem Nuncius zu Turin schrieb sie 1592, nach dem Wunsche des Papstes sollten die Juden keine anderen Bücher behalten als die Bibel; man solle sie aber wegen grammatischer Bücher nicht belästigen ^j. In einem nach 1593 erlassenen Breve gestattete aber Clemens YIII. ausdrücklich, auch andere rabbinische Bücher, wenn sie nichts Anstössiges ent- hielten oder davon gesäubert seien, zu dulden. Ueber ein Buch steht seit 1596 eine besondere Verordnung in den Index-Ausgaben hinter der über den Talmud: „Die Bischöfe und Inquisitoren sollen wissen, dass das Buch Magazor (Machsor), welches einen Theil der Officien und Ceremonien der Hebräer und der Synagoge enthält^), in portugiesischer, spanischer, französischer, deutscher, ita- lienischer und jeder andern Volkssprache schon lange durch ein besonderes Decret verboten ist. Sie sollen also darauf achten, dass es nur in hebräischer Sprache gestattet oder geduldet werden darf.

Auch die Expurgation irgend welcher jüdischen Bücher vor- zunehmen oder Expurgatoren zu bestellen oder eine von den Juden selbst vorgenommene Expurgation ausdrücklich zu approbiren, lehnte die Inquisition seit Clemens VIII. grundsätzlich ab. Inquisitoren, welche eine expurgirte Ausgabe genehmigten oder von einem ex- purgirten Exemplare eines Buches bescheinigten, dass sie es geprüft und zulässig befunden^), erhielten Verweise. Man überliess es den Juden, ihre Bücher von allem Anstössigen zu säubern, und behielt sich vor, nach JBelieben jedes Buch zu untersuchen und wenn es nicht hinlänglich gesäubert schien, den Besitzer zu strafen. Fand man nichts Anstössiges in dem Buche, so wurde es zurückgegeben, aber mit der ausdrücklichen Erklärung, dass diese Zurückgabe nicht die Bedeutung einer Approbation habe und eine nochmalige Unter-

1) Dass Card. Franc. Maria Medici die Widmung des dritten Theiles der Ausgabe der Mischna mit lateinischer Uebersetzung von W. van Suren- huysen (Amst. 1688—1703) annahm (Baumg. IV, 40), steht nicht in Wider- spruch mit dem Verbot des Talmud, bekundet aber doch eine mildere Anschauung.

2) Albit. p. 296. 298. 3) K.-L. 6, 720.

4) Wolf II, 940 spricht von Exemplaren, die mit der Feder expur- girt sind und die Unterschrift eines Inquisitors haben.

62 Verbot des Talmud.

suchung und eine Bestrafung, falls sich bei dieser Anstössiges finde, nicht ausschliesse ^).

Noch im J. 1775 wurde für den Kirchenstaat ein Edict pu- blicirt, worin die Bullen voninnocenz lY., Julius III. und Clemens YIII. in Erinnerung gebracht werden und eingeschärft wird : kein Jude, auch kein Rabbiner darf talmudische, kabbalistische oder andere' Bücher, welche „Irrthümer gegen die h. Schrift oder das A. T." oder Schmähungen gegen die christliche Lehre u. s. w. enthalten, in hebräischer oder in einer andern Sprache lesen, besitzen u. s. w., bei Strafe der Vermögensconfiscation und anderen arbiträren körperlichen und schweren Strafen; kein Christ darf einem Juden zur Erlangung solcher Bücher verhelfen, bei denselben Strafen und ausserdem der Excommunicatio latae sententiae; die Juden dürfen keine hebräi- schen oder von Juden oder Christen aus dem Hebräischen über- setzten Bücher kaufen oder sonst irgendwie erwerben, ohne sie zu- vor in Rom dem Magister S. Palatii, an anderen Orten dem Bischof oder Local-Inquisitor vorgelegt zu haben, bei Strafe von 100 Scudi und 7 Jahren Gefängnis s -).

Bezüglich der im Index stehenden rabbinischen Bibelcommen- tare erklärte die Inquisition 1596, es seien nur diejenigen als ver- boten anzusehen, welche von den Ketzern, namentlich Conradus [Pellicanus] und Paul Fagius corrumpirt seien ; im übrigen seien sie, wenn sie gemäss der Bulle von 1593 expurgirt seien, gestattet. Das bezieht sich auf folgende durch S. und Gl. in den Index ge- kommenen Bücher: Paraphrasis Cornelii chaldaica in sacra Biblia (erst Ben. hat diesen unsinnigen Titel corrigirt und unter Fagius gesetzt: Thargum h. e. Paraphrasis Onkeli chald. in s. Biblia, [in lat. versa] additis in singula fere capita succinctis annotationibus [Strassb. 1546]; S. hat den Titel mit dem Schreibfehler Cornelii statt Onkeli [V. 59 Conrelii] aus Q. abgeschrieben), und: Com- mentaria Rabi Salomonis et Chimi et Rabini Hierosolymitani et simi- lium super V. T., tarn scripta hebraice quam latine translata per Conr. Pellicanum et Paulum Fagium haereticos (von S. wörtlich aus Lisa. 81 abgeschrieben, wo noch die Motivirung dabei steht: ubi multa continentur nostrae iidei contraria, maxime super prophetas). Ben. hat dafür substituirt R. David Kimhi Comm. in V. T. tam hebr. etc. Damit sind die Commentare von R. Salomo (Jarchi) u. a. kurzer Hand aus dem Index entfernt.

Was die spanischen Indices angeht, so verbietet Yaldes 1559 „alle in hebräischer oder einer andern Sprache geschriebenen Bücher, welche jüdische Ceremonien enthalten", und „alle in hebräi- scher oder in einer andern [sie] Volkssprache geschriebenen Bücher, welche von dem alten Gesetze handeln (que sean de la ley vieja)". Quiroga erklärt in der 4. Regel seines Index von 1583 : „Verboten sind die Bücher von Juden und Muhammedanern (Moros), welche ihrem Hauptinhalte nach gegen den katholischen Glauben . . . ge-

1) Albit. p. 296. 298.

2) Das Edict ist abgedr. A. J. P. 4, 1422.

Andere jüdische Bücher. 53

richtet sind oder in denen sie de proposito ihre jüdische oder mu- hammedanische Secte lehren. Indess können diese Bücher und einige ßabhinen, die über die h. Schrift schreiben, gelehrten Männern durch eine ausdrückliche schriftliche Erlaubniss der Inquisitoren gestattet werden, aber in keiner Weise der Talmud und die Commentare, Glossen und Anmerkungen zu demselben. Nicht verboten ist das Targum, d. i. die chaldäische Paraphrase." Aehnlich die folgenden Indices; nur werden seit Sandoval (1612) ausser dem Talmud auch „die Kabbalisten und die anderen gottlosen und schändlichen Bücher der Juden " unbedingt verboten, das Magazor in hebräischer Sprache gestattet und verordnet, an den Anfang aller Exemplare des Tar- gum loco antidoti eine Bemerkung beizufügen des Inhalts : das Tar- gum sei an vielen Stellen durch jüdische Fabeln und talmudistische Possen entstellt, enthalte Lobpreisungen des jüdischen Volkes, miss- deute nicht wenige Stellen der h. Schrift, mische zuweilen falsche Dogmen ein und weiche mitunter von der wahren und echten Les- art und von der durch die Kirche approbirten Uebersetzung ab, und sei darum nicht hochzuschätzen und nicht geeignet, triftige Ar- gumente daraus zu entnehmen, vielmehr überall mit Vorsicht und Kritik zu lesen. Seit Sot. werden die nicht theologischen jüdi- schen Schriften, auch die von Buxtorf und Seb. Münster herausge- gebenen oder übersetzten, auch der Doctor dubitantium des Moses Maimonides ausdrücklich freigegeben.

Im portugiesischen Index von 1581 wird auch Commentaria Zoar in Beresit, also ein Theil des Buches Sohar, verboten, welches bei den christlichen Kabbalisten in hohem, bei den Juden in schlech- tem Ansehen stand, unter Paul IV. mit Erlaubniss der Inquisition gedruckt und bei dem Verbrennen der jüdischen Bücher in Italien verschont wurde; Sixtus von Siena sagt, er habe in Cremona 2000 Exemplare, welche die spanischen Soldaten hätten verbrennen wollen, gerettet *).

5. Verordnungen über Bficherwesen aus der Zeit

von Erfindung der Buehdruckerkunst bis zum Beginne

der Reformation.

Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst wurde die Verbreitung von schlechten wie guten Büchern wesentlich er- leichtert und dadurch eine schärfere Beaufsichtigung des Bücher- wesens von Seiten der kirchlichen Behörden veranlasst. Zu

.1) Biblioth. p. 315. Vgl. K.-L. 10, 238. Graetz 9, 338. Den Sohar „ein Schosskind des Papstthum" zu nennen, ist eine Graetz'sche Ueber- treibung.

54 Verordnungen 1479—1517.

einer solchen bot sich jetzt ein Mittel dar in der Einführung der vorherigen Prüfung der zu druckenden Bücher, der Präventiv- Censur.

Der erste auf den Bücherdruck bezügliche päpstliche Er- lass ist die Bulle Inter multiplices Alexanders VI. vom 1. Juni 1501 1). Es heisst darin:

Die Buchdruckerkunst ist sehr nützlich, sofern sie die Ver- vielfältigung bewährter und nützlicher Bücher erleichtert; sie würde aber sehr schädlich werden, wenn sie zum Drucken verderblicher Schriften missbraucht würde. Darum müssen die Drucker durch ge- eignete Mittel angehalten werden, das Drucken solcher Schriften zu unterlassen, welche dem katholischen Grlauben zuwider oder geeignet sind, den Grläubigen Anstoss zu geben. Da nun Wir, die Wir dessen Stelle auf Erden vertreten, der vom Himmel herabkam, um die Ge- müther der Menschen zu erleuchten und die Finsterniss der Irrthü- mer zu zerstreuen, durch zuverlässige Berichte erfahren haben, dass in verschiedenen Gregenden, namentlich in den Kirchenprovinzen Köln, Mainz, Trier und Magdeburg sehr viele Bücher und Tractate, welche verschiedene Irrthümer und verkehrte Dogmen, auch solche, die der heiligen christlichen Religion feindselig sind, enthalten, ge- druckt worden sind und noch fortwährend gedruckt werden, und da Wir einem so abscheulichen üebel ohne weitern Verzug entgegen- wirken wollen, wie Wir nach dem Uns von oben anvertrauten Hirten- amte verpflichtet sind : so verbieten Wir kraft apostolischer Auc- torität durch gegenwärtiges allen in den besagten Kirchenprovinzen wohnenden Druckern und ihren Gehülfen bei Strafe der Excommu- nicatio latae sententiae und bei einer von Unseren ehrwürdigen Brüdern, den Erzbischöfen von Köln . . . oder ihren Generalvicaren oder Officialen je für ihre Provinz festzusetzenden und für die apo- stolische Kammer einzuziehenden Geldstrafe, fortan Bücher, Tractate oder Schriften irgendwelcher Art zu drucken oder drucken zu lassen ohne vorherige Befragung der besagten Erzbischöfe, Generalvicare oder Officiale und ohne eine von diesen unentgeltlich zu ertheilende specielle und ausdrückliche Erlaubniss, wobei Wir es letzteren zur Gewissenspflicht machen, ehe sie eine solche Erlaubniss ertheilen, die zu druckenden Bücher sorgfältig zu prüfen oder von kundigen und katholischen Männern prüfen zu lassen und dafür zu sorgen, dass nichts gedruckt werde, was dem orthodoxen Glauben zuwider, gottlos oder ärgernissgebend ist. Und weil es nicht genügen würde, gegen zukünftige Drucke Vorsorge zu treffen, wenn nicht auch die schon gedruckten irrthümlichen, gottlosen und ärgernissgebenden Schriften unterdrückt werden, so beauftragen Wir kraft der vorbe- sagten Auctorität dieselben Erzbischöfe, Vicare und Officiale, je in ihrer Ktrchenprovinz kraft Unserer Auctorität alle und jegliche

1) Sie steht nicht im BuUarium, aber bei Raynaldus 1501 n. 36, ab- gedruckt bei Zacc. p. 133.

Bullen Alexanders VI. und Leo's X. 56

Drucker und anderen Personen, in was immer für einer Würde, Stande, Grade und Stellung sie sein mögen, zu ermahnen und auf- zufordern, innerhalb einer von ihnen zu bestimmenden Frist Ver- zeichnisse von allen gedruckten Büchern vorzulegen und die ge- druckten Bücher und Tractate, von welchen die besagten Erzbischöfe, Vicare oder Officiale urtheilen oder erklären, dass darin etwas dem katholischen Glauben Widersprechendes, Gottloses, Aergerniss- gebendes oder Uebelklingendes enthalten sei, ohne Rückhalt und Betrug abzuliefern, gleichfalls bei Strafe der Excommunicatio latae sententiae und einer von ihnen, wie oben gesagt, festzusetzenden Geldstrate. Sie sollen sich angelegen sein lassen, dass auch die anderen so gedruckten Bücher [die anderen Exemplare?], soweit ihnen dieses zweckmässig scheint, ihnen gebracht und verbrannt werden, und kraft Unserer Auctorität unter ähnlichen Censuren und Strafen das Lesen und Behalten derselben verbieten, auch nicht unterlassen, nachzuforschen, auf wessen Anordnung solche Bücher gedruckt sind und aus welchem Grunde dieses zum Schaden des katholischen Glaubens, zu dem sie sich doch bekennen, angeordnet worden und ob diejenigen, die es angeordnet, selbst irgend welcher Ketzerei verdächtig sind. Dabei sollen sie diejenigen, welche sich ungehorsam oder widersetzlich zeigen, welchen Standes oder Ranges sie auch sein mögen, ^uch alle Genossenschaften, Universitäten und Collegien durch Excommunication, Suspension und Interdict und andere kirchliche Sentenzen, Censuren und Strafen, die auch ver- schärft und nochmals verschärft werden dürfen und bei denen die Appellation ausgeschlossen sein soll, zwingen, nöthigen Falls auch den weltlichen Arm anrufen, dem Wir, damit er williger Hülfe leiste, die Hälfte der von ihm beigetriebenen besagten Geldstrafe zuwenden. (Folgt die Aufhebung aller entgegenstehenden früheren Verordnungen und aller früher den Druckern verliehenen Privile- gien.) Wir ermahnen ausserdem dieselben Erzbischöfe, Vicare und Officiale, den Eifer des Glaubens und das Heil der Seelen vor Augen habend, in dieser Sache sich so sorgsam und eifrig zu erweisen, dass ihnen der Lohn des ewigen Lebens und von Uns gebührender Dank zu Theil werde.

Während diese Verordnung nur für die genannten deutschen Kirchenprovinzen erlassen war, bestimmte Leo X. in der auf dem 5. Lateran-Concil 3. Mai 1515 verkündigten Bulle Inter solicitudines^) nach einer ähnlichen Motivirung über Nutzen und Schaden der Buchdruckerkunst „mit Zustimmung des Concils*^ ^) Folgendes:

Es soll fortan auf ewige Zeiten niemand ein Buch oder eine

1) Labbe XIV, 257.

2) Ein Bischof, Alexius von Melfi, stimmte dagegen mit der Er- klärung: placet denovis operibus, non autem de antiquis. Labbe XIV, 257.

56 Verordnungen 1479—1517.

Schrift in Unserer Stadt oder in irgendwelchen anderen Städten und Diöcesen zu drucken oder drucken zu lassen wagen, wenn sie nicht in Rom durch Unsern Vicar und den Magister Sacri Palatii, in anderen Städten und Diöcesen durch den Bischof oder einen andern in der Wissenschaft der zu druckenden Schrift bewanderten, von dem Bischof zu beauftragenden Mann und durch den Inquisitor der Stadt oder Diöcese, worin das Buch gedruckt werden soll, sorgfältig geprüft und durch ihre eigenhändige Unterschrift, die bei Strafe der Excommunication unentgeltlich und ohne Verzug zu geben ist, gutgeheissen worden. Wer dem zuwiderhandelt, soll, ausser dem Verlust der Bücher und der öffentlichen Verbrennung derselben und der Zahlung von hundert Ducaten an die Fabrik des Apostelfürsten in Rom ohne Hoffnung auf Nachlass, sowie der Suspension der Aus- übung der Druckerei auf ein Jahr, der Excommunication verfallen sein, und wenn er hartnäckig ist, von seinem Bischof, rücksichtlich von Unserm Vicar mit allen rechtlichen Mitteln so gezüchtigt wer- den, dass andere nach seinem Beispiele ähnliches zu versuchen nicht wagen.

Schon vor diesen päpstlichen Bullen waren an einzelnen Orten Verordnungen über den Bücherdruck erlassen worden, namentlich in Köln, Mainz und einigen anderen deutschen Orten, in Spanien und in Venedig.

Unter dem 17. März 1479 ermächtigte Sixtus IV. den Rector und Decan der Kölner Universität, mit kirchlichen Censuren gegen Drucker , Käufer und Leser häretischer Bücher einzuschreiten *). Diese Ermächtigung wurde von Alexander VI. bestätigt. Die Kölner Buchhändler bestellten im J. 1501 einen Sachwalter, um in Rom dagegen zu remonstriren^).

Dass die Kölner Universität eine Censur übte, zeigt die That- sache, dass in einer Anzahl von theologischen und nichttheologischen Büchern, die zu Köln in den siebenziger und achtziger Jahren ge- druckt wurden (die meisten 1479 83, eins 1475, mehrere s. a.) der Vermerk steht : Admissum (oder Temptatum oder Examinatum admissumque) ac approbatum ab alma Universitate studii civitatis Coloniensis, de consensu et voluntate . . pro tempore rectoris ejus- dem^). Im J. 1480 erschien auch zu Venedig ein Nosce te ip- sum mit vier Approbationen *) und zu Heidelberg ein Buch mit einer Approbation des Patriarchen von Venedig ^).

Im Januar 1486 erliess der Erzbischof von Mainz, Berthold Graf von Henneberg, ein Mandat für seine Kirchenprovinz, worin er

1) Hartzheim, Prodromus Hist. Univ. Col. p. 8.

2) A. D. B. 11, 640.

3) A. Kirchhoff, Beitr. zur Gesch. des D. Buchh. 1851, I, 42.

4) Grässe, Lit.-Gesch. III, 1, 317.

5) Mendham p. 13.

Verordnungen in Deutschland. 57

verordnete, es sollten fortan keine Uebersetzungen von griechischen, lateinischen und anderen Büchern in der Volkssprache gedruckt werden, ohne 2uvor von den von ihm bestellten Censoren, je einem Magister aus jeder der vier Facultäten der Erfurter Univer- sität, — approbirt zu sein; die in Frankfurt feilzubietenden Bücher sollten von dem Pfarrer und einem oder zwei von dem Frankfurter Consulat zu bestellenden Doctoren oder Licentiaten geprüft werden *). Motivirt wird dieser Erlass durch das Erscheinen von Büchern, welche „falsche und irrige Lehren enthalten und falsche Titel haben und von deutschen Uebersetzungen des Messbuches und anderer liturgischer Bücher, der Bibel und solcher theologischen und juristi- schen Bücher, die sich zur Uebersetzung und Verbreitung unter dem Volke nicht eignen" 2). Unter dem 17. Mai 1517 bestellte Erz- bischof Albrecht von Mainz, wohl auf Grrund des Lateran-Decretes von 1515, seinen Weihbischof, Paulus Bischof von Ascalon, zu seinem „Commissar für die Prüfung der zu druckenden Bücher und Schriften" und denselben und den Canonicus Jodocus Trutfetter zu Erfurt zu Inquisitoren (mit dem Auftrage, gegen der Ketzerei Ver- dächtige, „auch unter Anwendung der Folter", vorzugehen und) mit dem Rechte, auch den Kauf und Verkauf schlechter Bücher zu ver- bieten^).

Mcht Approbationen, sondern nur Privilegien gegen Nach- druck scheint Jakob Oessler J. U. D. ausgefertigt zu haben, der sich in den in Strassburger Büchern 1498 1517 vorkommenden Privilegien als per Imperium Komanum impressorius censor et super- attendens generalis bezeichnet. 1520 fertigte der kaiserliche Historio- graph Joh. Stabius Bücherprivilegien aus, mit der Formel: sacra auctoritate Romana censura sibi a quondam Caes. Maj. divo Maxi- miliano concessa*).

In Augsburg bestand schon 1515 die Praxis, die Buchdrucker vor dem Rathe schwören zu lassen, „dass sie ohne Wissen und Willen desselben nichts drucken noch einigen Druck ausgehen lassen

1) Bei Gudenus, Cod. diplom. IV, 469 steht das Mandat, die Er- nennung der Censoren und ein Schreiben an die Suffraganbischöfe.

2) In dem Schreiben an die Suffraganbischöfe heisst es: missarum alioruraque divinorum officiorum libri literaeque sacrae et intellectu dif- ficiles, in dem Mandate selbst: Vidimus libros de divinis officiis et apici- bus religionis nostrae e latina in germanicam linguam traductos non sine religionis dedecore versari per manus vulgi. Quid denique de sacrorum canonum legumque praeceptis? etsi a jureconsultis limatissime scripta sint, tarnen scientia ipsa habet nodositatem. Die Censoren werden ange- wiesen, Bücher nicht zu approbiren, si forte ad rectum sensum non facile traduci poterunt aut errores et scandala magis pariunt aut pudicitiam laedunt. Jede Approbation musste von zwei Censoren unterzeichnet sein.

3) Gudenus IV, 589.

4) Archiv f. Gesch. des D. Buchh. IV, 98. V, 22.

58 Bücherverbote 1491—1517.

wollten, der jemand zu Schand oder zu Schmacli gereiche" *)• In Strassburg verbot schon 1504 der Senat, irgend etwas zu drucken, was gegen den Papst, gegen den Kaiser, gegen b^ürst und Staat oder gegen die guten Sitten gerichtet schiene, und beauftragte drei Män- ner mit der Ausführung dieser Anordnung. 1513 wurden diese drei zum zweiten Male bestellt. 1515 und 1516 wurden Lieder gegen die Würtemberger und Schweizer confiscirt und verbrannt^).

In Spanien Hessen Ferdinand und Isabella zu Toledo 8. Juli 1502 eine Ordonnanz publiciren, welche die Präsidenten der Kanz- leien von Valladolid und ('iudad Keal (Grranada), die Erzbischöfe von Toledo, Sevilla und Grranada und die Bischöfe von Burgos, Sala- manca und Zamora mit der Prüfung und der Ueberwachung des Druckes, der Importation und des Verkaufes der Bücher beauf- tragte^).

Die älteste Censurverordnung, die wir aus Italien kennen, ist eine „Constitution", welche der Bischof Niccolo Franco von Treviso als päpstlicher Legat für das Gebiet der Venetianischen Republik 1491 in Venedig feierlich publiciren liess: „Da dem Vernehmen nach die Buchdrucker einige nach Ketzerei schmeckende Bücher, nicht ohne die grösste Grefahr für das Seelenheil der Grläubigen, veröffentliclien , so erachtet sich der Legat für verpflichtet, diesem Uebel zu steuern, und verordnet demgemäss, dass fortan niemand Bücher, welche vom katholischen Grlauben oder von kirchliclien Dingen handeln, ausser den gewöhnlichen, ohne ausdrückliche Er- laubuiss des Bischofs oder Generalvicars des betreffenden Ortes drucken oder drucken lassen soll. Wer dagegen zu handeln wagt, soll ohne weiteres der Excoramunication verfallen sein'' *).

6. Bücherverbote aus derselben Zeit.

Die eben erwähnte Constitution des Nie. Franco vom J. 1491 ist auch darum bemerkenswerth, weil sie das älteste Verbot von gedruckten Büchern enthält: „Diejenigen, welche die Monarchia des Antonio Roselli und die Thesen des Pico von Mirandola gedruckt haben oder haben drucken lassen, gekauft haben oder wie immer besitzen, ermahnen wir unter Androhung der Excommunication, dieselben binnen 14 Tagen in der Domkirche ihrer Stadt oder Diöcese durch Ver- brennen zu vernichten (comburant ita quod non sint). Auch soll

1) Archiv VI, 251. 2) Archiv V, 22. 24.

3) Llorente, Hist. del' Inq. I, 282.

4) Mansi, Suppl. Conc. VI, 681.

Ant. Roselli. Pico de Mirandola. P. Pomponatius. 59

fortan niemand dieselben drucken oder drucken lassen, kaufen oder sonstwie erwerben und behalten".

Antonio Eoselli, Professor der Rechte in Siena, war von Mar- tin V. nach Rom berufen worden und hatte längere Zeit in Eugens IV. Diensten gestanden; von 1438 bis zu seinem Tode war er Professor in Padua. Seinen anticurialistischen Tractat Monarchia s. de po- testate imperatoris et papae et de materia conciliorum, dem Dogen von Venedig, Francesco Foscari gewidmet, soll er aus Verdruss darüber geschrieben haben, dass man ihn trotz seiner Thätigkeit in dem Streit mit dem Baseler Concil nicht zum Cardinal machte. Das Buch wurde zu Venedig 1483 und 1487 gedruckt^). Es steht in allen römischen Indices, seit Tr. mit d. c.

Dass Giovanni Pico de Mirandola nicht im Index steht, er- klärt sich aus Folgendem: Er hatte 1487 mit Erlaubniss Inno- cenz' VIII. 900 Thesen veröffentlicht, die er gegen jedermann ver- theidigen wolle. Auf die Denunciation hin, dass unter den Thesen häretische seien, ordnete der Papst eine Prüfung derselben durch eine Commission von Bischöfen, Theologen und Juristen an. Die Commission erklärte 13 Thesen für verdächtig und nach Ketzerei schmeckend und der Papst verbot, obschon Pico in einer Apologie diesen Thesen eine orthodoxe Deutung zu geben suchte, das Lesen der 900 Thesen, jedoch mit der Erklärung, dieses Verbot solle für Pico, der von Anfang an seine Bereitwilligkeit, sich dem Urtheile des Papstes zu unterwerfen, sogar eidlich betheuert hatte, keine Kränkung seiner Reputation sein. Später leitete der Papst gegen Pico einen Process ein, weil er durch die Herausgabe der Apologie seinen Eid gebrochen. Alexander VI. liess die Sache nochmals durch drei Cardinäle und den Magister Sacri Palatii untersuchen und erklärte in einem an Pico gerichteten Breve vom 18. Juni 1493^, mit Rücksicht auf die von ihm bekundete gute und gläubige Ge- sinnung und Devotion gegen den heiligen Stuhl solle der Process niedergeschlagen sein, Pico werde von jedem Verdacht der Ketzerei freigesprochen und es solle ihn niemand weiter belästigen 2).

In ähnlicher Weise rücksichtsvoll wie Pico von Mirandola wurde etwas später Pietro Pomponazzi (Pomponatius, 1462 1524) in Rom behandelt. Er leitete bekanntlich aus der aristotelischen

1) Tiraboschi VI, 601. Schulte, Gesch. II, 303. Das Buch wurde noch einmal 1499 zu Venedig gedruckt, aber mit einer Widerlegung: Tract. de pot . . . Antonii de Rosellis. Una cum replica Inquisitoris Gcrmaniae Fr. Henrici Institoris. S. Schelhorn, Am. lit. III, 139. Bossuet, Defens. Deck App. 1. 2 c. 3 citirt Stellen von Roselli (nach dem Abdruck bei Goldast, Monarchia T. I). In dem Antw. Exp. p. 95 steht eine Ex- purgation (4 Stellen, eine von 4 Spalten sollen gestrichen werden), welche von Q. und den anderen spanischen Indices, aber nicht von Bras. aufge- nommen wurde.

2) Arg. I b, 320.

60 Biicherverbote im Mittelalter.

Philosophie Lehrsätze ah, welche dem christlichen Glauben direct widersprachen, und wollte diese als philosophische Wahrheiten fest- halten, dabei aber zugleich als theologisch falsch angesehen haben. In diesem Sinne behandelte er die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele in dem 1516 zu Bologna gedruckten Buche De immor- talitate animae. Das Buch wurde von Mönchen dem Patriarcheit von Venedig denuncirt und von diesem Pomponazzi als Häretiker erklärt und das Buch verbrannt, auch an Bembo, den Secretär Leo's X., geschickt, damit auch der Papst es verdamme. Leo X. that dieses nicht, beauftragte aber Augustinus Niphus aus Sessa, dasselbe zu widerlegen. Pomponazzi schrieb gegen diese Wider- legung ein Defensorium, bat aber den mit ihm befreundeten Domi- nicaner Chrysostomus Javellus, seinem Buche eine Widerlegung der in dem Defensorium vorgebrachten Argumente für die Sterblichkeit der Seele beizufügen, und erhielt nun von dem Generalvicar des Erzbischofs und dem Inquisitor von Bologna die Erlaubniss, sein Buch mit Beifügung aller darauf bezüglichen Schriften neu drucken zu lassen^).

Im Index steht von Pomponatius nur De incantationibus (seit Ben. De naturalium effectuum admirandorum causis s. de ine. liber), und zwar erst seit S. (1590), obschon das Buch seit 1556 ge- druckt war^).

Im J. 1512 wurde im Haag ein niederländischer Priester, Mag. Hermann von Rijswijck mit seinen Büchern als Ketzer verbrannt; er ist hier zu erwähnen, weil er in der 1. Cl. des Römischen Index steht, obschon von seinen Schriften nichts er- halten ist. Der wichtigste Bücherprocess in der Zeit unmittelbar vor der Reformation ist der über Johannes Reuchlins (1455 —1522) „Augenspiegel", der erst 1520 zu Ende ging und in Folge dessen mehrere Bücher Reuchlins auf den Index kamen.

1) Der Titel des 1519 erschienenen Werkes lautet : Petri Pomponatii liber de immortalitate animae. Tres Apologiae. Tractatus Niphi. Pompo- natii Defensorium. Epistolae Pomponatii ad Javellum et Javelli ad Pom- ponatium. Solutiones rationum animae mortalitatem probantium, quae in Defensorio contra Niphum a Pomponatio formantur. Vgl. Quetif II, 105. Tiraboschi VII, 419. Stöckl, Gesch. der Phil, des M.-A. III, 213. K. Werner, Thomas v. Aquin III, 129.

2) In der Ausgabe der Opera des Pomp., Basel 1567, sagt Guil. Gratarolo, er habe jenes Buch schon vor zehn Jahren herausgegeben. Vgl. Baumg. VI, 459. Delrio, Disq. mag. 1, 3 sagt, er wundere sich, dass das Buch so lange „von der Kirche geduldet" und so spät auf den Index gesetzt worden sei. Zacc. p. 209 zählt es zu den Büchern der Atheisten und Materialisten.

Herrn, von Rijswijck. Reuchlin. 61

Im März 1517 verdammte Leo X. durch ein besonderes Breve die Epistolae obscurorum virorum; sie sind sonderbarer Weise erst 1590 in den Römischen Index aufgenommen worden.

Eijswijck wurde im J. 1502 von der Inquisition zu lebens- länglichem ijrefängniss verurtheilt ; die ihm zugeschriebenen articuli haereticales klingen ganz unchristlich: unter Berufung auf Aristo- teles und Averroes leugnet er die Unsterblichkeit der Seele, die Gottheit, ja die göttliche Sendung Christi u. s. w. Es gelang ihm, aus der Haft zu entkommen; er verbreitete wieder seine Irrthümer, wurde wieder eingefangen und am 14. Dec. 1512 von dem Inqui- sitor Jakob Hogstraten und dem Decan Jakob Ruysch als Delegirten des Bischofs von Utrecht als haereticus relapsus verurtheilt und darauf mit den von ihm eigenhändig geschriebenen Büchern ver- brannt *). Gedruckt ist von diesen Schriften nichts, wie es scheint, auch keine Abschrift erhalten; gleichwohl steht Rijswijck (aus Lutz, entnommen) seit Med. in allen Indices, in manchen ist der Name arg corrumpirt: Med. Ven. Hiszuuich, S. Kesuwik, bei S. sogar unter den Häresiarchen, wahrscheinlich weil Gabriel Prateolus eine Secte der Rysvicani hat.

Ueber Reuchlins „Augenspiegel", zuerst 1511 s. 1. et a. ge- druckt, sprachen sich 1513 die Universitäten Löwen, Köln, Mainz und Erfurt ungünstig aus, 1514 auch die Universität Paris, diese mit der Erklärung: das Buch enthalte „viele falsche, ... nach Ketzerei schmeckende und einige ketzerische Sätze" und sei zu ver- brennen, der Verfasser zum Widerruf anzuhalten^). Jakob Hog- straten leitete 1513 zu Mainz einen Inquisitionsprocess gegen Reuchlin ein; Reuchlin appellirte aber an den Papst, und dieser übertrug die Sache dem Bischof von Speyer, welcher 24. April 1514 Reuchlin freisprach und erklärte, der Augenspiegel mit der demselben bei- gefügten Erklärung dürfe von Jedermann gelesen und veröffentlicht werden •'^). Nun appellirte Hogstraten, und der Papst bestellte die Cardinäle Dominicus Grimani und Pietro degli Accolti (Anconi- tanus) als Richter. 22 Theologen, welche 2. Juli 1516 Gutachten abgaben, sprachen sich alle zu Gunsten Reuchlins aus, mit Ausnahme des Magister Sacri Palatii Sylvester Prierias; durch ein päpstliches mandatum de supersedendo wurde die Fällung des Urtheils ver- hindert. So blieb das Speyerer Urtheil vorläufig in Kraft. 1518 wurde die Sache in Rom wieder aufgenommen und die Cardinäle Accolti und Dominicus Giacobazzi als Richter bestellt. Hogstraten erwirkte Anfang 1520 eine Ungültigkeitserklärung des Speyerer Urtheils. Von Franz von Sickingen gezwungen, bat aber der Pro- vincial der Dominicaner, Eberhard von Cleve, im Namen der deut-

1) Lutz. s. V. Hermannus Ryswick, Vgl. Moll, Studien I, 57. Hagen, Deutschlands lit. und rel. Verh. im Ref.-Zeitalter, III, 106.

2) Arg. I b, 350. Sainjore (R. Simon), Bibl. crit. I, 527.

3) Arg. Ib, 351. L. Geiger, J. Reuchlins Briefwechsel, 1875, S. 211.

62 Bücberverbote 1491—1517.

sehen Dominicaner den Papst, er möge die Cassirung des Speyerer Urtheils zurücknehmen und beiden Theilen Schweigen auflegen. Am 23. Juni 1520 wurde aber das Speyerer Urtheil cassirt, der Augen- spiegel als ein ärgerliches, für fromme Christen anstössiges, den Juden unerlaubt günstiges Buch verboten und zu vernichten befohlen und Eeuchlin ewiges Stillschweigen aufgelegt*). Dieses Urtheil scheint in weiteren Kreisen nicht bekannt geworden zu sein. Die belgischen Theologen behaupten, wie wir sehen werden um 1570, Reuchlin sei in Kom freigesprochen-).

Im Ven. steht Joannes Eeuclin ohne weitern Zusatz, so dass also alle seine Schriften verboten werden, bei P. in der 2. Cl. lo. Reuclini Speculum oculare, De verbo mirifico und Ars cabbalistica, obschon die beiden letzteren Schriften nicht Gregenstand des Pro- cesses gewesen waren ^). So auch die folgenden Indices; seit Ben. wird sonderbarerweise der Titel des „Augenspiegels'', der deutsch gedruckt war und in Rom in lateinischer Uebersetzung vorlag, französisch angegeben: Miroir oculaire contre un libelle faux et diffamatoire public par Pfefferkorn.

In dem Antw. Exp. von 1571 stehen unter Capnion p. 58 merkwürdige Gutachten der Universität Douay über die drei im Römischen Index verbotenen Schriften ; von dem zweiten und dritten Grutachten wird ausdrücklich gesagt, sie seien von den Censoren, die den Index exp. herausgaben, approbirt; das erste haben sie da- durch, dass sie es ohne Bemerkung in ihren Index aufnahmen, in- direct approbirt. Das erste Grutachten bezieht sich auf den Augen- spiegel : das Buch sei nicht lateinisch, sondern lingua suevica ge- schrieben, werde (in Belgien) kaum irgendwo gefunden und solle nicht neu gedruckt werden. Uebrigens habe das Trienter Concil definirt, was im Augenspiegel behauptet werde: dass der Talmud nicht zu verbrennen, sondern zu gestatten sei ; dieselbe Ansicht habe Petrus Galatinus in den 10 Büchern von den talmudischen Gre- heimnissen, die er auf Befehl Leo's X., der Cardinäle und des Kaisers Maximilian geschrieben^). Leo X. habe Reuchlins Buch gutgeheissen und verboten, es zu verdammen. Wenn darum auch vielleicht einige nicht genügende Argumente darin vorkämen, so sei doch das ganze Buch, so wie es gedruckt sei, frei zu geben. „Wir zweifeln nicht daran", erlauben sich die Douayer Professoren bei- zufügen und die Antwerpener Censoren drucken zu lassen, „dass der Trienter Index, wie auch in dem Vorworte gesagt wird, sich einfach an den Index angeschlossen hat, der auf Befehl Pauls IV.

1) L. Geiger, Joh. Reuchlin, 1871, S. 451.

2) Arg. I b, 352 sagt, es sei in Rom kein definitives Urtheil gefällt worden.

3) De verbo mirifico zuerst s. 1. et a. (Basel 1494). De arte cabba- listica 11. 3 Leoni X. dicati, Hagenau 1517 (80 Bl. fol.). Geiger, J. Reuch- lin S. 179. 185.

4) S. ob. S. 47; von einem Befehle Leo's X. sagt Galatinua nichts.

Reuchlin. Epistolae obsc. virorum. G3

von den Ordensgenossen (symmystae) derjenigen angefertigt worden ist, die vormals den von ihnen verdammten Augenspiegel trotz des Verbotes Leo's X. verbrannt haben".

In dem zweiten Gutachten wird gesagt, die Bücher de verbo mirifico seien ohne Streichungen frei zu geben. Wenn darin paradoxe Dinge und hebräische Träumereien vorkämen, so könne man das aus dem in dem ersten Grutachten angegebenen Grunde, mit Rück- sicht auf die Erklärung des Trienter Index bezüglich des Talmud passiren lassen. Was im dritten Buche über das Verhältniss der Namen Jesus und Jehova gesagt werde, sei allerdings ein nicht zu vertheidigender grammatischer oder vielmehr talmudischer Irrthum, aber doch eher ein frommer (religiosus) als ein Aergerniss gebender oder verderblicher Irrthum.

In dem dritten Gutachten wird gesagt, die Bücher de arte cabbalistica könnten, da die ähnlichen Schriften von Pico von Mi- randola und Archangelus von Borgonuovo nicht verboten seien, freigegeben werden, entweder unbedingt, da der Verfasser sich selbst bei Leo X., dem das Werk gewidmet sei, genügend erklärt habe, oder doch mit Beifügung eines antidotum in der Form folgen- der Vorbemerkung : „In diesem Buche spricht Reuchlin nicht überall selbst, sondern führt auch andere redend ein, und in deren Reden kommen allerdings Irrthümer vor". Diese Remonstrationen sind allerdings in Rom nicht beachtet, aber merkwüdiger Weise, so viel wir wissen, auch nicht gerügt worden.

Im Liss. 81 und den folgenden spanischen Indices stehen von Reuchlin auch die Comoediae, die ja allerdings einige Spöttereien über Mönche, Reliquienkram u. dgl. enthalten ^).

Bemerkenswerth ist, daf^s in den Löwener Indices von 1546, 50 und 58 von Reuchlin nichts steht, wohl aber in dem ihnen bei- gefügten Anhange von (nieder-)deutschen Büchern, der auch in die folgenden belgischen und seit Valdes (1559) in alle spanischen In- dices übergegangen ist. Der Joeden Biecht, ohne Zweifel Jakob Pfefferkorns antisemitisches Pasquill „Ich haiss ein büchlin der Juden peicht", wovon 1508 neben zwei oberdeutschen auch zwei nieder- deutsche Ausgaben erschienen^).

In dem Breve Leo's X. vom 15. März 1517 (es ist von Ja- cobus Sadoletus unterzeichnet) gegen die Epistolae obscurorum viro- rum^) heisst es: „In diesem Buche werden unter anderm gegen Professoren der h. Theologie, namentlich aus dem Predigerorden, und gegen die Kölner und Pariser Magister der Theologie, deren einige mit Namen genannt werden, so viele Schmähungen und Be- schimpfungen ausgesprochen und wird in so schmutziger und frecher Weise gegen sie losgezogen, wobei auch Stellen der h. Schrift zu Possenreissereien verwendet werden, dass zur Ehre

1) Geiger, J. Reuchlin S. 79. 2) Geiger S. 212.

3) Es steht in den Lamentationes obsc. virorum, Opp. Hutteni ed. Boecking VI, 335.

64 Bücherverbote 1491—1517.

der christliclien Religion so bald wie möglich das Lesen des Buches als eine pestbringende Seuche verboten und gegen die Urheber dieses scandalösen Greschwätzes mit der gebührenden Strafe vorge- gangen werden muss. Darum ermahnen Wir kraft apostolischer Autorität durch Gregenwärtiges alle Christgläubigen beider Ge- schlechter und jeden Ranges und befehlen ihnen bei Strafe der Ex-- communicatio latae sententiae, binnen drei Tagen, nachdem sie von Gegenwärtigem Kenntniss erlangt, sich von dem Lesen des besagten Buches und der Exemplare desselben für immer zu enthalten und diese zu verbrennen.''

Merkwürdiger Weise wurden die Epistolae erst in den Lö- wener Index von 1558 und von Paul IV., der diesen sonst fast vollständig seinem Index einverleibte, ohne Zweifel durch ein Ver- sehen, nicht aufgenommen. Erst aus dem Antwerpener Anhang zu dem Abdruck des Trienter Index von 1570 sind sie durch S. Cl. in den Rom. Index gekommen.

Ein eigen thümlicher Streit entstand in Rom unter Leo X. über die mit einem Privilegium von ihm zu Venedig 1516 gedruckte erste Ausgabe des päpstlichen Rituale oder Pontificale, einer Zusammenstellung der bei den vom Papste vorzunehmenden oder auf ihn bezüglichen Acten zu beobachtenden Rubriken und zu sprechenden Gebete und Formeln ^). Diese Zusammenstellung hatte Augustus Patricius Piccolomini, Bischof von Pienza, 1488 unter Inno- cenz VIII. gemacht. Als das Buch erschienen war, beklagte sich der päpstliche Ceremonienmeister Paris de Grassi (de Crassis) bitter, erst bei den Cardinälen, dann bei dem Papste: er beschuldigte den Herausgeber Marcelli des Plagiates, Aveil er den Verfasser, Picco- lomini, nicht genannt, wies ihm allerlei Versehen und Ungenauig- keiten nach, erklärte die Bekanntmachung der in dem Buche ent- haltenen Dinge durch den Druck für etwas sehr Bedenkliches ^) und

1) Der vollständige Titel des Buches (bei Clement VII, 26) ist: Rituum ecclesiasticorum s. sacrarum ceremoniarum Rom. Ecclesiae libri III non ante impressi . . . Est in fronte operis Rev. et doctissimi Corcyrensis Arcjiiep. Christoph. Marcelli ad S. D. N. Leonem X. Epistola cum indice. Diris Pontificiis interdictum, ut non praedictum dicas manceps, librarie, ne quis infra quinquennium praeter nos excudat. Quare caveas ne lucri cupiditas transversum te actum et graviore poena viventem afficiat et mortuum barathro aeternum addicat. Vgl. Mabillon, Museum It. II, p. V. 587.

2) Grassi sagt in seiner Eingabe an Leo X, (Mabillon p. 588) : Novit jam pridem Sanctitas Tua, omnem Rom. Pontificis auctoritatem, omnem majestatem hujus sacrosanctae sedis pendere ex animis opinionibusque principum et praelatorum. Dum enim illi summos pontifices non tanquam mortales homines, sed tanquam deos in terris existimant et credunt, illis 8e sponte sua subjiciunt, illis parent, illos suspiciunt ac venerantur et

Päpstliche Erlasse gegen die Reformatoren. 65

beantragte, das Buch sammt dem Herausgeber zu verbrennen oder doch diesen letztern zurecht zu weisen und zu züchtigen. Es wurde am 11. März 1517 im Consistorium über die Sache verhandelt, und Leo X. beauftragte drei Cardinäle mit der Untersuchung des Buches. Was damals beschlossen wurde, ist nicht bekannt. Clemens VII. soll das Buch unterdrückt und den Neudruck verboten haben. Es wurde jedoch in Köln und in Venedig nochmals gedruckt.

Bei den Verhandlungen des Concils von Trient berief man sich im Dec. 1546 zur Begründung des Antrages, in den Decreten das Concil als universalem Ecclesiam repraesentans zu bezeichnen, auch darauf, dass in jenem mit Approbation Leo's X. erschienenen Rituale gesagt werde : wenn der Papst auf einem allgemeinen Concil selbst zugegen sei, würden dessen Decrete als vom Papste sacro approbante concilio erlassene stilisirt; sei aber der Papst nicht zu- gegen, so laute der Anfang der Decrete, wie in Basel: Sacros. ge- neralis synodus in spiritu s. legitime congregata, generale concilium faciens et universalem repraesentans Ecclesiam. Die Legaten ant- worteten, jenes Buch könne keine Autorität beanspruchen und Leo X. habe es nicht approbirt, sondern nur ein Privileg gegen Nachdruck verliehen *).

7. Die ersten päpstlichen Erlasse gegen die Schriften der Reformatoren.

Am 9. August 1518 citirte der Auditor der apostolischen Kammer, Bischof Hieronymus vonAscoli, den Leo X. beauftragt hatte, unter Assistenz des Magister Sacri Palatii, Sylvester Priorias, Luthers Sache zu untersuchen, diesen nach Rom^). Die Citation wurde bekanntlieh indirect dadurch zurückgenommen, dass der päpstliche Legat Cardinal Thomas de Vio von Gaeta (Cajetanus) den Auftrag erhielt, Luther zu verhören. Der Cardinal wurde beauftragt, Luther, wenn er sich nicht füge, zu verhaften;

etiam adorant . . . Quodsi sacrorum arcana pandantur et sacrac publi- centur ceremoniae, illico futurum est, ut omnis opinio minuatur, ut pon- tificia auctoritas elanguescat necesse est.

1) Pallav. 8, 18, 3. Das Buch wurde auch in der protestantischen Polemik vielfach verwerthet: Vergerio spricht wiederholt davon und Wenc. Linck von Colditz gab 1539 heraus: „Bapsts gepreng auß dem Cerimonien Buch" etc. SaliglV, 176.

2) Pallav. 1, 6. 7.

Keusch, Index. e

66 Päpstliche Erlasse gegen die Keformatoren.

wenn er seiner nicht habhaft werden könne, ihn und seine An- hänger und Vertheidiger zu excommuniciren und die Orte, wo er Aufnahme finde, mit dem Interdict zu belegen i). Nach den erfolglosen Verhandlungen in Augsburg geschah jedoch nichts der Art. In der an Cardinal Cajetan gerichteten Bulle vom 9.' Nov. 1518, welche über die Lehre vom Ablass handelt 2), wird Luther nicht einmal genannt. Erst am 15. Juni 1520 wurde die Bulle Exurge^) publicirt, worin der Papst „nach wiederholter Berathung mit den Cardinälen und mit Oberen der Orden und mehreren anderen Theologen und Juristen'' 41 Sätze als „respective häretisch oder ärgernissgebend oder falsch oder für fromme Ohren verletzend oder für Einfältige irreführend und der katho- lischen Wahrheit widersprechend" verdammt und unter An- drohung der Excommunieatio latae sententiae und anderer Strafen zu behaupten, zu lehren und zu vertheidigen verbietet, und dann fortfährt :

„Und weil die vorbesagten und mehrere andere Irrthümer in den Büchern oder Schriften Martin Luthers enthalten sind, verdam- men und verwerfen Wir die besagten Bücher und alle Schriften oder Predigten des besagten Martinus, mögen sie sich in lateinischer oder in irgend einer andern Sprache vorfinden, . . und verbieten kraft des heiligen Gehorsams und unter den vorbesagten Strafen, denen die Uebertreter von selbst verfallen sollen, allen Grläubigen, dergleichen Schriften, Bücher, Predigten oder Blätter oder Abschnitte derselben, welche die vorbesagten Irrthümer enthalten, zu lesen, zu behaupten, zu predigen, zu loben, zu drucken, zu veröff'entlichen oder zu vertheidigen, selbst oder durch andere, direct oder indirect, schweigend oder ausdrücklich, öffentlich oder heimlich, oder sie im eigenen Hause oder an anderen öfi'entlichen oder privaten Orten irgendwie zu haben; sie sollen vielmehr bei den oben angedrohten Strafen sofort nach der Publication des gegenwärtigen überall von den Ortsbischöfen und den anderen vorbesagten Oberen sorgfältig gesammelt und öffentlich und feierlich in Oegenwart der Greistlich- keit und des Volkes verbrannt werden."

Weiterhin werden Luther und seine Anhänger aufgefordert, binnen 60 Tagen den besagten Irrthümern zu entsagen und alle sie enthaltenden Schriften zu verbrennen, Luther, die Irr- thümer förmlich zu widerrufen und binnen weiteren 60 Tragen

1) Pallav. 1, 9, 3. Die Echtheit des betreffenden Actenstücks (La Plat, Mon. II, 6) wird bestritten, vertheidigt von Köstlin, Luther I, 228.

2) Le Plat 11, 21. 3) Bull. I, GIG.

Bullen gegen Luther. 67

den Widerruf einzusenden, widrigenfalls sollen sie als noto- risclie und hartnäckige Ketzer behandelt werden. Ferner wird allen Christgläubigen verboten, „die Bücher, welche von dem besagten Martinus verfasst oder herausgegeben worden oder verfasst oder herausgegeben werden werden, auch wenn sie die besagten Irrthümer nicht enthalten, als von einem dem ortho- doxen Glauben feindseligen und darum dringend verdächtigen Menschen ausgehend, und damit sein Andenken aus der Gesell- schaft der Christgläubigen gänzlich vertilgt werde, zu lesen . . . und zu behalten".

In der Bulle Decet Romanum Pontificem vom 3. Jan. 1521 0 wird constatirt, dass einige Anhänger Luthers sich bekehrt und dass an einigen Orten in Deutschland seine Schriften öffentlich verbrannt worden seien, Luther selbst aber mit seinen Anhängern und Beschützern der Excommunication und den anderen in der ersten Bulle angedrohten Strafen verfallen erklärt und den Bischöfen geboten, dieses zu publiciren.

lieber die Bulle Exurge wurde vom 21. Mai bis 1. Juni 1520 viermal im Consistorium verhandelt und namentlich darüber discu- tirt, ob die 41 Artikel in genere (in globo, wie man später sagte) oder in specie zu verdammen seien, d. h. ob von jedem einzelnen Artikel gesagt werden solle, dass er häretisch, oder dass er ärger- nissgehend u. s. w. sei, oder ob, wie wirklich geschah, nach An- führung aller Artikel die verschiedenen Qualificationen mit respective bei/Aifügen seien. Namentlich behufs Qualification der Artikel wur- den in dem Consistorium vom 23. Mai, dem auch Cardinal Cajetan, obschon unwohl, beiwohnte, die Ordensgenerale, der Ma- gister Sacri Palatii und mehrere Theologen, darunter auch Eck, gehört 2). Die Bulle war von dem Cardinal Accolti concipirt. Card. Pucci, damals Datar, legte einen andern Entwurf vor; aber der Entwurf Accolti's wurde nach lebhaften Discussionen mit eini- gen Aenderungen angenommen^).

Die theologischen Facultäten zu Köln und Löwen hatten schon am 29. Aug. resp. 7. Nov. 1519 ein 488 Seiten starkes Buch von Luther nach dem, was darüber gesagt wird, war es ein Sammel- band, der die 95 Thesen, die darauf bezüglichen Schriften und die Sermonen über die Russe, den Bann, den Ablass und die würdige Bereitung zu dem hochwürdigen Sacrament enthielt, censurirt und „doctrinaliter judicirt", das Buch sei zu verbieten und zu verbren-

1) Bull. I, 614.

2) Laemmer, Malet. Rom. Mantissa, 1875, p. 195.

S) Pallav. I, 20, 3. C. Bromato, Storia di Paolo IV., 1748, I, 78.

68 Päpstliche Erlasse gegen die Reformatoren.

nen, der Verfasser zum Widerruf anzuhalten. Die Löwener sagen dabei, sie hätten schon im vorigen Jahre den Verkauf des Buches an der Universät verboten. Eine ganz ähnliche, nur noch ausführ- licher motivirte Censur publicirte die Sorbonne über Schriften von Luther 15. April 1521, ohne die Bulle zu erwähnen*).

In der Sitzung der Wiener theologischen Facultät beantragte' 14. April 1520 der Decan, die Facultät möge, da sie pravitatis haereticae inquisitrix sei, gegen die scandalösen und gegen den christlichen Grlauben verstossenden Schriftchen, die in Wien gedruckt würden, einschreiten. Die Facultät beschloss, zunächst den Bischof und den „Consulatus" anzugehen; wenn diese nichts thun wollten, werde die Facultät gemäss dem ihr von dem apostolischen Stuhle übertragenen Amte einschreiten und den Druck und Verkauf solcher Schriften unter kanonischen Censuren verbieten 2). Es scheint nichts weiter geschehen zu sein. Unter dem 14. Oct. 1520 übersandte Eck der Wiener Universität die Bulle gegen Luther mit der Auf- forderung, sie ihren Untergebenen zu publiciren und diesen zu be- fehlen, Luthers Schriften zum Verbrennen abzuliefern. Die Univer- sität scheint nun bei dem Kaiser angefragt zu haben; denn Alean- der meldet 25. Febr. 1521, der Kaiser habe ihr geantwortet, sie solle sofort die Bücher verbrennen^). 1521 gebot denn auch Fer- dinand I. das Verbrennen*).

In Ingolstadt wurden auf Ecks Antrag schon am 29. Oct. 1520 Luthers Schriften von dem Rector verbrannt^). Luther verbrannte darauf 10. Dec. 1520 die Bulle, das Jus canonicum und Schriften von Eck und Emser. Ein ähnliches Autodefe wurde in Leipzig und an einigen anderen Orten veranstaltet. Aleander bewirkte die Verbrennung der Schriften Luthers, die er „für eine sehr heilsame und nützliche Sache hielt und für ein besseres Mittel, ihre Ver- dammung bekannt zu machen, als die blosse Publication der Bulle", an mehreren Orten in Belgien und im westlichen Deutschland. „Ich verfuhr, rühmt er sich, Anfangs (in Belgien) mit solcher Gewandt- heit, dass der Kaiser und seine Eäthe die Verbrennung der Bücher eher sahen, als es ihnen zum Bewusstsein kam, dass sie mir wirk- lich das Mandat gegeben. Ebenso wurde in Köln, fast ehe jemand

'1) Arg. I b 358. 365. Aleander Hess sie in Worms drucken, obschon er nicht ganz damit zufrieden war, weil der Primat des Papstes gar nicht darin erwähnt war. Er meint, das sei geschehen per la causa antica della scola parisina super Pontifice et Concilio; er wolle, wenn er nach Paris komme, die Pariser Doctoren zu bestimmen suchen, sich in diesem Punkte den anderen Schulen anzuschliessen und eine zweite Censur zu machen. Friedrich, Die Briefe Aleanders (Abh. der Münchener Akad. XI, 3), S. 126.

2) Th. Wiedemann, Gesch. der Ref. und Gegenref., 1879, I, 11.

3) Friedrich S. 112.

4) Archiv f. österr. Gesch. 50, 216.

5) Wiedemann, J. Eck, S. 163. Prantl, Gesch. der L.-M.-Univ. I, 146.

Verbrennung der Schriften Luthers. 69

daran dachte, eine schöne Execiition in Scene gesetzt." Auch der Cardinal von Mainz Hess sich trotz des Abrathens vieler angesehener Männer bestimmen, die Verdammung der Bücher unter Trommel- schall im ganzen Lande bekannt zu machen und das Volk zur feier- lichen Verbrennung derselben einzuladen. Vor der Ankunft Luthers in Worms erwirkte Aleander auch ein kaiserliches Mandat, Luthers Bücher in ganz Deutschland an die Obrigkeiten abzuliefern; den Be- fehl, sie zu verbrennen, konnte er nicht durchsetzen ^). In dem Wormser Edict von 1521 sagt Karl V., die Bulle sei an verschie- denen Orten in Deutschland publicirt und auf seinen Befehl nicht nur zu Löwen, sondern auch zu Köln, Trier, Mainz und Lüttich exequirt worden. Auch zu Halberstadt, Meissen und Merseburg wurden Luthers Bücher verbrannt^). Zu Köln suchte Aleander auch Friedrich den Weisen zu bestimmen, Luthers Bücher verbren- nen und ihn selbst hinrichten zu lassen oder gefangen nach Eom zu schicken^).

In England weigerte sich Cardinal Wolsey, auf die Bulle Exurge hin die Verbrennung der Schriften Luthers anzuordnen, da sie ihn dazu nicht autorisire. Er wurde dann durch ein Breve vom 16. April 1521 dazu angewiesen. Der Papst schickte ihm zugleich ein Exemplar von Luthers Buch von der babylonischen Grefangen- schaft, mit dem Bemerken, nicht das. Buch, sondern der Verfasser verdiene verbrannt zu werden. Er erklärte übrigens, es sei nicht seine Absicht gewesen, das Lesen der Bücher Luthers denjenigen zu verbieten, welche die fromme Absicht hätten, sie zu widerlegen; solchen dürfe Wolsey die Erlaubniss ertheilen. Daraufhin ordnete Wolsey als Legat „mit Zustimmung des Königs und nach Eück- sprache mit dem Erzbischof von Canterbury und anderen Prälaten" die Verbrennung an*).

Ueber die Ausführung der Bullen in Spanien und Fran- kreich s. u.

In Rom fand die feierliche Verbrennung der Schriften Luthers am 12. Juni 1521 statt; es wurde zugleich Luther selbst in effigie mit verbrannt^).

1) Friedrich S. 90. 113. 122.

2) Pallav. 1, 23, 10.

3) Schlottmann, Erasmus redivivus p. 271.

4) Wilkins III, 690. Blunt, Ref. of the Ch. of Engl. I, 81. Bei Gelegenheit der Verbrennung der Luther'schen Schriften in London hielt der Bischof John Fisher von Rochester die Predigt. The Engl. Works of John Fisher, coli, by J. E. B. Mayor, 1876, I, 311.

5) Lutzenburg, Catal. 1. 5 p. 3 : Nee praetereundum est quod fac- tum est Romae a. 1521. 12. Junii hora X. secundum nostrum horologium in campo agonis coram infinita ferme multitudine hominum utriusque sexus, ubi erecta erat machin a : ab una parte fuit depictus Martinus in habitu monachi, ab altera parte fuit scriptum in tabellis: Martini Lutheri hae-

70 Päpstliche Erlasse gegen die Reformatoren.

Dass in streng Idrcliliclien Kreisen das Verbot der Schriften Luthers beachtet wurde, zeigt sein 1521 herausgegebener (in diesem Jahre in 8 Ausgaben erschienener, „Unterricht der Beichtkinder über die verbotenen Bücher" ^) und die Thatsache, dass Erasmus, wohl nicht so sehr zur Beruhigung seines eigenen Gewissens, als um nicht angefochten zu werden, nam hodie sycophantarum et Cor-' cyraeorum plena sunt omnia, und nolim enim dari ansam Toi^ TTOVr]- poT«; oubevo^ dXXou b€0|uevoi^, sagt er in dem betreffenden Briefe vom J. 1521 2), Paolo Bombasio bat, ihm vom Papste die Er- laubniss zum Lesen der Bücher Luthers zu erwirken, nachdem ihm der Legat Aleander, an den er sich zuerst gewendet, gesagt hatte, er könne ohne specielle Vollmacht des Papstes die Erlaubniss nicht ertheilen.

Unter dem 12. Juli 1520 erliess Leo X. ein (von J. Sadolet unterzeichnetes) Breve an den Cardinal Albrecht, Erzbischof von Mainz ^), worin er sagt: es sei ihm ein von einem gewissen Ulrich Hütten verfasstes oder aufgefundenes Buch zu Gesicht gekommen, welches in der Vorrede Schmähungen gegen den h. Stuhl enthalte; die Ueberbringer hätten gesagt, sie hätten noch andere, noch schlechtere Bücher von diesem Hütten ; derselbe sei ein familiaris des Erzbischofs und die Bücher seien in Mainz gedruckt. Er, der Papst, könne nicht wohl annehmen, dass unter den Augen des Erzbischofs in seiner Eesidenz von einem seiner Hausgenossen ohne sein Vorwissen etwas so verbrecherisches habe herausgegeben werden können; er möchte gern glauben, dass der Erzbischof nichts davon wisse, er- mahne ihn aber einzuschreiten. Der Cardinal antwortete: er habe die schlechten Schriften Huttens, die veröffentlicht worden seien, ehe er auch nur die leiseste Ahnung davon gehabt, zu unterdrücken gesucht und mehrere Personen, deren schlechte Gesinnung gegen

resiarchae doctrina haeretica declarata et reprobata; et passim libri ejus fuerimt affixi. Et coram hac machina praehabita fuit oratio et declaratio sententiae per venerabilem Patrem Cyprianum Ord. Praed., S. Theol. Doctorem, lectorem legenteni in Sapientia, de domo vicarii papae. Ignis quoque cum machina compositus fuit et accensus per byrros et familiäres inferiores vicarii papae, et sie libri cum iraagine autoris adusti sunt. Is. 1, 3 1 : Erit fortitudo vestra ut favilla stuppae et opus vestrum quasi scintilla, et succendetur utrumque simul.

1) Erl. 24, 204—9. 2) Ep. 594.

3) Vgl. Kampschulte, Erfurt II, 82. Gerdes, H. Ref. II, Mon. p. 11. Der Cardinal erhielt das Breve am 25. October 1520 gleichzeitig mit vier anderen : eins bezog sich auf die Unterdrückung der Luther'schen Ketzerei, zwei auf die Mission Aleanders und Caracciolo's, in dem vierten zeigte ihm der Papst an, er übersende ihm die goldene Rose, novo exemplo, da sie sonst nur weltliche Fürsten erhielten.

Hütten. Walram von Naumburg. 71

Seine Heiligkeit er erkannt, sofort aus seiner Umgebung entfernt, darunter aucli Hütten, der ihm früher sehr theuer gewesen, sobald er von dessen Schrift gegen den Cardinal Cajetan erfahren habe. Erst nach seiner Eückkehr aus der Magdeburger Diocese habe er erfahren, dass derselbe abscheuliche Sachen durch einen Mainzer Bürger habe drucken lassen. Gegen Hütten könne er nichts thuen, da sich derselbe auf einer sehr festen Burg befinde und, wie er höre, eine starke Reiterschaar sammeln und so ihm selbst bei- nahe furchtbar werden könne. Den Drucker aber habe er novo exemplo trotz der Fürsprache angesehener Leute einkerkern lassen und das Kaufen und Verkaufen von dergleichen schmählichen und gegen den h. Stuhl gerichteten Schriften und zugleich der Luther- schen Schriften, obschon er diese schon im vorigen Jahre strenge verboten, in seinen Diöcesen untersagt.

Das fragliche Buch ist: De unitate ecclesiae conservanda et schismate, quod fuit inter Henrichum lY. Imp. et Grregorium VII. P. M., cujusdam ejus temporis liber in vetustissima Fuldensi biblio- theca ab Hutteno inventus nuper, Mainz 1520, mit einer Zuschrift an P^rzherzog Ferdinand, die allerdings starke Ausfälle gegen Rom enthält*). Als Verfasser der um 1100 veröffentlichten Schrift wird von den meisten Walram, Mönch von Hersfeld, 1089 von Hein- rich IV. zum Bischof von Naumburg berufen, angesehen, der mit mehreren gut geschriebenen Abhandlungen und offenen Briefen den Bestrebungen Hildebrands und seiner Partei entgegentrat 2). Die Schrift steht als Liber de unitate eccl. seit P. im Index.

8. Die Bulla Coenae Domini.

Bulla Coenae (oder in Coena) Domini (im Deutschen ge- wöhnlich Nachtniahlsbulle genannt, die richtige Uebersetzung wäre Grändonnerstagsbulle) heisst bekanntlich eine Bulle, welche früher in Rom alljährlich am Gründonnerstage feierlich ver- lesen wurde. Sie ist eine Zusammenstellung von Excommuni- cationen, welche im Laufe der Zeit von den Päpsten über be- stimmte Classen von Personen verhängt worden; mitunter wurde

1) Baumg. I, 413.

2) Wattenbach, Deutschi. Geschichtsqu. H, 62. 379. Helmsdörfer, Wilhelm von Hirschau S. 26, meint, die Schrift sei nicht von Walram, sondern in Hersfeld verfasst. Neueste Ausgabe: Waltrami ut videtur 1. de Unit. Eccl. cons., rec. W. Schwenkenbecher, Kann. 1883. 8 (in den Scriptores rer. germ.).

72 Die Bulla Coenae.

die Excomraunication einzelner Personen darin eingeschoben

(s. 0. wS. 41). In ihrer ersten Fassung rührt sie von Urban V.

(1304) her^); ihre spätere Fassung erhielt sie durch Julius IL

im J. 1511, aber mehrere folgende Päpste haben sie im einzelnen

modificirt und mehrfach erweitert.

In dem die Häretiker betreffenden Passus nennt Julius IL

eine Anzahl von mittelalterlichen häretischen Parteien, auch „die

Wiclefiten oder Husiten"«). Hadrian VI. fügte 1524 bei:

„und Martin Luther und diejenigen, welche die Bücher dieses Martinus oder irgendwelcher anderer derselben Secte ohne Unsere und des apostolischen Stuhles Autorität irgendwie lesen oder in ihren Häusern haben, drucken oder irgendwie vertheidigen, aus irgend einem Grunde, öffentlich oder heimlich, aus irgend welcher Absicht oder unter irgend welchem Yorwande"^).

In der Eedaction Pauls III. vom 13. April 1536 (dieses ist

die in dem Index Pauls IV. erwähnte Bulla Coenae Domini)

lautet der Passus:

,,Wir excommuniciren und anathematisiren . . alle Häretiker, die Katharer, Patarener .... auch diejenigen, welche der von Leo X. verdammten gottlosen und abscheulichen Ketzerei Martin Luthers anhangen und diesen irgendwie begünstigen, damit er nicht bestraft werden könne, und alle Häretiker, wie sie auch heissen mögen, und alle ihre Begünstiger und Beschützer und diejenigen, welche die Bücher jenes Martinus" u. s. w., wie oben*).

In der Bulle Gregors XIII. vom 4. April 1583 wurde dieser

Passus in folgender Weise modificirt und in dieser Fassung

wurde er ohne nennenswerthe Aenderungen in den späteren

Bullen beibehalten:

„Wir excommuniciren . . . alle Husiten, Wiclefiten, Lutheraner, Zwinglianer, Calvinisten, Hugenotten, Anabapstisten, (Anti-)Trini- tarier (von Paul Y. wurde 1610 beigefügt: „und die vom christ- lichen Glauben Abgefallenen") und alle Häretiker, wie sie auch

1) Bull. I, 261.

2) Bull. I, 507 : omnes haereticos, Gazaros (so im Bull., zu lesen ist Catharos, wie in der Bulle Nicolaus' III. von 1280, Bull. I, 156, aus welcher diese Ketzernamen entnommen sind), Patarenos, Paupcres de Lug- duno, Arnaldistas, Speronistas, Passagenos, Wiclefitas seu Hussitas, Frati- cellos de Opinione nuncupatos et quoscumque alios haereticos ac omnes fautores, receptatores et defensores eorundem.

3) Zaccaria p. 139. Die Bulle Hadrians steht nicht im Bullarium.

4) Bull. I, 718.

Die Bulla Coenae. 73

heissen und zu welcher Secte sie auch gehören mögen, und ihre An- hänger (eorum credentes), Beschützer und Grönner und überhaupt alle ihre Vertheidiger und diejenigen, welche ihre Bücher, die eine Ketzerei enthalten oder über Religion handeln, ohne Unsere und des apostolischen Stuhles Autorität wissentlich lesen oder behalten oder drucken oder irgendwie vertheidigen, aus irgend einem Grunde u. s. w., auch die Schismatiker und diejenigen, welche sich dem Ge- horsam gegen Uns und den zeitigen Römischen Papst hartnäckig entziehen" ^).

Seit Julius II. ist in der Bulle vorgeschrieben, alle Bischöfe sollten dieselbe wenigstens einmal jährlich feierlich publiciren, seit Gregor XIII. auch, alle Pfarrer, Seelsorger und Beichtväter sollten eine Abschrift oder einen Abdruck der Bulle besitzen und fleissig studiren. Die jährliche feierliche Publication der Bulle hat wohl auch im 16. Jahrhundert ausserhalb Italiens nur an wenigen Orten stattgefunden, wo sie publicirt wurde, ge- schah es in der Regel, wie in Rom, am Gründonnerstage in der Kathedrale ; seitdem Pius V. eine Reihe von Excommunica- tionen beifügte, welche die Rechte der Kirche, wie er sie ver- stand, den weltlichen Regierungen gegenüber zur Geltung bringen sollten, wurde auch von katholischen Regenten die Publication verboten und von ihnen und von vielen Theologen und Kano- nisten die Bulle als in ihren Ländern nicht verbindlich ange- sehen. In Rom aber und von den curialistischen Theologen und Canonisten ist die Bulle immer als ihrem ganzen Inhalte nach für die ganze Kirche rechtskräftig angesehen worden. Am 20. Sept. 1657 erklärten die Qualificatoren der Inquisition den Satz, die Bulle sei nach der wahrscheinlichen Meinung vieler in Belgien nicht recipirt, einstimmig für „falsch, verwegen, irrig, die Au- torität des h. Vaters beeinträchtigend und den Weg zum Schisma bahnend"-), und wenn auch weder damals noch später eine diesem Gutachten entsprechende Erklärung publicirt worden ist, so gibt dasselbe doch unzweifelhaft die Römische Anschauung richtig wieder.

Wenn seit dem J. 1770 in Folge einer Anordnung Clemens' XIV. die alljährliche Publication der Bulle auch in Rom nicht

1) Bull, n, 496. Die Bulle von Paul V. steht III, 281, die von Urban VIII. vom 1. April 1627 V, 125.

2) Albit. p. 316.

74 Die Bulla Coenae.

mehr stattfindet, so ist darum die Bulle nicht aufgehoben.

Clemens XIV. beabsichtigte allerdings auch, die Bulle zu refor-

rairen, er hat diesen Plan aber nicht ausgel'ührt *). Erst durch

die Bulle Pius' IX. vom 12. Oct. 1869 2) ist eine Anzahl von

Bestimmungen der Gründonnerstagsbulle aufgehoben oder modi->.

ficirt worden. Die auf die Häretiker und ihre Bücher bezügliche

Bestimmung hat folgende Fassung erhalten:

„Der in besonderer Weise dem Papste reservirten Excommuni- catio latae sententiae erklären Wir für verfallen: 1. alle vom christ- lichen Griauben Abgefallenen und alle und jegliche Häretiker, wie sie auch heissen und welcher »Secte sie auch angehören mögen, und diejenigen, welche ihnen glauben, sie aufnehmen, begünstigen oder in irgend welcher Weise vertheidigen; 2. alle und jegliche, welche ohne Autorität des apostolischen Stuhles wissentlich Bücher der Ab- gefallenen oder Häretiker, welche die Häresie vertheidigen, oder Bücher irgend eines Schriftstellers, welche durch apostolische Schrei- ben namentlich verboten sind, lesen, behalten, drucken und in irgend welcher Weise vertheidigen."

Die Excommunicatio, welche in den das Bücherwesen betref- fenden Verordnungen angedroht wird, ist in der Eegel wie in der Bulla Coenae die E. maior, welche nicht bloss, wie die E. minor, die Ausschliessung von den Sacramenten und die Unfähigkeit, ein Amt zu erlangen, sondern auch die Ausschliessung von dem öffent- lichen Gottesdienste, die Versagung des kirchlichen Begräbnisses, den Verlust der Jurisdictionsrechte u. s. w. zur Folge hat^). Die E. ist ferner in der Regel latae (nicht ferendae) sententiae oder ipso facto incurrenda, d. h. wer die betreffende Verordnung übertritt, ver- fällt damit von selbst, ohne dass es eines Urtheils bedürfte, der Excommunication.

Die Excommunicationen der Bulla Coenae gehören endlich zu den dem Papste reservirten, d. h. zu denjenigen, von welchen nur der Papst selbst oder ein von ihm Bevollmächtigter lossprechen kann. Special! modo reservirt heissen diejenigen, bei welchen diese Vollmacht nur für jeden einzelnen Fall ertheilt wird, während bei den anderen vielfach Bischöfe generell ermächtigt werden, im Namen des Papstes loszusprechen. Nur ein Sterbender kann von jedem Priester von allen Excommunicationen losgesprochen werden*).

1) Theiner, Clemens XIV., I, 470.

2) Constitutio S. D. N. Pii IX., qua numerus censurarum latae sen- tentiae restringitur, anfangend mit den Worten Apostolicae Sedis modera- tioui, abgedruckt in Acta et decreta Concilii Vaticani, Freib 1871, p. 77. Vgl. dazu K.-L. I, 1125, und P. Avanzini, Erklärungen zur Constitution Ap. Sedis, übers, v. H. Kömstedt, Münster 1873.

3) Schulte, Lehrbuch S. 370.

4) In der Bulle Julius' II. heisst es : a quibus excommunicationibus

Die Bulla Coenae. 75

Der Jesuit Faure*) sagt: Die Censuren latae sententiae seien in älterer Zeit sehr selten gewesen, nocli im Decrete Gratians komme kaum die eine oder andere vor, aber seit dem 13. Jahrhundert seien sie immer zahlreicher, zuletzt so gewöhnlich geworden, dass man sagen könne, nach dem Curialstil schliesse ein kirchliches Decret ebenso regelmässig mit der Clausel, worin die Exe. latae sent. an- gedroht werde, wie ein Psalm im Brevier mit dem Grioria Patri etc. oder einer Oration mit Per Dominum nostrum J. C. Vor der Publication der Bulle Pius' IX. zählten die Canonisten 110 Excom- municationes 1. s.; in dieser Bulle werden ausdrücklich noch 37, darunter 12 dem Papste speciell, 18 einfach reservirte, aufrecht er- halten, däneben aber noch manche, die nicht speciell verzeichnet sind ^).

Ein charakteristisches Beispiel der ausgedehnten Anwendung der Exe. 1. s. ist ein Privilegium, welches vor der von Philipp Beroaldus besorgten Editio princeps der fünf ersten Bücher der Historiae des Tacitus vom J. 1516 steht: Leo X. verbietet den Nachdruck derselben unter Androhung der Excommunicatio latae sententiae; der Mailänder Drucker Alessandro Minuziano, welcher sich die Aushängebogen des Werkes verschaffte und es in dem- selben Jahre nachdruckte, wurde nach Rom citirt, die Sache aber durch Vermittlung der Mailänder Behörden beigelegt. Solcher Privi- legien wurden in der Folge mehrere verliehen; denn im J. 1582 erliess Carl Borromeo für seine Kirchenprovinz eine Verordnung, worin der Nachdruck derjenigen Bücher verboten wurde, denen der Papst ein Privilegium unter Androhung der Excommmnication ver- liehen ^).

Die Ansichten der Casuisten über das Bücherverbot der Bulla Coenae werden gut zusammengefasst von Ferraris*): Um durch das Lesen eines Buches der durch die Bulle verhängten Excommu- nication zu verfallen, muss 1. das Buch von einem Häretiker ver- fasst sein, nicht etwa von einem Ungetauften oder von einem Ka- tholiken, der nur aus Unvorsichtigkeit oder Unwissenheit eine Ketzerei ausgesprochen; 2. das Buch muss eine Häresie enthalten oder über Religion handeln; 3. der Leser muss wissen, dass das Buch von einem Häretiker verfasst ist und eine Häresie enthält oder über Religion handelt; 4. er muss das Buch ohne Erlaubniss des apostolischen Stuhles lesen ; 5. er muss so viel lesen, wie zu einer Todsünde genügt. Wie viel das ist, darüber sind die Casuisten nicht

nullus per alium quam per Rom. Pont., nisi duntaxat in mortis articulo constitutus, absolvi possit, nee etiam tunc, nisi de stando S. Rom. Ecclesiae mandatis satisfactione vel sufficienti cautione praestitis.

1) Commentarium p. 79, s. u. §. 17.

2) K.-L. I, 1125. 26.

3) Docuraenti inediti o rari delle relazioni fra lo Stato e la Chiesa, Rom 1881, I, 35.

4) Promta Biblioth. s. v. libri prohibiti n. 27; vgl. Albit. p. 287.

76 Die Bulla Coenae.

einig : zu strenge, meint Ferraris, sei die Meinung des Toletus, dass eine bis zwei Zeilen genügen würden, zu lax die Meinung von Sanchez, Sa u. a., es müsse so viel sein, dass es für sich ein Buch ausmachen würde ; andere meinen : eine Seite. Ferraris selbst ist der Ansicht, es lasse sich keine allgemeine Eegel aufstellen; einige Zeilen zu lesen, die Ketzereien enthalten, sei schlimmer, als ganzö Seiten zu lesen, die nichts Ketzerisches enthalten. Die Meinung, dass einzelne gedruckte Briefe, Predigten u. dgl. nicht als Bücher im Sinne der Bulle anzusehen seien, entbehrt nach Ferraris nicht der Probabilität *).

Durch die Bulle Pius' IX. erleiden diese Bestimmungen einige Modificationen. Avanzini (a. a. 0. S. 13) gibt folgende Erläute- rungen : Man verfällt jetzt der dem Papste reservirten Excommuni- cation durch das Lesen von Büchern, welche a. von Apostaten oder Häretikern verfasst sind, b. die Häresie enthalten und c. dieselbe vertheidigen, also nicht durch das Lesen von „Wochenschriften oder Tagesblättern, so lange sie in sich abgeschlossene Blätter bleiben, da sie nicht zu den Büchern zählen, auch nicht durch das Lesen von Büchern, welche die Häresie einfach lehren, ohne dieselbe zu vertheidigen, oder welche von Anhängern der Häretiker, die nicht formell zu ihrer Secte gehören; verfasst sind, wohl aber durch das Lesen von Büchern zur Vertheidigung der Häresie, die von Katho- liken verfasst sind, welche Freidenker, Ungläubige, Religionslose, Rationalisten, Spiritisten u. dgl. geworden' sind, da diese als Apo- staten gelten." Einige weitere Bestimmungen werden später bei den Regeln des Index zu besprechen sein.

Die Ansicht, dass man in denjenigen Ländern, in welchen die Bulla Coenae (und der Trienter Index) gar nicht oder nicht ihrem ganzen Umfange nach recipirt sei, der auf das Lesen verbotener Bücher gesetzten Strafe nicht verfalle, wird u. a. von Gretser (1604) vorgetragen : Ein Gesetz, sagt Xavarrus, verpflichtet nicht, so lange es nicht von dem grössern Theile des Gemeinwesens (civitas), zu welchem der Uebertreter gehört, recipirt ist; denn es wurde doch, wie es scheint, unter der Voraussetzung promulgirt, dass es wenig-

1) Der Jesuit Jak. Gretser (De jure et more prohibendi etc. Opera 13, 97) meint: da die Bulle nur vom Lesen ketzerischer Bücher spreche, so verfalle derjenige nicht der Excommunication, der einen andern ein solches Buch vorlesen höre ; nur dürfe er diesen nicht dazu veranlasst haben, denn wenn Jemand sich durch seinen Bedienten ein Buch vor- lesen lasse, so sei das so gut, als wenn er es mit eigenen Augen lese. Alphons Liguori (Homo apost. Tr. 19, c. 2, p. 3. n. 59) erklärt sogar die Ansicht für probabel, dass derjenige, welcher zuhöre, wenn ein anderer „auf seinen Befehl" ein solches Buch vorlese, nicht der Excommunication verfalle, sogar nicht einmal sündige, falls keine Gefahr da sei, dass er von dem Anhören Schaden nehme. Ob der vorlesende Bediente in diesem Falle sündige und der Excommunication verfalle, davon sagt er nichts.

Die Bulla Coenae. 77

stens von der Mehrheit angenommen werde. Zweitens ist eine TJehertretung eines menschlichen Gresetzes keine Sünde, wenn ein ge- rechter Grnmd dafür vorhanden ist; man hat aber einen gerechten Grund, ein Gesetz nicht zu beobachten, wenn man sieht, dass es von anderen nicht beobachtet wird und von Anfang an nicht beob- achtet worden ist; denn da ein Gesetz den gemeinen Nutzen be- zweckt, ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen einzelnen nicht verpflichten will, das zu beobachten, was seine Mitunterthanen von Anfang an nicht beobachtet haben. So Navarrus, fügt Gretser bei, und das ist wohl zu beachten als ein Heilmittel gegen viele Scru- pel*). Der Card. Albizzi führt noch andere curialistische Theo- logen und Canonisten an, welche dieselbe Ansicht vertreten, Sanchez, Becanus, Carena u. s. w. Er selbst aber und er darf wohl als ein authentischer Zeuge für die Anschauung der Curie angesehen werden, lehrt: alle päpstlichen Constitutionen verpflichteten alle Gläubigen, sobald sie vom Papste promulgirt und ihnen bekannt geworden, auch wenn sie in den einzelnen Provinzen nicht publicirt worden seien ; das gelte auch von der Bulla Coenae, zumal die- selbe alljährlich in Eom vor einer grossen Menschenmenge aus allen Theilen der Welt publicirt werde 2). Die Bulle selbst enthält auch die Bestimmung, dass sie in Eom an den Thüren der Laterankirche u. s. w. angeheftet werden solle, damit niemand sich damit entschul- digen könne, dass ihm ihr Inhalt nicht bekannt geworden, „da es nicht wahrscheinlich ist, dass das unbekannt bleiben sollte, was so off'en allen publicirt wird".

Wenn darüber gestritten wurde, ob die Bulle in gewissen katholischen Ländern publicirt oder recipirt sei, so ist dabei zu be- merken, dass Albizzi und andere sich für die Bejahung dieser Frage auf die Thatsache stützten, dass die Bulle von den Bischöfen publicirt oder den Beichtvätern zur Nachachtung mitgetheilt sei und von den geistlichen Behörden in praxi, wenigstens in foro conscien- tiae als verbindlich angesehen werde »), während die regalistischen

1) 1. c. Opp. 13, 98.

2) De inconst. p. 315. Die Ansicht von Gretser u. a., dass man in Deutschland u. s. w. der auf das Lesen verbotener Bücher gesetzten Excommu- nication nicht verfalle, wird noch von K. Martin, Moral, 4. Aufl. S. 320, u. a. vorgetragen. Im K.-L. I, 1127 wird aber bemerkt, nach der Pro- mulgation der Bulle Pius' IX. von 1869 sei diese Ansicht jedenfalls nicht mehr haltbar.

3) Der Erzbischof Hermann von Wied von Köln publicirte sie im J. 1515 in Folge einer speciellen Auff'orderung Leo's X. Hartzheim Conc. VI, 142. Zts. f.Ph. und kath. Th. 1839, H. 29, 151. - Auf der Diöcesan- synodc zu Worms 1610 wurde verordnet, die literae processus die Coenae Dom. quotannis edi solitae sollten in den Beichtstühlen hangen, die Seel- sorger sollten die Bulle studiren und zweimal im Jahre in der Predigt die Hauptpunkte derselben erläutern, namentlich die Excommunication der-

78 Die Bulla Coenae.

Theologen und Canonisten behaupteten, die Bulle habe in den be- treffenden Ländern keine rechtliche Geltung, weil sie nicht von den Regenten angenommen und ihre Publication angeordnet oder förm- lich gestattet, vielmehr gegen die Bulle überhaupt oder gegen ein- zelne Bestimmungen derselben protestirt worden sei. Nicht erst im 18. Jahrhundert, als der Streit über die Bulle sehr lebhaft wurde) sondern auch schon um 1600 wurde von spanischen und neapoli- tanischen Regalisten, und zwar, wie Albizzi „mit Schaudern" con- statirt, nicht nur weltlichen, sondern auch geistlichen Standes, die Reception der Bulle in ihren Ländern geleugnet. So, wie es in der Bulle vorgeschrieben wird, alljährlich und feierlich, ist sie wohl ausserhalb Italiens überhaupt nicht und auch in einem grossen Theile von Italien nicht publicirt worden.

Vereinzelte Massregeln der Staatsregierungen gegen die Bulle kommen schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor: 1536 wurde ein Commentar des französischen Juristen Pierre Rebuff über die Bulle confiscirt, und die Gens du Roi bemerken in ihrem Be- richt an den Kanzler du Bourg, die Bulle enthalte vieles, was mer- veilleusement etrange sei *); 1551 verbot Karl V., die Bulle in Spanien zu drucken^). Aber die systematische Opposition begann erst unter Pius V. Die Bulle in der Fassung, welche sie durch diesen im J. 1568 erhielt, wurde von Philipp II. „retinirt", d. h. der König verbot vorläufig ihre Publication, mit der Erklärung, er werde dem Papste Vorstellungen machen und ihn um Zurücknahme oder Abänderung der Bulle bitten, was aber nur die in Spanien übliche Form der Verweigerung des Exequatur war^).

Auch in Neapel wurde die Publication verboten und wurden den Bischöfen, die sie trotz des Verbotes publicirten, die Tempo- ralien gesperrt. Bei einigen wurde die Sperre wieder aufgehoben, als sich herausstellte, dass sie vor dem Verbote und nicht die Bulle von 1568, sondern die von 1567 publicirt hatten; auch einige Drucker und Buchhändler, die wegen Verkaufs der Bulle verhaftet worden, wurden wieder freigelassen, weil sie nur die Bulle von 1567 verkauft hatten. Der Papst Hess die Bulle den Beichtvätern aus den Orden durch ihre Generale zustellen^).

In Mailand und in den zur Kirchenprovinz Mailand gehören-

jenigen, welche die kirchliche Jurisdiction verletzen und das „Erbtheil Christi angreifen", dabei aber auch gegen Wucherer und Blutschänder „losziehen". Aehnlich die Diöcesansynode von Sitten 1626. Hartzheim VIII, 384. IX, 109.

1) Preuves des lib. de FE. gall. I, 149.

2) V. de la Fuente, Hist. eccl. de Espaöa V, 318. Als Hadrian VI. 1522 die Charwoche in Zaragoza feierte, Hess er die Bulle dort feierlich verlesen.

3) Vgl. M. PhiHppson in Hist. Zts. 1878, 39, 275. 312. 421.

4) Seabra II, 577.

Die Bulla Coenae. . 79

den Bisthümern wurde die Bulle 1566 durch Carl Borromeo publi- cirt. Es wurden zwei Senatoren nach Spanien geschickt, um bei dem Könige dagegen Vorstellungen 7ai machen; dieser gab ihnen aber anheim, dem Papste ihre Bedenken vorzutragen. 1568 wurde die Bulle in Gegenwart des Grovernatore, des Senats und der höch- sten Beamten zu Mailand publicirt. Diese scheinen freilich vorher nicht gewusst zu haben, worum es sich handelte. 1569 gestattete Pius y. Borromeo, die Bulle nur m Gegenwart der Pfarrer und Beichtväter zu publiciren, weil die Publication im J. 1568 „zu allerlei Deutungen Anlass gegeben", und 1573 wurde Borromeo anheim- gegeben, wenn die Publication auf Schwierigkeiten stosse, den Beicht- vätern Abschriften zu übersenden. Die Publication fand jedoch in Mailand und den anderen Diöcesen 1573 und in den folgenden Jahren statt. Auf den von Borromeo gehaltenen Provincialsynoden von 1565, 1576 und 1578 wurde angeordnet, die Bulle in allen Beicht- stühlen anzuheften. Einige Abschnitte der Bulle wurden alljährlich auch italienisch publicirt. Die Eegierung hat alles dieses nicht ge- nehmigt, aber geduldet ').

In Venedig publicirte Casa 1549 seinen Index mit der Er- klärung, wer die darin verbotenen Bücher lese etc., verfalle der in B. C. ausgesprochenen Excommunication. Den Index Pauls IV., welcher die gleiche Bestimmung enthält, liess der Inquisitor zu Ve- nedig dort 1559 unter Beifügung eines Auszuges aus der B. C. von 1558 abdrucken. Als aber die Bulle von 1568 erschien, verbot 1569 der Senat die Publication derselben und zeigte dieses dem Xuncius an ; 1570 erklärte er, er würde die Publication gestattet haben, wenn der Bulle ein Breve über die Rechte der Fürsten bei- gefügt wäre. Am 19. April 1575 gestattete der Eath der Zehn, die Bulle am Gründonnerstag in den Domkirchen zu einer Zeit, wo nie- mand es höre oder darauf achte, zu verlesen. Die Publication fand aber an manchen Orten mit aller Feierlichkeit statt ^),

Der König Sebastian von Portugal bat Gregor XIII. um eine Erklärung, dass die in seinem Lande bestehenden Gesetze von der B.C. nicht berührt werden sollten. Der Papst verlangte 1574 einen genauem Bericht über die Gesetze, gestattete aber vorläufig, die- selben, vorausgesetzt dass sie nicht den Trienter Decreten wider- sprächen, zu handhaben, ohne den Censuren der B. C. zu verfallen. Dabei wird es sein Bewenden gehabt haben. Philipp II. verbot 1582 die Publication der Bulle auch für Portugal 3).

Im J. 1586 liess der Nuncius die Bulle in Prag publiciren und an den Kirchenthüren anheften und veranlasste den Erzbischof, sie drucken zu lassen. Kaiser Eudolf II. verbot darauf, die Bulle in Böhmen, Mähren und Schlesien zu publiciren. In Frankreich wurde die Publication 1580 verboten'^).

1) Documenti inediti o rari delle relazioni fra lo State e la Chiesa I, 234. 239. 259. 269.

2) Cecchetti, La Rep. di Ven. e la Corte di Roma I, 448.

3) Seabra II, 83. 89. 4) Preuves I, 153.

80 Deutsche Verordnungen 1521 1555.

9. Verordnungen fiber Bücherwesen in Dentsehland

1521-1555.

Das kaiserliclie Edict, datirt „Worms S.Mai 1521''^), ver- bietet, die von dem Papste verdammten Schriften Luthers und alle anderen von ihm in lateinischer, deutscher oder einer ande- ren Sprache bis jetzt verfassten oder noch zu verfassenden Schriften als schlechte, verdächtige und von einem notorischen und überaus hartnäckigen Ketzer ausgehende Schriften zu kaufen, zu verkaufen, zu behalten, zu lesen, abzuschreiben, zu drucken . . . oder zu vertheidigen, befiehlt den Fürsten und Beamten, dieselben überall zerreissen und verbrennen zu lassen und den apostolischen Nuncien und ihren Commissaren zu dem- selben Zwecke auf Verlangen beizustehen. Das Verbot vrird ausgedehnt auf Luthers Schriften oder schlechte Auszüge aus denselben, welche anonym oder unter einem andern Namen ver- öffentlicht werden, und auf andere Bücher, Blätter und Bilder, welche dem orthodoxen Glauben, den guten Sitten und den Ge- bräuchen der Römischen Kirche zuwider sind, sowie auf Schmäh- schriften gegen den Papst, die Prälaten, Fürsten, Universitäten, Facultäten und anständige Personen. Schliesslich wird unter Androhung des Bannes und Interdictes ähnlich wie von dem Lateran-Concil 1515; eine ausdrückliche Bezugnahme auf dieses hatte Aleander nicht durchsetzen können 2), verordnet, essolle fortan niemand Schriften, welche, wenn auch nur nebenbei, von der Bibel oder dem katholischen Glauben handeln, ohne Er-

1) Der Titel ist: „Der Römischen Kaiserlichen Maiestat Edict wider Martin Luther Bücher vnd lere seyne anhenger Enthalter vnd nach- volger vnnd Etlich ander schmeliche schrifften. Auch Gesetz der Druckerey". Am Schlüsse: „Wurmbs 8. Mai 1521". Lateinisch bei La Plat II, 116. Das Edict ist in Wirklichkeit erst 26. Mai zu Stande gekommen (der Entwurf ist von dem päpstlichen Legaten Aleander) und nicht den Ständen in ihrer Versammlung, sondern nur den vier damals noch anwesenden Kur- fürsten vorgelegt und auf den 8. Mai zurückdatirt worden, wo der Reichs- tag noch ziemlich vollzählig war. Ranke, D. Gesch. (WW.) I, 341.

2) Friedrich S. 143.

Das Wormser Edict. Verordnungen der Reichstage. Bl

laubuiss des Ortsbischofs oder seines Stellvertreters und der theologischen Facultät einer benachbarten Universität für den ersten Druck, Bücher über andere Gegenstände, Zettel und Bilder ohne Erlaubniss wenigstens des Bischofs oder seines Stellver- treters drucken oder verkaufen lassen.

Das Wormser Edict wurde nur in einem Theile von Deutschland beachtet; die allgemeine Durchführung konnte das Reichsregiment, welches seit der Entfernung des Kaisers an der Spitze des Reiches stand, nicht erreichen ^). Der Reichs- tag zu Nürnberg 1523 beschränkte sich schon darauf, 6. März zu verordnen, bis zu dem von ihm verlangten Concil sollten die Stände, so viel an ihnen liege, in ihren Gebieten dafür sorgen, dass keine neuen Schriften gedruckt und verkauft würden, die nicht zuvor von dazu verordneten verständigen Männern geprüft und gutgeheissen seien; andere Schriften, namentlich Schmachschriften (libelli famosi) zu drucken oder zu verbreiten solle unter schweren Strafen verboten werden^). Der päpstliche Nuncius Chieregati hatte vergebens die Ein- schärfung des Wormser Edicts und der Bestimmung des Late- ranconcils verlangt, dass kein Buch ohne Gutheissung des Orts- bischofs oder seines Stellvertreters gedruckt werden dürfe ^). Der Nürnberger Reichstag von 1524 bestimmte zwar, die Reichs- stände sollten dem Edict von Worms, „so viel wie möglich" nachzukommen suchen, wiederholte aber im übrigen nur den Beschluss von 1523. Clemens VII. beklagte sich über den Be- sohl uss von 1523 bei dem Kaiser (auch bei den Königen von England und Frankreich), und Karl V. bestand in einem Schreiben vom 15. Juli 1524 auf der Durchführung des Wormser Edictes^). Aber auf dem Reichstag zu Speyer 1526 Hess er dieses fallen, und es wurde 27. Aug. beschlossen, dass bis zu dem in Aus- sicht genommenen Concil jeder Reichsstand in Bezug auf das Wormser Edict „für sich also leben, regieren und sich verhalten solle, wie er es vor Gott und dem Kaiser hoffe und ver- traue zu verantworten"^). Auch der Speyerer Reichstag von

1) Maurenbrecher, Gesch. der kath. Ref., 1880, I, 219.

2) Le Plat II, 162. 3) Le Fiat II, 209.

4) Le Plat II, 222. 237. 5) Maurenbrecher S. 262.

Eeusch, Indpx.

82 Deutsclir Verordnungen 1521—1555.

1529 bestätigte hinsichtlich des Bücherwesens im wesentlichen nur die Nürnberger Beschlüsse 0-

Vor dem Reichstag von Augsburg 13. Mai 1530, übergab Campeggio dem Kaiser eine Denkschrift, worin empfohlen wurde: das Wormser Decret und die Bulle Leo's X. solle durchgeführt und durch kaiserliche Verordnungen unter Androhung von Strafen befohlen werden, alle seit dem Beginne der lutherischen Häresie zu Gunsten derselben herausgegebenen Bücher abzuliefern; die- selben sollten verbrannt und der Neudruck derselben verboten, denjenigen, welche die Besitzer verbotener Bücher anzeigten, solle eine Belohnung und Geheimhaltung ihrer Namen versprochen werden 2). Aber der Reichstagsabschied vom 19. Nov. 1530 ging in seinen Bestimmungen über das Bücherwesen nur in so- fern über die früheren Beschlüsse hinaus, als er verordnete, es dürfe nichts gedruckt werden ohne Angabe des Druckers und Druckortes; wer die Verordnungen übertrete, solle durch die Obrigkeit an Leib und Gut gestraft werden, und wo eine Obrig- keit hierin lässig befunden werde, solle der kaiserliche Fiscal gegen sie einschreiten^).

Die Regensburger Reichstage von 1541 und 1548 wieder- holten die Verordnungen gegen Schmähschriften; letzterer be- stimmte noch : die Bücher seien vor dem Druck von der „ordent- lichen Oberkeit eines jeden Orts^' zu prüfen, ob sie der Lehre der christlichen Kirche und den Reichstagsabschieden gemäss seien; es sei nichts zu approbiren, das „aufrührisch und schmäh- lich oder der katholischen allgemeinen Lehre der h. christ- lichen Kirche ungemäss und widerwärtig sei" ; ausser dem Namen des Druckers und dem Druckorte sei auch der Name des „Au- thors oder Dichters des Buchs" zu nennen; eventuell sei gegen diesen vorzugehen ; gegen die säumigen Obrigkeiten solle der kaiserliche Fiscal einschreiten ; die schon gedruckten schädlichen Bücher seien zu unterdrücken*).

Seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) konnte von

1) Le Plat II, 305.

2) Maurenbrecher, Carl V., S. 15*.

3) Le Plat II, 490. Böhmer, Jus eccl. IV, 938 ff.

4) Böhmer 1. c. Ludw. Hofmann, Gesch. der Büchercensur, 1813, S. 67.

Ausführung des Wormser Edicts. 83

einer üurcbfiibrung der päpstlichen Bücherverbote nur noch in katholischen Territorien die Rede sein.

Der Reichstag zu Speyer 1570 verordnete noch : Buch- druckereien sollten nur in Residenz-, Universitäts- und ansehn- lichen Reichsstädten bestehen und jeder Drucker zuvor auf die Reichstagsabschiede vereidet werden *).

Die Bestimmungen der Reichstage vrurden in der Reichs- polizei-Ordnung von 1577 wiederholt, aber statt der oben ange- führten Bestimmung der Regensburger Reichstage gesetzt : „nichts, so der christlichen allgemeinen Lehre und zu Augspurg auff- gerichten Religionfrieden ungemäss und widerwertig"^).

Ueber die Ausführung des Wormser Edictes berichtet Coch- laeus'*): König Ferdinand und- die katholischen Fürsten hätten die Ablieferung des Neuen Testaments und anderer Sehriiten von Luther befohlen, und an vielen Orten sei ihnen gehorcht und seien die Bücher öffentlich verbrannt worden; der Kaiser und die katholi- schen Fürsten hätten auch den Druck und Verkauf von lutherischen Schriften verboten, aber die Beamten (magistratus et senatores), denen die Durchführung dieses Verbotes obgelegen, hätten aus böser Gesinnung connivirt oder die Sache als etwas gehässiges ungern und nachlässig betrieben. Die Buchhändler hätten, mitunter von den Beamten unter der Hand gewarnt, die lutherischen Schriften verborgen und heimlich, und dann zu einem höhern Preise, verkauft. Cochlaeus klagt dabei, dass die Drucker die lutherischen Schriften gern und auf ihre Kosten, dagegen die katholischen nur ungern, nicht leicht auf ihre Kosten und in der Regel schlecht ausgestattet druckten und dass die Verleger katholischer Schriften auf der Frank- furter Messe und sonst verhöhnt würden.

In einem langen Breve Hadrians VI. vom 30. Nov. 1522, welches der Nuiicius Chieregati von Nürnberg aus den Bürger- meistern und dem Rathe von Bamberg übersandte^), heisst es u.a.: „Wir finden es sehr auffallend, dass Luther in unserer deutschen Nation . . . fast unzählige beiderlei Geschlechts hat finden können, welche seine und seiner Anhänger höchst verderbliche, mit Gift an- gefüllte . . . Schriften, auch nachdem sie auf Grund des apostoli- schen Urtheilsspruches und des kaiserlichen Edictes oft an verschie- denen Orten verbrannt worden sind, um die Wette kaufen, begierig lesen, gern anhören. . . . Wir fordern euch kraft des heiligen Ge-

1) Hofmann, S. 77. 2) Hofmann S. 80.

3) De actis Lutheri a. 1522, f. 54. 55.

4) Le Fiat II, 149. Bamberg ist nicht der Ort, wo besonders viele lutherische Schriften gedruckt wurden. Vielleicht ist dasselbe Breve auch an andere Städte gesandt worden.

Ö4 Deutsche "Verordnungen 1521 1555.

horsams und unter Hinweisung auf das göttliche Grericht auf, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass dergleichen Bücher bei euch und in dem Grebiete euerer Stadt nicht mehr verkauft oder gedruckt werden, und diejenigen, welche sich in euerer Stadt finden, gemäss dem Urtheile des apostolischen Stuhles und dem kaiserlichen Edicte verbrennen zu lassen. Wenn ihr die Verkehrtheit euerer Drucker"*, welche, wie anzunehmen, mit Greld von den Lutheranern bestochen, wie wir hören, Werke der Lutheraner sehr bereitwillig drucken, die von Katholiken zu Grünsten der Wahrheit geschriebenen Werke aber nicht drucken wollen, zu steuern unterlasst, so kündigen Wir euch an, dass ihr der göttlichen, und zwar einer furchtbaren Rache, wenn ihr auch im übrigen noch so christlich seid, nicht entgehen werdet."

Bezüglich der Ausführung des Wormser Edictes sind folgende Einzelheiten von Interesse. Herzog Georg von Sachsen publicirte dasselbe sofort und schärfte es 1523 und 1524 ein, Hess auch wiederholt in den Leipziger Buchläden nach „lutherischen Läster- schriften" suchen *). Ln Breisgau wurden nach der Publication des Edictes Haussuchungen angeordnet und zu Freiburg an 200 Bücher auf dem Münsterplatze durch den Scharfrichter verbrannt^). In Wien beschloss die theologische Facultät 15. Jan. 1522, den Buch- druckern und Buchhändlern bei Strafe der Excommunication den Druck und Verkauf verdächtiger Bücher zu untersagen. Ferdinand I. verbot 12. März 1523, die Schriften von Luther, Oecolampadius, Zwingli und „anderer dergleichen neuer verführerischer Lehrer Bücher" zu lesen, zu verkaufen u. s. w. ^j, und verordnete 24. Juli 1528, Buch- drucker und Buchführer der sectischen verbotenen Bücher, die in den österreichischen Erblanden betreten würden, stracks am Leben mit dem Wasser zu strafen, ihre verbotenen Waaren aber mit Feuer zu verbrennen^). In demselben Jahre setzte er auch eine aus fünt Mitgliedern, worunter der Bischof von Wien und der Bürgermeister Trew, bestehende Censurbehörde ein. Im J. 1548 forderte der Bischof Nausea ,,au8 Meinung königlicher Majestät, auch von bischöflichen Amts wegen", die Buchhändler auf, Verzeichnisse ihrer Bücher vorzulegen. Vom J. 1551 haben wir einen Bericht Nau- sea's über eine im Auftrage der Regierung bei den Buchhändlern vorgenommene Visitation. Auch später wurde die Censur über geist- liche und weltliche Bücher in Oesterreich im Namen des Landes- herrn geübt ^). Hans Oehl, der wegen Verbreitung von Schriften Luthers um 1525 aus Kegensburg ausgewiesen worden, wurde wegen desselben Vergehens 1528 zu Muer in Steiermark enthauptet'').

1) Arch. des D. Buchh. I, 22. 2) Stintzing, U. Zasius S. 241.

3) Wiedemann, Reform. I, 26. 31. Archiv f. österr. Gesch. 50, 21 G.

4) Kink, Gesch. der Univ. Wien I 1, 249. A. Dimitz, Gesch. Krains II, 197.

5) Arch. f. österr. Gesch. 50, 215.

6) Kirchhoff, Beitr. I, 72.

Ausführung des Wormser Edictes. 85

König Ludwig von Ungarn verbot 9. März 1524 den Verkauf von Luthers Schriften, der Erzbischof von Grran 15. August 1524 den Verkauf von Spottliedern auf den Papst und die Geistlichkeit und von Schriften und Tractaten über Luthers Ketzerei; beide ordneten das Verbrennen der betreffenden Bücher an').

Strenge durchgeführt wurde das Wormser Edict in Baiern. Das iieligionsedict vom 5. März 1522 verbot, die vom Papste und von Kaiser und Eeich verworfene lutherische Lehre anzunehmen oder über sie zu disputiren, und gleich darauf liess die Universität Ingolstadt bei den Buchhändlern auf lutherische Schriften fahnden; es wurde diesen gestattet, zwei oder drei Exemplare solcher Schrif- ten an die Universität zu schicken, aber strenge verboten, solche zu verkaufen^). Der Prokanzler Albert Hunger rühmt in einer 1559 gehaltenen Kede, die Universität habe zur Zeit Ecks (f 1543) nicht selten Buchhändler wegen Verbreitung von Schriften . Luthers und anderer Sectirer einkerkern lassen, zwei nicht nur aus der Stadt, sondern mit Erlaubniss des Herzogs Wilhelm aus ganz Baiern ver- bannt ^). 1548 wurden in Ingolstadt sogar bei dem 1547 von der Universität privilegirten Buchhändler Alex. Weissenhorn verdächtige Schriften gefunden ; der Verkauf mehrerer Schriften von Melanch- thon und Corn. Agrippa wurde ihm verboten; über einige andere, wie Erasmus' Colloquia und Melanchthons Declamationes, wurde die Entscheidung vorbehalten^). Ein Religionsmandat vom 15. Juli 1548 verordnete, Bücher und Schriften, so von päpstlicher Heiligkeit und dem Stuhl zu Rom als verführerisch erkannt und sonst unserm christlichen Glauben, heilsamen Lehren und Satzungen des h. Con- cilii zugegen sein möchten, nicht in den Häusern zu dulden und zu verkaufen ; wer dagegen handle, solle als Verächter der christlichen Kirche, der kaiserlichen Majestät und des Landesfürsten an Leib und Gut gestraft werden^).

Der Erzbischof von Köln, Hermann von Wied, verordnete auf einem 1536 gehaltenen Provincialconcil : es dürfe kein neues Buch gedruckt oder verkauft werden ohne vorher „von unseren dazu be- stellten Commissaren" geprüft worden zu sein; auch müsse der Name des Druckers und des Druckortes angegeben werden; Zu- widerhandelnde sollten, ausser mit Confiscation der Bücher, nach den Gesetzen und der „Augsburger pragmatischen Constitution" be- straft werden^). Wesentlich dieselbe Verordnung wurde 1549 auf

1) Archiv VI, 8. 50. 59. 2) Prantl I, 148. 152.

3) Schelhorn, Erg. II, 280.

4) In dem Visitationsprotocoll findet sich die Randbemerkung: In- doctus sutfraganeus dixit, quod nollet obolum exponere pro omnibus om- nium authorum neotericorum libris; sufficere sibi S. Thomam, et prae- terea nihil. Prantl I, 163. Archiv I, 181.

5) Archiv II, 5.

6) Hartzheim, Conc. Germ. VI, 304. Vgl. Geschichtl. Erörterung des

86 Deutsche Verordnungen 1521 1555.

einer Provincialsynode zu Mainz und auf einer Diöcesansynode zu Strassburg publicirt; nur wird hier, wie mittlerweile auch in dem Decrete des Trienter Concils von 1546 verordnet war (s. u. § 20), welches aber nicht citirt wird, auch Nennung des Verfassers eines Buches verlangt *). Von einer Kölner Synode von 1549, welche die Bücher einer grössern Zahl von Schriftstellern verbietet, wird unten die Rede sein.

Der Rath von Augsburg hatte schon 1520 den Druckern be- fohlen, „in den Irrungen, die sich haben zwischen doi Geistlichen und Doctoren der h. Geschrift, desgleichen in Schmach und Ver- letzung der Ehren Sachen ohne Wissen und Willen eines erbaren (Rathes) nichts ferner zu drucken". 1523 wurden die Drucker ver- eidet, dass sie „kein schmachbar Lied oder anderes Gedicht drucken oder ausgehen lassen; was sie sonst drucken lassen, dazu müssen sie der Bürgermeister Erlaubniss nehmen und dann nichts drucken, es sei dann des Dichters oder dessen Namen, der solch Buch in Druck gegeben, desgleichen des Druckers Namen hinzugedruckt" -). Auch der Rath von Strassburg beschränkte sich 1524 darauf, zn verordnen, es sollten nicht „gegen des Kaisers jüngst ausgegangenes Mandat (das von Nürnberg 1524) Schmach- und Lästerbüchlein" ge- druckt werden, und wer etwas drucken lassen wolle, solle es in dei Kanzlei vorlegen. 1535 wurde auch für die zu verkaufenden Büchei eine Censur eingeführt und zwei Censoren übertragen^).

Dass die Censur auch in protestantischen Städten mituntei strenge gehandhabt wurde, zeigt die Klage eines katholischen Geist- lichen, dass ein von ihm 1543 veröifentlichtes philosophisches Werk auf Geheiss des Nürnberges Rathes besonders an denjenigen Stellen verstümmelt worden sei, welche die lutherische Lehre zii berühren schienen"*).

In vielen Mandaten dieser Zeit werden speciell „Schmach- bücher" oder „Famoss-Schriften" verpönt. „Nach dem kaiserlichen Recht, sagt Luther darüber, heisst ein Schmachbuch oder famot libell, darin mit Namen jemand insonderheit geschmäht wird in seinei Ehre und der Schreiber seinen Namen nicht anzeigt. In Kaisers Rechten haben solche Uebelthäter den Kopf verwirkt mit allen, die sie lesen, hören und behalten." ,, Dazu gehören meine Bücher nicht", fügt er bei ^). Aber es ist erklärlich, dass seine und seiner An- hänger polemische Schriften katholischerseits und ähnliche Schriften

gemeinen und besondern Censur-Rechtes in der Erzd. Köln, Zts. f. Philos, und kath. Theol. 29, 152.

1) Hartzh. VI, 592. 528. 2) Archiv VI, 251.

3) Archiv V, 86.

4) Stieve, Das kirchl. Polizeiregiment in Baiern S. 18.

5) Ein Unterricht der Beichtkinder über die verbotenen Bücher 1521. Erl. 24, 208. Vgl. A. Kirchhofe, Die Famoss-Schriften, Arch V, 156; über die Gesetze der römischen Kaiser seit Augustus gegen libelli famosi s. Ludw. Hofmann, Gesch. der Büchercensur. S. 8.

Verordnungen und Bücherverbote in England. 87

seiner Gegner protestantisclierseits vielfacli als Famosscliriften be- handelt wurden.

Die oft wiederholte Verordnung, dass kein Buch ohne Namen des Verfassers und Druckers veröffentlicht werden solle, sollte es den Behörden möglich machen, wegen einer strafbaren Schrift gegen eine bestimmte Person vorzugehen. Sie wurde 1538 auch in Eng- land erlassen, zu Trient 1546 auch zu einer kirchlichen Verord- nung gemacht (s. u. § 20). Sie hatte zur Folge, dass in der zwei- ten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Zahl der Pseudonymen Schriften mit fingirten Druckorten grösser wurde ^).

10. Verordnungen über Bücherwesen und Verzeich- nisse verbotener Bücher in England 1526 1555.

Heinrich VIII. (1509—1547) erliess eine Reihe von Ver- ordnungen über ketzerische Bücher, meist im Einverständnisse mit den Bischöfen resp. der Convocation; selbständige Verord- nungen von Bischöfen kommen nur in der ersten Zeit nach dem Auftreten Luthers vor. Bemerkensv^erth ist, dass Heinrich VIII. das Lesen der Bibel in der Volkssprache anfangs (1530) für bedenklich und ohne Erlaubniss der Oberen unzulässig erklärte, später frei gab, zuletzt (1543) nur den höheren Ständen gestattete.

Unter Heinrich VIII. wurden neun Verzeichnisse von ver- botenen Büchern veröffentlicht, die man als Indices bezeichnen kann, wenn man davon absieht, dass die Bücher nicht in alpha- betischer oder einer andern Ordnung verzeichnet werden und dass die Verzeichnisse nicht als besondere Schriften erschienen. Das älteste dieser Verzeichnisse ist um 1526 veröffentlicht, das zweite, welches 85 Bücher enthält, 1529, in demselben Jahre, in welchem Karl V. den ersten, viel weniger umfangreichen, derartigen Index veröffentlichte. In den festländischen, nament- lich den Römischen Indices sind diese englischen Verzeichnisse nicht berücksichtigt worden. Wenn Schriftsteller, die in diesen vorkommen, auch im Römischen Index stehen, so stammen sie hier aus anderen Quellen, die meisten aus Gesner und Frisius.

Auch unter Maria der Katholischen wurde 1555 ein ähnlicher

1) Weller, Falsche und fingirte Druckorte S. V. Archiv V, 26.

88 Verordnungen und Bücherverbote in England.

Index publicirt, 1556 auch die Bestimmungen der Bulla Coenae und des 5. Lateran-Concils über das Bücherwesen promulgirt, deren Geltung dann freilich schon 1558 mit dem Tode der Königin wieder aufhörte.

Im März 1521 schrieb der Erzbischof William Warham von Canterbury an den Cardinal Wolsey: die Universität Oxford wünsche, dass, nachdem die Bücher Luthers von Wolsey als Legaten, von ihm selbst als Kanzler für alle verboten worden, die nicht die Er- laubniss hätten, sie zu lesen, um sie zu bekämpfen, auch die Xamen der Anhänger Luthers verzeichnet und der Universität übersandt werden möchten mit dem Verbote auch ihrer Schriften *). Ein in- teressantes Beispiel einer solchen Erlaubniss , verbotene Bücher zu lesen, haben wir in einem Briefe vom 7. März 1527, in welchem der Bischof Cuthbert Tonstall von London Sir Thomas More bittet, in englischer Sprache gegen diejenigen zu schreiben, welche wy- cleffitische und lutherische Bücher ins Englische übersetzten ; er schickt ihm einige derartige Schriften und einige von Luther und schliesst: „zu dem Ende ertheilen wir dir die Erlaubniss, derartige Bücher zu behalten und zu lesen" ^).

Das Verzeichniss der Anhänger Luthers, von welchem War- ham spricht, scheint nicht aufgestellt worden zu sein. Aber 1526 beauftragte Warham seine Suifraganbischöfe, die Gläubigen aufzu- fordern, die Uebersetzung des N. T. von William Tyndall abzu- liefern ^). Seit dem J. 1529 tritt aber die Thätigkeit der Bischöfe bezüglich der ketzerischen Bücher ganz in den Hintergrund gegen die Thätigkeit des Königs.

In einer Proclamation vom J. 1530 „gegen die verdammlichen Ketzereien, welche von den Schülern Luthers und anderen Ketzern im Lande ausgestreut werden", wird das Importiren, Verkaufen, Annehmen und Behalten von gedruckten oder geschriebenen Büchern „gegen den katholischen Glauben, gegen die Gesetze und Ge- bräuche der h. Kirche oder gegen den König, seinen Kath oder das Parlament" verboten und die Ablieferung derselben an den Bischof und die Anzeige der Besitzer derselben geboten. Die Be- amten sollten sich eidlich verpflichten, die Ketzerei auszurotten und die Bischöfe dabei zu unterstützen'').

In einer zweiten, im J. 1530 nach Berathung mit dem Pri- mas, mit Theologen der beiden Universitäten u. s. w. erlassenen

1) J. H. Blunt, The Reform of the Ch. of Engl. 1878, I, 74.

2) Wilkins, Conc. M. Brit. III, 7U.

3) Bei Wilkins III, 706 steht das Mandatum des Erzbischofs an den Bischof von Exeter; gleichlautende Schreiben ergingen ohne Zweifel an die anderen Bischöfe. Strype, Eccles. Memorials I, 1, 254 erwähnt das Edict des Bischofs von London an seine Archidiakonen.

4) Wilkins III, 739. Calendar of State Papers. Henry VHL IV, 6102.

Verordnungen Heinrichs VIII. Bibellesen. 89

Proclamation kommen ausser dem speciellen Verbote einiger im Auslande gedruckten englischen Bücher und einer Verordnung über das Bibellesen., worüber unten, folgende Bestimmungen vor: Alle im Auslande gedruckten englischen Bücher werden verboten und sind binnen 14 Tagen an die Bischöfe abzuliefern. Neue eng- lische Bücher, welclie die h. Sclirift betreffen, dürfen nicht ohne Gutheissung des Bischofs und nicht anonym gedruckt werden^).

In einer Proclamation vom J. 1538 und in Verordnungen vom J. 1539-) wird bestimmt: Niemand soll ohne Erlaubniss des Königs englische Bücher verkaufen, bei Strafe der Vermögensconfiscation und Gefängniss während einer vom Könige zu bestimmenden Zeit; niemand soll englische Bücher [oder Bibeln] mit Anmerkungen und Vorreden drucken oder importiren, wenn nicht die Bücher von dem Geheimen Ratlie oder anderen vom Könige bestellten Per- sonen geprüft sind ; es soll kein übersetztes Buch ohne Angabe des Namens des Uebersetzers gedruckt, widrigenfalls der Drucker als Uebersetzer angesehen, eventuell bestraft werden ; niemand soll eine englische Uebersetzung eines biblischen Buches drucken, ohne dass dieselbe von dem König oder von einem Mitgliede des Geheimen Rathes oder einem englischen Bischof, dessen Nauien anzugeben ist, geprüft worden ist, bei Strafe der Vermögensconfiscation und Ge- fängnissstrafe. — In den Verordnungen von 1539 werden noch die Bücher von Sacramentirern und Anabaptisten verboten und ihre Verkäii.fer mit strengen Strafen bedroht^). Im letzten Regierungs- jalire Heinrichs VIII., 1546, wurde nochmals verordnet, es dürfe ohne ausdrückliche Erlaubniss kein auswärts gedrucktes englisches Buch über die christliche Religion eingeführt werden^).

Bezüglich des Lesens der Bibel in englischer Sprache sagt Heinrich VIII. in der Proclamation von 1530: die von ihm be- fragten Prälaten u. s. w. seien der Ansicht, es sei nicht nöthig, dass die Bibel ins Engliche übersetzt werde und in den Händen des ge- wöhnlichen Volkes sei; das Lesen derselben müsse von der Erlaub- niss der Oberen abhängig gemacht werden. Wenn einmal die Ge- fahr der Verbreitung ketzerischer Meinungen vorüber sei, solle die Bibel übersetzt werden; jetzt aber sollten alle die englischen, fran- zösischen und niederdeutschen (dutch) Bibeln abliefern mit Aus- nahme derjenigen, denen der König und die Bischöfe die Correctur

1) Wilkins III, 740. R. W. Dixon, Hist. of the Ch. of Engl. I, 34.

2) Wilkins III, 777. 847. Die Proclamation gehört dem J. 1538 an. Dixon, I, 241. II, 165.

3) In einem Schreiben des Königs an den Erzbischof von Canter- bury vom 1. Oct. 1538 wird derselbe aufgefordert, die Schrifton der Ana- baptisten zu confisciren und zu verbrennen.

4) Wilkins IV, 1.

90 Verordnungen und Bücherverbote in England.

derselben auftrage '). Tyndalls Uebersetzung, die einzige, die vor 1535 gedruckt wurde, wurde wiederholt verboten, sowohl wegen der Uebersetzungsfehler als namentlich wegen der Anmerkungen und umfangreichen Prologe ^). 1534 beantragte die Convocation von Canterbury, der König möge die Bibel durch geeignete Personen übersetzen lassen und das Lesen dieser Uebersetzung gestatten ^).> Der König bestellte keine Uebersetzer; aber von 1535 an er- schienen neue englische Bibeln (s. u), und 1536 und 1538 wurde von dem Generalvicar Cromwell verordnet, von einer Bibelüber- setzung von Coverdale ein Exemplar in grossem Format in jeder Kirche (angekettet) aufzulegen, damit die Gläubigen sie lesen könn- ten'*). Aber schon 1539 klagte Heinrich über die Weise, wie seine Erlaubniss, die Bibel zu lesen, missbraucht werde, 1542 wurde in der Convocation über die Mängel der recipirten Bibel verhandelt und mit der Ausarbeitung einer neuen Uebersetzung begonnen, 1543 durch den König Tyndalls Bibel nochmals verboten und angeordnet, aus allen anderen Bibeln und Neuen Testamenten die Anmerkungen zu entfernen, und weiter bestimmt: die niederen Stände (lower Or- ders, vorher sind genannt die Beamten, die gentry und die Kauf- leute) sollten, da sie das Privilegium, die F^ibel zu lesen, so viel missbraucht hätten, auch die nicht verbotenen Uebersetzungen nicht mehr lesen dürfen ohne eine Erlaubniss vom Könige^).

Die Bestimmungen der Bulla Coenae und des 5. Lateran- Concils wurden für England publicirt in den „Eeformationsdecreten" des päpstlichen Legaten Cardinal Pole vom J. 1556. In diesen wurde auch verordnet, bei den bischöflichen Visitationen auch darauf zu achten, ob die Buchhändler ketzerische oder andere verbotene Bücher verkauften^). Eine Proclamation aus dem letzten Regierungsjahre Maria's 1558 bestimmt: da verschiedene Bücher voll Ketzerei, Auf- ruhr und Verrath aus fremden Ländern eingeschleppt und heimlich im Lande gedruckt und verbreitet würden, wodurcl» nicht nur Gott verunehrt, sondern auch der L^ngehorsam gegen die rechtmässigen Fürsten und Obrigkeiten befördert werde, so solle jeder, in dessen Besitz fortan solche gottlose und aufrührerische Bücher gefunden würden oder der sie, wenn er sie flnde, nicht sofort, ohne sie an- deren zu zeigen oder vorzulesen, verbrenne, als Rebell angesehen und nach dem Martialgesetz bestraft werden '').

1) Wilkins III, 741.

2) Blunt I, 506. 514 etc. Dixon I, 451.

3) Wilkins III, 776.

4) Wilkins III, 815. 832. 856. Dixon I, 454. II, 74.

5) Blunt, I, 544. Dixon II, 285. 325.

6) Decr. 2 und 12. Wilkins IV, 794. 805. Labbe XIV, 1736.

7) Strype III, 2, 130. Mendham p. 21.

Englische Indices. 91

Die englischen Indices, wenn man sie so nennen will, sind folgende :

I. Ein Verzeichniss von 18 Büchern, die um 1526 verboten wurden, enthält einige Schriften von Luther, je eine von Hus (in Oseam), Zwingli und Brenz, vier anonyme (vom Festlande impor- tirte) lateinische und mehrere englische Schriften ^).

IT. Aus dem J. 1529 haben wir ein Verzeichniss von 85 ,, Büchern der lutherischen Secte, die von Anhängern der Secte nach London importirt worden" ^). Es enthält loannis Wicleffi viri piissimi Dia- logorum libri quatuor (s. 1. 1525 gedruckt), Schriften von Job. Wessel und Job. von Goch, 22 von Luther, 9 von Oecolampadius, 11 von Zwingli u. s. w.

III. In der oben erwähnten zweiten Proclamation von 1530 werden von den im Ausland gedruckten englischen Büchern, die verboten werden, 5 namentlich aufgeführt. In einem vom 24. Mai 1530 datirten Documente einer von dem König berufenen Versamm- lung von Prälaten, Geistlichen und hohen Beamten (offenbar der in der Proclamation erwähnten) werden die Irrlehren in jenen 5 und drei anderen englischen Schriften zusammengestellt^).

IV. Hinter der Proclamation steht bei Wilkins ein Verzeich- niss von 16 verbotenen Büchern, welches aus derselben Zeit stam- men mag^).

V. In einer am ersten Adventssonntage 1531 bei St. Paul's Gross in London ])ublicirten Proclamation wird das Kaufen , Ver- kaufen und Lesen von 30 englischen Büchern verboten^).

VI. In einem Decrete oder dem Entwürfe eines Decretee eines Provincialconcils, welches allem Anscheine nach aus der Zeit von 1530 bis 1538 stammt, werden ungefähr 70 engliche und fest- ländische Bücher verboten^). Das Actenstück gehört nicht, wie

1) Wilkins Hl, 707. Strypc I, 1, 254. Calendar of State Papers. Henry VI iL IV, 2607. lieber Confiscationen von verbotenen Büchern bei einer Visitation der Diöcese London im J. 1527 und bei Processen gegen einzelne der Ketzerei verdächtige Personen in den nächstfolgenden Jahren s. Strypc I, 1, 113; 2, 63. 363. Cal. of St. P. IV, 3968. 4029. 4073. 4218. 4260. 4282, 4396. 4861. V, 583. 589.

2) Aus Fox, Acts and Monuments II, 234 abgedruckt bei Gerdes, Hist. Ref. IV, Mon. p. 139.

3) Wilkins IIP 727. Cal. of St. P. IV, 6402.

4) Wilkins III, 737.

5) Cal. of St. P. V, App. 18.

6) Wilkins III, 717. Im Cal. of St. P. IV, 6407 (vgl. V, 10) wird ein von Heinrich VIII. eigenhändig corrigirtcs Concept des Documenteß erwähnt. Ueber einen andern Text desselben s. u. hinter No. X.

92 Verordnungen und Bücherverbote in England.

Wilkinß vermuthet, dem J. 1529 an, da den Schiuss der verbotenen Bücher die Augsburgische Confession von 1530 bildet, und fällt vor das J. 1538, da der (auch in No. V) verbotene Dialogus in vitu- perium 1). Thomae quondam Archiep. Cantuar. darin steht, 1538 aber der Schrein des Thomas Becket beseitigt und 1539 verordnet wurde, ihn nicht als Heiligen, sondern als Bischof Becket zu be-^ zeichnen, seine Bilder zu entfernen, sein Fest nicht mehr zu feiern und sein Officium aus allen Büchern zu entfernen *).

VII. Ein Verzeichniss von verbotenen Büchern aus „In- junctions" (von wem, wird nicht angegeben) vom J. 1539-} enthält meist Namen von englischen Schriftstellern, daneben von einigen deutschen.

VIII. Im J. 1542 übersandte Bischof Edmund Bonner von London seinen Pfarrern ein Verzeichniss von (meist englischen) Büchern, welche sie, wenn sie dieselben in ihren Pfarreien fänden, mit den Namen der Besitzer dem Bischof einsenden sollten^). Es ist das Verzeichniss No. V mit einigen Zusätzen.

IX. Eine Proclamation aus dem letzten Regierungsjahr Hein- richs VIII., vom 8. Juli 1 546 verordnet : bis zum letzten August seien alle Exemplare der Uebersetzung des N. T. von Tyndall oder Coverdale oder anderen Uebersetzungen als der 1543 vom Parla- mente genehmigten und alle englischen Schriften von Frith, Tyn- dall, Wycleff, Joy, Eoy, Basil, Bale, Barnes, Coverdale, Turner, Tracy und alle anderen mit der citirten Parlamentsacte in Widerspruch stehenden Schriften abzuliefern und vor dem 1. October zu ver- brennen, bei einer vom Könige zu bestimmenden Greld-, Freiheits- und Leibesstrafe *).

X. Unter der Regierung Maria's der Katholischen beantragte 1554 das Unterhaus der Convocation von Canterbury, es möge ver- ordnet werden, das pestilentialische Buch Thomas Cranmers gegen das Altarsacrament, das schismatische Communionbuch und das Or- dinationsbuch (Eduards VI. von 1548 und 49)^), alle verdächtigen Bibelübersetzungen und alle anderen ketzerischen Bücher zu ver- brennen und zu dem Ende an die Bischöfe abzuliefern und keine Bücher der Art mehr zu drucken, zu importiren und zu verkaufen. In einer Proclamation vom J. 1555^) wurde darauf unter Berufung auf ein Statut von Heinrich IV. vom J. 1409^) befohlen, binnen

1) Wilkins IH, 835. 848. Dixon II, 63.

2) Aus der seltenen ersten Ausgabe von Fox, Acts and Mon. p. 572 abgedruckt bei Mendham p. 19.

3) Wilkins III, 867, vollständiger in den Records zu G. Burnet's Eist, of the Ref. I, 257.

4) Wilkins IV, 1. 5) Dixon II, 493.

6) Wilkins IV, 129.

7) Es ist der Modus procedendi contra haereticos. Wilkins III, 252.

. Tyndall. 93

14 Tagen abzuliefern alle Schriften von Luther, Oecolampadiua, Zwingli, Calvin, Pomeranus, Joh. a Lasco, Bullinger, Bucer, Me- lanchthon, Bernardin Ochinus, Erasmus Sarcerius'), Peter Martyr, Hugh Latimer, Robert Barnes, John Bale, Justus Jonas, John Hoo- per, Miles Coverdale, William Tyndall, Thomas Cranmer, früher Erzbischof von Canterbury, William Turner, Theodore Basil, sonst genannt Thomas Beacon, John Frith, Roy und Hale's Chronicle alle diese Bücher lateinisch, deutsch (dutch), englisch, italienisch oder französisch, und alle anderen der Lehre der katholischen Kirche widersprechenden Bücher, ferner alle Bücher über das Com- munion-Book Eduards VI.

Ein Decretum de haereticis et haereticorum libris^), von wel- chem Wilkins vermuthet, es hange mit der unter Card. Pole's Vor- sitz gehaltenen Convocation von 1557 zusammen, ist, wie ich auf Grund einer genauen Untersuchung annehmen zu dürfen glaube, identisch mit dem oben unter VI. erwähnten (und zwar ein besserer Text desselben). Das darin enthaltene Bücherverzeichniss ist also nicht als elfter englischer Index zu zählen.

Die englischen Schriftsteller, welche in ^o. IX und X als solche, deren sämmtliche Schriften verboten werden, verzeichnet sind, kommen zum Theil auch schon in No. VII vor, wo von ein- zelnen auch die angenommenen Namen, unter denen sie schrieben, angegeben sind.

Der am häufigsten in den englischen Indices vorkommende englische Schriftsteller ist William Tyndall (T3^ndale) alias Hit- chins (im Rom. Ind. seit P. Gnil. Tindalus), früher Franci scaner, seit 1524 im Auslande, 15B5 zu Vilvorden in den Niederlanden hingerichtet'^). Seine Uebersetzung des N. T. wurde zuerst zu Köln 1525, dann oft gedruckt; die zweite Auflage von 1526 kaufte, ehe sie nach England kam, Erzbischof Warham von Canterbury auf, eine spätere von 1529 Bischof Tonstall von London. Sie wurde wie gesagt, seit 1526 wiederholt verboten. Von Tyndall sind auch die in mehreren Indices meist ohne Nennung seines Namens vor- kommenden Prologe zu den fünf Büchern Moses und zum B. Jonas (vom A. T. übersetzte Tyndall nur diese Bücher), die Auslegung der Briefe des Johannes, die Einleitung zum Römerbrief, ferner: Practice of Prelates (of the Prelacy: whether the King's Grace may be separated from bis Queen, because she was bis brother's wife,

1) Bei Wilkins steht ein Komma zwischen Erasmus und Sarcerius.

2) Wilkins IV, 163.

3) Das Bibliographische über Tyndall bei Watt, Biblioth. Britannica, und Lowndes, Bibliographers Manual 2732 (auch zu den anderen Schrift- stellern geben Watt und Lowndes unter ihren Namen die bibliographi- schen Notizen ziemlich vollständig). Tyndall's Schriften sind in 3 Bänden von der Parker Society neu herausgegeben. Dieselbe Gesellschaft hat auch Werke der anderen hier erwähnten Schriftsteller neu herausgegeben.

9*'4 Verordnungen und Bücherverbote in England.

1530), verschieden davon wird sein ABC to the prelacy (VI) oder against the clergy (V); Answer of Tyndall unto Sir T. More's Defence of Purgatory (s. u.) ; The Matrimony of Tyndall; An Exposition into the 7. Ch. of the 1. Ep. to the Cor., mit einer Einleitung, worin zum Bibellesen ermahnt wird (1529), The Obe- dience of a Christian man (1528), gegen Cölibat, Mönchsgelübde und Mirakel der Heiligen, angeblich von Anna Boleyn dem Könige vorgelegt und von ihm gebilligt'), und The wicked Mammon (The Parable of the W. M.), gegen die guten Werke, Messehören, Fasten, Almosen -) etc. Die beiden letzten Schriften werden u. a. in der Proclamation von 1530 verboten, in dem dazu gehörenden Docu- mente (III) ausführlich censurirt ^).

Miles Cover dal e, früher Augustiner, Hess 1535 im Auslande mit einer Widmung an Heinrich VIII. die erste vollständige Bibel- übersetzung drucken, die nur zum Theil von ihm, zum Theil von Tyndall und John Rogers herrührt. 1537 erschien die erste eng- lische Bibel in London (ein etwas geänderter Abdruck der von Tyn- dall und Coverdale); der Herausgeber nennt sich Thomas Matthew, ist aber wahrscheinlich John Rogers. Coverdale Hess eine verbes- serte Ausgabe, nachdem der erste Druck derselben in Paris 1538 von der Inquisition verbrannt worden, 1539 in London drucken; diese Bibel, die erste autorisirte, erschien seit 1540 wiederholt mit einer Vorrede von Cranmer. 1539 gab auch Richard T averner (im Anschluss an Matthew) eine englische Bibel mit Noten heraus''). Wenn 1539 (VII) Coverdale's Bibel und 1546 (IX) sein N. T. verboten werden, so sind das also nicht autorisirte Ausgaben. In No. VIII werden auch Th. Matthews Table, glosses marginal and pre- face before the Ep. ad Rom. in einer „jenseit des Meeres ohne Privileg" gedruckten Bibel verboten.

George Joye (alias Clerk, im Rom. Ind. seit S. als Georgius Toye Bedfordiensis; Fris., aus dem S. den Namen abschrieb, hat (x. Joye, was im Rom. Ind. erst Ben. wiederhergestellt), und William Roye (auch Friar Roye, früher Observant, 1531 in Portugal ver- brannt, nicht im Rom. Ind.) halfen an Tyndalls Bibelübersetzung ; speciell werden verboten: Supper of the Lord by G. Joye und Book of Friar Roye against the seven sacraments.

Von John Frith (1533 zu London verbrannt) werden speciell verboten: Disputation of Purgatory gegen Sir T. More, mit dem er auch Streitschriften über das Abendmahl ^) wechselte. Unter dem Namen R. Brightwell gab er heraus : The Revelation of Antichrist. Antithesis wherein are compared together Christ's acts and our hol}^

1) Strype I, 1. 171.

2) Ranke, Engl. Gesch. (WW.) IV, 29.

3) Der Löwener Theologe Jao. Latomus schrieb 1542 Confutationum adv. Guil. Tindalum 11. 3. Opp. Lov. 1550, f. 182.

4) Blunt I, 510. Dixon I, 455, 519. II, 74.

5) Dixon I, 163.

Coverdale, Rocrers u. a. 95

fathers the Pope's, 1.'29. 103 Bl. 16. Das ist ohne Zweifel die Revelation of Antichrist, welclie 1530 verboten und speciell cen- siirirt wurde (III), wohl eine Bearbeitung von Luthers „Offenbarung des Endchrists aus dem Propheten Daniel w^ider Catharinum", Witt. 1524, die schon in No. I als The Eev. of Antichrist of Luther verboten wird ; die Antithesis ist vielleicht eine Bearbeitung von Luthers „Passional Christi und Antichristi'^, 1521.

Dr. Eobert Barnes, früher Prior der Augustiner zu Cambridge, 1540 zu London verbrannt, ist derselbe, der sich 1530 35 zu Wittenberg aufhielt und dort auch unter dem Namen Antonius An- glus schrieb. In No. VIII wird The book of Friar Barnes twice printed, ohne nähere Bezeichnung, verboten*).

John Bale, später Bischof von Ossory, wird in No. VII auch als Haryson und Henry Stalbridge erwähnt, unter welchen Namen er Broschüren schrieb, Thomas Beacon (Becon) als Theodore Basil oder Baselle ^).

Von William Turner und Eichard Tracy werden keine Schriften speciell verboten "'^). In dem Namenverzeichniss No. VII kommen noch vor John Groughe wie es scheint, ein Buchhändler^), Eoderick Mors, ein Name, unter dem Henry Brinklow schrieb^) und (James) Sawtry, der Verfasser der Defense of the mariage of priests against Stephen Gardiner, 1541.

Die Bischöfe Hugh Latimer und John Hooper stehen neben Th. Cranmer natürlich erst in dem Verzeichnis» von 1555 ; nur hier auch Hale's Chronicle, d. i. Edwin Halle's Chro^icle, zuerst 1548 nach seinem Tode gedruckt.

In No. I und mehreren folgenden Verzeichnissen, auch in der Proclamation von 1530 wird verboten (in No. III kurz censurirt) A Supplication of the beggars compiled b}^ Symon Fyshe (Fish, einem irreligiösen Advocaten von Gray 's Inn), eine an den König gerichtete Klage der Bettler, dass die ihnen zukommenden Almosen den faulen Mönchen zufielen, mit derben Bemerkungen über Feg- feuer und Ablass. Sir Thomas More schrieb dagegen The Suppli-

1) The whole works of W. Tyndale, John Frith and Dr. Barnes, three worthy martyrs. Lond. 1753. fol.

2) Seine Schriften wurden 1563 fol. gedruckt, theilweise in 2 Bänden von der Parker Soc. herausgegeben.

8) Von letzterm führt Lowndes 2704 zwei kleine Schriften an, von ersterm u, a. (2726) Comparison between the old learning and the new, translated out of latin, 1537. Novae doctrinae ad veterem collatio ürbani Rhegii, in No. II und sonst verboten.

4) Cal. of St. P. 4073 (1528).

5) Henry Brincklows Complaynt of Roderick Mors and The Lamen- tacyon of a Christen . . . made by Roderigo Mors. (Early Engl. Texts. Extra Series vol. 22).

96 Verordnungen und Büclierverbote in England.

cation of soules, 1529 '), Gregen More und seinen Verwandten Rastal, Bischof von Rochester, schrieb dann J. Frith A disputation of Purgatory (s. o.). Die Schrift von Fish wurde 1530 auch von der Sorbonne censurirt und wird von Nie. Sanderus, De schismate anglicano (1587) 1.1, p. 73 ausführlich besprochen ; in den Römischen Indices steht auffallender Weise Fish nicht.

In mehreren Verzeichnissen kommen folgende Schriften ohne Nennung der Verfasser vor: ein Bericht über das Verhör der Wy- cleffiten Sir John Oldcastle und W. Thorpe durch den Erzbischof Thomas Arundel um 1400 -) (s. o. S. 36); The burying of the mass in english rhyme^); A Dialogue betwixt the gentleman and the plowman; A book against St. Thomas of Canterbmy (Dialogus in vituperium S. Thomae quondam Archiep. Cantuar.). Die drei letzten werden von William Barlowe sein, der in seinem Widerruf im J. 1554 unter seinen Schriften aufzählt : The treatise of the burial of the mass, a dialogue between the gentleman and the husbandman und a common dialogue without any title inveighing especially against St. Thomas of Cant., mit dem Bemerken, dieser sei nicht gedruckt oder „offen publicirt", also nur heimlich in Abschriften verbreitet '*).

Charakteristisch ist das Verbot einiger Erbauungsbücher. Ein Hortulus animae in English wird schon 1531 in No. V verboten, dann wieder 1542 (No. VIII). Von letzterm Verbote wissen wir den Grrund: Der Bischof von Durham legte Cromwell eine Ausgabe von 1536 vor, worin im Kalender bei Johannis Enthauptung etwas Günstiges über Anna Boleyn gesagt zu sein scheine, was der Par- lamentsacte widerspreche, die den Kindern der Johanna Seymour die Thronfolge sichere ^). In der Censur von 1530 (No. ITI) werden bei einem Prymer Primer hiessen die englischen Gebetbücher für Laien ^) ein paar Kleinigkeiten im Kalender gerügt, dann von dem Buche selbst, dass darin die Allerheiligen-Litanei hinter den Busspsalmen und alle Hymnen und Antiphonen von der h. Jung- frau weggelassen seien. Von einem von Marshai bearbeiteten Primer wurde 1542 (No. VIII) die Vorrede verboten, wiederholt eine in

1) Dixon I, 322. Fish's Schrift ist abgedruckt in Dodd's Church History ed. M. A. Tierny, 1839, I 419, auch in Early Engl. Texts, Extra Series vol. 13, zusammen mit A Supplication of the Poor Commons von 1546 ; s. Strype I, 1, 608.

2) Lowndes 2677.

3) Vielleicht eine Uebersetzung von Nie. Manuels „Tod und letzter Wille der Messe", oder von ,,Die kranke und sterbende Messe" 1523 (nach zwei Ausgaben abgedruckt bei Strobel, N. Beitr. 1, 2, 24, vgl. Wiedemann, Eck S. 368). Es kann aber auch eine Originalarbeit sein, denn dieses Thema war damals sehr beliebt.

4) Strype III, 1, 242. 5) Strype I, 1, 444; I, 2, 274. 6) Dixon II, 360.

I

Verordnungen von Eduard VI. und Elisabeth. 97

diesen Primer aufgenommene Auslegung des Credo und der zehn Gebote unter dem Titel A Dialogue between the father and the son ^). 1545 erschien ein Primer, den Heinrich YIII. fortan allein zu gebrauchen gebot, englisch und lateinisch als Orarium s. libellus precationum per Regiam Maj. et Clerum latine editus ^).

Von den festländischen Schriften in den englischen Indices muss eine hier erwähnt werden, weil sie auffallender Weise in an- deren Indices nicht vorkommt: De veteri et novitio Deo (No. VI), Book of the old Grod and new (No. IV); es ist die dem Paulus Elias zugeschriebene Schrift: „Vom alten und neuen Gott, Glauben und Lehr", 1521 (44 Bl. 4), lateinisch von Hartmann Dulichius: De veteri et novitio Deo, de veteri et nova fide doctrinaque, sive origo idololatriae, 1522 ^).

Aus der Regierungszeit Eduards VI. und der Elisabeth mag hier noch folgendes erwähnt werden.

Unter Eduard VI. wurde 1547 eine Sammlung von Homilieen zum Vorlesen bei dem Gottesdienste veröffentlicht und verordnet, jeder Geistliche solle ein lateinisches und englisches N. T. und die Paraphrase des Erasmus haben und fleissig studieren. (Von letzterer erschien eben 1547 der erste Band einer englischen Uebersetzung mit einer Vorrede von Nie. Udall; der 2. Band, hauptsächlich von John Old übersetzt, erschien 1549). Der Bischof Gardiner remon- strirte dagegen und hob hervor, dass die Homilieen und die Para- phrase einander widersprächen*). 1549 wurde der ausschliess- liche Gebrauch des Communion-Book angeordnet und den Bischöfen aufgetragen, die lateinischen liturgischen Bücher von Sarum, Lin- coln, York u. s. w. unbrauchbar zu machen, to deface and abo- lish them, that they never after may serve to any such use^).

Elisabeth beauftragte 1564 den Bischof von London, die ankom- menden Schiffe nach „aufrührerischen und verleumderischen Büchern'' durchsuchen zu lassen 6). Durch eine Proclamation vom J. 1588 wurde unter Androhung von Strafen befohlen, , aufrührerische und schismatische Bücher, Schmähschriften und andere phantastische Schriften" an die Bischöfe abzuliefern, und verboten, solche zu drucken^). Speciell verboten wurde 1579 eine unter dem Titel

1) Strype I, 1, 340. Dixon I, 37. Auch Mattens and evening songs, seven psalms etc. in No. IV ist ein Primer oder ein Theil eines solchen.

2) Dixon 11, 362.

3) In Deutschland erschienen viele Ausgaben davon: auf dem Titel steht auf der einen Seite der Papst mit einigen Kirchenvätern und Aristoteles, unten Cajetan, Prierias, Eck und Faber, auf der andern Seite der dreieinige Gott mit den vier Evangelisten, Paulus und Luther, und dem entspricht der Inhalt. Wiedemann, Eck S. 368. A. v. Dommer No. 98.

4) Wilkins IV, 6. Dixon II, 422. 451.

5) Wilkins IV, 37.

6) Wilkins IV, 250. 7) Wilkins IV, 340. Rousoh, Index. «

Bücherverbote in den Niederlanden.

The gapping gulf erschienene Broschüre über die damals geplante Yerheirathung der Königin mit dem Herzog von Anjou; zugleich wurde der Erzbischof von Canterbury angewiesen, durch Predigten die durch diesen Heirathsplan hervorgerufenen religiösen Befürch- tungen zerstreuen zu lassen *). 1580 wurde gegen die von dem Holländer Heinrich Niclaes (s. u.) gestiftete Secte der Familisten, (Family of love) eingeschritten, verordnet, ihre Bücher zu ver- brennen und angedroht, wer solche Bücher drucke oder importire, solle als fautor haereseos an Leib und Gut gestraft werden').

Der Erzbischof Whitgift von Canterbury ermächtigte 1586 den Buchhändler Ascanius de Eenialme, von papistischen Büchern einige Exemplare zu importiren, unter dem Vorbehalt, dass er dieselben zuerst dem Erzbischof oder einem andern Mitgliede des königlichen Geheimen Eathes vorlegen müsse und nur an solche abgeben dürfe, die von dem Erzbischof als geeignet, sie zu lesen, bezeichnet wer- den würden, also ein Analogon zu der Römischen Index-Gesetz- gebung.

11. Verordnungen über Bficherwesen in den Nieder- landen. Bücherverbote Karls V. 1521—1550.

Um die Verbreitung der neiien Lehre in den Niederlanden zu hindern, erliess Karl V. von 1521 bis 1550 eine Reihe von Verordnungen, die in der Form von ^Placaten" iti den verschie- denen Provinzen publicirt wurden. Die Gesetzgebung wurde allmählich immer strenger. Philipp II. hat die Ketzergesetze seines Vaters nicht wesentlich vermehrt oder verschärft, vielmehr nur bestätigt und neu eingeschärft-).

Bezüglich des Bücherwesens enthalten diese Gesetze fol- gende allgemeine Bestimmungen^):

1) Wilkins IV, 297.

2) Gachard, Corresp. de Philippe II. sur las affaires des Pays-Bas, 1848, I, p. CV.

3) Die meisten Placate sind abgedruckt in Tweeden Druck van den eersten bouck der Ordonancien, Statuten, Edicten efi Placcaerten soo van weghen der Keyserlijke en Koninghlijke Maiesteyten . . . Ghendt 1639* (in Heidelberg, über 800 S. fol.), im Folgenden mit Place, citirt. Vgl. Alex. Henne, Hist. du Regne de Charles Quint en Belgique, 1859, IV, 303. Brandt, Hist. der Ref. I, 99. J. G. de Hoop Scheffer, Geschie-

Bücherverbote in den Niederlanden. ÖÖ

1. Nachdem das Wormser Edict von 1521 in den Nieder- landen publicirt worden, wurde wiederholt zum Verbrennen oder zur Ablieferung der ketzerischen Bücher in einer bestimmten Frist aufgefoidert, unter Androhung von „Strafen an Leib oder Gut, je nach Umständen" (1524), unter Androhung der Verbannung (1526), ja des Todes (1529). 1546 wurden die Buchhändler aufgefordert, binnen acht Tagen die ketzerischen Bücher abzuliefern, Privatper- sonen, sie selbst zu verbrennen. Die Berichte aus jener Zeit sprechen von oftmaligen und massenhaften Verbrennungen von confiscirten oder abgelieferten ketzerischen Büchern.

2. Als verboten sollen nicht nur alle in den kaiserlichen Verordnungen, später auch in den Löwener Catalogen verzeichneten Bücher gelten, sondern auch alle, die seit 1520 (1529 heisst es: seit 10, 1550: seit 30 Jahren) anonym oder ohne Angabe des Druckers und Druckorts erschienen sind. Nicht verbotene Bücher, die verdächtig sind, sind den Ortsbeamten zur Prüfung vorzulegen (1526) »).

3. Es darf kein Buch ohne Erlaubniss des königlichen Rathes gedruckt oder aus dem Auslande eingeführt werden, bei Strafe des Verlustes des dritten Theiles des Vermögens und ewiger Verban- nung (1526). Wenn die Bücher von kirchlichen Dingen handeln, ist die Approbation des Bischofs oder seines Bevollmächtigten nach- zusuchen; alle Bücher bedürfen einer königlichen Erlaubniss (lettres patentes d'octroi, opene brieven); wer diese Bestimmung nicht beob- achtet (und ketzerische Bücher druckt), „soll auf einem SchafPot mit einem Eisen in Form eines Kreuzes gebrandmarkt oder ihm ein Auge ausgestochen oder eine Hand abgehauen werden nach dem Gut- dünken des Richters" (1529, 1531). Findet sich in einem ohne Erlaubniss gedruckten Buche nichts Irriges, so wird derjenige, der es hat drucken lassen, mit ewiger Verbannung und um 300 Carolus- gulden bestraft (1550). Die Druckerlaubniss ist dem Buche beizu- drucken und, ehe der Verkauf desselben gestattet ist, dasselbe noch- mals mit dem approbirten Manuscript zu vergleicben (1546).

4. Die Drucker und Buchhändler müssen den Beamten auf Verlangen ein Verzeichniss der bei ihnen vorräthigen Bücber vor- legen und diejenigen Bücher zeigen, welche sie namhaft machen; wer sich weigert, wird als der Ketzerei verdächtig behandelt (1540). In jedem Buchladen muss ein Verzeichniss der vorräthigen Bücher und ein Exemplar des Löwener Catalogs der verbotenen Bücher

denis der Hervorming in Nederland, in Studien en Bijdragen 1 und II, (1870—72). Vincent, Essai sur l'hist. del' imprimerie en Belgique, im Bull, du Biblioph. Belg. XV. XVI (2. S. VI. VII, 1850—60).

1) Im August 1547 wurde zu Harderwijk angeordnet: alle seit 1518 gedruckten Bücher, auch wenn cum gratia et privilegio darauf stehe, dem Inquisitor zu bringen, der die guten zurückgeben werde. Kerkh. Archief I (1855), 10.

100 Bücherverbote in den Niederlanden.

hangen, bei Strafe von 100 Carolusgnlden (1546). Die Buchläden sind v^^enigstens zweimal im Jahre zu visitiren; die' aus dem Ausland kommenden Bücherballen dürfen nur in Gegenwart von Beamten ge- öffnet werden (1550)1).

5. Niemand darf eine Druckerei anlegen oder Bücher ver- kaufen ohne Concession. Die Drucker müssen eidlich geloben, nicht» ohne Erlaubniss drucken zu wollen. Ausser den approbirten Buch- händlern darf niemand gedruckte Sachen, auch nicht Gebetbücher, Lieder, Kalender u. dgl. vor den Kirchen oder auf anderen Plätzen feilbieten oder colportiren (1550).

6. Für die Schulen wurden 1546 und 1550 besondere Ver- zeichnisse der ausschliesslich zu gebrauchenden Bücher ausgegeben (s. u.). Eeligiöse Conventikel u. dgl. waren mit den strengsten Strafen bedroht. Laien war es verboten über die h. Schrift zu disputiren u. s. w. Die h. Schrift zu erklären, sollte nur den von der Universität oder den Bischöfen Ermächtigten zustehen (zu dieser Bestimmung des Placats vom 29. April 1550 wurde doch in dem Placat vom 25. Sept. die Erklärung beigefügt: sie gelte nicht von denjenigen, welche sich einfach über die h. Schrift nach dem kirch- lichen Verständnisse unterhielten).

7. Wer der Ketzerei schuldig gefunden wurde, und zur Einleitung eines Processes auf Ketzerei genügte schon der Besitz oder das Lesen verbotener Bücher, konnte sich das erste Mal in den meisten Fällen durch Abschwörung retten; wurde diese ver- weigert, so sollten nach den Placaten von 1529 und 1531 Männer enthauptet, die Köpfe auf Pfähle gesteckt, Weiber lebendig begraben werden; Rückfällige, solche, die einmal abgeschworen hatten und dann zum zweiten Male der Ketzerei schuldig gefunden wurden, wurden verbrannt.

Diese Verordnungen erliess Karl V. kraft seiner landes- herrlichen Gewalt; von dem Beeret des 5. Lateran- Concils und der Bulla Coenae ist nie die Rede. Auch die Bücherverbote erliess der Kaiser, die Löwener theologische Facultät oder Uni- versität, sofern es sich nicht um Verbote bloss für ihre Ange- hörigen handelte, nur im Auftrage und mit Genehmigung des Kaisers. In einem Schreiben vom Mai 1522 erlaubte auch der Kaiser dem Franz van der Hülst, Bücher von Luther u. s. w. zu behalten, um sie zu widerlegen 2).

1) Col. de doc. ined. V, 398 wird erwähnt, die Stadt Antwerpen habe das Privileg gehabt, dass dort die Verkäufer verbotener Bücher nicht verhaftet werden durften; man habe sie, um ihrer habhaft zu werden irgendwie veranlassen müssen, aus der Stadt zu gehen.

2) Studien II, 133.

Pläcate von 1524 und 1526. 101

Eine Mitwirkung der Päpste fand dagegen statt bei der Einführung der Inquisition. Karl V. ernannte 23. April 1522 den eben erwähnten Franz van der Hülst, Mitglied des Rathes von Brabant, zum Inquisitor; Hadrian VI. bestätigte den- selben 1. Juni 1523 unter dem Vorbehalt, dass er, da er Laie sei, zwei Geistliche als Assessoren haben müsse. Auch die fol- genden Inquisitoren, die alle Geistliche waren, wurden von dem Kaiser oder seinem Statthalter ernannt, vom Papste bestätigt. 1545 erhielten die Inquisitoren eine ausführliche Instruction von Karl V. 1).

In mehreren Placaten Karls V. kommen auch specielle Bücherverbote vor. Namentlich werden in einem Placate vom J. 1529 zwölf Schriftsteller genannt, deren sämmtliche Schriften ver- boten werden, und in einer Ordonnanz von 1540 wird dieses Verzeichniss wiederholt und ein Verzeichniss von anderen ver- botenen Schriften beigefügt. Dieses Verzeichniss von 1540 ist besonders beachtenswerth, weil es nicht nur in die Löwener Indices von 1546 und 1550 und in die spanischen von 1551 an, sondern auch in die italienischen, auch in die Römischen über- gegangen ist.

1. In einem Placate für die nördlichen Provinzen vom 23. März 1524 wird constatirt, dass trotz der früheren Edicte gegen den Ver- kauf von ketzerischen Büchern einige Drucker neue Büchlein ge- druckt und verkauft und viele sie gekauft und gelesen unter dem Verwände, dass sie auf dem Titel nicht den Namen Luthers hätten, sondern einfach „Evangelium^ oder „Summe der Theologie" u. dgl. betitelt seien. Speciell verboten werden „t Ewangelie van St. Ma- theus mit die glose dair jnne gestelt (von dem Minoriten-Guardian Joh. Pelt, später Prediger in Bremen) und Die somme van die god- lycke gescriften" ^).

2. In einem Placat d. d. Mecheln 17. Juli 1526^) wird ver- ordnet, es sollen öffentlich verbrannt werden ausser den Schriften von Luther die von Pomeranus, Carolostadius, Melanthon, Eco- lampadius, Franciscus Lambertus, Jonas und seinen anderen An-

1) Sie wurde 1550 erneuert, abgedr. bei Gerdes Hist., Ref. III, Mon. p. 212. Die Ueberschrift „Inquisitionis Hispanicae formula« ist falsch ; die spanische Inquisition führte erst Philipp II. ein. In Luxemburg, Gro- ningen und Brabant wurde unter Karl V. die Inquisition nicht eingeführt. Gachard p. CVIII.

2) Studien I, 448. 3) Place, p. 133.

102 Bücherverbote in den Niederlanden.

hängern, ferner Evangelien, Episteln, Prophetieen und andere Bücher deutsch, flämisch und wälsch mit Anmerkungen oder Vorreden, welche die lutherische Lehre enthalten, und alle Bücher „ohne Titel** (anonyme Bücher), welche dieselbe Lehre enthalten.

Im J. 1526 wurde der Buchhändler Franz Birckmann zu Ant- werpen wegen des Verkaufs des 6. Bandes der Uebersetzung de^ Chrysostomus von Oecolampadius von dem Markgrafen von Ant- werpen, Nie. de Soyer verhaftet. Er wandte sich an die Eegentin mit der Vorstellung, der Verkauf des Buches sei ihm von den mit der Untersuchung der Bücher beauftragten Commissaren gestattet worden und dieses und ähnliche Bücher würden an den Universi- täten zu Paris, Köln und Löwen ungehindert verkauft. Birckmann wurde von dem Geheimen Rathe der Regentin ausser Verfolgung gesetzt, der Inquisitor Joh. de Montibus (Coppius), Decan von Löwen, aber beauftragt, die Irrthümer, die Oecolampadius etwa in seine Uebersetzung eingemengt haben möge, zu beseitigen '). 1529 wurde das Buch aber verboten (s. u.).

Unter dem 25. Mai 1527 wurde der Rath von Holland beauf- tragt, eine holländische Uebersetzung von Ecks Enchiridion locorum communium verbrennen zu lassen und zu verbieten und gegen den Drucker (weil er das Buch nicht vorher zur Approbation vorgelegt) wegen Uebertretung der Placate einzuschreiten^).

3. In einem Placat vom 14. Oct. 1529^) und in einer im wesentlichen damit gleichlautenden vom 7. Oct. 1531 datirten Or- donnanz, welche am 15. Nov. und dann alle 6 Monate publicirt werden sollte *), werden verboten die Schriften von Luther, Wyclef,

1) Bull, du Bibliophile Beige III, 49. A. Kirchhoff, Beitr. I, 112.

2) Studien II, 172.

3) Placart, en forme d'ordonnance, Statut et edit, par lequel est deffendu ätous engeneral, d'imprimer, lire, avoir ou soustenir les escrits, livres ou doctrines de M. Luther: ensemble de plusieurs aultres heretiques et livres y nommes, et aultres choses ä ce propos. Donne ä Bruxelles le 14. jour d'octobre 1529, im Bulletin du Bibl. Beige XVI (2. S. VIII, 1860) p. 110—116, flämisch Place. 107. Das Placat sollte 25. Oct. in ganz Flandern, wahrscheinlich ein gleichlautendes in den anderen Provinzen publicirt werden.

4) Es ist die zweite der drei Ordonnanzen in Les ordonnances que Lempereur en sa presence a fait lire et declairer aux gens des estatz de ses pays de par deca en leur assemblee vers sa Maieste, le 7. iour de Octobre de Pan 1531 et lesquelles ont este publiees par tous lesdictz pais le 15. de Novembre ensuyvant, Iraprime en Anvers par Vorsterman et Hooch- straten 1531. Cum gratia et privilegio* 18 Bl. 4. Die drei Ordonnanzen waren zunächst für Brabant bestimmt ; es wird aber am Schlüsse des Druckes be- merkt, ähnliche Ordonnanzen und Placate seien auch für andere Provinzen

Placat von 1540. 103

Hus, Marsilius von Padiia, Ecolampadius, Zwingli, Melanthon, Fr. Lambert, Pomeranus, Otto Brunfels, Jonas, Johannes Puperis & Groroianus (sie) und anderen Sectirern, die Neuen Testamente ge- druckt von Adrian de Berghes, Christoph von ßemonde und Joh. Zell und andere, die als häretisch von der Löwener Pacultät ver- dammt sind, ferner alle Bücher, die seit 10 Jahren gedruckt sind ohne Angabe des Verfassers, des Druckers und der Zeit und des Ortes des Druckes, dann Neue Testamente, Evangelien, Episteln . . . (wie oben No. 2), endlich Bilder, wodurch (xott, die h. Jungfrau oder die Heiligen verunehrt werden.

In einer Erläuterung zu dem Placat von 1529 vom 8. Jan. 1530 heisst es: Melanchthons Dialectica und Ehetorica seien ver- boten, weil darin bedenkliche Beispiele und Lobsprüche auf Luther vorkämen ; die Grammatica sei erlaubt, es sei aber besser, Melanch- thon nicht als Verfasser zu nennen, damit die Schüler nicht veran- lasst würden, andere Schriften von ihm zu lesen. Dann werden ver- boten die 20 Homilien des Chrysostomus mit Anmerkungen und Glossen von Oecolampadius und dessen Indices (tafele) zu den Schriften des Hieronymus; letzteres Werk (also die Ausgabe des Hieronymus von Erasmus) wird nur zugelassen, wenn des Oeco- lampadius Name nicht genannt (also gestrichen) wird (und seine In- dices herausgeschnitten werden). Dann wird die Unio dissidentium verboten *).

4. Eine Ordonnanz vom 20. Sept. 1540 2) enthält dieselben Ver-

erlassen worden. Diese Ordonnanz steht flämisch Place, p. 113, auch bei Ranke, Gesch. der Ref. (WW. VI), 144.

1) Studien II, 135.

2) Orbinantien, ftatuljtcn cn cbict bc§ büorludjttgc cn onucrwonne Ä\ W. .^arülu§ bc§ uijfftc . . . gcpublicccrt inb' iicrmacrb' ftabt Dan SSrucffcI in bic |)ie[cutic üä fiiitb' Tjoügcr tnaieftcijt . . . bcn Dicrbcn bad) üäOctobcr int jacr 1540. S3i) mi Waxd ntartcn§ Santiocrpcn. 19. BI. 4. (So Petzholdt p. 137 a). Place. p. 122: Placcaet, inhoudende zeker Ordonnantien, Statuus, Verbodt ende eeuwigh Edict op de extirpatie ende abolitie van der secte der Lutherianen ende Ilerdoopers: metgaeders andere heresieu ende Ketterien etc. (es ist hier vom 22. Sept. 1540 datirt). Deutsch in: jOibnunc], Statuten ünb G'bict, tcifcr ÄaroB bc§ Sünfftcn, ^ublicivt in bcr uam()nfitcu @tat SSrüffcI, iu bciifcin jrcr 3)laic[tet (Sd)iücftcv unb Äöuifliu, ©ubcrunnt mh 9?cgcnt feiner ^abcrlanb, bcn üicrbeu €ctübrtö, ?lnno (Jt)rifti 1540. ^n 5övabanbi[c^cr )>rad) crftlid) auf?gQiu]en. S. 1. et a.* 12 Bl. 4 (München K. B.). Das Edict vom 4. Oct. enthält nichts über Bücher. Bl. 8r beginnt ein neues Edict (das oben im Text erwähnte): „An die zu Flandern". Bl. 12 r steht am Schlüsse das Datum: „Brüssel 20. Sept. 1540". Petzholdt p. 137a er- wähnt einen andern Druck von 1540 in 14 Bl. 4. Ein dritter Druck: Drbnung . . . 9?ibertanb. MDXLL* (München). Tplacaet vande Keyserl.

104 Bücherverbote in den Niederlanden.

böte, aucli dasselbe Büclierverzeichniss wie die von 1529 und 1531; aber nacli den drei Irenen Testamenten noch ein weiteres Verzeich- niss von verbotenen Büchern.

Die in dem Placat von 1524 verbotene anonyme Schrift hiess Summa der godliker scrifturen oft een duytsche Theologie*); sie ist wahrscheinlich zuerst 1523, dann 1526 und sonst (es sind 6 Aus- gaben bekannt) gedruckt worden. Sie steht auch in den Löwener Indices von 1546 und 50. Der Drucker, Jan Zeverts van Leyden, wurde 13. Juli 1524 zu ewiger Verbannung und Yermögensconfis- cation verurtheilt. Die kleine Schrift fand eine weite Verbreitung durch Uebersetzungen, welche in den Indices der einzelnen Länder verboten wurden: The summe of the holye scripture and ordinarye of the Christen . . . 1529 (5 Ausgaben bekannt; die Uebersetzung ist von Simon Fish), verboten in mehreren englischen Verzeich- nissen, ausführlich censurirt 1530'^); La summe de lescripture saincte et l'ordinaire des chrestiens . . . (Basel 1523, auch Genf 1544), verboten in Par, 51; El Summario de la santa scrittura et lordinario de christiani ... s. 1. et a., wohl schon vor 1535^), 1537 in Modena von einem Prediger angegriffen, angeblich in Eom 1539 verbrannt, in mehreren Inquisitionsprocessen erwähnt^), ver- boten in dem Index von Lucca, von Casa, Ven. und seit P. im Rom. Ind. (der Titel lat. Summarium Scripturae, erst seit Ben. II Som- mario della sacra scrittura). Summa totius scripturae ist eine ganz andere Schrift ; s. u.

Maiesteyt Beroerende alle heresyen, ketteryen ende verboden boucken [22. Sept. 1540]. Met die verclaringhe daer op ghevolcht [18. Dec. 1544], Haghe (geprent tot Delft 1544). 24 S. (L. D. Petit, Bibliothek van Ncderl. Pamflctten, 1882, No. 73). Die Ordonnanz steht auch in der Flacius'- sohen Ausgabe der Ordonnanz von 1550, s. u., ein Auszug bei Schel- horn, Erg. II, 387, das Bücherverzeichniss lateinisch auch bei Cochlaeus, De actis Lutheri a. 1540 (Mainz 1549, p. 300) und In Causa religionis Mise. 11. 3, Ingoist. 1545, f. 172.

1) Deutsch mit Einleitung : Die Summader h. Schrift. Ein Zeugniss aus dem Zeitalter der Reformation für die Rechtfertigung aus dem Glauben. Herausg. von K. Benrath. 1880. Vgl. dessen Aufsätze, Jahrb. f. prot. Tb. 1881, 127; 1882, 681; 1883, 328.

2) Wilkins III, 730; s. o. S. 91.

3) Neu herausg. von E. Comba, Flor. 1877, danach auch eine fran- zösiche Uebersetzung: Le sommaire de la S. Ecriture, Par. 1879.

4) Bischof Giberti von Verona liess das Sommario mit einigen Blät- tern Erläuterungen drucken; Ambr. Caterino schrieb dagegen: Resolutione Sommaria contra le conclusioni Luterane estratte d'un libretto senza Au- tore, intitolato, II Sommario dela sacra scrittura; Libretto scismatico, heretico e pestilente, Rom 1544.

Summa der scrifturen. Unio dissid. 105

Die niederdeutsche Summa ist eine Bearbeitung eines lateini- schen Buches desselben Verfassers mit dem Titel: Oeconomica christiana [in rem christianam instituens, cjuidve creditum ingenue christianum oportet, ex evangelicis literis eruta], die wohl schon 1520 verfasst, aber später als die Summa gedruckt ist*). Diese lateinische Schrift steht auffallender Weise in keinem vortridentini- schen belgischen Index, obschon der Löwener Theologe Jak. Lato- mus schon 1528 mündlich dagegen polemisirte und 1530 dagegen schrieb^). Sie findet sich nur in den englischen Indices seit 1526^), dann bei P. Tr. als Oeconomica christiana, seit S. (noch jetzt) ver- druckt Oeconomia ehr. Der Verfasser der Oeconomica und der Summa ist wahrscheinlich Henricus Bomelius (Hendrik van Bommel, um 1525 Priester in Utrecht, 1542 evangelischer Geistlicher in Wesel, t 1570), der uns später in der 1. Gl. des Rom. Ind. be- gegnen wird.

Die im J. 1530 verbotene Schrift heisst: Unio dissidentium, libellus Omnibus unitatis ac pacis amatoribus utilissimus, ex prae- cipuis Ecclesiae Christianae Doctoribus per venerabilem patrem Her- mannum Bodium selectus, Antw. 1527 u. oft. Es ist nur eine Zusammenstellung von Bibelstellen und Auszügen aus Kirchenvätern (und Beda und Bernardus), die unter 25 Loca theologica geordnet sind. Das Verbot wird mit der Bemerkung motivirt, der Verfasser liabe „von den alten Lehrern Augustinus, Hieronymus, Cyprianus nur dasjenige angeführt, was man zu Gunsten von Luthers Lehre verwenden könne, nicht das, worin sie ausdrücklich gegen Luther sprächen". Das Buch wurde schon 1529 in England verboten (s. o. S. 91) und findet sich in fast allen späteren Indices, im Lov. 46 als Unio diss. dogmatum, im Lov. 50 als U. d. d. Hermanni Bodii. Im Rom. Ind. steht H. Bodius, er hat kein anderes Buch ge- schrieben, — seit P. in der 1. Gl., in der 3. U. d. tripartita. Dieses stammt aus Par. 51, in welchem unter Herm. Bodion der ganze

1) Nach einer in Strassburg 1527 erschienenen Ausgabe herausge- geben inllet oudste Nederlandsche verboden boek, 1523. Oeconomica chri- stiana. Summa der godlijker Scrifturen. Toegelicht en uitgegeven doer Dr. J. J. van Toorenenbergen (a. u. d. T. Monumenta Reformationis Bel- gicae. T. I.), Leyden 1882. In dem Abdruck der Summa findet sich hier auch ein zweiter Theil, der erst in der Ausgabe von 1526 beigefügt ist und in den Uebersetzungen nicht steht, und eine Uebersetzung der Schrift des Oecolampadius „Das Testament Jesu Christi". Vgl. Zts. f. prot. Th. 1883, 333. 337. Ueber das Verhältniss der Summa zu der Oeconomica s. Zts. f. prot. Th. 1882, 685.

2) De fide et operibus et de votis atque institutis monasticis, Antw. 1530, abgedr. in den Opera, Löwen 1579, f. 133. Zts. f. prot. Th. 1883, 329 (Rosenthal 31, 1617).

3) Zts. 1882, 696.

106 Bücherverbote in den Niederlanden.

Titel der U. d. ex quarta recognitione, Bas. 1538 steht, dann unter den anonymen lateinischen Schriften U. d. tripartita, vielleicht eine irrthümlich unter die lateinischen Bücher gesetzte Bezeichnung einer französischen Uebersetzung in drei Abtheiiungen ; wenigstens wurde 1543 verboten: La premiere partie de TUnion de plusieurs passages de l'Ecr. S. par Herrn. Bodion ').

Dass in den Placaten seit 1529 neben Schriftstellern des Iß. Jahrhunderts ausser Wyclef und Hus auch Marsilius von Padua genannt wird, hat seinen Grrund ohne Zweifel darin, dass sein Defensor pacis (zu Basel) 1522 gedruckt war, mit einer Vorrede von Licen- tius Evangelus (wahrscheinlich Beatus Elienanus), in der gesagt wird, das Werk werde veröffentlicht, um gegen die geistlichen Ty- rannen der Gregenwart Hülfe zu bringen ^).

„Johannes Puperis & Grorcianus" ist natürlich Johann Pupper von Goch (f 1475), von dessen Schriften mehrere 1521 ff. zu Antwerpen gedruckt erschienen. Ein Freund des Erasmus, Cor- nelius Grapheus (Scribonius, de Schrijver), der Goch's Tractatus de libertate christiana (oder de lib. religionis christianae) 1520 in hol- ländischer Uebersetzung ^), 1521 lateinisch mit einer A^orrede her- ausgegeben, war nach Brüssel abgeführt worden, hatte dort 23. April 1522 eine Revocation von Sätzen, die er theils in jener Vorrede, theils mündlich geäussert, unterschreiben und dann zu Antwerpen 6. Mai 1522, an demselben Tage, an welchem dort Luthers Schriften verbrannt wurden, abschwören müssen^). Zwei Schriften von Goch^) stehen auch in einem englischen Verzeichnisse verbotener Bücher von 1529 (S. 91).

Der Druckfehler Jo. Puperis & Gorcianus" oder, wie es in dem Placat von 1531 heisst, „Jo. Puperi & Gorchianus", ist für die Geschichte des Index verhängnissvoll geworden. In den mir vor- liegenden Drucken der Ordonanz von 1540 steht „Jo. Pupuri" oder „Purpuri vnd Gortianus", bei Cochlaeus In causa rel. Jo. Pupuri et

1) Arg. Ha 135, No. 48.

2) Riezler, Literar. Widersacher S. 193.

3) Es ist kein Exemplar davon erhalten. Studien I, 116.

4) Hennes IV, 293. Die Revocatio abgedr. bei Gerdes, Scrinium antiq. VI, 497. Die revocirten Sätze betreffen Fasten, jährliche Beichte, Gelübde, die Päpste u. s. w. üllmann, Reform. I, 151. 449.

5) Dialogi [Ven. P.] lo. Gocchii Mechlin. De quatuor erroribus circa evangelicam legem exortis. [De votis et religionibus factitiis. S. 1. et a. 54 Bl. 4]. In Dei [divinae?] gratiae et christianae fidei commendationem, contra falsam et pharisaicam multorum de justitiis et meritis operum doctrinam et gloriationem, fragmenta aliquot D. Joannis Gocchii [Mech- liniensis], nunquam antehac excusa [S. 1. et a. fol.] Vgl. Clement IX, 194, wo auch die anderen alten Drucke von Schriften Gochs verzeichnet sind, üllmann, Reformat. I, 166.

Joh. V. Goch. Joh. Wessel. Neue Testamente. 107

Gorcianus", De actis Lutheri in den Ausgaben von 1545 und 1565 , Jo. Purpuri et Gortianus". Im Lov. 46 wurde richtig gedruckt: „Jo. Pupperus Gochianus" ^). Aber der italienische Index von Casa vom J. 1549 hat unter einander, also als zwei verschiedene Per- sonen, Giovanni Puperio und Gorziano, Med. Ven. Gorgianus^) und Jo. Pupperus. Die Confusion wurde noch grösser gemacht durch P., der zunächst aus Gorgianus Gorcinianus machte, und dann hinter Jo. Pupperus Gochianus noch einen Jo. Purpurei setzte. Seitdem standen diese drei Autoren, die nur Einer sind, in allen Ausgaben des Rom. Index, bis Ben. den Gorcinianus strich; Jo. Purpurei steht aber noch heute neben Jo. Pupperus im Index.

Merkwürdiger Weise findet sich in keinem der älteren belgi- schen Indices, auch nicht in dem von 1550, Johannes Wessel von Groningen (f 1485), obschon seine Hauptschriften bereits 1521 von Luther herausgegeben waren •'^), während in dem englischen von 1529 neben zwei Schriften von Joh. Goch fünf von Wessel stehen*). Erst im Med. und Ven. finden wir Wessel wieder^); im Rom. Ind. steht er seit P. in der 1. Cl. als Weselus sive Basilius Groningen, und Basilius Groningensis alias Wesselus, seit Ben. als Wesselus qui et Basilius Gansfortius Groningen. ^).

Von den drei Neuen Testamenten, die 1529, 31 und 40 ver-

1) So im Index selbst und in dem Abdruck des Verzeichnisses von 1540 am Schlüsse desselben. Im Index von 1550 steht, wenigstens in dem Abdruck Place, p. 177: „Jo. Pupperi Bochiani libri omnes".

2) Vergerio in seinen Noten zu dem Ven. meint, es sei Gorgianus quem citat Aug. in fragmentis Gregorianis (die Notiz ist aus Gesner ent- nommen^.

3) Farrago Wesseli. M. Wesseli Groningen., Lux Mundi olim vulgo dicti, rarae et reconditae doctrinae notulae aliquot et propositiones. S. 1. et a. Farrago rerura theologicarura uberrima, doctissimo viro Wesselo Groningensi autore. Witt. [1522], auch Basel 1522 und 1523. Ullmann, Reformatoren II, 673.

4) Ausser der Farrago noch Wessellus de sacramento eucharistiae et de audienda missa. Wesselli Epist. adv. M. Engelb. Lerdens, in qua tractatur, quid sit tenendum de spirituum et mortuorum apparitionibus, ac de suffragiis et celebrationibus. Tract. Wesselli de oratione et modo orandi. De Christi incarnatione, de magnitudine et amaritudine domi- nicae passionis 11. 2, Wessello Gron. autore.

5) Vesselli to. primo im Ven. wird verdruckt sein für Vesseli Groning.

6) Er hiess wahrscheinlich Joannes (seit seinem Eintritt bei den Brüdern vom gemeinsamen Leben) Wessel (lateinisch Basilius) Harmens- zoon (Hermanni filius) Gansfort (von dem Gute Gansfort bei Meppen, woher seine Familie stammte). Ullmann II, 290. Studien en Bijdragen I, 63.

108 Bücherverbote in den Niederlanden.

boten wurden, ist das erste eine 1524 bei Adriaan van Bergen *) zu Antwerpen gedruckte holländische Uebersetzung von Luthers Uebersetzung mit zwei Vorreden ^). Diese Uebersetzung wurde 1525 28 auch von anderen Druckern gedruckt; auch die Ausgaben von Christoph van Eemonde (Roemunde = Ruermunde) und Joh. Zell w^erden Abdrücke davon sein^). Casa hat wohl nicht daran^ gedacht, dass es sich um holländische Neue Testamente handelte, als er 1549 den Venetianern Novum Testamentum excussum per Adria- num de Yegia (sie) et Christoph, de remunde verbot, und auch P. hat wohl gemeint, es seien lateinische Ausgaben, als er N. T. per Adr. de Bergis et Chr. de Remunda et Zeel (sie) unter die Biblia prohibita setzte; denn Novi testamenti libri vulgari idiomate (ger- manico . . . flandrico) conscripti werden bei ihm generell verboten. Die im J. 1540 hinzugekommenen Schriften sind folgende:

1. Phrases scripturae divinae, von Bartholomaeus West- hemerus, Antw. 1539, im Lov. 50 unter dem Namen des Ver- fassers (so auch im Par. 51, mit dem vollständigem Titel: Phrases seu modi loquendi div. scripturae ex sanctis et orthodoxis scriptori- bus in studiosorum usum diligenter congestae), im Ven. wie hier ohne Namen, darum seit P. in der 3. Cl. (seit Tr. mit d. c), ob- schon Barth. Westhemerus in der 1. Cl. steht, erst seit Ben. unter dessen Namen.

2. Interpretationominum chaldaeorum. Ebenso P.Tr.; V. 51 und die folgenden spanischen Indices setzten dafür Declaratio nom. eh.; dieses kam durch S. mit d. c. neben jenem in den Rom. Ind., ausserdem noch (gleichfalls aus den span. Ind.) Hebraea, chaldaea et latina interpretatio Bibliae cum indice Rob. Stephani. Erst Ben. strich alle drei und setzte den richtigen Titel ein : Hebraea, chal- daea , graeca et latina nomina virorum , mulierum . . . quae in Bibliis leguntur, restituta cum latina interpretatione. [Locorum descri- ptio ex cosmographis.] Index praeterea rerum et sententiarum quae in iisdem Bibliis continentur. Es ist ein Anhang zu mehreren Bibel- ausgaben des Robert Stephanus, der Paris 1537 auch separat er- schien*). Der seit S. Cl. auch im Rom. Ind. stehende Index rerum omnium, quae in N. ac V. T. habentur, locupletissimus una cum hebraeorum, chald. et lat. nominum interpretatione, Ven. 1544, wird eine Nachbildung davon sein.

3. Epitome topographica Vadiani, die biblische Geo- graphie des Joachim von Watt, die unter dem Titel Epitome trium

1) Er floh 1536 nach Holland, wurde dort 1542 wegen Verkaufens ketzerischer Bücher enthauptet. Studien I, 40.

2) Schon im Aug. 1523 waren die Evangelien, einige Wochen später die Apg. und Apok. „duytsch" mit Erklärungen erschienen. Studien I, 438.

3) Studien I, 457 zählt de Hoop die Ausgaben auf, sagt aber, diese beiden seien ihm nur aus dem Verbot in den Placaten bekannt.

4) Renouard, Annales del' impr. des Etiennes p. 27. 44.

Bücher in dem Placat von 1540. 109

terrae partium etc. zuerst 1584 erschien. Unter diesem Titel steht das Buch auch im Par. 51, merkwürdiger Weise unter den anony- men Schriften (der Name Yadians kommt im Par. überhaupt nicht vor), mit der Motivirung : multos errores deprehendens in cap. Ae- gyptus et in cap. Insulae niaris mediterran ei. In Lov. 50 sind unter Joachim Vadianus auch drei theologische Schriften von ihm beigefügt. V. 51 und danach Casa haben: Yadiani Epi- tome 8. collectio locorum und Commentarii Vadiani in Pomponium Melam [Wien 1518. Paris 1530]; bei letzterm fügt Casa ausnahms- weise eine Motivirung des Verbots bei: in quibus improbatur ab- stinentia carnium, delectus ciborum et sanctorum reliquiarum vene- ratio. Im Med. und Yen. steht nur Pomponius Mela cum Joachimo Vadiano. Im Rom. Index steht Yadianus seit P. in der 1. Cl. *).

4. Paralipomena rerum memorabilium. Der Titel wurde 1550 vervollständigt: Paral. r. m. a Frederico II. usque ad Caro- luni y. historiae Ab batis Urspergensi s per quendam studiosum annexa, und ausserdem wurde 1546 und 50 beigefügt: Annotationes et scholia incerti authoris in chronica abbatis Ursp. Gemeint sind Caspar Hedio's Xoten und Anhang zu seiner bei Crato Mylius zu Strassburg 1537 gedruckten Ausgabe der dem Propst Conrad von Lichtenau (irrthümlich Abt von Ursperg genannt) zugeschriebenen Chronik ^). Yaldes, Casa, Yen. P. Tr. nahmen aber neben den An- notationes den ersten Titel auf (Yen. hat ausserdem noch Crato Mylius in Cronica Ursperg., seit P. steht Crato Mjdius in der 1. Cl.). S. Cl. corrigirten dieses nicht nach Lov. 50, sondern schrieben dessen Titel zu dem andern hinzu, noch dazu mit d. c, so dass nun Hedio's Anhang zugleich unbedingt und bedingt verboten war. Im J. 1621 erklärte die Index- Congregation: von Conradi a Liechtenau Abbatis Urspergensis Chronicon seien alle Ausgaben, auch die neueste Strassburger von 1609, nur erlaubt, wenn daraus die schon früher verbotenen Paralipomena und anderen Postillen und Zusätze und aus der neuesten Ausgabe noch die zwei Epistolae in laudem haereticorum (Dedicationen) entfernt würden ^). Dieses bedingte Yerbot. steht seitdem unter Conr. a Liechtenau. Ausser- dem steht seit Ben. nur noch im Index Paral. r. mem. a Friderico II. . . . sive seorsum sive cum Conr. a L. abb. Ursp. chronico, ohne d. c. Conrads Chronik selbst ist unbehelligt geblieben, obschon Bel-

1) In dem Antw. Exp. 1571 werden 8 Stellen angegeben, die in dem Commentar zu Mela zu streichen sind. Bei Bot. werden 6 theolo- gische Schriften von ihm verboten, die nicht theologischen (natürlich unter der Bedingung, dass der Verfasser auf dem Titelblatt als auctor damnatus bezeichnet werde) freigegeben. Die Expurgation des Commentars zu Mela füllt hier mehr als eine Foliospalte ; auch in den Briefen an Job. Faber und Rudolf Agricola sollen ein paar Stellen gestrichen werden.

2) Wattenbach, Geschichtsqu. II, 313.

3) Decretum 23 im Anhang des Index Alexanders VI.

IIÖ Bücherverbote in den Niederlanden.

larmin (De scr. eccl.) sagt, sie enthalte non paiica contumeliosa de Innocentio III. et Grregorio IX., und Flacius sie im Catalogus testium veritatis No. 294 verwerthet.

5. Historia de Germanorura origine, ebenso seit P. (noch jetzt) im Rom. Index, ist ohne Zweifel Huldrici Mutii de Ger- manorum prima origine, moribus, ... 11. 31. Bas. 1539. Bei V. 59 steht das Buch als Chronica de G. or. auctore H. Mutio ; in den späteren spanischen Indices (Sot. p. 470) wird es, allerdings stark, expurgirt.

6. Commentaria in Pitagorae poema, vollständiger Lov. 1550: Viti Amerpachii Comm. [Interpretatio duplex] in Pytha- gorae et Phocylidis poemata (Strassb. 1539). Ebenso seit P. im Römischen Index, aber mit Beifügung der Antiparadoxa [cum dua- bus orationibus de laude patriae et de ratione studiorum, Strassb. 1541] und der Historia de sacerdotio Jesu Christi [Anhang zu Jo. Chrysostomi aliquot orationes graece et lat. etc. Basel 1551]. In den spanischen Indices ist ausserdem seit V. verboten Oratio D. Epiphanii de fide catholicae et apost. Eccl. in lat. conv. cum annot. (1548). Amerpach war im J. 1540 noch Lutheraner und Pro- fessor in Wittenberg; 1543 trat er zur katholischen Kirche zurück und wurde Professor in Ingolstadt, wo er 1557 starb'). In der Vorrede zu der 2. Ausgabe seiner Erklärung des Pythagoras und Phokylides sagt er, er habe jetzt quaedam duriora et a christiana modestia et simplicitate alieniora in der 1 . Ausgabe corrigirt, und : Ecclesiae christianae catholicae et orthodoxae Judicium non subter- fugiam. In der Vorrede zu einer spätem Ausgabe vom J. 1551 sagt er: er lasse die Vorrede zur zweiten Ausgabe nochmals ab- drucken, um zu constatiren, dass schon diese corrigirt sei; er sei ver- wundert, dass sein Buch jetzt nochmals (im Lov. 1550), und zwar mit Nennung seines Namens, verboten worden; die 1. Ausgabe be- sitze er nicht mehr, aber in der 2. finde er nichts anstössiges und könnten auch die Löwener nichts finden 2). Es ist sehr auflPallend, dass nicht im Tr. das Verbot auf die 1. Ausgabe beschränkt wor- den ist.

7. Commentaria in physicam Aristotelis per Velcurionem (Erfurt 1538), Lov. 1550 unter Velcurio; seit P. steht Vel- curio (ohne Vornamen, von Ben. gestrichen) und daneben Joannes Veltkirchius s. Velcurio (aus Ven. resp. Gesners Bibliothek) in der 1. Cl., obschon er nichts theologisches geschrieben. In dem Antw. Exp. wird der oben genannte Commentar expurgirt (nach einer Aus- gabe von 1559) und das Streichen von zwei Stellen verordnet.

8. Eobani Hessi opera, genauer Lov. 1 550 : E. H. ope- rum [vielmehr poematum] farragines duae [1539]; hier ist wie 1546 beigefügt : Ejusdem Carmen additum Antonio Flaminio in Psalmos aliquot. Seit (Ven.) P. steht er in der 1. Cl.

1) K.-L. I, 705.

2) Schelhorn, Erg. II, 393.

Bücher in dem Placat von 1540. 111

9. Dominicae precationes Gryphii, dieser unsinnige Titel steht auch im Lov. 1550, und seit P. im Rom. Index (unter Pre- cationes ; V. 51 hat sogar Gryphii orationes dominicales). Der rich- tige Titel der zuerst hei Seb. Gryphius in Lyon 1530 gedruckten Schrift ist: Dom. precationis explanatio, cui adjecimus Hier. Savo- narolae meditationes in Psalmos Miserere, In te Dne speravi et Qui regis Israel. Y. 59 und nach ihm Q. haben: Dominicae precationis explicatio impressa Lugduni per Gryphium et alios. Dieses kam dann durch S. Cl. neben jenem in den Index; erst Ben. strich jenes.

10. Methodus in praecipuos scripturae divinae locosErasmi Sarcerii (1540); Catechismus, Scholia ejusdem u. s. w. (es folgen noch einige Schriften von Sarcerius). So wäre zu inter- pungiren gewesen; es ist aber hinter locos interpungirt und Erasmi Sarcerii mit Catechismus verbunden. So ist es gekommen, dass die Methodus, obschon sie im Lov. 1550 unter E. Sarcerius steht, als anonyme Schrift in P. Tr. steht; eine spätere Ausgabe desselben Werkes (von 1548) wurde dann noch, als wäre es ein besonderes Buch, als Methodi sacrae scripturae tomi duo daneben gestellt. Erst Ben. hat beide unter Sarcerius gesetzt. Im Lov. 1550 steht eine grosse Zahl von Schriften von Sarcerius ; im Rom. Index steht er seit P. in der 1. Cl.

11. De instituenda vita et moribus corrigendis Paraenesis Christop hori Hege n dorphini. Ejusdem Christiana institutio studiosae juventutis cum expositione orationis dominicae per Ph. Melanchthonera. Im Lov. 50 stehen noch einige Schriften von Hegendor- phinus; seit P. (Yen.) steht er in der 1. Cl. Diese beiden kleinen Schriften von ihm brauchten also gar nicht aufgeführt zu werden ; sie machen sich aber bis auf diesen Tag im Index sehr breit. Die zweite steht im Yen. mit dem abgekürzten Titel Christiana institutio, dann ebenso im Rom. Ind. in der 3. Cl. Die erste steht auf- fallender Weise im Par. 51 unter den anonymen Schriften als De vita juventutis inst., moribusque ac studiis corrigendis, und kam nun so durch P. auch in die 3. Cl. Endlich hat Y. 51 das, was oben aus dem Yerzeichniss von 1540 mitgetheilt ist, in folgender ungeschickter Weise wiedergegeben: Yita juventutis cum annotationi- bus seu additionibus Melanchthonis (denn ein Buch mit diesem Titel existirt nicht), und dieses ist dann in die folgenden span. Ind. und durch S. auch in den Rom. übergegangen.

12. Epitome chronicarum in latein und deutsch, Lov. 50: Achillis Gassari E. chronicorum, ist Historiarum et chroni- corum mundi Epitome velut index von dem Augsburger Arzte Achil- les Pirminius Gasser, die zuerst Basel 1532, 8, erschien, und zwar wird die auch im Par. 51 stehende Ausgabe von 1538 gemeint sein (eine deutsche Ausgabe finde ich sonst nicht erwähnt). Seit P. (Yen.) steht Gassarus in der I. Cl. (auch in den spanischen In- dices), obschon er nichts theologisches veröffentlicht hat; seine Annalen von Augsburg, in denen er sich allerdings noch mehr als in der Epitome als Anhänger der Reformation zeigt, wurden erst

112 Bücherverbote in den Niederlanden.

1595 gedruckt^). Bei V. 51 und seit S. Cl. im Rom. Ind. (noch jetzt) steht noch Epitoma chronicorum et hist. mundi velut index, primae et sec. impressionisj uhi sunt impressae atque figuratae im- peratorum imagines, wahrscheinlich auch Ausgaben desselben Werkes.

13. Annotationes Seb. Munsteri in Evang. S. Matthaei, Basel 1537.

14. „Die Comödien so neulich gespielt worden in unserer Stadt Grent durch die 19 Kammern der Rhetoriken, welche gemacht sind auf die Frage (op het refereyn) : was eines sterbenden Menschen grosster Trost sei"^). Der Wettkampf der Dichtergilden (Kammern von Rhetorica oder Rederijker), bei welchem poetische Beantwor- tungen der genannten von der Grenter Kammer gestellten Preisfrage vorgetragen wurden, hatte 12. Juni 1539 stattgefunden. Die Sache erregte Aufsehen, weil manche der Antworten „lutherisch" klangen: „Hoffnung auf die Gnade Christi, Vertrauen auf Christus allein nach dem Evangelium" u. dgl. ^).

Da solche bedenkliche Dinge bei den Rederijkers mehr vorkamen, wurde durch ein Placat vom 26. Jan. 1559 (nochmals publicirt 15. April 1587) verboten, zu spielen oder zu singen „Kamerspeelen, Baiaden, Liedekens, Comedien, Batementen, Refereinen, Speien van Zinnen oft Moraliteyt", worin Fragen, Sätze oder Materien eingemengt seien, welche die Religion oder geistliche Sachen berühren; zugleich wurde verordnet, die Spiele vorher dem Pfarrer und der Obrigkeit des Ortes zur Prüfung vorzulegen^).

Die Genter Spieler haben den Compilatoren der Indices viel Sorge gemacht. Bei V. 51 ist der Titel übersetzt: Comoediae re- praesentatae in oppido de Gante super quaestionem, Quae est major consolatio morientis, und so kamen sie durch F. in den Rom. Ind. als Comoediae super quaest. etc. Bei Y. 59 stehen sie (in der flä- mischen Abtheilung) als Ludi teutonici rithmice conscripti et Gandavi exhibiti super hac quaestione: Quod sit homini morienti maximum

1) J. Brucker, Miscellanea, 1748, p. 409. A. D. B. 8, 397.

2) Speien van zinne bij den XIX geconfirmeirde Cameren van Rhe- torijcken binnen der stede van Ghendt u. s. w., zu Gent 1539, zu Ant- werpen und später, 1564, noch einmal zu Wesel gedruckt. Catalogus der Bibl. van de Maatsch. der Nederl. Letterk. te Leiden, 1877, III, 12.

3) Jonckbloet, Gesch. der niederl. Lit., übers, v. W. Berg, 1772, I, 331. 371. 387. Zts. des Berg. Gesch.-Vereins II, 363.

4) Brandt, I, 229. Das Placat von 1587 steht im Tweeden Placaet- Bouck, inhoudende diversche Ordonnancien . . . van Viaendren 1560 1629, Gent 1629*, p. 26. Ein wenige Monate nach dem Genter Spiele in Middelburg gespieltes Stück, welches noch bedenklicher war (Jonckbloet I, 390), „Den boom der schriftueren" und „En spei van sinnen op t' derde, vierde ende vijfde capittel van het werck der Apostelen" (Jonckbloet I, 393), stehen in der flämischen Abtheilung von Lov. 46 und 50.

Löwener Indices 1546. 1550. 113

solatiiim, und durch S. kam auch dieses (neben jenem) in denEöm. Ind. (S. hat auch noch: Maxima consolatio morientis, quocunique idiomate edita, was aber Cl. strich). So haben beide Titel im Index gestanden, bis Ben. schrieb: Grandavenses Ludi s. Comoediae Gan- davi exhibitae super qu. etc.

Man sieht, die in dem Placat von 1526 aufgestellte, in dem von 1529 vermehrte Liste von Namen häretischer Schriftsteller ist in dem von 1540 nicht weiter vermehrt worden. Es sind darin auch nicht die hervorragendsten oder bedenklichsten seit 1529 er- schienenen Schriften, sondern einige, meist kurz zuvor erschienene und meist nicht theologische Schriften zusammengestellt. Diese eigen- thümliche Beschaffenheit des Verzeichnisses erklärt sich aus folgen- dem: Die Löwener Universität scheint von Zeit zu Zeit für ihre Angehörigen Verbote von neu erschienenen Büchern publicirt zu haben: in dem Placat von 1529 wird auf eine Verdammung mehrerer Uebersetzungen des N. T. durch die Löwener theologische Facultät Bezug genommen, und Valerius Andreae*) berichtet, am 22. Febr. 1540 habe die Löwener Universität in einem öffentlichen Edicte unter Androhung schwerer Strafen ihren Untergebenen geboten, be- stimmte Bücher nicht zu verkaufen, zu kaufen, (neu) herauszugeben oder zu lesen, sie vielmehr zu vernichten und zu verbrennen. Dieses Edict hat wahrscheinlich dieselben Bücher umfasst, welche in dem Placnte von 1540 verboten werden 2). Das Verzeichniss ist ja auch nicht unzweckmässig angelegt, wenn es die in den letzten paar Jah- ren im Auslande erschienenen und nach Löwen importirten Bücher, deren Verbreitung an der Universität bedenklich schien, es sind ja durchweg Bücher für Professoren und Studenten, umfassen sollte, zumal wenn ähnliche Verzeichnisse in früheren Jahren publi- cirt waren. Dagegen ist es sonderbar, dass Karl V. in einem für das ganze Land bestimmten Placate dem Verzeichnisse von 1529 keine bessere P'ortsetzung zu geben wusste, als diesen einige Mo- nate vorher publicirten Schulmeister-Index, nur die Genter Spiele hat er ohne Zweifel selbständig beigefügt, und dass durch sein Placat dieses Löwener Verzeichniss zu einem integrirenden Bestand- theil des Römischen Index bis auf die neueste Ausgabe desselben geworden ist.

12. Die Löwener Indices von 1546 nnd 1550.

1. Im J. 154G stellte die Löwener theologische Facultät einen „Catalog" von verbotenen Büchern zusammen, das erste derartige Verzeichniss, welches mit Rücksicht auf seinen Um-

1) Fasti acad. Lov. 1650 p. 360.

2) A. Heynians, De ecel. librorum in Belgio prohib. p. 134.

Keusch, Index. g

114 Löwener Indices 1546. 1550.

fang und seine Anordung als ein eigentlicher Index bezeichnet werden kann, welcher dann auf Befehl des Kaisers gedruckt und dessen Beobachtung durch ein Placat vom 31. Juni 154G eingeschärft wurde '). Dieser Index enthält 1. ein Verzeichniss von lateinischen, duytschen (niederdeutschen) und waischen (fran- zösischen) Bibeln und Neuen Testamenten, 2. ein alphabetisches Verzeichniss von lateinischen Büchern, 3. ein Verzeichniss von duytschen und hoogduytschen und waischen Schriften, endlich 4. die in dem Placat von 1540 verbotenen Bücher.

In der vom 9. Mai datirten Vorrede der Facultät heisst es: der Kaiser habe ihr aufgetragen, alle Bibliotheken und Buchläden zu untersuchen und die ketzerischen sowie die sich der Ketzerei annähernden und die für Ungelehrte gefährlichen Bücher zu be- seitigen; die von ihr verzeichneten Bücher seien also nicht alle ketzerisch oder der Ketzerei verdächtig, sondern zum Theil solche, die in dieser gefährlichen Zeit besser nicht gelesen und dem gemeinen Volke und den jungen Leuten nicht in die Hand gegeben würden. Nach einigen Bemerkungen über das Bibel- verzeichniss (s. u. S. 126) heisst es weiter: einige würden vielleicht meinen, die Facultät hätte m.ehr Bücher in das Ver- zeichniss aufnehmen sollen; aber einerseits seien ihr manche nicht zu Gesicht gekommen, und anderseits sei es zweckmässig, „mit einigen Büchern zu simulireu, damit man nicht durch zu grosse Aufmerksamkeit (curieusheyt) mehr schade als nütze"; nach den in das Verzeichniss aufgenommenen Büchern möge jeder

1) tDZanbcmcnt bcr ^ct)fcrlt)cfcr 9Ka|cftelt, iDijtgcgcucn inl' jacr 46, mct bintitulatic cnbc bcciaratic Dan bc gcrcprobccrbc boccfcn nt)e)d)ict tH) ben boctorcn in bc facnitcit üan t^^cologic in 2)uniucr[itcit Dan SocDcn: bncr borbonnontic cn bc bcücl bcr felöcr ^. 9)^ ßocDen, ©crt»QC§ Mn Soffen 1546 in jnlio. 39 951. 8. Mandement de l'iniperiale Maieste donne et publie en l'an XL VI. Avecq Catalogue, Intitulation ou declaration des livres reprouvez, faicte par Messieurs les Docteurs en sacree Theologie de Luniversite de Louvain, a l'ordonnance et commandement de la susdite Majeste Imperiale. Louvain, impr. par Servais van Sassen 1546. 39 Bl. 8. (Petzholdt p. 137 a). Ich kenne selbst nur den Abdruck Place, p. 134: Placcaet, inhaudende zeker Ordonnantien .... Ghegeuen te Bruesele, den lesten van Wedemaent 1546, dann p. 141 : Hier naer volght het Cathalogum van den verboden boucken naervolghende der voorgaende Ordonancie, bis p. inS,

Löwener Index 1546. 115

über ähnliche urtheilen. Hinter dem Index steht: die Facultät habe diese Bücher zunächst dem Kaiser als solche bezeichnet, die verdienten durch ihn verboten zu werden ; demnächst habe sie dieselben ihren Untergebenen verboten.

Dem Placate, welches diesen Index bestätigt, ist ein Ver- zeichniss der Bücher beigefügt, die in den Schulen gebraucht werden dürfen.

Die zweite Abtheilung des Index ist wie gesagt, alpha- betisch geordnet, aber bald nach den Vornamen, bald nach den Zunamen der Verfasser, bald nach den Büchertiteln; die ano- nymen Schriften sind in das Alphabet eingereiht. Zu den in dem Placat von 1540 verzeichneten Schriftstellern, deren sämmt- liche Werke verboten werden, kommen hier drei hinzu : es wer- den von Bucer, Bullinger und Brenz mehrere Schriften aufge- zählt, und dann heisst es; weil diese drei notorisch von der h. Kirche abgefallen seien, seien alle ihre Schriften als verboten anzusehen. Eine oder mehrere theologische Schriften werden verboten von 1(3, nichttheologische Schriften von 18 Verfassern '), ausserdem vier Vorreden zu patristischen Schriften, endlich ausser der Unio dissidentium noch 10 theologische und 3 nicht- theologische Schriften ohne Angabe des Verfassers. Das Verzeichniss der „deutschen" Bücher hat etwa 50 Nummern, zu denen dann noch 5 „hochdeutsche" kommen. Es ist aus dem Index von 1546 in den von 1550 tibergegangen, in welchem nur die Genter Spiele (S. 112) beigefügt sind. Sein Inhalt ist dann auch in das viel umfangreichere, alphabetisch geordnete Verzeichniss in der Antvv. App. von 1570 aufgenommen. „Wälsche" Bücher werden nur 9 verzeichnet (das letzte ist Instruction et confession de la foy, dont on use en l'Eglise de Geneve). Auch von diesen werden wir 1570 ein viel reichhaltigeres Verzeichniss finden.

2. Im J. 1549 befahl Karl V., dieses Mal nicht der theo-

1) Naiv ist die Bemerkung von Kawerau, Joh. Agricola, 1881, S. 37, über Agricola's Commentarius in Lucam, der 1525—29 wiederholt ge- druckt wurde: „Die Verbreitung die er fand, wird dadurch bezeugt, dass man auf katholischer Seite das Buch im J. 1546 der Ehre würdigte, auf den Ind. 1. pr. gesetzt zu werden". Es braucht eben nur Ein Exemplar nach Löwen gekommen zu sein.

Il6 Löwener Indices 1546. 1550.

logischen Facnltät, sondern der Universität zu Löwen, ein neues Verzeichniss der zu verbietenden und zugleich ein Verzeichniss der für den Gebrauch in den Schulen geeigneten Bücher anzu- fertigen. Die beiden Verzeichnisse wurden am 25. März 1550 in einer Versammlung der Universität definitiv festgestellt, vom^ Kaiser genehmigt und in demselben Jahre von Servaes van Sassen lateinisch, französisch und flämisch gedruckt*). Durch eine Ordonnanz vom 29. April 1550 wurde die Beobachtung des Verzeichnisses eingeschärft^). Dieser Index enthält 1.

1) Catalogi Librorum reprobatorum et praelegendorum ex judicio Academiae Lovaniensis. Cum Edicto Caesareae Majestatis evulgati. Lovanii, ex officina Servatii Sasseni. Jussu, Gratia et Privilegio Cae- sareae Majestatis. 1550. 4. (Petzholdt p. 138 b). Les Catalogues des liures reprouuez, Et de ceulx que Ion pourra eiiseigner par laduis de Luniversite de Louuain. Auec ledict & mandement de la Maieste Impe- riale. A Louuain par Seruais Sassenus Imprimeur iure. MDC* (München K. B.) 12 Bl. 4. Die Cataloghen of Inventarissen van den quaeden verboden boucken: ende van andere goede, die men den jonghen scho- beren leeren magh, na aduijs der Universitheyt van Louen. Met een Edict of Mandement der Kej'serlijcker Majesteyt. Loeven, by Servaes van Sassen 1550. 4 (Petzhold p. 138 a), abgedruckt Place, p. 170—185 (Die Ortho- graphie habe ich nach diesem Abdruck corrigirt). Die flämische Aus- gabe dieses Index von MDL ist ohne Zweifel die, welche Panzer, Ann. VII, 258 als im J. MDX erschienen anführt.

2) Orbonnnntie enbc (Sbict hc§> tcijferö ^acrlc bie V, ücrnicuiut in bcu apxü int' jaer 1550 om tcitiv))crcn cnbe tc ntjct tc brcngcn bic fcctc cnbc crruc= rcn, o^n^^'cfcn tcg:§cn t' i)ci)ÜQc ^crften=®^clüoiic cnbc tcgf)cn bic orbonnanticn nnn onfcr ntocbcv bcv l)cl)ligt)cr Stcxhn. 'äfftet bcn gatnioguc mn bcn ncrcpro- beerben cnbc ucvbobcn boccfcn: cnbc ooc! imn bcn c\0Qhcn boccfcn, bic nicn bcn iongt)en fd^ocliercn ^al niogbcn leeren, bl) abnife nan ben Ü?eetür cnbc bic nnn bcr Unit»crfitcl)t Dan Soeucn. ©eprint tc Soencn bl) ©crnac§ ©ajfenud g()e[n)ovcn Printer buer beuel ber ^ei)[crlicfev 9JiQicfteit 1550 4. (Petzholdt p. 137 b), ab- gedruckt Place, p. 157—170. Lordonnance & edict de Lempereur Charles le Quint, renouuelle au mois Davril M.CCCCC. Cincquante, pour. lextirpation des sectes et erreurs pullulez contre nostre saincte foy catho- licque et les constitutions et ordonnäces de nostre mere saincte eglise. Auec le Cathalogue des liures reprouuez & prohibez. Et aussi des bons liures qui se deburöt lire et enseigner aux ieusnes escoliers, Par laduis de Luniversite de Louuain. Imprime audict Louuain par Seruais Sassenus imprimeur Jure. Par commandement de sa Maieste*. (München K.-B)

Löwener Index 1550. 117

alphabetische VerzeidiDisse von lateinischen Schriften mit den Namen der Verfasser (nach den Vornamen geordnet), 2. ohne Angabe der Verfasser, 3. ein Verzeichniss von Bibeln und Neuen Testamenten, 4. von deutschen und wälschen Büchern (in der französischen Ausgabe: livres en thiois ou flaman und en hault aleman, und en frangais), 5. das Verzeichniss der für die Schulen zugelassenen Bücher. Die Verbote von 1540, die 1546 als Anhang beigefügt waren, sind in diesen Index eingereiht.

In der Vorrede („Rector und Universität von Löwen an den christlichen Leser") heisst es unter anderm : es seien nicht nur häretische und sehr verdächtige Bücher aufgenommen, son- dern auch solche, welche unter dem Deckmantel echter Reli- giosität das ungelehrtc Volk anlockten, aber über Papst, Cere- monien, Beichte, Messe, Heilige irrige Ansichten insinuirten ; alle Bücher seien verboten von den Hauptketzern (principaelen Ketters), von anderen nur einige ; wenn man es hart finde, dass den Studirenden Bücher entzogen würden, welche nur um einiger Irrthümer willen verboten seien, oder Bücher, die an sich gut und nur verdammt seien, weil sie von Hauptketzern verfasst

10 Bl. 4. (und 12 Bl. für die Catalogues). Eine andere Ausgabe ist ab- gedruckt im Bull, du Bibl. Beige XVI (1860), 116. M. Flacius Illyricus gab eine deutsche Uebersetzung der Ordonnanz und des Catalogs mit einer Vorrede heraus : Orbnung uiib 5!J?nnbat ilaijcr (SqvüU 2S ücniciucrt im a|)ril QUO 1550. gu au^oyvottcn ünb 5U ücrtilgcu bic ©ectcu unb Spaltung, jüc(d)c cutftaubcu finb luibbcr ünicru ()eiügcn d)riftlid)cu glauben mb luibcv bic ovbnung ünfcr SOhittcr bcr ^eiligen (^riftlid)cn ^ivd)cn. ^tcui ein 9Jcgi[tev bcr ucnuorftcncn Dnb ücrbottcncn S5üd)crn, and) non guten 33iid)evn, iv)cld)c man in bcr 6c!^ulcn lefcn mag. ^tcm eine SSermanung bc§ Otcctorö bcr Uniuerfitet ^u Si)ucn. ^tem ein anber .^cii'crö 3)lanbat, üon bem felbigen |)anbcl in 40 jar auSgangcn. Xran^fcrirt au^' einem gcbrudten 33rabanbi[d)en (Si'emphu-. S. 1. et a, (walir- scheinlich Magdeburg 1551). 34 Bl. 4 (zwei verschiedene Drucke*, München K. B.) Im wesentlichen mit dieser Ordonnanz gleichlautend, aber einige Milderungen enthaltend ist die vom Sept. 1550: Ordonnance et Edict de Lempereur Charles le Quint, renouuelle en sa cite imperiale Daugsbourg^ au mois de septembre M.CCCCC. cinquante, pour lextirpation des sectes et conservation de nostre saincte foy catholique. Louvain, S. Sassenus. 12 Bl. 4.* (München K.-B.) ~ Ordonnantie ende Edict des Keysers Kaerle V. vernieuwt in de Keyserlijke stadt van Augspurgh Sept. 1550. Loeuen by Servaes Sassenus. 12 Bl. 4. (Petzholdt p. 138 a), abgedr. Place, p. 171.

118 Löwener Indices 1546. 1550.

oder aus dem Hebräischen, Griechischen oder Chaldäischen in's Lateinische übersetzt oder in der Originalsprache, aber mit Vorreden, Anmerkungen u. dgl. herausgegeben seien : so möge man wissen, dass dem Vernehmen nach der Kaiser beabsichtige, dergleichen Blicher durch Commissare, die er für das Bücher- wesen bestellen werde, genauer prüfen zu lassen und sie even- tuell für die Studirenden frei zu geben; bis dahin sei aber das Verbot zu beobachten; auch sei es niemand gestattet, selbst die Namen der reprobirten Autoren oder ihre Vorreden u. s. w. aus den Büchern zu entfernen und sie so zu behalten, da jenes dem Kaiser oder seinen Commissaren vorbehalten bleibe.

Die „Hauptketzer", von denen ohne weiteres alle Schriften verboten werden, sind zunächst die in dem Verzeichniss von 1540 genannten mit Ausnahme von 0. Brunfels, also 12, dann noch 10, von denen sehr überflüssiger Weise zuerst mehrere, zum Theil viele Schriften aufgezählt werden und dann beigefügt wird: „und überhaupt alle seine Werke", nämlich 0. Brunfels, Brenz, Bucer und Bullinger (s. o. S. 115), Ant. Corvinus, Eras- mus Sarcerius, Jo. Calvinus, Petrus Martyr Vermilius, Urbanus Regius und Wolfg. Musculus. Zu den etwas über 30 anderen Schriftstellern, von denen 1546 einzelne Schriften verboten wur- den, — bei einigen werden jetzt noch andere Schriften beige- fügt, — kommen noch ungefähr ebenso viele hinzu. Von manchen wird nur je eine, mitunter eine nicht theologische Schrift ver- boten. Das Verzeichniss der anonymen Schriften hat nur 17 Nummern, von denen die meisten schon in den Verzeichnissen von 1540 und 1546 stehen.

Der Löwener Index von 1550 wurde, wie wir sehen wer- den, 1551 von dem General-Inquisitor Valdes auch in Spanien pnblicirt und vollständig in den Index von Valdes vom J. 1559 und in die folgenden spanischen Indices aufgenommen. Die lateinische Abtheilung desselben ist auch in den Venetianischen und aus diesem in die Römischen Indices übergegangen, mit der sehr starken Modification, dass fast alle Schriftsteller, von denen die Löwener nur eine oder einige Schriften verboten, im Römischen Index in die erste Classe kamen.

Die Schriftsteller, von denen einzelne Schriften verboten wer- den, gehören fast alle Deutschland, den Niederlanden oder der deutschen Schweiz an. Von Franzosen finden wir nur Stephanus

Conr. Lagus u. a. 119

Dületus (und in der französischen Abtheilung Clemens Marot), von Italienern Beinardinus Ochinus (nur Sernio de justificatione) und Coelius Secundus Curio.

Die Formel donec corrigatur kommt in Lov. nicht vor; aber es ist etwas dieser Formel oder vielmehr den Anweisungen eines Index expurgatorius analoges , wenn nur einzelne Theile eines Werkes verboten werden, wie Gerardi Neomagi praefatio in librum Joannis Cathacuzeni contra fidem Mahumeticam, Jani Cornarii epi- stola praefixa Epiphanio recens verso, Jo. Herolt praef. in Hugonem Etherianum de Spir. scto (von Cornarius und Herolt wird nur dieses verboten), oder Vincentii Obsopoei^ Annotationes in Grraecorum epi- grammata, oder gar Eobani Hessi carmen additum Antonio Flaminio in Psalmos aliquot und Hermanni Buschii carmen additum Novo Test, per varios authores carmine red dito.

Von manchen Schriftstellern, von denen im Lov. nur einige Schriften verboten werden, ist es gar nicht auffallend, dass sie im Köm. Ind. in die 1. Cl. kamen. Es ist dieses auch bei manchen von denjenigen erklärlich, von denen im Lov. nur nicht theologische Schriften stehen, wie von Christoph Corner nur Eatio inveniendi terminum medium in syllogismo cathegorico, von Joachim Camera- rius der Commentar zu Cicero's Tusculanen, von Jo. Khellicanus der Commentar zum Julius Cäsar, von Jo. Lonicer Compendium in quosd. libros Aristotelis, denn diese haben auch theologische Sachen geschrieben. Aber anderen, von denen im Lov. einzelne Schriften verboten werden, ist doch mit der Versetzung in diel. Cl. Unrecht geschehen. Dahin gehören Männer, welche, wenn auch einige ihrer Schriften Anstoss erregten, doch nicht unter die ketzeri- schen Theologen gehören, wie Gerardus Lorichius, Jo. Philonius Dugo, Theobaldus Gerlachius Billicanus, und andere, deren haupt- sächliche schriftstellerische Thätigkeit gar keine theologische war und nur zu ganz geringen Beanstandungen Anlass bot, wie die Ju- risten Conrad Lagus und Melchior Kling und die Philologen Nicolaus Borbonius, Vincentius Obsopoeus u. a. Von einigen im Lov. stehen- den Schriftstellern wird später die Rede sein; andere werden besser gleich hier besprochen.

Von Conrad US Lagus steht im Lov. 50 (und imPar. 51) nur Juris utriusque methodica traditio. Er hat auch ausserdem nur noch eine Protestatio gegen eine ohne seinen Willen zu Frankfurt 1544 veranstaltete Ausgabe jenes Buches und eine Oratio de Piatone ver- öffentlicht. Im Antw. Exp. von 1571 wird bemerkt, es sei von jenem Buche zu Löwen 1550 eine „gereinigte" Ausgabe erschienen*).

1) Sie wird auf dem Titelblatte als repurgata ab iis, ob quae a Caesarea Majestate fuerat damnata, bezeichnet. Es sind die Stellen über Mönchsgelübde, Reservate des Papstes u. dgl. weggelassen. 1565 erschien in Löwen noch eine Ausgabe, nunc postreraum ita emaculata, ut nee ea, propter quae liber legi vetabatur, nee raendae . . . amplius offendere possint, . . per Chrph. Ghent. Im Lov. 50 ist wohl die Ausgabe Lyon

120 Löwener Indices Ibiö. 1550.

In den spanischen Indices wird diese Ausgabe ausdrücklich gestattet; aber im Rom. Ind. steht seit P. Conradus Lagtis in der 1. Cl. und zum Ueberfluss seit S. Cl. in der 3. Cl. (seit Ben. unter Lagus) Methodica j. u. tr. ohne irgendwelche Bemerkung.

Melchior Clinck super IV libros Institutionum sind M. Klings Enarrationes in lY Institution uni libros, zuerst 1542 fol. Iij dem Antw. Exp. 71 werden aber auch einige andere juristische Schriften von ihm expurgirt und speciell Stellen über das Eherecht (in den Enarrationes nur drei Stellen) gestrichen, was ja erklärlich ist, da Kling die Ansicht vertritt: das N. T. gehe dem kanonischen .Rechte vor und dieses stehe mit jenem bezüglich der Pinesterehe, vielleicht auch bezüglich anderer Punkte in Widerspruch^). Aber in Eolge des Verbotes des ersten Buches im Lov. ist Melchior Clinch durch P. in die 1. Cl. gekommen. Aus Q. kam dann durch S. noch in die 2. Cl. : Melchior Klingius (S. wird diesen für einen andern gehalten haben als M. Clinch) in praecipuos secundi 1. Decretalium titulos (1550 u. o.) et in Instit. juris civilis (nicht der im Antw. Exp. am stärksten expurgirte Tractatus matrimonalium causarum, 1553). Seit Cl. steht in der 1. Cl. M. Clinch s. Mlinch (wohl verdruckt für Klinch), und dafür hat Ben. Melchior Rinck (den Wiedertäufer, der nichts geschrieben) substituirt, offenbar willkürlich, da M. Clinch in allen älteren Indices zwischen M. Am- bach und M. Hoffmann steht, also nicht verdruckt sein kann für M. Rinck. So stehen seit Ben. nur die beiden genannten Schriften unter Klingius.

Nicolaus Borbonius Vandoperanus (Bourbon von Vandeu- ver), geb. 1503, gest. nach 1550, Philologe, der Erzieher der Jeanne d'Albret, der Tochter der Margaretha von Navarra, war nicht Protestant, und in den Index gehörten höchstens seine Nugae, von denen Bünemann sagt: graviter invectus est in raonachos et aperte prodit amorem veritatis evangelicae (sie stehen übrigens nicht im Par. 51, wo man sie doch zuerst suchen sollte). Er selbst erklärt in den Tabulae elementariae pueris ingenuis necessariae, Paris 1539 : Sunt hodie, quorum praepostero judicio inter )uovaxo)U«X£^v et 6eo- jnaxeTv parum aut nihil interest. At noverint illi, me cuivis mona- chorum ordini tam bene velle quam quisquam alius hujus temporis poetarum. Es ist jedenfalls eigenthümlich, dass er in die 1. Cl. ge- kommen ist, während Poggius, von dessen Facetiae Gresner sagt: opus turpissimum aquis et incendio dignum nemine prohibente, in- gens nefas, non semel Impressum est, und eine grosse Zahl von ähnlichen italienischen Poeten nur in der 2. Cl. stehen. Uebrigens sind Poggii Florentini et Be belli Facetiae aus dem Lov. 46 (Lov. 50 fehlt es) in den Ven. gekommen. Im Rom. Ind. stehen sie seit P. ge-

1546 gemeint, im Par. 51 steht der vollständige Titel einer Ausgabe Paris 1545, die ein Nachdruck der Frankfurter sein wird. Vgl. Th. Muther, Zur Gesch. der Rechtsw. S. 299. 412.

1) Stintzing, Gesch. der Rechtsw. T, 279.

M. Kling, Nie. Borbonius u. a, 121

trennt in der 2. Cl., letzterer als Henr. Bebelius und nicht bloss mit den Facetiae, sondern auch mit Institutio pnerorum und Trium- phus Veneris.

Von Petrus Mosellanus (Protegensis , Peter Schade aus Proteg oder ßruttig an der Mosel) wird im Lov. und in den Rom. und span. Indices unbedingt verboten Paedologia in puerorum usum conscripta, ein Büchlein mit lateinischen Gesprächen über allerlei im Gesichtskreise der Schüler liegende Gegenstände, welches zuerst zu Leipzig 1518, dann oft gedruckt wurde*). Im Ven. steht bloss Petrus Mosellanus, aber im Rom. Ind. ist er doch nicht in die 1. Cl. gekommen. Er war ein Erasmianer, seit 1514 Professor der Elo- quenz in Leipzig, als solcher hielt er im Auftrage des Herzogs Georg die Festrede vor der Leipziger Disputation von 1519, und starb dort 1524 nach dem Empfang der katholischen Sterbesacra- mente. Gegen seine Oratio de variarum linguarum cognitione pa- randa, 1518, schrieb der Löwener Theologe Jacobus Latomus (Masson) De trium linguarum et studii theologici ratione dialogus (an theologo sit necessaria trium linguarum notitia), 1519 (abgedruckt in dessen Opera, 1550, f. 157). Diese Oratio haben die Löwener aber nicht verboten. In der Paedologia konnten sie doch höchstens einzelne Stellen beanstanden ; vielleicht ist sie dadurch verdächtig geworden, dass sie von Luther und Melanchthon empfohlen wurde; vielleicht hat man aber auch nur die Ausgaben verbieten wollen, in denen Hegendorfs Dialogi pueriles beigefügt waren (Strassburg 1521 u. s. w.).

Von Henricus Cornelius Agrippa (1486 1536) werden im Lov. verboten die beiden Hauptschriften De fincertitudine et] vanitate scientiarum (1527) nebst Apologia pro eodem libro ^) und De occulta philosophia (1531), im Lov. 58 auch In artem brevem Raymundi Lulli commentaria, im Par. 51 auch De original! peccato disputabilis opinionis declamatio ad Episc. Cyrenensem und Epist. ad Michaelem de Arando, Episc. Sancti Pauli. Seit P. steht er im Rom. Ind. (auch in den span. Ind.) in der 1. Cl., was ja, obschon er seinem äussern Bekenntnisse nach Katholik blieb, wegen des wenig orthodoxen Inhalts seiner Schriften und der darin vorkom- menden Ausfälle gegen Mönche und Scholastiker und der Aensse- rungen über Bilderverelirung, Cölibat u, s. w. erklärlich ist^). Sixtus von Siena polemisirt auch scharf gegen sein Buch adversus lamiarum inquisitores "*).

Von dem gelehrten Phantasten Guilelmus Postellus steht nichts im Lov., sondern nur Annotationes incerti authoris in Guil.

1) Raumer, Gesch. der Pädagogik (3), I, 188. 0. G. Schmidt, P. Mosellanus, 1867, S. 24.

2) Apol. adv. calumnias propter declamationem de van. sc. et ex- cellentia verbi Bei sibi per aliquos Lovanienses theologistas intentatas, 1533.

3) Manche dieser Stellen in dem Buche de vanit. sind in späteren Ausgaben weggelassen; s. Clement I, 81. 87. Schelh. Am. lit. I, 517.

4) Bibloth. 1. 5, a. 73. 276.

122 Löwener Indices 1546. 1550.

Postellum de orbis terrae coiicordia, also zu der Schrift De o. t. c. libri 4 (Basel 1544, fol.), die als das beste Werk Posteis gilt. Im Par. 51 stellt nur sein Pseudonymes Werk TTavGeviuaia. Compo- sitio omnium dissidiorum circa aeternam veritatem [aut verisimili- tndinem versantium] Elia Pandocheo auctore, Bas. s. a., bei V. nur Absconditorum a constitutione mundi clavis, Bas. s. a. Im Köm. Index steht er seit P. mit seinem rechten Namen und als Hellas Pandocheus (seit Tr. mit dem Zusatz qui et Postellus) in derl.Cl. Er hatte schon 1545 zu Rom im Inquisitionsgefängnisse gesessen und war von der Venetianischen Inquisition nur freigelassen, weil sie ihn als verrückt ansah. Vor seinem Tode in einem Kloster zu Paris (1581) bekehrte er sich; das machte aber seine vielen Bücher nicht besser, von denen R. Simon sagt : II y a d'excellentes choses, parcequ'il n'avait pas toujours son acces de folie '). Dass man ihn in die 1. Cl. gesetzt, hat ihn übrigens selbst sehr geschmerzt. In einem Briefe vom Juli 1567^) schreibt er an Hosius: Grott habe, um ihn zu demüthigen, zugelassen, dass er unter vielen Schriften, die auch von der Sorbonne „discutirt" worden, permulta non satis expolita nee cordato viro digna veröffentlicht habe. So sei es ge- kommen, dass alle seine Schriften auf den Index gesetzt worden. Er denke sein bestes Werk, in welchem er weniger als in anderen geirrt, de orbis terrae concordia, umzuarbeiten; er habe früher alles dem Urtheil der Kirche unterworfen und werde das immer thuen. Er sei zwar von dem Legaten Pauls IV. und den assessores trium- viri Senatus Veneti für verrückt erklärt und „in seinen Büchern zu Rom proscribirt" worden, obschon er immer alle seine Schriften der römisch-katholischen Kirche unterworfen, aber er wolle lieber sterben als aufhören katholisch zu sein.

Von Job. Sleidanus stehen im Lov. 50 nur Orationes duae, altera ad Carolum, altera ad principes Germaniae, Strassburg 1544^); im Lov. 58 werden seine sämmtlichen Schriften verboten. Im Rom. Index steht er in der 1. Cl. nicht nur mit seinem rechten Namen, sondern auch mit dem angenommenen Baptista Las denus (so frei- lich erst seit Ben., vorher, schon im Ven., Lasdemius oder auch Lasdesmius). Unter diesem Namen waren die zwei Reden bereits 1541 und 1544 einzeln deutsch erschienen; von der zuerst er- schienenen „Oration an alle Stende des Reichs, vom römischen Nebenhaupt, im Keyserthumb erwachsen" auch eine italienische Uebersetzung : II capo finto nuovamente dalla lingua tedesca nella italiana tradotto . . Rom (?) 1544, die bei Casa und seit P. in der 3. Cl. steht*). Eine spanische Uebersetzung der lateinischen Aus-

1) Lettres I, 217. Vgl. Nie. 8, 295.

2) Cyprianus, Tabularium p. 437.

3) Zwei Reden an Kaiser und Reich von Johannes Sleidanus. Neu herausg. v. Ed. Böhmer (145. Publ. des Litt. Vereins), 1879.

4) Im Pariser Index von 1551 steht auch: D'un nouveau chef qui au temps des Empereurs s'eleva ä Rome. Livre contenant, comment et

Guil. Postellus, Jo. Sleidanus u. a. 123

gäbe, Dos informacione s muy utiles, la una dirigida a la Maje- stad del Emp. Carlo V. . . y la otra a los estados del Imperio, y agoro presentadas al Catli. Key Don Philipe . . . S. 1. (Genf) 1559, von Juan Perez *), kam erst 1 608 auf den Index.

Im Index von 1546 steht Hermannus Hessus adjunctus Bebaldo Heyden, 1550 ist beigefügt: non reprobato, also irgend eine Schrift von Hermannus Hessus, die mit einer unverfänglichen Schrift von Seb. Heyden zusam.men gedruckt war. Bei Y. 51 werden sämmtliche Schriften von Herm. Hessus verboten und seit P. steht er in der 1. Ol. Es wird Herm. Schottenius Hessus sein, von dem G-esner einige Schriften verzeichnet 2). Aber auch Seb. Heyden steht seit P. in der 1. Gl.; er hatte sich auch schon, als die Löwe- ner ihn ausdrücklich zu den auctores non reprobati zählten, der Reformation angeschlossen und schon 1524 mit dem Franciscaner Caspar Schatzgeyer eine Fehde über das Salve Regina gehabt^).

Aehnlich werden im Lov. 50 nur verboten Sententiae pueriles additae Leonardo Culman de vera religione, aber im Lov. 58 mehrere theologische Schriften von Culmann selbst, dessen Confa- bulatio . . hominis evangelici et papistici de verae religionis arti- culis schon 1545 erschienen war'*). Die Sententiae pueriles stehen übrigens seit P. ohne weitern Zusatz, als ein besonderes Buch in der 3. Gl., seit Ben.: S. p. sive seorsum sive additae libro L. C. de vera rel. ^).

Im Lov. stehen auch mehrere pseudonyme Schriften. Statt diese in die 2. Cl. zu setzen, hat P. den angenommenen Namen, und zwar in der Regel ohne Beifügung des richtigen, den man in den meisten Fällen in Rom nicht kennen mochte, in die 1. Gl. gesetzt, obschon unter diesem Namen fast ohne Ausnahme nur eine einzige Schrift erschienen war (ebenso wurde es auch mit anderen Pseudonymen gehalten) : Sententiae ex doctoribus collectae per A n- tonium An gl um [quas Papistae valde prudenter liodie damnant, Witt. 1530]. Seit Tr. ist im Rom. Ind. dem Namen Ant. Anglus beigefügt: auctor libri de origine missae. Mit seinem wahren Namen

par quels moyens s'est elevee la Papaulte, la decadence d'icelle, ses mer- veilleuses pratiques, et en sommc ce que l'on en peult de ce temps. 1543 (nicht bei Böhmer).

1) Boehmer, Bibl. Wiffen. II, 67. 90.

2) Ludus imperatorius s. caesareus, continens urabraticam imaginem herum temporum. . . . aut. H. Schotteuio Hesso, Col. 1527*, enthält einige Ausfälle gegen den Cölibat.

3) A. D. B. 12, 352. „Das Salve regina, nach dem richtscheyt, das da hayst Graphi theopneustos, ermessenn vnnd abgericht", 1524, 6 Bl. 4. (Kuczynski No. 995) wird die bei PVis. erwähnte Schrift sein.

4) Kuczynski No. 3073.

5) Es werden Culmanns Sententiae philosophicae s. versus poetarum morales in puerorum usum collecti (Nürnb. 1542, 8) sein.

124 Löwener Indices 1546. 1550.

Rofeertus Barnes steht der Verfasser seit P. in der 1. Cl. Cliaricii Cogelii religionis antiquae et vere cliristianae potissima capita, angeblich von Zwingli. Firmiani Chlori praef. et annotationes in D. Chrysostomum de dignitate sacerdotali; im Köm. Ind. seit P. F. Chi., qui et Viretus, schwerlich richtig. Philo- theus Irenaeus in Apophorismis ; das Buch heisst: En habes lector ex Ambrosio, Augustino, Lactantio et caeteris orthodoxis au- toribus Collectanea s. Aphorismos . . . per Ph. Ir. Eupolitanuni, 1542 . Seit P. steht Ph. Ir. Eupolitanus in der 1. Cl., und dann noch das einzige unter diesem Namen erschienene Buch, allerdings in der corrumpirten Form Hirenaei Tripolitani Aphorismi etc. in der 2.

Unter den anonymen Schriften steht kurzweg Onus Eccle- siae, obschon dieses merkwürdige Buch zwar zuerst anonym (Onus Ecclesiae, opus compilatum est a. 1519, sed in lucem editum . . . Landsshute 1524), aber schon in einer Kölnischen j^usgabe von 1531 als Rev. in Christo Patris ac Dni, D. Johannis olim episcopi Che- mensis . . . Onus Ecclesiae erschienen war, der Verfasser heisst freilich Berthold Pirstinger, war Bischof von Chiemsee 1508 1523 und lebte nach seiner Resignation noch bis 1543^). Audi in den Römischen Indices steht seit P. einfach Onus Ecclesiae, seit Ben. ist es, wohl nur durch ein Versehen, weggelassen.

Ausserdem sind aus dem Lov. 50 noch folgende Schriften in die 3. Cl. des Rom. Ind. gekommen:

Disputatio inter clericum et militem super potestate prae- latis Ecclesiae atque principibus terrarum commissa [sub forma dia- logi], zuerst 1475, noch mehrere male im 15. Jahrb., 1498 unter Occams Namen gedruckt, nicht von diesem, sondern unter Bonifaz VIII. wahrscheinlich 1303, vielleicht von Pierre Dubois, in Frankreich verfasst^). Im J. 1376 oder 1377 erschien, dem König Karl V. von Frankreich gewidmet, wahrscheinlich von seinem Rathe Philipp de Mazicre verfasst, die Schrift Songe du vergier (eine nächtliche Vision in einem Garten), in der bei den ersten 36 Capiteln die Disputatio, bei den folgenden meist Occams Dialoge zu Grunde ge- legt sind. Le Songe du vergier wurde schon 1481 französisch ge-

1) Bertholds, Bischofs von Chiemsee, Tewtsche Theologey. Neu herausg. von Wolfg. Reithmeier, 1852, S. IX. Döllinger im Eist. Jahrb. 1871, 360. In der Kölnischen Ausgabe sind einige kräftige Stellen weg- gelassen. Sugenheim, ßaierns Kirchen- und Volkszustände, 1842, S. 14. Die Stelle, an der er Luther erwähnt, lautet c. 10 § 1 : Ut autem indul- gentiarum aliqua habeatur notitia, referam qualiter Martinus Lutherus, etsi alias multa temerarie ac contumeliose scribere praetendit, tarnen poe- narum materiam per venias reraittendarum in quinque membra acutis- sime distinxit.

2) Riezler, die lit. Widersacher der Päpste S. 145. Schulte, Gesch. I, 371.

Pseudonyme und anonj^me Schriften, 125

druckt, lateiniscli zu Paris 1516: Aureus libellus de utraque po- testate, temporali so. et spirituali, ad hunc usque diem nunquam visus: Somnium Virida rii vulgariter nuneupatus, formam tenens dyalogi etc. *). Bei P. stehen in der 3. Cl. Disputatio (aus Lov.) und Viridarii Somnium de potestate Papae et principum saecularium (aus Med. Yen.). Seit Tr. unrichtig: Disput. . . . alias Somnium Viridarii und Somnium Virid. alias Disput. . . . und Virid. Somn. de pot. . . . Erst durch Ben. sind die richtigen Angaben wieder hergestellt: Disputatio und Libellus aureus.

Eines der vielen Curiosa in der Greschichte des Index ist, dass in den Löwener Indices, dann bei Casa, Med. Ven., seit P. im Rom. und seit V. 51 im span. Index bis auf diesen Tag (von Druck- fehlern abgesehen) unverändert steht: Anatomia excusa Marpurgi per Eucharium Cervicornum. Auf dem Titel des Buches ist der Verfasser genannt: Jo. Dryander (Eichmann), 1535 60 Prof. der Medicin und Mathematik in Marburg ^). Es ist nicht nur schwer zu sagen, warum noch jetzt das Buch verboten ist, welches nur der- jenige, der sich für Geschichte der Medicin oder des Holzschnittes interessirt, in die Hand nehmen wird, sondern auch, warum es die Löwener verboten haben ^). In Eom hat man vielleicht gemeint, es sei nicht eine anatomische Abhandlung, sondern ein ähnliches Buch wie die seit P. unmittelbar dahinter stehende Anatomia della messa.

Annotation es piae et lectu dignissimae in acta Concilii Trid., der richtige Titel ist: Acta Concilii Trid. a. 1546 cele- brati, una cum annot. [piis et 1. digniss. Item Ratio, cur qui con- fessionem Aug. profitentur non esse assentiendum iniquis Conc. Trid. sententiis judicarunt: per Ph. Melanchthonem. S. 1. (Basel) 1546].

1) Riezler S. 275. Friedberg, Zts. f. K.-R. VIII, 79. Brunet V, 439.

2) A. D. B. 5, 440. Strieder, Hess. Gel.-Gesch. HI, 237. Der Titel ist: Anatomiae, h. e. corporis humani dissectionis pars prior, in qua sin- gula quae ad caput spectant recensentur membra, atque singulae partes, singulis suis ad vivum commodissime expressis figuris, deliniantur [sie]. Omnia recens nata. Per Jo. Dryandrum medicum et mathematicum .... 1537.* 36 Bl. 4. (Es ist nur diese Pars prior erschienen). Im Liss. Ind. von 1624 steht Anatomia Jo. Dryandri Marpurgi excusa 1537, id quod opus sine nomine auctoris prohibetur in Rom. Ind. lit. A. Davon hat man aber nicht einmal unter Ben. Notiz genommen.

3) Vielleicht wegen einiger in der Vorrede vorkommenden Lob- sprüche auf den Landgrafen Philipp und wegen der Stelle: Pontificum summa decreta in aperto est quantum honoris defunctorum concedant cor- poribus. Quanto studio, ad superstitionem etiam usque pio, sepulturam hactenus excoluerit sacerdotalis ordo novimus. Tamen si uspiam bene, hie optime papistarum decretum statuit, ut medicis mortuorum corpora propter anatomicum negotium impune atque magno cum honore liceat dissecare.

126 Löwener Indices 1546. 1550.

19 Bl. 8. Nur die letztere Schrift ist von Melanchthon, die Anno- tationes zu den 6 ersten Sitzungen des Trienter Concils sind, nicht von Yergerio, sondern von dem Spanier Francisco Enzinas ^). Der Compilator des Ven. scheint das Schriftchen vor sich gehabt zu haben, hat aber Acta und Eatio besonders aufgeführt, und so stehen sie seit P. im Rom. Ind., als wären es zwei Schriften. P. nahm aus Lov. auch den ungenauen Titel Annotationes, den Ven. durch den genauem ersetzt hatte, auf, und erst Ben. hat jenen gestrichen.

Die Greographia universalis per Henricum Petri Basileae, welche aus den Löwener Indices in die Römischen übergegangen ist und noch heute so darin steht, kann nichts anderes sein als Sebastian Münsters Cosmographia universalis, 1544.

Unter den anonymen Schriften stehen hier und darum auch in den folgenden Indices auch Loci omnium fere capitum evangeliorum. Erst Ben. hat den Titel etwas berichtigt und beigefügt Opus Oltonis Brunfelsii, das Buch aber sonderbarer Weise unter Loci stehen lassen. Auch die Vitae patrum cum praefatione Lutheri sind erst von Ben. ihrem Verfasser Georg Major zugetheilt und auch unter dessen Namen gesetzt worden: Vitae patrum in usum mini- strorum verbi [repurgatae fehlt bei Ben.] c. praef. M. L. [1544]. Dagegen ist der Titel Summaria incerti authoris in Smaragdum super evangelia et epistolas totius anni tani separatim quam cum dicto authore impressa von Ben. nur etwas berichtigt worden, ob- schon man schon aus Gresner sehen konnte, dass es Caspar Hedio war, der diese Ausgabe der Postille des Abtes Smaragdus, aus dem 9. Jahrhundert, besorgte (Strassb. 1536).

Auch folgende wichtige Werke sind aus dem Lov. in den Rom. (und span.) Index gekommen: Catechismus parvus pro pueris in scholis nuper auctus, ohne Zweifel eine Ausgabe von Luthers Ca- techismus; — Christianae scholae epigrammatum 11. 2 ex variis Christ, poetis decerpti [in usum adolescentulorum], Bas. 1539, her- ausgegeben von Job. Gast, seit P. im Rom. Index zweimal, als Christ, scholae ep. und Epigr. 11. 2 ehr. sectae, bis Ben. den einen Titel strich (er hat auch d. c. beigefügt) ; Precationes biblicae, Antw. per Jo. Crinitum et Mart. Caesarem; von Ben. ist der Titel vervollständigt: Pr. b. sanctorum patrum illustriumque virorum et mulierum utriusque Test., von 0. Brunfels ; im Par. 51 unter 0 steht eine französische, im Antw. App. unter G eine flämische Ueber- setzung ; Precationes christ. ad imitationem psalmorum compo- sitae, Lyon 1545.

lieber das Verzeichniss der verbotenen Bibeln bemerkt die Vorrede der theologischen Facultät von 1546: in einigen, besonders in wälschen und deutschen, sei der Sinn durch falsche IJebersetzung oder durch Zusätze oder Auslassungen corrumpirt; andere gäben an, sie folgten der Vulgata, mengten aber Dinge aus dem Griechischen

1) Strobel, N. Beitr. V, 2, 231. Zts. f. bist. Th. 1870, 395,

J

Verbotene Bibeln. 127

ein ; in einigen sei die Uebersetzung gnt, seien aber von den Druckern scblecbte Vorreden, Noten u. dgl. beigefügt, z. B. eine Vorrede zum Job von J. Brenz, als Vorrede zu den Briefen Pauli eine Schrift von Melanchthon, ohne Nennung der Namen ; mitunter enthielten auch die Summarien zu den einzelnen Capiteln oder die Randbemer- kungen Irrthümer, wie z. B. an einer Stelle beigefügt sei : Om spyse ende dranck es niemand te verordeelen, mit Anspielung auf das kirchliche Fastengebot.

Das Verzeichniss der lateinischen Bibeln von 1546 enthält 25 Bibeln und 3 Neue Testamente, mit dem Schlüsse: „und ähnliche" ; in dem von 1550 ist nur eine Bibel (die von Rob. Stephanus von 1545 cum duplici translatione et annotationibus) beigefügt; das Ver- zeichniss ist aber hier nach den Druckorten geordnet (Paris, Lyon, Antwerpen, Basel, Zürich). Fast alle Ausgaben sind ohne Zweifel, wie der Zusatz cum ipsius indice zeigt, wegen der Indices und ähn- licher Zuthaten verboten. Mitten unter den Bibeln steht darum auch Index bibliorum impressus Coloniae in aedibus Quentellianis a. 1529. Den Schluss bilden die Biblia cum annotationibus Seb. Munsteri, Basel 1535 und Biblia ejusdem Munsteri cum . . . praefa- tione I[enr. Bullingeri , Zürich 1539. Biblia Lugd. 1542 apud Hugonem a Porta (auch bei P.) wird die Ausgabe der Biblia s. ex Sanctis Pagnini translatione sein, die bei Sand. p. 82 expur- girt wird. Sie ist von Michael Servedo besorgt, der eigenhändige Randnotizen des Verfassers benutzt, aber auch eigene Anmerkungen und eine Vorrede beigefügt hatte ^). Hinter den lateinischen Bibeln steht unter der Ueberschrift „Griechische Bibeln" Biblia graeca Argentorati apud Wolfium Cephaleum a. 1525 cum praefa- tionibus Jo. Loniceri et inscfiptionibus ac partitionibus libris biblio- rum praefixis. Von den lateinischen Ausgaben des N. T. werden verboten die von Rob. Stephanus, Paris 1543, die von Martin Me- ranus, Antw. 1541, und N. T. Antw. per Jo. Batman a. 1541 cum cujusdam doctissimi (Melanchthons, s.o.) declaratione brevi de evan- gelii et legis differentia epistolis Pauli praeposita.

In der Abtheilung „deutsche Bibeln" (Bibles en thiois ou flaman) stehen nur Antwerpener Ausgaben: von Jac. Liesveldt 1542 2), Wilh. Vorsteman 1528, 29, 44^' und 45, Heinr. Petersen 1541. Vom N. T. werden 19 Ausgaben verboten, auch meist zu Antwerpen gedruckt (3 von Liesveldt), eine zu Leyden, eine zu Köln bei Joh. Grymnich 1531, einige ohne Angabe des Druckorts,

1) Trechsel, Antitrin. I, 113. Im Liss. 81 wird die Beseitigung der „gottlosen und jüdischen" Randnoten verordnet, die von irgend einem verdammten Autor beigefügt seien, wie die zu der Psalmenstelle: Fode- runt manus meas et pedes meos.

2) Dieser Ausgabe liegt Luthers Uebersetzung zu Grunde. Liesveldt wurde 1545 hingerichtet wegen der Randnoten : „Die Seligkeit des Menschen kommt allein durch Christus" u. dgl. Gerdes, H. Ref. III, 58.

128 Kölner Synoden 1549. 1550.

eine ohne Angabe des Druckers, Ortes und Jahres, „mit einer Er- mahnung an alle Christenmenschen, fleissig das Evangelium zu lesen." In der letzten Abtheilung stehen 2 wälscbe Bibeln (Ant- werpen 1534 und 1541) und 4 Neue Testamente (eins Antw. 1540 und drei 1543).

Dem Yerzeichniss der Schulbücher ist in dem Placat von 1546 die Bemerkung vorausgeschickt: nachdem die Lebrer die Kinder das Alphabet, Pater noster, Ave Maria, den Grlauben, das Confiteor und die 7 (Buss-)Psalmen gelehrt, dürften keine anderen als die hier verzeichneten Bücher gebraucht werden. Es sind einige lateinische und griechische Grammatiken, auch die Syntaxis des Erasmus das Compendium in grammaticam, dialecticam et rhetoricam von Job. Rivius, Dialectica Caesarii, Dialectica et rhetorica Rud. Agri- colae, lateinische und griechische Classiker, Topica Boetii, auch die sonn- und festtäglichen Evangelien lateinisch, die aber nur gramma- tisch erklärt werden sollen, und die Hymni servientes tempori. In dem Verzeichniss von 1550 sind die Classiker weggelassen, die an- deren Bücher mit Beifügung von einigen neuen unter folgende Ru- briken geordnet: Grammatiker, lateinische, griechische und hebräi- sche (letztere nicht 154i5), Oratores (Rhetoriken, darunter Erasmi Copia et de conscribendis epistolis, De civilitate morum, Apophtheg- mata, Similia, Epitome Laurentii Vallae), Poetae und Dialectici. Die Universität fügt dem Yerzeichniss die Bemerkung bei : wenn jemand sich beklage, dass er mit seinen Büchern, die er heraus- gegeben oder herausgeben wolle, ausgelassen sei, so möge er sich an den Kaiser wenden.

13. Verordnungen der Kölnischen Synoden von 1549 nnd 1550.

Auf einer 1549 zu Köln unter dem Erzbischof Adolph von Schauenburg, dem Nachfolger des Hermann von Wied, gehal- tenen Provinzialsynode wurde, mit Rücksicht darauf, dass ,, einfältige und ungelehrte Pfarrer, denen es nicht gegeben ist, Reines vom Unreinen zu unterscheiden, Bücher über religiöse Dinge kaufen, wie sie ihnen eben vorkommen, namentlich solche, die anlockende Titel haben, wie die Predigten der Gegner und ihre Commentare zur h. Schrift," allen Gläubigen, nament- lich den Predigern, unter Androhung des Anathems geboten, sich nicht nur vor den Büchern zu hüten, die aus der Werk- stätte Luthers, Bucers, Calvins, Oecolampads, Bullingers, Franz Lamberts und Phil. Melanchthons gekommen sind, von denen

J

Kölner Synoden 1549. 1550. 129

es bekannt ist, dass sie alle ihre Schriften herausgegeben, um die Leute zu täuschen und vom wahren Glauben abwendig zu machen, sondern auch zu fliehen Corvinus, Capito, Brentius, Pomeranus, Pellicanus, Musculus, Sarcerius und Christoph Hegen- dorphinus, Osiander, Spangenberg, Oldendorp, Hermann Bonnus, Hedio und seine abscheulichen Supplemente (pestilentissima supplementa) zur Kirchengeschichte, das Chronicon des Sebastian Franck und was derselben Sorte (ejusdem farinae) ist, bis wir ihnen durch ein vollständigeres Verzeichniss (pleniori catalogo) die in dieser Zeit herausgegebenen verderblichen Bücher be- zeichnen werden*).

Das in Aussicht gestellte vollständigere Verzeichniss ist nicht erschienen. Bis zu dem Münchener Index vom J. 1582 ist das Kölnische Verzeichniss von 1549 der einzige in Deutch- land entstandene Index geblieben. Auf der im folgenden Jahre zu Köln gehaltenen Diöcesansynode wurden aber einige Ver- ordnungen über die Beseitigung ketzerischer Schriften und über die in den Schulen zu gebrauchenden Bücher erlassen.

Das 1549 verbotene Chronicon von Seb. Franck ist die 1531 erschienene „Chronica, Zeitbnch und Greschichtsbibel" ; mit Hedio's „Supplementen zur Kirchengeschichte" wird die Fortsetzung der Chronica Abbatis Urspergensis gemeint sein (s. o. S. 109), auf welche die Bezeichnung wenigstens besser passt, als auf die „Chronika der alten christlichen Kirchen Eusebii, Sozomeni . . . verdeiitscht" (1530) oder auf das „Chronicon Germanicum oder Beschreibung aller alten christlichen Kirchen'' (bis 1545).

Auf der im J. 1550 gehaltenen Diöcesansynode wurden die Aebte , Prälaten und Dechanten beauftragt, nachzusehen, welche Bücher Geistliche und Laien benutzten, und die „ketzerischen, ver- dächtigen oder durch Ketzer corrumpirten" zu beseitigen und die- jenigen, welche die Ablieferung derselben verweigerten, dem Erzbischof oder seinen Visitatoren anzuzeigen ^). In der auf dieser Synode pro- mulgirten Instruction für die Visitation der Erzdiöcese wird das Ver- bot der oben genannten Schriftsteller wiederholt mit dem Schlüsse : „und die Bücher aller dem Lutherthum oder irgend einer Secte An- hangenden oder der katholischen Kirche irgendwie Fernstehenden. Dieser Censur unterliegen auch die deutschen Psalmengesänge (psal- morum cantiones), welche vielfach untreu und gegen den Sinn der h. Schrift übersetzt worden sind". Dann wird die Visitation der

1) Hartzheim, Conc. Germ. VI, 537. Vgl. Zts. f. Philos. und kath. Theol. 29, 155.

2) Hartzh. VI, 617.

Bensch, Index. 9

130 Kölner Synoden 1549. 1550.

Bibliotheken , ßuchläden und Druckereien und die Coufiscation und Verbrennung der etwa gefundenen „von Ketzern herausgegebenen und von dem Kaiser oder dem Provinzialconcil verbotenen'^ Bücher angeordnet. (Das oben S. 86 erwähnte Mainzer Concil vom J. 1549 verordnet nur eine Visitation der Bibliotheken der Pfarrer und Pre- diger und die Wegnahme der dort gefundenen gefährlichen und der Ketzerei verdächtigen Bücher.) Den Buchhändlern soll ein Ver- zeichniss der verbotenen Bücher eingehändigt und eingeschärft wer- den, fortan keine Bücher zu verkaufen, die nicht gemäss den De- creten des Provinzialconcils geprüft und zugelassen seien. Zuletzt wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die häretischen Postillen namentlich den Pfarrern unter Androhung strenger Strafen verboten seien, und denselben, bis eine approbirte Postille erschienen, der Gebrauch folgender Bücher empfohlen: von den alten : Chrysostomus zu Matth., Job. und den Paulin. Briefen; der ganze Theophylakt, Chrysostomi abbreviator; Augustinus zu Job. und dessen Sermones de tempore et de sanctis, „wenn ein Separatabdruck derselben aus dem 10. Bande seiner Werke zu haben ist" ; Beda zum N. T. ; Ho- miliarius Doctorum Albini s. Alcuini; die Catena aurea des Thomas von Aquin und sein Commentar zum h. Paulus; von den neue- ren: die Postille des Lansperg, quae simplicissima est; die Sermones des Clichtoneus nebst seinem Elucidatorium in hymnos et prosas ecclesiasticas; die Postillen von Job. Eck, Hoffmeister, dem Minoriten Roy, dem F. Heinr. Helmes Grermipolitanus ; Titelmanns Psalmen- Commentar. „Auch sollte keinem Pfarrer der Damascenus fehlen" *).

Das Provinzial-Concil von 1549 bestimmt nur: es sollten in den Schulen keine obscönen, verdächtigen oder heterodoxen Bücher gebraucht werden, kein Autor, der nicht von dem Decanus Artiura der nächsten katholischen Universität oder, wenn die Schule von einer solchen entfernt sei, von einem gelehrten Prälaten oder einem andern von dem Bischof dazu bestimmten gelehrten Mann approbirt sei. Unter Androhung des Anathems wird verboten der Gebrauch solcher Bücher, die zur Irreleitung der Jugend geschrieben zu sein scheinen, wie gewisse Lehrbücher der Grammatik, Dialektik und Rhetorik, in welchen die Beispiele vielfach von den verkehrten Dog- men der Gegner hergenommen sind, damit die nichts ahnende Jugend die Dogmen der Ketzereien und Secten mit den Artes einsauge ; desgleichen gewisse Gesprächsformulare (familiarium colloquiorum formulae) voll Hass gegen den Mönchstand und voll Verachtung gegen die kirchlichen Ceremonien. Schliesslich wird die Anfertigung eines Verzeichnisses der in den Schulen zu gebrauchenden Bücher in Aussicht gestellt, welches auch den Comprovinzialbischöfen mit- getheilt werden solle ^).

In der auf der Diöcesansynode von 1550 publicirten Instruction für die Visitation der Erzdiöcese werden diese Bestimmungen wieder- holt, aber Melanchthon und Spangenberg ausdrücklich als Verfasser

1) Hartzheim VI, 640. 2) Hartzheim VI, 538.

Bücherverbote in Spanien 1521—51. 131

solcher verwerflichen Schulbücher genannt und der Bestimmung über die CoUoquia die Bemerkung beigefügt : „Von diesem Fehler sind auch einige aus des Erasmus Colloquia nicht frei, die darum auch von den Parisern getadelt worden sind." Ferner wird ein Ver- zeichniss der in den Schulen zu gebrauchenden Bücher mitgetheilt ^). Es stimmt, durchgängig mit dem Löwener vom J. 1546 überein: es fehlt aber das Compendium des Joh. Rivius, dafür werden die Grram- matik von Aldus Manutius oder von Perottus, die Dialektik von Titelmann oder Joh. Perionius und die Prodidagmata Jacobi Fon- tani empfohlen ; unter den zu lesenden Dichtern wird Terentius nicht genannt, aber Prudentius, Juvencus und Baptista Mantuanus. Son- derbarer Weise steht in diesem Kölnischen Schulplan wie in dem belgischen: an den Feiertagen sollten die Evangelien und Episteln u. s. w. „nur grammatisch" erklärt werden, in der Visitationsordnung aber: an den Sonn- und Festtagen und an den ihnen vorhergehenden Tagen sollten die „reineren" (gut lateinischen) Hymnen und Sequenzen, die Evangelien und Episteln, Psalmen, Sprüche Salomo's „katholisch und literal nach dem Verständniss der h. Väter, nicht nach dem der Lutheraner oder anderer Sectirer ausgelegt werden."

14. Verordnungen über Bücherwesen nnd Bücher- verbote in Spanien 1521—1551. Der erste Index des

Valdes 1551.

Spanien besass in der Inquisition ein geeigneteres Organ zur Unterdrückung" der Ketzerei als irgend ein Land. Von ihr gingen die meisten Verordnungen über Bücherwesen in dieser Zeit ans. Leo X. forderte durch Breven vom 20. März 1521 den Grossconnetable und den Admiral von Castilien, welche da- mals mit dem Cardinal Hadrian an der Spitze der spanischen Regierung standen, auf, das Importiren von Schriften Luthers und seiner Anhänger zu hindern. Cardinal Hadrian verordnete dann als General-Inquisitor unter dem 7. April 1521, dergleichen Schriften zu confisciren. Ein ähnlicher Befehl erging nochmals im Jahre 1523. Nachdem Hadrian Papst geworden, wurde Alfonso ManriquCj Erzbischof von Sevilla, 10. Oct. 1523 General-Inqui- sitor. Unter ihm wurde im J. 1530 die Verordnung von 1521

1) Hartzheim VI, 639. 64L

132 Bücherverbote in Spanien 1521—51.

nochmals eingescbärft, mit dem Bemerken, es würden lutherische Schriften mit falschen Titeln als Werke von Katholiken einge- schmug-gelt; auch seien mehreren Werken von Katholiken luthe- rische Noten beigefügt; die Inquisitoren wurden angewiesen, die Bibliotheken zu durchsuchen und zur Denunciation der Besitzer" von ketzerischen Büchern aufzufordern. Das Recht, den Druck von Büchern zu gestatten, wurde den Inquisitoren entzogen und der Suprema (dem obersten Inquisitionsrathe) vorbehalten. Da- gegen wurden die Inquisitoren 1531 ermächtigt, diejenigen zu excommuniciren, welche sich den Massregeln des h. Officiums widersetzten, welche ketzerische Bücher in ihren Bibliotheken oder solche gelesen hätten und welche solche Personen nicht denuncirten ^).

Von den Verhandlungen über Erasmus unter Manrique's Verwaltung wird unten die Rede sein. Ueber andere specielle Bücherverbote aus dieser Zeit haben wir keine genauere Berichte,

Im J. 1549 wurde den Inquisitoren verboten, die Erlaubniss zum Besitzen und Lesen verbotener Bücher zu ertheilen; selbst die Consultoren der Inquisition sollten verbotene Bücher, auch die- jenigen, die ihnen bei ihrem amtlichen Vorgehen in die Hände fielen, nicht lesen dürfen 2). Auch die Bulle Julius' III. vom J. 1550, worin alle bis dahin ertheilten Ermächtigungen zum Lesen verbotener Bücher zurückgenommen wurden (s. u.), wurde in Spanien publicirt.

Der Löwener Index von 1550 wurde von Karl V. dem General-Inquisitor Fernando Valdes übersandt, mit der Weisung, ihn auch in Spanien zu publiciren. Er wurde auf Befehl der Suprema mit einem Anhange, welcher die bis dahin in Spanien verbotenen Bücher enthält, abgedruckt 3).

1) Llorente, Bist, de l'Inq. I, 419. 457.

2) Llorente I, 463.

2) Catalogi Librorum reprobatorum, et praelegendorum ex iudicio Academiae Louaniensis. Cum edicto Caesareae Maiestatis euulgati. Va- lentiae, Typis Joannis Mey Flandri. M. D. LI. Mandato Domjnorum de consilio sanctae generalis Inquisitionis. 12. Bl. 4. (Von dem Exemplar in der Bibliotheca Casanatensis zu Rom habe ich eine Abschrift benutzt). Pelayo, Heterodoxos II, 700 erwähnt Drucke von Valladolid und Toledo von 1551, Seabra II, 555 einen Druck von Granada von 1552.

Index des Valdes 1551. 133

So folgt denn in diesem Index von 1551 auf den Abdruck des Löwener (f. Ur) die Ueberschrift „Catalogus librorum jam- pridem per sanctum officium Inquisitionis reprobatorum", dann ein alphabetisches Verzeichniss ähnlich dem Löwener, nur sind die anonymen Schriften mit eingereiht, zuletzt ohne neue Ueberschrift ein kleiner Nachtrag von 11 Nummern. Ein Edict der Inquisition über den Index findet sich nicht.

Einige Zeit nachher Hess die Inquisition einen neuen Index anfertigen, der aber nur in Abschrift allen Inquisitoren tiber- sandt wurde *).

Die spanische Ausgabe des Löwener Index ist nicht nur darum interessant, weil sie der erste spanische Index und die Grundlage des nächstfolgenden von 1559, sondern auch weil sie von Paul V. benutzt worden und so einiges aus ihr in den Römischen Index übergegangen ist.

Fernando Valdes wurde im J. 1547 Erzbischof von Sevilla und General-Inquisitor^). Er blieb dieses bis 1566, wo er wegen des später zu besprechenden Carranza'schen Processes auf Ver- langen Pius' V. abgesetzt wurde. Wir werden noch zwei andere von ihm (1554 und 1559) veröffentlichte Indices kennen lernen.

Einige Nummern in dem Anhange des Index von 1551 stim- men ganz auffallend jnit Nummern in dem Iudex des Casa^). Da dieser schon 1549 veröflPentlicht wurde, kann er nicht von V. 51 abhängig sein; es ist aber auch an sich nicht wahrscheinlich, dass die spanische Inquisition den Casa'schen Index benutzt haben sollte; auch würde sie in diesem Falle mehr daraus aufgenommen haben. Man muss also ein allerdings auffallendes zufälliges Zusammen- treffen annehmen oder vermuthen, dass Casa ein Verzeichniss der in Spanien vor 1549 verbotenen Bücher vorgelegen hat, welches mit dem in den Index von 1551 aufgenommenen (von Vermehrungen ab- gesehen) identisch war.

Der Anhang enthält folgende allgemeine Verbote: Bibeln (unter N nochmals : Neue und Alte Testamente) in die spanische oder eine andere Volkssprache übersetzt ; alle Gemälde, Figuren oder Bilder, wodurch die h. Jungfrau Maria oder die Heiligen veruuehrt

1) Llorente I, 464.

2) Llorente II, 134. Vicente de la Fuente, Hist. ecles. de EspaQa, 2. Ed. 1874, V, 235 erzählt von ihm, er habe als Bischof von Oviedo die Ratten excommunicirt, und entwirft auch sonst kein schmeichelhaftes Bild von seiner Persönlichkeit.

3) Es gilt dies besonders von den unten unter Enzinas, Myconius, Simon Hessus, Steph. Winton. zu besprechenden Schriften,

134 Bücherverbote in Spanien 1521—51.

oder verspottet werden (ähnlich das Edict Karls V. von 1529; nur wird dort vor der h. Jungfrau auch Gott genannt) ; alle Bücher, welche nach Ketzerei schmecken (sapientes haeresim); Bücher über Nekromantie (Nigromantia) mit Anrufung der Dämonen oder welche augenscheinlich nach Häresie schmecken; alle Bücher, welche in irgendwelcher Sprache seit 25 Jahren gedruckt oder geschrieben sind ohne Angabe der Verfasser, der Schreiber (auctores, scriptores), der Zeit oder des Ortes, wo sie geschrieben oder gedruckt worden sind (ähnlich das Edict von 1529). Dazu kommt im Nachtrag: Opera contra dietam ab Imperatore celebratam Eatisbonae a. 1541. Dieses Verbot wird veranlasst sein durch die anonyme Schrift Calvins „Les actes de la journee imperiale tenue en la cite de Kegenspourg Tan 1541 sur les differens qui sont aujourd'huy en la religion". S. 1. et a. (1542). 12*). Bei V. 59 heisst es Libri scripti contra dietam Imperialem Eatisbonae, sive carmine, sive prosa. In der Form Libri inscripti (erst seit Ben. scripti) contra diaetam Imperialem Katisbonensem ist es aus Q. durch S. auch in den Rom. Index ge- kommen.

Der Anhang enthält viele Namen und Schriften, welche auch im Lov. stehen und deren Wiederholung keinen Zweck hatte, wenn nicht die Inquisition durch das vollständige Verzeichniss der jam- pridem von ihr verbotenen Bücher zeigen wollte, dass sie viele vor den Löwenern verboten habe. Man sieht daraus, dass die In- quisition auch die Bücherverbote Karls V. von 1529 und 1540 publicirt hat ; sie sind freilich mit allerlei Fehlern abgedruckt. Jo. Brentius heisst im Anhange Bronzius, danach hat V. 59 Bren- tius vel ut alii dicunt Brontius, und der Eöui. ind. seit S. (bis Ben.) Brentius vel Brontius (in einigen Ausgaben vel Prontius). Die CoUectanea communium troporum s. scripturae, die im Lov. unter Barth. Westhemerus stehen, stehen hier als anonyme Schrift und sind als solche in der modificirten Form Collectio figurarum omnium s. scr. aus Q,. durch S. mit d. c. in den Eöm. Ind. gekommen. Bibliotheca librorum ist ohne Zweifel Gresners B. universalis. Enarrationes perpetuae Martini Musterii super quatuor evangelia; ejusdem de oratione dominica werden Luthers Enarr. epistolarum et evang. quas postillas vocant, 1521, und Explanatio dominicae ora- tionis in lat. versa, 1520, sein. Opus Osualdi Miconis in Moriam (derselbe Schreibfehler bei Casa) ist der im Lov. 50 stehende Com- mentar des 0. Myconius in evang. Marci. Von einzelnen Schrift- stellern, von denen Lov. 50 einige Schriften verbietet, werden in dem Anhang noch einige mehr verboten: von Fabricius Capito (er heisst im Lov. Wolfg. Capito) noch Institutionum hebraicarum 11. 2, von Seb. Münster Catalogus praeceptorum hebraice (auch bei Casa), d. i. Praecepta mosaica 613 cum expositione rabbinorum hebr. et lat., 1533.

1) Sie steht in keinem Index als in dem des Inquisitors Bedanis von Toulouse, § 16.

Index des Valdes 1551. 135

Von folgenden Schriften, die Valdes dem Lov. 50 beifügte, sind die Verfasser durch P. in die 1. Cl. des Eöm. Ind. gekommen:

Arecij Felicij super psalterium quod aiunt per Martinum Buce- riim fuisse compositum ist das von M. Bucer unter dem Namen Aretius Felinus zu Strassburg 1529, mit einer Widmung an den Dauphin veröffentlichte Buch Psalmorum libri 5 ad hebraicam veri- tatem versi et familiari explanatione elucidati. Bucer gab es unter dem angenommenen Namen heraus, um ihm in Frankreich und Italien Eingang zu verschaffen, wo es in der That, theilweise durch die Be- mühungen der flüchtigen Franzosen und Italiener eine weite Ver- breitung fand '). Bucer nimmt darin den Schein eines orthodoxen Schriftstellers an: Nihil omnium quae communis orthodoxorum con- sensus non recipit, affirmare volo. Es kommen aber auch pro- testantische Stellen darin vor^). Die 4. Ausgabe, (Genf) 1554 und eine französiche Uebersetzung, Genf 1553, erschienen unter Bucers Namen. Im Köm. Ind. steht Aretius Felinus seit P. (aus GA) in der 1. Gl., seit Tr. mit dem Zusatz qui et Martinus Bucerus. Vielleicht stammt Aricus confessor im Ven., Aricus bei P. aus Are- cius Felicius.

Marci Antonii Corvini CoUoquia de poenitentia et iide werden die im Lov. unter Antonius Corvinus stehenden CoUoquia theologica sein ; Marcus ist vielleicht durch das Missverstehen von M(agister) entstanden; im Eöm. Ind. hat von P. bis Ben. Marcus Ant. Cor- vinus neben Ant. Corvinus gestanden.

Michaelis Serveti, alias Michaelis Eeues, vel de Villanueva, tractatus contra trinitatem, bei Casa M. Serveto de trinitatis errore (11. 7, 1531, steht merkwürdiger Weise in keinem frühern Iudex); Ven. und P. werden den Namen M. Servetus aus Casa haben.

Simonis Essij contra Cardinalem Roffensem; ejusdem de Pon- titicis munere, bei Casa: Simone Hesso, Apol. adv. D. Eoffensem: de munere pontificis, ist Simonis Hessi Apologia adv. D. Eoffensem episc. anglicanum (John Fisher, Bischof von Eochester) super concertatione ejus cum Ulrico Veleno, an Petrus fuerit Eomae, Et quid de primatu Eom. Pontificis sit censendum. Addita est epi- stola de ecclesiasticorum pastorum authoritate et officio in subditos et subditorum in superiores obtdientia. (S. 1. et a. 26 Bl. 4). Die Schrift, 1523 verfasst, ist von Urbanus Ehegius. Im Lov. 58 wird nicht diese, sondern eine ältere und kleinere satirische Schrift verboten: Simon Hessus Luthero ostendit causas quare Luth-erana

1) Baum, Capito und Bucer S. 464. 598 L. Castelvetro, Poetica d'Aristotele, Wien 1570, f. 112 erzählt (die Stelle wurde bei der Expur- gation des Buches durch Bras. gestrichen): der Commentar sei Jahre laug unbehindert verbreitet und gelesen und empfohlen worden, selbst in Rom, bis die Inquisition den Namen des Verfassers erfahren, worauf er als pestilentialisch verdammt und verbrannt worden sei.

2) Sainjore III, 257. 271.

136 Bücherverbote in S^janien 1521 51.

opuscula a Coloniensibus et Lovaniensibus sint combusta, s. 1. et a., 1521 erschienen, auch deutsch •). Im Luccaer Index von 1545 und im Yen. steht nur der Name Simon Hessus.

Ulderici Hütten i libri omnes; Hütten stellt auffallender Weise nicht im Lov., aber auch bei Casa.

Catalogus annoram [et] principum Valerij Anselmi Rijd, Bern 1540, 99 S. fol. Nur diese Schrift war von Valerius Ans- helm gedruckt, als ihn P. in die 1. Cl. setzte. Seine deutsche Chronik, die zu den besten unserer altern Literatur gehört (Ranke, WW. 34, 149), ist erst Bern 1825 ff. gedruckt-).

Conradi alias Gotardi libri omnes ist von P. nicht aufgenom- men, aber in die folgenden span. Indices und endlich aus U. durch S. als Grothardus, qui et Conradus in den Rom. Ind. übergegangen. Ben. hat Gothardus qui et Alplionsus Conradus (Alfonso Corrado aus Mantua) ; aber dessen einziges Buch, sein Commentar zur Apo- kalypse voll Ausfälle gegen Papst und Inquisition*^), erschien erst 1560, kann also bei V. 51 nicht gemeint sein ^).

In der 2. Cl. finden Vir seit P. im Rom. Ind. folgende bei V. 51 stehende Schriften: Peregrinatio Jerusalem Petro de Urrea auctore. Den richtigen Namen hat freilich erst Ben. hergestellt ; bis auf ihn hiess er im Rom. Ind. P. de Virea. Ben. gibt den Titel spanisch; in den span. Indices steht das Buch in der lat. und in der span. Abtheilung. Stephani Winthonensis episcopi Angli de vera obedientia [oratio], die Schrift, welche der B. Gar- diner (seit Ben. steht sie unter diesem Namen) verfasste, als sich Heinrich VIII. von Rom lossagte, und welche von Capito zu Strass- burg 1536 herausgegeben wurde ^). Sie steht auch bei Casa.

In die 3. Cl. des Rom. Ind. sind aus V. 51 übergegangen : Esdrae Lamentationes Petri, ebenso P., daneben Lamentationes Petri auctore Esdra ^) ist die dem Henr. Bomelius zugeschriebene satirische Schrift Lam. Petri autore Esdra scriba olim, modo publice sanctorum protonotario, cum annotationibus seu additionibus Johannis Andreae, s. 1. et a. [1523] 34 Bl. 4^), Farrago concordantia-

1) Uhlhorn, U. Rhegius S. 30. 349. Panzer No. 1197 ff. Weller No. 1737. Wiedemann, J. Eck, S. 348.

2) A. D. B. 1, 483. Baumg. VI, 162.

3) Clement VII, 266. U. N. 1737, 530.

4) Unverständlich sind mir auch: Alphabetum theologicum (viel- leicht Alfabeto christiano von J. Valdes?), Genesis Alphonsi, in den fol- genden span. Ind. in der span. Abth. (im Rom. nur bei S.); Statera vel pondus ubi ponitur haeresis Ebion (Statera prudentum von Paulus Ricius?).

5) Schelh., Am. bist. I, 837. Dixon, Hist. of the Ch. of E. I, 429. Abgedr. im Fase. ed. Brown II, 800.

6) Dazu hat S. (nur er) den Zusatz: vel etiam sine alicujus nomine [!], quocunque idiomate impressae (es gibt keine üebersetzungen).

7) Abgedr. bei Wolf, Lect. mem. II, 284. Vgl. Jahrb. f. prot. Tb.

Index des Valdes 1551. 137

rum insignium totius Bibliae stellt im Lov. unter Barth. Westhe- merus mit dem richtigen Titel: Farr. concordantium i. t. B. locornm (1528) ; bei Casa und Ven. heisst die Schrift Farrago concordantia- rum, bei P. wie bei V. Erst Ben. hat die Sache im Eöm. Ind. wieder richtig gestellt. Liber similitud inum et dissimilitudi- num impr. Basileae a. 1542, als S. et d. liber seit P. im Rom. Ind. Ben. hat unter Jo. Gastius den richtigen Titel: Liber parabolarum sive s. et d. ex ss. patrum scriptis excerptus. Liber intitulatus Loci insigniores. Casa hat an einer Stelle: Loci insigniores, an einer andern : Loca insigniora, un certo libro cosi intitulato. Im Rom. Ind. stehen in Folge davon seit P. Loca insignia und Loci insig- niores neben einander; letzteres ist von Ben. vervollständigt: L. i. et concordantes, ex utroque Test, concinna admodum brevitate recens congesti, Scripturam ad varios usus allegaturis mire commodaturi, Strassb. 1526. 8 ^). Tragoediae ac comoedi?.e ex N. et V. T. Bas., Nie. Brylinger 1540, kam erst aus Q. durch S. Cl. in den Rom. Ind. als Comoediae ac tr. etc. Ben. gab den vollständigen Titel, aus dem der Grund des Verbotes zu ersehen : adjunctae duae lepidissimae comoediae mores corruptissimi saeculi elegantissime de- pingentes. Vitae Rom. Pontificum, Wittemb. 1536, auch im Ven., seit P. in der 3. CL, erst von Ben. unter den Namen Rob. Barnes gestellt.

V. 51 ist der erste Index, worin verboten wird Alcoranus vel alii libri in aravigo (V. 59 in arabico vel alia quacunque lin- gua) ubi sunt errores sectae Mahometicae. Noch in dem span. Ind. von 1790 wird der Koran in allen Ausgaben und Sprachen ver- boten, auch die lateinische Uebersetzung (es ist die auf Veranlas- sung des Peter von Clugny im 12. Jahrhundert gemachte) cum refiitationibus variorum, Basel, Oporinus 1543. Im Rom. Ind. wurde von P.nur diese Ausgabe verboten, vonTr. beigefügt: „und ähnliche Aus- gaben mit gottlosen Scholien und Anmerkungen; in der Volkssprache soll ihn niemand haben ohne Erlaubniss der Inquisitoren". Die Baseler Ausgabe (von Theodor Bibliander) kam dann aus Q. durch S. Cl. noch einmal in den Index (noch jetzt) unter dem andern (richtigen) Titel: Machumetis . . . ejusque successorum vitae ac doctrina ipseque Alcoran . . . adjunctae sunt confutationes multo- rum una cum M. Lutheri praemonitione etc^). Das Verbot ist also durch die „gottlosen" (impia), d. h. von Protestanten herrührenden Zuthaten des Herausgebers veranlasst und trifft den Koran selbst nicht ^). Im J. 1603 aber, also noch unter Clemens VIII. wur-

1882, 688. Erasmus erklärt Ep. 1521, er sei nicht, wie man gesagt, der Verfasser.

1) Panzer VI, 111.

2) Frey tag. Anal. 120. Baumg. IV, 236.

3) So ausführlich Raynaud, Erot. p. 34?. - Roll Controv. de mem- bris Eccl. mil. 3, 20 sagt : die Bücher der Juden und Türken seien melioris conditionis als die der Ketzer, weil jene offene Feinde der Christen seien;

138 Bücherverbote in Spanien 1521—51.

den verboten : Instructionum et rituinn sectae Mabometanae libri oranes ^), und dieses Verbot steht seitdem im Index, seit Ben. in den Decr. gen. I, 11.

Der Baseler Eath war 1542 noch strenger als die Komische Inquisition: er hatte 1536 Heinrich Petri die Erlaubniss zu einer Ausgabe des Koran verweigert ; als nun Oporinus trotzdem seine Ausgabe druckte, wurde die ganze Auflage sequestrirt; von den Ge- lehrten, welche der ßath befragte, erklärten nur einige die Ver- öffentlichung der Ausgabe für zulässig, andere, darunter sogar Seb. Münster, für unzulässig ; von den Baseler Kanzeln wurde für und gegen den Koran gepredigt, und erst als die Züricher sich förmlich für Bibliander verbürgt, und Luther sich in einem Schreiben an den ßath dafür verwendet hatte, wurde die Herausgabe seines Werkes gestattet, aber nicht der Verkauf desselben in Basel; auch durfte Oporinus nicht als Drucker und Basel nicht als Druckort genannt werden ^).

Neben dem allgemeinen Verbote der spanischen Bibeln findet sich bei V. noch Francisci de Enzinas T. N. ex graeco in hispa- num sermonem traductum (auch bei Casa, seit P. in der 1. CL). Fran- cisco de Enzinas*^), geb. zu Burgos 1520, studirte 1539 41 zu Löw^en, ging 1541 nach Wittenberg, wo er bei Melanchthon wohnte und das N. T. übersetzte. Er Hess die Uebersetzung 1543 zu Ant- werpen drucken *), widmete sie Karl V. und überreichte diesem, von dem Bischof von Jaen eingeführt, 23. Nov. 1543 ein Exemplar. Auf Betreiben des Beichtvaters Karls V., Pedro de Soto, wurde er 13. Dec. verhaftet, entkam aber l.Febr. 1545 aus dem Gefängnisse, ging zunächst wieder nach Wittenberg, lebte später zu Basel, zu

sie würden nur verboten, wenn sie Schmähungen gegen Christus enthielten oder ihre Lectürc als gefährlicii für Christen angeschen werde, wie das beim Talmud zutreffe.

1) In No.6 der Sammhing von Decreten in dem Index Alexanders VII.

2) Kirchhofer, 0. Myconius S. 351. Hagenbach, Luther und der Koran vor dem Rath zu Basel, in Beitr. zur vaterl. Gesch., Basel 1870, 9, 291.

3) Er übersetzte seinen Namen in Dryander (encina = ilex); fran- zösisch wird er du Chesne, deutsch Eichmann, flämisch van Eyck genannt (der Marburger Professor Jo. Dryander, f 1560, s. o. S. 125, hiess Eich- mann). Sein Bruder Jaime wurde 1547 zu Rom von der Inquisition ver- urtheilt und verbrannt. E. Boehraer, Biblioth. Wiffen. I, 160. Pelayo II, 219.

4) El N. T. de nuestro Redemptor J. C. etc., bei Stephan Mecrd- mann gedruckt; der Titel lautete ursprünglich El N. T. de nuestro suelo Redemptor ; Enzinas Hess sich aber von Freunden bestimmen, das Titelblatt Umdrucken zu lassen. Rom. 3, 28 war gross gedruckt. Memoircs I, 192. U, 60.

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Index des Valdes 1551. 139

Cambridge, wo ihm Cranmer eine Professur des Griechischen ver- schaffte, zuletzt zu Strassburg, f 1552. Einen Bericht über seine Verhaftung und Gefangenschaft nebst vielen anderen interessanten Mittheilungen gibt ein Buch von ilim, welches in französischer Ueber- setzung 1558 erschien: De Testat du Pays-Bas et de la religion d'Espagne par Prangois Du Chesne, und von dem das lateinische Original erst 1862 von Ch. AI. Campan herausgegeben ist: Memoires de Pr. de Enzinas, in der Coli, de mem. relatifs ä Thist. de Bel- gique.

Bei V. steht auch : Brevis et compendiosa institutio religionis Christ, hispano sermone impressa Plandriae vel Germaniae aut alibi simul cum alio libro intitolato De libertate christiana. Das ist Breve i compendiosa institucion de la rel. ehr., necessaria para todos aquel- los que con justo titulo quieren usurpar el nombre de Christo. Escripto por el docto varon Pranc. de Elao . . . Impr. en Topeja (Genf?) 1540, 349 S. 8, dabei besonders paginirt Tratado de la libertad christiana (von Luther) und Siete Psalmos penitenciales * j. Die Schrift wird Enzinas zugeschrieben; er versichert selbst, die Be- schuldigung, er habe Luthers „Von der Preiheit eines Christen- menschen" übersetzt, sei falsch^); darum kann er aber freilich doch die Institucion verfasst haben. Diese Schrift ist ohne Zweifel ge- meint mit Brevis et compendiosa instructio de rel. ehr., die bei Casa und seit P. im Eöm. Ind. steht.

Ausser den Schriften von Enzinas und Urrea hat V. 51 nur noch zwei spanische Schriften, die auch bei V. 59 und in den folgenden span. Ind., hier aber mit den spanischen Titeln stehen : Dialogo de doctrina christiana, „neuestens von einem Ordensmann anonym herausgegeben"; „ein spanisclies Buch, in welchem gelehrt wird, niemand solle einem andern rathen, nicht zu heirathen oder Priester zu werden oder in einen Orden zu treten oder sich an den Rath eines andern zu binden, vielmehr solle jeder seiner eigenen Neigung folgen" ; ferner Catecismo o formulario, die 1550 (in Genf) gedruckte Uebersetzung von Calvins Catechismus **), die auf- fallender Weise in den folgenden Indices fehlt.

1) Pelayo II, 245.

2) Memoires I, 248. II, 262. Enzinas Hess 1551 den 1. Band einer Uebersetzung der Vitae des Plutarch drucken, mit Rücksicht auf die In- quisition einen Theil der Auflage ohne seinen Namen. Die 2. Ausgabe erschien 1562 zu Antwerpen unter dem Namen Juan de Castro Salinas. Wahrscheinlich ist von ihm auch die anonyme Uebersetzung des Livius von 1553, vielleicht die Uebersetzung der Alterthümer des Plavius Josephus 1554. Castro, Hist. de los Prot. p. 259. Letztere steht seit V. 59 in den span. Ind., wohl nicht des Uebersetzers wegen, sondern als jüdisches Buch. Ueber eine lat. Schrift von Enzinas s. S. 126.

3) Cathecismo. A saber el formulario para instruyr a los muchachos en la christiaudad. Hecho a manera de diälogo, donde el ministro de la

140 Bücher verböte in Frankreich 1521 1551.

Karl V. und Philipp II. erliessen auch mehrere das Bücher- wesen betreffende Verordnungen für ihre americanischen Besitzungen. 1543 wurden die dortigen Behörden angewiesen, den Druck, das Einfüliren und das Lesen von Erzählungen und Romanen zu ver- bieten. 1550 wurde das Handelsgericht zu Sevilla angewiesen, alle für die Colonieen bestimmten Bücher einregistriren zu lassen und zu bescheinigen, dass sie nicht verboten seien. 1556 wurde ver- boten, Bücher über die americanischen Angelegenheiten ohne Er- laubniss des Käthes für Indien zu veröffentlichen. 1557 wurden die Zollbeamten in America angewiesen, die importirten Bücher zu untersuchen und die verbotenen an die Bischöfe abzuliefern •).

15. Verordnungen über Bücherwesen und Bücher- verbote in Frankreich 1521—1551.

Die Verordnungen über Bücherwesen wurden in Frankreich regelmässig durch den König oder die Parlamente, namentlich das Pariser, erlassen. Die einzige Ausnahme bilden die von den Provinzialconcilien zu Paris (Sens) und Bourges im J. 1528 (wahrscheinlich im Einverständniss mit der Regierung) erlassenen Decrete, worin die Schriften Luthers und seiner Anhänger verboten werden (ein paar einzelne Schriften hatte auch schon ein Concil vom J. 1522 verboten) und für Schriften religiösen Inhalts, namentlich in französischer Sprache, die bischöfliche Censur eingeführt wird.

Auch die 1525—55 oft erwähnten Inquisitoren sind nicht kirchliche Beamte, sondern zwei Parlamentsräthe und zwei Doc- toren der Theologie, welche das Pariser Parlament im J. 1524 bestellte und welche zunächst der Bischof von Paris, dann auch

Iglesia pregunta y el muchacho responde. E. Boehmer, Biblioth. Witten. II, 43. Eine verbesserte und mit einem Anhang von Gebeten vermehrte Ausgabe davon ist Cath., que significa forma de instruccion, que contiene los priucipios de la rel. de Dios etc., Genf 1559 und (von Cipriano de Valera revidirt) 1596. Diese Ausgabe steht seit Sand, im Index. Ein gleichfalls zu Genf gedruckter italienischer Catechismus mit ganz ähnlichem Titel steht im Rom. Ind. 1) Llorente I, 467.

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Bücherverbote in Frankreich 1521 1551. 141

eine Anzahl von anderen Bischöfen genöthigt wurden, auch ihrerseits zu ermächtigen, gegen Lutheraner und andere Ketzer gerichtlich zu verfahren. Auf die Bitte der Königin-Regentin Louise von Savoyen wurde diese Commission von Clemens VIL durch ein Breve an das Parlament vom 20. Mai 1525 bestätigt: Homines a vobis delectos Nos quoque comprobavimus ac com- missioni illorum apostolicae auctoritatis robur adjecimus, und seitdem heissen sie Juges delegues par le Pape sur le fait des her^sies, judices pro negotiis fidei aSede Apostolica per Regnura Franciae constituti ^).

Verbote bestimmter Bücher wurden in Paris von dem Par- lamente, in der Regel auf den Antrag von Bischöfen oder der Inquisitoren, publicirt. Eine hervorragende Rolle spielte dabei die Sorbonne, aber durchweg nur insofern, als ihr von dem Parlamente oder den Inquisitoren die Bücher zur Begutachtung tiberwiesen wurden, die bei Ketzerprocessen in Betracht kamen oder bei denen es sich darum handelte, ob sie vom Parlamente zu verbieten oder ihr Verkauf zu gestatten sei.

Am 18. März 1521 verordnete Franz I. auf den Antrag der Pariser Universität, die Pariser Buchhändler sollten keine neuen lateinischen oder französischen Bücher, die den christlichen Glauben oder die h. Schrift beträfen, drucken, bevor sie von der theologischen Facultät oder ihren Deputirten geprüft seien 2). Diese Verordnung wurde 2. Mai 1542 durch das Parlament da- hin erweitert, dass nichts gedruckt werden solle ohne die Ge- nehmigung des Rectors und der Decane, und dass der Rector je zwei Mitglieder jeder Facultät zur Prüfung der betreffenden Schriften bestellen solle ^). (15G9 wurde für Bibeln und über- haupt für alle Bücher über Religion die Approbation durch vier

1) Preuves des üb. de l'E. gall., 1751, III, 164. Bull, de la Soc. de l'hist. du prot. 1853, 328. 437; 1854, 209.

2) Jourdain, Index chronol. chart. No. 1594.

3) Arg. I ad Ind. XII. Für Bücher über Astrologie wurde 1537 die Prüfung durch einen Doctor der Theologie und einen der Medicin vorge- schrieben. Jourdain No. 1724. Als Conrad Neobarius 1538 von Franz I. ermächtigt wurde, griechische Bücher zu drucken, wurde er angewiesen, noch nicht gedruckte theologische Sachen vorher den Theologen, profane den Philologen an der Universität vorzulegen. Jourdain No. 1728.

142 Bücherverbote in Frankreich 1521 51.

Doctoren vorgeschrieben). Ferner wurde im J. 1542 verordnet, die in Paris ankommenden Bücherballen seien in Gegenwart der vier vereideten Buchhändler zu öffnen, die Bücher von den vom Rector der Universität zu bestellenden Doctoren zu unter- suchen und dann ein Verzeichniss der von diesen für zulässig erklärten Bücher dem königlichen Procurator einzuhändigen. Nicht in diesen Verzeichnissen enthaltene Bücher zu verkaufen, wurde bei Strafe der Confiscation derselben und anderen ar- biträren Strafen verboten*).

Durch eine Ordonnanz vom 11. Dec. 1547 wurde die Ver- ordnung, dass keine Bücher über die h. Schrift ohne vorherige Prüfung durch die Sorbonne gedruckt oder verkauft werden dürften, eingeschärft und beigefügt, der Name des Verfassers und des Druckers müsse genannt werden; auch wurden die in dem Catalog der Sorbonne (von 1546, s. § 16) verzeichneten Bücher verboten 2). Durch das Edict von Chateaubriand, hier 27. Juni 1551 unterzeichnet, 3. Sept. 1551 im Parlament publicirt^), kamen folgende Bestimmungen hinzu;

6. Bücher die in Genf oder an anderen notorisch von der Kirche abgefallenen Orten gedruckt sind, dürfen nicht importirt wer- den. — 7. Bücher, welche die Sorbonne in ihren Catalog gesetzt hat oder setzen wird, darf niemand drucken, verkaufen oder be- sitzen. Sie sind binnen einem Monate abzuliefern; nur diejenigen dürfen sie behalten, welche nach den canonischen Bestimmungen der Ketzerei verdächtige Bücher besitzen dürfen, um sie zu bekämpfen. 8. Die Drucker dürfen nur in guten Städten und nicht heimlich drucken und müssen in allen Büchern ihren Namen nennen. 10. Neue Uebersetzungen von biblischen oder patristischen Schriften dürfen nur mit Approbation der Sorbonne gedruckt werden. 11. Bücher über die h. Schrift und die christliche Eeligion, die seit 40 Jahren erschienen sind, dürfen nicht neu gedruckt oder verkauft werden, ohne vorher von Deputirten einer theologischen Facultät revidirt zu sein. 12. Die weltlichen Beamten dürfen keine Druck- erlaubniss ertheilen, ohne dass eine Bescheinigung einer theologi- schen Facultät vorliegt, dass die Bücher nichts bedenkliches ent- halten. — 14. Die Bücher eines Verstorbenen, welche über die h. Schrift handeln, dürfen nicht verkauft werden, ohne von Deputirten der Facultät revidirt worden zu sein. 15. Aus dem Ausland kom-

1) Jourdain No. 1753.

2) Bull, de la Soc. de Phist. du Prot. 1854, 215.

3) Abgedruckt bei Haag, La France prot. Pieces justificatives, 1858, p. 17.

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Bücherverbote in Frankreich 1521 51. 143

mende Bücherballen dürfen nnr geöffnet werden in Gegenwart von zwei Deputirten der theologischen Facnltät oder an Orten, wo keine solche ist, von zwei Beamten (l'official et le juge presidial ou le jnge presidial et le procnreur). 16. Zweimal im Jahre sind die Biichläden von diesen Deputirten oder Beamten zu visitiren. 17. In Lyon, wo mehrere Druckereien sind und wohin viele Bücher aus dem Ausland gebracht werden, sind die Buchläden dreimal jährlich zu visitiren durch zwei Deputirte, von denen einen der Erzbischof, einen das Capitel ernennt, und durch den Lieutenant du Senechal. 20. In allen Buchläden muss ein Exemplar des Catalogs der Sorbonne und ein Verzeichniss der vorräthigen Bücher vorhanden sein ^). 21. Colporteure (portepenniers) dürfen keine Bücher ver- kaufen.

Am 4. Nov. 1521 wurde den Druckern bei Strafe von 500 Livres und der Verbannung aus Paris verboten, Bücher zur Yer- theidigung Luthers (Melanchthons Apologia adversus furiosorum Parisiensium theologastrorum decretum wird speciell genannt) zu verkaufen und schlechte oder unkirchliche Bücher (libros lubricos in perditionem juvenum ac perturbaticos totius ordinis hierarchiae, ecclesiae scandalosos) zu drucken^). Ein Arrest du Parlement vom J. 1522 besagt: die Synode der Kirchenprovinz Sens habe zwei Schriften : Contra papisticas leges sacerdotibus prohibentes matrimo- nium Apologia Pastoris Cembergensis qui nuper sine ecclesiae con- sensu uxorem duxit (Bartholomaeus Beruh ardi von Feldkirch, Propst von Kemberg 1522) und De coelibatu et viduitate auctore Andrea Carlostadio, unter Androhung der Excommunication zu drucken und zu verkaufen verboten ; es habe sich aber, da manche vielleicht weltliche Strafen mehr fürchten würden als kirchliche Censuren, zu- gleich an das Parlament gewendet, zumal die Bücher in Wider- spruch mit dessen Verordnung ohne Genehmigung der Facultät ver- kauft worden seien; das Parlament verbiete also den Druck, das Verkaufen und Kaufen der Bücher bei arbiträren Strafen und for- dere zur sofortigen Ablieferung derselben auf.

Am 12. Aug. 1523 verordnete das Parlament auf den Antrag des königlichen Generalprocurators und mit Eücksicht auf das Gut- achten der theologischen Facultät : alle Schriften Luthers seien bei Strafe der Verbannung und Vermögensconfiscation bis zum nächsten Freitag abzuliefern und sollten öffentlich auf dem Platze vor Notre- dame (au parvis de l'eglise de Paris) verbrannt werden ; wer die Lehre Luthers vertheidige oder seine Bücher behalte, solle als der Ketzerei verdächtig an den Bischof ausgeliefert werden; diese Ver- ordnung solle bei Trompetenschall auf den Strassen von Paris, Lyon und anderen guten Städten und wo es sonst nöthig sei, publicirt

1) Auch in dem Druckprivileg für den Catalog von 1551 heisst es: Wir haben unter dem 27. Juni verordnet, dass alle Buchhändler ein Exemplar des Catalogs in ihren Läden haben müssen.

2) Jourdain No. 1597.

144 Bücherverbote in Frankreich 1.521—55.

werden. Der Generalprocurator hatte auch die Verhrenniing der Schriften Melanchthons beantragt; das Parlament beschloss aber an demselben Tage, vorläufig durch öffentlichen Ausruf zur Ablieferung dieser Schriften binnen acht Tagen unter Androhung einer Strafe von 100 Mark Silber und anderer arbiträrer Strafen aufzufordern; die Bücher seien an den Bischof von Paris abzugeben und von; diesem und der Facultät zu prüfen. Diese begutachtete am 6. Oct, 1523 Melanchthons Schriften und erklärte, die den Glauben und die Auslegung der h. Schrift betreffenden seien „verderblich und zu ver- brennen" ').

Das zu Paris 1528 gehaltene Concil der Kirchenprovinz Sens verbot unter Androhung der Excommunicatio latae sententiae, die Schriften Luthers und seiner Anhänger zu behalten, zu verbreiten u. 8. w., und verordnete ferner: „Weil die Ketzer die h. Schriften zu übersetzen und ihnen und den Schriften heiliger Lehrer schlechte Scholien und Randnoten beizufügen pflegen, darum sollen in unserer Kirchenprovinz die h. Schriften und die Bücher heiliger Lehrer, die von dem Glauben und den Sitten handeln, fortan nicht ohne Er- laubniss der Bischöfe gedruckt oder, wenn anderswo gedruckt, ver- kauft werden, bei Strafe der Excommunication. Und weil schlechte Bücher in der Volkssprache, die angeblich zur Belehrung und Er- bauung bestimmt sind (enchiridii more) verbreitet und vielfach ge- lesen werden, welche, wenn auch vielleicht ihre Verfasser nicht ge- nannt sind, wie der Inhalt zeigt, von Ketzern herrühren, so ge- bieten wir bei Strafe der Excommunication, Bücher über den Glau- ben und die Sitten, die seit etwa 20 Jahren lateinisch oder franzö- sisch erschienen sind, dem Bischof zur Prüfung vorzulegen. Den- jenigen schon gedruckten oder noch zu druckenden Büchern, deren Leetüre gestattet wird, ist eine Approbation des Bischofs beizu- fügen" 2). Das in demselben Jahre gehaltene Provinzialconcil von Bourges-'^) verordnete: „Die von der Ketzerei Luthers und seiner Anhänger inficirten Bücher soll niemand verkaufen oder drucken oder kaufen ; wer sie hat, soll sie binnen einem Monate den Bischö- fen oder Generalvicaren abliefern; Zuwiderhandelnde sollen mit Ge- fänguiss und anderen arbiträren Strafen bestraft werden. Bücher, auch biblische (libri, etiam divini), die seit 8 Jahren aus dem La- teinischen in die Volkssprache übersetzt sind, dürfen nicht ohne vor- herige Prüfung durch die Bischöfe verkauft oder gekauft werden".

Am 14. Febr. 1543 verfügte das Parlament auf den Antrag des Inquisitors und auf Grund eines Gutachtens der Sorbonne, eine ziemlich grosse Zahl von Büchern, darunter mehrere bei Etienne Dolet gedruckte, auch Les 52 dimanches composees par Faber Stapu- lensis, die Werke von Melanchthon, eine Genfer Bibel und Calvins

1) Arg. I b 406. II a XIV.

2) Labbe 14, 442. 477. Zacc. p. 140.

3) Labbe 14, 426. Zacc. p. 139 hat daraus ein Provinzialconcil von Bruges gemacht.

Bücherverbote in Frankreich 1521—55. 145

Institutio, diese war die Hanptveranlassung zu dem Autodefe, „auf dem Vorplatz von Notredame unter dem Greläute der grossen Glocke zu verbrennen und in Asche zu verwandeln, zur Erbauung des Volkes und zur Mehrung des christlichen und katholischen Glau- bens"; zugleich wurde das Drucken, Verkaufen und Behalten dieser und ähnlicher Bücher verboten unter der Androhung, dass Zuwider- handelnde als Ketzer und Begünstiger von Ketzern bestraft und mit anderen arbiträren Strafen belegt werden würden^). Gutachten der Sorbonne über Bücher, die ihr von dem Parlament oder den Inquisitoren vorgelegt waren, sind bei Argentre in grosser Zahl abgedruckt. Sie schliessen, in der Regel nach einer ausführlichen Motivirung, mit dem Votum: libri supprimendi oder publice exurendi sunt, eventuell tolerabiles nobis visi sunt, mitunter (bei Büchern nicht religiösen Inhalts) nihil diximus^).

Ausser den oben erwähnten Inquisitoren werden auch andere vom Könige ernannte erwähnt. So bestellte Franz I. 1536 den Provincial der Dominicaner Vidal de Becanis auf den Vorschlag la nomination) des Generals seines Ordens zum General-Inquisitor in Frankreich mit dem Sitze in Toulouse und wies das dortige Par- lament an, denselben, nachdem er den üblichen Eid abgelegt, in sein Amt einzusetzen, und Becanis bezeichnet sich selbst als „von dem h. Stuhle und durch königliche Autorität speciell deputirten General-Inquisitor" ^). Ein anderer Inquisitor zu Toulouse, Louis de Rochete, wurde 1538 von dem dortigen Parlamente der „ihm von dem Könige übertragenen Function und Autorität" verlustig er- klärt; er wurde auf Grund einer Untersuchung durch den Erzbischof in Gemeinschaft mit den vom Parlamente ernannten Commissaren der Häresie schuldig erklärt, dem weltlichen Arme überliefert und ver- brannt*). Im .1. 1525 wird auch der Generalvicar des Cardinais von Lothringen (Saint-Chaumon, Abbe de Saint Antoine) als von dem Papste bestellter Inquisitor bezeichnet: er ersuchte in dieser Eigenschaft im Auftrag des Herzogs Anton von Lothringen die theo- logische Facultät um Begutachtung von vier Schriften (Manuscripten) von Wolfgang Schuch, Pfarrer von St. Pilt im Elsass, der dann 21. Juni 1525 zu Nancy mit seinen Manuscripten verbrannt wurde ^).

Dass die französische Inquisition in dieser Zeit wesentlich eine staatliche Einrichtung war, ergibt sich auch daraus, dass Franz I. 1543 und Heinrich II. 1549 und 1550 Edicte „über die Jurisdiction der Prälaten ui^d Inquisitoren gegen die der Ketzerei Angeklagten", namentlich die Laien, erliessen^). Ein Edict, welches Heinrich IL L555 auf Betreiben des Cardinais von Lothringen erliess und worin er den weltlichen Behörden aufgab, die von den geistlichen Rich- tern und Inquisitoren wegen Ketzerei Verurtheilten ohne Berück-

1) Arg. II a 133. Bull. 1884, 107.

2) Arg. II a 85. 226 ff. u. s.

3) Bull. 1853, 358. 362. 4) Preuves HI, 168.

5) Arg. II a 18. Bull. 1854, 632.

6) Preuves III, 169. 172. Bull. 1854, 214.

Keusch, Index. ja

146 indices der Sorbonne 1543—51.

sichtigung irgendwelcher Appellation zu strafen, wurde in Folge der Remonstration des Pariser Parlaments zurückgenommen ^).

Im J. 1557 wurde eine neue Organisation der Inquisition ver- sucht. Auf Ersuchen des Königs ernannte der Papst durch ein Breve vom 26. April die Cardinäle von Lothringen, von Bourbon und von Chatillon (Odet de Coligny) zu Greneral-lnquisitoren. Der König erklärte 24. Juli, er habe dieses Breve acceptirt; die von den- General-Inquisitoren ernannten Delegirten seien aber dem Geheimen Rathe zu präsentiren und von diesem zu vereiden; von ihren Ur- theilen könne appellirt werden; über die Appellation hätten 10 von den Cardinälen ernannte Richter, darunter 6 Parlamentsräthe, zu ent- scheiden*). Diese Einrichtung scheint aber nicht in Kraft getreten zu sein ').

Die Bestimmungen des Edictes von Chateaubriand wurden durch das Edict de pacification Heinrichs III. vom .1. 1577^) zu Gunsten der Protestanten so geändert: „Es dürfen keine Bücher verkauft werden ohne Genehmigung unserer Orts- Beamten oder, soweit die die sogenannte reformirte Religion betreffenden Bücher in Betracht kommen, ohne Genehmigung der Kammern, welche wir in den Parlamenten für die Angelegenheiten der sogenannten Re- formirten bilden werden. Verboten ist der Druck und die Ver- breitung von libelles diffamatoires."

16. Indices der Sorbonne 1543—1551. Index des Inquisitors Becanis zu Toulouse.

Die Sorbonne wurde durch ein Arret des Pariser Par- laments vom 1. Juli 1542 aufgefordert, ein Verzeiebniss der von ibr censurirten Bücher anzufertigen^). Dieses ist nicht er- balten, wobl aber eine Fortsetzung desselben, die vom 23. April 1542 bis zum 2. März 1543 censurirten Bücher enthaltend^).

1) Polenz, Gesch. des franz. Calv. I, 363.

2) Preuves III, 174.

3) Polenz I, 366, der ungenau von einem Versuch der Einführung der „spanischen" Inquisition spricht.

4) Haag 1. c. p. 142.

5) Bull. 1853, 361.

6) Bei Arg. II a 134: Catalogus librorum visitatorum et qualifi- catorum per Facultatem Theologiae Parisiensem a festo Nativitatis Domini 1542 [nach p. 136 a: ab a. 1542 die 23. Apr.] usque ad 2. diem Martii

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Indices der Sorbonne 1543. 1544. 147

Es sind 65 Nummern, ohne alle Ordnung zusammengestellt, meist einzelne Schriften von bekannten deutschen und franzö- sischen Reformatoren, sie sind uns alle schon in den Löwener Indices begegnet, in lateinischer und französischer Sprache, und eine Anzahl von anonymen französischen Schriften 0-

Im August 1544 gab die Facultät einen alphabetischen Catalog der bis dahin von ihr censurirten Bücher in Druck 2).

Dieser Index wurde 1547 mit einem Nachtrage, die 1544

ejusdem anni [n. St. 1543]. Ad postulationem Curiae Parlament!. Das Verzeichniss wurde auch dem Procurator von Grenoble auf sein Ersuchen übersandt. Arg. I b ad Ind. XIII.

1) Das Verzeichniss ist nachlässig redigirt z. B. La doctrine nouvelle et ancienne steht unter No. 13 und 45 und voll Schreib- oder Druckfehler: Erasmus Sarcerius wird Avince Montanus statt Annaemon- tanus genannt, Bugenhagen heisst Jo. Brugensarius Pomeranus, In Apoc. loannis Ecclesiastis Bemen. commentarii sollte heissen : In Apoc. loannis Sebastian! Meyer, Eccl. Bernensis, Comm. Mehrere Schriften, die hier ohne Angabe des Verfassers stehen, sind in späteren Indices unter den Namen der Verfasser eingereiht.

2) Ich kenne davon nur den Nachdruck: Catalogus librorum qui hactenus a Facultate Theologiae Parisiensi diligenter examinati, censuraque digni visi sunt. Lc Catalogue des livres censurez par la Faculte de Theo- logie de Paris. Ejusdem Facultatis Theologiae Parisiensis Articuli XXVI Fidem et Religionem Christianam declarantes. Antwerpiae, In aedibus loan. Steelsij. 1545. II Bogen ä 4 Bl. kl. 8.* (Löwen). Die Originalaus- gabe wurde, wie das Privileg H 4 zeigt, bei Jehan Andre in Paris ge- druckt. Arg. Ib ad Ind. p. XIII gibt als Titel derselben an: Catalogus .... visi sunt, secundum ordinem alphabeticum juxta auctorum cogno- mina. Par. 1544. Es war in mehreren Sitzungen darüber verhandelt worden. In der Sitzung vom 15. Juli wurde die Epistola praeliminaris entworfen und beschlossen, am Schlüsse derselben die Unterwerfung unter die Komische Kirche auszusprechen und eine Anrufung der Heiligen bei- zufügen. Arg. I b ad Ind. p. XIII. XIV. Am 12. Aug. wurde beschlossen, den Catalog drucken zu lassen und die von der Facultät censurirten Schriften des Erasmus und des Faber Stapulensis darin aufzunehmen. Arg. IIa 143. Die „Unterwerfung unter die Römische Kirche" be- schränkt sich übrigens auf die Formel: Quem (catalogum) ad christianae reipublicae commodum sub correctione s. matris ecclesiae ac sedis aposto- licae typis excudendum dedimus.

148 Indices der Sorbonne 1543 51.

47 censurirten Bücher enthaltend, neu gedruckt*). Im J. 1551 erschien eine dritte vermehrte Ausgabe desselben"), und im J. 1556 eine vierte^).

Diese Ausgabe ist der letzte von der Sorbonne herausge- gebene Index. Sie prüfte und verdammte zwar auch in der folgenden Zeit Bücher, 1559 wurden alle Doctoren ver- pflichtet, alle ketzerischen und verdächtigen Bücher, von denen sie Kenntniss erhielten, der Facultät anzuzeigen^), —und im J.

1) Le Catalogue des livres censurez par la Faculte de Theologie de Paris, 1544. Avec accession et addition puis ledict temps, de livres nouvellement censurez par ladicte Faculte jusques ä present, 1547, avant Paques. Paris, Jehan Andre 1547 (Jourdain No. 1760).

2) Es gibt zwei Drucke dieser Ausgabe: Le Catalogue des livres examinez & censurez, par la Faculte de Theologie de l'vniuersite de Paris; suyvant l'Edict du Roy, Public en la Court de Parlement, le troisiesme iour de Septembre, MDLI. Avec priuilege du Roy. On les vend a Paris par Jehan Dallier, sur le pont S. Michel, ä l'enseigne de la Rose blanche. MDLI.* (München K. B.) 52 Bl. 8. Beigebunden ist das auf dem Titel er- wähnte Edict (von Chateaubriand s. o. S. 142) Le Catalogue des livres exa- minez & censurez par la Faculte de Theologie de l'vniuersite de Paris, depuis l'an mil cinq cents quarante et quatre, iusques ä Tan pressent, suyuät l'edict du Roy, donne ä Chateau Briant. Et public en la court de Pariamet le troisiesme iour de Septembre, audict an mil cinq c6ts cinquäte & un, Paris, par Jehan Andre. 52 Bl. 8. (Petzholdt p. 138 b). Nach dem Titel enthält der zweite Druck nur die von 1544 bis 1551 censurirten Bücher. Ohne Zweifel ist er aber, wie der erste, ein Abdruck des Index von 1544 mit Einfügung der seitdem censurirten Bücher; denn auch der bei Arg. IIa 1G4 stehende Abdruck hat die Ueberschrift: Catalogus librorum ab anno 1544. usque ad annum 1551. censura notatorum a Facultate Theo- logiae Parisiensi, stimmt aber in Wirklichkeit mit dem ersten Druck überein.

3) Le Catalogue des livres examinez & censurez par la Faculte de Theologie de l'vniuersite de Paris, depuis l'an mil cinq cens quarante & quatre, iusques ä l'an mil cinq cens cinquante & un, suyvant l'edict du Roy, donne ä Chasteaubriant. Et public en la court de Parlament le troisiesme de Septembre, mil cinq cens cinquant & un ; Auquel sont ad- ioustez ceulx qui ont ete visitez & censurez depuis la premiere impression. Paris, Dallier 1556. 60 Bl. 8. (Petzholdt p. 139 a). Schöttgen, Comm. I. de Indicibus § 7.

4) AoKt|LiaaTr]<; s. de librorum approbatione (von Jac. Boileau), Antw. 1708, p. 35.

Indices der Sorbonne 1547. 1551. 149

1562 verordnete das Parlament, sie solJe wieder einen Index anfertigen, der mittlerweile erschienene Index Pauls IV. wurde, wie wir sehen werden, in Frankreich nicht recipirt, und die Facultät ernannte zu diesem Zwecke im August 1562 eine Commission^). Im November beschloss sie, die Bücher des Bischofs Monluc von Valence und einige andere auf den Index zu setzen 2); dieser ist aber nicht erschienen.

Die Cataloge der Sorbonne wurden, wie gesagt, durch die königlichen Edicte von 1547 und 1551 als verbindlich publi- cirt. Dass in letzter Instanz die Staatsbehörde über die Auf- nahme der Bücher in den Catalog entschied, zeigen die That- sachen, dass Franz I. 4. Nov. 1546 der Sorbonne befahl, die Bibeln des Robert Stephanus vorläufig nicht in den Index auf- zunehmen^), und dass sich in den FacultätsprotocoUen vom J. 1546 die Notiz findet, Espence habe eine Verfügung des Parla- ments erwirkt, dass, unbeschadet der Censur der Facultät, zwei Bücher, welche diese auf den Index (von 1547) zu setzen be- schlossen, von dem Drucker vor der Veröffentlichung desselben entfernt werden sollten^).

1) Arg. II a 328. 334. 2) Arg. II a 301.

3) Arg. I ad Ind. p. XVII.

4) Arg. II a 138. lu diesen Fällen handelte es sich um die Weg- lassung von Büchern aus einem noch nicht publicirten Index, in einem andern, bei welchem aber die Sache nicht klar liegt, um die Ent- fernung eines Buches aus dem schon publicirten Iudex. Jean de Masencal, erster Präsident des Parlaments von Toulouse (f 1562), gab zur Vertheidi- gung eines im J. 1549 gefällten Urtheils des Parlaments über einen schlechten Geistlichen gegen eine darüber erschienene Broschüre (Arret du Parlament de Toulouse, tres profitable etc.) eine Schrift heraus: La verite et autorite de la justice du Roi tres-chretien en la correction et punition des malefices, contre les erreurs contenues en un libelle diffama- toire scandaleusement compose. Diese Schrift wurde von der Sorbonne auf den Index gesetzt und Masencal fügte sich dieser Censur. So be- richtet die Biogr. univ. (Michaud). Bei Arg. II a 207. 210 steht aber ein Protocoll einer im Dec. 1552 gehaltenen Sitzung der Facultät, worin csheisst: Masencals Schwiegersohn, der Gross-Referendar, habe der Facultät die Bitte vorgetragen, das Buch wieder vom Index zu entfernen, und sich darauf berufen, es sei mit königlicher Genehmigung gedruckt und von acht Doctoren zu Toulouse approbirt. Die Facultät habe dieses aber ver-

150 Indices der Sorbonne 1543 51.

In der deni Index vorausgehenden Vorrede 0, sie ist in allen mir bekannten Ausgaben gleichlautend, wird zunächst von den Bemühungen des Königs, des Parlaments und der Facultät zur Unterdrückung der Ketzerei gesprochen. Dann wird bemerkt: in den häretischen Büchern werde die Ketzerei bald offen, bald versteckt vorgetragen ; manche erschienen unter dem Namen der Verfasser, manche anonym, mitunter auch ohne Angabe des Druckorts, einige unter dem Namen von Katholiken. So sei z. B. ein Buch voll Blasphemieen und Ketzereien unter dem Titel Confessio fidei per Natalem Bedam^j, und ein gott- loses Buch unter dem Titel Proverbia Salomonis erschienen, und Calvin habe sich auf dem Titel vieler Bücher Alcuin genannt*). Dann heisst es: auf vielfaches Ersuchen habe die Facultät ein Verzeichniss der ihr bekannt gewordenen schlechten Bücher angefertigt, es wird gleich ein weiteres Verzeichniss der neu erscheinenden in Aussicht gestellt, damit geistliche und weltliche Obere (sive ecclesiarum praefecti et praesules sive magnates et principes sive senatores et provinciarum praesides) daraus ersehen könnten, von dem Lesen welcher Bücher sie das ihnen untergebene Volk abhalten müssten. Es ständen in dem Verzeichnisse Bücher, die ganz ketzerisch und des Verdammens werth oder doch der Ketzerei verdächtig seien, andere, die ans

weigert mit der Erklärung: wenn eine ihrer Censuren zurückgenommen werde, würde das Ansehen aller gefährdet werden, während dieselben jetzt von allen Nationen geachtet würden ; das könne sie um ihrer eignen Ehre willen nicht zugeben, auch nicht um der Ehre des Königs willen, der ihr das Censurrecht übertragen. Das würde nun mit der Angabe der Biogr. univ. nicht in "Widerspruch stehen. Räthselhaft ist aber, dass in dem Index von 1551, wenigstens in dem Abdruck desselben bei Argentre, das Buch gar nicht steht.

1) Arg. II a 164—167.

2) Confession de Beda, faussement imposee ä feu Maitre Noel Beda, Dr. en Th., steht in der franz. Abth. des Par., dann auch der Antw. App. 70. und bei Q. und kam dann als Natalis Bedae über confessionis durch S. in den Rom. Ind.; erst seit Ben.: Beda, Noel, Confession. Quae tamen falso ei adscribitur.

3) Richtiger wäre der Ausdruck: auf dem Titel vieler Exemplare (der 2., zu Strassburg 1539 erschienenen Ausgabe) seiner Institutio.

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Indices der Sorbonne 1544. 1551. 151

Blasphemiscbe streiften, andere, deren Verbreitung unter dem Volke für das christliche Gemeinwesen nicht heilsam sei, sehr viele andere, in denen die Facultät nach genauer Prüfung viele Irrthümer gefunden.

Der Index selbst hat fünf Abtheilungen: a. lateinische Schriften von bekannten Verfassern, nach den Zunamen alpha- betisch geordnet; b. anonyme lateinische Schriften; c. franzö- sische Schriften von bekannten Verfassern; d. anonyme franzö- sische Schriften ; e. französische Uebersetzungen von biblischen Büchern.

In der ersten Abtheilung vi^erden 1544 von 24, 1551 von 55 Schriftstellern mehr oder weniger viele, von keinem alle Schriften verboten. (Die Büchertitel werden in dem Index der Sorbonne vollständiger angegeben, als in allen anderen). Neben den bekannten protestantischen Schriftstellern finden wir 1544 auch Erasmus und Faber, 1551 Job. Ferus u. a. In der dritten Abtheilung kommen neben 6 auch in der ersten stehenden Schriftstellern noch einige Franzosen und der Italiener Petrus Martyr Vermigli vor. In der zweiten Abtheilung stehen 1544 nur 8, 1551 18 Schriften; die vierte füllt 1551 in dem Abdruck bei Argentre, alphabetisch geordnet, fast 7 Foliospalten ^).

Der fünften Abtheilung ist die allgemeine Bemerkung vor- ausgeschickt: wie gefährlich es sei, das Lesen von Bibelüber- setzungen in der Volkssprache auch ungebildeten Leuten und solchen, die sie nicht mit frommem und demüthigem Sinne läsen wie es deren jetzt viele gebe -— zu gestatten, das zeigten die Waldenser, Albigenser u. s. w. Darum sei mit Rücksicht auf die Bosheit der Menschen in der Gegenwart das Uebersetzen der Bibel in die Volkssprache als gefährlich und verderblich anzusehen. Darauf folgt aber nicht ein allgemeines, sondern nur das Verbot von einem zu Lyon gedruckten Pentateuch, drei Psalterien und zwei Neuen Testamenten und einer Schrift Le

1) Im Bull, de l'hist. etc. 1879, 417 ist ein Verzeichniss von 30 fran- zösischen Schriften abgedruckt, die 1545 zu Toulon bei einem Apotheker Lazare Drilhon confiscirt wurden. Einen Index kann man das Verzeich- niss nicht nennen; es ist aber interessant, weil darin die Titel mancher in dieser Abtheilung stehenden Schriften vollständiger angegeben werden.

152 Indices der Sorbonne 1543—51.

commencement de l'EvaDgile de S. Jean et quelques lieux de la S. Ecriture. Darauf folgt in der Ausgabe von 1551 noch ein kleiner Nachtrag, Schriften von Ochino und einige andere. Die Löwener und die Pariser Indices sind unabhängig von einander. Natürlich stehen manche Autoren und Schriften in beiden, aber in der ersten Abtheilung des Pariser Index von 1551 fehlen ziemlich viele Namen, welche in dem Löwener von 1550, grossentheils schon in dem von 154G stehen, Carlstadt, Corvinus, Oslander, Capito, Hedio, Sturm, Joh. Agricola, Theob. Billicanus, Venatorius, Vadianus u. s. w., auch Wyclef, Hus, Marsilius von Padua, Goch, namentlich manche Verfasser von nicht theologischen Schriften, deren die Sorbonne überhaupt wenige aufgenommen, und auf der andern Seite stehen in dem Index der Sorbonne viele Namen, die in dem Löwener nicht vorkommen. Von den Schriftstellern, welche die Löwener und die Pariser aufgenommen haben, verzeichnen die einen mehr oder weniger oder andere Schriften als die anderen. So werden von Andreas Althamer im Lov. 50 drei theologische Schriften verboten, im Par. 1551 Commentaria Germaniae in P. Corn. Taciti libellum de situ etc., von Coelius Secundus Curio im Lov.

50 vier Schriften, in Par. 51 eine, und zwar eine andere, von Hegendorfinus im Lov. 46 zwei, 50 sechs Schriften, im Par. 14

51 nur eine u. s. w. Auch die anonymen lateinischen Schriften, die der Pariser Index verzeichnet, sind nur zu einem verschwin- dend kleinen Theile identisch mit den im Löwener verbotenen.

Der Pariser Index von 1546 ist in dem Vcnetianischen von

1554, der von 1551 von Paul IV. benutzt worden, aber bei

weitem nicht so stark wie die Löwener Indices.

Den Index von 1544 übersandte die Sorbonne auch der Löwe- ner Universität. Das Begleitschreiben und die Antwort darauf sind nicht bekannt, wohl aber ein zweites Schreiben der Sorbonne an die Löwener vom 25. Aug. 1545*). Man sieht daraus, dass die Löwener über die Nichtaufnahme einiger Bücher in den Index ihre Verwunderung ausgesprochen hatten. Die Sorbonne spricht ausführ- licher über Guillaud (s. u.) und sagt dann: „Die Phrases Scripturae von B. Westhemer und die Indices und viele Anmerkungen zur Bibel von Robert Stephanus haben wir als irrig verdammt und wir würden sie, wenn sie früher in unsere Hände gekommen, ohneUnter-

1) Arg. I b ad ind. p. XVI.

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Hippophilus Melangaes. 153

schied verdammt haben. Die übrigen Schriften, die uns noch nicht vorgelegt waren und die von Tag zu Tage erscheinen, werden wir unserer Pflicht gemäss zu prüfen nicht unterlassen, um sie dann mit den anderen in den Catalog zu setzen."

In der 1. Abtheilung des Par. stehen Schriften von folgenden Autoren, die nicht im Lov. vorkommen: Erasmus, Jo. Perus (über beide s. u.), Greorgius Aemilius Mansfeldensis, Vitus Theodorus (Veit Dietrich) und Jodocus Kinthisius Preussheymerus *), von Seb. Castalio (Dialogorum sacrorum 11. 4, Lyon 1540), von einigen Pranzosen, von denen unten die Eede sein wird, von Polydorus Yergilius, Hellas Pandocheus und Hippophilus Melangaeus, in der 3. von W. Farel, P. Viret, Victor Brodeau und Martialis Masurier. Alle diese Namen mit Ausnahme des letzten und des Jod. Kinthisius, welche in keinem andern Index vorkommen, und des Claude Guillaud, stehen auch im Köm. Index.

Hippophili Melangaei Theologiae compendium ist ohne Zweifel eine Ausgabe von Melanchthons Loci mit verändertem Na- men. In der 3. Abtheilung steht: Ex libris Hippophili Melangaei: Sur Saint Matthieu, also eine französische Uebersetzung der zuerst 1523 erschienenen Annotationes in Evang. Matthaei. Von beiden Büchern ist kein Exemplar bekannt. Casa hat nur den Namen Hippo- lito (sie) Melangeo, Ven. Hippophili Mel. Theol. comp., ebenso P. mit dem Zusatz: Item in evangelium Matthaei. (Ven. und P. haben die Titel sicher aus Par.) Beide Schriften stehen noch jetzt unter Melangaeus ohne Angabe des wahren Namens. Es ist auffallend, dass nicht Melangaeus, wie ein anderer angenommene Name Me- lanchthons, Didymus Faventinus, in die 1. Cl. gesetzt worden ist. Die beiden Bücher werden in Frankreich gedruckt sein ; nament- lich ist bei der Genauigkeit, mit welcher im allgemeinen im Par. die Titel angegeben werden, nicht an eine italienische Uebersetzung oder einen italienischen Nachdruck der Noten zu Matthäus'-) zu denken. Wenn Vergerio sagt, es seien unter dem Namen Hippofilo Melangeo Schriften Melanchthons in Italien gedruckt, so beruht das auf einer Verwechselung : in Italien (Venedig) erschien eine Ueber- setzung von Melanchthons Loci unter dem Titel I principii della Theologia, di Ippofilo da terra negra. Con gratia & privilegio. S. 1. et a. 87 Bl., die selbst in Rom von vielen mit Beifall gelesen wor- den sein soll, bis man nach einem Jahre darauf aufmerksam ge- macht wurde, dass sie das Werk eines deutschen Ketzers sei^). Sie steht merkwürdiger Weise in keinem Index.

1) Collectanea in D. Pauli Ep. ad. Philipp , Frkf. 1544. Jobst Kinthis von Freinsheim hat auch ein paar deutsche Schriften herausge- geben; s. Adelung s. v.; Gödeke, Grundr. § 140, 58.

2) Strobel, Versuch einer Lit.-Gesch. von Mel. Loci, S. 187.

3) Ein Exemplar wird genau beschrieben von Jac. Brucker, Mis- cellanca, 1748, p. 323. Er glaubt, das Buch sei bei Paulus Manutius ge-

164 Indices der Sorbonne 1543—51.

Von PoJyd ori Vergilii de inventoribus rerum [libri 8] wer- den die Ausgaben des Kob. Stephanus 1528, Basel 1540 und ähn- liche verboten. Der Verfasser, aus Urbino gebürtig, wurde von Alexander VI. als „apostolischer Collector" (des Peterspfennigs) nach England geschickt, blieb nach Beendigung seiner Mission auf Ver- anlassung Heinrichs VII. dort, um eine englische Geschichte zu schreiben, erhielt eine Präbende und verliess England, ein Zeichen, dass er kein ganz correcter Katholik im Römischen Sinne war, erst 1550; er starb in Italien 1555. P. setzte das Buch in die 2. Cl., Tr. fügte bei: qui ab haereticis auctus et depravatus est. Die ersten Ausgaben, Ven. 1499 u. f., haben nur drei Bücher, die Vergilio vor seiner Abreise nach England geschrieben und die allerlei culturgeschichtliche Dinge enthalten und religiöse Fragen kaum be-

druckt. Der üebersetzung liegt die Ausgabe von 1524 zu Grunde; es sind aber zwei Retractationen Melanchthons vom J. 1529 benutzt, und Brucker meint, die Üebersetzung müsse zwischen 1529 und 1535 erschienen sein. Dass sie s. 1. et a. erschien, beweist, dass das „con gratia et privi- legio" fingirt ist. Auffallend wäre es, wenn man an der Schlussabhand- lung des Uebersetzers keinen Anstoss genommen hätte, worin es heisst : wenn der Verfasser von der absoluten Nothwondigkcit der privaten (spe- ciellen) Absolution spreche, so sei das von dem Falle zu verstehen, wo sich das Gewissen jemands bei dem Worte des Evangeliums nicht be- ruhige. Aber Scaliger (Scaligeriana secunda s. v. Rota) berichtet: Mons. Serafino, Mitglied der Rota, jetzt Cardinal, habe ihm erzählt: das Buch des Philippo (sie) di Terra nera sei in Rom ein ganzes Jahr lang ge- kauft und mit vielem Beifall gelesen worden; alle dorthin gesandten Exemplare seien abgesetzt und neue in Venedig bestellt worden; endlich habe ein Franciscaner das Buch erkannt; man habe den Drucker strafen wollen, der das Buch aber vielleicht gar nicht gelesen, habe ihn aber laufen lassen, [der Drucker war nicht genannt; man konnte nur den Ver- käufer fassen], aber alle Exemplare verbrannt. Ita spectatur, non quid, scd quis dicat, fügt Scaliger bei, und erzählt als Seitenstück: vor 30 Jahren seien zu Paris die Horae B. M. V. mit einigen von Calvin ver- fassten Gebeten gedruckt worden. Der italienische Uebersetzer war Ludovico Castelvetro; s. Attilio Ploncher, Della vita e delle op. di L. Castelvetro, 1879; Rass. sett. V (1880), 25. Aehnlich wie Scaliger von 11. di Terra negra, berichtet Gratianus Verus, Ruardi Tapperi Apotheosis (1559), p. 39 von Hipp. Melangaeiis: sein Buch sei von Senatores, Praesi- des und auch „unseren (Löwener) Baccalaurei" vielfach gelesen und der Name für den eines frommen und gelehrten Italieners angesehen worden, bis ein Freund aus Deutschland geschrieben, die Löwener Gelehrten möchten doch einmal ihr Lexicon nachschlagen und sich überzeugen, dass Hippophilus = Philippus u. s. w.

Polydorus Vergilius. L. Berquin. 155

rühren. In der Ausgabe Basel 1521 und den folgenden sind 5 Bücher beigefügt, welche de principio religionis christianae, christianae eccle- siae, monasticae vitae u. s. w. handeln und eine Art. von kirchlicher Archäologie sind. Diese erregten Anstoss. Dass dieselben „von Häretikern vermehrt und entstellt" worden, ist durchaus unwahr- scheinlich; jedenfalls sind die vielen und zum Theil umfangreichen Stellen, welche der Antw. Exp. und Bras. in der Ausgabe Basel 1544 zu streichen verordnen, der Art, dass sie viel eher ein Mann wie Vergilio als ein Häretiker geschrieben haben kann : dogmatisch bedenkliches findet sich gar nicht; es sind zum Theil drastische Schilderungen und scharfe Beurtheilungen kirchlicher Missbräuche, Bemerkungen über die grosse Zahl der Orden und Mönche, die Aus- beutung des Volkes durch dieselben, die Fabeln über die Gründung der Orden, über die vielfach herrschende Predigtweise, über die Annaten, die vielen Beamten und das Greldwesen der Curie, auch einige, aber nicht einmal sonderlich scharfe Bemerkungen über Päpste und Cardinäle, eine Stelle über die schlimmen Folgen der Nichtab- haltung von Synoden, speciell die Nichtausführung der Constanzer Beschlüsse u. s. w., lauter Aeusserungen, die den Verfasser als einen klar blickenden und unbefangenen Beurtheiler der kirchlichen Ver- hältnisse und als einen um das Wohl der Kirche aufrichtig besorg- ten Mann erscheinen lassen, bei der Sorbonne und bei Paul IV. aber allerdings Anstoss erregen mussten. , Im J. 1576 erschien zu Eom auf Veranlassung Gregors XIIF. eine expurgirte Ausgabe; diese und Abdrücke derselben werden im Index seit S. Gl. frei ge- geben *).

Bezüglich einiger französischen Schriftsteller verdienen die Verhandlungen, welche der Verdammung ihrer Schriften vorher- gingen, etwas ausführlicher mitgetheilt zu werden.

1. Am 6. Juni 1523 gab die Sorbonne ein Gutachten über die ihr vom Parlament übersandten Bücher ab, welche bei Louis de Berquin confiscirt waren; sie erklärte, dieselben verdienten mit Ausnahme von zweien verbrannt zu werden. Es waren theils Ma- nuscripte von Berquin selbst, theils (handschriftliche) Uebersetzungen von ihm (von Luthers Schrift über die Verbrennung der Bulle, La triade Romaine, Le Paradis du Pape Jules, Le catalogue du Pape et de Moise), theils gedruckte Schriften von Luther u. a. Das Par- lament verfügte darauf 5. Aug. 1523 die Ablieferung Berquins an den Bischof, um ihm den Process zu machen-). Im J. 1525 gab

1) Graesse Thes. verzeichnet viele Ausgaben und Uebersetzungen, auch eine spanische von 1550 (von V. 59 verböten, castrirte Ausgabe 1599), eine italienische von 1543 (die von 1587 wird castrirt sein), sowie die anderen Schriften. lu Bonn ist ein nach Sot. cxpurgirtes Exemplar der Ausgabe von 1521. Sot. expurgirt übrigens eine Ausgabe Lyon 1597, die also nicht ein Abdruck der Römischen ist.

2) Arg. I b 404. II a XL

156 Indices der Sorbonne 1543—51.

die Facultät nochmals (für die Inquisitoren) ein Grutachten über die bei Berquin gefundenen Bücher ab, namentlich über seine Ueber- setzung einiger Schriften von Erasmus '). Franz 11. setzte ihn 1526 in Freiheit ; aber in Folge eines neuen Processes wurde er 22. April 1529 verbrannt^). Gedruckt ist von Berquin nur eine Ueber- setzung einer Schrift von Erasmus, Le chevalier chretien 1520 (viel- leicht ist auch die Uebersetzung des Modus confitendi 1542 VQP ihm). Er steht nicht im Index der Sorbonne, aber seit S. Cl. (aus Fris.) im Römischen Index (in der französischen App. Antw. 1570 Le chevalier chretien, par Etienne Dolet; das ist der Name des Druckers).

2. Von Etienne Dolet, der 1556 hingerichtet wurde, stehen in der lateinischen Abtheilung Cato christianus (1538. 38 S.) und Fata Regis (Francisci Valesii Gallorum regis fata. 1539. 80 S.). üeber das erste Schriftchen haben wir auch eine Censur der Sor- bonne vom J. 1542^). In dem Lov. 1550 steht von ihm nur Car- minum liber (1538). In der französischen Abtheilung stehen unter seinem Namen 6 Schriften, die er aber zum Theil nur gedruckt und mit Vorreden versehen hat.

3. Dolet steht auch bei Casa und in den anderen italienischen Indices, seit P. in der 1. Cl., dagegen nur bei Casa Claudius Guil- 1 a u d , von dem im Par. CoUatio in omnes D. Pauli Ap. episto- las juxta eruditorum sententiam facta und In can. apostolorum Sep- tem epistolas collatio etc. stehen, mit dem nur hier vorkommenden Zusätze: non correcta. In dem Briefe der Pariser Theologen an die Löwener vom J. 1545 (s. o. S. 152) sagen sie: sie seien mit Guillaud, (er war Canonicns in Autun) mit Rücksicht auf seine Ver- dienste um die Verfolgung der Ketzer milde verfahren ; er habe aber seine anstössigen Behauptungen zurücknehmen müssen und sie in einer neuen Auflage zu corrigiren versprochen. Die erste Ausgabe seines Commentars, der von Sixtus von Siena"*) und R. Simon ^) sehr gerühmt wird, erschien zu Lyon 1542, die zweite zu Paris 1544, beide ohne Approbation, aber mit der Erklärung am Schlüsse: Om- nia judicio ecclesiae submissa sunto. Im J. 1550 erschien zu Paris die nach dem Vorworte de consilio et auctoritate tlieol. facultatis corrigirte dritte Ausgabe.

4. Gegen Jacobus Faber Stapulensis, Le Fevre d'Eta- ples, 1450—1536, gab die Sorbonne zum ersten Male im J. 1521 eine Erklärung ab mit Rücksicht auf die von ihm zuerst in der Schrift De Maria Magdalena et triduo Christi discej)tatio, 1517 vertheidigte, der damals gewöhnlichen und auch in dem Brevier zu Grunde gelegten Meinung widersprechende Ansicht, dass Maria Mag- dalena (Luk. 8, 2), Maria, die Schwester der Martha (Luk. 10, 39) und die Sünderin Luk. 7, 37 nicht eine und dieselbe, sondern drei

1) Arg. II a 40. 2) Polenz, Gesch. des Calv. I, 245.

3) Arg. IIa 229. 4) Bibl. S. P. 4. s. v.

5) Hist. crit. des comm. p. 575. Grit. II, 84.

Dolet. Guillaud. Faber Stapulensis. 157

verschiedene Personen seien. Nachdem die Frage in verschiedenen Streitschriften') erörtert worden, veröffentlichte die Sorbonne 1. üec. 1521 eine Determinatio, worin sie, ohne Faber zu nennen, erklärte, die Ansicht Gregors des Grossen von der Identität der drei Per- sonen sei als die „dem Evangelium und den heiligen Lehrern und dem Ritus der katholischen Kirche entsprechende" festzuhalten und dürfe nicht bestritten werden; gegen sie gerichtete Schriften seien nicht zu dulden-). Der Syndicus der Facultät, Natalis Beda, ein Hauptgegner Fabers, drang auch auf ein Einschreiten des Parla- ments gegen ihn; dieses wurde aber von Franz T. gehindert.

Im J. 1523 censurirte die Facultät Fabers Commentarii initia- torii in quatuor evangelia, Paris 1522 fol., woraus die mit der Prü- fung beauftragten Mitglieder ein 25 Seiten füllendes Verzeichniss von Irrthümern zusammengestellt hatten. Er wurde aufgefordert zu widerrufen und verweigerte dieses, wurde aber auch dieses Mal von Franz I. beschützt, welcher der Facultät ein weiteres Vorgehen ver- bot. Als diese bald darauf 8. Oct. 1523 in Folge einer Anfrage der Königin-Mutter ein Gutachten über die Mittel zur Unterdrückung der Luther'schen Ketzerei abgab, liess sie eine Klage darüber ein- fliessen, dass das Parlament ihre Beschlüsse über Fabers (und Ber- quins) Schriften inhibirt habe. Fabers Commentar kam später auf den Index der Facultät; auch verbot diese, bei Disputationen Faber als Katholiken zu citiren*^). Einen Commentar zu den Paulini- schen Briefen hatte Faber schon 1512 herausgegeben, und derselbe war auch 1515 und 1517 zu Paris gedruckt worden. Er scheint nicht von der Sorbonne censurirt worden zu sein, aber mit ihrer Genehmigung gab Natalis Beda 1526 Annotationes in Jacobum Fa- brnm et Desiderium Erasmum heraus, worin dieser Commentar und der zu den Evangelien und die Paraphrase des Erasmus scharf kritisirt wurden. Auf. Erasmus' Betreiben wurde der Verkauf dieser Annotationes 1527 von Franz T. verboten^). In demselben .lahre erschien Fabers Commentar zu den katholischen Briefen zu Basel.

Seit dem J. 1521 hielt sich Faber bei dem Bischof Wilhelm BriQonnet zu Meaux auf. Dort übersetzte er das N. T. und die Psalmen ins Französische ; das N. T. wurde zuerst (anonym) 1523 gedruckt mit einer Epistre exhortatoire ä tous chretiens et nhretiennes (über das Bibellesen), die Psalmen 1525 mit einer Epistre comment on doibt prier Dieu lind einer Exhortation en la fin. In demselben Jahre veröffentlichte Brigonnet für seine Diöcese Les Epistres et les Evangiles des 52 dimanches de l'an, avecques brief-

1) K. H. Graf, Jacobus Faber Stap., Zts. f. bist. Th. 1852, S. 55.

2) Arg. II a VII.

3) Arg. IIa X. 6*. Graf S. 24. 166.

4) Graf S. 194. Gegen den Commentar zu den Paul. Briefen sind auch gerichtet : Annotationes Jacobi Lopidis Stunicae contra Jac. Fabrum Stap., Alcala 1519 fol. Vgl. R. Simon, Hist. crit. des versions p. 241.

158 Indices der Sorbonne 1543 51.

ves et trös utiles expositions d^ycelles. Die Perikopen waren aus Fabers Uebersetziing entnommen und die Auslegungen von ihm ver- fasst (er wird aber in dem Buche nicht genannt). Brigonnet war schon länger der Hinneigung zur Reformation verdächtig. Im August 1525 wurde von dem Pariser Parlamente gegen ihn und mehrere Geistliche in seiner Umgebung, ausser Faber u. a. Martialis Masurier und Girard Roussel (Rufus), eine Untersuchung eingeleitet. Das Perikopenbuch wurde von den Inquisitoren der Sorbonne übersandt, und diese gab 6. Nov. 1525 ein Gutachten darüber ab, welches 48 Stellen aus den Exhortationen speciell censurirt und mit dem Votum schliesst: das Buch setze die guten Werke herab, erkläre die Genugthuung für Sünden für nicht nothwendig zum Heile, mensch- liche Gesetze und kirchliche Satzungen für nichtig, . . erkläre stellen- weise die h. Schrift in ketzerischem Sinne, erneuere die Ketzereien der Waldenser, Wycleffiten und Lutheraner u. s. w. und sei darum mit allen ähnlichen öffentlich zu verbrennen, und diejenigen, die es verfasst oder dem Volke hätten vorlesen oder predigen lassen, seien anzuhalten, zur Wiedergutmachung des Aergernisses das Buch und speciell die angegebenen Irrthümer öffentlich zu verdammen ^). Das Perikopenbuch wurde wirklich zum Feuer verurtheilt. Im J. 1 543 wurde, wie wir (S. 144) gesehen, auch eine neue Auflage desselben, die Etienne Dolet 1542 veranstaltet hatte, verbrannt.

Kurz vorher, 26. Aug. 1525, hatte die Sorbonne auf eine An- frage des Parlaments erklärt, eine französische Uebersetzung der Horae B. M. V. von Meresotte könne nicht die Druckerlaubniss er- halten; nach früheren Beschlüssen der Facultät sei es überhaupt unter den jetzigen Verhältnissen gefährlich, Uebersetzungen der Bibel oder biblischer Bücher zu veröffentlichen; die bereits erschie- nenen würden besser unterdrückt als geduldet^). Dem entsprechend verordnete ein Parlamentsbeschluss vom 5. Febr. 152G: die Psalmen (les livres des cantiques du Psautier), die Evangelien, die Briefe des h. Paulus und andere Bücher des A. und N. T. in französicher Uebersetzung und „ein französisches Buch enthaltend Evangelien und Episteln der Sonntage und einiger Festtage des Jahres mit ge- wissen Gebeten" (oraisons; das ist nicht der Titel des Perikopen- buches von Meaux) binnen 8 Tagen abzuliefern; diese Bücher dürften nicht neu gedruckt und verkauft werden bei Strafe der Güterconfis- cation und Verbannung ^). Eigenthümlich ist es, dass die Sorbonne einige Jahre später, 15.30, über ein Buch „Les Epistres de S. Paul translatees de latin en frangais avec ses comments et gloses" das Gutachten abgab: liber tolerandus est^).

Faber und Roussel entzogen sich 1525 der Verfolgung durch die Flucht nach Strassburg, Fabers Schüler, Jacques Pauvant

1) Arg. IIa 35. 2) Arg. IIa 7*

3) Preuves IH, 164. Bull, de la See. II, 210. Das Arret wird hier als der erste Index bezeichnet.

4) Arg. IIa 85. .,,, ;j

Faber Stapulensis. 159

wurde 1525 verbrannt, Masiirier widerrief, wurden aber von Franz I. nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft zurückbe- rufen. 1528 erschien von Faber anonym eine französische Ueber- setzung des A. T. (mit Ausnahme der schon 1525 herausgegebenen Psalmen) nach der Vulgata zu Antwerpen bei Martin Lempereur (de Keyser) mit Approbation des dortigen Inquisitors, 1530 eben- daselbst, von den Löwener Theologen revidirt, eine französische Uebersetzung der ganzen Bibel mit einem Privilegium Karls Y., nochmals mit Randnoten 1534 und bei Antoine de la Haye 1541. Diese Bibel wurde aber, namentlich wegen der vorausgeschickten kurzen Uebersicht des Inhalts der Bibel und wegen der Randnoten, vielfach angegriffen und, nachdem Karl V. seine Privilegien zurück- genommen, wurden die Ausgaben von 1534 und 1541 in das Bibel- verzeichniss der Löwener Indices von 1546 und 1550 gesetzt'). Erst 1541 censurirte die Sorbonne die schon 1523 und seitdem oft gedruckten Les evangiles de J.-C. wegen der Epistre exhortatoire, von der sie sagt: Lutheranae doctrinae conspirat in damnationem doctrinarum, constitutionum et traditionum humanarum, pariter in- vocationis sanctorum ^).

In dem Index der Sorbonne stehen von Faber in der lat. Abth, Commentarii in Evangelia, in Epistolas Pauli und in Epistolas cano- nicas (sie), in der franz. unter den anonymen Schriften Les Epistres . . . ä Tusage de Meaux und Les saints Evangiles de J. C. et au commencement une Epistre exhortatoire, qui sent la doctrine de Luther. Im Yen. steht Jac. Faber in evangelia et epistolas. P. setzte Faber nicht in die 1. Cl., was bei ihm weniger ungerecht gewesen sein würde als bei manchen anderen, aber in die 2. Cl. ausser den Commentarii auch De tribus Magdalenis und In Psal- mos, womit das schon 1509, dann 1513 und 1515 erschienene Quincuplex Psalterium gallicum, romanum, hebraicum, vetus, conci- liatum^) (so seit Ben.) gemeint ist. Im Trid. wurde dieser Auf- zählung beigefügt: tamdiu prohibita sint, quamdiu ab alicujus Uni- versitatis cath. iacultate theologica vel jussu Inquisitionis generalis emendata in lucem prodierint. Das ist seit Ben. durch ein einfaches d. c. ersetzt. (S. Hess sich durch den Titel Commentarii initiatorii in quatuor evangelia verleiten, einen Autor Initiatorius zu creiren und Initiatorii commentaria in quatuor ev. d. c. in die 2. Cl. zu setzen, was denn doch Cl. wieder gestrichen hat.) Eine expurgirte Ausgabe der verbotenen Werke ist nicht erschienen. Aber der Antw. Exp. lieferte eine Expurgation zu den Commentaren zu den Evangelien und den Paulinischen Briefen, nach welcher die Praefatio

1) Graf S. 187. 236. Die Antwerpener Bibelübersetzung von 1530 liegt, wenigstens bei dem N.T. und den „Apokryphen", der ersten Genfer Bibelübersetzung von Robert Olivetan (Neufchatel 1535) und diese der der Löwener Theologen von 1578 zu Grunde. Vgl. R. Simon, Hist. crit. des versions eh. 29. 30. Graf S. 215.

2) Arg. I b ad ind. XII. 3) Graf S. 22. 230.

16Ö Indices der Sorbonne 1543 51.

zu ersterm als suspicionis et oifenRionis plena nee necessaria ge- strichen, viele Stellen beider Commentare geändert oder gestrichen werden sollen. In den spanischen Indices seit Q. werden diese Commentare noch stärker expnrgirt, der Commentar zum Johannes- Evang. wird ganz gestrichen, und wird auch das Psalterium ex- purgirt. Charakteristisch ist, dass bei Y. 51 von Faber nur ver- boten wird Tractatus de tribus Mariis et diva Anna mit der Moti- virung: ubi tenet Annam tantum unum habuisse virum. Es ist die zweite Auflage der oben erwähnten Schrift über Maria Magdalena, „De Maria Magd., triduo Christi et ex tribus una Maria disceptatio", 1518, in welcher Faber auch die Ansicht bekämpft, dass Anna drei- mal vermählt gewesen sei und aus jeder der drei Ehen eine Tochter Namens Maria gehabt habe, die Mutter Christi, die Frau des Al- phäus und die des Zebedäus '). Y. 59 erwähnt diese Schrift nicht und verbietet nur die lateinischen Commentare. Q. verbietet De triplici Magdalena unbedingt, Sand, mit d. c. ; bei Sot. und in den folgenden span. Ind. ist die Schrift, wohl durch ein Versehen, weg- gelassen.

5. Der oben genannte Masurier kam 1534 noch einmal ins Grefängniss, war aber später ein eifriger Gegner der Lutheraner. Das Buch, welches von ihm im Par. 51 steht, Instruction et doctrine ä se bien confesser et prier Dieu, war von der Sorbonne 15. Oct. 1550 censurirt worden. Er war damals Canonicus und Poeniten- tiarius an Notre Dame zu Paris 2). An demselben Tage censurirte sie einen Catechismus: Familiere exposition en forme de colloque 8ur le Symbole, Decalogue et Oraison Dominieale, faite et recolli- gee de TEcriture et vrais expositeurs d'icelle, suivant le vouloir et Intention du Roi de Navarre, par Gi-irard Roussel, Eveque d'Oleron. Sie erklärt: es sei ein das ganze Christenthum bedrohendes Buch voll falscher, Ketzerei athmender, ja ketzerischer Sätze, deren 22 speciell angeführt werden^). Das Buch steht gleichwohl nicht im Index; vielleicht wurde die höhere Genehmigung dazu versagt.

6. Im J. 1532 censurirte die Sorbonne auf Betreiben Beda's auch die religiösen Gedichte, welche Margaretha von Navarra, die Beschützerin Fabers und der anderen vorhin genannten Theologen, unter dem Titel Le Miroir del' ame pecheresse 1531 und 32 her- ausgegeben. Da Franz I. darüber sehr unwillig war, erklärte die Universität, die Verdammung sei von der theologischen Facultät allein ohne Vorwissen der übrigen geschehen. Le Miroir steht darum auch nicht im Index ^).

7. An der Spitze der französischen Abtheilung steht Victor Brodeau, er war Secretär der Margaretha von Navarra und wahrscheinlich wie diese protestantisch gesinnt, f 1540, mit einem

1) Graf S. 55. 233.

2) Arg. Ib p. XVII ad ind. 3) Arg. IIa 161. 4) Jourdain 1682. Bulaeus VI, 238. Polenz I, 222.

V. Brodeau. Rob. Stephanus. 161

Schriftchen Une epitre du pecheur ä Jesus-Christ, imprime ä Lyon par Dolet (es wird noch ein anderes Schriftchen von ihm erwähnt: Louanges de J. C. 1540). Sein Name steht seit Casa in den ital. Indices, aber vielfach komisch corrumpirt : Victor da (de) Bordella, Casa, Yen.; de Bordeus, P. Tr. S.; de Bordeaux vel de Bordeus, Cl. ; seit Ben. Y. Brodeau s. Brodaeus.

8. Yerschiedene Ausgaben der Bibel und des N. T. von dem gelehrten Pariser Buchdrucker Robertus Stephanus, Robert Estienne L, 1503—59, Sohn des Henri Estienne I, der 1502—21 druckte*), erregten bei der Sorbonne Anstoss. So lange Franz I. lebte, kam es aber in Frankreich zu keinem Yerbote derselben. Im Lov. 46 wurden mehrere Bibeln von Steph. verboten; wie dieser in seiner gleich zu erwähnenden Streitschrift (f. 10) behauptet, hätte die Sorbonne die Löwener dazu veranlasst und beabsichtigt, den Löwener Index in Paris nachdrucken zu lassen; in dem oben erwähnten Schreiben an die Löwener vom J. 1545 spricht die Sor- bonne in sehr diplomatischen Ausdrücken von Steph.; der König habe dieses aber verboten und der Sorbonne befohlen, baldigst die nöthigen Yerbesserungen der fraglichen Bibeln zusammenzustellen, die dann den Ausgaben beigefügt werden sollten. Unter Heinrich II. gelang es Stephanus' Gregnern, ein Yerbot der Bibeln durch ein Edict vom 20. Nov. 1548^) zu erwirken. Die Sorbonne veröffent- lichte nun ihre Censur der verschiedenen Ausgaben ^) und setzte die- selben auf ihren Index vom J. 1551. Steph. siedelte nach Genf über und liess dort 1552 mit einer Yorrede über seinen „zwanzig- jährigen Krieg mit der Sorbonne" die Censur derselben mit seinen Gegenbemerkungen zu den einzelnen Passus lateinisch und franzö- sisch drucken: Ad censuras Theologorum Parisiensium, quibus Biblia a Roberto Stephano Typographo Regio excusa calumniose notarunt, ejusdam Roberti Stephani Responsio, Les Censures des Theolo- giens de Paris, par lesquelles ils auoyent faulsement condamne les Bibles imprimees par Robert Estiene imprimeur du Roy : avec la response d'iceluy Robert Estienne. Traduictes de Latin en Francois. L'Oliuier de Robert Estienne. MDLIL 156 Bl. 8.*).

Die Censur der Sorbonne ist ein sehr wenig übersichtliches Conglomerat von mehreren Stücken aus den Jahren 1547 und 1548. Das erste Stück schliesst mit der Erklärung : die Bibeln von 1528. 32. 34. 40 und die von 1545, in welcher neben der Yulgata eine neue Uebersetzung eines Unbekannten (es ist bekanntlich die von Leo Judae) stehe, sowie die von 1546 sind zu unterdrücken; die Anmerkungen, Summarien etc. derselben enthalten viel Irriges, der Lutherischen Ketzerei Günstiges . . ., einiges offenbar Ketzerische, ja Blasphemische; zudem ist im Bibeltexte selbst die echte und von der Kirche recipirte Lesart [eine officielle Ausgabe der Yulgata gab

1) A. A. Renouard, Annales de l'imprimerie des Estienne. Par. 1843.

2) Arg. Ib ad ind. XVII. 3) Arg. II a 143—160.

3) Reimprime par J.-G. Fick, Goneve 1866.

lleusch, Iudex. n

162 Indices der Sorbonne 1543 51.

es damals tekanntlicli nocli nicht] vielfach geändert, was keinem Privaten zusteht. Das zweite Stück handelt speciell von der Bibel von 1545, von deren Noten, Steph. hatte dieselben aus Collegien- heften von Zuhörern des Franz Vatable (f 1547) entnommen, der die Eichtigkeit der Nachschrift lebhaft bestritt, gesagt wird, sie enthielten viel Verdächtiges, Falsches, .... Lutherisches, Blasphe- misches und Ketzerisches. Das dritte Stück handelt von den Aus- gaben des N. T., das vierte wieder von den Randnoten der Bibel- ausgaben, das fünfte von den biblischen Indices von 1528. 32. 40. 46. Das letzte Stück schliesst mit dem Votum: die genannten Bibeln und N.Testamente, das separat gedruckte Psalterium cum anno- tationibus ex Hebraeorum commentariis und die Indices der ge- nannten Bibeln seien wegen der darin enthaltenen Irrthümer und Ketzereien zu unterdrücken und in das Verzeichniss der verbotenen Bücher zu setzen.

Im Par. 51 stehen die oben genannten Bibelausgaben, die N. Testamente von 1541 , 43 und 45, Psalterium s. liber Psalmorum Davidis cum annotationibus ex Hebraeorum commentariis a R. St. excusum cum similibus und Index Bibliorum Parisiis a R. St. ex- cusorum cum similibus. In dem Bibelverzeichniss des Lov. 46 wird der Index Bibl. des Steph. nicht speciell verboten, aber Index bibli- cus impressus Coloniae in aedibus Quentelli a. 1529, und in dem eigentlichen Index Index utriusque T. absque nomine impressoris et loci, pene similis Indici Bibl. R. Stephani. Durch P. kam Ro- bertus Stephanus in die 1. Cl. (seine Bibeln stehen auch in dem Verzeichniss der verbotenen Bibeln hinter dem Index von P., die N. Test, sind nicht genannt), ferner in die 3. Cl. die beiden Indices des Lov. 46. lieber die Erklärung der biblischen Eigennamen s. o. S. 108. Die Streitschrift gegen die Sorbonne, Responsio etc., wurde merkwürdiger Weise erst 1624 verboten.

Am 19. Dec. 1542 censurirte die Sorbonne zwei kleine Publi- cationen von Steph.: Summa totius sacrae scripturae, tam V. quam N. T., und Decem Dei verba sive praecepta per Moysem data et a Christo atque apostolis ejus partim citata partim explicata, auch französisch gedruckt mit den Titeln: Ici est brevement compris tout ce que les livres de la Sainte Escriture enseignent ä tous chrestiens, und Les dix paroles ou commandements de Dieu, baillez par Moyse, exposez par J. C. Sie waren gleichzeitig als Placate zum Aufhängen und als Heftchen von einigen Octavblättern gedruckt, die Summa seit 1540 auch vor seinen Bibelausgaben. Die Sor- bonne war der Ansicht, sie seien zu unterdrücken, weil darin die Sacramente und die Grebote der Kirche nicht erwähnt würden und doch darunter stehe: Hoc fundamentum, nemo aliud potest ponere etc. (1 Cor. 3, 11). Si vis ad vitam ingredi, serva mandata ^). Die bei-

1) Arg. I ad calcem XII. Jourdain No. 1757. Renouard p. 304 kennt nur Ein Exemplar der zweiten Publication und hat daraus die zehn Ge- bote (aber ohne die von Steph. beigefügten erläuternden neutestament-

Alcoranus Franciscanorum. 163

den französischen Sächelchen stehen in dem Index der Sorbonne unter Table qui se commence und sind dann später (aus Q.) durch S. Cl. auch in den Rom. Index gekommen, wo sie noch jetzt unter Tabulae stehen (seit Ben. mit dem französischen Titel). Die Summa steht in den Löwener Indices*) und ist aus diesen durch P. in den Römischen gekommen, aber von Ben. gestrichen.

Seit S. Cl. stehen im Rom. Ind. auch Phrases hebraicae [s. loquendi genera hebraica] quae in V. praesertim T. passim legun- tur, [ex commentariis Hebraeorum aliisque doctiss. virorum scriptis explicata. Thesauri linguae hebr. altera pars, 1558]. Ben. hat diese mit den vorhin genannten Schriften unter Rob. Stephanus gesetzt; sie sind aber bei Rob. Stephanus II., dem zweiten Sohne Roberts I. (1530—71), der zu Paris blieb, gedruckt 2).

Die Schriften, welche in der 2. Abth. des Par. 51 stehen, sind fast alle auch in den Rom. Index übergegangen. Auffallender Weise stehen hier und in Folge davon auch im Rom. Ind. einige Schriften ohne Namen des Verfassers, die schon in der 1. Abth. mit diesem stehen, z. B. Institutio religionis christ. (von Calvin) ; Modus orandi und M. confitendi (von Erasmus). Bemerkenswerth sind aus dieser Abtheilung folgende Schriften :

Alcoranus Franciscanorum i. e. blasphemiarum et nuga- rum lerna de stigmatisato idolo, quod Franciscum vocant, ex Libro Conformitatum, Anno 43. Dieses Buch (222 S. 8) ist nicht eine Uebersetzung von Erasmus Albers „Der Barfüsser Mönche Eulen- spiegel und Alcoran" Satire auf die Mönche mit Rücksicht auf den Liber conformitatum vitae S. Francisci cum vita D. N. Jesu Christi, von dem § 23 die Rede sein wird, und andere Legenden, anonym mit Vorrede von Luther, s. 1. et a. und Wittenberg 1542,

liehen Stellen) abdrucken lassen. Es ist nicht die gewöhnliche kurze, sondern die ausführliche Fassung, wie sie Ex. 20 stehen; auch die Zäh- lung ist nicht die bei den Katholiken, sondern die bei den Reformirten übliche. Das hat auch wohl Anstoss erregt, wiewohl es bei Arg. nicht erwähnt wird. (Steph. legt Werth darauf, dass das Verbot, Bilder zu machen und anzubeten, als ein besonderes, das zweite Gebot gezählt werde. Les Censures f. 7 v). Die Sorbonne Hess bei J. Andre einen orthodoxen Abdruck der zehn Gebote mit Beifügung der Gebete der Kirche erscheinen.

1) In der fläm. Abth. von Lov. 46. 51 steht „Dat begriip der ghe- hellder Bybelen"; in der Antw. App. „Een cort begriip ende slot van der gansser heyliger scriftueren des 0. ende N. T., gedruckt te London" ; in einem Inquisitionsprocess zu Löwen 1543 (Enzinas, Memoires II, 576) wird erwähnt ein zu Antwerpen gedrucktes Büchlein: „Dat begriip der geheel- der heyliger Scriftueren". Das sind vielleicht auch Bearbeitungen der Summa.

2) Renouard p. 162.

164 Indices der Sorbonne 1543 51.

sondern ein vielleiclit aucli von Alber angefertigter Auszug aus dem Liber conformitatum mit Citirung der Seiten und mit einer lat. Ueber- setzung von Albers und Lutbers Vorreden '). Conrad ßadius gab zu Grenfl556 L'Alcoran des Cordeliers tant en latin qu'en francais heraus, eine üebersetzung von Albers Buch und fügte 1560 einen von ihm verfassten 2. Theil hinzu ^). Da Alcoranus Francis- canorum ohne nähere Bestimmung aus dem Par. Index in den von Casa, Med. Yen. und dann durch P. in den Rom. Index gekommen ist, so ist in diesem das zuerst genannte Buch gemeint (Alber und Badius stehen übrigens in der 1. GL, so dass auch ihr Alcoran ver- boten ist). Vergerio bezeichnet in seinen Zusätzen zum Ven. Franz Lambert von Avignon als Verfasser, was aber nur eine Vermuthung zu sein scheint^).

Articuli a Facultate S. Theol. Paris, determinati super ma- teriis fidei nostrae hodie controversis, cum antidoto, von Calvin 1542 herausgegeben, die in diesem Jahre von der Sorbonne ver- öffentlichten 25 Artikel *) mit Calvins Entgegnung (im Anhange auch französisch), im Rom. Ind. seit Tr. mit dem Zusätze : auctore, ut creditur, Calvino. Autfallender Weise steht nicht im Index eine ältere Schrift gegen die Verdammung Luthers durch die Sor- bonne, obschon dieselbe von dieser 1524 auf den Antrag des könig- lichen Advocaten Lizet und ihres Syndicus Noel Beda censurirt war : Determinatio Facultatis Theologiae Parisiensis super certis propo- sitionibus etc., alias dictus Murmann ^). Die Sorbonne bezeichnete die Schrift als libellus famosus gegen viele namentlich genannte ehrenwerthe Männer und als voll von groben Angritfen auf den katholischen Cultus u. s. w. Das Parlament verfügte darauf, der Bischof solle unter Androhung der Excommunication zur Ablieferung der

1) Clement I, 153. Vgl. über den Liber conf. und die dazu gehörende Literatur Baumg. I, 286.

2) Auch Genf 1578, mit Figuren von B. Picart Amsterdam 1734, Nie. 36, 144. Dagegen Henr. Sedulius 0. Min., Apologeticus adv. Ale. Franc, pro Libro Conformitatum. Antw. 1607.

3) Vielleicht veranlasst dadurch, dass Lamberts Rationes propter quas minoritarum conversationem habitumque rejecit, auch mit einer Vorrede von Luther s. 1. et a. (Witt. 1528) erschienen (Schelh. Am. lit. IV, 312). Im Par. steht unter seinem Namen : Doclaration de la regle des cordeliers par un jadis de leur ordre et maintenant de J. C, eine üeber- setzung seiner Evangelici in minoritarum regulam comraentarii (Witt. 1521). Baum, Fr. Lambert v. Av., 1840, erwähnt den Alcoran nicht als Schrift von Lambert.

4) Polenz I, 295.

5) Das Pasquill beginnt: Doctissimo Domino Doctori et Magistro nostro Murman super sentimentum almissimae Universitatis de villa Parisiis. Cochlaeus, De actis Luth. a. 1521 f. 43.

I

Anonyme Schriften. 165

Exemplare und zur Anzeige des Verfassers, des Druckers und der Verbreiter auffordern, was unter dem 10. Dec. 1524 geschah^).

Epistola apologeticaad syncerioris christianismi sectatores per Frisiam orientalem et alias inferioris Grermaniae regiones [in qua Evangelii Christi vere studiosi, non qui se falso evangelicos jactant, iis defenduntur criminibus, quae in illos Erasmi Rosterod. Epistola ad Vulturium Neocomum intendit. Per ministros Evan- gelii Ecclesiae Argentoratenses. Strassb. 1530. 15 B. 8]. Es ist die von M. Bucer verfasste Entgegnung auf Erasmus' Epistola ad Vult. Neocomum (Grerhard Greldenhauer) contra quosdam, qui se falso jactant evangelicos (Freiburg, Nov. 1529), worauf Erasmus antwor- tete mit der Eesponsio ad Epist. apol. . . . incerto auctore prodi- tam (Freib. 1. Aug. 1530. Opp. 10, 1590)2).

Liber militantis. Postulationes paucas et pias etc. Argen- torati, excud. Jac. Kamraerlander 1536, im Rom. Ind. Liber mili- tantis etc.

Litaniae Grermanorum, h. e. supplicatio ad Deum Opt. Max. habita in celebri quadam urbe Germaniae in die cinerum, s. 1. et a. (1521) 8 Bl. 4^), eine Travestie der Allerheiligen-Litanie : anfangs ist nur Ora pro nobis in Ora pro Germania geändert ; später kommen Bitten wie A Rom. Pontificum tyrannide. Ab insidiis dia- boli et Romanorum etc. libera Grermanos Domine, dazu kurze sa- tirische Anmerkungen. Im Rom. Ind. Litania Grermanorum, erst von Ben. ist der Titel vervollständigt.

Im Anhange steht noch: Lamentatio et querimonia missae quae cani potest ad numerum prosae Lauda Sion. Cui additus est Pasquilli et Marforii hymnus in Paulum III. Im Rom. Ind. stehen seit P. getrennt: Lam. et quer, missae und Pasquilli etc. Letzterer ist auch als fliegendes Blatt besonders gedruckt: P. et M. hymnus in Paulum III. P. M., quem alternatim Romae cecinerunt, factus ad numerum Te Deum laudamus''). Durch S. ist aus Q. noch De laudibus Julii III. hymnus et sequentia missae quae dicitur in die Corporis Christi in den Rom. Ind. gekommen, wahrscheinlich nur ein corrumpirter Titel des im Par. 51 stehenden Lamentatio etc.

1) Arg. IIa 10*. Ueber die Confession de Beda s. o. S. 150.

2) Burigny, Vie d'Erasme II, 307. Baum, Bucer und Capito S. 594.

3) A. V. Dommer, Autotypen der Ref.-Zeit No. 65. Abgedr. in (Strubels) Opuscula quaed. satirica et ludicra temp. ref. (1784) Fase. I.

4) Hist. Taschenb. 1838, 375, Eine deutsche Uebersetzung von Er. Alber: „Ein Te Deum laudamus von Bapst Paulo III." abgedr. bei Schade I, 44. Die Lamentatio etc. kann ich nicht verificiren. Die Querela missa von lo. Atrocianus (1529, s. K.-L. I, 1563) und das von Cochlaeus, De act. Luth. f. 114 erwähnte Gedicht in sepulturam et exequias missae sind in Distichen geschrieben, die Lamentatio nuper defunctae missae apud chri- stianos (Bibl. Bunav. III, 1287) carmine dithyrambico. Ueber deutsche Spottgedichte dieser Art s. o. S. 96.

166 Indices der Sorbonne 1543 51.

In der Abtheilung, welche die anonymen französischen Schrif- ten enthält, steht, auffallender Weise mit dem Namen des Verfassers, Promptuaire des conciles de l'Eglise cath., avec les schismes et la difference d'iceux. Fait par Jean le Mai re, de Beiges, elegant historiographe. Traite singulier et exquis. Par. 1543. Das ist eine neue Ausgabe oder eine Umarbeitung der gegen Julius II. ge- richteten Schrift: Le Traicte de la diflTerence des schismes et des con- ciles de l'Eglise et de la preeminence et utilite des conciles de la S. Egl. gallicaine. L'histoire du prince Syrach Ismail dit Sophy et le blason des armes des Venitiens, Lyon 1511. 4, von der es mehrere Ausgaben, auch eine lateinische Uebersetzung gibt : Jo. Maierii Trac- tatus de differentiis schismatum . . . lat. conv. L. J. Camerarius, Lps. 1572 *). Bei Wolf, Lect. mem. I, 943 sind, allerdings unerbauliche, Auszüge daraus abgedruckt. Jean le Maire heisst de Beiges, weil er 1473 zu Beiges im Hainaut geboren war; gestorben ist er 1524, nach anderen 1548. Im Römischen Index steht er seit P. in der 1. Cl., und zwar, wie bei Gesner, als Jo. Mayre, seit Ben. als Jo. le Maire seu Marius.

Von Franz Rabelais, er war früher Franciscaner und Be- nedictiner und starb als Pfarrer zu Meudon 1553, stehen im Par. 51 unter den anonymen französischen Schriften: Grandes annales et tres-veritables des gestes et merveilleux faits du grand Gargan- tua et Pantagruel, Roy des Dipsodes, und unter P: Pantagruel et Gargantua und Le tiers livre de Pantagruel, fait par Rabelais 1545 (in Antw. App.: Rabelais touchant les mensonges qu'il a ecrit en frangais de son Pantagruel, Frangois R. en son Gargantua, und Garg. et Pant. faits en frangais par Fr. Rabelais). Es ist also nicht ganz richtig, wenn Roh. Stephanus den Pariser Theologen vorhält: Ra- belais zu verbrennen, hätten sie sich nicht einfallen lassen; nur das 4. Buch des Pantagruel sei von der Sorbonne censurirt und vom Pariser Parlament I.März 1553 verdammt; im folgenden Jahre aber habe Heinrich IL auf Ersuchen des Cardinais von Chatillon das Ver- bot aufgehoben^). Im Rom. Ind. steht Rabelais in der l.Cl., und zwar bei P. Tr. als Rabelesius, daneben seit S. Cl. (aus Antw. App. und Q.) als Franc. Rabletius. Die beiden Namen blieben neben einander stehen, man wird sie für zwei Autoren gehalten haben, bis Ben. Franc. Rabelais s. Rabelaesus dafür setzte.

Unter den anonymen französischen Schriften, dann seit P. im Rom. Ind. steht bis jetzt: Cymbalum mundi. Der vollständige Titel ist: C. m. en frangais contenant quatre dialogues poetiques, antiques, joyeux et facetieux par Thomas Duclevier. Paris 1537. Lyon 1538. Der Verfasser hiess Bonaventura des Periers und war

1) Maittaire 11, 220. Serapeum 1861, 234.

2) Das 1. Buch des Garg. erschien 1533, das 2. 1535, das 3. mit Rabelais' Namen 1546, das 4. 1552, das 5. nach seinem Tode 1564 mit fremden Zuthaten.

Index des Inquisitors liecanis. 167

valet de chambre der Königin von Navarra. Das Bucli ist eine Ver- spottung des Heidentliums, die von manclien als Verspottung christ- licher Dinge aufgefasst wurde. Etienne Pasquier soll davon ge- sagt haben: C'est un Lucianisme qui merite d'etre jete au feu avec l'auteur, s'il etait vivant^). Die Sorbonne sagt in dem auf Befehl des Parlaments 1538 erstatteten Gutachten: quamvis non continet errores expressos in fide, tarnen, quia perniciosus est, supprimen- dus 2).

Im J. 1541 begutachtete die Sorbonne im Auftrage des Par- laments 5 libelli und 5 Codices (Manuscripte oder Broschüren?). In dem Gutachten heisst es: Quartus codex, qui incipit: C'est la bonne coutume etc. est epistola quae dirigitur ad pauperem et mendicam Ecclesiam Lutheranorum, in qua damnantur doctrinae et constitutione« humanae . . et Eccl. cath. proditrix noverca appellatur. Im Par. 51 steht: C'est la bonne coutume. Est Epistola . . . Lutheranorum, im Rom. Ind. aber seit P. bis heute, als ob das ein Titel wäre: Epi- stola directa . . . Lutheranam.

Zum Schlüsse ist noch ein französischer Index zu erwähnen, welcher an sich unwichtig, aber interessant, richtiger gesagt : ein in- teressantes Curiosum ist. Er findet sich hinter einem Erlass eines Inquisitors der Provinz Toulouse, Vidal de Becanis, der zwischen 1540 und 1550, wahrscheinlich 1548 oder 1549, publicirt wurde ^). Der Erlass fordert zunächst zur Denunciation der der Ketzerei ver- dächtigen Personen auf, aucb derjenigen, welche seit drei Jahren die unten verzeichneten Büchar gehabt, gedruckt, gekauft, verkauft oder eingebunden oder haben drucken oder einbinden lassen. Dann wird bei Strafe der Excommunication zur Ablieferung der Bücher binnen vier Tagen aufgefordert und gedroht, wer sie nicht abliefere, werde als Begünstiger der Ketzer verfolgt werden. Das Verzeichniss um- fasst 92 Nummern. Es wimmelt von den entsetzlichsten Entstel- lungen der Namen und Titel; selbst die bekanntesten Namen sind verdruckt, so dass sie zum Theil kaum wiederzuerkennen sind: Mar- tini Lutheti , Marcelli de Padua, Vulpici Zironga (Ulricli Zwingli), Justi Jove (Jonas), Eximani Bady (Herrn. Bodii).

Es werden verboten die (sämratlichen) Werke von 21 Schrift- stellern, — nur Ph. Melancbthonis mit dem Zusatz in his quae sunt 8. scripturae, wie in der Censur der Sorbonne vom J. 1523, und

1) Bayle s. v. Peignot I, 101. B. desPeriers, Cymbalum mundi ou dialogues satyriques . . . Avec une lettre crit. dans laq. on fait l'hist., l'analyse et Papologie de cet ouvr., par Pr. Marchand. Amst. 1732.

2) Arg. I ad ind. X.

3) E. de Freville, De la police des livres au 16. siecle, Livres et chansons mis ä ITndex par l'Inquisiteur de la province ecclesiastique de Toulouse 1548—49. Paris 1853*. (Separat- Abdruck aus dem Bulletin de la See. de l'hist. du prot. I, 355. 437. II, 15.)

168 Indices der Sorbonne 1543 51.

Opera Fabri Sterpulensis (sie) mit dem Zusatz: sur la S. Escriture und, da er der letzte ist, dessen Werke im allgemeinen verboten werden, mit dem Zusatz : ou autres auteurs favorisans et instigans ä leurs sectes hereticques ou erreurs, ferner eine Reihe von ein- zelnen, grossentbeils anonymen Schriften, 17 von Erasmus, endlich unter der Ueberschrift Ce sont les chansons prohibees 14 einzelne Chansons und zuletzt toutes aultres chansons scandaleuses et con- tenantes erreurs contre Dieu et l'Eglise.

Ohne Zweifel hat der Inquisitor das Edict Karls Y. von 1540 benutzt: die ersten 11 Namen, die in diesem stehen, kommen auch bei ihm vor, und zwar fast in derselben Reihenfolge *), und neben den von Dolet (Etienne Dolet) gedruckten Neuen Testamenten werden auch die par Christophorum de Rimondia, Joannem Lul, d. i. Chr. von Remonde und Joh. Zell verboten. Ausserdem hat der Inquisitor Censuren der Sorbonne gekannt: manche Nummern stimmen mit deren Verzeichnissen von 1543 und 1544, die aber jedenfalls nicht voll- ständig aufgenommen sind^). Von den im Pariser Index stehenden Schriften des Erasmus sind die meisten aufgenommen und einige bei- gefügt-^).

Es ist nicht nöthig, auf alle Einzelheiten einzugehen. Bemer- kenswerth ist noch folgendes : No. 16 wird befohlen, diejenigen zu denunciren, welche lateinische oder französische Bibeln und Neue Testamente haben, „in welchen im Summarium des 4. Capitels des Römerbriefs Fides justificat, non opera oder ähnliche Worte, oder in welchen am Rande oder auf den Seiten andere ketzerische und verdammte Sätze stehen." ^

No. 46 werden alle lateinischen und französischen Schriften verboten, die seit 15 Jahren ohne Angabe der Verfasser, Drucker oder Schreiber geschrieben oder gedruckt sind (also auch Manu- scripte).

1) Octovi Boussi (No. 11), der wie bei Karl V. unmittelbar hinter lo. Pomeranus steht, ist darum nicht, wie Freville vermuthet, Girard Roussel, sondern Otto Brunfels, und vielleicht stecken in den darauf fol- genden Wortungeheuern Corostiani Krastiani, Setzmann Scribae, Justi Jove, loannis Peri ausser Justus Jonas noch Jo. Puperus Gochianus und Erasmus Sarcerius (Freville meint Jo. Perius sei Jo. Ferus und Carostianus Krastianus Seb. Münster).

2) Mit Opera Serveri Artinoistae ist jedenfalls nicht, wie Freville meint, Michael Servet gemeint, „dem die Controvers-Theologen den Bei- namen Origenista gegeben", sondern Petrus Artopoeus oder Sarcerius Avincemontanus (statt Annaemontanus), die in den Pariser Indices stehen. La Somme de la Saincte Escriture (No. 44) ist, was Freville nicht er- kannt, das unter demselben Titel im Pariser Index (Arg. IIa 177) stehende Buch.

3) Die Exomologesis als Axemolages, Encomium matrimonii als Anthonium matr., Le manuel du Chevalier chretien als Le Emanuel etc.

Die Römische Inquisition. 169

17. Die Errichtung der Römischen Inquisition 1542.

Wenn bisher von speciellen Massregeln gegen ketzerische Bücher in Deutschland, England, Belgien, Spanien und Frank- reich, aber nicht in Italien die Rede gewesen ist, so entspricht das der chronologischen Ordnung: der erste päpstliche Index ist erst 1559, das erste italienische Verzeichniss von verbotenen Büchern, welches den englischen Verzeichnissen von 1526 und den Placaten Karls V. von 1526—40 an die Seite gestellt wer- den kann, erst 1545 veröffentlicht worden, und wenn auch schon vorher an manchen einzelnen Orten in Italien von Bischöfen oder Inquisitoren der Ketzerei Verdächtige verfolgt und ketze- rische Bücher verbrannt wurden und in Rom und anderwärts alljährlich die Bulla Coenae verlesen wurde, so beginnt doch erst mit dem J. 1542 in Rom die specielle Gesetzgebung gegen die Verbreitung ketzerischer und verdächtiger Bücher. Es war vor allen Giovanni Pietro Caraffa, geb. 1476, 1504 Bischof von Chieti (Theate), 1524 mit Gaetano von Tiene Stifter der Theatiner, 1536 Cardinal, der schon lange vorher, ehe er als Paul IV. den päpstlichen Thron bestieg (1555), dazu beitrug, dass von Rom aus den religiösen Neuerungen mit grösserer Energie und Consequenz als in den ersten Decennien entgegen- gewirkt wurde.

Hauptsächlich auf sein Betreiben gab Paul III. der Inqui- sition eine neue Organisation, indem er durch die Bulle Licet ab initio vom 21. Juli 1542 ') sechs Cardinäle, darunter natür- lich an erster Stelle Caraffa, zu General-Inquisitoren für die ganze Kirche ernannte (Apostolicae Sedis in omnibus reipublicae christianae terris tam citra quam ultra montes super negotio fidei Commissarii et Inquisitores generales et generalissimi), und dieselben ermächtigte, gegen Ketzer und der Ketzerei Ver- dächtige überall, auch ohne die Ortsbischöfe, vorzugehen, überall, wo es ihnen gut scheine, Delegirte zu bestellen und Appellationen von allen Inquisitionstribunalen anzunehmen. Paul IV. modi-

1) Bull. I, 752. Vgl. Bromato, Storia di Paolo IV. II, 55.

170 Die Römische Inquisition.

ficirte diese Einrichtung, indem er 1558 bestimmte, es solle immer Ein Cardinal (nach Analogie des Gross-Poenitentiars) General- Inquisitor und als solcher „in Sachen des Glaubens" (bezüglich des Vorgehens gegen Ketzer u. s. w.) von allen delegirten In- quisitoren und von allen Bischöfen als Vorgesetzter anerkannt v^erden; er solle auch während der Pkledigung des päpstlichen Stuhles im Amte bleiben 0. Aber der von ihm zum General- Inquisitor ernannte und von Pius IV. (1559—65) bestätigte Car- dinal von Alexandria, der Dominicaner Michele Ghislieri, ist der einzige gewesen, der dieses Amt bekleidet hat 2). Nachdem er 1566 als Pius V. Papst geworden, ernannte er wieder vier Cardinäle zu General-Inquisitoren^). Ihre vollständige, im wesent- lichen noch jetzt fortbestehende Organisation erhielt die Inqui- sition dann durch Sixtus V. im J. 1588.

In der Bulle vom J. 1542 ist von häretischen Büchern nicht ausdrücklich die Rede (auch nicht in der Bulle Sixtus' V. vom J. 1588). Dass aber die Unterdrückung derselben mit zu den Aufgaben der Inquisition gehörte, war selbstverständlich, und schon am 12. Juli 1543 erliessen die General-Inquisitoren ein Edict*) folgenden Inhalts:

Um die ketzerischen und von Ketzern verfassten Bücher zu beseitigen, befehlen wir allen Buchhändlern in Rom und an anderen Orten Italiens kraft des heiligen Gehorsams und bei Strafe der Ex- communicatio latae sententiae und von 1000 Ducaten, die zur Hälfte der apostolischen Kammer, zur Hälfte dem Ankläger zufallen sollen, und bei anderen von uns oder unseren Subdelegaten nach Gutdünken zu bestimmenden Strafen und bei Strafe des Verlustes aller Bücher und drei Hieben mit einem Strick, Bücher, Tractate ... in irgend- welcher Sprache, welche ketzerisch oder der Ketzerei verdächtig und von dem apostolischen Stuhle verdammt sind, oder die jüngst ge- druckten Predigten des Bernardino Ochino oder die Pasquilli in

1) Raynald. a. 1558, 23. Bromato II, 458.

2) In der Bulle Clemens' XI. vom J. 1712, durch welche Pius V. heilig gesprochen wurde (Bull. cont. II, 92) heisst es N. 9 : . . ei supremi ac perpetui Inquisitoris provincia demandata, facta omnibus episcopis ac delegatis jussione, ut in rebus ad Sanctum Officium pertinentibus ipsum velut superiorem agnoscerent. Hanc dignitatem, quae nemini neo antea nee postea collata fuit, Pius IV. Cardinali Alexandrino confirmavit.

3) Bull. II, 216.

4) Eymericus, App. p. 112. Bromato II, 80.

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t

Die Römische Inquisition. 171

ecstasi oder irgendwelche andere in der letzten Zeit (noviter) ver- fasste und herausgegebene über irgendwelchen Gegenstand (in qua- cunque facultate), namentlich die ohne Titel (Angabe des Verfassers), weder öffentlich noch heimlich zu verkaufen, ohne zuvor in Korn uns, anderswo den von uns delegirten oder zu delegirenden Per- sonen ein Yerzeichniss der bei ihnen vorräthigen Bücher vorgelegt und die Erlaubniss zum Verkauf derselben erlangt zu haben. Wer dieser Verordnung zum zweiten Male zuwiderhandelt, soll ausser den angegebenen Strafen eo ipso unfähig sein, den Buchhandel zu betreiben, und für immer verbannt werden. Den Buchdruckern be- fehlen wir bei denselben Strafen, die besagten Bücher, auch wenn sie anderswo schon gedruckt sind, und andere Bücher, worüber sie auch handeln mögen, nicht anders zu drucken als in Eom mit aus- drücklicher Erlaubniss von uns oder dem Vicar des Papstes und nachdem sie von uns oder dem Magister Sacri Palatii geprüft wor- den sind, ausserhalb Roms mit Erlaubniss unserer Delegirten. Am Ende der Bücher ist immer der Name des Druckers und Ort und Datum des Druckes in der üblichen Weise beizufügen. Die Buch- drucker sollen von den angedrohten Strafen nicht frei sein, wenn ohne ihr Vorwissen in ihren Officinen von einem Weibe oder Diener etwas gedruckt wird. Allen Mauthbeamten (dohaneriis) befehlen wir bei Strafe von 2000 Ducaten und Verlust des Amtes, über die auf der Mauth ankommenden gedruckten oder nicht gedruckten Bücher in Rom uns, anderswo unseren Delegirten Anzeige zu machen und ohne ausdrückliche Erlaubniss die Bücher den Eigenthümern nicht auszuliefern. Allen gebieten wir, ketzerische, irrige, temeräre und aufrührerische Bücher nicht tu erwerben, zu kaufen, von anderen anzunehmen, zu lesen, vorlesen zu hören, anderen mitzutheilen, aus anderen Provinzen nach Italien zu bringen, und wenn sie solche Bücher haben, sie in Rom uns, anderswo unseren Delegirten rea- liter et cum efficacia abzuliefern. Thomas Maria von Bologna, Inquisitor von Ferrara und Bologna, wird von uns delegirt und er- mächtigt, in allen Bibliotheken, Druckereien und Buchläden, in allen Privathäusern, Kirchen und Klöstern nachzusehen, ob sich dort der- gleichen Bücher befinden, und dieselben öffentlich oder heimlich zu verbrennen.

In einer Bulle vom 29. April 1550*) nahm Julius III. alle

bis dahin ertheilten Ermächtigungen zum Behalten und Lesen

verbotener Bücher zurück (s. § 18) und verordnete:

Alle Buchdrucker, Bibliothekare und Buchhändler und alle anderen Personen jeden Ranges mit Ausnahme der Inquisitoren und Commissare der Inquisition (denen für die Dauer ihrer Amtsführung das Behalten und Lesen verbotener Bücher gestattet wird), welche lutherische oder andere ketzerische oder die lutherische oder eine andere falsche Lehre enthaltende oder von Uns und dem apostoli-

1) Eym. App. p. 115.

172 Die Römische Inquisition.

sehen Stuhle verdammte Bücher, wenn auch mit specieller Erlaub- niss des besagten Stuhles, besitzen, sollen binnen 60 Tagen, von denen 20 als erste, wieder 20 als zweite, die letzten 20 als dritte und peremtorische Frist und kanonische Warnung gelten sollen, alle Bücher der genannten Art den Inquisitoren abliefern. Die Greneral- Inquisitoren sollen gegen diejenigen, die nicht gehorchen, einschreiten. Die Bulle soll in der Peters- und Laterankirche verlesen und an den üblichen Orten in Eom angeheftet werden und 60 Tage nach dieser Publication alle so verpflichten, als ob sie ihnen persönlich vorgelesen wäre.

Das Besitzen und Lesen verbotener Bücher ist ein sehr oft vorkommender Anklagepunkt in den Inquisitionsprocessen des 16. Jahrhunderts '). Der erste Römische Lidex, der vom J. 1559, wurde, wie wir sehen werden, von der Inquisition publicirt, und auch nach der Errichtung der Index-Congregation hatte sich die Inquisition bis auf diesen Tag vielfach mit ketze- rischen und verdächtigen Büchern zu befassen^).

Der grossartige Plan eines von einem Centrum in Rom ge- leiteten, über alle von der Ketzerei angesteckten oder bedrohten Länder der Christenheit ausgebreiteten Netzes von Inquisitions- gerichten kam nur in sehr unvollkommener Weise zur Ausfüh- rung. Die spanische Inquition behauptete unabhängig von der Römischen ihr Gebiet, auch Sicilien^; Frankreich und überhaupt die Länder jenseits der Alpen vermochte diese sich nicht zu unterwerfen; selbst in Venedig und einigen anderen italienischen Staaten wurde ihre Wirksamkeit von den Regierungen wesent- lich eingeschränkt. Aber wenn auch die Römische Inquisition als Gerichtshof nur einen Theil von Italien als ihren Bezirk ansehen konnte, so wurde doch für ihre doctrinellen Entschei- dungen, allgemeinen Verordnungen und Bücherverbote, zumal wenn ihre Beschlüsse unter dem Vorsitze des Papstes gefasst waren, eine die ganze Kirche verbindende Kraft wenigstens von der römischen Curie beansprucht. Freilich wurde diese Verbindlichkeit, wie wir

1) Vgl. die Verzeichnisse der Accusati di eresia aus den Acten der Venetianischen Inquisition, Riv. crist. 1878, 28 ff., die Auszüge aus den Acten der Römischen Inquisition von 1564 ff., ebend. 1880, 9 ff. und das Compendium inquisitorum (s. u.) p. 462. Vgl. Albit. p. 276.

2) Ueber das Verfahren s. die den späteren Index- Ausgaben vor- gedruckte Bulle Benedicts XIV. vom J. 1753, § 3—5.

A

Die Römische Inquisition. 178

sehen werden, namentlich in Spanien und Frankreich ebenso- wohl bestritten wie die der Bulla Coenae.

Wir haben einen sehr interessanten Bericht, den CarafFa im J. 1532, er war damals Bischof von Chieti, hielt sich aber in Venedig auf, für Clemens VII. schrieb '). Er klagt darin über das Umsichgreifen der Ketzerei, über die Verbreitung und das un- gehinderte Lesen ketzerischer Bücher, über die Nachlässigkeit man- cher Inquisitoren, namentlich der aus dem Orden der Franciscaner- Conventualen, auch über die Nachsicht des Papstes. Er erwähnt zugleich einen Fall, in welchem die Untersuchung gegen einen der Ketzerei Verdächtigen (Galateo) vom Papste ihm, also einem ausser- ordentlichen Commissar, übertragen worden : er habe denselben als rückfälligen und unverbesserlichen Ketzer verdammt, aber man (die Venetianische Regierung) verzögere die Execution.

Nach der neuen Organisation der Inquisition wurden von Zeit zu Zeit von Rom Inquisitori camminatori (Reise-Inquisitoren, Visita- toren) ausgesandt, um die Bischöfe und Local-Inquisitoren zu con- troliren und anzuspornen und da, wohin sie kamen, Untersuchungen anzustellen ^).

Nach dem Tode Pauls IV. (18. Aug. 1559) kam es bekannt- lich in Rom zu argen Excessen. Unter anderm wurde von einem Volkshaufen das Gefängniss der Inquisition erbrochen; man fand darin, wie Pauls Biograph^) berichtet, 72 Ketzer, darunter 42 Häre- siarchen (es sind wohl sog. haeretici dogmatizantes gemeint, solche, die ketzerische Ansichten zu verbreiten gesucht) ; sie wurden freige- lassen, nachdem man sie hatte schwören lassen, dass sie immer katholisch bleiben wollten. Der Generalcommissar der Inquisition, Tommaso Scotti, wurde schwer verwundet.

Pius IV. erklärte in einer Bulle von 1563, die Inquisition könne auch gegen Prälaten wegen Ketzerei vorgehen *).

Die Bulle Immensa Sixtus' V. vom J. 1588^) handelt von den 15 Congregationen von Cardinälen, die er theils bestätigte, theils neu errichtete. Die Sacra Congregatio Romanae et Universalis In- quisitionis oder Congregatio Sancti Officii wird darin zuerst aufge- führt und als eine Besonderheit derselben hervorgehoben, dass der Papst selbst in ihr den Vorsitz zu führen pflege. Ueber ihre Or- ganisation ist folgendes zu bemerken : Einer der Cardinäle ist Secre- tär der Congregation und hat als solcher namentlich für die Aus- führung der Beschlüsse zu sorgen. Zu dem Personal der Congre- gation gehören: 1. Der General-Commissar des h. Officiums, regel- mässig ein Dominicaner, welcher bei allen der von der Congregation zu treffenden definitiven Entscheidung vorhergehenden processuali- schen Acten als ordentlicher Richter fungirt und namentlich die Ver-

1) Abgedruckt Riv. crist. 1878, 281 ; vgl. Bromato I, 204.

2) Bromato II, 457. 3) Bromato II, 577. 4) Bull. II, 103. 5) Bull. II, 667.

174 Die Römische Inquisition.

höre der Angeklagten und Zeugen leitet. 2. Der Assessor des h. Officiums, in der Eegel ein Weltgeistlicher, welcher der Gehülfe und Stellvertreter des Commissars ist und namentlicli in den Sitzungen der Cardinäle zu referiren hat. 3. Die Consultoren, Theologen und Canonisten aus dem Stande der Welt- und Ordens- geistlichen, welche über die in den Sitzungen der Cardinäle zu ver- handelnden Gegenstände ihr Gutachten abzugeben haben. Sie werden vom Papste ernannt ; der General der Dominicaner, der Magister Sacri Palatii und noch ein dritter Dominicaner, der speciell Consultor S. Officii heisst, und ein Pater des Ordens der Franciscaner-Conventualen sind immer darunter. 4. Die Qualificatoren, eine Anzahl von Theo- logen und Canonisten, welche in einzelnen Fällen zur Begutachtung bestimmter Punkte aufgefordert , namentlich beauftragt werden, Sätze, wegen deren jemand angeklagt ist, mögen sie in Büchern enthalten oder mündlich geäussert worden sein, zu „qualificiren", d. h. sich darüber zu äussern, ob und in wiefern dieselben unkatho- lisch seien.

Die Consultoren hielten in der Regel jeden Montag mit dem Commissar und dem Assessor eine Sitzung, um über die zur Ent- scheidung reifen Sachen zu berathen; ein in diesen Sitzungen ge- fasster Beschluss hatte aber nur die Bedeutung eines den Cardinälen vorzulegenden Gutachtens. Diese hielten gewöhnlich am Mittwoch Sitzungen, in denen der Assessor referirte und, wenn es für nöthig gehalten wurde, auch die Consultoren gehört wurden. Die in diesen Sitzungen gefassten Beschlüsse von geringerer Bedeutung wurden von dem Assessor dem Papste zur Bestätigung vorgelegt. Ueber die wichtigeren Sachen wurde in einer am Donnerstag unter dem Vor- sitze des Papstes stattfindenden Sitzung nochmals verhandelt, worauf die Cardinäle abstimmten und dann der Papst ihr Urtheil bestätigte oder auch eine davon abweichende Entscheidung traf. Die Mittwochs- und Donnerstags-Sitzungen fielen, während die anderen Congregationen viele und längere Ferien hatten, gewöhnlich nur in der Char- und Osterwoche aus ^).

Dass der Papst selbst in den Sitzungen der Inquisition den Vorsitz fährte, war schon vor Sixtus V. Gebrauch. Ein General- commissar der Inquisition wurde schon 1542 auf den Antrag Ca- raffa's ernannt in der Person des Dominicaners Teofilo da Tropea. Sein Nachfolger wurde 1551 Michele Ghislieri (später Pius V.); als dieser 1556 Bischof von Sutri wurde, erhielt er den Titel Praefectus Palatii Inquisitionis ; Generalcommissar wurde der oben erwähnte Scotti, wieder ein Dominicaner. Das Amt des Magister Sacri Palatii bestand schon lange (s. u.), aber erst unter Sixtus V. wurde es in eine organische Verbindung mit der Inquisition gebracht.

Die Zahl der Mitglieder der Inquisition wechselte. Schon 15G3 kommt es vor, dass ein nicht in Rom residirender Cardinal, der

1) Vgl. Keusch, der Process Galilei's S. G9 und die dort angeführten Schriften.

Die Römische Inquisition. 175

Cardinal von Lothringen, hei seiner vorühetgehenden Anwesenheit in Eom zum Mitgliede ernannt wurde *). Später waren öfter auswärtige Cardinäle Mitglieder, also für gewöhnlich Ehrenmitglieder, aber be- fugt, wenn sie gerade in Eom waren, mit abzustimmen.

Eine Beschränkung des Wirkungskreises der Römischen Inqui- sition erkannte Sixtus in der Bulle vom J. 1588 mit den Worten an: „Bei allem diesem ist unsere Absicht, dass an der in den spani- schen Königreichen und Grebieten durch die Autorität des apostoli- schen Stuhles in früheren Zeiten errichteten Inquisition, welche Wir tagtäglich auf dem Acker des Herrn reiche Frucht bringen sehen, ohne Unsere oder Unserer Nachfolger Zustimmung nichts geändert werden soll". Die spanische Inquisition hat sich in der That unab- hängig neben der Römischen behauptet. Zu ihrem Gebiete gehörte seit 1487 auch Sicilien, wo sie bis 1713 bestanden hat. Anfangs waren dort Dominicaner Inquisitoren, seit dem Anfange des 16. Jahr- hunderts aber fast ausnahmslos Weltgeistliche. In Neapel ver- suchte 1506 König Ferdinand, 1546 Karl V. und 1559 Philipp II. vergebens die spanische Inquisition einzuführen; nicht nur Rom, sondern auch die Bevölkerung widersetzte sich dagegen, letztere namentlich darum, weil die spanische Inquisition auch auf Yermögens- confiscation erkannte^). Auch im Mailändischen Gebiete stiess 1563 der Versuch, die spanische Inquisition einzuführen, auf kräf- tigen Widerstand von Seiten der Bischöfe, welche die Sache auch in Trient zur Sprache brachten^).

Im Venetianischen Gebiete war die Jurisdiction der Inquisition auf Ketzerei beschränkt, die vom Papste ernannten Inquisitoren be- durften der Bestätigung des Dogen, und an den Sitzungen der In- quisition nahmen in Venedig drei Senatoren (in den anderen Städten die Rettori) Theil, um über das ordnungsmässige Verfahren zu wachen und Uebergriffe zu verhindern. In Rom wurden diese Ein- schränkungen nicht gern gesehen, aber geduldet; nur wurde wieder- holt betont, dass die drei weltlichen Assistenten keinen Antheil an der Jurisdiction der Inquisition, also auch kein Stimmrecht hätten ^).

In Toscana wollte Pius V. die Inquisition den Dominicanern übergeben; der Herzog Cosimo widersetzte sich, und es blieb dort ausnahmsweise die Inquisition in den Händen der Franciscaner^). Von Lucca wird § 19 die Rede sein.

Die Gebiete, in welchen die Jurisdiction der Inquisition aner- kannt war, hiessen in Rom terrae obedientiae, diejenigen, wo keine Inquisition bestand, loci ubi impune grassantur haereses. Albizzi führt eine Erklärung der Inquisition vom J. 1614 an, wonach das

1) Paleotto, Acta Conc. Trid. ed. Mendham p. 618.

2) Munter, Verm. Beitr. zur Kirchengesch. S. 188. Bromato II, 137,

3) Sarpi, Ist. del. Conc. Trid. 1. 8, Opere II, 358.

4) Sarpi, Disoorso della Inquis. di Venezia, Opere IV, 6.

5) Sarpi, Opere IV, 31.

176 Die Römische Inquisition.

Herzogthum Baiern und die Freigrafschaft Burgund zu letzteren nicht zu zählen seien ').

Nachdem die Eömische Inquisition errichtet war, sagt Antonio Caracciolo in seiner Biographie Pauls lY., fand man von Tage zu Tage mehr Gegenden in Italien von der Ketzerei angesteckt-). Nach, seiner Schilderung waren in der That ketzerische Meinungen in fast allen Theilen Italiens, vielfach in den höchsten geistlichen Kreisen verhreitet und ketzerische Bücher in Masse namentlich aus Deutsch- land importirt. Das sogenannte Compendium Inquisitorum, ein alpha- betisches Register zu den Acten der Römischen Inquisition aus der Regierungszeit Pauls III., Julius' III. und Pauls IV. ^), verzeichnet nicht weniger als zwölf Cardinäle, über welche mehr oder minder gravirende Dinge in den Acten standen. Gegen die Cardinäle Morone und Pole und gegen mehrere Bischöfe wurde ein förmlicher Process eingeleitet. Morone war zwei Jahre in Haft und wurde erst nach dem Tode Pauls IV. 1559 freigelassen; unter seinem Nachfolger wurde er nicht nur einer der Präsidenten des Trienter Concils, son- dern auch 1563, wie der spanische Gesandte Vargas sagt, „zum allgemeinen Scandal", Mitglied der Inquisition*). Der Bischof Vittorio Soranzi von Bergamo, gegen den schon unter Julius III. Ghislieri die Untersuchung eingeleitet hatte, wurde 1558 abgesetzt.

Viele, zum Theil bedeutende Männer, deren Namen uns später in der 1. Cl. des Index begegnen werden, entzogen sich durch die Flucht ins Ausland der Inquisition, so schon 1542 Vermigli, Ochino, Curione, Tremellio, Zanchi, Lattanzio Ragnone, Francesco Porto ^), später Pierpaolo Vergerio, Franc. Negri, Valentino Gentile, Giam- paolo Alciati, Lelio Socini, Grattarolo, Castelvetro. Die Mitglieder der Akademie zu Modena, die schon seit 1538 verdächtig geworden waren, unterzeichneten, um sich zu schützen, ein von Contarini ent- worfenes Glaubensbekenntniss und übersandten 1545 auf den Rath Sadoleto's dem Papste nochmals eine Erklärung. 1555 verlangte der Papst von dem Herzog die Verhaftung von vier Personen^).

Hingerichtet wurden wegen Ketzerei von bekannteren Persön- lichkeiten in dieser Zeit: Gianlodovico Pasquali, als Waldenser-Prediger in Calabrien verhaftet, 1558 in Rom lebendig verbrannt '^); Bart. Fonzio, nach vierjährigem Process 1562 in Venedig ertränkt; Baldo Lupatino, 1547 zu Venedig zum Tode verurtheilt, aber begnadigt.

1) Albit. p. 292.

2) Eiv. crist. 1876, 135. Vgl. Leva, Carlo V., HI, 438.

3) Abgedr. im Archivio della Soc. Rom. di Storia patria III (1880), 261, 449.

4) Döllinger, Beitr. I, 513. 5) Riv. crist. 1876, 129.

6) Rassegna settimanale 1880, 27. Im Com-p. Inq. p. 281 steht: Mutina de haeresi diffamata.

7) Bromato II, 454.

Die Römische Inquisition. 177

1570 nochmals verurtheilt; Pietro Carnesecchi, seit 1546 wieder- holt in Untersuchung, 1567 in Eom verbrannt; Aonio Paleario 1570 in Rom gehängt und die Leiche verbrannt.

Das Einschleppen ketzerischer Bücher fand um 1550 besonders von Graubünden her über Como statt. Ghislieri, der damals in Como Inquisitor war, confiscirte einmal zwölf Ballen Bücher, die an einen dortigen Kaufmann geschickt waren, um in Cremona, Yicenza, Mo- dena, bis nach Calabrien hin verbreitet zu werden. Der Vicar und das Capitel nahmen sich des Kaufmanns an und die Bücher wurden zurückgegeben. Ghislieri excommunicirte sie, verliess aber dann Como und ging nach Rom*). Bromato berichtet, es seien mitunter in römischen Klöstern Kisten voll ketzerischer Bücher, man habe nicht ermitteln können, woher, als Almosen angekommen 2).

Aus den Decreten der Inquisition, welche Albizzi aus dem letzten Decennium des 16. und dem ersten des 17. Jahrhunderts mittheilt, verdienen folgende Bestimmungen hier mitgetheilt zu wer- den: Die Inquisitoren sollen in den Hafenstädten die ankommenden Schiffe nach verbotenen Büchern untersuchen; wo kein Inquisitor ist, hat der Bischof dieses zu thuen. Die Bischöfe dürfen in ihren Diöcesen die Bibliotheken visitiren und verbotene Bücher con- fisciren ; sie müssen diese aber an den Inquisitor abliefern; wo ein solcher nicht ist, haben sie an die Römische Inquisition zu berichten und deren Weisungen abzuwarten. (Im 17. Jahrhundert wurde den Inquisitoren verboten, ohne Auftrag von der Römischen Inquisition Bücher zu verbrennen). Die Inquisitoren können von den Buch- händlern verlangen, dass sie ihnen Verzeichnisse der vorräthigen Bücher einreichen, und dass sie über die gewissenhafte Wahrneh- mung ihres Geschäftes einen Eid ablegen. Gegen Bischöfe sollen die Inquisitoren wegen des Besitzens und Lesens verbotener Bücher nicht ohne vorherige Anfrage bei der Römischen Inquisition ein- schreiten^).

Es gibt ein kleines Buch, welches sich auf dem Titelblatte als Commentar zu der Bulle Pauls HL vom J. 1542 ankündigt*),

1) Mendham, Pius V., 1832, p. 10. Bromato II, 185.

2) II, 80. 3) Albit. p. 280. 287.

4) Commentarium iii BuUam Pauli III. Licet ab Initio, Datam anno 1542 Qua Romanam Inquisitionem constituit, et ejus Regimen non Regularibus, sed Clero Seculari commisit. Ostenditur quam opportunum et necessarium hujusmodi consilium sit ad fidem catholicam conservandam ac propagandam, bonos mores fovendos, pacem ac tranquillitatem inter Catholicos sanciendam, dissidia et querelas ab ecclesia eliminandas, ipso- rummet regularium ac praeterea clericorum, laicorum, academiarum, po- pulorum denique ac summorum principum existimationem ac benevolen- tiam Romanae Curiae uberius ac ccrtius conciliandam. Denique ostenditur,

Reusch, Index. X2

178 Die Römische Inquisition.

aber 21. 'Nov. 1757 auf den Index gesetzt wurde. Da es ebenso selten als interessant ist, gebe ich einige Auszüge daraus.

Der Verfasser ist der Jesuit Joh. Bapt. Faure, der, wie Backer berichtet, bis zu seinem Tode im J. 1779 fast ununterbrochen in Eom lebte und von den damaligen Päpsten vielfach consultirt wurde. Das Buch ist nichts weniger als eine Yertheidigung der Inquisition, vielmehr eine der schärfsten mir bekannten Streitschriften zunächst gegen die Dominicaner, dann gegen die, wie Faure behauptet, ganz unter deren Einfluss stehende Inquisition. Faure meint oder be- hauptet wenigstens, die Idee Pauls III. bei der Errichtung der In- quisition sei ganz vortrefflich gewesen, aber später in ganz verkehrter Weise zur Ausführung gebracht worden. Noch auf dem Trienter Concil habe der Erzbischof von Braga eine Organisation der Römi- schen Inquisition nach dem Muster der spanischen empfohlen, bei der die Weltgeistlichen die Hauptrolle spielten. In der Römischen Inquisition aber hätten die Bettelmönche, namentlich die Dominicaner einen massgebenden Einfluss erlangt. Durch Cardinal Caraff'a's Ein- fluss sei, woran Paul III. gar nicht gedacht habe, den Cardinälen ein Dominicaner als Commissar beigegeben worden, wodurch die In- quisition einen ganz andern Charakter erhalten, da, wie bei den an- deren Congregationen der Secretär, so bei der Inquisition der Com- missar die Hauptperson sei. Ferner seien nicht nur die Local- Inquisitoren fast überall Dominicaner, sondern auch unter den Con- sultoren der Römischen Inquisition hätten sie das Uebergewicht ; bis auf Innocenz XIII. habe der Commissar keine anderen theologischen Consultoren geduldet, abgesehen von dem Minoriten-Conventualen, dem sein Ordensgenosse Sixtus Y. einen Platz gesichert, und auch seitdem seien nur wenige Theologen aus anderen Orden Con- sultoren geworden. Namentlich bezüglich der Bücher, über welche die Inquisition zu befinden habe, stehe dem Commissar ein viel zu grosser Einfluss zu: er könne einlaufende Denunciationen ignoriren oder verschleppen, die mit der Prüfung zu beauftragenden Consul- toren nach seinem Sinne auswählen u. s. w. Die im Namen der In- quisition erlassenen Bücherverbote seien oft lediglich dem Commissar zu imputiren. Sie würden zwar in anderen Ländern nicht anerkannt; aber dem Verfasser eines verbotenen Buches werde doch immer eine Makel angehängt. Namentlich würden die Franciscaner und Jesuiten von den bei der Inquisition allmächtigen Dominicanern verfolgt ; der General der Franciscaner habe zu Clemens XIII. gesagt: man könne doch nicht verlangen, dass seine Brüder, die in Rom so viele Prügel bekämen, ausserhalb Roms mit grosser Begeisterung die Schlachten des h. Stuhles schlagen sollten. Auch die Bücher, die über die

Yen. Fr. Bartholomaeum a Martyribus Dominicanum, Archiep. Bracarensem, una cum aliis Patribus in Tridentino Concilio eandem sententiam habuisse. Accessit Appendix historico-theologica de proscriptione sub annum 1725 exorta contra Duacenam Academiam S. R. Sedi addictissimam. MDCCL. 7 Bl. u. 288 S. kl 8.

i

r

Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550. 179

Rechte der weltlichen Fürsten handelten, würden mit Vorliebe ver- boten. Wenn die Inquisition allgemein angefeindet werde, so liege das nicht in der Institution selbst, sondern in der Weise, wie die Mönche dieselbe benutzten. Ueberhaupt sei der grosse Einfluss der Bettelorden schon seit dem Mittelalter und namentlich im 16. Jahr- hundert verderblich gewesen, wo die Völker des Nordens nieht aus Begeisterung für die Lehre Luthers und Calvins abgefallen seien, sondern aus Hass gegen den Papst und die Curie, den die Mönche und Geistlichen durch ihre Sittenlosigkeit, Habsucht und Herrsch- sucht verschuldet hätten. Die Mönche hätten seit dem 13. Jahr- hundert den Bischöfen vielfachen Anlass zu Klagen gegeben, aus Augendienerei die päpstliche Gewalt über Gebühr erhoben u. s. w.

Neben manchen treffenden Bemerkungen und interessanten Mit- theilungen, von denen später mehrfach Gebrauch zu machen sein wird, enthält Faure's Schrift auch Unrichtigkeiten und Uebertrei- bungen. Ob die Inquisition weniger schädlich gewirkt hätte, wenn nicht die Dominicaner bei ihr den Haupteinfiuss gehabt hätten, ist schwer zu sagen; jedenfalls kann man nicht sagen, dass es in der Kirche besser geworden, seit die Jesuiten in Rom , mehr Einfluss haben als die Dominicaner und die anderen Orden.

18. Strengere Dureliführiing der Bestimmungen über

verbotene Bücher in päpstlichen Verordnungen

seit 1550.

Nach der Bulla Coenae verfallen diejenigen der Excom- raunication, welche ketzerische Bücher ohne Erlaubniss des Papstes behalten, lesen u. s. w. Damit behielten die Päpste sich selbst ausschliesslich das Recht vor, die Erlaubniss zum Lesen solcher Bücher zu ertheilen und andere zur Ertheilung dieser Erlaubniss zu ermächtigen. Dass dieses päpstliche Reservat- recht nicht immer respectirt wurde, zeigen u. a. die Thatsachen, dass Karl V. und der Bischof von London, ohne von einer Be- vollmächtigung durch den Papst etwas zu sagen, die fragliche Erlaubniss ertheilten (s. o. S. 88. 100). Die Päpste selbst scheinen in der ersten Hälfte des IG. Jahrhunderts von ihrem Rechte viel- fach sehr freigebig Gebrauch gemacht zu haben. Wir haben gesehen, dass Leo X. den Cardinal Wolsey ohne irgendwelche Einschränkung ermächtigte, solchen, w^elche die lutherischen Bücher widerlegen wollten, das Lesen derselben zu gestatten

180 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.

(s. ö. S. 69), und Caraffa sagt in der oben (S. 173) er- wähnten Denkschrift vom J. 1532: die ketzerischen Bücher würden in Venedig ungehindert verkauft und „von Mönchen und Laien" gelesen, von manchen unter dem Vorgeben, sie hätten* die Erlaubniss dazu. Wenn wirklich die Päpste, fügt er bei, diese Erlaubniss, namentlich Laien, ertheilt hätten, so müsse sie zurückgenommen und keine weitere ertheilt werden. Dieser Rath fand zunächst noch keine Beachtung ^). Man könnte es zwar als einen Beweis für eine strengere Handhabung der Bestimmung der Bulla coenae ansehen, dass Morone, damals Bischof von Modena, als er von Paul III. nach Deutschland ge- sandt wurde, durch ein besonderes Breve vom 17. Mai 1537 2) ermächtigt wurde, mit Ketzern zum Zwecke ihrer Bekehrung zu verkehren und ihre schlechten und verdammten Bücher, auch mit denjenigen seiner Begleiter, die er als dazu geeignet und als Männer von zuverlässiger Gesinnung kenne, zu lesen. Aber von dem Dominicaner Bartolome Carranza, dem spätem Erzbischof von Toledo, wird berichtet, als er 1539 zu Rom mit Auszeichnung disputirt hatte und Magister der Theologie wurde, habe er von Paul III. auch die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher erhalten^). Es ist nicht wahrscheinlich, dass dieser Fall vereinzelt stehen sollte.

Erst im J. 1550 kam die von Caraffa empfohlene grössere Strenge zur Geltung. In der bereits erwähnten Bulle Julius III. vom 29. April 1550 '^) heisst es nämlich:

Es ist einigen erlaubt worden, ketzerische oder verdächtige Bücher zu besitzen und zu lesen, um die Irrthümer derselben zu bekämpfen. Da dieses nicht den gehoff'ten Nutzen, vielmehr ver- schiedene üble Folgen gehabt, so revociren Wir hiemit alle Ermächti- gungen zum Lesen und Behalten lutherischer oder anderer ketzeri- scher oder verdächtiger Bücher, welche von Unseren Vorgängern oder von Uns oder von Legaten des apostolischen Stuhles, auch Le- gaten de latere, oder von Unserm Grosspoenitentiar oder von irgend einem andern irgendwelchen Personen ertheilt worden sind, welchen Standes und Ranges diese auch sein mögen, auch wenn sie die bischöfliche oder erzbischöfliche oder eine höhere kirchliche oder weltliche Würde bekleiden, mit alleiniger Ausnahme der Inquisitoren

1) Bromato II, 186. 2) Abgedr. bei Zacc. p. 303.

3) Llorente III, 187. 4) Eym. App. p. 115.

Erlaubniss zum Lesen derselben. 181

oder Gommissare der Inquisition für die Dauer ihrer Amtsführung . . . . Demgemäss werden alle, welche verbotene Bücher, wenn auch mit specieller Erlaubniss des apostolischen Stuhles, besitzen, aufgefordert, dieselben binnen 60 Tagen an die Inquisition abzuliefern u. s. w. (s. 0. S. 172).

Aehnliche Bullen oder Breven wurden von mehreren fol- genden Päpsten erlassen: von Paul IV. 1558 unmittelbar vor der Publication seines Index (s. u. § 21), von Pius IV. gleich- zeitig mit der Publication des sogenannten Trienter Index im J. 15641), von Paul V. im J. 1612, von Gregor XV. im J. 1623, von Urban VIII. im J. 1627 2).

Natürlich wurden nach der Zurücknahme aller Ermächti- gungen zum Lesen verbotener Bücher von den Päpsten einzelnen Personen neue Ermächtigungen ertheilt, aber jetzt nicht ohne Schwierigkeit. Girolamo Muzio z. ß., der sich um die Ver- folgung der Ketzer im nördlichen Italien und das Aufspüren ketzerischer Bücher eifrig bemühte und mit den Cardinälen und Beamten der Inquisition in Correspondenz stand, klagt im November 1550, in einem Briefe an den Generalcom- missar der Inquisition, P. Theofilo, er habe sich bisher ver- gebens bemüht, die Ermächtigung zu erhalten, und bittet, man möge doch in Rom seine Schriften ansehen, aus denen sich er- gebe, dass ihm die Erlaubniss ertheilt werden könne. Im März 1551 erhielt er denn auch von dem Papste die Ermächtigung 3).

Besonders charakteristisch ist das Breve Julius' IIL vom 4. Juni 1551 an die Cardinäle, welche zu Präsidenten des Trienter Concils ernannt waren:

Da unter den von der Synode zu verhandelnden Dingen dieses Uns besonders wichtig zu sein scheint, dass die Meinungen und Aus- sprüche und Schriften der Ketzer vermittelst der durch den h. Geist enthüllten Wahrheit beseitigt, widerlegt und bekämpft werden, so ertheilen Wir, damit dieses um so leichter von der Synode ge- schehen könne, euch kraft apostolischer Autorität durch gegenwär- tiges die Vollmacht, denjenigen Prälaten und Doctoren der Theolo- gie und des kanonischen Rechts, welchen es euch gut dünkt, für die Dauer des Concils und ihrer Theilnahme an demselben zu gestatten.

1) Bull. II, 115.

2) Carena, Tr. de off. S. Inq. P. 2, tit. 10, § 1.

3) Mutio, Lettere catholiche, Ven. 1571, p. 102. 108.

182 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.

die Bücher der Lutheraner und anderer Ketzer sowie alle anderen verbotenen Bücher zu dem vorbesagten Zwecke bei sich zu haben und zu lesen. Ausserdem erlauben Wir euch und allen Vorbesag- ten, mit allen Protestanten, auch mit offenkundigen Ketzern, welche dorthin kommen, zu verhandeln, zu verkehren und zu sprechen, ohne in eine kirchliche Censur zu verfallen^).

Die Legaten Pius' IV. erhielten durch ein Breve vom 25.

März 1561 dieselbe Vollmacht 2). Das Formular, nach welchem

die Legaten die Erlaubniss ertheilten, lautet:

Der ausgezeichnete Euf deiner Tugend, Sittlichkeit und Reli- giosität sowie deine theologische Grelehrsamkeit bestimmen uns, dir das zu gewähren, was nach unserer Ueberzeugung nicht minder für das christliche Gemeinwesen, zumal in der Gegenwart, als für dich heilsam und geeignet ist. Da also unser allerheiligster Herr und der apostolische Stuhl alle diejenigen, welche die falschen und irri- gen . . . Meinungen der Lutheraner anhören und in Schriften lesen, für excommunicirt und gewissen anderen Strafen verfallen erklärt hat, du aber die Schriften und teuflischen Ansichten der besagten Ketzer mit Hülfe des heiligen Geistes zu beantworten und in katho- lischer Weise zu widerlegen wünschest, was ohne das Lesen der be- sagten Meinungen nicht möglich ist, und, um nicht der Excommuni- cation zu verfallen, uns demüthig gebeten hast, dir die Erlaubniss zum Lesen der besagten verbotenen Bücher zu ertheilen, so wollen wir dir, in der Hoffnung, dass das Lesen der lutherischen Bücher durch dich der christlichen Eeligion zu nicht geringem Nutzen ge- reichen werde, und im Vertrauen auf deine gute und aufrichtige Ge- sinnung, kraft unserer Präsidenten- und Legaten- Autorität die Er- laubniss ertheilen, die in Schriften vorgetragenen Meinungen der be- sagten Ketzer zu lesen, mit der Erklärung, dass du dadurch nicht der Excoramunication und anderen Strafen verfallen sollst^).

Die spanischen Mitglieder des Concils bedurften noch einer andern Erlaubniss. Carranza antwortet in seinem später zu be- sprechenden Process auf die Anklage, er habe verbotene Bücher gelesen: er habe dazu eine Erlaubniss vom Papste gehabt, und zu Trient (Carranza war 1546—48 und 1551—52 als Theologe dort) habe der Gesandte des Königs von Spanien, Diego Hurtado de Mendoza, ihm und den anderen spanischen Theologen und Bischöfen, die darum gebeten, die Erlaubniss ertheilf*).

Von dem Cardinal Seripando, der 1563 in Trient starb,

1) Zacc. p. 304. Theiner, Acta Conc. Trid. II, 482.

2) Theiner I, 667. 3) Zacc. p. 304. 4) Coleccion de doc. ined. V, 433.

d

Erlaubniss zum Lesen derselben. 183

wird berichtet, er habe vor seinem Tode befohlen, alle Bücher der Häretiker, die er mit Erlaubniss des Papstes des Concils weg'en in seinem Besitze gehabt, sofort zu verbrennen').

Nach der auf die erwähnten Bullen gestützten Anschauung der Curie gilt also das durch Androhung der Excommunication eingeschärfte Verbot des Lesens ketzerischer Bücher ohne Er- laubniss des Papstes nicht nur auch für die gelehrtesten Theo- logen, sondern auch für die höchstgestellten Würdenträger der Kirche, Bischöfe und Cardinäle. Die Cardinäle der Inquisition besitzen diese Erlaubniss auf Grund einer allgemeinen Verord- nung für die Zeit ihrer Amtsführung. Aber andere Cardinäle, die Bischöfe u. s. w. bedürfen einer speciellen Ermächtigung, welche entweder der Papst selbst oder mit seiner Autorisation die Inquisition, die Index-Congregation oder eine andere Be- hörde ertheilt^).

Bischöfe können Angehörigen ihrer Diöcesen die Erlaubniss nur ertheilen, wenn und so weit sie dazu von dem Papste speciell ermächtigt sind. Nur die Erlaubniss, mit d. c. verbotene Bücher zu lesen, können die Bischöfe nach einer Bestimmung Clemens' VHP) jedesmal auf drei Jahre ertheilen.

Dass das Bücherverbot auch für die Cardinäle gilt, zeigt die Thatsache, dass bei dem Inquisitionsprocess gegen Card. Morone einer der Anklagepunkte war: er habe Bücher von Häretikern be- sessen, gelesen und anderen zu lesen gegeben. Er antwortete da- rauf: er habe auf Grund der ihm ertheilten Erlaubniss ketzerische Bücher angeschafft, um sie widerlegen zu lassen; später habe er die- selben Sirleto für die päpstliche Bibliothek geschenkt ; zurückbe- halten habe er nur die verbotene Bibel von Seb. Münster; vielleicht seien aber bei dem Zusammensuchen der Bücher durch ein Versehen noch einige andere in seinem Hause zurückgeblieben*).

Die Cardinäle der Inquisition haben, wie wir gesehen, für die Dauer ihrer Amtsführung die Erlaubniss, verbotene Bücher zu lesen,

1) Raynald. a. 1563, 59.

2) Aus eigener Machtvollkommenheit kann nur der Papst diese Er- laubniss ertheilen, während der Erledigung des päpstlichen Stuhles, wie Albit. p. 292 lehrt, nicht das Cardinals-Collegium, wohl aber der Commissar der Inquisition, dessen Vollmacht während der Sedisvacanz nicht erlischt.

3) In der Instructio vor seinem Index I, § 2.

4) Arch. della Soc. III, 462. 465.

184 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.

und zwar, wie Pius TV. im J. 1564 „zur Beseitigung aller Zweifel und Scrupel" ausdrücklich erklärte, alle verbotenen Bücher, ;,auch die ex professo gegen Uns oder iien zeitigen Papst gerichteten"^). Sie ertheilten auch ihren Beamten, den Consultoren u. s. w. und den Local-Inquisitoren diese Erlaubniss ; als ürban VIII. 16X1 alle bis dahin ertheilten Licenzen zurückgenommen, erklärte er 1633, auf jene von der Inquisition ertheilten beziehe sich diese Zurücknahme nicht ^). Pius IV. gab in der Bulle vom J. 1564 den Cardinälen-Inquisitoren auch die Vollmacht, in Plenarsitzungen anderen für Lebenszeit oder für eine bestimmte Zeit die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher zu ertheilen. Auf Grrund dieser Vollmacht ertheilten z. B. im J. 1567 die vier Cardinäle der Inquisition „auf Grrund eines einstimmigen Beschlusses" dem gelehrten Cardinal Wilhelm Sirleto „in Anbetracht seines Eifers für den katholischen Grlauben bis auf Widerruf die von ihm erbetene Erlaubniss, alle im Index verbotenen Bücher, auch die der Häresiarchen, von denen die 2. Eegel des Index handelt, auch alle gottlosen und abergläubischen Bücher heimlich und mit Ver- meidung des Aergernisses für andere zu behalteu und zu lesen und die Irrthümer der Ketzer, wenn er wolle, zu bekämpfen" ^). Seit Sixtus V. wurde eine solche allgemeine Erlaubniss nur in den unter dem Vorsitze des Papstes gehaltenen Sitzungen der Inquisition, und zwar nur für Nicht-Italiener ertheilt. Sonst ertheilte die Inquisition nur mit Einschränkungen die Erlaubniss, gewöhnlich nur für be- stimmte Bücher, und vielfach erst, nachdem der Bittsteller sich durch Vorlegung von Schriften als qualificirt zum Widerlegen der Ketzer ausgewiesen'^).

Ein interessantes Beispiel der ersten Art ist das für den Con- vertiten Justus Calvinus oder, wie er sich nach seiner Conversion nannte, Justus Baronius unter dem 28. Nov. 1602 ausgestellte Do- cument ^). Es heisst darin: das Gesuch des Baronius um die Er- laubniss, verbotene Bücher zum Zweck der Widerlegung derselben zu lesen, sei in der unter dem Vorsitz Clemens' VIII. gehaltenen Sitzung vorgelegt worden ; es werde ihm für 5 Jahre die Erlaubniss ertheilt, alle verbotenen Bücher zu lesen und zu behalten, aber nur heimlich und für sich und ohne Aergerniss und Grefahr für andere ; eine Abschrift dieser Urkunde und ein Verzeichniss der Bücher, die

1) Bull. II, 119.

2) Carena, Tr. de off. S. Inq. P. 2 tit. 10, § 1, 15.

3) Das Actenstück steht bei Zacc. p. 305, der bemerkt, dass nach demselben Formular in demselben Jahre dem zum Bischof ernannten Dominicaner Bartolommeo de Lugo die Erlaubniss ertheilt worden sei.

4) Albit. p. 290. 292.

5) Caesaris Card. Baronii Epistolae ed. K. Albericius, II, 140. Auch in Justi Baronii Veteracastrensis Epistolarum sacr. 11. 6, Mog. 1605, p. 335. Hier steht auch p. 234 das Zeugniss über die Abschwörung des Baronius vor der Inquisition am 28. Juni 1602.

Erlaubniss zum Lesen derselben. 185

er lesen und behalten wolle, habe er dem Ortsbischof einzureichen; diesem seien nach Ablauf der 5 Jahre oder nach dem Tode des Baronius die Bücher abzuliefern, damit sie nicht in andere Hände gelangten, sondern verbrannt würden. Wenn Baronius Bücher schrei- ben wolle, so habe er sie vor dem Druck der Inquisition einzusen- den. — Bis auf den letzten Satz stimmt mit diesem Documente im wesentlichen das Formular überein, nach welchem die Inquisition auch später die Ermächtigung ertheilte ^). Dass sich die Inquisition die Censur der von Baronius zu schreibenden Bücher vorbehielt, die nach dem gemeinen Eechte dem Bischof zustand, hängt wohl damit zusammen, dass Baronius erst kürzlich den Protestantismus abge- schworen. Er schreibt darüber im März 1603 an den Card. Baro- nius, durch dessen Vermittlung er die Erlaubniss der Inquisition er- halten hatte: er meine, das werde doch wohl nur von etwa zu schreibenden dicken Bänden zu verstehen sein, nicht von kleinen Gelegenheitsschriften, wie z. B. von dem Pseudo-Jubilaeum Luthe- ranum, das er eben geschrieben und dem der Jesuit Serarius einen Anhang beigefügt. Solche Schriften müssten rasch erscheinen und könnten nicht erst nach Rom geschickt werden, würden ja aber von den ordentlichen Censoren geprüft. Er habe aber, fügt er bei, da er nicht sicher sei, ob nicht die Inquisition auch die Vorlegung solcher Schriften verlange, weil Gehorsam besser sei als Opfer und man im Zweifel den sicherern Theil wählen müsse, 'diese Schrift unter einem angenommenen Namen erscheinen lassen, was freilich zu der später zu erwähnenden Verordnung des Trienter Con- cils vom J. 1546 nicht stimmte, aber damals schon auch von eifri- gen Katholiken vielfach geschah.

Die Befugniss der Index- Congregation und des Magister S. Palatii, die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher zu ertheilen, wird später zu besprechen sein.

Päpstliche Nuncien erhielten noch im 1 7. Jahrhundert in ähn- licher Weise wie Morone 1537 durch ein päpstliches Breve die Er- laubniss verbotene Bücher zu lesen-), aber mit der ausdrücklichen Beschränkung: „zum Zwecke der Bekämpfung der Ketzer" und „mit dem Vorbehalt, dass die Bücher nicht aus den betreffenden Provinzen ausgeführt werden dürfen" ^) ; auch wurden einzelne Bücher von der

1) Z. B. mit dem Documente vom 3. Oct. 1589, welches Michael Arrodenius erhielt, als er im Auftrage des Herzogs Wilhelm V. von Baiern Werke des Jo. Aventinus expurgirt herausgeben sollte (Schlözer, Staats- anzeiger 1782, II, 356), und mit dem, welches im J. 1652 für den Je- suiten Nie. Wysing ausgefertigt wurde (in der Münchener Hofbibliothek).

2) Das Breve für G. B. Rinuccini vom 15. April 1645 bei G. Aiazzi, Nunziatura in Irlanda di G. B. Rinuccini, Flor. 1844, p. XXVIII. Gleich- lautend ist die Ermächtigung für den Nuncius in Köln vom J. 1680 bei Mejer, Propaganda II, 187.

3) Dieser Vorbehalt steht auch in den unten zu erwähnenden Quin-

186 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.

Erlaubniss ausgenommen, die Werke von Carolus Molinaeus und Nie. Machiavelli und die Werke über Astrologia judiciaria. Von diesen und anderen speciellen Ausnahmen wird unten die Eede sein.

Nuncien erhielten auch die Vollmacht, anderen die Erlaubniss zu ertheilen. So stellte Card. Louis de Vendome, Nuncius in Paris, 1668 dem Staatsrath des Hameaux ein Document aus, worin es heisst : „Wir geben dir für 5 Jahre die Erlaubniss, . . . verbotene Bücher zu lesen, aber nur zu dem Zwecke, dieselben zu prüfen und die darin enthaltenen Ketzereien und Irrthümer zu widerlegen. Du darfst sie indess nur lesen ohne Aergerniss und Gefahr für andere und so geheim, dass sie von keinem andern gelesen werden können, und so, dass du; «wenn du sie liesest, von niemand gehört werden kannst . . . Wir machen dir auch zur Pflicht, falls du lebensge- fährlich erkrankst, dafür zu sorgen, dass die Bücher nicht nach dei- nem Ableben in die Hände von unerfahrenen oder ähnlichen Men- schen gelangen" ^).

Selbstverständlich bedürfen Bischöfe für sich eine ausdrückliche Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher und eine besondere Er- mächtigung, diese Erlaubniss anderen zu ertheilen. Stanislaus Ho- sius erhielt die Erlaubniss 1555 durch die Vermittlung des Card. Puteo^), aber wie es scheint, nur für eine bestimmte Zeit; denn am 29. Juni 1560 schreibt ihm Card. Borromeo: das Breve mit der Erlau'bniss, ketzerische Bücher zu lesen und anderen diese Erlaubniss zu ertheilen, sei abgegangen; wenn Hosius es noch nicht erhalten haben sollte, könne er auf Grrund der Ermächtigung handeln, die ihm der Papst vor seiner Abreise von Eom mündlich ertheilt''^). Albizzi erwähnt (p. 289), Cardinal Harrach habe im J. 1623 die Vollmacht erhalten, dreizehn von ihm für geeignet gehaltenen (von ihm namhaft gemachten ?) Personen die Erlaubniss zu ertheilen. In den sog. Quinquennal-Facultäten, die den deutschen und österreichi- schen Bischöfen ertheilt werden, findet sich, im wesentlichen gleich- lautend, auch die Ermächtigung, „die verbotenen Bücher der Häre- tiker (in manchen Formularen ist beigefügt: „zum Zwecke der Be- kämpfung derselben") und andere verbotene Bücher (mit mehr oder weniger zahlreichen Ausnahmen) zu besitzen und zu lesen, und diese Ermächtigung ganz oder theilweise für eine bestimmte Zeit solchen Priestern zu ertheilen, die dazu besonders geeignet seien" "*).

quennal-Facultäten und anderen Ermächtigungen ; in der dem Erzpriester Harrison in England 1615 ertheilten (Dodd, Church Hist. ed. Tierny, V, App. 181) wird beigefügt: es solle damit nicht verboten werden, solche Bücher an die päpstlichen Nuncien oder an die Römische Inquisition zu schicken (um sie zu denunciren).

1) Jourdain, Hist, de l'üniv. p. 265.

2) Bromato H, 538.

3) Cyprianus, Tabularium p. 100.

4) Schulte, System S. 422. Mejer, Propaganda II, 204. Die Erlaub-

I

Erlaubniss zum Lesen derselben. 187

Laien wird die Erlaubniss nur mit dem Zusätze ertbeilt, dass sie ^yon derselben nur nach dem Eathe ibres Beicbtvaters Gebrauch machen", also nur diejenigen Bücher, welche dieser gestatte, lesen dürften ^).

Der Jesuiten -Greneral hatte eine Zeitlang die Vollmacht, die Erlaubniss seinen Untergebenen zu ertheilen (auch der General der Minoriten beanspruchte eine solche Vollmacht), sie wurde aber spä- testens durch Urban VIII. ihm entzogen, und Albizzi (p. 289) er- wähnt mit augenscheinlicher Befriedigung, dass zu seiner Zeit auch der General der Jesuiten sich von der Inquisitiou die Erlaubniss für sich nachsuchte.

Wie es katholischen Fürsten erging, die sich um eine solche Erlaubniss bemühten, zeigt folgendes : Als Cardinal Morone im Sept. 1576 als Legat in Regensburg war, wurde er im Auftrage des Herzogs Albrecht V. von Baiern um ein „Indult" bezüglich der verbotenen Bücher gebeten: der Herzog werde zwar wohl keine ex professo ketzerischen Bücher über theologische Sachen, aber viel- leicht mitunter geschichtliche oder andere Bücher lesen wollen, die verboten seien ; namentlich aber bedürfe er eines Indultes für die Bibliothek, welche ohne Zweifel sehr viele auf dem Index stehende Bücher besitze und, um möglichst vollkommen zu werden, noch mehr dergleichen werde anschaffen müssen; es liege ja auch im Interesse der Kirche, dass man die Bücher der Ketzer dort aufbewahre, deren Abfassung sie selbst schon bei Lebzeiten bereut hätten^). Morone

niss, welche H. Klee von dem Generalvicar Humann erhielt, ist abgedruckt in Klee's Dogmatik, 3. Aufl. I, XXVIII.

1) Heyraans, De prohib. libr. p. 327. Heymans meint übrigens, die Formel „zum Zwecke sie zu widerlegen", sei „nicht stricte zu nehmen" und man dürfe ,.eine Erlaubniss präsumiren für solche Bücher von Häre- tikern, in denen die christliche Religion oder die katholische Kirche ver- theidigt würden, die zu verbieten also schädlich sein würde". Er nennt als solche Häretiker beispielsweise Cobbet, Hurter und Voigt. Vernünftige Bischöfe interpretiren ihre Vollmacht, wenn sie um Ertheilung der Er- laubniss gebeten werden, was nicht allzu oft vorkommen mag, sehr lax. In Köln hatte man unter Card. Geissei gedruckte Formulare, die ganz den Quinquennal-Facultäten entsprachen und eine ganze Reihe von Büchern aufzählten, welche von der Erlaubniss ausgenommen waren, Hermes und Günther wurden noch beigefügt; aber ich habe als provisorischer Inspector des Convicts von dem Generalvicar für jeden Studenten, der mich um meine Vermittlung bat, ohne Schwierigkeit und ohne Reservation die Erlaubniss erhalten, dass er die für seine Studien nützlichen verbotenen Bücher lesen dürfe.

2) Memoriale eorum, quae Ser. Ducis Alberti nomine a Leg. Pont. Card. Morono petenda et solicitanda videntur, im Münchener Kreisarchiv

188 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.

antwortete: es sei eigentlich das Eichtige, dass der Herzog solche Bücher (hujusmodi pestem) nicht in seine Bibliothek aufnehme, sondern verbrennen lasse; dafür würde die ganze Nachwelt ihn loben. Wenn das Aufbewahren der Bücher ihm selbst auch keine Gefahr bringe, so könne es doch für seine Nachkommen oder für deren Diener gefährlich werden, wie ja auch das Aufbewahren der Bücher des Hus böse Folgen in der Gegenwart gehabt habe. Wenn aber der Herzog darauf bestehe, wolle er die Erlaubniss er- theilen, unter der Bedingung, dass die verbotenen Bücher an einem besondern Orte aufbewahrt würden und den Besuchern der Biblio- thek nicht zugänglich seien. Das Beste scheine aber ihm und seinen Räthen, wenigstens die theologischen Bücher ganz zu beseitigen; wegen der gesöhichtlichen und dgl. könne leichter dispensirt werden.

Der Herzog erhielt wirklich die Erlaubniss für Lebenszeit. Sein Nachfolger Wilhelm V. erhielt 1579 durch den Nuncius Nin- guarda die Erlaubniss, die Bücher in der Bibliothek zu behalten unter der Bedingung, dass sie in einem besondern Eaume aufbewahrt würden, der mit zwei Schlüsseln versperrt sei, von denen einen der Herzog, den anderen ein Theologe haben solle, und dass die Bücher nur solchen, welche die Erlaubniss zum Lesen derselben hätten, zum Zwecke der Yertheidigung des katholischen Glaubens geliehen werden dürften^). Später erbat dann Herzog Wilhelm in einem Schreiben an Clemens VIII 2) dieselbe Erlaubniss mit den von Ninguarda festgesetzten Modalitäten für alle seine Nachfolger, „die eine sehr grosse und von der göttlichen Rache heimzusuchende Sünde begehen würden, wenn sie auch nur einen Finger breit von seinen und seiner frommen Vorfahren Fussstapfen abweichen würden". Die Inquisition erklärte aber „eine solche generelle und perpetuir- liche Concession" für bedenklich und gewährte sie 5. Febr. 1598 nur für den Herzog und seinen Nachfolger Maximilian in Anbetracht ihrer Frömmigkeit und ihres Eifers für den katholischen Glauben^).

Spätere Päpste haben wiederholt solche Privilegien für Biblio- theken ohne Zeitbeschränkung verliehen. So gestattete Clemens IX. in einem Breve vom 17. Mai 1669 dem zeitigen Besitzer der Barberini- schen Bibliothek zu Rom und seinem Bibliothekar, „alle Bücher von verdammten Autoren, auch denen der 1. Cl., auch die von allge- meinen Concilien oder dem apostolischen Stuhle verbotenen oder zu verbietenden Bücher in der Bibliothek aufzustellen, zu lesen, zu be-

Repert. IV, Lit. r, fasc. 2 —3. Am Rande steht: Quae respondit Card. 20. Spt. 1576. Auf das oben Mitgetheilte folgt noch der Satz: Atque hoc modo tacite consulatur Serenissimi conscientiae, quia perlegendis haere- ticorum literis abstinere non potest. Also auch für das Lesen von Briefen von Ketzern (protestantischen Fürsten?) suchte man ein Indult nach!

1) A. J. P. 4, 1410. Theiner, Ann. eccl. H, 10.

2) Abgedr. bei Stieve, das kirchl. Polizeiregiment S. 67.

3) Stieve, Briefe und Acten zur Gesch. des 30j. Kr. IV, 409. 524.

Erlaubniss zum Lesen derselben. 189

halten und zu vererben; nur seien die Bücher, welche über die Ee- ligion oder den Grlaubeii handeln oder gegen den katholischen Grlau- ben gerichtet sind, geheim und so, dass für niemand Aergerniss oder Gefahr entstehe (in anderen Fällen heisst es: in einem beson- deren verschlossenen Eaume) aufzubewahren^ *). In einer Schrift des J. B. Cardona, Bischofs von Dertosa, über die Einrichtung der Bibliothek im Escurial vom J. 1587 wird bemerkt: es bedürfe eines päpstlichen Privilegiums, damit die spanischen Könige auch die von den Päpsten oder den Inquisitoren verbotenen Bücher in der Bi- bliothek aufbewahren dürften, und zwar an einem geheimen Orte, zu dem niemand ohne specielle Erlaubniss der Inquisition Zutritt haben dürfe ^).

In mehreren Bullen, welche für Bibliotheken erlassen sind, wird neben der Erlaubniss, verbotene Hücher zu besitzen, oder auch ohne diese, über diejenigen, welche Bücher wegnehmen, die Ex- communicatio latae sententiae (s. o. S. 75) verhängt, mitunter so- gar über diejenigen, welche Bücher ausleihen oder aus den Biblio- thekräumen wegtragen ^).

1) Schelhorn, Samml. f. Gesch. I, 152. Im BuUarium stehen manche ähnliche Privilegien, so von Innocenz XI. 21. Apr. 1683 für die Sapienza, von Clemens XL 12. Febr. 1701 für die Casanatensische Bibliothek und 1720 für die Bibliothek der Franciscaner zu Urbino, von Benedict XIV. 21. Febr. 1749 für die Bibliotheken der Canonici Reguläres S. Crucis zu Coimbra und Lissabon; er gestattete zugleich den Bibliothekaren beider Bibliotheken und je zwei Gehülfen derselben und den Lectoren der Li- turgik und der Kirchengeschichte, alle verbotenen Bücher, auch die ex professo gegen die Religion und den Glauben gerichteten, zu lesen, zu be- halten und ihren Nachfolgern zu überliefern.

2) De regia S. Laurentii Bibliotheca, nach der 4. Aufl. von 1587 abgedruckt in Clarorum Hispanorum opuscula selecta et rariora, . . . collecta et illustrata a Franc. Cerdano et Rico Valentino. Vol. I. Madr. 1781, p. 517. ,

3) So in dem Privileg Sixtus' V. vom J. 1587 für die Bibliothek der Observanten in Rom (Bull. II, 649), Innocenz' X. vom J. 1653 für die von Angelico Aprosio, Generalvicar der Augustiner-Eremiten, zu Vinti- miglia gegründete Bibliothek, abgedruckt in Bibliotheca Aprosiana ed. J. C. Wolfius, 1734, p. XI. Andere derartige Privilegien von Urban VIII. im Bull. V, 374. 382. 450, von Clemens XL im Bull. Cont. II, 67. 114, von Benedict XIV. in dem Breve vom 12. Febr. 1757. In der In- schrift der Vaticanischen Bibliothek von Sixtus V. (bei Leti, Vita di Sisto V. III, 333) heisst es: Si quis libros partemve aliquam abstulerit, extraxerit, eraserit . . . illico a fidelium communione ejectus, maledictus, anathematis vinculo colligatus esto ; a quoquam praeterquam a Rom. Pont, ne absolvitor.

190 Index von Lucca 1545.

In Spanien nahm man es mit der Ertheilung der Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher natürlich noch strenger als in Rom : Andrew Sali, Rector des irischen Collegs und Professor der Contro- versen zu Salamanca, erhielt 15. Juni 1652 die Erlaubniss für ein Jahr, mit der Verpflichtung, wenn er anstössige Sätze finde, die nicht schon im Index expurgatorius ständen, davon der Inquisition Mittheilung zu machen. Als ihm die Erlaubniss für ein weiteres Jahr ertheilt wurde, sprach der Inquisitor seine Missbilligung da- rüber aus, dass er keine Sätze denuncirt habe. Protestantische Bücher bekam übrigens der Professor der Controversen, wie er sagt, in Salamanca nicht zu sehen ').

19. Der Index des Senates von Lucca vom J. 1545.

Djis erste in Italien veröffentlichte Verzeichniss von ver- botenen Büchern, welches man einen Index nennen kann, ist nicht von einer kirchlichen Behörde, sondern, allerdings unter dem Einflüsse der Römischen Inquisition, von dem Senate (Mag- nificum Concilium generale) der Stadt Lucca publicirt worden, mit einer Verordnung vom 12. Mai 1545, worin befohlen wird, die verzeichneten Bücher binnen 14 Tagen zu verbrennen oder unmittelbar oder durch Vermittlung des Beichtvaters an den Vicar des Bischofs abzuliefern, bei Strafe der Vermögensein- ziehung 2). Im J. 1549 wurde das Verbot aller über dich. Schrift oder die Religion handelnden anonymen Schriften, die nicht von dem Vicar des Bischofs gut geheissen seien, beigefügt.

Der (lateinisch abgefasste) Index enthält die Namen von 28 Schriftstellern, deren sämmtliche Werke verboten werden, dann Summarium scripturae (ohne Zweifel die italienische Ueber- setzung, s. 0. S. 104) und einige andere Bücher, zuletzt Quae- dam Simplex declaratio Petri Martiris Vermili flor. „und die Bücher des besagten Petrus Martyr und des Bernardus [sie] Ochinus von Siena nach ihrem Abfall von der Einheit der h. Mutter Kirche; Pasquillus in spiritu und alle anderen [Bücher],

1) Mendham p. 137.

2) Die Verordnung mit dem Index bei G. Tommasi, Sommario della Storia di Lucca (Archivio stör. it. S. 1, t. 10, 1847), Doc. p. 165.

Index von Lucca 1545. 191

welche eine Ketzerei und eine der Ketzerei verdäcbtige Meinung enthalten, und namentlich die Bücher, welche von der h. Rö- mischen Kirche verdammt sind, ad declarationem spectabilis offi- cii pro tempore existentis'' (über diese Schlussworte s. u.)-

Quaedani simplex declaratio Petri Martyris Vermigli ist ein Schreiben an die Lucchesen, welches Vermigli bei seiner Flucht zu- rückliess und welches als Catechismus ovvero espositione del sym- bolo apostolico zu Basel 1546 gedruckt wurde'). Es steht im Par. 51 unter Vermigli's Namen als Una simplice declaratione sopra gli 12 articoli de la fede christiana, im Yen. und danach im Rom. Ind. (bis Ben., der die im Index stehenden Catechismen strich und dafür das allgemeine Verbot der Catechismi haereticorum substituirte) ohne Namen als Cat. s. symboli expositio.

Pasquillus in spiritu ist ohne Zweifel identisch mit den neben den Predigten von Ochino in dem Edict der Römischen Inquisition von 1543 genannten Pasquilli in ecstasi und mit dem Pasquino in estasi bei Casa. Es wird also die erste Form des Pasquillus ecsta- ticus (in italienischer Uebersetzung) sein, die Coelius Secundus Curio 1544 (lateinisch) in seine Pasquillorum tomi duo aufnahm^). Wahr- scheinlich ist damit identisch die im Lov. 58 stehende Ausgabe: Pasquilli extatici seu nuper e coelo reversi de rebus partim superis, partim inter homines in christiana religione passim hodie contro- versis cum Marphorio colloquium^), die auffallender Weise von P. nicht aufgenommen wurde, wohl aber von Q. und aus diesem dann auch von S. Gl. Eine andere Bearbeitung steht im Par. 51 : Pasquillus ecstaticus, non ille prior (d. i. nicht der eben genannte), sed totus plane alter, auctus et expolitus, cum aliquot aliis sanctis pariter et lepidis dialogis [Coelii See. Curionis], Genevae per Jo. Girardum 1544'*). Diese Ausgabe ist auch im Med. und Ven. ge- meint. Von ihr gibt es eine italienische Bearbeitung : Pasquino in estasi nuovo e molto piü pieno che il primo, insieme col viaggio dell' inferno, aggiunte le propositioni del medesimo da disputare nel Concilio di Trento. Roma s. a. ^). Diese wurde erst 1621 auf den

1) Schmidt, P. M. Vermigli S. 37.

2) II, 427—529: Pasquillus extaticus et Marphorius.

3) S. 1. et. a. 8. und Genf 1544; s. Clement VII, 370.

4) 257 S. 8. Clement VII, 373.

5) Zts. f. bist. Th. 1860^ 58S. Casa berichtet in einem Briefe vom J. 1546 (Lettere d'uomini illustri, Parma 1853, I, 151, 663), er babe als Nuncius in Venedig den frühern Mönch Francesco Strozzi verhaften lassen, der als üebersetzer des Pasquino in estasi gelte; die Venetianiscbe Re- gierung wolle aber nicht gestatten, dass er ihn nach Rom schicke. Wenn der oben erwähnte Pasquino, wie gewöhnlich angenommen wird, zu Venedig 1547 gedruckt ist, wird Strozzi also die erste Form übersetzt haben.

192 Index von Lucca 1545.

Index gesetzt, mit der Bemerkung: qni jam in Indice Clementis VIII. prohibitus exstat sub titulo Pasquilli extatici, nicht ganz richtig, da dieses die ältere Ausgabe ist.

Die anderen in diesem Index stehenden Schriften sind : Do- ctrina nova et vetus vulgaris et latina Urbani Regii, lateinisch zuerst 1526 als Novae doctrinae ad veterem collatio erschienen und in England schon 1529 verboten (S. 95), im Lov. 50 unter U. Re- gius. Die italien. Uebersetzung, die also vor 1545 erschienen sein muss ^), steht ohne Namen des Verfassers als Dottrina vecchia e nuova bei Casa und Ven. und seit P. im Rom. Ind. (in diesem lateinisch, erst seit Ben. wieder italienisch). In anderen Indices werden auch englische, französische und flämische Bearbeitungen verboten, alle ohne Namen des Verfassers^).

Hermanni Bodii [opera] et inter cetera ejus ünio dissidentium (er hat nichts anderes ge-schrieben, S. 105). Libri tres de poeni- tentia, das 1540 von Christoph Hoffmann veröffentlichte Buch, welches bei Casa unter dessen Namen steht. Loci utriusque testa- menti cum scholiis, impr. Argentorati 1528, steht schon in dem engl. Ind. von 1529 mit dem vollständigen Titel: Loci utr. T. com- plectentes praecipua capita totius christianismi cum adjectis scholiis, mit abgekürztem Titel im Ven. und Rom. Ind.

Ohne Zweifel sind die Bücher, deren Titel angegeben werden, in Lucca bekannt gewesen, wahrscheinlich confiscirt worden. Ob man von allen Schriftstellern, von denen bloss die Namen angegeben werden, in Lucca Schriften in Händen gehabt oder die Namen theil- weise aus einem andern Verzeichnisse herübergenommen oder wegen ihrer Notorietät aufgenommen, ist nicht zu entscheiden. Wir finden hier nicht nur Namen, welche in dem Verzeichnisse Karls V. von 1540 stehen, Wycleff, Hus, Luther (erst ganz am Ende der Liste, Calvin fehlt), Zwingli^), Oecolampadius, Melanchthon, oder die

Graesse verzeichnet auch eine deutsche Ausgabe : „Der verzucket Pasquinus, aus welscher Sprach in das Teutsch gebracht. Rom 1543".

1) Abgedr. Riv. crist. 1875, 137.

2) La doctrine nouvelle et ancienne (Par. 43. Antw. 70), La d. n. et a., lesquelles arguent ensemble pour donner ä connaitre par la verite evangelique les abus qui sont amenez en l'Eglise de Dieu (Par. 51), Het oude Christi ghelooue teghen die nieuwe Papisten dolighe (Antw. 70); s. o. S. 95. Eine span. Bearbeitung von Juan Perez von 1560 erwähnt Boehmer, Bibl. Wiffen. II, 93.

3) Hinter Huldric Zwingli steht steht sonderbarer Weise Alterius [üldrici?] Zwingli. Lamberti Pellicani steht in Einer Zeile, als ob das Ein Name wäre, dagegen in zwei Zeilen Heirischii Bullingeri statt Hein- rici Bullingeri. Aricius neben Charicius Cogelius ist wahrscheinlich Aretius Felinus; Jo. Velenus wird wohl Jo. Denckius oder noch eher Ul- ricus Velenus sein.

Index von Lucca 1545. 193

allgemein bekannt waren, wie Caiistadt, Hütten, sondern auch weni- ger bekannte, die zum Theil in dem Par. 44 stehen, Jo. Hepi- nus (Aepinus), Pellicanus, Arsacis Scoffer (Arsacius Sehofer), zum Theil aber in keinem altern Index vorkommen, wie namentlich Simon Hessus, Jo. Brismann und Jo. Bomelius. Letzterer ist in der verstümmelten Form Jo. Bomius in den Yen. übergegangen; dieser hat daneben Henricus Bomius (aus Gr., wo freilich richtig Bomelius steht); nur dieser letztere Name ist durch P. in den Rom. Ind. ge- kommen und erst von Ben. in H. Bomelius corrigirt worden.

lieber die in Lucca in dieser Zeit bezüglich der Ketzer ge- troffenen Anordnungen macht Tommasi ausführliche und interessante Mittheilungen.

Im J. 1542 schrieb einer der von Paul III. zu Inquisitoren ernannten Cardinäle, Bartolommeo Gruidiccioni, der Bischof von Lucca war, dreimal an den dortigen Senat*) und forderte ihn in freund- lichen Worten auf, Massregeln gegen die Ausbreitung der Ketzerei zu ergreifen, da sonst der Papst einschreiten werde; namentlich ver- langte er die Verhaftung eines bei einem Lucchesen wohnenden Cellio. (Celio Secondo Curione ?), der Schriften von Luther in das Italieni- sche übersetzt haben solle, ferner eines Augustiners und des Priors Constantino von Fregionaja (dieser entzog sich der Verhaftung durch die Flucht, der Augustiner entkam aus dem Grefängniss). Neue Klagen von Rom aus und in Lucca selbst veranlassten das oben erwähnte Gesetz vom J. 1545. Ausser dem Bücherverbote enthält es auch ein Verbot ketzerischer Reden, der Unterstützung der Ketzer und der Correspondenz mit ihnen, namentlich mit Fra Bernardino Ochino und Don Pietro Martire; Briefe von Ketzern seien binnen drei Tagen abzuliefern. Gleichzeitig wurde zur Durchführung dieser Massregeln eine besondere Behörde errichtet, nach Analogie des schon bestehenden Offitio sopra l'honestä, das Offitio sopra la reli- gione, bestehend aus dem Gonfalonier di giustizia und drei (seit 1549 fünf, später sechs) angesehenen Bürgern. Diese Behörde ist das am Schlüsse des Index erwähnte spectabile officium. Sie sollte also auch in Zukunft die Bücherverbote publiciren. Nach der Ver- ordnung vom J. 1545 und mehreren Verordnungen aus den folgen- den Jahren sollte dieses Officio wenigstens einmal wöchentlich Sitzung halten und mit dem Vicar des Bischofs auch die Erfüllung der kirchlichen Pflichten (Beichte und Communion u. s. w.) durch die Bürger über- wachen. 1561 erhielt es den Auftrag, die ankommenden Bücher- ballen untersuchen zu lassen, diese Bestimmung wurde später, da sich der Bischof als über einen Eingriff in seine Rechte be- schwerte, zurückgenommen^), und die Vollmacht, aus dem Aus- lande kommende Briefe zu öffnen. Die Behörde war also eine Art von städtischer Inquisition.

Im J. 1549 ernannte die Römische Inquisition einen Domini- caner zum Inquisitor für Lucca. Es gelang aber dem Senate zu

1) Tommasi 1. c. Doc. 162. 2) Tommasi p. 463.

Reuach, Index. 13

1§4 Index von Lucca 1545.

erwirken, dass die Ernennung zurückgenommen und nur dem Yicar des Bischofs die Rechte eines Inquisitors übertragen wurden. Auch spätere wiederholt von Rom aus gemachte Versuche, ein förmliches Inquisitionsgericht in Lucca zu errichten, scheiterten an dem Wider- stände des Rathes. Dagegen musste die Autorität der Römischen Inquisition wenigstens thatsächlich anerkannt werden : wiederholt mussten Bürger von Lucca der Citation der Römischen Inquisition Folge leisten*), das Officio sopra la religione stand mit der Römi- schen Inquisition in Correspondenz ^), und 1574 kam der Bischof von Rimini als apostolischer Visitator, auch in Inquisitionsangelegen- heiten, nach Lucca ^). Die Söhne und Enkel der von dem Bischof oder der Römischen Inquisition als Ketzer Excommunicirten wurden von den städtischen Aemtern ausgeschlossen*).

Plus IV. belobte in einem Breve von 1562 den Senat für die „formmen und löblichen Decrete", die er jüngst zur Fernhaltung der Ketzerei erlassen, und für ein Schreiben, worin er die in Lyon sich aufhaltenden Kaufleute aus Lucca ermahnt hatte, sich von den Ketzern fernzuhalten und die kirchlichen Pflichten zu erfüllen ; er habe auch mit den Cardinälen der Inquisition lobend von diesen Decreten gesprochen u. s. w. ^). Anders sprach Paul V. um 1605, als noch einmal der Versuch gemacht wurde, in Lucca ein Inqui- sitionsgericht zu errichten: das Uffizio sopra la religione sei den kirch- lichen Censuren verfallen, weil es sich eine Autorität angemasst, die ihm nicht zustehe; die in Lucca erlassenen Verordnungen über verbotene Bücher und Unterdrückung der Ketzerei müssten annullirt werden, da es nur der Kirche zustehe, unkirchliche Bücher zu ver- bieten, und Laien kein Recht hätten, wegen kirchlicher Vergehen Pro- cesse einzuleiten u. s. w.^).

20. Verliandlnngen auf dem Trienter Concil 1546.

Das der vierten Sitzung des Trienter Concils, 8. April 1546, angenommene Decret de editione et usu librorum sacro- rum enthält im ersten Absätze die Bestimmung über die Au- thentie der Vulgata, im zweiten die Vorschrift über die Aus- legung der h. Sclirift, im vierten das Verbot von missbräuch- licher Anwendung von Worten der Bibel, im dritten folgende Verordnung :

1) Tommasi p. 447. 454 u. s. w.

2) Tommasi Doe. p. 176. 3) Tommasi p. 459.

4) Tommasi p. 463. 5) Tommasi Doc. p. 178.

6) Tommasi p. 494. 499.

i

Verhandlungen in Trient 1546. 195

„Die Synode will aucli, wie es sicli getülirt, den Druckern eine Schränke setzen, welche jetzt schrankenlos, d. h. meinend, es sei ihnen alles erlaubt, ohne Erlaubniss der kirchlichen Oberen die Bücher der h. Schrift und Anmerkungen und Auslegungen zu den- selben von beliebigen Verfassern oft ohne, oft mit falscher Angabe der Druckerei und, was schlimmer ist, ohne den Namen des Ver- fassers drucken, auch anderswo gedruckte Bücher der Art leicht- sinnig feil bieten. Darum beschliesst und verordnet sie, dass fortan die h. Schrift, namentlich aber die Vulgata möglichst correct ge- druckt werden und dass es niemand erlaubt sein soll, irgend welche Bücher über religiöse Dinge (de rebus sacris) ohne den Namen des Ver- fassers zu drucken oder drucken zu lassen oder in Zukunft dieselben zu verkaufen oder auch nur bei sich zu behalten, wenn sie nicht zuvor von dem Bischof geprüft und approbirt sind, bei Strafe des Anathems und der Geldstrafe, welche in dem Canon des letzten Lateran- Concils festgesetzt sind. Ordensgeistliche haben ausser dieser Prüfung und Gutheissung (durch den Bischof) auch eine Erlaubniss von ihren Oberen zu erwirken, welche die Bücher gemäss ihren Ordensregeln zu revidiren haben. Wer aber in Abschriften Bücher mittheilt oder verbreitet, welche nicht zuvor geprüft und gut ge- heissen sind, verfällt denselben Strafen wie die Drucker. Und wer solche Bücher hat oder liest, soll, wenn er den Verfasser nicht an- gibt, als Verfasser angesehen werden. Die Approbation solcher Bücher soll schriftlich ertheilt werden und in authentischer Form an der Spitze des geschriebenen oder gedruckten Buches stehen. Dieses alles, die Approbation und die Prüfung, soll gratis ge- schehen.

Die Verbindung dieser Verordnung mit der über die Vul- gata und die Bibelauslegung hat ihr hinsichtlich der Klarheit nicht zum Vortheil gereicht. Auch sonst ist die Fassung nicht sonderlich präcise. Man könnte das Decret so auslegen, als ob nur das Drucken, Verkaufen und Besitzen anonymer Schriften über religiöse Dinge mit Excommunication und Geldstrafe be- droht wäre und für die mit Nennung des Verfassers zu drucken- den Bücher keine Präventivcensur eingeführt wäre ^). Die vor- hergegangenen Verhandlungen des Concils lassen jedoch keinen Zweifel darüber, dass man bestimmen wollte: alle Bücher über religiöse Dinge seien zur Approbation vorzulegen, anonyme Bücher nicht zuapprobiren. Von dem Lesen nicht approbirter Bücher ist nicht die Rede. Man ist wohl von der Voraussetzung ausgegangen, es werde durch die Vorschriften über die Prä- ventiv-Censur das Erscheinen anstössiger Bücher von Katholiken

1) Vgl. A. J. P. I, 1010. Zts. f. Phil, und kath. Th. 26, 189.

1Ö6 Verhandlungen in Trient 1546.

verhindert werden. Das Lesen der Schriften der Ketzer war schon durch die Bulla Coenae verboten, die freilich weder in dem Decrete noch in den Verhandlungen erwähnt wird.

Nur für Bücher de rebus sacris, nicht für alle Bücher, wie in dem Lateran-Decrete (s. S. 55) wird hier die Präventiv-Censur angeordnet. Unter Büchern de rebus sacris sind aber, trotz der Verbindung des Decretes mit dem über die Bibel und deren Auslegung, nicht ausschliesslich exegetische Schriften zu ver- stehen, sondern Bücher, welche von der christlichen Glaubens- und Sittenlehre handeln, also theologische Schriften*). In dem Wormser Edicte von 1521 (S. 80), welches wohl das Vorbild des Trienter Decretes gewesen ist, heisst es : „Schriften, welche, wenn auch nur nebenbei, von der Bibel oder dem katholischen Glauben handeln." Durch die 10. Regel des Trienter Index wurde, wie wir sehen werden, die Vorschrift der Approbation wieder auf alle Bücher ausgedehnt, also die Bestimmung des Lateran- Decretes wieder in Kraft gesetzt.

Bei den Verhandlungen im März und April 1546 wurde auch über die Frage discutirt, ob es nicht zweckmässig sei, die Bibelübersetzungen in der Volkssprache zu verbieten. Zu einem Beschlüsse darüber kam es aber nicht.

Das oben mitgetheilte Decret stimmt im wesentlichen mit den Anträgen überein, welche die am 5. März 1.546 bestellte Commission,

Mitglieder derselben waren sieben Bischöfe, der Angiistiner- General Seripando und die Theologen Ambrosiiis Catharinus (Domi- nicaner), Alphons de Castro und Richardus Cenomanus (Observant),

in der Generalcongregation vom 17. März gestellt hatte. Be- züglich der Approbation hatte die Commission drei Vorschläge zur Auswahl vorgelegt: die Bücher sollten entweder vom Papste oder seinen Bevollmächtigten, oder von dem Metropoliten und zwei Suf- fraganbischöfen, nöthigenfalls unter Zuziehung von Gelehrten, oder von dem Ortsbischofe geprüft werden. Bezüglich der Strafe hatte sie vorgeschlagen, die Androhung der Excommunication fallen zu lassen, die in dem Lateran-Decrete auf 100 Ducaten festgesetzte Geldstrafe aber auf 200 Ducaten zu erhöhen und davon die Hälfte der Fabrik der Peterskirche in Rom, die Hälfte der betreffenden Regierung (fiscis saecularibus) zu überweisen. Von den anderen Strafen des Lateran-Decretes und von dem Verbrennen der confis- cirten Bücher ist in dem Trienter Decrete nicht die Rede.

1) Zta. f. Phil. 26, 189.

1

Verhandlung über Bibelübersetzungen. 197

Aus den Debatten in den Generalcongregationen vom 17. März und 3. April *), die sehr verwickelt sind, weil man über die auf die Bibel und die auf die Büchercensur bezüglichen Bestimmungen zusammen verhandelte, sind folgende Einzelheiten zu erwähnen: Der Erzbischof von Upsala meinte, man solle den Bischöfen über- lassen, je nach den örtlichen Verhältnissen das Nöthige anzuordnen. Einige meinten, man solle dem Papste die Censur vorbehalten und nicht den Bischöfen überlassen, da von diesen einige nicht befähigt dazu seien, einige nicht strenge genug sein würden, wogegen an- dere bemerkten , man könne doch nicht wohl allen Schriftstellern zu- muthen, alle ihre Schriften zur Prüfung nach Rom zu schicken. Es wurde auch vorgeschlagen, die Censur der Inquisition zu übertragen. Gregen den Vorschlag, die Androhung der Excommunication weg- zulassen, bemerkte der Cardinal del Monte u. a. : wenn die Excom- munication gering geschätzt werde, so sei daran hauptsächlich das Nicht-Residiren der Bischöfe Schuld; dass in Venedig viele schlechte Bücher gedruckt würden, habe seinen Grrund darin, dass der Pa- triarch nicht residire. Einige, wie der Bischof von Fano, sprachen sich gegen das unbedingte Verbot anonymer Schriften aus: es stän- den ja manche anonyme Schriften in der Kirche in grossem Ansehen, und warum man gute Bücher darum verbieten wolle, weil der Ver- fasser sich nicht nenne. Es wurde erwiedert, in der Kegel werde ein Schriftsteller nur aus Furcht vor Strafe oder anderen Übeln Folgen seinen Namen geheim halten wollen. Card. Pacheco, Bischof von Jaen, trug den Legaten privatim vor: man dürfe sich nicht auf eine Verordnung über die zu druckenden Bücher be- schränken, müsse vielmehr auch bezüglich der bereits gedruckten Anordnungen treffen; die schlechten seien zu verbieten, diejenigen, welche Irrthümer enthielten, wie ja deren von Erasmus und anderen Katholiken in Umlauf seien, von den Irrthümern zu säubern. Die Legaten meinten aber: über diesen Punkt könne jetzt noch nicht verhandelt werden; erst müssten die Irrthümer selbst von dem Concil verdammt, dann die Bücher von ihnen gesäubert werden. Auch in der Gerieralcongregation sprachen einige im Sinne Pacheco's; der Bischof von Bitonto entgegnete: man könne nicht die Schriften der- jenigen verbieten, deren Lehre nicht verdammt sei. Der Bischof von Patti schlug vor, die Synode solle einige beauftragen, die zu verbietenden Schriften der Häretiker zusammenzustellen, also einen Index anzufertigen. Es kam aber für jetzt zu keinem Be- schlüsse darüber.

Für ein Verbot der Bibelübersetzungen in der Volkssprache sprach sich zunächst der Bischof von Acqui in Piemont aus mit der Motivirung, das Lesen der Bibel könne für Ungebildete leicht An- lass zu Missverständnissen und Irrthümern werden und für die Weiber und das gewöhnliche Volk sei es genügend, dass sie durch die Pre- digten mit der Lehre der h. Schrift bekannt würden. Am entschie-

1) Pallav. 6, 15. Theiner I, 63—83.

198 Verhandlungen in Trient 1546.

densten trat Card. Pacheco für ein Verbot der Bibelübersetzungen ein: er glaube, dass alle spanischen und französischen und die meisten italienischen Bischöfe gegen die Grestattung von solchen seien; in Spanien seien sie seit langer Zeit mit Zustimmung Pauls II. ver- boten, desgleichen in Frankreich; noch in jüngster Zeit habe die Universität Paris, die 150 Doctoren zähle, sich nicht nur gegen Bibelübersetzungen ausgesprochen, sondern auch erklärt, wer solche anfertige, sei wie ein Ketzer anzusehen; die Bibelübersetzungen seien eine Quelle vieler Ketzereien; durch sie sei in Deutschland ein Theil der Bevölkerung zum Abfall gebracht worden. Der Car- dinal Madruzzo von Trient entgegnete darauf: nicht die deutschen Bibelübersetzungen, sondern die Professoren der griechischen und hebräischen Sprache seien Schuld an der religiösen Verwirrung in Deutschland; ein Verbot der Bibelübersetzungen würde in Deutsch- land den allerübelsten Eindruck machen. Man sah, dass eine Eini- gung über die Sache nicht zu erzielen sei, und beschloss darum 17. März, sie fallen zu lassen und darüber an den Papst zu be- richten.

Pacheco beantragte dann am 1. April: alle alten Uebersetzungen ausser der Vulgata, auch die Septuaginta, und alle Uebersetzungen von Häretikern zu verwerfen. Der Bischof von Fano entgegnete: die Kirche habe immer verschiedene Uebersetzungen geduldet ; auch die häretischen Uebersetzungen seien nicht unbedingt zu verwerfen, wie denn ja auch die alte Kirche die Ueb ersetz lyigen von Aquila, Symmachus und Theodotion nicht verworfen habe ^).

Bart. Carranza, der damals als Theologe in Trient war, berichtet: Viele Bischöfe und Theologen hätten sich zu Gunsten der Bibel- übersetzungen ausgesprochen; er selbst habe sich mündlich und schriftlich dahin geäussert: wie man in Spanien und anderen Län- dern die sonn- und festtäglichen Episteln und Evangelien in Ueber- setzung mit Erklärungen (postillas) dem Volke in die Hand gebe, so könne man es auch mit einigen anderen Theilen, die das Volk ohne Grefahr lesen könne, halten ; die Uebersetung der ganzen Bibel sei nicht rathsam. Dieser Ansicht sei auch die Mehrzahl der Mit- glieder des Concils gewesen^). Aehnlich, nicht so. wie Pacheco angab, hatte sich auch die Sorbonne im J. 1526 ausgesprochen: Uebersetzungen der ganzen Bibel seien unter den gegenwärtigen Ver- hältnissen zu verbieten, aber Uebersetzungen einiger Bücher mit ge- eigneten Erklärungen zu gestatten '*).

Das kirchliche Verbot, anonyme Schriften zu veröffentlichen, welches in der Vorrede zu dem Trienter Index noch einmal in Er- innerung gebracht wurde, ist von Anfang an nicht sehr strenge ge-

1) Pallav. 6, 12, 5. Mendham, Memoirs of the Council of Tr. p. 58. A. J. P. I, 788.

2) Coleccion de doc. ined. V, 431.

3) Arg. IIa 60. Andere Erklärungen der Sorbonne s. S. 151. 158.

Zweiter Index des Valdes 1554. 199

handhabt worden. Schon 1552 erschien eine Schrift des Bischofs Gardiner von Winchester unter dem angenommenen Namen Constan- tius, 1553 eine pseudonyme Schrift von Joh. Wittus, und 1554 er- schien das erste Buch, welches nach den Exercitien des h. Ignatius von einem Jesuiten veröffentlicht wurde, die Summa doctrinae christia- nae des Peter Canisius, anonym, mit Approbation des h. Ignatius. Im Anfange des 16. Jahrhunderts schrieb Card. Bellarmin gegen König Jakob von England pseudonym u. s. av. ').

Aus der Zeit der zweiten Convocation des Concils (1551—52) wird von den Biographen B. Carranza's berichtet: er habe damals den Auftrag erhalten, „die von den Protestanten verfälschten Bücher zu expurgiren und den richtigen Bibeltext wiederherzustellen, ferner die schlechten, die verdächtigen und die der Verbesserung fähigen Bücher zu classificiren" ; er sei Monate lang damit beschäftigt ge- wesen und auch nach dem Schlüsse der Sitzungen noch einige Zeit in Trient geblieben ; viele schlechte Bücher habe er zerrissen oder in den Fluss geworfen, corrigirte einem Pominicanei'kloster geschenkt" ^). Es wird sonst nirgendwo berichtet, dass sich das Concil damals mit den ketzerischen Büchern befasst habe. Wahrscheinlich hat Car- ranza den erwähnten Auftrag nur von dem Obern des Dominicaner- klosters erhalten und nur dessen Bibliothek expurgirt^).

21. Der zweite Index des General-Inquisitors Valdes 1554.

Es wird zweckmässig sein, im Anschlüsse an die Trienter Verhandlungen über die Bibel zunächst, vor den 1549—54 er- schienenen italienischen Indices, einen spanischen zu besprechen, der sich lediglich mit Bibelausgaben beschäftigt *). Er erschien mit einem Edicte von Fernando de Valdes, Erzbischof von Sevilla und „apostolischem General-Inquisitor in allen der Königin Johanna und dem Kaiser und König Karl unterworfenen Reichen und Gebieten", datirt Valladolid 20. Aug. 1554, unter dem Titel : „Allgemeine Censur gegen die Irrthümer, mit welchen die neuen

1) ßaillet, Jugements V, 170.

2) Coleccion V, 396.

3) Jedenfalls hat er nicht „für die Index-Commission gearbeitet" (Laugwitz, B. Carranza S. 10); denn eine solche wurde in Trient erst 1562 bestellt, als Carranza schon drei Jahre im Gefäugniss war.

4) Censura generalis contra errores, quibus recentes haeretici sacram scripturam asperserunt, Edita a suprerao Senatu Inquisitionis, constituto

200 Zweiter Index des Valdes 1554,

Ketzer die h. Schrift bespritzt haben", und kann als der erste in der Reihe der Indices expurgatorii bezeichnet werden, sofern darin die Stellen angegeben werden, welche in den Anmer- kungen u. s. w. der bereits in Spanien befindlichen Exemplare der betreffenden Bibelausgaben gestrichen werden müssen, wenn diese in den Händen der Besitzer bleiben sollen. Zugleich wird das Importiren weiterer Exemplare verboten.

Die Censur (resp. das Verbot) bezieht sich auf nicht weniger als 103 Bibelausgaben, darunter auch die meisten, die in dem Löwener Index von 1550 und also auch von Valdes 1551 (s. o. S. 132) unbedingt verboten waren. Die Censur behandelt aber nicht die einzelnen Ausgaben, sondern gibt, und darum heisst sie „allgemeine Censur", Bemerkungen zu einzelnen Stellen nach der Reihenfolge der biblischen Bücher, nach welchen sich die Beamten der Inquisition bei der Expurgation der Summarien, Noten u. s. w. der einzelnen Ausgaben richten sollen.

Auf das hier gegebene Verzeichniss von Bibeln wird in dem Index des Valdes vom J. 1559 (unter Biblia) verwiesen, in den späteren spanischen Indices ist es abgedruckt.

Auf das Edict folgt eine umfangreiche „Vorrede" (f. 6 13), dann das Verzeichniss der Bibelausgaben, darauf die „Censur" (f. 16 28). In der Vorrede wird angegeben, bei der Arbeit seien viele Gelehrte, namentlich die theologische Facultät zu Alcala be- theiligt gewesen. Der Verfasser der Vorrede und Redacteur der ganzen Arbeit scheint der Dominicaner Alfonso Martinez gewesen zu sein*).

Im Anfange seines Edictes spricht Valdes von einem frühern Edicte, wodurch ketzerische Bücher, die nach Spanien importirt worden, unbedingt und viele Bibeln und Neue Testamente bis auf weitere Verfügung der Inquisition verboten worden seien, es ist ohne Zweifel das von Llorente erwähnte Edict vom 15. Sept. 1551, kraft dessen die importirten Bibeln confiscirt worden'^). In den be-

adversus haereticara pravitatem, et apostasiam in Hispauia, et aliis regnis, et dominus Caesareae Majestati subiectis. Pinciae, ex officina Francis. Ferdinan. Corduben. cum privilegio Imperiali. [1554]. 4. Ich kenne nur den Abdruck: Censura generalis .... subiectis. Venetiis, ex officina Jordani Zileti. MDLXII. 30 Bl. 4 (Kopenhagen). Ein ausführlicher Bericht über. diesen Index mit Auszügen steht A. J. P. 3, 408—424.

1) Sixtus Sen. Bibl. s. 1. 4, p. 196.

2) Llorente I, 465.

Expurgation von Bibelausgaben. 201

treffenden, meist seit 1528 gedruckten Bibelaiisgaben seien viele Irr- thlimer enthalten. Die Inquisition hätte die Verbrennung derselben anordnen können. Da aber die Irrthümer nicht in dem Bibeltexte, son- dern nur in den „Summarien, Noten (additiones) und Indices" enthalten seien und viele Kirchen, Klöster, Universitäten, Buchhändler und Pri- vate über den grossen Schaden geklagt hätten, der ihnen durch die Vernichtung der Bücher erwachsen würde, so habe die Inquisition nach Berathung mit Mitgliedern der Universitäten Salamanca und Alcalaund vielen andern Gelehrten und mit Genehmigung des Regenten Prinzen Philipp beschlossen, eine ^Censur'^ anfertigen zu lassen, worin die Irrthümer oder verdächtigen Worte verzeichnet seien, nach deren Be- seitigung die Bibeln und Neuen Testamente den Eigenthümern gelassen werden könnten. Dann wird verordnet : Wer Exemplare der betref- fenden Ausgaben besitzt, hat sie binnen 60 Tagen nach der Promul- gation des Edictes den Local-Inquisitoren oder ihren Deputirten oder dem Bischof oder seinem Official oder Generalvicar vorzulegen. Diese haben daraus gemäss der Censur die anstössigen Indices, Stellen und Summarien entfernen resp. sie so ausstreichen (obliterare) zu lassen, dass sie nicht mehr gelesen werden können. Ueber die Ex- purgation ^) ist ein Act vor Notar und Zeugen aufzunehmen. Im Anfange oder am Ende jedes Buches ist von dem Inquisitor oder seinem Commissar resp. von dem Bischof oder Generalvicar und dem Notar mit Namen sunterschrift und Beifügung des Datums die Ex- purgation zu bescheinigen (dafür ist eine kleine Gebühr zu zahlen). Auch die confiscirten Exemplare sollen expurgirt und den Eigen- thümern zurückgegeben werden. Nach Ablauf der 60 Tage darf keine Expurgation mehr vorgenommen werden. Auch ist diese Ex- purgation nur bei den schon in Spanien befindlichen Exemplaren zulässig; das Importiren weiterer Exemplare der betrefi'enden Aus- gaben, auch solcher, die expurgirt sind, ist verboten. Wer nach Ablauf der angesetzten Frist noch ein Exemplar ohne die vorge- schriebene Expurgations-Bescheinigung besitzt, verfällt der Excöm- municatio maior latae sententiae und es soll gegen ihn als einen der Ketzerei Verdächtigen eingeschritten werden; die Exemplare werden confiscirt und der Besitzer hat 30 Ducaten zu zahlen, von denen 10 dem Denuncianten, 10 dem Richter, 10 der Casse der In- quisition zufallen. Dieselbe Strafe trifft die Buchhändler, welche fortan noch Exemplare importiren. Exemplare der gedruckten Censur dürfen von den Buchhändlern, bei Strafe von 20 Ducaten für die Casse der Inquisition, nicht höher als zu 40 Marapetini (Maravedi) verkauft werden. Das Decret ist von den Inquisitoren überall zu publiciren ; sie haben auch denjenigen geeignete Strafen anzudrohen, welche die Denunciation von Besitzern nicht expurgirter Bibeln unter- lassen.

DasVerzeichniss enthält, wie gesagt, 103 Bibelausgaben; Aus-

1) Der spätere technisch gewordene Ausdruck expurgare kommt noch nicht vor, sondern emendare ac repurgare u. dgl.

202 Zweiter Index des Valdes 1554.

gaben des N. T. werden nicht verzeichnet; am Schlüsse der Censur wird nur bemerkt, diese gelte auch für die separat gedruckten Neuen Testamente ; es sind mit Ausnahme der auch in dem Lov. 46 und 50 stehenden griechischen Bibel Strassb. 1526 nur lateinische (2 ohne Angabe des Druckers, 2 ohne Angabe des Druckorts, die anderen aus den Jahren 1526—51). Sie sind alphabetisch nach den Druck- orten geordnet: Antwerpen (14), Basel (3, darunter auch Biblia cum annotationibus Seb. Munsteri 1535), Lyon (35), Paris (11, darunter 4 von Robert Stephanus), Zürich (1, von Christoph Froschover 1539), Venedig (3). Wenn sich hier auch die meisten der im Lov. 50 verbotenen Bibeln finden, so ist doch das Verzeichniss unabhängig von diesem gemacht; es enthält Bibeln, von denen der Inquisition Exemplare vorlagen.

In der Vorrede zu der Censur wird bemerkt: diese befasse sich nicht mit dem Texte der Vulgata, obschon derselbe in den Aus- gaben verschieden sei, da eine Corruption desselben durch die Häre- tiker nicht stattgefunden, in der Regel auch nicht mit den neuen Uebersetzungen nach dem Hebräischen und Grriechischen: wenn diese manchen Stellen einen andern Sinn gäben als die Vulgata, so sei das an sich unbedenklich, da die h. Schrift einer mehrfachen Aus- legung fähig (foecunda sensibus) sei; in dogmatischer Beziehung seien die neuen Uebersetzungen nicht zu beanstanden, mit Ausnahme einzelner Ausdrücke, die man in glücklicheren Zeiten aber auch würde passiren lassen können. Wenn z. B. jueidvoia statt durch poenitentia durch resipiscentia wiedergegeben werde, so sei das an sich nicht unrichtig, könne freilich missverstanden, aber auch richtig verstanden werden^). In den Summarien, Noten u. s. w. dagegen werde manches beanstandet, was an sich unverfänglich, ja richtig, zum Theil wörtlich aus der Bibel entnommen sei, aber irrige Vorstel- lungen hervorrufen könne, nach der Absicht der häretischen Heraus- geber hervorrufen solle. So seien z. B. Sätze wie „der Glaube rechtfertigt, wir werden durch den Glauben gerechtfertigt" u. dgl. richtig, weil biblisch, aber die Häretiker verbänden damit den ir- rigen Gedanken an eine Rechtfertigung durch den Glauben ohne Werke, wie sie denn mitunter den Paulinischen Satz : „wir werden gerechtfertigt durch den Glauben und nicht durch die Werke des Gesetzes" durch Weglassung des Wortes „des Gesetzes" corrum- pirten. Desgleichen werde der biblische Satz: „Gott wohnt nicht in Tempeln von Menschenhänden gemacht" und das biblische Gebot, die Götzenbilder zu zerstören, von den Häretikern so angeführt, als ob damit Tempel, Altäre, Heiligenbilder u. dgl. missbilligt würden.

1) In den Noten soll dieses aber geändert werden. Zu der Note (zu Jer. 8) „Invitat eum Deus ad resipiscentiam" wird bemerkt: Perperam hac- retici poenitentiae noraen mutant in resipiscentiam, quam definiunt esse vitae mutationem aut emendationem sine dolore peccatorum praeteritorum. Et haec censura deserviat ubicunque poenitentiae nomen mutatur in resi- piscentiam.

I

Expurgation von Bibelausgaben. 203

Die Vorrede gibt eine Reihe von solchen Bemerkungen über der- gleichen in den Summarien, Randnoten u. s. w. oft gebrauchten miss- verständlichen Ausdrücken. Sie bestimmt dann, dass die in man- chen Bibeln an der Spitze stehenden Sumniae generales über den Inhalt der einzelnen biblischen Bücher und die denselben beige- fügten Elenchi oder Indices (Sachregister) wegen der vielen darin enthaltenen Irrthümer ganz zu beseitigen seien, und bemerkt zum Schlüsse, mit Rücksicht auf die Bezeichnung einiger biblischer Bü- cher als Apokryphen, es seien alle Bücher als canonisch anzusehen, welche die katholische Kirche auf vielen älteren Concilien und neuestens auf dem Trienter Concil (dasselbe wird nur hier erwähnt) zu den canonischen Büchern gezählt habe.

Einige Beispiele mögen den' Charakter der „Censur" veran- schaulichen (sie hat Aehnlichkeit mit der Censur der Sorbonne über die Bibeln des Stephanus, ist aber unabhängig von derselben): Gen. 15, (6) : „Abraham fide justus'\ Haec propositio et similes catho- licae sunt. At vero per eas intelligere, quod sola fides sine operibus justificet, est error: in quem sensum illam trahunt haeretici. Lev. 17, (3. 4): „Sacrificia privata prohibet." Suspecta annotatio, et ad legem novam detorta, ut detorquent illam haeretici, oblationes et missas privatas tollentes, est haeretica. Deut. 5, (9): „Solus Dens adorandus". Haec propositio excludens adorationem san- ctorum est erronea (vorher zu Deut. 4, heisst es doch : adorandas imagines ea adoratione qua Ecclesia Rom. consuevit). Deut. 15, (11): „Alendi pauperes nee permittendi ut mendicent," Et ibidem: ,,Prohibetur mendicitas." Hae et similes propositiones iniuriosae sunt et malitiose annotatae in odium religiosorum mendicantium. Bar. 2, (12): „Vera christianorum confessio." Haec prop. suspecta est in illo loco posita, quia latenter tollit confessionem auricularem, quam haeretici tollunt.

Bezüglich der bei Robert Stephanus Paris 1545 gedruckten Biblia cum duplici translatione et cum scholiis Vatabli wird in dem Edict verordnet, das N. T. sei ganz zu beseitigen, da es so voll Irrthümer sei, dass sie nicht wohl verbessert oder getilgt werden könnten, das A. T. dürfe mit den Scholien, nachdem diese expurgirt worden, behalten werden. In der Censur wird dann über das A. T. bemerkt: „Es enthält sehr wenige Irrthümer, noch dazu in Worten, die leicht katholisch gedeutet werden können; darum gestatten wir die Scholien desselben, namentlich den Gelehrten, denen sie sehr nützlich sein können ; damit aber die Ungebildeten nicht irregeführt werden, notiren wir hier einiges wenige, was der Häresie verdächtig erscheinen könnte". Es folgen vier Stellen, bei denen auf die früheren Bemerkungen über die Rechtfertigung durch den Glauben verwiesen wird.

Als Anhang folgt noch f. 29 das Verbot der Bibel des Se- bastian Castalio, Basel 1554. Es wird in folgender Weise moti- virt: Gott habe bis jetzt auch die sonst depravirten Bibeln davor bewahrt, dass in den Bibeltext selbst verderbliche Irrthümer ein- geschoben worden. Castalio aber trage nicht nur in seinen Noten

204 Index des G. Casa.

Ketzereien vor, sondern begünstige diese auch in seiner üeber- setzung und übersetze mitunter, allem Anscheine nach absichtlich, so, dass die Bibelstellen, welche seit den ältesten Zeiten zum Be- weise für christliche Lehrsätze verwendet worden, dazu nicht mehr geeignet erschienen. Die Uebersetzung sei ausserdem mit ihrer Nachahmung des Stils der (classischen) Poeten und Historiker der Würde der Bibel nicht angemessen *).

Yen der Bibel des Yatablus erschien 1555 zu Salamanca eine expurgirte Ausgabe ; diese wurde aber von V. 59 verboten mit dem Bemerken, die Correction derselben werde fälschlich (?) dem Domini- caner Dom. de Soto zugeschrieben. Später erschien dann zu Sala- manca eine zweite, ,,von sehr vielen Irrthümern nach dem Gutachten gelehrter Theologen der Universitäten Salamanca und Alcala ge- säuberte** Ausgabe. Die Verhandlungen über die „Säuberung" be- gannen schon 1569; der Druck wurde 1584 vollendet, aber die Exemplare durften erst 1586 verkauft werden, nachdem sie gemäss den Weisungen der Inquisition^) mit der Feder noch \reiter gesäu- bert worden. 1618 und 1632 mussten dann alle Exemplare noch- mals zu weiteren Expurgationen eingeliefert werden^^). Die Be- stimmung des Tr. (in der 3. Regel) s. u. § 30.

22. Der Index des päpstlichen Nuncius Casa, Venedig 1549.

Von kirchlichen Behörden wurden in Italien in den Jahren 1549 ~ 54 vier „Cataloge" von verbotenen Büchern veröffentlicht, zu Venedig 1549, zu Florenz 1552, zu Mailand 1554 und zu Venedig 1554. Von keinem derselben ist die Originalausgabe bekannt; aber von dem ersten, dritten und vierten haben wir Abdrücke, welche Piero Paolo Vergerio besorgt hat. Der zuerst genannte wurde von dem päpstlichen Nuncius Giovanni della Casa in italienischer Sprache publicirt.

1) Die Uebersetzung wurde auch von Beza angegriffen. Trechsel, Antitr. I, 211.

2) Diese Expurgation steht bei Q. p. 265 und bei Sot. p. 106. Bei Q. sind die zu streichenden Sätze vollständig abgedruckt.

3) Ausführlich darüber Reusch, Luis de Leon S. 58, wo auch ein solches wiederholt expurgirtes Exemplar beschrieben wird. Bei Sot. p. 108 steht eine starke Expurgation einer 1587 zu Salamanca (mit Erlaubniss der Inquisition) gedruckten Ausgabe.

I

Index des G. Casa. 205

Casa, aus einer vornehmen Familie stammend, geb. 28. Juni 1503, wurde 1538 Kleriker der apostolischen Kammer und 1540 als apostolischer Commissar für die Einsammlung des Zehnten nach Venedig gesandt. Paul III. aus der Familie Far- nese, der Casa sehr ergeben war, ernannte ihn 1544 zum Erz- bischof von Benevent und Nuncius in Venedig; in dieser Stel- lung blieb er bis zum Tode des Papstes im Nov. 1549. Er soll sich Hoffnung gemacht haben, von Paul III. zum Cardinal er- nannt zu werden. Casa schrieb in lateinischer und italienischer Sprache, in Prosa und in Versen, und galt als einer der ele- gantesten Stilisten und zierlichsten Dichter oder Versemacher seiner Zeit (s. u.). Ein gelehrter Theologe war er ebenso wenig wie die meisten Römischen Prälaten seiner Zeit, und wenn in den A. J. P. I, 2624 gesagt wird, an der Abfassung seines Index hätten die gelehrtesten italienischen Theologen Antheil gehabt, so ist das, wie wir sehen werden, eine ganz unglaublich un- gerechte Behauptung. Vergerio kommt der Wahrheit ohne Zweifel viel näher, wenn er sagt, Casa habe sich von einigen Mönchen, wohl von den Beamten der Inquisition, helfen lassen, die von nichts als von scholastischer Theologie und Philosophie etwas gewusst hätten.

Vergerio sagt, Casa habe den Index „im Auftrage Pauls III.'* veröffentlicht *) ; jedenfalls kann der Index, wie Zaccaria (p. 144) sagt, „insofern als ein Index des apostolischen Stuhles bezeichnet werden, als er von einem päpstlichen Nuncius ausging und wahrscheinlich nicht ohne vorherige Zustimmung des Papstes veröffentlicht wurde.'' Von der Originalausgabe dieses Index scheint kein Exemplar mehr zu existiren; aber Vergerio, der mit Casa schon vorher Händel gehabt, er wurde 1545, als er noch Bischof von Capodistria war, auf Grund von Denuncia- tionen als der Ketzerei verdächtig von Casa nach Venedig citirt, und als er 1548 dort war, suchte Casa vergebens ihn zu be- stimmen, nach Rom zu gehen, um sich dort zu verantworten 2), Hess den Index noch im J. 1549 mit einer italienisch ge- schriebenen polemischen Abhandlung abdrucken^).

1) Postr. Cat. f. 8 r.: mandatu Pauli III.

2) P. Sixt, P. P. Vergerio S. 107 fif.

3) II Catalogo de Libri, li qvali nvovamente nel mese di Maggio nelP

206 Index des G. Casa.

An der Spitze des Index steht italienisch: „Es gelten als verdammt und verboten alle Werke von den unten verzeichneten Häretikern und Häresiarchen , welche über die h. Theologie oder irgend eine andere Materie lateinisch oder in der Volks- sprache handeln : von Martin Luther" u. s. w. Dann folgen ohne ersichtliche Ordnung (die Wiederholungen nicht abgerechnet) 142 Nummern: zuerst 41, weiterhin noch 4 Namen von deutschen, französischen und italienischen Häretikern (aus älterer Zeit nur Hus), dann 38, weiterhin noch 11 Namen mit dem Titel von einer oder mehreren Schriften (darunter aus älterer Zeit Marsilius von Padua und Nicolaus Clemangis), dann 25 anonyme lateinische Schriften, dann: .,Neue Testamente und Bibeln, in welchen Vorreden, Briefe und andere ähnliche Dinge gegen un-

anno presente M.D.XLVIIII. sono stati condannati & scomunicati per here- tici, Da Giouan della casa legato di Veuetia, & d'alcuni frati. E aggivnto sopra il medesimo catalogo vn giudicio, & discorso del Vergerio. S. 1. 1549* 84 Bl. 4. (f. 5 v. beginnt die Abhandlung: Vergerio alli fratelli christiani, datirt 3. Juli XLViiij). Eine lateinische Uebersetzung des Index und das Schlussdecret gibt Vergerio auch in den unten zu citirenden Anno- tationes von 1556, C2 7 (hier hat er einige Namen, worin Fehler stecken oder die ihm sonst bemerken swerth schienen, gross drucken lassen), eine lateinische Uebersetzung der ersten Nummern des Index und das Schluss- decret auch in dem Schriftchen Concilium non modo Tridentinum, sed omne Papisticum perpetuo fugiendum esse omnibuG piis. Autore Vergerio. A. 1553* (vgl. Mendham p. 27).

Schelhorn, Erg. II, 1—36. 359—367. („Von dem allerersten Register der verbotenen Bücher, das in Welschland herausgekommen") hat den Index (bis auf einige Kleinigkeiten genau) abdrucken lassen und aus Ver- gerio's Abhandlung einen Auszug gegeben.

Zaccaria (p. 143) meint, der Index sei schon 1548 gedruckt, wie Vergerio selbst Postr. Cat. f. 5 v. sage, und 1549 auf dem Titelblatt der Ausgabe Vergerio's sei ein Druckfehler. Aber die Jahreszahl steht auch in allen Abdrücken des Schlussdecrets (s.o.), und in den Annot. von 1556 sagt Vergerio, der Index sei 1549 gedruckt. Es ist also viel eher anzu- nehmen, dass die Zahl 1548, die nur an Einer Stelle vorkommt, verdruckt (oder ein Versehen Vergerio's) ist. In der am 3. Juli 1549 in Graubünden (in queste alpi) geschriebenen Vorrede sagt Vergerio, er habe seine Abhand- lung geschrieben, sobald er den Index erhalten. Eine im Mai 1548 in Venedig gedruckte Schrift hätte er sicher früher erhalten.

Index des G. Casa. 207

Sern h. Glauben stehen", zuletzt noch 19 italienische Bücher und das allgemeine Verbot: „Alle Werke, welche seit 24 Jahren ohne Angabe der Namen des Verfassers oder des Druckers und des Ortes und der Zeit des Druckes erschienen sind."

Dann folgt ein lateinisches Publicandum des Kanzlers (der Nunciatur) Bartholomäus a Capellis d. d. 7. Mai 1549:

„Auf Befehl und im Auftrage des Hochwürdigsten Herrn Gio- vanni della Casa, Erzbischofs von Benevent, Decans der apostoli- schen Kammer und apostolischen Legaten in dem ganzen erlauchten Gebiete der Venetianer, werden durch gegenwärtiges alle diejenigen als der in der Bulla Coenae Domini enthaltenen grössern Excommuni- cation verfallen erklärt, welche es wagen, die in diesem Cataloge erwähnten Bücher, Schriften und Werke ohne Autorität und Erlaub- niss des h. apostolischen Stuhles in ihren Häusern oder an irgend einem andern Orte öffentlich oder heimlich bei sich zu haben und irgendwie zu lesen, zu drucken und zu vertheidigen."

Es war für Vergerio nicht schwer, auf diesen Index eine Satire zu schreiben: in Vergleich zu den schon vorhandenen Indices von Löwen und Paris ist er eine stümperhafte Arbeit; selbst der des Rathes von Lucca ist besser gemacht. Dass die Titel mancher lateinischen Bücher italienisch, die einiger italie- nischen lateinisch gegeben werden, ist der geringste Fehler. Dass die Namen zum Theil bis zur Unkenntlichkeit entstellt sind, mag mehr dem Drucker als den Gelehrten der Nunciatur zur Last fallen: Nicolaus Clemangis heisst Nicolö Elemangio archidiacono Baiocense (bei Schelhorn Baistense), Seb. Münster Seb. Mustere, Petrus Artopoeus (zuerst Pietro Artopeo, dann) Pietro Artophago. Aber der gänzliche Mangel an Ordnung und schlimmere Fehler fallen den Compilatoren zur Last: Epitome d'Achille ist das Buch des Gassarus (S. 111); an dritter Stelle steht: di Martino Bourrhaio (sämmtliche Werke), später kommt di Martino Morhao in Eccl. Sai. und Martino Cellario de ope- ribus Dei, es ist Martin Borrhaus (Cellarius) gemeint; bald nach di Christophoro Hosmanio in ep. Pauli ad Titum folgt di Christ. Offmanno de poenitentia e le opere sue tutte di teologia; hinter di Giovanni Lorichio steht di Hadamario, später di Ghe- rardo Lorichio Institutio fidei christianae ; zuerst werden di Giu- sto Giona alle Schriften verboten, dann di Giona contra Fa- brum Constantiensem et contra coelibatum, endlich Tutte le opere di Jodoco in theologia, u. s. w.

208 Index des G. Casa.

Die Schriftsteller, welche Casa ohne weitern Zusatz nennt, von denen er also alle Werke verbietet, stehen grossentheils in allen oder mehreren früheren Indices, einzelne nur in je einem, dem Luccaer oder dem Pariser von 1544 oder 47. Auch für die Nummern, in welchen einzelne Bücher mit Nennung der Ver- fasser oder anonyme Schriften verboten werden, ist der Pariser Index benutzt worden, ferner das Edict Karls V. von 1540 und vielleicht auch der Löwener Index von 1546. Es stehen aber bei Casa auch ziemlich viele Schriften, die in keinem frühern Index vorkommen: die italienischen hat er ohne Zweifel aus eigener Anschauung oder Inquisitionsprocessen und Confisca- tionen gekannt; von den meisten ausländischen wird dasselbe anzunehmen sein; wenigstens weiss ich keine Quelle anzugeben, aus der er die Btichertitel entnommen haben könnte. Aus Ges- ners Bibliotheca, welche für die folgenden Indices eine Haupt- quelle wurde, könnten nur einige Nummern stammen.

Casa's Index ist wichtig, weil der Inhalt desselben zum grössten Theile in die folgenden italienischen Indices, durch Paul IV. auch in den Römischen Index aufgenommen worden ist.

Ans dem Pariser Index stammen ohne Zweifel Vittore de Bor- della, Gruilelmo Farello, Clemente Marotto, Claudio Gnillando (Guil- laud), sicher Giov. Mater in Apoc. (im Par. 47 steht irrthümlich, s. S. 147, Jo. Mayer, ecclesiastae Bernensis in Apoc. commentarius ; der Verfasser heisst Sebastianus Meyer und steht auch unter diesem Namen bei Casa), aus dem Luccaer vielleicht Pietro Artopeo, Huldrico Hutteno; auffallender Weise fehlen Carlstadt und Leo Judä, die in dem Luccaer Index stehen. Dass das Edict von 1540 benutzt wurde, zeigt ausser Giov. Puperio, Gorziano namentlich das wunderliche Verbot : Novum Testamentum excussum (sie) per Adria- num de Vegia et Cristophorum de remunda aut Modi dictorum s. scripturae. Das erste sind niederdeutsche Neue Testamente (S. 108); vor aut ist Phrases ausgefallen, denn unmittelbar hinter den N. Testamenten stehen bei Karl V. die Phrases scripturae divinae von B. Westhemer. Aus dem Edicte stammen auch die nächsten Num- mern : Paralipomenon rerum memorabilium und Orationes domin. Gryphii und anderes. Aus dem Lov. 46 stammen wahrscheinlich Onus Ecclesiae, Martino Morhao (Borhaus) in Ecclesiasten Salomonis. lieber die mögliche Berücksichtigung spanischer Bücherverbote s. 0. S. 133.

Von den italienischen Autoren und Schriften, die bei Casa stehen, wird unten die Rede sein. Von den ausländischen könnten aus Gesner u. a. folgende entnommen sein: Alberio Erasmo, de Spongia Judicium, bei G. Part. f. 126: De spongia Erasmi judi-

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Index des G. Cäsa. 209

cium Erasmi Alberi. Danach haben Med. Yen. und die Eöm. Ind. seit P. (in der 1. Cl.) Erasmus Alberus, Ven. unter S auch Spongia judicum, was doch P. nicht aufgenommen hat*). Ales- sandro Alesio de auctoritate verbi Domini contra ep. Lund. bei G. Alex. Alesii Scoti de auct. verbi Dei liber c. episcopum Lun- densem, 1542. Christoph. Hosmanio in ep. Pauli ad Titum und Christ. Offmanno de poenitentia & le opere sue tutte di theologia, bei Gr. Chrph. Hoffman concionatoris Jenensis in ep. P. ad Ti- tum . . . 1541. De poen. commentariorum 11. 3 . . . 1540. Griona c. Fabrum Constant. et contra coelibatum, bei G-. Adv. Jo. Fabrum [Constantien. Vicarium] scortationis patronum pro con- jugio sacerdotum Justi Jonae defensio. [Tig. 1523. 33 Bl, 4]. Giov. Bismanno ad Casparum, bei Gr. Jo. Briesmanni ad Cas- paris Schatzgeyri minoritae plicas responsio pro Lutherano libello de votis monasticis, 1523. Rodolfo Grualtero Antichr. und Ro- dolfo Gualthero Homiliae Y., Gr. sagt, von E. Grualther würden demnächst deutsch und lateinisch erscheinen Homiliae quinque de novissimis temporibus et Antichristo. The od. Bibliandro Re- latio quod a solo verbo filioque Dei etc. bei Gr. Relatio fidelis ad omnium ordinum reip. christ. principes viros populumque christ., quod a solo verbo filioque Dei petenda sit exacta cognitio temporum praesentium et futurorum et rerum Antichristi . . . 1545.

Wenn Casa wirklich Gresners Bibliothek benutzt hat, ist es freilich auffallend, dass er nicht noch mehr Schriften von Myconius, Gualther, Bibliander u. a. daraus entnommen hat. Aus Gresner oder einer andern mir bekannten Quelle hat er u. a. folgende Schriften von bekannten Yerfassern nicht entnommen: Andrea Osiandro Conjecturae de ultimis temporibus [ac fine mundi ex sacris literis, 1544] ; Casparre Crucigero, Psalm, enarr. et opera theologica omnia ; ~ Cruciger steht in keinem frühern Index; G. nennt von ihm nur Comm. in ep. ad Titum priorem 1540. Fabr. Capitone in' Abacuc proph. Capito steht bei G. (und im Lov. 1550) unter Wolfgangus F. C. ; ausser den Enarr. in Habakuk prophetam, 1539, verzeichnet G. unter seinen Schriften auch Responsio de missa, ma- trimonio et jure magistratus in religionem (Strassb. 1537; auch im Lov. 1550 unter seinem Namen) und Hexemeron Dei opus expli- catum, Strassb. 1539. Beide tragen Capito's Namen auf dem Titel- blatt^), stehen aber bei Casa als anonyme Schriften, die letzte als Exameron Dei opus, diese auch im Rom. Ind. bis heute (Ben. hat nur Hexameron corrigirt). Giov. Diacono in Abd. proph. ist Jo. Draconitis Comm. in Obadiam et Ps. 137, 1538, und Giov. Polio Yespalio Poeta opusc. serm. et epigr. ist Jo. PoUius Westphalus,

1) Erasmus' Spongia steht in den Opp. 10, 1631, das Judicium E. Alberi de Spongia Er. Rot. adeoque quatenus illi conveniat cum M. Lutheri doctrina 1523, bei Boecking, Hütten II, 373—78. Vgl. Nebe, Denkschr. des Sem. 2U Herborn, 1867, 33. Archiv f. Lit.-Gesch. 1883, 28.

2) Baum, Bucer und Capito S. 584.

Beuach, Index. 14.

210 Index des G. Casa.

von dem Gr. Poemata erwähnt. Giov. Salvino wird wohl iden- tisch sein mit Cliov. Calvino. Marcantonio Calvino könnte Marcan- tonio Corvino im Luccaer Index sein. P. nahm nur diesen auf, Tr. aber setzte auffallender Weise auch Marcus Ant. Calvinus in die 1. Cl. Sie haben dort beide gestanden, bis Ben. Ant. Cor- vinus und Ant. Calvinus corrigirte. Letzterer war der Bruder Joh. Calvins, hat aber nichts geschrieben. In keinem andern Index als bei Casa steht Herme Letmario de instauranda religione, es ist Hermae Lethmatii de instaur. rel. 11, 9. Bas. 1544 fol. Der Verfasser war Doctor der Sorbonne und Decan und Generalvicar in Utrecht, f 1555*). Sein Buch für ein häretisches zu halten, ist Casa wohl durch den Druckort verleitet worden.

Ausser dem Hexemeron und der Responsio Capito's stehen bei Casa noch einige andere Schriften ohne Angabe der Verfasser, ob- schon sie nicht anonym erschienen sind. Folgende davon sind als anonyme Schriften auch in Med. Ven. und durch P. in den Rom. Index gekommen: Evangelicae conciones sind die E. c. domini- carum totius anni . . . subnexis epistolarum argumentis, cum Jo. Hippini de sacris concionibus formandis compendiaria for- mula praefixa, von Petrus Artopoeus; sie stehen im Par. (erst seit Ben. im Rom. Ind.) unter seinem Namen; Jo. Hippinus (so Par. und Gr., im Luccaer Ind. Jo. Hepinus) ist Jo. Aepinus. So ist denn auch durch P. (neben Jo. Aepinus) ein Hippinus in die 1. Cl. ge- kommen, den erst Ben. hinausgeworfen hat. Der arme Aepinus steht aber noch unter einem dritten Namen im Index. Aus Jo. Aepini in evangelium ascensionis Domini enarrationes (1546, 52 Bl. 4) hat nämlich Casa „Giov. Spino in Evang. ascensionis'' gemacht. So kam Jo. Spinus durch P. in die 1. Cl. Ben. hat dafür Jo. de Spina sive Spinaeus gesetzt, offenbar willkürlich; denn diesen, den frühern Augustiner J. de TEspine, der auf dem Gespräch zu Poissj^ 1561 ein Wortführer der Protestanten war, hat Casa nicht gekannt und P., der den Namen aus Casa aufnahm, nicht gemeint.

De coena Dominica quae contra veritatem (ad objecta) Mur- narus subigit ist De caena dominica ad objecta quae contra verita- tem evangelicam Murnerus partim ipse finxit, partim ex Roffensi ac aliis pietatis hostibus sublegit. Responsio Martini Buceri. S. 1. et a. (Strassb. 1524); eine andere Ausgabe: De coena dom. contra Mur- nerum, Strassb. 1534^). Aus Casa nahm dieses P. auf, und zwar in der unterdrückten Ausgabe von 1557 als Liber de coena u. s. w., wörtlich wie bei Casa^), in der publicirten Ausgabe von 1559 als Liber de coena dominica. So steht die Schrift noch jetzt im Index (seit Ben. de Coena Dom.). Nur aus Casa und dem Index von 1557 ist also zu ersehen, welche der vielen Schriften de coena dom. aus der Reformationszeit gemeint ist.

1) Foppens I, 476.

2) Baum, Capito und Bucer, S. 264. 590. 596.

3) Zacc. p. 325.

I

Index des G. Casa. 2ll

Aiigustini et Hieronymi Theologia falso ab his doctoribus et concise atque haeretice excerpta per quendam doctorem germanicum, im Rom. Ind. bis jetzt Aug. et Hier. Theol. , ist walirscheinlich das im Lov. 50 unter dem Namen seines Verfassers stehende Buch von Ant. Corvinus : Augustini et Chrysostomi Theol. ex libris eo- rundem deprompta inque communes locos digesta circiter 67, Schwäbisch-Hall 1539.

De Providentia Dei sine autore und D e falsa religione, die bei Casa unmittelbar hinter einander stehen, sind wahrscheinlich Zwingli's Schriften De vera et falsa religione, 1525, und Sermonis de Providentia Dei anamnema, 1530, von denen berichtet wird, dass P. M. Vermigli sie gelesen *). Letzteres wird auch gemeint sein mit den seit P. im Rom. Ind. stehenden Serraones [sie] de Provi- dentia Dei. Dialogus mutuis interrogationibus et responsionibus reddens rationem veterum synodorum, im Ven. Dial. multis interr. u s. w., nicht im Rom. Ind., ist ein Buch von Erasmus Sarcerius ^),

Von den Schriften, welche aus Casa in die 3. Cl. des Römi- schen Index gekommen, sind (ausser den später zu besprechenden italienischen) noch zu erwähnen:

Centum gravamina sedis apostolicae non ferenda Germanis, die Beschwerden, welche auf dem Reichstag zu Nürnberg 1522 zu- sammengestellt wurden. Vergerio bemerkt dazu, dieselben seien nicht allein, sondern mit der Instruction Hadrians VI. für seinen Nuncius Chieregati zusammen gedruckt '*), und meint, Casa habe diese mit verdammen wollen*). Sie wurde im Med. und Ven. ausdrück- lich verboten : Pontificii Oratoris Legatio in Conventu Norembergensi, und steht so seit P. auch im Rom. Ind. bis heute. Die gleich-

1) Jo. Simler, VitaP. M. Vermilii (Gerdas, Scr. in. ant. III, 14). Schmidt, P. M. Vermigli, 1858, S. 20.

2) Dial. . . . synodorum ... et nuper habitae synodi et visitationis pro pastoribus comitatus Nassoviae. S. 1. 1539. Gerdas, Scrin. ant. II, 608.

3) In hoc libello Pontificii oratoris continatur legatio in conventu Norembergensi. Cum responsione Caesaris. Insunt et gravamina germani- cae nationis iniquissima C. Accedit enumeratio annatarum taxationum ecclesiarum et monasteriorum per Universum orbem .... S. 1. et a. (Köln bei Quentel; vgl. Ann. des bist. Ver. f. den Niederrh. 23, 217) und Nürnb. 1523; eine andere Ausg.: Adriani VI. legatio . . . cum praef. M. Lutheri, Witt. 1538. Baumg. I, 557. Zwei deutsche Uebersetzungen, Nürnb. und Basel 1522 bei Weller 2009. 16, eine italienische : Quivi e descripto quello ha exequire le oratore etc. S. 1. et a. bei Rosenthal 28, 2546. Auch die Gra- vamina und die Annatae wurden 1523 deutsch gedruckt; s. Weller 2348. 49. 51. - Die Centum grav. sind aus der 1. Ausg. abgedruckt in dem Fasciculus von 0. Gratius.

4) II. Catal. fol. g 1.

2lÖ index des G. Casa.

falls mit der Legatio zusammen gedruckten Annatae taxationes ecclesiarum et monasteriorum per Universum orbem, ein Verzeich- niss der von den Bischöfen und Aebten an den Papst zu entrich- tenden Abgaben *), wurden zuerst im Liss. 81, dann von Q. ver- boten und kamen dann auf diesem Umwege 1590 durch 8. auch in den Rom. Ind. Gl. fügte den Zusatz bei : ab haereticis depravatae. Man kann freilich sagen: nicht die Instruction Hadrians VI. stehe auf dem Index, sie sei ja auch bei Raynaldus abgedruckt, sondern die in Deutschland erschienenen und mit den genannten und anderen Zuthaten versehenen Ausgaben derselben^); aber die Fas- sung des Verbotes in allen Index -Ausgaben begünstigt diese An- sicht nicht, und der Ton, in welchem Pallavicini ^) von der Instruc- tion spricht, zeigt wenigstens, dass man es in Rom später lieber gesehen hätte, dass sie nicht bekannt geworden, noch lieber, dass sie nicht erlassen worden wäre.

Historia vera de morte s. viri Jo. Diazii Hispani, quem ejus frater germanus interfecit. Juan Diaz aus Cuenca studirte 15 Jahre zu Paris, schloss sich 1545 zu Genf an Calvin an, ging mit Bucer und Claude Senarcle zu dem Religionsgespräch in Regensburg im Jan. 1546, und wurde 27. März 1546 zu Neuburg an der Donau auf Anstiften seines Bruders Alfonso, der Advocat bei der Römi- schen Rota war, ermordet. Der Mörder, ein spanischer Kleriker, und Alfonso wurden verhaftet, auf das Verlangen des Papstes aber von Ferdinand I. an den Bischof von Trient ausgeliefert. Alfons blieb straflos (er erhängte sich 1551 zu Trient). Als Verfasser der 1546 mit einer Vorrede von M. Bucer herausgegebenen Historia wird auf dem Titelblatte Cl. Senarclaeus bezeichnet*). P. setzte den Titel der Historia, wie er bei Casa und im Ven. steht, in die 3. Cl., Claudii Senarclaei bist, de morte Jo. Diazii (was er bei GA. fand) in die 2. und Jo. Diazius in die 1. Cl. ^) Tr. fügte zu Jo. Diazius bei: ille cujus mortis historiam scripsit Cernarcleui (sie), setzte auch Cl. Senarclaeus in die 1. CL, Hess aber Historia etc., das einzige.

1) K.-L. I, 76. R.-E. I, 78. Döllinger, Beitr. II, VII.

2) Card. Quirini Epistolae p. 404. Zacc. p. 323.

3) Hist. C. Tr. 2, 7, 9.

4) Historia vera de morte sancti viri Jo. Diazii, quem ejus frater germanus Alph. Diazius exemplum secutus primi parricidae Cain velut alterum Abelem nefarie interfecit, per Claudium Senarclaeum. Cum praef M. Buceri, in qua de praesenti statu Germaniae multa continentur lectu imprimis digna. S. 1. 1546. (Die Vorrede ist an den Pfalzgrafen Otthein- rich gerichtet). Abgedr. bei Gerdes, Scrinium antiq. VIII, 389. Vgl. E. Boehmer, Bibl. Wiffen., I, 179. 199. J. Bonnet, Recits du 16. siecle p. 177.

5) Er hat nichts geschrieben als Christianae religionis summa. Ad 111. Princ. Ottonem Heinricum Palatinum Rheni . . . per cl. v. Jo. Diazium conscripta, Neuburg 1546 u. s., abgedr. bei Gerdes 1. c. VIII, 465.

I

Index des G. Casa. 213

was er geschrieben, in der 3. Gl. stehen (es steht seit Ben. unter Senarclaeus).

Pasquillus germanicus ist ohne Zweifei der aus Bibelstellen zusammengesetzte P. germ., in quo causa praesentis belli attingi- tur*), und Epitome belli Papistarum contra Grermaniam atque patriam ipsam Caesare Carolo duce 1546 ist das Original von „Ain kurtzer bericht dess Pfaffen- Kriegs. Den Kaiser Carl V. wider Teutsche Nation vnd das Vaterland geführt hat: im 1546. jare. Aussem Latin verteutscht. " S. 1. et a. 8 Bl. 4.

In seiner polemischen Abhandlung äussert Vergerio, es sei nicht in der Ordnung, dass Casa einen Index herausgegeben, während das Trienter Concil versammelt (wenigstens nur vertagt) war. Ferner hebt er hervor, dass man, wenn man Männer wie Mar- silius von Padua und Nicolaus von Clemangis auf den Index setzen wolle, noch viele in den früheren Jahrhunderten finden könne. Wir werden sehen, dass ob in Folge dieser Anregung Vergerio's, ist nicht nachzuweisen, in den folgenden Indices die Zahl der mittel- alterlichen Häretiker sehr gross geworden ist. Zum Schlüsse äussert Verg. seinen Unwillen darüber, dass man nicht Schriften voll thörichter und abergläubischer Dinge, wie Miracoli della Ma- donna, II Kosario, Fioretti di San Francesco, und namentlich darüber, dass man nicht obscöne Schriften verboten habe. Unter diesen konnte er Gedichte von Casa selbst namhaft machen, namentlich ein Capitolo del forno^). Dieses allerdings sehr nahe liegende Ar- gument, dass der Verfasser einer solchen Poesie nicht der richtige Mann dazu sei, über andere Schriftsteller zu Grericht zu sitzen, urgirt Verg. aucli in mehreren anderen seiner zahllosen Streitschriften, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er dazu beigetragen, Casa

1) Abgedr. bei Strobel, Beitr. 1, 1, 202; vgl. Hist. Taschenb. 1838,'378.

2) lieber diese Jugendsünde Casa's, es sind 166 Verse, ist sehr viel geschrieben ; vgl. Clement II, 204. Die ausführlichste Apologie Casa's hat Menage im Anti-Baillet 6119 (s. Baillet, Jugements VII, 150—170) ge- liefert; hier ist auch p. 251 259 Casa's Diss. adv. F. Vergerium abge- druckt, in welcher aber das Capitolo del forno nur nebenbei erwähnt, da- gegen eine Reihe von starken Anschuldigungen gegen Vergerio's Charakter und Leben erhoben wird; vgl. Schelhorn, Diss. pro P. P. Vergerio adv. Jo. Casam, Ulm 1754. Das beste, was Menage zur Entschuldigung Casa's zu sagen weiss, ist: das Capitolo sei ein Jugendgedicht und verherrliche nicht ex professo die Sodomie, es sei auch nur eine Bagatelle in Vergleich mit den vers licentieux des Card. Bembo. Ginguene, Hist. lit. de l'It. IX, 199 sagt: Del forno. Ce titre, fort indifferent, ne doit point scanda- liser les personnes qui n'ont point lu le chapitre meme, et celles qui Tont pu lire, n'ont plus de scandale ä craindre. Mais le fait est, que c'est tout ce qu'on peut citer de cette debauche d'esprit du Casa.

214 Indices von Mailand und Venedig 1554.

die Carriere zu verderben. Cardinal wurde, wie gesagt, Casa unter Paul III. nicht; bei dessen Nachfolger Julius III. stand er als An- hänger der Farnese nicht in Grünst, er lebte unter dessen Regierung als Privatmann in Venedig. Paul IV. ernannte ihn 1555 zum Staats- secretär; er starb aber schon 14. Nov. 1556^). Die im J. 1558 zu Venedig erschienenen Rime e prose di Gio. della Casa setzte Paul IV. auf den Index, Pius IV. strich sie, Sixtus V. setzte sie wieder ein und Clemens VIII. strich sie wieder. Von Sand. p. 802 wird sogar verordnet, in dem Index zu Th. Zwingers Theatrum vitae humanae Jo. de la Casa poeta obscoenus zu streichen.

Aus den Rime e prose wurde besonders abgedruckt: II Grala- teo di Gr. della Casa con l'orazione a Carlo V. Imperatore, Florenz 1560. II Galateo, in Italien ein sehr beliebtes und verbreitetes Buch, ist ein Grespräch zwischen einem Greise und einem Jünglinge über gute Lebensart. Es wurde in viele Sprachen übersetzt, von Nathan Chytraeus 1572 ins Lateinische^). Nachdem die Rime e prose vom Index entfernt waren, erschienen Ausgaben zu Florenz 1564 u. s., Venedig 1579 u. s. Petrus Victorius edirte Joannis Casa latiua monimenta, quae partim versibus partim soluta oratione scripta sunt, Flor. 1564, 206 S. 4. In dieser Sammlung stehen auch die Vitae von Bembo und Contarini^). Gesammtausgaben der lateini- schen und italienischen Schriften sind zu Florenz 1707 (3 Parti) und Venedig 1728 (5 Bände) erschienen. Das Capitolo del forno fehlt in diesen Ausgaben, steht aber in vielen Sammlungen von Rime*).

23. Die Indices von Florenz 1552, Mailand und Venedig 1554.

Aus Vergerio's Schriften wissen wir, dass 1552 von den Domi- nicanern, d. h. wohl von der Inquisition zu Florenz ein Index

1) J. A. Symonds, Renaissance in Italy. It. Lit. II, 274.

2) Burckhardt, Cultur der Ren. II, 116 nennt es „eine schön und geistvoll geschriebene Unterweisung in der guten Lebensart, in üelicatesse und Tact, die noch heute Leute jedes Standes mit grossem Nutzen lesen könnten". Es gibt auch eine deutsche Uebersetzung : „Galateo d. i. das Büchlein von erbaren, höflichen und holdseligen Sitten".

3) lieber diese s. Brieger, G. Coutarini, 1870, S. 22. Die Monimenta sind von dem Inquisitor als in nullo discrepantia a sana et cath. doctrina S. Rom Eccl. approbirt. Sie wurden nochmals von N. H. Gundling herausgegeben, Halle, 1709. In dieser Ausgabe steht auch die Defensio contra Vergerii calumnias.

4) Clement VI, 326.

Indices von Mailand und Venedig 1554. 215

herausgegeben wurde. Derselbe sei etwas reichhaltiger gewesen als der Casa's, auch seien darin Vergerio meint, in Folge seiner Kritik des letztern, einige Irrthümer verbessert, aber freilich neue sehr arge begangen worden; er habe auch gegen diesen Index geschrieben. Aber weder der Index noch Ver- gerio's Streitschrift ist erhalten.

Den im J. 1554 in Mailand von dem Erzbischo^ Giovanni Angelo Arciraboldi publicirten Index') kennen wir aus einer Streitschrift von Vergerio, worin derselbe abgedruckt ist 2).

1) In den polemischen Noten zu dem Ven. Index von 1554 spricht Vergerio von zwei zu Mailand erschienenen Indices (Annotationes . . Au- thore Athanasio A 2 v ; Catalogus . . . Regiom. D 6 v : Hunc (Casa's Index) mox insecutus alius est Florentiae a Daemonicanis (so schreibt Verg.) edi- tus illo paulo auctior atque copiosior. Quem rursum exceperunt duo Mediolani scripti, alter a monstro quodam hominis, Melchiore Crivello Episc. Tagastense, dum Hippolytus Card. Ferrariensis archiepiscopatum illic teneret, [Hippolyt II. von Este war Erzbischof von Mailand 1520 50] sufifraganeo, ut vocant (in der 4. Ausg. suffuraneo), alter sub Arcimboldo etiam Mediolanensi Archiep., ambo prioribus non parum etiam ampliores). Aber sonst spricht er immer nur von Einem Mailänder Index. So Postr. Cat. f. 5v.: Anno 1552 alterum Florentiae promulgarunt, in quo emen- daverunt quidem (quod fuissent a me moniti) nonnullos errores, sed novos et quidem valde pudendus admiserunt. Cum vero contra hunc quoque stylum acuere zelus gloriae Dei me impulisset, ecce tertium concinnarunt a. 1554 Mediolani, emendatis quidem aliquot ex erroribus, quos ego indica- veram, sed additis Interim nonnuUis nihilo [multo?] deformioribus, quam fuerant priores. Quid multa? Quartum quoque Venetiis a. 1554 ediderunt. Ebenso Agli Inquisitori che sono per l'Italia f. 4 v, wo er nach der Er- wähnung des Casa'schen Index sagt: Allora correste a fare un' altro che fu pur in Verietia nell' a. LIIII stampato . . . Or io scrissi contra questo secondo e poi contra un terzo stampato in Firenze . . . Metteste mano al quarto che fu stampato in Milano. Hier wird der zuletzt erschienene Index an zweiter Stelle genannt, weil er wie der erste in Venedig er- schienen war.

2) Catalogo del Arcimboldo Arciuescovo di Melano, oue egli con- danna & diffama per heretici la magior parte de figliuoli de Dio, & mebri di Christo, i quali ne loro scritti cercano la riformatione della chiesa Cristiana. Con una risposta fattagli in nome d'una parte di quei ualenti uomini. Nello anno MDLIIII.* (Cambridge). 52 Bl. kl. 8. Vergerio nennt sich auf dem Titelblatte nicht, beginnt aber seine polemische Ab- handlung über den Index C4: Vergerio all' Arcimboldo. Ein latei-

216 Indices von Mailand und Venedig 1554.

An der Spitze steht ein im J. 1554 das Datum ist nicht

angegeben von „Gio. Angelo Arcimboldi, Erzbischof von

Mailand and kaiserlichem Senator, und Bonaventura Castiglione,

Propst von S. Ambrogio, apostolischem Generalcommissar der

Inquisition im ganzen Mailänder Gebiete, mit Zustimmung des

kaiserlichen Senates von Mailand" erlassenes langes italienisches

Edict, welches folgende Bestimmungen enthält:

Fortan soll kein Geistlicher oder Laie an irgend einem Orte, auch nicht in seiner eigenen Kirche oder Wohnung predigen oder die h. Schrift vorlesen ohne specielle schriftliche Erlaubniss der be- sagten Monsignori hei Strafe der Excommunicatio latae sententiae und anderen arbiträren, auch körperlichen Strafen. Unter Auf- rechthaltung der anderen bezüglich der verbotenen Bücher erlassenen Befehle und Proclamationen (cride) wird verordnet: niemand soll lateinische oder italienische Bücher, in denen von der h. Schrift ge- handelt wird, importiren (condurre), verkaufen oder verschenken, ohne vorher den besagten Monsignori oder ihren Deputirten ein Verzeichniss (la notta s. descriptione) derselben vorgelegt zu haben, bei Strafe der Excommunicatio 1. s. und von 100 Scudi für jeden Fall, wovon je ein Drittel der Inquisition, der kaiserlichen Kammer und dem Ankläger zufällt; letzterm wird Verschweigung seines Namens zugesichert. Diesen Strafen verfallen auch diejenigen, welche solche Bücher unter anderen Waaren verborgen wissentlich importiren oder sie kaufen. Alle Buchdrucker, Buchbinder, Buch- händler und Importeure haben binnen zwei Monaten bei der ge- nannten Strafe ein unterschriebenes Verzeichniss ihrer Bücher ein- zureichen und dürfen keine andere Bücher als die in dem Ver- zeichniss stehenden feil haben, bei Strafe der Excommunication und von 10 Scudi für jedes Buch. Die Buchhändler, welche binnen zehn Tagen neue ketzerische oder verbotene Bücher abliefern, werden

nischer Auszug aus dem vor dem Index stehenden Edicte steht bei de Porta, Hisi. Ref. eccl. Raet., 1772, T. I, 1. 2, p. 646. Arcimboldi, ein geborener Mailänder, aus einer Familie, aus welcher schon mehrere Erzbischöfe von Mailand hervorgegangen waren, wurde als Witt wer Geist- licher und bald zum apostolischen Protonotar und Referendar und Propst von Arcisate ernannt. 1514—18 war er Nuncius und Ablasscommissar für einen grossen Theil von Deutschland, unter anderm die Diöcesen Köln und Trier, und für Dänemark und Schweden, und verwickelte sich als solcher in allerlei unangenehme Händel. 1522 ging er als Gesandter des Herzogs von Mailand zu Hadrian VI. nach Spanien. 1525 wurde er Bischof von Novara, 1550 Erzbischof von Mailand. Erstarb 6. April 1555. Vgl. Mazzuchelli I, 964. R.-E. I, 616. K.-L. I, 1268. Ein Ablassbrief von ihm d. d. Havniae 1516 in U. N. 1739, 257.

i

Indices von Mailand und Venedig 1554. 217

dafür entschädigt. Wer ketzerische oder verbotene Bücher, nament- lich die unten verzeichneten, besitzt und sie in einem Monat ab- liefert, wird von Censuren und Strafen freigesprochen werden ; nach diesem Termin wird niemand mehr zugelassen, sondern nach dem Eechte verfahren werden. Der Ankläger wird geheim gehalten und erhält ein Drittel der Geldstrafe. Wer einen Ketzer oder der Ketzerei Verdächtigen in der Stadt und Diöcese Mailand kennt, hat ihn binnen dreissig Tagen anzuzeigen, bei Strafe der Excommuni- catio 1. 8. und von 50 Groldscudi. Diese Strafe trifft auch jeden, welcher den Lutheranern oder anderen Ketzern Beistand leistet. Wer in einem Monate kommt, wird eine geheime Busse erhalten und gratis absolvirt werden. Ein Lutheraner oder anderer Ketzer, der aus eigenem Antriebe kommt und die Busse annimmt und ungefragt einen Mitschuldigen denuncirt, wird geheim gehalten und erhält ein Viertel der Geldstrafe. Die Geistlichen sollen an jedem Sonntage der Fastenzeit an die Pflicht der jährlichen Beichte und Communion erinnern. Dieser Erlass soll an drei Kirchen in Mailand und an der Hauptkirche in anderen Orten angeheftet werden.

Der Index umfasst, in Ein Alphabet geordnet, beinahe 500 Nummern, theils Namen, theils Büchertitel, ist also viel reich- haltiger als der von Casa; er enthält namentlich viel mehr blosse Namen (der 1. Classe des Römischen Index entsprechend).

In demselben Jahre wie der Mailänder Index, aber etwas später erschien ein Index in Venedig, herausgegeben, wie es auf dem Titelblatte heisst, von der Venetianischen Inquisition, wie Vergerio angibt, sub legatione Philippi Archinti Salutia- rum Episcopi, also wohl auf Veranlassung oder mit Genehmi- gung des päpstlichen Nuncius Filippo Archinto, Bischofs von Saluzzo*). Von der Originalausgabe ist kein Exemplar bekannt; wir haben aber zwei von Vergerio im J. 1556 besorgte Abdrücke desselben.

Diesem Index ist, wenigstens in Vergerio's Abdrücken, keinerlei Decret beigefügt. Er beginnt mit der Uebersehrift: Nomina eorum qui male de fide scripserunt, quorum scripta a catholicis legi prohibentur. Es folgt ein um etwa 70 Nummern vermehrter, hie und da berichtigter lateinischer Abdruck des Mailänder Index und dann noch ein Anhang, das Decretum Gela- sianum und einige aus Eymerics Directorium abgedruckte mittel-

1) Er wurde 1556 Arcimboldi's Nachfolger als Erzbischof von Mailand.

218 Indices von Mailand und Venedig 1554.

alterliche Bttcherverbote enthaltend. Da der Venetianische Index wie gesagt, nur eine vermehrte Ausgabe des Mailänder ist, ist es nicht nöthig, diesen speciell und die Unterschiede beider zu besprechen; dagegen verdient der Venetianische eine ein- gehende Besprechung, weil er die Grundlage des ersten Römi- schen Index, des von Paul IV., bildet. Von Interesse ist nament- lich die Feststellung der Quellen, welche zunächst für den Mai- länder und dann ausser diesem selbst nochmals für den Vene- tianischen Iudex und, wie wir sehen werden, theilweise auch noch einmal für den Index Pauls IV. benutzt worden sind.

Es sind nämlich, um das Ergebniss der folgenden Erörte- rungen kurz zusammenzufassen, zunächst die älteren Indices (mit Ausnahme der englischen) benutzt ; namentlich ist der In- halt des Löwener Index von 1550 und des Casa'schen fast voll- ständig aufgenommen. Der Löwener Index ist aber in der Weise benutzt worden, dass auch von denjenigen Schriftstellern, von welchen in diesem nur eine oder mehrere Schriften verboten werden, nur die Namen aufgenommen sind, so dass nun alle Schriften von ihnen verboten (und im Römischen Index die Au- toren in die 1. Cl. gesetzt) werden. Ferner sind aus Lutzen- burgs Ketzer-Catalog (S. 14) nicht nur die meisten Namen der mittelalterlichen Ketzer, sondern auch einige aus dem 16. Jahr- hundert entnommen. Einiges stammt aus Hedio's Fortsetzung der Chronica Abbatis Urspergensis (s. o. S. 109). Eine Anzahl von Namen sind aus Gesners Bibliotheca entnommen. Sehr stark ist die theologische Abtheilung eines andern Werkes von Gesner benutzt, der von ihm selbst als zweiter Theil der Bibliotheca bezeichneten Pandectae. Endlich sind, und das ist besonders charakteristisch, aus der Briefsammlung von Oecolampadius und Zwingli*) so ziemlich alle, von welchen oder an welche darin Briefe stehen, ohne weiteres, sie mögen Schriftsteller sein oder nicht, (als Autoren der 1. Cl.) in den Index gesetzt worden.

Durch die Benutzung der Bücher von Gesner sind der Mailänder und der Venetianische Index viel reichhaltiger ge- worden und einer vollständigen Registrirung der ketzerischen

1) Jo. Oecolampadii et Huldr. Zwinglii Epistolae, Basel 1536. fol.

I

Quellen derselben. Vergerio's Ausgaben. 219

Autoren und Schriften näher gekommen als die früheren Indices. Aber das Bestreben, möglichst viel aus diesen Büchern aufzu- nehmen, und der erstaunliche Mangel an Kenntnissen, Einsicht und Urtheil, den die Compilatoren dabei bekunden, haben zur Folge gehabt, dass in das Namensverzeichniss, welches der 1. Classe des Römischen Index entspricht, ziemlich viele theils völlig unbedeutende Schriftsteller, theils solche, die nichts oder fast nichts Theologisches geschrieben, auch einige gut katholische Schriftsteller gekommen sind, und dass auch unter den aufge- nommenen Schriften, die dann im Römischen Index in die 2. oder 3. Classe kamen, die meisten von geringer Bedeutung, dass z. B. manche, deren lateinische Titel im Index auf umfang- reiche und bedeutende Werke schliessen lassen, in Wirklichkeit kleine deutsche Flugschriften sind.

Dass Casa „mit beiden Indices von 1554, wenigstens mit dem Venetianischen, etwas zu thun gehabt", wie Mendham (An Index of . . . Gregory XVI. p. 70. 73) vermuthet, ist nicht zu erweisen und nicht wahrscheinlich.

Der erste Abdruck Yergerio's ist „in Deutschland", es wird nicht angegeben wo, erschienen*). Yerg. Hess demselben alsbald unter dem angenommenen Namen Athanasius polemische Annota- tiones folgen ^). Einige Monate später Hess er den Index und die Annotationes, diese an einigen Stellen geändert, verkürzt oder erweitert, zu Königsberg nochmals drucken mit einem Königs- berg 1. Aug. 1556 datirten Schreiben an den Fürsten Nicolaus Radziwil^). Die dem ersten Abdruck der Annotationes beigefügte lateinische Uebersetzung des Index Casa's fehlt hier.

1) Cathalogvs Librorvm haereticorvm, qui hactenvs colligi potuerüt ä uiris Catholicis, supplendus in dies, si qui alij ad notitiam deuenerint, de commissione Tribunalis Sanctissimae inquisitionis Venetiarum. Venetiis apud Gabrielem Jvlitvm de Ferraris, et fratres, 1554.* (Tübingen). 19 Bl. kl. 8.

2) Annotationes in Catalogvm haereticorvm, Venetiis impressvm ä Gabriele Julito de Ferrarijs. De commissione Tribunalis sanctissimae In- quisitionis Venetiarum. Avtore Athanasio. Act. 16. Itaque Ecclesiae con- firmabantur fide et abundabant numero quotidie. A. MDLVL* (Tübingen) 23 Bl. kl. 8. Ganz in demselben Formate, aber mit anderen Typen ge- druckt wie der Cathalogus.

3) Catalogus Librorum haereticorum. Aeditus Venetiis de commis- sione tribunalis sanctissimae Inquisitionis. Apud Gabrielem Julitura et fratres de Ferraris. Cum Annotationibus Athanasii. Anno 1556. Auf der letzten Seite: In Regio Monte Borussiae impr. loannes Daubmannus 1556,* (München, Univ.) 59 Bl. kl. 8.

220 ludices von Mailand und Venedig 1554.

Der erste Abdruck Verg.'s ist abgedruckt bei Jos. Mendham, An Index of probibite.d books, by command of the present Pope, Gregory XVI. in 1835 ; being the latest specimen of the Literary Policj^ of the Church of Rome, London 1840, zwischen p. 72 und 73 *). Dass der Mendham vorliegende Druck nicht , wie er p. 75 zu glauben geneigt ist, die Originalausgabe des Index war, zeigt die am Schlüsse C 3 beigefügte Notiz : Ex exemplari Venetiis excuso und die Bemerkung Vergerio's in den Annotationes A 2 v: Hunc ergo postremum denuo apud nos formulis Impressum et in multa exem- plaria diffusum curavi. Das Jahr des Druckes wird nicht angegeben, wahrscheinlich ist er aber kurz vor den Annotationes, die 1556 er- schienen, vollendet.

In der 2. Ausgabe hat Verg. bei manchen Nummern in kleiner Cursivschrift Zusätze beigefügt. Es sind vielfach blosse Erläute- rungen, Angabe des Verfassers der betreffenden Schrift u. dgl., z. B. Acta coUoquii Eatisponae (Buceri), Acta Concilii Trid .... cum annotationibus (Calvini), Acta Adolfi Clarenbach (combusti Coloniae). Vielfach haben sie aber eine polemische Tendenz ; namentlich hat Verg., wenn er einem Namen ein Epitheton beifügt, gewöhnlich die Absicht, die Inquisition darüber zu verspotten, dass sie den Mann auf den Index gesetzt, wie Laurentius Valla (Romanus, Canonicus S. Jo. Later.), Steph. Vinton. (episcopus papista) u. dgl. oder Adam Rysser (arithmeticus), Henricus Vogther (pictor ignarus latinae lin- guae), Simon Zultzerus (nihil scripsit), Yincentius Obsopoeus (poeta scripsit de arte bibendi), Jo. Sleydanus (historicus, sed is meritis- sime) u. dgl. Mitunter sind diese Epitheta recht unglücklich ge- wählt, wie Jac. Faber (episcopus Stapulensis Gallus), Lazarus Spengler (musicus) u. a. Auch die 1. Ausgabe hat Zusätze, in demselben Druck wie die Namen oder Büchertitel, aber meist durch einen Punkt von denselben geschieden. Diese Zusätze sind nicht polemischer Tendenz, rühren aber auch wohl grossentheils von Verg. her, sicher diejenigen, welche in der 2. Ausgabe cursiv gedruckt sind, aber auch wohl manche andere. Von dem in der 1. Ausgabe den Titeln der kleinen anonymen Schriften Yergerio's beigefügten Verg. (in. der 2. Ausgabe meist Yergerii) ist sicher anzunehmen, dass es nicht die Inquisition, wie Mendham pag. 73 meint, auf Veranlassung seines Feindes Casa, sondern Verg. beigefügt, ebenso von anderen Angaben des Verfassers bei anonymen Schriften. An- ders könnte es sich, mit den Zusätzen verhalten, und deren linden sieb auch in dem Med., welche die von den Compilatoren des Index benutzten Quellen andeuten, wie Direct. bei den aus Eyme- rics Directorium, Lovan. oder Lov. (oft im Med., nicht im Ven.) bei den aus dem Löwener Index, Epistolae Zui. oder Oecolamp.

1) In dem Mendham vorliegenden Exemplare fehlte das Blatt B 1 ; er hat dieses später nach einem vollständigen Exemplare im Besitze F. L. Hoff- manns als Carton drucken lassen ; s. Ann. de la Bibl. roy. de Belg. 10. A. (1849), p. 182.

Aeltere Schriften im Index. 221

bei den aus deren Briefwechsel, Ursperg. oder Ab. Ursp. bei den aus Hedio entnommenen Nummern steht. Aber auch diese Notizen rühren wahrscheinlich von Verg. her : die Compilatoren der Indices hatten keine Veranlassung, ihre Quellen anzugeben; Verg. aber be- merkt in der Abhandlung über den Med. f. 7v, derselbe sei eine Compilation aus dem Löwener, Pariser, Casa'schen und Florentiner Index ').

Manche Namen sind im Ven. correcter gedruckt als im Med., andere weniger correct; es ist aber nicht festzustellen, ob dieses das Verdienst oder die Schuld der Compilatoren oder Vergerio's resp. ihrer Drucker ist. Damit die Vermuthungen, welche ich im folgenden mitunter über verschriebene Namen aufstelle, nicht zu kühn er- scheinen, bemerke ich beispielsweise, dass Jo. Chrysostomus cum scholiis Oecolampadii im Ven. Jo. Eluiso u. s. w., Leopoldus Dickius im Med. Leop. Dilcius (im Ven. Dikius), Gerardus Neomagus im Med. Gerardus Magus gedruckt ist.

In dem Anhang des Ven. stehen: 1. Libri quos Sancta Ro- mana Ecclesia Catholicis vitandos duxit, hi sunt sicut habetur D. XV. Sancta Romana Ecclesia (das Verzeichniss im Decretum Gelasianum nach Gratian); 2. Libri damnati per Ecclesiam, qui habentur in De- cretalibus (nur Liber Joachim contra Petrum Lomb.); 3. Libri dam- nati in ex. Vag. Jo. Papae XXII. (in den Extravaganten Johannes* XXII., Libelli Fr. Michaelis de Cesena); 4. Libri damnati per D. Jo. Papam XXII. (die Postillae super Apoc, Matth. und Canonicas, Evangelium aeternum) und ohne neue Ueberschrift Ray. Julii [Lulli] libri damnati per D. Gregorium (sie werden hier und im Index alle verzeichnet); 5. Libri damnati tempore Innocentii Papae VI., (Vir- ginale und L. Salomonis etc.); 6. Tempore Urbani Papae VI. (Barth. [Janoes] de adv. Christi); 7. Tempore Nicolai Papae IV. (Epistolae Duliani Nauariensis, des Fra Dolcino); 8. Item in partibus Galliae de magno consilio Magistrorum (libri Nigromantiae u. s. w.). Die Stücke sind aus Eymerics Directorium p. 309 317 abgedruckt (die Clavicula Salomonis, die zuletzt steht, ist aus p. 338 beigefügt), allerdings mit einigen Abweichungen und wunderlichen Schreib- oder Druckfehlern : aus der Epistola Jesu ad Abgarum im Decr. Gel. sind z. B. Opuscula Jesu ad Abagarum geworden. Mit der Beifü- gung dieses Anhanges hängt eine Eigenthümlichkeit des Index selbst zusammen. Während in den bisher besprochenen Indices nur ein- zelne mittelalterliche Schriftsteller vorkommen, haben die Compila- toren des Med. und Ven. eine ziemlich grosse Zahl von Ketzern und kirchlich übel berufenen Männern aus älterer Zeit aufgenom- men 2), die dann grossentheils durch P. auch in den Rom. Index

1) Unverständlich sind mir einige andere Notizen: Jo. Meyer B'er. (auch sonst), Theob. Niger Bar. 2, Petrus Ferrariensis Ver., J. B. Pisca- torius ä col., Ars. Scoffer Tom. pri. gl.

2) Vergerio hat in den Annot. 1.556 E 2 diese (nicht vollständig) zusammengestellt. Von den meisten derselben ist § 3 die Rede gewesen.

222 Indices von Mailand und Venedig 1554.

gekommen sind, darunter aucli manche, die nichts geschrieben oder von denen wenigstens keine Schriften erhalten oder gedruckt sind. Die Hauptquelle war in dieser Beziehung das Ketzerverzeichniss von Lutzenburg, der seinerseits u. a. Eymeric benutzt hat. P. hat aus Lutz, und aus G-esner noch einige beigefügt, die im Yen. nicht stehen, dagegen hat er aus diesem ziemlich viele, meist wunderliche Namen nicht aufgenommen. Nur Med. und Yen. , nicht der Eöm. Ind., haben aus Lutz, folgende: Aetius Anomaeus ; Evagrius Pon- ticus, von dem Lutz, sagt : haeretica scripsit . . ut scribit Hier. adv. Lucif. ; Gaudentius, bei Lutz. Donatistarum episcopus qui con- tra Augustinum duas scripsit epistolas; Lentitius, fecit libros quos Ecclesia prohibuit dist. 15. S. Eom. (Leucius im Decr. Gel., der auch bei Eym. Lentitius heisst); Photinus de Gallogrecia, bei Lutz, unter Fotiniani erwähnt; Severus con const. [sie], Lutz, meint den bei Aug. de haer. 24 erwähnten Enkratiten Se- verus; — Tatianus, Haupt der Encratitae; sie Mahomet praece- pit suis ne vinum bibant, fügt Lutz, bei ; Yarimadus, Arianus, de quo Idacius Clarus; ferner aus dem Decr. Grelas.: Faustus Re- giensis. Yerg. fragt mit Recht (E 7), warum man, wenn diese, nicht alle bei Grratian Causa 24 q. 3 c. 39 verzeichneten Ketzer auf- genommen.

Mit „Jo. Cassianus de libero arbitrio" scheint, obschon „Opus- cula Cassiani" im Decr. G-el. steht, die Hagenauer Ausgabe von 1527 gemeint zu sein. P. nahm dieses nicht auf, aber S. Gl. haben aus Q. : Cassiani Ctp. de lib. arb. collatio illa quae Hagenoae impr. est per Jo. Secerium. Es ist also nur die von einem Ketzer besorgte Ausgabe verboten*).

Aus dem Mittelalter haben Med. und Yen. (nicht auch der Rom. Ind.) den Wycleffiten Richardus Anglicus, die Husiten Mat- thias Boemus und Ulricus de Morana (bei Lutz, de Moravia), ferner: Desiderius Longobardus, von dem Lutz, meldet, er habe gegen das G-elübde der Armuth, und Thomas von Aquin habe gegen ihn ge- schrieben 2), Jo. de Poliaco % Petrus de Aragonia '') und zwei Gegen-

1) 1588 erschien zu Rom eine Gregor XIII. gewidmete Ausgabe des Cassianus von Ciaconius. Aber eine italienische üebersetzung: Opere di Giov. Cassiano delle costituzioni e dell' origine dei monachi, trad. da Bened. Ruffi, Eremita Camaldolese, Ven. 1563, 4 (Clement VI, 369) wurde ein Jahrhundert später, 1674, mit d. c. verboten. (Im Index heisst der Ueber- setzer noch jetzt Buffi.)

2) Auch Bellarm. de membr. eccl. mil. 2, 45 erwähnt ihn und citirt Thom. Opusc. 19.

3) Magister Parisiensis, varios errores seminavit circa audientiam confessionum, qui damnantur per loannem XXII. in extrav. [c. 2. V, 3] Lutz.

4) A. 1302 natus de civitate Caesaraugustae, revelationibus deceptus. Lutz.

I

Quellen des Venetianischen Index. 223

päpste, Jo. de Struma (Calixt III, 1168 78) und Petrus de Luna (Benedict XIII, 1394—1409»)).

Die vorreformatorischen Namen stammen, wie gesagt, aus Lutz.-) ; bezüglich der anderen von Med. und Ven. benutzten Quellen ergibt sich folgendes:

1. Yon den im Lov. 50 stehenden Schriftstellern fehlt im Ven. nur Vitus Amerbach (von P. wieder aufgenommen), im Med. (offenbar nur durch ein Versehen) auch Henr. Bullinger. Einige Namen sind freilich kaum wieder zu erkennen: Christoph. Tronuerus = Cornerus ; Conr. Jagus = Lagus; Grer. Sorichius = Lorichius; Jo. Camarius = Janus Cornarius. Dagegen ist Jo. Dragontes des Lov. nach Gr. in Jo. Draconites corrigirt. Auch sonst sind einige Namen nach Gr. geändert oder vervollständigt: Melchior Clinck in Kling, Velcurio in Jo. Veitkirch s. Velcurio (bei P. steht auch wie- der Velcurio); bei Jo. Herolt ist Acropolita, bei Nie. Borbonius ist Vandoperanus beigefügt u. dgl. Die Büchertitel hinter den Na- men sind nur einige Male beibehalten, z. B. bei Henr. Com. Agrippa, Leop. Dick (beide seit P. in der 1. Cl.). Die anonymen Schriften des Lov. 50 sind in das Alphabet eingereiht ; weggelassen sind nur wenige, und diese hat P. alle nachgetragen.

2. Aus Casa sind nicht aufgenommen einige corrumpirte Na- men : Griov. Salvino, Griov. Diacono, Marcantonio Calvino, Martino Morhao, Petrus Artophagus, auch Tutte le opere di Jodoco, ferner Claudius Gruillaud, Hermas Laetmarius, Hieron. Savonensis und Nie. Clemangis (diese beiden von P. aufgenommen). Auch einige ano- nyme Schriften sind im Ven. weggelassen, aber von P. wieder auf- genommen.

3. Aus dem Edict von 1540 scheinen zu stammen Christiana institutio und Phrases s. Script., aus dem Lov. 4G : Petrus Ligneus und Poggii Florentini et Henr. Bebelii facetiae"*).

1) Der erstere wird von Lutz, einfach als schismaticus bezeichnet; von letzterm sagt er: Probatur esse haereticus, schismaticus . . . notorie et publice errasse contra cath. et evangelicam veritatem super potestate et auctoritate Ecclesiae. Et Jo. Gerson confecit duos libros, in quibus articuli generales et speciales dicti Petri ponuntur et ubi vipera nuncu- patur.

2) Man hätte auch Alfonsi de Castro Min. adv. omnes haereses 11. 14, Col. 1543, benutzen können; es stimmt aber alles am besten mit Lutz. Dass dessen Buch, und zwar eine der späteren Ausgaben (ich habe die 5. von 1537 verglichen) benutzt worden, und nicht etwa nur das Ketzerver- zeichniss, welches GP. f. 109 nach Lutz, gibt, zeigt der Umstand, dass hier Armachanus, ülricus de Moravia und namentlich die Stelle über die Strassburger Prediger (s. u.) fehlen.

3) Im Med. steht Poggii Flor., ülenspiegelii et Bebelii facetiae. Eulen-

224 Indices von Mailand und Venedig 1554.

4. Aus der die anonymen lateinischen Scliriften enthaltenden Abtheilung von Par. 51 sind 8 Schriften in den Ven. und dann in den Rom. Ind. gekommen (S. 163), aus den anderen Abtheilungen wohl nur Jac. Faber, Jo. Irenaeus (Pomeranus, der im Par. unter Urbanus Regius als Uebersetzer von dessen Liber consolatorius ge- nannt wird; er heisst im Med. Jo. Scenius, und diese Verhunzung hat Ven. neben Jo. Irenaeus beibehalten), und ein N"ame, der ein Seitenstück zu Grorcinianus (S. 106) bildet. Im Par. 51 steht näm- lich unter den französischen Büchern Petri Martyris Vironglii (statt Vermiglii) Firent. üna simplice declaratione. Danach haben Med. und Ven., den Druckfehler verschlimmernd, P.M. Verunghus. P. setzte den richtigen Namen P. M. Vermiglius daneben, und beide haben dann neben einander im Index gestanden, bis Ben. den P. M. Verunghus hinauswarf. Aus den anonymen Schriften des Par. nahm Ven. nicht nur die Epistola apologetica ad sincerioris christia- nismi sectatores per Frisiam Orientalem (Ostfriesland) et alias in- ferioris G-ermaniae regiones mit dem abgekürzten Titel Ep. ap. ad s. ehr. s. auf, sondern auch einen Autor Frisias Orientalis, und Ver- gerio (Annot. F 6) hat nichts anderes dazu zu bemerken, als dass Frisias Orientalis ein angenommener Name sei. In den Rom. Ind. ist er doch nicht übergegangen.

Unter den anonymen Schriften steht im Ven. Commentaria Ger- maniae in Cornelium Tacitum. Das ist nicht, wie Vergerio meint, eine Schrift von Wilibald Pirkheimer (diese heisst G-ermaniae ex variis scriptoribus perbrevis explicatio, 1532), sondern die schon im Par. 51 unter Andr. Althamer stehende, mit dessen Namen er- schienene Schrift: Commentaria G-ermaniae in P. Corn. Taciti libel- lum de situ et moribus et populis Germaniae, Nürnb. 1536 ^). Sie steht als anonyme Schrift seit P. auch im Rom. Index. Nachdem zu Frankfurt 1617 und zu Amberg 1619 neue Ausgaben erschienen waren, verbot die Index-Congregation 1624, ohne zu ahnen, dass das Buch längst verboten war, Andreae Althameri Commentaria in P. Corn. etc. mit d. c, und seitdem stand dann das Buch unter diesem Titel mit d. c, unter jenem als unbedingt verboten im In- dex, bis Ben. Commentaria etc. strich.

5. Aus Gesners Bibliothek sind etwa 30 Namen, die nicht schon in den früheren Indices standen, aufgenommen (und fast alle auch in den Rom. Ind. übergegangen), darunter neben theologischen Schriftstellern wie Andreas Hyperius, G-aspar Schwenckfeldus, Geor-

spiegel gehört ja wohl ebenso gut in den Index, wie manche andere; aber wie er gerade in den Med. gerathen und dann im Ven. wieder verschwun- den, ist mir ein Räthsel ; ich möchte fast vermuthen, dass ihn Vergerio eingeschoben. Er steht sonst nur in der flämischen Abtheilung der Antw. App. 70: „Wlenspieghel, apud loannem van Ghele, sine privilegio et anno". 1) Lit. Wochenbl., Nürnb. 1770, I, 347. U. N. 1713, 783.

I

Benutzung von Gesners Bibliotheca. 226

gius Major, Jac. Schenk (auch als Jac. Scheuch im Ven. *)) u. s. w., auch solche, von denen Gr. nur nicht theologische Schriften verzeich- net, auch einige, welche die Compilatoren des Ven. mit Unrecht oder doch mit zweifelhaftem Eecht für häretische Schriftsteller gehalten haben. Zu der ersten Kategorie gehören z. B. Gerardus Listrius (Gr. führt von ihm nur einen Commentar zu der Moria des Erasmus an, auch Fris. kennt keine theologischen Schriften von ihm), Jaco- bus Bedrotus (auch als Jacobus Dedeotus im Ven., Gr. kennt nichts Theologisches von ihm 2), Jac. Eueff (Mediciner in Zürich, der GP. f. 155 als Verfasser von deutschen Dramata sacra genannt wird), Simon Sultzerus (im Ven. als S. Zultzerus und Falterus, G. erwähnt von ihm nur eine lateinische Uebersetzung der Acta synodi Ber- nensis 1532). Maturinus Corderius (Cordier; er steht im Ven., nicht im Med., in beiden, aber nicht bei P. Macrobius Carborus, wahrscheinlich eine Corruption jenes Namens), Calvins Lehrer und zuletzt bei ihm in Genf, hat zwar einige kleine Streitschriften ver- fasst^); aber G. kennt von ihm nur Schulbücher. Diese scheinen freilich auch anstössige Dinge enthalten zu haben; wenigstens er- wähnt Fris. von seinen Colloquiorum scholasticorum 11. 4 ad pue- ros in sermone latino paulatim exercendos eine editio pontificia, in der einiges geändert oder weggelassen sei.

Im Ven. finden wir zuerst Beatus Ehenanus (s. u.). Einige andere Katholiken, die Ven. aus G. aufgenommen, sind von P. ge- strichen: Jodocus Widschemius (Windschemius in Würzburg), den Ven. wohl darum aufnahm, weil G. erwähnt, dass ein Buch von ihm vom J. 1519 Oekolampadius gewidmet sei, der ja aber 1519 noch kein Ketzer war; Jo. Genesius (Juan Gines de Sepiilveda) ; eine Schrift von ihm, Democrator alter s. de justis belli causis, wurde in Spanien nicht approbirt, in Eom gedruckt, und dann in Spanien confiscirf*), steht aber nicht einmal im span. Index; Luscinius, ohne Zweifel Ottomarus Luscinius (Nachtigall), von dem höchstens die Joci et sales, 1524, verboten werden durften^).

Auch die Aufnahme einiger mittelalterlichen Schriftsteller in

1) J. K. Seidemann, Jacob Schenk, der vermeintliche Antinomer, Freibergs Reformator, 1875, verzeichnet S. 63 16 deutsche Schriften von ihm.

2) Jacobus Bedrotus, im Rom. Ind. J. B. Pludentinus, J. Bedrot aus Pludenz, Philologe in Strassburg, hat ein Schriftchen von Bucer übersetzt: Non esse ferendas in templis christianorum imagines . . . Auetoribus ec- clesiasticis Argentorat., Jac. Bedroto interprete. Item Epist. M. Buceri in evangelistarum ennarrationes . . . (Strassb.) 1530. 24 Bl. 4. Baum., Capito und Bucer, S. 594.

3) J. Bonnet, Nouv. Recits, 1870, p. 1.

4) Caballero, Melchor Cano p. 65.

5) Döllinger, Ref. I, 547.

Keusch, Index. jg

226 Indices von Mailand und Venedig 1554.

den Ven. ist durch Gr. veranlasst worden. Das gilt namentlich von Nicolaus Cahasila (s. u.), von Sigebertus, monachus Gallus contra Papam Gregorium et contra epistolas Paschalis Papae (G. verzeich- net diese Schriften wörtlich so) und von Dantis Monarchia, wahr- scheinlich auch von Laurentius Yalla.

Die Titel der Schriften von Sigebert, Mönch von Gembloux, sind von Ben. richtig angegeben: Responsum ad Hildebrandi Papae epistolam, quam scripsit in potestatis regiae calumniam, Widerlegung des Briefes Gregors VII. an Hermann von Metz über das Recht des" Papstes, den König in den Bann zu thuen und den Eid der Treue aufzuheben, und Epistola nomine Ecclesiae Leodiensis contra episto- lam Paschalis Papae, auf Veranlassung des Archidiakons Heinrich im Namen der Lütticher Kirche geschrieben, als Paschalis Tl. 1102 oder 3 den Grafen Robert von Flandern zu einem förmlichen Kreuz- zuge gegen dieselbe aufgefordert hatte, weil sie nicht von dem Kaiser lassen wollte. (Wattenbach, Geschieh tsqu. IT, 110.) Dieser Brief wurde während des Streites Pauls V. mit Venedig hier 1606 neu gedruckt, bei dem Streite über die gallicanischen Artikel von 1682 oft citirt, Bossuet Def. Decl. 3, 8 (Oeuvres 31, 604) nennt ihn Leodiensis Ecclesiae egregium testimonium, von Gerbais in französischer Uebersetzung herausgegeben, Paris 1697. Diese wurde, als der Bischof d'Oultremont von Lüttich 1765 einen Hirtenbrief gegen die Utrechter erliess, in Holland neu gedruckt: Lettre de TEglise de Liege ... au sujet d'un bref de Paschalis Tl. . . . Avec un discours de Conrad, 22. eveque d' Utrecht sur le meme sujet (N. E. 1766, 133). Pereira gab 1770 eine portugiesische Ueber- setzung heraus (N. E. 1770, 21). Sigeberts Widerlegung der Be- hauptung, dass die Messe verheiratheter Priester ungültig sei (Wat- tenbach IT, 112) steht nicht im Index. Bei Bras. p. 215 wird Sigebert, den Wattenbach als „allgemein verehrt und bewundert, wohlwollend und milde'* bezeichnet, bei Gelegenheit der Expurga- tion der Biblioth. Patrum, in deren T. 7 seine Chronographia steht, schismaticus Henrici TV. fautor, Rom. Pontificibus infensus genannt, dessen (Jhronographia caute legenda sei, weil er darin in gratiam german. Tmperatorum et in odium Rom. Pontificum multa interdum mentitur, was Baronius widerlegt habe. Es wird dann aber nur zu 6 Stellen die Tilgung der Randnoten des ersten Herausgebers (Henr. Stephanus 1515) und die Beifügung anderer mit caute lege, nam mentitur Sig. u. dgl. beginnender Randnoten verordnet. Die erste Stelle ist die von der Päpstin Johanna, von der gesagt wird, sie sei eine Interpolation des Henr. Stephanus.

Dantis Monarchia steht im Ven. und dann im Rom. Ind. (seit Ben. Aligherius Dantes. De Monarchia libri tres), weil G. sagt: Scripsit opusculum de mon., ubi ejus fuit opinio quod Imperium ab ecclesia minime dependeret, cujus rei gratia tanquam haereticus dam- natus est cum aliorum, tum Bartoli jurisperiti sententia. Boccaccio und Bartolo berichten, Card. Bertrand, T^egat Johannes' XXIT. in der Lombardei, habe 1330 Dante's Buch, welches von den An- hängern Ludwigs des Baiern benutzt wurde, als ein ketzerische Dinge

Siegebert. Dante. Laurentius Valla. 227

enthaltendes zum Feuer verdammt und auch Dante's Gebeine ver- brennen lassen wollen*). Das Buch war, als es im Ven. verboten wurde, noch nicht gedruckt. Vergerio sagt (Catal. Regiom. E 3), er sei erst durch den Ven. auf dasselbe aufmerksam geworden und werde es herausgeben. Die erste Ausgabe erschien 1559^), in dem- selben Jahre wie der Index Pauls lY., die erste in Italien gedruckte Ausgabe 1758.

Yon Laurentius Valla (1406 57), dessen Schriften zu seinen Lebzeiten allerdings vielfach angefochten, aber nicht ver- dammt wurden'^), er war unter Calixt III. Secretär und starb als Canonicus im Lateran, erwähnt Gr., dass er gegen Boethius geschrieben, und die Schriften De libero arbitrio, woraus er Auszüge gibt, und De donatione Constantini, über welche er die Bemerkung des Raphael Volaterranus anführt: Valla wolle beweisen, dass dem Papste keine Herrschergewalt übertragen worden. Dieses Buch war unter dem Titel: Laur. VallaePatricii Rom. de falso credita et emen- tita Constantini donatione Declamatio von Hütten mit einer sarkasti- schen Dedicationsepistel an Leo X. 1517 edirt worden. Im Ven. steht: L. V. de libero arbitrio et de falsa donatione Const. P. fügte die von Erasmus, Paris 1505, edirten Annotationes in N. T. und De voluptate bei. Tr. strich die Annotationes, S. Cl. setzten sie aber (aus Q.) mit d. c. wieder ein und fügten Liber de persona contra Boethium d. c. bei. Das Verbot der Donatio ist erklär- lich ^). Die Annotationes sind hauptsächlich Berichtigungen der Vul- gata nach dem griechischen Texte ^). Die span. Indices streichen darin nur vier Stellen, darunter allerdings das ganze Capitel 2 Itor. 7.

1) Dantis Aligh. de monarchia 11. tres, ed. C. Witte, 1874, p. LI.

2) Der Herausgeber, Jo. Oporinus in Basel, meinte, der Verfasser sei ein anderer Dantes Florentinus als der Dichter. 1560 erschien eine deutsche Uebersetzung von Basilius Job. Herold. Witte 1. c. p. IV. LX Jff.

3) J, Vahlen, Lorenzo Valla, in dem Almanach der Wiener Akad. 1864, S. 181. Bei dem Processe, den die Inquisition zu Neapel gegen ihn einleitete, handelte es sich zunächst um die Behauptungen, der Briefwechsel Christi mit Abgar sei unecht und das apostolische Symbolum nicht von den Aposteln verfasst. S. 213.

4) Sie enthält nicht nur eine vernichtende Kritik der Schenkungs- urkunde, sondern bestreitet die weltliche Gewalt des Papstes überhaupt. Gregorovius, Gesch. von Rom VII, 554.

5) Das Werk wurde 1444 vollendet. „Dass es von der Kirche unter- drückt worden, ist nicht wahr. Nicolaus V. hatte es gesehen, Cusanus sich eine Abschrift erbeten, Bessarion ihm einen Beitrag geliefert. Das Recht, an der Vulgata Kritik zu üben, verficht Valla in der unter Nicolaus V. geschriebenen Polemik gegen Poggio, und dieses Recht wurde damals von der Kirche nicht bestritten". Vahlen, S. 208.

228 Indices von Mailand und Venedig 1554.

In dem Buche De voluptate über den Endzweck des mensch- lichen Handelns und das Wesen der Sittliclikeitj^), und in dem De libero arbitrio, welches einen Anhang dazu bildet, wird beson- ders Boethius bekämpft, und auch ersteres ist nicht „wegen Ver- höhnung der mönchischen Tugenden der Entsagung" 2), sondern wegen der Invectiven gegen die Scholastik verboten worden ^). Statt L. de persona hat Ben. gesetzt: Cap. 34 libri VI. Elegantiarum, de per- sona contra Boethium. Q. streicht darin nur eine Stelle (In Deo non est persona magis quam in bruto), Sand, und Sot. verbieten- es ganz.

Aus Gr. wird auch Lucianus Samosatensis stammen, von dem G-. sagt: Christianismum in Peregrini vita perstringit inque ipsum Christum blasphemus est. Im Rom. Ind. steht seit P., wiewohl sonst die heidnischen Autoren grundsätzlich ausgeschlossen sind, in der 2. Cl. Luciani Samos. Dialogi Mors Peregrini et Philopatris. S. fügte: et ejusdem dialogi vernacula lingua impressi, und zu dem ganzen Artikel d. c. bei, was aber von Cl. gestrichen wurde*).

Aus der Benutzung von Gr. neben den älteren Indices erklärt es sich, dass manche Schriftsteller unter zwei Namen im Ven. stehen: Gerardus Noviomagus und Gr. Neomagus (bei P. Gr. Gelden- haurius Nov.), Theobaldus Billicanus und Th. Gerlachius und dgl. Andere Doppelnamen sind durch Schreibfehler entstanden: neben Jo. a Lasco, der schon im Med. steht, haben Ven. und der Eöm. Index bis Ben. Jo. Alarco. Henr. Bomelius (von welchem freilich Gr. nur die Hist. de hello Trajectino kennt; vgl. S. 105) ist als Henr. Bo- mius 'in den Index gekommen und hat erst durch Ben. seinen rich- tigen Namen erhalten. Christophorus Clarius, der noch jetzt in der 1. Cl. steht, wird Chrph. Clauserus sein, von dem Gr. sagt, er habe noch nichts geschrieben, und von dem auch Gesners Fortsetzer keine Schrift nennen.

6. Aus Lutzenburg sind folgende Namen, die nicht bei G. oder in früheren Indices stehen, in den Ven. und den Rom. Ind. gekommen: Jacobus Praepositus, Jakob Probst (de Proost) von Ypern, Augustiner, der 1520 vor Aleander abschwor, aber 1522 zu Luther ging und Prediger in Bremen wurde. Seit Tr. steht im Ind. hinter seinem Namen (aus GA) qui scripsit historiam utriusque

1) Vahlen S. 186.

2) Wie man nach Gregorovius VII, 543 meinen könnte.

3) Stöckl, Gesch. der Phil, des M.-A. III, 279.

4) J. Bernays, Lucian und dieKyniker S. 87 bemerkt richtig: „Walch sagt mit einer kleinen, für einen Kirchenhistoriker doch nicht hübschen Ungenauigkeit, unter Alexander VII. sei Lucians Schrift über Peregrinus auf den Index gesetzt worden. [Er hat sich nicht die Mühe genommen, einen andern Index als den von 1664 anzusehen.] Dieses ist von anderen nachgeschrieben worden". Die Philopatris ist nicht von Lucian; s. R.-E. 11, 649.

Benutzung Lutzenburgs. 229

captivitatis propter verbiim Dei. Der Titel lautet: Fr. Jac. Pr. Augustiniani H. u. c. p. v. Dei. Ejusdem epistola ad auditores suos Antwerp. S. 1. 1522. 8 Bl. 4. Jac. Strauss (Med. Jac. Strant, Yen. daneben Strauiz, P. richtig). Jac. Lachmann (im Ven. und im Eöm. Ind. bis Ben. Lathmann). Bekannt ist von ihm nur „Cate- chesis oder Unterricht der Kinder, wie er zu Heilbronn gelehret und gehalten wird" (1528), 5 B. 12. Naiv ist die Bemerkung von Stro- bel, Mise. III, 167: „Ohne Zweifel hat er noch mehr geschrieben, indem sein Name in den Verzeichnissen von verbotenen Büchern, obwohl in den meisten falsch Joh. Lathmann, steht." Daraus, dass er im Index steht, folgt nicht einmal, dass er überhaupt etwas ge- schrieben. — Jo.Vurden, im Rom. Ind. Jo. de Worden und (aus GrA) Jo. Pistorius a Worden, Jan de Bakker von Woerden, 1525 im Haag verbrannt. Er hat nichts geschrieben; sein Mitgefangener Wilh. Gnapheus (FuUonius) schrieb : Jo. Pistorii Wordensis ob evange- licae veritatis assertionem apud Hollandos primi omnium exusti mar- tyrium, Strassb. 1529^). Thomas Montzer Tigurinus (Med. hat richtig Th. M. Thuringius); bei P. heisst er Thomas Muncerus (aus Hedio), bei S. auch Th. Monetarius, was Cl. strich.

In der Appendix seines Ketzer-Catalogs sagt Lutz, unter Cas- par Hedio, archisynagogus Argentinensis : In hac cathedra pestilen- tiae sedent Wolfg. Capito, Matth, Zeller, Simphorianus Pollio, Theo- baldus Niger, Jo. Latomus, Antonius Syrn, Martinus Hog, Mart. Butzer. Alle diese Namen ^) finden sich auch im Ven. Hedio, Ca- pito und Butzer hatte er schon aus anderen Quellen. Die übrigen wird er aus dieser Stelle haben, aber er hat einige Namen noch mehr entstellt: M. Zell heisst im Med. Matthaeus Cellius, im Ven. auch Zelor (wahrscheinlich ist er auch mit Zifer gemeint; P. hat, wie Gl-., M. Zell ins Kaisersbergius; M. Zifer hat er beibehalten), Ant. Syrn, recte Firn, im Ven. Ant. Syrri. P. hat diesen, Niger und Martinus Hog, recte Hag, die alle drei nichts, und Pollio, der

1) A. D. B. I, 778. Studien I, 542. In der Antw. App. steht: Een suyuerlijcke ende schoone Disputatie de welcke gheschiet is in den Haghe in Holland tusschen die Kettermesters ende eenen gheestelijcken Priester ghenoempt Jan van Woorden aldaer gheuanghen eende ook verbrandt, de welcke questien al wel genoteert zijn van een geleert man [Gnapheus], anno 1525. In der Antw. App. und seit S. auch im Rom. Index steht ferner Elegiae aliquot de morte conjugis et liberorum etc. (quae sunt) haeresiarchae Jo. Pistorii, und Ben. hat die Elegiae unter Jo. Pistorius a Worden gesetzt; der Verfasser wird aber ein anderer Pistorius sein.

2) Lutzenburg hat sie ohne Zweifel aus einer 1525 unter dem Titel „Grund und Ursach aus göttlicher Schrift der Neuerungen an dem Nachtmal des Herrn" u. s. w., welche von den Strassburger Predigern ganz in der- selben Reihenfolge unterschrieben ist. J. C. Füssiin, Beitr. zur Kirchen- Ref.-Gesch. V, S. XIV.

230 Indices von Mailand und Venedig 1554.

nur ein paar kleine deutsche Schriften veröffentlicht *), gestrichen, wenn nicht aus Martinus Hog bei ihm Marti niko geworden ist, der seit Cl. Martinus Ko s. Martiniko, seit Ben. wieder Martiniko heisst, aber für mich wenigstens unauffindbar ist.

Wahrscheinlich stammt aus Lutz, auch das im Ven. und da- nach auch im Eöm. Ind. (noch heute) stehende Coptis christia- nus. Ein Buch mit diesem Titel gibt es nicht; darum ist es wohl nicht zu kühn, an den Artikel von Lutz, zu denken, der beginnt: Copti sunt Christian!, sed haeretici, in partibus Indiae . . et utuntui^ in ecclesiis quodam libro fabuloso qui dicitur Secreta Petri et in missis legunt Evangelium Nicodemi.

7. Aus Hedio's Fortsetzung der Chronica Abbatis ürsper- gensis scheinen nur die 3 Nummern zu stammen, bei denen ürsperg. oder ab. Ursp. steht (Crato Mylius, bei dem der Zusatz in Cronica Urspergen. steht, ist der Drucker von Hedio's Ausgabe): Scalpetus, im Köm. Ind. Scaplerus, erst seit Ben. Christoph. Schaplerus, der Bauernführer Chr. Schappeler, dessen sämmtliche Werke sich frei- lich auf die zwölf Artikel der Bauern, wenn diese von ihm und nicht ' von Balth. Hubmaier redigirt sind, reduciren ^). Synodus Marpurgensis, so auch im Köm. Ind. neben Colloquium Marp. bis Ben., das Marburger ßeligionsgespräch von 1529, worüber Medio ausführlich berichtet, welches aber doch kein Buch ist. Udelo Cimber Cusanus, nicht im Eöm. Ind., der pseudonyme Verfasser der Epistola de exustione librorum Lutheri et monachorum dominicanae factionis nequitia ad Germaniae proceres et cives, s. 1. et a. 4^).

8. Aus der Sammlung der Briefe von Oecolampadius und Zwingli sind in den Yen. und dann meist auch aus diesem durch P. in den Köm. Index gekommen : nicht nur a. Männer, welche zwar noch nicht bei Gr. aber bei Frisius als Schriftsteller verzeich- net sind, Ambr. Blaurer, Balthasar Pacimontanus (unmittelbar vor ihm steht, aus Lutz, entnommen, im Ven. und dann im Rom. Ind. Balth. Hiebmaier; erst Ben. hat Balth. Huebmeir s. Hubmeyer Paci- montanus), Matthaeus Alberus u. a., und b. Männer, welche zwar nicht bei Gr. und Fris. stehen, aber doch in den reformatorisclien Bewegungen eine Rolle gespielt, zum Theil auch ausser Briefen einiges geschrieben haben: Berchtoldus Haller (Ven. Alerus), Chun- radus Somius (Ven. Conhard Semius, P. Conradus Somius), Diony- sius Melander, Frid. Myconius, Jo. Vannius, sondern auch c. solche, die ganz sicher nur aus dem fraglichen Briefwechsel den Compi- latoren von Ven. und P. bekannt geworden sind und die in einen In- dex librorum prohibitorum nicht hinein gehören, weil kein oder doch kein theologisches Buch von ihnen gedruckt ist: Greorgius Batten- heimer (so P., Ven. G. Batten), Henr. Utinger (im Ven. Herm. Abingerus), Jo. Bapt. Piscatorius (nach Fris. nicht identisch mit Jo. Piscatorius), Otto Vinerius (im Ven. 0. Binder).

1) Weller 3613. Vgl. Baum, W. F. Capito, S. 204. 234.

2) Th. Lit.-Bl. 1877, 272. 3) Böckmg I, 63.

Benutzung der Briefe von Oecolampadius. 231

Ven. hat aus dem Briefwechsel noch folgende, die von P. ge- strichen sind: Erasmus Ritter und daneben Er. Scaphurius, weil ein Brief Erasmo Scaphusiae episcopo überschieben ist, Jo.Wickius (Jo. Wijck bei P. ist ein anderer), Jo Xilotectus (Zimmermann s. u.), Petrus Gryroneus.

Im Ven. steht auchFridericus Jacobus de Antruyl; es ist der Ritter Friedr. Jakob von Antwyl, der auf dem Religionsgespräch zu Zürich 1523 den Bischof von Constanz vertrat, später aber ein Förderer der Re- formation war und einen „Versuch einer Beschreibung des Thurgaus" geschrieben hat. Im Rom. Index steht er seit P. bis heute als Fridericus Jacob! Jo. Denckius, der auch in dem Brief- wechsel vorkommt, steht nicht im Ven., aber bei P. Wahrschein- lich ist aber Jo. de Muckhius, der im Med., und Jo. Muchkius, der im Ven. zwischen Jo. Draconites und Jo. Endlich steht, verdruckt für Jo. Denckius. Jo. Muchkius ist aber durch P. neben Jo. Denc- kius in den Rom. Ind. gekommen und hat dort bis heute seinen Platz behauptet. Auch Erasmus Benedictus Silesius im Ven. und im Rom. Ind. bis heute (unter Benedictus) ist wohl nur ein Schreib- fehler für Erasmus episc. Scaphusius. Matthaeus Alber steht im Ven., wie im Briefwechsel, auch als Matth. concionator Reutlingen. Dazu hat Vergerio den ungehörigen Zusatz gemacht: qui et Assar- tius Schoffer; Arsacius Sehofer war auch concionator Reutlingensis, hiess aber nicht Matthaeus. P. hat aber danach Matthaeus qui et Assart ius 8coff"er, und erst Ben. hat dieses gestrichen.

9. Sehr stark und in charakteristischer, theil weise komischer Weise sind Gresners Partitiones (im folgenden mit GrP citirt) be- nutzt.

Fol. 40r führt Gr. ein in Zürich (1536) mit einer Vorrede von Joh. Zwick '), dann auch in St. Grallen und anderswo gedrucktes Ge- sangbuch an und nennt die in dem Buche selbst nur mit Anfangs- buchstaben bezeichneten Verfasser der einzelnen Lieder. Darunter befinden sich ausser mehreren bekannten (und schon aus anderen Quellen in den Ven. aufgenommenen) Schriftstellern (und Fridericus Jacob de Annwyl und Jo. Xylotectus) : Adam Ryser, Erhardus He- genwald, Henr. Vogtherr, Jo. Botzheim, Jo. Dachser, Jo. Endlich, Jo. Froschius, Jo. Saxo, Jo. Schweinitzer (im Ven. Scunemitzo) Jo. Zwickius, Lazarus Spengler, Lud. Hetzer, Lud. Olearius, Matthaeus Grreiter, Matthias Schiner Formularius, Michael Stifelius, Nie. Cella- rius, Paulus Speratus, Thomas Blaurerus, Wolfg. Dachstein, Wolfg. Moesei. Die Compilatoren haben sich diese bequeme Zusammen- stellung von Ketzernamen nicht entgehen lassen und sie sämmtlich in ihr Alphabet eingereiht. P. hat sie dann freilich mit Ausnahme von Jo. Zwickius, Lud. Hetzer und Thom. Blaurer (die er auch bei GA. fand) gestrichen, auch Hans Sachs, Joh. Frosch, L. Spengler

1) Gödeke, Grundriss § 124, 10. Ebend. § 127 ff. und in der A. D. B. werden die meisten der im Texte genannten Liederdichter besprochen.

232 Indices von Mailand und Venedig 1554.

und Paulus Speratus, die ja wohl verdient hätten, einen Platz im Index zu behalten.

Vergerio macht zu manchen dieser Namen zum Theil recht unglückliche kritische Bemerkungen: Adam Ryser arithmeticus, Henr. Yogtherr, pictor, ignarus linguae latinae, Jo. Botzein judaeus natus; es ist Joh. von Botzheim, der Freund des Erasmus, der freilich als der Hinneigung zum Protestantismus verdächtig nach Eom citirt wurde, aber 1535 als Katholik starb ^); Jo. Sax sutor Norimb., qui versiculos germ. facit, latinae linguae plane ignarus, aber deshalb doch wohl eines Platzes im Index nicht unwürdig; Lazarus Spengler musicus (!); Matthaeus Greiter musicus, apo- stata a vera religione seu mamalucus (ebenso bei Wolfg. Dachstein); er hat ein theoretisches Werk über Musik geschrieben^); Michael Stifelius arithmeticus ; er hat freilich lateinisch nur eine Arithmetica 1544 herausgegeben, zu der Melanchthon eine Vorrede schrieb, aber deutsch auch anderes, u. a. ein Gedicht über Luther^). Jakob Daxer, in Ingolstadt als Lutheraner 1523 einige Wochen in Haft, dann ausgewiesen'*), hat wohl sonst nichts geschrieben; Erh. Hegen- wald, früher Schullehrer im Kloster PfäfFers, schrieb einen Bericht über das Züricher Eeligionsgespräch 1523 ^).

Unmittelbar vor dem Zwick' sehen Gesangbuche erwähnt GP. Michael Weiss (Weisse), der 1539 eine deutsche Uebersetzung der Kirchenlieder der Pickarden (böhmischen Brüder) herausgab ®). Auch er steht nur im Yen. ; desgleichen folgende : Heinr. Montprot (über- setzte U. Regius' Collatio novae doctr. etveteris, f. 124), Ludovicus Carbaianus (wird L. Carvaialus sein, der freilich f. 126 als Minorit und Gegner des Erasmus erwähnt wird), Sebastianus Co^ditz (so wird unrichtig f. 98 Wenc. Linck de Colditz als Verfasser der S. 65 erwähnten Schrift genannt). Dagegen hat P. ausser ganz bekannten Schriftstellern folgende aufgenommen : Diethelmus Cellarius (über- setzte eine Schrift von Bullinger, f. 3), Georgius Vogler (Excerpta ex actis quibusdam noviss. comitiorum imperialium, 1538, f. 124), Jo. Montholon (französischer Jurist, ohne Zweifel Katholik, da sein Promptuarium div. juris et utriusque humani, pontificii et caesarei, f. 3, schon 1520 erschien, von Tr. gestrichen), Jo. Rodophanta (Apologiae contra papistas), Jos. Grumpeck (bei G. wird nur eine Schrift de morbo gallico genannt, GP. f. 124 De concordia Augustae acta), Nie. Gallasius, Philippus (im Ven. und im Rom. Index noch heute unrichtig Christoph.) Melhofer, von dem f. 101 eine kleine, allerdings bösartige Schrift^), und Wolfg. Ruess, von dem f. 124

1) A. D. B. 3, 208. 2) A. D. B. 9, 636.

3) Strobel, N. Beitr. I, 1, 1.

4) Winter, Gesch. der ev. Lehre in Bayern I, 98. Prantl, Gesch. der Ludw.-Max.-Univ. I, 149.

5) Jahrb. f. D. Theol. 1858, 264. 6) Gödeke § 135.

7) Offenbarung der allerheimlichsten heimlichkeit der yetzigen Baals-

Benutzung von Gesners Pärtitiones. 233

eine 1 Bogen starke Schrift, Universitatis Erfordiae epistola, genannt wird, der aber noch einige andere deutsche Kleinigkeiten geschrieben *).

Heber Jos. Grünpeck s. A. D. B. 10,56- Wenn dort gesagt wird : ,,Dass sein Hauptwerk, Speculum naturalis, coelestis et pro- pheticae visionis, 1508, auf den Trienter Index kam, beweist, welch' ausgebreiteten und nachhaltigen Einfluss sein pessimistisch-fanatischer Inhalt auf die Volkskreise übte", so ist nicht nur die Folgerung, sondern auch die thatsächliche Angabe unrichtig : das Speculum wird in keinem Index genannt, und wenn Jos. Grünpeck in der 1. Cl. steht, so ist der Name aus dem Ven. herübergenommen, in diesen aber wegen der Schrift De concordia u. s. w. gekommen.

An den Namen des Nie. Gallasius (N. des Gallars) knüpft sich eine sonderbare Confusion im Rom. Index. Bei GP. f. 123 steht: Pro Huldr. Zwinglii operum editione Rod. Gualtherius*'^). Nie. Gallasii pro Farello et collegis ejus adversus Petri Caroli theolo- gastri calumnias defensio^). Ven. hat nicht nur Nie. Gallasius, sondern auch, die beiden bei GP. neben einander stehenden Apolo- gieen verwechselnd, Galasius cujus est defensio Zuingl. (vielleicht rührt der Zusatz von Vergerio her). P. setzte Nie. Gallasius und Gallasius in die 1., Defensio pro Zwinglio in die 3. Cl. Tr. fügte dem Gallasius bei: Zwinglii defensor, und Cl. vervollständigte dieses zu: Gall. Zwinglii defensor vel Nie. Gall. Calvini defensor, was denn erst durch Ben. zu Nie. Gall. Calvini defensor verkürzt wurde.

Aus GP. f. 123 ff. stammen auch einige angenommene Namen im Ven. und in der 1. Cl. des Rom. Index: Antonius Halieus = Thomas von Höfen, Zwingli's Schwager, Stadtschreiber in Bern, der unter jenem Namen über die Badener Disputation von 1526 schrieb (Zwinglii Opera VII, 524). G. und Fris. nennen den richtigen Namen nicht. Im Ind. stehen noch heute beide Namen. Didy- mus Faventinus, bei G.:Philippi Melanchthonis sub nomine Did. Fav. (daher auch im Ind. Didymus Faventinus vel oder qui est Ph. M.) adv. Thomam Placentinum pro M. Luthero oratio, 1521 (Corp. Ref. I, 286), gegen die Oratio ad prineipes et populos Germaniae des Dominicaners Thomas Radinus Todesco Placentinus, die in Leip- zig nachgedruckt und darum in Wittenberg anfangs als von Emser verfasst angesehen wurde '*). Conradus Trewe de Fridesleven

priester, durch wölche die weit lange zeyt geblendt, genandt Canon oder die Styllmess. S. 1. 1525.

1) Kuczynski 2298, K.-L. 1, 360. Die Epistola heisst: Intimation der hochberüempten Vniuersitet Erdfurt, in Martinum Luther durch Wolffang Rusen verteütscht. S. 1. et a. (1521). 4 Bl. 4. Weller 1935.

2) In der Bibl.: Ad cath. eccl. omnemque fidelium posteritatem pro H. Zwinghi et operum ejusd. editione Apologia, 1545.

3) S. 1. 1545. Die Schrift ist von Calvin verfasst, aber unter Gallars' Namen erschienen; Stähelin, Calvin 11, 272.

4) Cochlaeus de act. Luth. a. 1525 p. 113. Seckendorf 1. 1, S. 27 § 70.

234 Indices von Mailand und Venedig 1554.

(seit Ben. einfach Conr. Trew) und Waremundus Luitholdus. Die unter diesen beiden Namen erschienenen kleinen deutschen Schrif- ten, „gedruckt zu Freyberg durch Jo. Gutmann" (bei Wendelin Kihel in Strassb.), sind von M. Bucer: „Conrad Trew von Friedesleven, etliche gesprech auss Göttlichen vnd geschribnen Rechten vom Nürn- bergischen Fridestand, der streitigen Religion halb etc. (1539), Von Kirchengütern, was deren Besitz und Eigenthum sey etc. (1540), Vom Tag zu Hagenaw . . . durch Waremunden Luitholden (1540)" ^).

Die unter dem Namen Ulricus Velenus Minhoniensis (vorf wem, ist nicht bekannt) veröffentlichte Schrift: In hoc libello . . . probatur, Ap. Petrum Romam non venisse nee illic passum, proinde satis frivole et temere Rom. Pont, se Petri successorem jactat et nominat, s. 1. et a. (1520), die wiederholt gedruckt wurde und eine Reihe von Streitschriften hervorrief -), steht nicht bei G. ; Ven. hat den Namen Ulricus Velenus vielleicht aus dem f. 140 angeführten Titel: Simonis Hessi Apologia contra Roffensem episc. super concertatione ejus cum ülrico Veleno u. s. w. (s. o. S. 135). P. hat dann aus GA. den Namen vervollständigt. Seit Ben. steht der Name (wohl nur in Folge eines Versehens) nicht mehr im Index.

Fol. 156 stehen bei GP. Ludicra, Scoptica, Pasquilli u. s. w. Sie sind fast alle in den Ven. (und in den Rom. Ind.) eingereiht^):

Alphonsus Aemilius bei G. Alphonsi Aemilii Pasquillus. Es ist ohne Zweifel dasselbe Pasquill, welches f. 156 als Pasquillus proscriptus a Tridentino Concilio, in Germania exulans, und im Ven. und im Rom. Ind. bis heute als Pasq. proscriptus (Ven. prae- scriptus) a Trid. Conc. steht. Der vollständige Titel ist: Pasq. . . .

1) Clement V, 362. Baum, Bucer und Capito S. 601. Arch. des D. Buchh. V, 141.

2) Veesenmeyer, Samml. von Aufsätzen S. 138, Deutsche Ausgaben der Schrift bei Weller 1959. 1566 erschien auch eine italienische Ueber- setzung: Trattato nel quäle . . si manifesta u. s. w. W. Preger, M. Fla- cius 111. 11, 565. Ausser dem Bischof John Fisher von Rochester schrieben auch Cochlaeus und der italienische Benedictiner Cortese gegen Velenus. Noch Bellarmin, Controv. de Rom. Pont. 2, 1 fi'. bekämpft ihn ausführlich, und in neuester Zeit ist er wieder besprochen worden bei Gelegenheit der 1872 zu Rom mit Genehmigung Pius' IX. stattgehabten öffentlichen Dispu- tation über die Frage, ob Petrus in Rom gewesen. Rolfus, Kirchenge- schichtliches, 1882, II, 66.

3) Auch einige bereits besprochene Pasquille stehen hier bei G. und sind wohl eher von hier als aus den anderen Indices in den Ven. ge- kommen : Litania Germanorum, Pasquillus extaticus und germanicus. Von den hier von G. verzeichneten Pasquillen ist nur die Missa de nuptiis Carolostadii (4 Bl. 4. Jäger, Carlstadt S. 258) nicht in den Index gekommen, offenbar nur durch ein Versehen.

Pseudonymi. Pasquille. 235

exulans. Alphonso Aemilio Sebasto autore. Impr. Tridenti. S. a. 8. '). Die Schrift ist im Juli 1546 verfasst; am Schlüsse wird auf den Coneilsbeschluss über die Bibel hingewiesen und gerügt, dass das Concil die Uebersetzung des N. T. von Erasmus verboten, welche Leo X. gebilligt habe, obschon doch der Papst höher zu stehen glaube als das Concil. Statt Alph. Aem. (Sebastus, so auch GA.) steht im Rom. Ind. seit P. Alph. Aem. Chemnicensis.

Cordigerae navis conflagratio [liber impr. olim in Grermania in 4.].

Dialogus obscurorum virorum, in quo colloquuntur tres theologi

bei Gr. der Titel etwas ausführlicher, vollständig seit Ben.: Dial. ex obsc. virorum salibus cribratus, in quo introducuntur Colonienses theologi tres, Ortuinus, Gingolphus, Lupoldus, tres item celebres viri Jo. Reuchlin, Des. Erasmus et Jac. Faber de rebus a se recenter factis disceptantes [1519, bei Boecking VI, 301], nach Weller von Marcus Borsius.

Dialogi adv. Jo. Eckium (so Yen. und der Rom. Ind. bis Ben.), daneben Dialogi duo quorum prior de costio alter Eccius monachus,

bei Gr. Dialogi duo adv. Eccium, quorum prior Decoctio, alter Eccius mon. inscribitur, seit Ben. genauer: Dialogi. Decoctio. Eckius monachus. [S. 1. et a., 1521 oder 1522. 7 Bl. 4, abgedr. bei Böcking IV, 544.].

Eccius dedolatus libellus [olim impressus]. Der vollständige Titel ist Eccius dedolatus. Authore Joanne Francisco Cottalambergio poeta laureato. S. 1. et a. (Erfurt 1520, abgedr. bei Boecking lY, 515). Im Rom. Ind. steht Eccius dedolatus nicht, aber seit P. in der 1. Cl. Jo. Franc. Cotta Lambergius. Als Yerfasser wird ziem- lich allgemein Wilibald Pirkheimer angesehen'-^).

Sancti Francisci nocturna apparitio [et quaedam alia lectu ju- cunda, impr. in 8].

Huldricus Echkstein bei G. Huldrichi Eckstein dialogi duo metris germanicis, quorum alter Concilium, alter Barbara inscribitur. In den Rom. Ind. ist Utz Eckstein^) nicht aufgenommen oder Hul- drichus Enchaustius dafür substituirt, unter welchem Namen Joh. Brenz ^), das Syntagma eorum quae nomine . . . Christophori Ducis Wirtemberg in synodo Trid. . . . acta sunt, 1552, herausgab.

1) Es gibt auch eine Uebersetzung: Von dem Pasquillus, der ver- triben von Rom, so yetzund diser zeyt in Teutschland im eilend vmb- zeucht. Durch Alphonsum Aemilium Sebastum erstlich in Latein gemacht, hernach in Teutsch transferiert worden. S. 1. et a.).

2) R. Rösler, Der gehobelte Eck, Zts. f. D. Kulturgesch. 1873, 457. (Gegen Pirkheimers Autorschaft A. D. B. 9, 294) lieber ein anderes Pas- quill: Eckii dedolati ad Caesar cam majestatem magistralis oratio. S. 1. ota. 8 Bl. 8. s. Strobel, N. Beitr. II, 2, 400. Wiedemann, Joh. Eck. S. 584.

3) A. D. B. 5, 636.

4) Schelhorn, Am. bist. II, 390. Hartmann, Joh. Brenz, 1862, S. 208.

236 Indices von Mailand und Venedig 1554.

Julius Dialogus. Ebenso in Yen., seit P. im Rom. Ind. : Julius dialogus alias Aula und Dialogus de morte Julii II. Papae sive Julius, seit Ben.: Julius. Dialogus viri cujuspiam eruditissimi festivus sane et elegans [quomodo Julius II. P. M. post mortem coeli fores pulsando ab janitore illo D. Petro intromitti nequiverit, quamquam dum viveret, Sanctissimi atque adeo Sanctitatis nomine appellatus totque bellis feliciter gestis praeclarus vel dominum coeli futurum se esse sperarit. Interlocutores Julius. Genius. Ü. Petrus. S. 1. et a.], 1513 gedruckt 1), vorher unter dem Titel: F(austi) A(ndrelini) F(oro- liviensis) poetae regii Libellus de obitu Julii P. M., dann mit dem Hutten'schen Dialog Aula zusammen: Aula dialogus. Julius Dialogus, Mailand 1521. (Boecking I, 30) Letztere Ausgabe wird mit Julius dial. alias Aula gemeint sein. Als Verfasser dieses oft gedruckten Pasquills ist ausser Erasmus, Hütten u. a. auch Grirolamo Balbi, Bischof von Grurk, bezeichnet worden^).

Ludus pyramidum de fide papistica [et evangelica, 1. germanice impr.], im Rom. Index nur Ludus pyramidum^).

Oratio ad Christum Opt. Max. [a quodam bene docto et chri- stiano perscripta], im Rom. Ind. seit P.: Oratio pro Julio IL Ligure a quod. u. s. w., vollständiger seit Ben. : Oratio ad Chr. 0. M. pro

Julio IL Lig. [P. M.] a quod perscr. [in Grermania tandem

jam sapiente 1513, bei Böcking IV, 459], ein noch zu Lebzeiten des Papstes verfasstes satirisches Grebet für seine Seele: Christus möge durch seine Allmacht diesen Teufel in einen Engel des Lichtes verwandeln, mit Unrecht Hütten zugeschrieben, übrigens nur 8 Bl. 8.

Panegyristae [liber in 4], nicht im Rom. Ind. Passio [Doc- toris] Martini Lutheri secundum Marcellum. Bei G. steht unmittel- bar dahinter Dialogus Karsthans et Kegelhans, weil die beiden Pam- phlete s. 1. eta. (1521) zusammen erschienen; sie füllen zusammen einen Bogen, der Dialogus 37 Hexameter*). Im Ven. und im Rom. Ind. stehen sie getrennt (seit Ben. der letztere unter Karsthans; Kegel- hans hiess bis auf Ben. im Rom. Ind. Regellians).

Philalethis civis Utopien sis de facultatibus Romanensibus [nuper

1) Baumg. II, 405. Abgedruckt in Pasq. tomi duo p. 123, bei Boecking IV, 421. Paradis du Pape Jules im Par. 51 ist wohl eine französische Uebersetzung.

2) Marchand II, 268. Julius IL Ein Gespräch vorder Himmelsthür. Aus dem Lateinischen des Gir. Balbi, Bischofs von Gurk. Berhn 1877. Vgl. Theol. Lit.-Bl. 1877, 221.

3) Vielleicht „Kögelspil gebracttiziert auss dem yeczigen zwytracht des glaubens", Nürnb. s. a. 8 Bl. 4. Weller 2113. Gervinus II, 403.

4) A. V. Dommer No. 74. Abgedr. bei Gerdes, Eist. Ref. II Doc. p. 24. Deutsche Ausgaben bei Weller 1918 flf. Vgl. Hagen II, 156 und A. D. B. 15, 431.

Pasquille. 287

publicatis Dialogus] gegen Arcimboldi als Ablass-Commissar '). G. gibt Hütten als niuthmasslichen Verfasser an, Boecking, Opp. Hutt. IV, 485 Jacob Sobiiis. Im Eöm. Ind. steht seit P. Philoletes, seit Ben. Philaletbes Utopiensis in der 1. Cl.

Pasquillorum tomi duo [impr. in Grermania a. 1544], bei Ben. vervollständigt: quorum primo versibus ac rhythmis, altero soluta oratione conscripta quamplurima continentur . . . Eleutheropoli (Basel) 1544. Die Sammlung ist von Coelius Seeundus Curio ver- anstaltet und enthält im 1. Theile 80, im 2. 32 Pasquille, von denen einige auch einzeln im Index stehen. Von den lateinischen und italienischen Gedichten des 1. Theils werden manche Eömische Pas- quille sein, von anderen sind die Verfasser genannt: Celtes, Joh. Sapidus, Hütten, Fischart, Etienne Dolet u. s. w. Im zweiten Theile stehen Stücke von Hütten u. a. ^).

Pasquillus semipoeta, ebenso im Ven. und im Rom. Ind. seit P. noch jetzt; im Ven. mit dem Zusatz (von Vergerio): Castal. (von Seb. Castalio?).

Bei Gr. stehen ferner Dialogi Septem festive candidi . . . Au- thore S. Abydeno Corallo Germano. S. 1. et a. 54 Bl. 8 (abgedr. bei Böcking IV, 553). G. fügt bei: Huldrichi Hutteni, ut puto; nach Böcking sind sie nicht von Hütten, vielleicht von Crotus ßu- bianus, nach Muther ^) von Joh. Apel. Ven. hat dieses nicht auf- genommen; im Rom. Ind. steht seit P. in der 1. Cl. Abydenus Corallus, alias Huldricus Huttenus. Nur zwei der 7 Dialoge hat Ven. aufgenommen; Apophthegmata Vadisci et Pasquilli de depra- vato Ecclesiae statu als Apotegmata Vadegii (von P. gestrichen) und Conciliabulum theologistarum (theologicorum im Ven. und im Rom. Ind. bis Ben.) adversus [Germaniae et] bonarum literarum studiosos [Coloniae celebratum 16. Kai. Maii 1520]^).

Eine schlimme Confusion in dem Rom. Ind. hat G. angerichtet mit den Dialogi: Murnarus Leviathan vulgo dictus Geltnar oder Genss Prediger. Murnarus, qui & Schönhenselin oder Schmutzkolb, de se ipso . . . Raphaelis Musaei in gratiam Martini Lutheri et Hutteni, propugnatorum christianae et germanicae libertatis, ad osores epistola. S. 1. et a. (1521). 4^). Im Ven. steht Dialogi Murnarus Leviathan; P. hat dieses beibehalten, aber ausserdem Murnerus in die 1. Cl. gesetzt. Damit kann doch kein anderer gemeint sein als der Murnarus, gegen den der Dialog gerichtet ist, der Franciscaner Thomas Murner, der

1) S.o.S. 216. Krafft in derZts. des berg. Geschichtsvereins VI, 232,

2) Zts. f. bist. Th. 1860, 588. Clement VIT, 369. Baumg. II, 392.

3) Aus dem Univ.- und Gel.-Leben S. 474. 484.

4) Beide auch inPasq. tomi duo p. 241. Vgl. über beide Hagen II, 38. 44, über das Conciliabulum (von Crotus Rubianus) Kampschulte, Er- furt, II, 81.

5) So A. V. Dommer No. 69. G. verzeichnet die Ausgabe Basel, Adam Petri 1522, in der Actio Lutheromastigum beigefügt ist.

238 Indices von Mailand und Venedig 1554.

freilich von Flutten und Pirkheimer zu den heftigsten Feinden der Scholastik und zu den eifrigsten Freunden Eeuchlins gezählt Avird, der aber später einer der derbsten Gregner der Reformation war. Erst Ben. hat ihn aus der 1. Cl. erlöst ') und statt seines Namens wieder Murnarus Leviathan u. s. w. eingesetzt. Unter dem Namen Raphael Musaeus der auch bei Gr. in der Bibliothek steht und daraus in den Yen. und in die 1. Cl. des Rom. Ind. gekommen ist, ver- birgt sich nach der gewöhnlichen Annahme Urbanus Rhegius, nach Anderen Matthias Grnidius, der aber selbst wieder ein Pseudonymus' zu sein scheint^).

GrP. f. 156 gibt uns endlich auch Aufschluss über die Grenesis des Bartholomaeus Conformi, welcher, obschon ein Schrift- steller dieses Namens nie existirt, sich von P. bis Ben. in der 1. Cl. behauptet hat. Gr. verzeichnet nämlich Liber Conformitatum Barto- lemaei cujusdam Minoritae, ubi S. Franciscus Christo comparatur, germanice redditus et impressus in 4. cum praefatione M. Lutheri et redargutione scoptica eorum, quae stulte ridiculeque in eo scri- buntur. Das ist ohne Zweifel das oben S. 163 erwähnte Buch von Erasmus Alber. Tm Ven. ist dieser Titel in folgender Weise abge- kürzt und verhunzt : Bartholomeus Conformi. Grerm. in missam (aus germanice impress. entstanden) cum praefatione Mart. Luth., und aus dieser Nummer des Ven. haben die Gelehrten Pauls IV. einen Autor 1. Cl. Barth. Conformi gemacht. Schon Grötze, Merkwürdigkeiten der K. Bibl. zu Dresden III, 272 meinte, Barth. Conformi in Rom. Ind. solle die Conformitates des Bartholomäus von Pisa bedeuten, und Clement VIII, 452 meinte, man habe dieses Buch verbieten wollen, ein Abschreiber habe aber die Abkürzung missverstanden, und so sei es gekommen, dass „das Buch, welches verboten werden sollte, nicht verboten und ein Autor verdammt wurde, der nie exi- stirt hat". Gregen diese Vermuthung hat aber Baumgarten I, 353 mit Recht eingewendet, dass dann Barth. Conformi nicht habe in die erste Classe kommen können. Die Sache war nicht aufzuklären, so lange man nicht beachtete, dass der Ven. eine Hauptquelle von P. war. Man hat übrigens ohne Zweifel in Venedig und Rom auch gar nicht daran gedacht, den Liber Conformitatum verbieten zu wollen. Dass dieses Buch wiederholt mit kirchlicher Grenehmi- gung gedruckt worden, hat freilich Katholiken in Controversen mit Protestanten schon oft in Verlegenheit gebracht. Gretser versucht es, Hunnius, der ihm vorhielt, dass die Fioretti di San Francisco und der Liber conformitatum von den Päpsten nicht verboten seien, mit der Hinweisung auf die Bestimmung (in der 8. Regula Indicis)

1) Ohne Zweifel in Folge der Erinnerung Schelhorns, De cons. emend. eccl. I, 47: Refertur etiam inter 1. cl. auctores Murnerus, quem si recte novissent indicis conditores, nomen ejus utpote vehementissimi Ecclesiae Rom. promachi hac infamia haud aflfecissent.

2) Uhlhorn, Urbanus Regius S. 33. Kawerau, Job. Agricola S. 24. A. D. B. 9, 293.

I

Barth. Conformi. Anonyme Schriften. 2S9

abzuweisen: Bücher deren Hauptinhalt gut sei, worin aber einzelnes vorkomme, das ketzerisch, irreligiös oder abergläubisch klinge, sollten nur, nachdem sie von diesem gesäubert, gelesen werden •). Hätte man in Rom die Fioretti und den Liber conf, zu dieser Classe von Büchern gezählt, so würden sie ohne allen Zweifel, und das hat auch Gretser gewiss gewusst, mit d. c. im Index stehen. Der Liber Conformitatum ist 1399 auf dem Generalcapitel der Franciscaner zu Assisi approbirt und vollständig zu Mailand 1510 und 1518 gedruckt worden. In der Ausgabe Bologna 1590 und den folgenden sind die am meisten angefochtenen Stellen modificirt oder weggelassen. Der Franciscaner H. Sedulius gab 1607 zu Antwerpen einen Apologeticus adv. Alcoranum Franc, pro Libro Conformitatum heraus, und noch neuestens hat man dem Verfasser nur „naive Ueberschwänglichkeiten" vorgeworfen'-).

Ein anderer Abschnitt von GP., aus welchem Ven. fleissig geschöpft hat, ist: De Lutheranis u. s. w. f. 123. Hieher stammen, ausser einer Anzahl von Namen:

Reformatio ecclesiae Coronen[sis et ac totius Barcensis provin- ciae cum praef. Melanchthonis. Wittenb. 1543. 3 Bogen]. Es ist die von Job. Honter verfasste Kirchenordnung von Kronstadt in Siebenbürgen'^). P. hat dasselbe; aber schon Tr. hat den Schreibfehler: Ref. eecl. Coloniensis, und Ben. hat dafür substituirt: Deliberatio Sim- plex ac pia, qua ratione christiana et in verbo Dei fundata refor- matio doctrinae, administrationis div. sacramentorura, caeremoniarum tantisper instituenda sit, die, lateinische Ausgabe des Reforma- tionsplanes des Hermann von Wied: Nostra Hermanni Archiep. Colon. . . . simplex ac pia deliberatio u. s. w., Bonn 1545 fol., deutsch ebend. 1543, die im Ven. sicher nicht gemeint ist, da sie als Hermanni Episcopi Colon. Deliberatio darin steht"*).

Liber (bei GP. L. germanicus hoc titulo) de omnibus actis Adolphi Ciarenbach [et quomodo Coloniae combustus sit u. s. w.] und Acta Adelphi [sie] Ciarenbach, der deutsch gedruckte Bericht über den Process des 1529 mit Peter Fliesteden hingerichteten Ad. Claren- bach (R.-E. 8, 21). P. hat statt dessen Adolphus Ciarenbach in die 1. Cl. gesetzt, wo er noch steht, obschon ausser einem Send- schreiben an seine Vaterstadt Lennep nichts von ihm gedruckt ist (bei Q. steht er sogar ausdrücklich mit omnia opera).

Disputatio Groningensis. Sie wird von G. später noch einmal erwähnt: Confutatio determinationis doctorum Parisiensium contra M. Lutherum ex ecclesiasticis doctoribus desumpta, recognita et aucta. Adjecta est disp. Groningae habita, cum duabus epistolis et

1) Opp. XIII, 474. 2) K.-L. I, 44 L

3) Strobel, Beitr. I, 467. A. B. B. 13, 81. Die Schrift ist neu ge- druckt Wien 1865; vgl. Arch. f. D. Buchh. VI, 9.

4) Strobel, N. Beitr. V, 291. Schelhorn, De cons. I, 47, monirt also mit Unrecht Ref eccl. Coron. als Fehler für Colon.

240 Indices von Mailand und Venedig 1554.

indice. Bas. 1523. Yen. hat einfach Disp. Groningensis, der Rom. Ind. seit P. Disp. Gronicen. cum duabus epistolis, obschon dieser Abdruck nur als Anhang der Confutatio (Melanchthons) exi- stirt, die natürlich auch im Ven. und im Rom. Ind. steht, seit Ben. : Disp. Groningae habita, cum duab. ep. . . . una anonymi de certa fiducia in Deum habenda u. s. w., altera Lutheri ad Wolfg. Fabr. Capitonem. Es ist der Bericht über eine im J. 1523 zu Groningen zwischen dortigen Weltgeistlichen und Dominicanern über die Gewalt des Papstes stattgehabte Disputation ').

Bernensis disputatio Helvetica; daneben hat Ven. noch Brevis (sie statt Bernensis) disp. Helv. und Disputatio Bernensis; P. nur letzteres. G. fügt bei: liber excusus germanice, meint also: „Handlung oder Acta gehaltener Disputation zu Bernn in üchtland", Zürich 1528 (R.-E. 2, 313).

Confutatio 21 propositionum de differentia legis et evangelii [deque iide justificante Wittenbergae disputatarum. S. 1. 1541], 10 Bl. 4. Themata 114Basileae disputata [in auditorio theologorum], bei Fris. unter den Werken des Oecolampadius.

Admonitio ministrorum verbi Argentinensium [ad ministros Helveticos contra impiam disputationem Conradi provincialis ordinis Augustiniani, germanice excusa]. Ben. hat den deutschen Titel eingesetzt: Verwarnung der Diener des Worts und der Brüder zu Strassburg u. s. w. Der Verfasser der gegen den Augustiner Conrad Treger gerichteten, 1524 gedruckten Schrift (16 Bl. 4) ist Capito^).

Quamobrem papae et discipulorum ejus libri a Martino |Lu- thero] combusti sint s. 1. et a. (Witt. 1520), von Luther, (Erl. Ausg. 4, 251), nur im Ven.

Wenn Ven. aus den in GP. stehenden Büchertiteln mitunter bloss die Namen der Verfasser aufgenommen (S. 232), so hat er anderseits oft die Büchertitel abgeschrieben und die Namen der Verfasser weggelassen, so dass die Bücher im Ven. und dann auch im Rom. Index, zum Theil noch jetzt, als anonym stehen und bei vielen nur aus GP. zu ersehen ist, welche Bücher gemeint sind. So stam,men aus GP. f. 7: Catechismus major et minor (Leonis Judae ; im Tr. und in den folgenden Indices bis Ben. steht : Cat. cui titulus: Cat. major et minor; das Cat. cui titulus ist aber nur aus dem unmittelbar davor stehenden Cat. cui titulus: Qual maniera u. s. w. irrthümlich wiederholt) ; Cat. pro ecclesia Wirtembergensi (M. Lu- theri cat. major et minor pro eccl. Wirt.); Cat. super evange- lium Marci ( Jo. Draconitis) ; Cat. sive symboli expositio (Petri Martyris, italice Basileae excusus, s. S. 190), Cat. s. explicatio symboli apost. (dom. precationis et decalogi, Hortensii Tranquilli); Cat. quo Genevensis ecclesia utitur (Jo. Calvini), 1542 franzö- sisch, 1543 lateinisch gedruckt^), von P. Tr. weggelassen, von S. Cl.

1) Abgedr. bei Gerdes, Bist. Ref. III, Doc. 25. Vgl. üllmann, Ref. II, 648.

2) Baum, Bucer und Capito, S. 245. 580.

3) Kampschulte, Calvin I, 458. Stähelin, Calvin I, 126.

Catechismen. Medicina animae. 241

ans Q. als Cat, Grenevensis aufgenommen; Catechesis puerorum in fide, literis et nioribus (0. Brunfelsii); Cat. Tubingensis (auch bei GrP. ohne weitere Angabe); Cat. ecclesiae Argentoratensis (wird der von Capito 1529 sein, neben dem aber GrP. noch einige Strasa- burger Katechismen nennt); Trilogium pro catechistis (Conradi Pellicani, über Credo, Vaterunser und Decalog, im Auftrage des Bi- schofs von Basel, Christoph von Utenhoven, 1502 27, verfasst).

Aus anderen Stellen von GrP. stammen :

Alchimia purgatorii [Petri Vireti dialogus f. 86, vorher von demselben Fumus purgatorii dial. gallice]. Die Schrift von Viret heisst: Disputations chrestiennes en manierede devis divisees par dia- logues, mit Vorrede von Calvin, Genf 1544, sechs Dialoge, je zwei in einem Bändchen, darunter L'alchumie du purgatoire, Toffice des mortz, in der Ausgabe von 1552 mit verändertem Titel: La cosmo- graphie ou la geographie infernale '). Alch. Purg. steht noch jetzt ohne weitere Angabe im Index.

Concordantiae graecae N. T. [Xysti Betuleji, f. 9], Basel 1546 fol.2),

Medicina animae [ürbani Regii pro sanis simul et aegris in- stante morte, f. 82]. Dieses Büchlein spielt in den Indices eine grosse Rolle. Es erschien zuerst deutsch: „Seelenärtznei für gesund und kranken zu diesen geferlichen zeyten durch Vrbanum Rhegium", Augsb. 1519 u. 0., lat. von J. Freder: Medicina animae u. s. w., Witt. 1537, 56 Bl. S^). GP. citirt a. a. 0. eine deutsche Ausgabe Strassb. 1540, und diese ist also im Ven. mit Med. an. gemeint. Im J. 1542 erschien zu Lyon Imagines mortis (der Todtentanz von Hans Holbein, 41 Bilder) et epigrammata e gallico idiomate a Georgio Aemylio in lat. translata. His accesserunt Medicina animae tam his qui firma quam qui adversa corporis valetudine praediti sunt, in mortis agone et extremis his periculosissimis temporibus maxime necessaria. Ratio et methodus consolandi periculose decumbentes. D. Cypriani sermo de mortalitate. D. Chrysostomi de patientia u. s. w. (Graesse, Tresor III, 317). Im J. 1547 erschien eine Ausgabe mit 53 Bildern: Imagines mortis duodecim imaginibus praeter priores totidemque inscriptionibus praeter epigrammata . . cumulatae u. s. w. Diese Ausgabe steht im Lov. 58, aber der Titel ist so ge- theilt, als ob Imagines, Medicina und Ratio drei verschiedene Bücher wären. P. nahm nur die beiden letzteren auf (Ratio u. s. w. ist von Ben. gestrichen), das vorletzte in der abgekürzten Fassung Med. an.

1) Schmidt, W. Farel und P. Viret, 1860, S. 71.

2) H. E. Bindseil, Concordantiarum Homericarum Specimen 1867, p. LXV.

3) Uhlhorn, U. Regius S. 357. La medecine de l'ame, impr. ä Ga- nove im Par. 51 und Een Medecijn der sielen voor den ghesonden ende crancken in den doots noot ende allen menschen seer profitelijck in Antw. App. werden Uebersetzungen davon sein.

Reusch, Index. 26

242 indices von Mailand und Venedig 1554.

pro sanis simul et aegrotis instante morte. Statt der lat. Ausgabe der Tmagines findet sich bei ihm, wie im Ven., die italienische: Simolachri, historie et figure della morte [La medicina de lanima. II modo e la via di consolar gl'infermi u. s. w. Ven. 1545. Lyon 1549. Im Par. 51 und Antw. App. steht die französische Ausgabe: Les simulachres de la mort und Simulachres et histoires sacrees u. s. w.]. Aus Q. kamen aber doch durch S. auch der vollständige Titel von Medicina animae, Imagines mortis cum medicina animae und Medicina animae adjuncta Imaginibus mortis auch noch in den Eöm. Ind." (letzteres von Ben. gestrichen). Wenn, was kaum zu bezweifeln, die Medicina animae hinter den Imagines mit dem Büchlein des U. ßhegius identisch ist, so steht dieses in den Index-Ausgaben vor Ben. viermal, noch heute dreimal.

Yen. hat endlich aus GP. folgende anonyme Schriften aufge- nommen:

Basileensis Ecclesiae ministrorum [responsio ad senatum] cur missam abol. [abominationem dixerint f. lOl], deutsch gedruckt, wahr- scheinlich von Oecolampadius, steht im Ven. auch als Christiana responsio u. s. w., auch bei P. Tr. als Christ, resp. und Liber in- scriptus Bas. ecclesiae cur missam; durch S. Cl. kam dann noch aus Q. hinzu: Basileensium ministrorum responsio contra missam. Die drei Titel blieben im Index bis auf Ben., der nur den letzten bei- behalten. — Eine andere Schrift von Oecolampadius, die bei Gr. unter seinem Namen steht, steht gleichfalls im Ven. als anonyme: De genuina (im Ven. gemina) verborum Dni : Hoc est corpus meum [juxta vetustissimos authores] expositione [liber], Strassb. 1525 '). P. hat statt dessen ein anderes Buch: Liber inscr. Ex vetustissimis orthodoxorum patrum libris ... de genuino eucharistiae negotii intellectu et usu u. s. w., seit Ben.: Libellus ex scriptis vetustissimorum orth. patrum Cypriani, Hil., Ambr., Aug., Hieron., Isichii et Pa- schasii de gen usu.

Collectanea demonstrationum ex prophetis, apostolis et docto- ribus Ecclesiae, quod Spiritus sanctus ex solo Patre procedat (con- feratur autem dignis a Filio, f. 49 v).

In orationem dominicam commentarius, im Eöm. Ind. bis Ben. L. i. in or. dom., stammt aus der Notiz f. 30 : In or. dom. commen- taria decerpta ex omnibus qui hactenus scripserunt tam veteribus quam recentioribus per Jo. Grastium. Damit ist aber das im Yen. unmittelbar davor stehende, aus dem Par. 51 stammende Buch ge- meint: In or. dom. saluberrimae ac sanctiss. meditationes ex libris cath. patrum selectae, Basel 1543, in demselben Jahre von der Sorbonne censurirt, welche u. a. rügt, dass als „katholische Väter" darin auch Luther, Bucer, Calvin, Melanchthon, Faber Stapulensis, Erasmus und andere Männer dieses pestilentialischen Gelichters (hujus pestilentis farinae) citirt würden 2). Erst Ben. hat die Identität der beiden Bücher erkannt, aber nicht Jo. Gast als Yerfasser bezeichnet.

1) Hagenbach, J. Oecolampadius S. 79.

2) Arg. II a 226.

Anonyme Schriften. 243

Im Ven. und im Rom. Ind. (bis heute) stehen Elementa chri- stiana ad instituendos pueros und Enchiridion christianismi. Was das für Werke sind, erfahren wir aus GrP., von dem Yen. die Titel abgeschrieben. Von ersterm sagt er f. 62: El. christianae reli- gionis ad inst. p. Adjecta est pia officiorum communium e s, bibliis recensio, quae a quibusdam tabula domestica vocari solet, gedruckt bei Jac. Jucundus zu Strassburg 1536, 3 Bogen 8., von letzterm f. 46: Doctrina, vita et passio J. C. juxta Novi T. fidem et or- dinem artificiosis figuris repraesentata, Francof. 1547, 4, chartis 11 lat, et gall., et Argentorati apud Jo. Schottum in fol. chartis 20 ab altera solum facie impressis, ut parietibus affigi possint, hoc titulo: Enchiridion christianismi, de promissionibus, incarnatione, miraculis, doctrina, vita et passione J. C. Noch winzigere Werke sind: Brevis tractatus ad omnes in christ. libertatem malevolos (f. 59, V2 Bogen) = „Ein kurze Anrede zu allen Missgünstigen Luthers und der christ- lichen Freiheif, unterzeichnet: „J. A. hat es gemacht, da er fröhlich war", von Job. Agricola ; und zwar ist nicht einmal die vollständige Ausgabe, 4 Bl. 4, gemeint, sondern eine Ausgabe, die nur den An- fang der Flugschrift in Prosa (die übersetzte Schlussrede des Mur- narus Leviathan) ohne Agricola's Spottgedicht enthält, 0. 0. und J. (Basel 1522), 2 Bl. 4*). Speculum coecorum ad cognitionem evangelicae veritatis (GrP. f. 3, 1. germ. 1523) = Ein spiegel der blinden zu erkenntniss Evangelischer warheit. (Basel) 1523, 16 Bl. 4, von Hang Marschalk gen. Zoller (Weller 2691). Sup- plicatio quorundam apud Helvetios evangelistarum [ad R. D. Hu- gonem Episc. Constant , ne se induci patiatur, ut quicquam in prae- iudicium Evangelii promulget, neve scortationis scandalum ultra ferat, sed presbyteris uxores ducere permittat, f. 104 v.], s. 1. 1522, 8 Bl. 4, von Zwingli mit unterzeichnet und wohl von ihm verfasst.

Nur im Ven. stehen : De laude parochorum et ministrorum neces- sariorum [deque inutili sumptu, qui ab inscio populo confertur ad missarum celebrationem u. s. w., deutsch, IV2 B., f. lOlJ; es ist „Das lob der Pfarrer" u. s. w. von Joh. Eberlin von Grünzburg, Basel 1522 und sonst, 6 Bl. 4, auch „Der 7. Bundtgnoss" (Weller 2037). Paulus Olearius De fide concubinarum in sacerdotes (f. 104), s. 1. et a. (Ulm 1501) 30 Bl. 4 u. 0., wahrscheinlich von Wimpfeling (Panzer VI, 171. Weller 4065).

In dem Abschnitt de conciliis erwähnt GP. f. 141 die In- dictio concilii Pisani ; das wird das Concilium Pisanum von 1511 in den Index (Ven. und P.) gebracht haben, welches von Julius II. auf dem 5. Lateranconcil durch eine besondere Bulle verdammt wurde. Tr. fügte dem Conc. Pis. bei: quod verius conciliabulum dicendum est''^). Aus demselben Abschnitte stammen noch einige Nummern, welche ebenso wenig Bücher sind wie das Concilium Pisanum: Conventus Augustensis [1518]. Daneben steht Acta comi-

1) Weller 1981. Vgl. Kawerau, Joh. Agricola, 1881, S. 23.

2) Gregorovius, Gesch. der St. Rom VIII, 67. 77.

Ö44 Indices von Mailand und Venedig 1554.

tiorum Augustae, weil GP. f. 124 Acta Lutheri Augustae typis excusa (die Verhandlungen mit Cardinal Cajetan, auch in Luthers Werken, Erl. 2, 367) anführt. P. hat dafür Acta comitiorum Au- gustae et Haganoae und dann noch speciell Liber de conventu Haga- noensi (1540), womit die hier von GrP. angeführte Schrift von Waremund Luithold (S. 234) gemeint ist. Von Tr. wurden diese Dinge bis auf das am wenigsten passende Conventus Augustensis gestrichen ; dieses steht noch jetzt im Index. Der von S. Gl. wieder eingesetzte L. de conv. Hag. wurde von Ben, gestrichen. Acta colloquii Ratisponae, nur im Ven., sind die Acta coli. Ratisb. de articulis religionis u. s. w. per M. Bucerum (Strassb. 1541) bei GP. f. 124.

In den vorstehenden Bemerkupgen ist von dem weitaus grössten Theile der Nummern des Med. und Ven. nachgewiesen, woher sie stammen. Es bleibt aber immer noch eine Anzahl übrig. Yon den italienischen Schriftstellern und Schriften ist wohl anzunehmen, dass sie den Compilatoren direct bekannt waren; bei anderen muss ich es dahin gestellt sein lassen, ob sie dieselben aus eigener Kenntniss in den Index gesetzt oder dafür ähnliche, mir nicht bekannte Quellen wie die Bücher von Gresner benutzt haben. Was die Personennamen betrifft, so sind es zum Theil Namen von bekannten Schriftstellern (Rodulphus Baus, bei P. Tr. Robertus Baus, daneben seit S. Gl. Roh. Bannes, ist Rob. Barnes, wie erst Ben. corrigirt hat), zum Theil aber von solchen, die als Schriftsteller nicht nachzuweisen sind, wie Henr. Lupulus (Zwingli's Lehrer), Jo. ßalistarius (Ben. hat wie Q. beigefügt: non ille Garmelita, weil Fris. einen solchen aus dem 14. Jahrh. erwähnt), Jo. Postellus (im Ven. auch Posselius und Postellusius, vielleicht Gruil. Postellus) u. a. Joanes li caula, seit P. im Rom. Index Jo. Licaula, richtiger L3^caula, (Wolfstall) ist ein obscurer Prediger, von dem nur ein zu Altena geschriebenes, 1539 bei Jo. Soter zu Solingen gedrucktes confuses Schriftchen von 28 Bl. 12 existirt^). Wie hat man in Venedig von diesem Kunde erhalten?

Im Ven. und seit P. in der 1. Gl. steht Paulus Commodus Britannus (seit Ben. Brettanus). In der 1. Ausgabe von Luthers Commentar zum Gralaterbrief vom J. 1519 steht nämlich eine Vor- rede von Otho Germanus und ein Epilogus Pauli Gommodi Brettani, beide vielleicht von Melanchthon, der ja zu Bretten geboren war. Die Vorrede füllt bei Seckendorf (Hist. Luth. 1. 1, s. 35, § 85), der beide Stücke hat abdrucken lassen, eine, der Epilog eine halbe

1) Apologia Joannis Lycaulae Montani super eo verbo Dni: Omnis scriba doctus .... [Matth. 13, 52]*. Die Vorrede ist Altena 1538 da- tirt. Das Schriftchen „stellt den evangelischen Standpunkt in sehr ver- hüllter und unklarer Weise dar", und wenn Heppe den Verfasser „gelehrt" nennt, so hat er dafür keinen andern Beweis, als dass er einige hebräische Citate gibt. K. Krafft bei Evertsbusch, Theol. Arbeiten I, 37; III, 143.

Card. Zabarella. Jo. Petrus de Ferrariis. 245

Spalte. Aber nur der Verfasser der letztern, nicht auch Otho Ger- manus ist in die 1. Cl. gekommen.

Eine Schrift von Oecolampadius über die Eucharistie, wahr- scheinlich die oben erwähnte, steht im Yen. als Jo. Buschini (sie) de eucharistia; so ist Jo. Huschinus*) durch P. in den Rom. Ind. gekommen, wo er noch jetzt ohne ein qui est Jo. Oecolampa- dius steht.

Nicolaus de Wile, (Wyle, aus Bremgarten im Aargau, ein Schüler Felix Hemmerlins, 1445 47 Stadtschreiber in Esslingen), der nur im Yen. steht, wird von Gr. in dem Artikel Aeneas Sylvius als Herausgeber von dessen Briefen (Nürnb. 1496) genannt und als S. Lateran. Palatii et Aulae Imperialis Consistorii Comes bezeichnet, wie er sich selbst in diesem AYerke nennt. Das kann nicht wohl zu seiner Aufnahme in den Index Anlass gegeben haben. Er hat sonst noch allerlei Sachen ins Deutsche übersetzt-).

Yon dem Cardinal Franciscus Zabarella sagt Gr. nur: scripsit in jure non spernenda opuscula. Im Yen. steht Franc. (Card, hat Yergerio beigefügt) Zabarellus de schismate cum praefatione impr. Argentinae. Die Compilatoren scheinen diese Ausgabe, Strassb. 1 545, in Händen gehabt zu haben ; so erklärt es sich, dass auch der Herausgeber Lucas Schroteysen, in ihrem Index steht. DasYerbot ging durch P. in den Eöm. Index über, Tr. fügte d. c. bei, bezieht sich aber wohl nicht bloss auf die Zuthaten des Heraus- gebers; denn Bellarmin sagt, auch in Zabarella's Buch (aus der Zeit des Constanzer Concils) sei einiges zu corrigiren, und Possevin, die Yorreden sammt dem Buche selbst seien verboten. Seit Ben. steht darum im Ind.: Fr. Zabarella de schismate tract. d. c. und Idem cum praef. Lucae Schroteisen ohne d. c. ^).

Auch Petrus Ferrariensis im Med. und P. de Ferrariis qui scripsit practicam Papiensem (wohl von Yergerio zugesetzt) im Yen. kann nicht wohl aus Gr. stammen, der ihn als Jo. P, de Fer- rariis aufführt. Sein Buch, eigentlich Practica nova judicialis, um 1400 verfasst, ist „eine Zusammenstellung von gerichtlichen und sonstigen Klageformeln u. dgl. nebst ausführlichen Erläuterungen, welche, wie die zahlreichen Drucke beweisen (13 vor 1500) in hohem

1) Oecolampadius ist bekanntlich die Uebersetzung von Husschin; er hiess aber eigentlich Hussgen (Heusgen). R.-E. 10, 708.

2) Transzlation oder tütschungen . . etlicher Bücher Enee Silvii, Pogii Florentiiii, Felicis Hemerlin doctoris mit sampt andern Schryfften (Strassb. 1510. 147 Bl. fol.). Seine Uebersetzungen sind zuerst einzeln, seit 1478 wiederholt gesammelt gedruckt (neu herausg. von A. v. Keller, Bibl. des Lit. Vereins No. 57, 1861). Strobel, Mise. 4, 134. G. Voigt, Enea Silvio H, 355.

3) Im Antw. Exp. p. 111 heisst es: Fr. Zabarellae consilium de quaestione duorum pontificum de papatu contendentium . . vieitatum est et admissum.

246 Indices von Mailand und Venedig 1554.

Ansehen stand" ^), im 16. Jalirli. aber wegen zahlreicher anticleri- caler und anticurialisti scher Stellen dem Verfasser einerseits einen Platz im Index, anderseits bei Flacius unter den Testes veritatis verschaffte. Im Rom. Ind. steht er seit P. als Petrus Ferrariensis, wie im Ven., in der 1. Cl. In dem Antw. Exp. wurde die Practica Jo. Petri de Ferrariis expurgirt. Nun scheint Q. Petrus Ferra- riensis und Jo. Petrus de Ferrariis für zwei verschiedene Autoren gehalten zu haben; denn er verbietet von jenem opera omnia, von diesem die Practica nisi repurgetur. Ihm folgend, Hessen S. Gr. Petrus Ferr. in der 1. Cl. und setzten in die 2. Jo. P. de Ferr. Practica Papiensis d. c, und so stehen bis zur Stunde beide Namen neben einander, was L. Bouchel ^) zu der boshaften Bemerkung ver- anlasst, er werde an der einen Stelle ganz verdammt, an der andern lasse man ihm das Leben unter der Bedingung, dass er castrirt werde, welche Operation man denn auch sehr gut ausgeführt habe. Die Antwerpener Expurgation wurde mit nicht unbedeutenden Ver- mehrungen von Bras. und von Sand, und Sot. aufgenommen; bei letzteren wird bemerkt, in den neueren Ausgaben sei schon manches weggelassen. Bei Bras. werden in der Ausgabe Venedig 1545 34, zum Theil umfangreiche Stellen gestrichen''). 1580 ist zu Venedig eine approbirte Ausgabe mit Zusätzen ersclüenen *). Die echte Practica Papiensis findet man also nur in den älteren Ausgaben. Ihre Vergleichung mit den Indices expurgatorii zeigt sehr anschau-

1) Schulte, Gesch. II, 294.

2) Bibliotheque du droit de France, Par. 1667, II, 573; vgl. Seabra II, 494. Bouchel spricht a. a. 0. überhaupt von der Censurirung der Schriftsteller, welche ,;Von den Fürsten anders als von Vasallen des h. Stuhles reden."

3) Es sind zum Theil starke Sachen, z. B. Nota, quomodo et quot modis isti clerici iliaqueant laicos et suam Jurisdictionen! ampliant . . . In curia Rom. Pont, est fundamentum omnis avaritiae et ambitionis. . . . Die Appellationen unmittelbar an den Papst hat man eingeführt, ut quae- stiones in curiam traherent et eorum avaritiam satiarent, quod tarnen nunquam facient, quia clericorum appetitus est enixus prae ceteris in pe- cuniis cumulandis contra honestatem communera . . . Papa in ipso Impe- ratore nititur superioritatem habere, quod ridiculum est dicere et abomina- bile audire . . . Bonus Imperator donationem Constantini revocet et legem faciat, ut omnium clericorum status ad statum mendicantium fratrum reducatur et Papa cum cardinalibus similiter ad vitam Christi et aposto- lorum ejus deveniat . . . Ego vero dico salva reverentia, quod haec jura [das Asylrecht] facta sunt sine ratione, imo et contra jus divinum, quo cautum est: Domus mea domus orationis vocabitur, vos autem fecistis eam speluncam latronum.

4) Gregorius Capuccinus, Institutiones eccl. f. 158 erwähnt dieselbe.

Fasciculus des Ortuin Gratius. 247

lieh, wie freimüthige Aeusserungen bis zur Mitte des 16. Jahrh. ungehindert in vielen Ausgaben gedruckt und gelesen werden durf- ten, während sie später verpönt waren ').

Als anonyme Schriften stehen im Ven. und im Rom. Ind.: Amica et humilis et devota admonitio, seit Ben. vervollständigt: ad gentem sanctam regaleque Antichristi sacerdotiura de corrigendo canone missae (Magdeb. 1550. 8 Bl. 8), von Ben. unter M. Flacius Illyricus gestellt, der sich auf dem Titel nennt; Civitatis Mag- deburgensis publicatio literarum ad omnes Christi fideles a. 1550; Sermones convivales, die von Jo. Gast Basel 1550 herausgegebene Sammlung von Facetien; die des 1. Bandes sind meist aus den Joci des 0. Luscinius (1527), die des 2. aber specifisch protestantisch, über Tetzels Ablasshandel und dgl. ^).

Zu Fasciculus rerum expetendarum et fugiendarum hat Ver- gerio beigefügt Ortuini Gratii, und unter dessen Namen steht das merkwürdige Buch seit Ben. im Rom. Ind. In neuerer Zeit sind aber beachtenswerthe Gründe dafür angeführt worden, dass ein an- derer unter dem Namen des Ortwin Graes das Buch herausgegeben^). Es liegt demselben übrigens die 1521 oder 1522 von Jakob Sobius besorgte Ausgabe der Commentarii des Aeneas Sylvius (S. 40) zu Grunde, denen 19 andere Stücke, die in derselben Handschrift stan- den, beigefügt waren. Im Fasciculus sind nur die Randnoten zu Aeneas Sylvius stellenweise gemildert und noch einige Stücke bei- gefügt*).

Duae disputationes Herfordianae Langi et Meclerii (im Rom. Ind. Naucleri, daneben seit S. Cl. Colloquium Herphordiense , von Ben. beides gestrichen), stammt offenbar aus dem Titel: Libellus F. Barth, de Usingen de duobus disputationibus Erphurdianis, quarum prior est Langi et Mechleri monachorum exiticiorum contra eccle- siam cath., posterior est Usingi Augustiniani pro eccl. cath. priori adversa et contraria. 1527. 8^). So ist also auch eine Disputatio

1) Possevinus, App. s. s. v. Jo. P. Ferrarius, bezeichnet ihn als vir nobilis et eruditus und bemerkt nur unter Berufung auf Mart. Navarrus, in seinem Buche finde sich einiges, quae cgent lima, sagt aber nichts vom Index.

2) Archiv f. Lit.-Gesch. 11, 46.

3) Von H. Cremans in den Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrh. H. 23 (1871), 203. Vgl. sonst über den Fasciculus Clement VIII, 238. Baumg. II, 493.

4) Die Ausgabe: Fasciculus .... una cum appendice sive tomo II. Cum Indice rerum praecipuarum amplissimo, in omniura quidem gratiam concinnato, sed solis D. Inquisitoribus dedicato opera et studio Edwardi Brown. Lond. 1690. 2 fol., der 2. Band enthält 77, zum Theil sehr böse Stücke, ist auffallender Weise nicht auf den Index gekommen.

5) Kampschulte, Erfurt II, 157.

248 Löwener Index von 1558.

des einzigen dem Orden treu gebliebenen Erfurter Augustiners, der vormals Luthers Lehrer gewesen und allerdings kurze Zeit in seinen Ueberzeugungen geschwankt hatte, aber seit 1522 den alten Urlauben tapfer vertheidigte, in den Rom. Ind. gerathen. Bei 8ot. steht er sogar in der 1. Cl. als Barth. Arnoldus Usingensis, Prof. Erfurd. sectarius, qui scribebat de conjugio sacerdotum et alia theologica et controversa perpetuo prohibita.

Unverständlich sind mir: Suermenica (seit Ben. Suermerica) doctrina, die Schwarmgeister heissen zwar bei Cochlaeus und sonst suermerici spiritus; ein Buch mit jenem Titel hat es aber schwerlich gegeben, und Trigamus contra quem Cochlaeus, wozu allenfalls Cochlaeus' Uuaestio utrum liceat christiano duas aut plures habere uxores simul et eodem tempore (über die Doppelehe Phi- lipps von Hessen) 1540*), Anlass gegeben haben könnte.

Aus den im Anhange abgedruckten Auszügen aus Eymeric stammt das im Ven. (und seit P. im Eöm. Ind.) stehende Verbot: Geomantiae, Nigromantiae (d. i. Necromantiae), Pyromantiae (beige- fügt ist Notoriae artis) opera omnia. Speciell verboten wird im Ven. nur Nie. Perazonus de arte notoria et memoria. P. hat diesen gestrichen, aber viele andere Bücher der Art aufgenommen.

24. Der Löwener Index vom J. 1558.

Ehe wir von dem venetianischen Index zu dem haupt- sächlich auf ihm beruhenden Index Pauls IV. tibergehen, ist eine auf Befehl Philipps II. von der Löwener Universität aus- gearbeitete neue vermehrte Ausgabe ihres Index zu besprechen, welche im J. 1558, also gerade noch früh genug erschien, um von Paul IV. noch benutzt werden zu können. Sie wurde fran- zösisch und flämisch gedruckt 2). An der Spitze steht eine Or-

1) De actis Luth. a. 1540 f. 238.

2) Le Catalogue des livres reprouvez et des liures que Ion pourra lire aux enfans es escholles particulieres, selon le jugement de Luniversite de Louuain Imprime par ordonnance de la Mageste Royalle. A Louuain. Par Martin Verhasselt Imprimeur Jure. Lan de grace M.D.LVIII. Auec Grace & Priuilege du Roy. 20 Bl. 4*. Cataloghe ende Intitulatie van den quaden verboden boecken, ende van andere goede, die men den Jongen schoberen leeren mach, na aduys der Vniuersiteyt van Loeuen. Met een edict oft mandement der Conincklijcker Maiesteyt. Te Louen bij Merten Verhasselt ghesworen Boecprinter In die Vette hinne : Int Jaer ons Heeren

Löwener Index von 1558. 249

donnanz Philipps IL vorn 16. Dec. 1557 und eine Vorrede des Rectors und der Universität. In dieser heisst es: es seien alle ihnen bekannt gewordenen seit 1550 von Ketzern oder „nicht allzu katholischen" Personen heindich ins Land gebrachten gefährlichen Bücher beigefügt, durch welche die Gläubigen zur Ketzerei verführt, die anderen in der Ketzerei befestigt werden könnten.

Zu den Schriftstellern, von denen alle Werke verboten werden, kommen hier hinzu Jo. Athanasius Veluanus, Jo. Slei- danus und Memno Symonis (Menno Simonis). Von 10 Schrift- stellern, die schon in dem Index von 1550 stehen, werden eine oder zwei, von Jo. Rivius vier Schriften mehr verboten. Dann werden noch von etwa 30 Schriftstellern je eine oder zwei Schriften verboten, von den meisten theologische, von einigen juristische, philosophische oder poetische, auch einzelne Schriften von Erasmus, Cassander und einigen anderen Katholiken. In dem Verzeichnisse anonymer Schriften sind 12 beigefügt; einige stehen ausserdem in dem Verzeichnisse der nicht anonymen. Auch die französische und „deutsche" Abtheilung sind vermehrt.

Die Löwener haben bei dieser Vermehrung ihres Index keine anderen Indices benutzt, wiewohl sie natürlich manche Schriften verbieten, die auch in anderen Indices stehen. Sie geben durchweg die Titel ziemlich vollständig und genau an; überhaupt ist der Index, abgesehen von einigen argen Druck- fehlern, viel besser gearbeitet als die italienischen. Die Zu- sätze desselben sind fast alle in den Index Pauls IV. aufge- nommen, und zwar sind die anonymen Schriften in die 3., die Namen der Schriftsteller, wie die der früheren Ausgabe, meist in die 1., einige in die 2. Gl. gekommen.

Eigenthümlich ist, dass gerade der Name eines holländischen Schriftstellers, von dem alle Schriften verboten werden, falsch ge- druckt ist (im Rom. Ind. ist er erst durch Ben. berichtigt). Er hiess Jo. Anastasius (Jan Greeraerds ter Stege oder Verstege) Veluanus (Pfarrer zu Garderen in Veluwe). Seine sämmtlichen Schriften reducirten sich übrigens auf eine kleine flämische Schrift,

M.CCCCC.LVIII. Door beuel der Conincklijcker Maiesteyt. 20 Bl. 4* (beide in Brüssel).

250 LÖwener Index von 1558.

„der Laien- Wegweiser", 1554, die freilich damals in den Nieder- landen Aufsehen erregte*).

Von Jo. Sleidanus werden zuerst seine beiden Hauptwerke, De statu religionis et reip. Carolo V. Caesare commentarii (zuerst Strassb. 1555) und De quatuor imperiis (zuerst 1556), dann quae- cunque alia ejusdem opera verboten. In der unten zu erwähnenden Satire von Grratianus Verus wird (p. 37) dem Inquisitor Ruard Tapper die Klage in den Mund gelegt, Karl V. habe sich an der Lectiire des erstem Werkes ergötzt, er selbst habe am Hofe wieder- holt die Verbrennung desselben angerathen, aber erst nachdem es eine grosse Verbreitung gefunden und in viele Sj^rachen übersetzt worden, das Verbot desselben durchsetzen können. Wie es sich um die Richtig- keit dieser Angaben auch verhalten mag*), von 1558 an war das Buch streng verboten. Der Rath von Strassburg klagte 1558, dass er Unannehmlichkeiten durch das Buch gehabt 3).

Von manchen Schriftstellern, von welchen hier nur eine oder einige Schriften verboten werden, ist es nicht auffallend, dass sie im Rom. Ind. in der 1. Cl. stehen, wie Andr. Fricius Modrevius, Andr. Hyperius, Georgius Aemilius Mansfeldensis, Henr. Pantaleon, Joachim Camerarius, Jo. Foxus, Lucas Lossius, Nie. Selneccerus, Seb. Castalio. Auch Jo. Hospinianus, von dem im Lov. nur Uuaestiones dialecticae verboten werden, hat zwar auch sonst nur philosophische Schriften verfasst, aber in diesen sich vielfach als eifriger Lu- theraner gezeigt*). Auch dagegen, dass Jo. Doelschius Veltkir- chensis in der 1. Cl. steht, ist nichts anders zu erinnern, als dass er nichts geschrieben als die Schrift, welche im Lov. von ihm ver- boten wird: Contra doctrinalem quorundam magistrorum nostrorum Lovaniensis et Colon, studii e sacris literis petita defensio, 1530. Anderen Schriftstellern aber ist, wenn auch das Verbot einzelner Schriften von ihnen im Lov. gerechtfertigt war, mit ihrer Versetzung in die 1. Cl. Unrecht geschehen.

Joannis Carionis Chronica impr. Basileae a. 1557 ist eine der Ausgaben von Hermann Bonnus' lat. Uebersetzung der zuerst 1532 von Melanchthon umgearbeitet deutsch herausgegebenen „Chro-

1) Van der Aa s. v. Anastasius; Kerkh. Archief 1855, I, 1. „Een körte onderrichtinge van alle de principale puncten des Christen gheloofs . . . ghenaemt der Leecken-wechwijser, auffallender Weise nicht in der fläm. Abth. des Antw. 70. Der Dominicaner Jo. Bunderius (van der Bundere) schrieb dagegen „Schildt des Geloofs legen den L. W.", 1556. Später (1561) schrieb Anastasius noch eine Vertheidigung des Cate- chismus von J. Monheim (s. u): „Bekenntniss von dem wahren Leibe Christi gegen der Papisten abgottische Messe". R.-E. 10, 224.

2) Wilh. Lindanus, Ruewardus (1567), p. 271 erzählt, Karl V. habe sich De statu rel. vorlesen lassen, aber bei manchen Stellen ausgerufen: Daer liegt de buifi".

3) Arch. des D. Buchh. V, 39. 4) A. D. B. 13, 185.

Sleidanus. Carion. Juristen. 261

nica durch Mag. Job. Carion fleissig zusammen gezogen" ^). Dass das Buch verboten wurde, ist erklärlich; aber dass Carion (1409 1537) in die 1. Cl. gesetzt wurde, war unbillig; denn er stand zwar mit Luther, Melanchthon u. a. auf gutem Fusse; von einem Ueber- tritt desselben zum Protestantismus ist aber nichts bekannt und die astrologischen Schriften, die er selbst 1522 31 deutsch herausgab, sind wohl in Kom nicht bekannt geworden, vielmehr ist er ledig- lich wegen des Löwener Verbots der Chronik, für deren anstössige Stellen jedenfalls mehr seine Herausgeber als er selbst verantwort- lieh zu machen, in die 1. Cl. gekommen. Im Antw. Exp. wer- den die Ausgaben Par. 1550 und Basel 1564 expurgirt ; am Schlüsse wird bemerkt, die Expurgation gelte auch für die Ausgaben Antw. 1540 und 1547 und für die französische üebersetzung von Le Blond, Par. 1547. Diese Expurgation ist von Bras. abgedruckt^). Es han- delt sich um 50 60 Stellen aus der Greschichte der Päpste und der deutschen Kaiser, in denen bald ganze Sätze gestrichen werden, bald nur einzelne Worte getilgt oder geändert werden sollen, z. B. in dem Satze: Benedicto (IX.) fugato Sylvester pecunia papatum redemit (statt pec. redemit zu schreiben occupavit). Porro reversus Benedictus, ut factiones concitaret (die drei Worte zu streichen) contra Sylvestrum tertio cuidam, qui Gregorius VI. dictus est, ven- didit (dafür zu setzen cessit) jus suum in papatum.

Von dem französischen Juristen Franc iscus Balduinus (Bau- douin, 1520—73) verbietet Lov. 58 Constantinus Magnus sive de Constantini Imperatoris legibus ecclesiasticis atque civilibus commen- tariorum 11. 2, Basel 1556. Diese Schrift steht auch im Rom. Ind. in der 2. Cl.; sie wird, obschon unbedingt verboten, im Antw. Exp. p. 135 expurgirt. Es ist auffallend, dass gerade er von P. nicht in die 1. Cl. gesetzt worden, da er zur Zeit der Abfassung von dessen Index Calvinist war; später wurde er wieder Katholik^). Jedenfalls wäre es weniger auffallend, wenn Balduinus in die 1. Cl. gekommen wäre, als dass Jo. Sagittarius Burdegalensis von P. in die 1. Cl. gesetzt wurde. Von ihm verbietet Lov. 58 Canones con- ciliorum omnium . . . cum gemino indice . . . (Basel 1553, fol.), und sonst hat er nichts geschrieben. Von HieronymusSchiurpff de Sancto aallo (Schurff von St. Gallen, 1481—1554), Professor der Eechte in Wittenberg, wird im Lov. 58 verboten Consiliorum seu responsorum juris centuria prima, Frankf, 1545; es sind 1551

1) Strobel, Mise. VI, 141. lieber eine wahrscheinlich von W. Postel besorgte Ausgabe mit Zusätzen und Aenderungen, Ven. 1553, s. Strobel S. 175, Schelh. Am. lit. II, 642.

2) Bei Sand, und Sot. werden spätere Ausgaben expurgirt. In diesen Indices heisst es : von Carion seien alle Werke verboten ; nur seine Chronik sei, nachdem sie expurgirt worden, gestattet, also gerade das Werk, welches ihn in die 1. Cl. gebracht, und das einzige, welches eine Bedeutung hatte.

3) A. D. B. II, 18.

262 Löwener Index von 1558.

und 53 noch zwei Centurien erschienen ; sonst hat er nichts ge- schrieben '). In dem Antw. Exp. p. 111 werden vier in verschie- denen Sammlungen stehende Consilia von ihm gestrichen; er ist also jedenfalls nur wegen eines ganz geringfügigen Theiles seiner Schrif- ten auf den Index gekommen, und diese sollten also mit d. c. in der 2. Gl., nicht der Verfasser in der 1. Gl. stehen 2). Im J. 1621 verbot die Index -Gongregation die zu Frankfurt 1612 erschienene neue Ausgabe der Gons. Gent, prima, und so steht denn seit Ben. im Index zuerst Hier. Schiurpff mit 1. Gl., also mit allen Werken, und unmittelbar darunter Gons. Gent, prima, also das Buch, das ihn auf den Index gebracht.

Von Justus Velsius Hagensis (Josse Velsen aus dem Haag), Mediciner, Professor in Köln, steht im Lov. 58 die Schrift KpicTi^ verae christianaeque philosophiae comprobatoris atque aemuli [et sophistae], quique Antichristi doctrinam sequitur, per conten- tionem comparationemque descriptio, 1554, wegen der er in Köln in- quirirt und eingekerkert und 1556 verbannt wurde ^). P. setzte ihn in die 1. Gl. Ob er im Tr. durch ein Versehen oder mit Absicht ausgelassen ist, vielleicht weil man eben damals hoffte, er werde sich bekehren^), ist nicht auszumachen. Im Antw. 70 steht er wieder in der 1. Gl. und die Kpicri<; in der 2. Ebenso seit S. im Rom. Ind., nur steht hier (bis Ben.) in der 2. Gl. Julii Velsii Kpidi^ u. s. w.

Von Matthias Flacius Illyricus stehen im Lov. 58 nur zwei Schriften: Scripta quaedam Papae et Monarcharum de Goncilio Trid. ad cognoscendam veritatem admodum lectu utilia, nunc pri- mum in publicum edita, cum praef. M. Fl. 111., Bas. s. a. (c. 1550), 76 Bl. 8^), und Varia doctorum piorumque virorum de corrupto Ecclesiae statu poemata . . . cum praef. M. Fl. 111. 1556, auffallen- der Weise nicht der Gatalogus testium veritatis, zu welchem die Gedichtsammlung eine Ergänzung bildet^). Im Rom. Ind. steht

1) Stintzing, Gesch. I, 266.

2) „Schurpff wird nicht bloss von einigen seiner Zeitgenossen, son- dern auch von einem Theile der Nachwelt für einen Papisten gehalten. Wollen wir als Kennzeichen eines solchen gelten lassen, dass jemand auf die Wiedervereinigung der christlichen Kirche unter einem gemeinschaft- lichen sichtbaren Oberhaupte hofft, so ist Schurpff Papist gewesen". Muther, Univ.- und Gel.-Leben S. 215.

3) Ausführlich darüber Ennen, Gesch. v. Köln 4, 688. 780.

4) In einem Briefe an Granvella vom J. 1563 bei Gachard, Corrcsp. de Philippe II., I, 2471 heisst es, er zeige jetzt viel Respect vor der Kirche, sei ein gelehrter und angesehener Mann, und man hoffe, er werde sich mit der Kirche aussöhnen.

5) Schelhorn, Am. hist. II, 354.

6) Preger, Flacius 111. II, 463. 555. Preger, sagt II, 280: „Flacius

J. Velsius. Flacius 111. Marc. Palingenius. Stan. Oricliovius. 253

natürlich seit P. Flacius in der 1. Cl. ; P. nahm aber auch die bei- den in dem Lov. stehenden Schriften auf, aber mit Weglassung des Namens in die 3. Cl. und fügte den Catalogus bei. Seit Q. stehen im spanischen und seit S. im Rom. Ind. (bis jetzt) auch Poemata varia doctorum mit d. c. Man hat offenbar nicht geahnt, dass dieses die Varia poemata waren, und weder in Spanien noch in Rom an eine Expurgation eines Buches von Flacius gedacht. Ben. hat den Cata- logus unter Flacius gestellt, bei Scripta und Poemata dessen Namen beigefügt und bei letzterm nisi corrig. beibehalten!

Die Zahl der Pseudonymen in der 1. Cl. ist durch Lov. 58 um Einen vermehrt worden. Er verbietet Marcelli Palingenii Stellati Zodiacus vitae, ein Lehrgedicht in zwölf Büchern, welche die Namen der zwölf Sternbilder als Ueberschrift haben, mit satiri- schen Stellen gegen Papst und Mönche, von Pierangelo Manzolli aus Stellada bei Ferrara, dem Leibarzt des Herzogs Hercules IL von Ferrara, 1528 gedichtet und diesem gewidmet, zu Lyon 1556 und sonst gedruckt. In der Widmung unterwirft sich der Verfasser der Autorität der Kirche; gleichwohl soll seine Leiche ausgegraben und verbrannt worden sein ').

Eigenthümlich ist es dem Stanislaus Orichovius Ruthenus ergangen, von dem Lov. 58 vier Schriften verbietet, St. Orze- chowski hatte in Wittenberg studiert, wurde Priester und Canonicus in Przemisl, verheirathete sich aber 1551 und wurde von dem Bischof excommunicirt und abgesetzt. Der Reichstag von Petrikau 1552 setzte ihn aber wieder ein, nachdem er ein Grlaubensbekennt- niss abgelegt, und der König verwandte sich für ihn bei Julius IIL Dieser versprach, wie Zaccaria angibt, ihn zu dispensiren, so dass er ohne geistliche Functionen mit seiner Frau leben könne, doch solle er zuvor ein Buch gegen die Ketzerei veröffentlichen. Indess scheint er erst nach 1563, nachdem seine Frau gestorben war, förm- lich rehabilitirt worden zu sein. Schon 1561 schrieb er aber als eifriger Katholik ; in der Chimaera s. de Stancari funesta regno Poloniae secta, 1563, legt er eine Art Sündenbekenntniss ab^). Im Lov. 58 werden von ihm verboten De lege caelibatus contra Byricium in concilio habita oratio, Ad Julium III. P. M. supplica-

vermehrte mit diesen [den 1560 1565verfassten antipapistischen] Schriften den Ilass, der ihn unschädlich zu machen suchte", und in der Note dazu : „Auf dem Rom. Ind. stand er inter haereticos 1. cl. Pope-Blount, Censura celebriorum theol. 1710." In der L Cl. stehen einige hundert, und Flacius gehört gewiss zu denjenigen, von denen man sich nicht wundern kann, dass sie darunter sind.

1) Peignot n, 18. Baillet 1259. Burckhardt, Cultur der Ren. I, 304. II, 301. Das Gedicht ist neu herausg. von C. G. Weisse, Lpz. 1832.

2) Raess, Convertiten II, 508. Salig II, 57G. Zaccaria, Dissertazioni, Rom. 1780, II, 318.

254 Löwener Index von 1558.

tio de approbando matrimonio a se inito (1551) und De bello adv. Turcas suscipiendo Turciea I. et Tl. (1552). P. setzte ihn in die 1. Cl., im Tr. wurde er ganz gestrichen. Die Antw. App. nahm die im Lov. 58 verbotenen Schriften wieder auf; sie sind daraus in den span., aber nicht in den Eöm. Index übergegangen.

Von Adam Siberus werden im Lov. Poematum sacrorum libri 16, von Bruno Seidelius Querfurdensis Poematum libri 7, von Geor- gius Fabricius Chemnicensis Odarum libri .3 ad Deum omnipoten- tem, von Jo. Fabricius Montanus Poemata verboten. P. setzte den ersten und den dritten, ohne Zweifel weil ihre Gedichte als reli- giöse bezeichnet sind, in die 1., die beiden anderen in die 2. Cl. Bruno Seidelius, der im Lov. Seylius gedruckt ist, heisst bei ihm Hei- delius und hat erst durch Ben. seinen richtigen Namen erhalten. Adam Siber wurde im Tr., ohne Zweifel durch ein blosses Versehen weggelassen, aber von S. Cl. wieder eingesetzt. Noch zwei, aller- dings ganz unbedeutende, theologische Sachen hat P. so, wie sie im Lov. 58 stehen, in die 2. Cl. und nicht ihre Verfasser in die 1. Cl. gesetzt: Antonii Reuchlini Exegesis dictionum in psalmos sex (das sex hat P. weggelassen), allem Anscheine nach rein sprachliche Er- läuterungen zu einigen Psalmen, die nach Fris. den Tabulae hebrai- carum institutionum, also einer kleinen hebräischen Grammatik, an- gehängt waren, und Jo. Rutheni Tabulae locorum communium utriusque testamenti (adjunctae Joanni Spangenbergio hat P. weg- gelassen). Ant. Reuchlinus wurde von Tr., wahrscheinlich durch ein Versehen, weggelassen, von Cl. aber wieder eingesetzt. Jo. Ru- thenus wurde von Tr. aus der 2. in die 1. Cl. versetzt (er hat nach Fris. noch eine lat. Grammatik herausgegeben und Joannis Franco- fordiani aurei compendii V. et N. T. libros V in certas tabulas di- gessit). Durch S. kamen dann aber, während Jo. Ruthenus in der 1. Cl. blieb, die Tabulae wieder in die 2. Cl., und Cl. fügte ihnen d. c. bei!

Friderici Furii Ceriolani Valentini Bononia sive de libris sacris in vernaculam linguam convertendis [libri duo ad Franc. Bo- vadillum Mendozium Card. Burgensem, Basel 1556, 365 S. 8] ist in die 2. Cl. gekommen, weil man in Rom wusste. dass der Ver- fasser, Fadrique Furio Ceriol aus Valencia, Katholik war. Seine Schrift ist gegen den Löwener Professor Jo. de Bononia aus Sicilien ge- richtet, dem gegenüber er, was für einen Spanier allerdings ein auf- fallendes Unternehmen war, die Räthlichkeit der Uebersetzung der ganzen Bibel in die Volkssprachen vertheidigt *). Furio lebte da-

1) Schelh. Am. lit. 8, 485. Furio bekämpft die Appendix zu Bo- nonia's De aet. Dei praedestinatione u. s. w. Löwen 1555. Carranza be- kämpfte Furio in seinem Catechismo (Col. de doc. ined. 5, 431). Ein Ab- druck: Furii Bononia ed. H. G. Tydeman, Leyden 1819. Furio scheint da- mals noch weitere bedenkliche Sachen haben veröffentlichen wollen. Lorenzo de Villavincencio rühmt sich (Gachard, Corr. de Phil. IL sur les

Fr. Furius. Libri Carolini. 255

mals in Löwen, ging aber bald darauf nach Spanien zurück und hat sich als politischer Schriftsteller^) einen Namen gemacht (f 1592). Opus illustrissimi et excellentissimi seu spectabilis viri Ca- roliMagni ... contra synodum, qua« in partibus Grraeciae pro ado- randis imaginibus gesta est, ist der Titel der ersten, von Jean du Tillet (Tilius, seit 1553 Bischof von St. Brieuc) unter dem Namen Elias Philyra, s. 1. (Paris) 1549, veröffentlichten Ausgabe der sog. Libri Carolini, der im Auftrage Karls des Grossen geschriebenen Streitschrift gegen die Synode von Nicäa von 787^). Das Buch kam durch P. auch in den Rom. Ind. Bei Q. steht es als Carolo magno adscriptum opus de imaginibus sub titulo lUustr. u. s. w.-^). Daraus machte S. Carolo M. falso adscriptum u. s. w., Cl. stellte aber die frühere Fassung wieder her. S. setzte auch auf den In- dex Franchfordiensis Synodus contra cultum imaginum und Ludovici Imperatoris nomine liber fictus contra sacras imagines, beide wur- den damals in den Streitschriften vielfach erwähnt; die Frank- furter Synode wurde von Cl. wieder gestrichen, Ludovici Imp. u. s. w. blieb im Index und steht noch jetzt darin mit dem Zusätze: ejus nomine confictus. Der Zusatz ist nicht richtig; denn es sind ohne Zweifel die von der Versammlung von Bischöfen, welche Ludwig der Fromme 824 nach Paris berief, ausgegangenen Actenstücke ge- meint, worunter sich zwei Entwürfe zu Schreiben Ludwigs befinden, oder die wirklich von Ludwig unterzeichneten Schreiben an Eugen IL und die Bischöfe Jeremias und Jonas "*).

äff. des P.-B. II p. XVII), er habtf ihn aus Deutschland weggeführt und den Druck seiner drei Bücher hintertrieben, die dem Beichtvater des Königs, dem Card. Granvella und dem Könige selbst zur ewigen Schmach gereicht haben würden.

1) Sein Buch El consejo y consejeros del principe, Antw. 1559, wurde 1560 ins Italienische, 1568 (von Simon Schard) ins Lateinische übersetzt. Nie. Antonio I, 363.

2) Clement VI, 292. R.-E. 7, 535.

3) Sixtus Sen., Bibl. Praef, § 3., meint, die Bücher seien von Carlstadt fabricirt (so noch Sot. in dem Index von 1640), Possevin, App. s. V. Carolus, und Bellarmin, Controv. de Eccl. triumph. II, 15, die Bücher seien zwar zur Zeit Karls geschrieben, aber, wie aus der Widerlegung P. Hadrians hervorgehe, von irgend einem Ketzer verfasst und von Karl dem Papste nur übersandt, um sie zu widerlegen.

4) Hefele, Conc.-Gesch. 4, § 42.0. Possevin, s. v. Ludovicus, scheint auch diese Schreiben für unecht zu halten. Bras. p. 136 verordnet p. 136, in der Bibl. Patrum zu Jonas Aurelianensis ein langes Antidotum beizufügen. Er sagt von Jonas: In synodo Parisiensi sub Ludovico Pio praecipuus hujus erroris antesignanus fuit, verweist auf Bellarmin, Baronius u. a., welche die historia de concilio Francof. et collatione Paris, u. s. w..

256 LÖwener Index von 1558.

Das einzige andere Werk ans einem frühem als dem 16. Jahrb., welches noch im Lov. 58 (seit P. auch im Rom. Ind.) steht, ist Laonici Chalcondylae Atheniensis (im 15. Jahrh.) de origine et rebus gestis Turcarum libri 10, nuper e graeco in lat. conversi, Conrado Clausero Tigurino interprete, Basel 1556. Das Buch ist nicht etwa bloss des häretischen Uebersetzers wegen verboten wor- den. In dem Antw. Exp. p. 152 wird hinsichtlich der Ueber- setzung nur monirt, dass eTTiCTKOTTO^ an vielen Stellen durch epi- scopus übersetzt werde, wo es praefectus bedeute; dann wird aber, die Streichung einer Anzahl von Stellen über Päpste, Lateiner u. s. w. verordnet. Sot. p. 758 streicht nur zwei Stellen, eine über die Päpstin Johanna, die ohne Zweifel von dem Uebersetzer eingeschoben sei. P. schrieb Ludovicus statt Laonicus Gh., Tr. Laonicus, S. wieder Lud., Gl. Ludovicus seu Laonicus Gh.; Ben. hat den richtigen Namen hergestellt, das Buch aber unter Glauserus gesetzt.

Im Lov. 58 stehen neben einander, sonderbarer Weise unter den nicht anonymen Schriften, die vollständigen Titel der Confessio Augustana und der Gonfessio Tetrapolitana von 1530, der von Joh. Brenz verfassten Gonfessio piae doctrinae, quae nomine 111. . . D. Ghristophori Ducis Wirtembergensis . . . proposita est per legatos ejus die 24. m. Jan. a. 1552 congregationi Goncilii Trid. (Tüb. 1552) und der von Melanchthon verfassten Gonfessio doctrinae Saxonicarum Ecclesiarum Synodo Trid. oblata a. D. 1551 (Lpz. 1 552). P. kürzte dieses ab in Confessio fidei Augustana, Gonf. Saxonica und Gonf. Wirtembergensis. Q. nahm dagegen die vollen Titel auf und aus ihm nahm S. diese von den drei letzten auch in den Rom. Ind. auf, ohne die abgekürzten Titel Gonf. Sax. und Wir- temb. zu streichen. So ist es geblieben bis auf Ben., der die ziem- lich lang gewordene Reihe der Gonfessiones durch das generelle Verbot von omnes haereticorum confessiones ersetzte. Die Apo- logia Confessionis Augustanae steht nicht im Lov., P. hat sie aus Yen. Ob die Angabe richtig ist, Karl V. habe den Löwenern nicht gestattet, die Confessio Augustana in den Index (von 1540 und 1550) zu setzen'), mag dahin gestellt bleiben; aufTallend ist es, dass sie erst 1558 verboten wurde.

Epitoma responsionis ad Martinum Lutherum [per Silvestrum de Prierio u. s. w., seit Ben. ist beigefügt a Luthero edita] ist die Streitschrift des Prierias mit Randglossen , Vor- und Nachwort

richtig gestellt, und fügt dann dem Buche des Jonas de cultu imaginum drei Randnoten bei.

1) Thesaurus bibliogr. s. v. Confessio. Wenn dort weiter bemerkt wird, die Apologie sei in den neueren Indices weggelassen, vielleicht weil lange keine Exemplare mehr in päpstliche Gegenden gekommen seien, so ist die Vermuthung thöricht, die thatsächliche Angabe falsch: die Apo- logie steht in allen Indices seit 1559, die ich kenne.

Confessiories. Örthodoxograpta. 257

Luthers, Witt. 1520. 14 Bl. 4*). Nomeiiclator insignium scri- ptorum (quorum libri extant vel manuscripti vel impressi), ein Aus- zug aus Gesners Bibliothek von Robert Constantinus, Par. 1555. 8, ist ohne Zweifel nur verboten, weil darin auch Häretiker als insig- nes scriptores verzeichnet sind. Actiones duae Secretarii Ponti- ficii, quarum altera disputat, an Paulus P. TV. debeat cogitare de instaurando Conc. Trid , altera vero, an vi et armis possit deinde imperare protestantibus ipsis decreta, ist eine Satire von Vergerio, 1556, mit einer Tertia actio vermehrt 1559^). Im Rom. Ind. stan- den bis Ben. nur die vier ersten Worte des Titels. Eine andere Publication Vergerio's, die im Lov. 58 steht, ist auffallender Weise nicht in den Rom., wohl aber in die spanischen Indices überge- gangen: Reginaldi Poli Card. Britanni Pro ecclesiasticae libertatis defensione libri IV, alioqui catholici, sed habentes coimpressos libros aliorum contra primatum Rom. Pont, et praefationem Petri Pauli Vergerii, Strassb. 1555 fol. Die Schrift Pole's war 1536 zu Rom erschienen^).

Ein anderes der wenigen Bücher, welche P. aus dem Lov. 58 nicht aufgenommen hat, ist : Orthodoxographa. Theologiae sacro- sanctae ac syncerioris fidei doctores numero 76, . . . partim graeci partim latini . . quorum quidam nulli hactenus visi, verbis breves, divini vero spiritus doctrina multorum scriptorum quantumvis pro- lixa Volumina superantes: ut vere possint appellari theologica biblio- theca, Basel 1555 fol., herausgegeben von Joh. Jac. Grrynaeus. Eine vermehrte Ausgabe erschien 1569 in 2 Fol. unter dem Titel: Monumenta ss. patrum orthodoxographa, h. e. Theol. . . . numero circiter 85 u. s. w. Bei Q. werden beide Ausgaben mit d. c. ver- boten, und so sind beide durch S. auch in den Rom. Ind. gekom- men*). Q. verordnet übrigens nur, auf dem Titelblatte ,,ac since- rioris fidei", ferner die Epistola dedicatoria und in der Sammlung selbst das Protevangelium Jacobi und das Evangelium Nicodemi, die Epistola S. üdalrici und das Buch des Bertramus zu streichen, und bemerkt sonst noch, der Pastor des Hermas und die Testamenta duodecim patriarcharum könnten wegen ihres hohen Alters stehen bleiben, seien aber als Apokryphen anzusehen, quorum non liceat dictis et auctoritati fidere. Erst durch Q, ^) kam in den span.

1) Erl. II, 79. Köstlin, Luther I, 321.

2) Abgedr. im Primus tomus operum Vergerii, 1563, p. 1 94. Vgl. Serapeum 1858, 85. Baumg. II, 71. Eine deutsche Uebersetzung davon ist „Geist der römischen Kurie. 1819. Deutschland". Mastiaux, Lit.-Ztg. 1818, IV, 246.

3) Serapeum 1858, 83. Dixon, Hist, of the Ch. of E. I, 431.

4) Der Inhalt wird vollständig angegeben Unius saeculi . . . Elen- chus, 1C02, I, 70.

5) Oder eigentlich zuerst durch V. 59; denn mit Veteres Theologi wird dieser doch wohl nicht überhaupt die alten Theologen, sondern jene

Keusch, Index. jy

258 Index Pauls IV.

und dann durch S. Cl. in den Eöni. Ind. (ohne d. c.) eine etwas ältere Sammlung: Micropresbyticon. Elenchus veterum brevium theo- logorum [32], qui aut tempore apostolorum aut non multo post vixerunt, Basel 1550, fol. , auch weil sie den Bertramus enthält. Sie stand bis auf Ben. unter (Liber inscr.) Veterum quorundam br. th. El. (Micropresbyticon wahrscheinlich weggelassen, weil das Wort griechisch gedruckt ist).

Dass P. Brevis cometarum explicatio , ph^^sicum ordinem et exempla historiarum praecipue complectens aus Loa^. 58 nicht auf- nahm, ist ja nicht auffallend, aber charakteristisch, dass das Schrift- chen auf dem Umwege über Spanien schliesslich doch 1590 in den Rom. Index kam und noch darin steht.

25. Der Index Pauls IV.

Der erste im Auftrage eines Papstes veröffentlichte Index, ja in einem Sinne überhaupt der erste Index, die früher er- schienenen hiessen Catalogi, erschien im J. 1559, also wäh- rend der zweiten Unterbrechung des Trienter Concils (1552 62).

Paul IV. soll sich schon als Cardinal Caraffa und Mitglied der Römischen Inquisition mit der Anfertigung eines Index be- schäftigt haben ^); als Papst beauftragte er die Inquisition mit der Vollendung der Arbeit. Der Index wurde 1557 gedruckt, aber nicht publicirt'^). In ihrer Einrichtung und in ihrem wesent- lichen Inhalte unterschied sich diese unterdrückte Ausgabe jeden- falls nicht von der im J. 1559 publicirten. Der Grund der

Sammlung verbieten wollen. Der Inhalt des Micr. bei Götze, Merkw. 3, 539.

1) A. Ciacconius, Vitae Pont. III, 816.

2) Dieser Index ist, eben weil er nicht publicirt wurde, sehr selten. Zacc. p. 145 (vgl. Bromato, Storia di Paolo IV. II, 535) beschreibt das einzige ihm bekannte Exemplar (in der Bibliothek der Carmeliter alla Transpon- tina zu Rom). Der Titel ist: Index auctorum et librorum, qui tanquam haeretici aut suspecti aut perniciosi ab Officio S. Eomanae Inquisitionis reprobantur et in universa Christiana Eepublica interdicuntur. Romae apud Antonium Bladum Impress. Camer. 1557. 36 Bl. 4. Auf der Rückseite des Titelblatts steht: Index alphabetico ordine distinctus est u. s. w., in- haltlich, aber nicht wörtlich übereinstimmend mit der Notiz in der Aus- gabe von 1559. Hinter dem alphabetischen Verzeichnisse steht: Libri om-

Index Pauls IV. 250

Unterdrückung mögen Ungenanigkeiten, Druckfehler u. dgl. oder einzelne dem Papste nicht zusagende Nummern desselben gewesen sein. Vielleicht missfiel dem Papste namentlich, dass in diesem ersten Drucke das Consilium de emendanda Ecclesia, von welchem später ausführlicher die Rede sein wird, als Liber inscriptus Cons. de em. E. auctore Jo. Petro Carapha Neap. olim Card. u. s. w. verzeichnet war*). Im Jahre 1558 wurde eine neue Ausgabe vorbereitet, für welche nun auch noch der Löwener Index von diesem Jahre benutzt wurde. Durch ein Breve vom 21. Dec. 1558 nahm Paul IV. alle bisher ertheilten Ermächtigungen zum Lesen verbotener Bücher zurück, und kurz danach wurde der neue Index publicirt^). In Rom erschienen

nium enarratorum haereticorum sive auctorum, ubicuuque et quandocun- que excusi, scripti vel exscripti fuerint, ab universis sub censuris et poenis in decreto S. D. N. expressis caveantur. Ein Decret ist aber nicht da. P. 65 folgt ein Verzeichniss von Bibelausgaben, p. 69 ein Verzeichniss von Druckern, wie 1559.

1) Zacc. p. 325 sagt: in dem Index von 1557 seien einige Bücher- titel vollständiger angegeben als in dem von 1559, und führt als Beispiele an: Liber de coena dominica (s. o. S. 210) und das Consilium.

2) Es gibt zwei Ausgaben, eine in 4., eine in 8. oder 12. Der Titel beider ist in den von mir benutzten Münchener Exemplaren: Index Au- ctorum, etLibrorum, qui ab Officio Sanctae Rom. et Vniuersalis Inquisitionis caueri ab omnibus et singulis in uniuersa Christiana Republica mandantur, sub censuris contra legentes, uel tenentes libros prohibitos in Bulla, quae lecta est in Coena Dni expressis, et sub alijs poenis in Decreto ejusdem Sacri officij contentis. Index uenundatur apud Antonium Bladum, Came- ralem inipressorem, de mandato special! Sacri Officij, Romae Anno Domini 1559. Mense Jan. Die kleinere Ausgabe hat sechs Bogen von 4 Blättern, die grössere neun Bogen von 4 Bl. Sie stimmt inhaltlich mit der kleinern überein ; nur steht auf dem letzten Blatte, quer gedruckt, das nicht datirte, am 24. Juni 1561 erlassene Decret, von welchem in § 26 die Rede sein wird. Da dieses Blatt nicht später eingeheftet zu sein scheint, so gehört das Exemplar wahrscheinlich einem Drucke vom J. 1561 an, bei welchem auf dem Titelblatte das J. 1559 als das Jahr der Publication des Index beibehalten worden ist. Ein Exemplar in 4 in Oxford hat 34 Blätter (Bogen A 2 Bl., B bis I je 4) ; in diesem steht das Decret nicht, auch nicht f. 2r der oben im Texte S. 262 angeführte Vermerk: Die XXX, Decembris M.D.LIX, praefatae Hterae affixae & publicatae fuerunt ad ualuas Basilicae principis Äpostolorum n. s. w., und auf dem Titelblatte nicht Index ve-

^6Ö Index Pauls IV.

zwei Ausgaben desselben, noch im Jalire 1559 Abdrücke in Bologna*), Venedig-), Genua^) und Avignon^). Im J. 1560 gab ihn Vergerio mit einer polemischen Einleitung heraus^).

nundatur u. s. w. Dagegen steht auf der letzten Seite: Romae apud An- tonium Bladum Cameralem Impressorem de mandato Sacri Officij S. R. Inquisitionis Anno Dfii 1558, und auf dem Titelblatt ist in einen kleinen^ leeren Kreis der Bordüre geschrieben: „Romae anno 1558'' (wohl von derselben Hand, die f. 2r beigeschrieben hat: „Paulo Papa IV. qui sedit a die 23. Mai 1555 ad diem 18. Augusti 1559"). Solcher Exemplare, in denen auf dem Titelblatt keine Jahreszahl gedruckt ist, auf der letzten Seite 1558, werden mehrere erwähnt (Biblioth. Casan. ; Bocca, Cat. XII, 132: Schelhorn, Ergötzl. II, 8). In einem Exemplar dieser Art, welches Zacc. p. 146 erwähnt, ist auf dem Titelblatte das Datum beigeschrieben, an welchem der Index einem Kloster mitgetheilt wurde: „Datus est in Tra- pontina die 2. Jan. 1559." So viel sich ohne genauere Vergleichung der verschiedenen Exemplare urtheilen lässt, sind nicht drei inhaltlich von einander verschiedene Indices Pauls IV., von 1557, 1558 und 1559, anzunehmen, sondern zwei: der erste, vom J. 1557, wurde unterdrückt; der zweite wurde 1558 in Quart 'gedruckt ohne Jahreszahl auf dem Titel und mit der Angabe des Druckjahres auf der letzten Seite. Nach der Publication am 30. Dec. 1558 wurde dieser Index in kleinem Format ge- druckt mit dem Jahre 1559 auf dem Titelblatt und dem Vermerk über die am 30. Dec. 1558 geschehene Publication hinter dem Decrete der In- quisition. Die Exemplare in Quart, welche das Jahr 1559 auf dem Titel- blatt und auf dem letzten Blatte das oben erwähnte Decret vom 24. Juni 1561 haben, gehören zu einem Drucke aus dem J. 1561.

1) Index Avctorvm et Librorvm . . . (wie S. 259) contentis. Bologna per Antonio Giaccarello & Pelegrino Bonardo compagni alli 17. di Gennaro 1559.* 32 nicht numerirte Bl. 8. Am Schlüsse steht: Ego Fr. Eustachius Lucatellus Inq. Bon. feci potestatem typogi'apho imprimendi indicem supra scriptum, qui in omnibus et per omnia conforrais est ei qui mihi trans- missus est ex Roma et a Sanctissimo et universali Off. Romanae Inqui- sitionis. — Jo. episc. Bonon.

2) Index Auctorum . . . contentis. Venetiis Lilius et socii excude- runt die 21. Julii 1559. Gleich hinter dem Titel steht Excerptum ex Bulla quae lecta est in die Coenae Dni S. D. N. Pauli III. P. die 23. Martii 1558, dann Tenor prohibitionis u. s. w., wie in der Originalausgabe, am Schlüsse: Frater Felix Perettus ex Monte alto [später Sixtus V.], Regens et Inquisitor vidit, legit, contulit, et concordat cum Romano. Vgl. Schoett- gen, Comm. De Indicibus I, § 11.

Index Pauls IV. 261

Das Breve Pauls IV. vom 21. Dec. 1558*) ist gleichen In- halts mit der Bulle Julius' III. vom J. 1550 (S. 180), in der Fassung aber an einigen Stellen in charakteristischer Weise davon verschieden. Im Anfange heisst es : „Verschiedene Welt- und Ordensgeistliche, welche meinten, sie könnten die Luthe- raner und andere Ketzer unserer Zeit bekämpfen und ihre Irr- thümer widerlegen, und welche zu dem Ende dem apostolischen Stuhle die Erlaubniss, die Bücher der Ketzer zu lesen, abge- nöthigt hatten (concedi extorserant), haben sich der Leetüre dieser Bücher so ergeben, dass sie . . . sich in die Irrthümer der Ketzer verwickelt haben". Es werden alle Ermächtigungen

3) Die Ausgabe ist de mandato Officii Inquisitionis gedruckt, s. a., aber mit dem Wappen Pauls IV., also 1559. Zacc. p. 147.

4) Die Ausgabe erschien Reverendissimi Domini Vicelegati mandato. Schoettgen 1. c.

5} Postremvs Catalogvs Haereticorum Komae conflatus, 1559. Con- tiuens alios quatuor Catalogos, qui post decenniura in Italia, nee non eos omnes, qui in Gallia & Flandria post renatum Euangelium fuerunt sediti. Cum Annotationibus Vergerij. M.D.LX.* Auf der letzten Seite: Corvinvs excvdebat Pfortzheimij, 1560. 75 Bl. 12. Dem Abdruck des Index liegt die kleinere Römische Ausgabe zu Grunde. Sixt, Vergerio S. 600 erwähnt eine zweite Ausgabe des Schriftchens, Königsberg 1560. Es ist auch abgedruckt in dem Primus Tomus Operum Vergerii adversus Papatum, Tüb. 1563,* fol. 245—308. Ausserdem veröffentlichte Vergerio ein polemisches Schriftchen gegen den Index unter dem Titel Agl' Inqvisitori che sono per l'Italia. Del Catalogo di libri eretici, stampato in Roma neir Anno presente. M.D.LIX.* (Ulm) 54 ßl. 8. (Die Vorrede AI Serenissimo Re di Boemia ist datirt Tübingen 1. Sept. 1559). Vgl. Mendham p. 39. Nach Mendham p. 50 hat auch Thomas Naogeorgus (Kirchmayr) im J. 1559 s. 1., aber ohne Zweifel zu Basel, den Index abdrucken lassen mit einem satirischen Gedichte In Catalogum haereticorum nuper Romae edi- tum. Dieses Gedicht steht (mit dem Datum 20. Juni 1559) auch in Reg- num Papisticum Thoma Naogcorgo auctore. 1559 Mense Septembri* (am Ende: Basileae ex off. Jo. Oporini), p. 279—300. In demselben Bändchen stehen: In Joannem della Casa archiep. Benevent, sodomiae patronum Sa- tyra (p. 175—179), Expostulatio musarum de libris a Papa prohibitis (p. 301 308) und andere derartige Sachen. Einige dieser Satiren stehen auch in De dissidiis componendis Th. Naogeorgi Straubingensis, Basel 1559.*

1) Es steht (abgekürzt) bei Raynald. a. 1558, 21, vollständig bei Schelhorn, Samml. f. d. Gesch. I, 143.

262 Index Pauls IV.

zurückgenommen, auch diejenigen, welche „Bischöfen, Erzbi- schöfen und Cardinälen, Markgrafen, Herzogen, Königen und Kaisern, ... sei es auch in Breven oder Bullen gegeben worden, in welcher Form und aus welchem Grunde und wenn es auch kraft der Fülle der apostolischen Gewalt geschehen sein mag". Ausgenommen sind nur die General-Inquisitoren und „die Car- dinäle, denen von Uns ein specieller Auftrag ertheilt worden". Die Bücher sind in einer von den einzelnen Inquisitoren durch ein öffentliches Edict festzusetzenden Frist abzuliefern. Wer weiss, dass jemand verbotene Bücher besitzt, hat ihn anzuzeigen. Das Breve soll in Rom in der üblichen Weise, von allen Bi- schöfen in ihren Diöcesen publicirt werden.

An der Spitze des Index steht ein Decret der Inquisition (Tenor prohibitionis ex decreto S. Rom. et Univ. Inquisitionis), welches nicht datirt, aber nach dem Vermerk am Schlüsse am 30. Dec. 1558*) an den Thüren von St. Peter und des Inqui- sitionspalastes und in acie campi Florae angeheftet worden ist. Es lautet:

Allen Ghristgläubigen, welchen Standes und Ranges sie auch sein und wo immer sie auch wohnen mögen, gebieten wir bei den in der Bulla Coenae Domini und in den Decreten des Lateran-Con- cils ausgesprochenen Censuren und Strafen, sowie bei Strafe des Verdachts der Ketzerei, der Entziehung aller Würden, Aemter und Beneficien, die sie innehaben, und der beständigen Unfähigkeit, diese und andere Aemter und Beneficien zu erlangen, und der ewigen Infamie und bei anderen nach unserm Ermessen zu verhängenden Strafen: dass niemand fortan es wage zu schreiben, herauszugeben, zu drucken oder drucken zu lassen, zu verkaufen, zu kaufen, leih- weise, geschenkweise oder unter irgend einem andern Verwände öffentlich oder heimlich zu geben, anzunehmen, bei sich zu behalten oder sonst irgendwie aufzubewahren oder aufbewahren zu lassen irgend eines der Bücher oder Schriften, die in diesem Index des h. Officiums verzeichnet sind, oder irgendwelche andere Schriften, von denen bekannt ist, dass sie von der Makel irgendwelcher Ketzerei befleckt oder von Ketzern ausgegangen sind. Wer zu gehorchen

1) Gedruckt ist: Die 30. Dec. M.D.LIX., aber es ist hier, wie in anderen Decreten der Inquisition aus dieser Zeit, a Nativitate datirt; s. Zacc. p. 146; denn am 2. Jan. 1559 wurde der Index bereits den Car- meUtern in Transpontina mitgetheilt und am 17. Jan. 1559 in Bologna publicirt.

Index Pauls IV. 263

unterlässt oder dergleichen Bücher oder Schriften, die er besitzt, nachdem er von diesem Decrete in irgendwelcher Weise Kunde er- halten, nicht so bald wie möglich den Ortsbischöfen oder den In- quisitoren oder ihren Vicarien oder den von dem Officium der h. Römischen und allgemeinen Inquisition Bevollmächtigten getreu- lich und thatsächlich (re ipsa) vorlegt oder nicht mit allem Eifer und Fleiss dafür sorgt, dass sie ihnen vorgelegt werden, der soll den vorbesagten Censuren der Excommunicatio latae sententiae und den anderen Strafen ipso facto verfallen.

Der Index selbst ist alphabetisch; aber bei den einzelnen Buchstaben werden drei Classen (hier Series genannt) unter- schieden, eine Anordnung, die sich hier zuerst findet, aber bei den folgenden Römischen Indices beibehalten wird. In der ersten Classe stehen, so heisst es in den Vorbemerkungen, „die Vornamen oder Zunamen derjenigen, von welchen erkannt worden ist, dass sie mehr als die übrigen und gewisserniassen ex professo geirrt haben, und darum werden ihre sämmtlichen Schriften, worüber sie auch handeln mögen, durchaus verboten ^y\ noch schärfer in der auf die Vorbemerkungen folgenden Ueberschrift: „Schriftsteller, von denen alle und jegliche Bücher und Schriften, die unter ihrem oder ihrer Anhänger Vornamen oder Zunamen geschrieben oder herausgegeben worden sind oder in Zukunft werden geschrieben oder herausgegeben werden, auch wenn sie gar nichts gegen die Religion oder über die Re- ligion sagen, allgemein verboten werden'*. In der zweiten Classe stehen die Namen „gewisser Schriftsteller, von denen einige Bücher darum verworfen werden -), weil die Erfahrung hinläng- lich gelehrt hat, dass dieselben entweder zur Ketzerei oder zu irgend einer Art von zauberischer Gottlosigkeit, ad aliquod praestigiosae impietatis^) genus ; es sind Bücher über Astro- logie, Wahrsagerei u. dgl. gemeint, oder überhaupt zu nicht

1) Etwas anders hiess es in der Ausgabe von 1557: welche als ex professo irrend und irreführend mit allen ihren Schriften, welchen Inhalts sie auch sein mögen, als besonders schädlich angesehen werden (pro dam- nosissimis habentur).

2) In der Ausgabe von 1557 hiess es besser: Bücher von bekannten Verfassern, welche darum verworfen worden sind u. s. w.

3) In der Ausgabe von 1557 war bier noch beigefügt: aut obscoenae alicujus turpitudinis.

264 Index Pauls IV.

ZU duldenden Irrthtiniern mitunter verlocken". In der dritten Classe stehen „Titel von Büchern, welche, meist von ungenannten Ketzern verfasst, sehr verderbliche Lehren enthalten". Die Formel donec corrigatur kommt bei P. nicht vor, eine damit gleichwerthige Bestimmung nur bei Boccaccio (s. u.).

In der 1. Cl. stehen nur einfache Namen. Nur bei drei Namen wird eine Ausnahme gemacht: offenbar mit Absicht wird bei Erasmus die Bestimmung der Ueberschrift, noch etwas er- weitert, wiederholt (s. u. § 32), und gegen Ende des Alphabets wird bei Xistus Bethulius [Betulejus] Augustanus und Zellius Keyserspergen. beigefügt: cum omnibus operibus, offenbar durch ein blosses Versehen, zumal vorher bei Matthaeus Zellius Keiserspergen. nichts beigefügt ist. Luther, Melanchthon, Calvin und viele andere stehen unter beiden Namen in der 1. Cl., Ambrosius Blaurerus auch als Blaurerus Ambrosius u. s. w. Paulus Eberus auch als Heberus, Jo. Agricola Islebius auch als Islebius u. dgl. Einige stehen nur unter ihren Zunamen, wie Fursterus (Jo. Forster), Knipstro Pomeranus, Rabelesius, Scaplerus u. a. Viele Namen sind verschrieben oder verdruckt, wie in allen Römischen Indices. Auch viele angenommene Namen stehen bei P. und in den folgenden Indices in der 1. CL, nur hie und da mit Beifügung des eigentlichen Namens : Aby- denus Corallus, alias Huldrychus Huttenus, Eutichius Mion, qui et Musculus u. s. w.

Eine Reihe von allgemeinen Verboten steht in der 3. CL,

unter Libri. Hier wird zunächst die in der Vorbemerkung und

in der Ueberschrift zu der 1. Cl. enthaltene Bestimmung noch

verschärft :

(Verboten sind) alle Bücher und Tractate, unter welchem Titel, über welchen Gegenstand und in welcher Sprache sie auch geschrieben sein mögen, ferner die Auslegungen, Uebersetzungen, Commentare, Greschichten, Briefe, Gedichte, Dialoge, Apologe und überhaupt alle Sachen, die von Ketzern verfasst sind oder in Zukunft werden verfasst oder unter dem Namen oder der Benennung oder dem Patrocinium von Ketzern werden gedruckt werden (vel sub haereticorum nomine vel nuncupatione sive patrocinio imprimentur, also auch die Ketzern gewidmeten Schriften), auch wenn sie gar nichts über den Glauben oder die Religion enthalten.

Ferner werden hier im Anschluss an die Trienter Ver- ordnung (S. 195) verboten: alle Schriften, welchen Inhalts

Index Pauls IV. 265

sie auch sein und in welcher Sprache sie auch geschrieben sein mögen, auch wenn darin nirgendwo über den Glauben und die Religion gehandelt wird, die seit 40 Jahren ohne Angabe des Verfassers oder Druckers oder der Zeit und des Ortes des Druckes gedruckt sind, und alle Schriften, welche fortan mit oder ohne Angabe des Verfassers, Druckers . . . ohne eine schriftliche Erlaubniss und Gutheissung des Bischofs und In- quisitors des Druckortes oder anderer von dem apostolischen Stuhle oder von den Inquisitoren dazu speciell bevollmächtigter Personen und ohne einen Abdruck dieser Erlaubniss und Gut- heissung in dem Buche selbst erscheinen werden. (In Trient war nur für Bücher de rebus sacris die Gutheissung des Bischofs gefordert). Das in dem Ven. enthaltene Verbot der Bücher über Geomantie, Nekromantie u. dgl. wird hier ausgedehnt auf „alle Bücher und Schriften über Chiromantie, Physionomie, Aeromantie, Geomantie, Hydroman tie, Onomantie [Oneiromantie], Pyromantie oder Nekromantie" und auf Bücher , „welche Zaubereien, Wahrsagereien, magische Künste oder astrologische Weissa- gungen über künftige zufällige Ereignisse enthalten (astrologiae judiciariae divinationes circa futuros contingentes eventus aut eventuum successus sive fortuitos casus), mit Ausnahme der natürlichen Beobachtungen, w^elche zur Förderung der Schiflf- fahrt, des Ackerbaus oder der Heilkunst aufgeschrieben sind".

Endlich werden verboten „alle Bücher, welche durch die Decrete irgendwelcher Päpste oder Concilien verdammt sind",

ein Verbot, welches wohl den Anhang des Ven. ersetzen soll.

Unter P. werden nach Aufzählung mehrerer einzelner Pas- quille verboten „alle Pasquille und alle Schriften, in welchen Gott oder den Heiligen oder den Sacramenten oder der katho- lischen Kirche und ihrem Cultus oder dem apostolischen Stuhle irgendwie zu nahe getreten wird (detrahatur)." In dem Tri- enter Index ist beigefügt: „Alle Pasquille, welche aus Worten der h. Schrift zusammengesetzt sind". Clemens VIII. dehnte das erste Verbot auch auf die handschriftlichen Pasquille der angegebenen Art aus. Beide Verbote stehen seit Ben. in den Decreta generalia II, 13.

Hinter dem eigentlichen Index wird unter der Ueberschrift Biblia prohibita eine Reihe von lateinischen Ausgaben der Bibel

266 Index Pauls IV.

und des N. T. verzeichnet. Am Schlüsse des Verzeichnisses steht: „nebst allen ähnlichen Bibeln (Neuen Testamenten), wo sie auch gedruckt sein mögen", und: „Alle Bibeln (Neuen Testa- mente) in der Volkssprache ( vulgär i idiomate), in deutscher, französischer, italienischer, englischer oder flandrischer Sprache u. s. w. dürfen nicht gedruckt, gelesen oder behalten werden ohne (schriftliche) Erlaubniss des h. Officiums der Römischen und allgemeinen Inquisition".

Dem Verzeichniss der Bibeln liegt das des Lov. 50 zu Grunde (die einzige griechische Bibel ist auch hier die Strassburger von 1526); es ist aber alphabetisch (nach den Druckorten) geordnet und um einige Nummern vermehrt. Zu den 3 Ausgaben des Robert Stephanus sind noch 3 hinzugekommen, ferner u. a. Biblia Öeb. Castalionis (aus Ven. u. Lov. 58), Biblia Venetiis Isidori Clarii und Biblia cum recognitione M. Lutheri. Den Schluss bildet, wie im Lov., Bibliorum Index Col. 1529. Die Zahl der Neuen Testamente ist von 3 auf 12 vermehrt; hinzugekommen sind u. a. 4 Lyoner und 2 Venetianische Ausgaben und N. T. cum duplici interpretatione D. Erasmi et veteris interpretis, harmonia item evangelica et in- dice u. s. w.

Die Bibel des Isidorus Clarius, er hiess eigentlich Taddeo Cucchi, als Benedictiner Isidor, gebürtig aus Chiari bei Brescia, war Bischof von Foligno, f 1555, war zuerst zu Venedig 1542, dann 1557 erschienen: die Uebersetzung war im wesentlichen die Vulgata, aber vielfach verändert, nicht immer verbessert ; es waren kurze Noten beigegeben, die zum Theil aus Seb. Münster stammen*). In der 3. Regel des Trienter Index wird die Bibel, wenn der Prolog und die Prolegomena daraus entfernt würden, frei gegeben, aber bemerkt, man dürfe ihren Text nicht als den der Vulgata ansehen. Darauf wurde 1564 die Ausgabe von 1557 mit Weglassung der drei ersten Blätter und mit einem neuen Titelblatt ausgegeben, auf welchem es heisst: V. et N. T., quorum alterum ad hebraicam, al- terum ad graecam veritatem emendatum est diligentissime ^).

Endlich ist noch beigefügt ein Verzeichniss von 61 „Druckern, aus deren Officinen die Werke verschiedener Ketzer hervorge- gangen sind", mit der Bemerkung am Schlüsse: „Alle Bücher, Tractate und Werke, von welchem Verfasser, welchen Inhalts und welcher Sprache sie auch sein mögen, die mit den Typen oder durch die Thätigkeit (typis, arte vel industria) der vor- besagten und ähnlicher ketzerische Bücher druckenden Buch-

1) R. Simon, Hist. crit. du V. T. p. 443. Comm. du N. T. p. 572.

2) Tirab. VII, 340.

Bibeln. Buchdrucker. 267

drucker in Zukunft werden gedruckt werden, sind als verboten anzusehen*'. Dieses Verbot ist auch im Index selbst unter Libri ausgesprochen; nur heisst es dort: „alle Bücher die von ketze- rischen oder ketzerische Bücher druckenden Buchdruckern'' u. s. w., und es geht die Bestimmung vorher:

„Alle Bücher und Tractate, welche von den Druckern irgend- welcher ketzerischer Bücher bisher gedruckt worden sind, sollen als verdächtig angesehen und nicht verkauft oder gekauft oder ge- lesen werden, wenn nicht zuvor von den Ortsbischöfen in Gemein- schaft mit den Inquisitoren oder den Commissaren der h. Inquisition erklärt worden ist, dass dieselben weder Ketzereien oder Irrthümer enthalten noch von Ketzern verfasst oder herausgegeben sind noch von irgend einem Ketzer verfluchenswerthen Andenkens den Namen oder irgendwelche Spur enthalten" (nomen vel ullum penitus vesti- gium servare, die Namen u. s. w. durften also ausgestrichen werden).

Die geächteten Buchdrucker sind (nach den Vornamen) alpha- betisch verzeichnet; ich stelle sie der Kürze und Uebersichtlichkeit wegen nach den Orten zusammen. Die mit * bezeichneten stehen auch (noch jetzt) in der 1. Gl.

Augsburg: Sigism. Grym. Basel: Adamus und Henr. Petri, *Andr. Cratander, Balth. Lasius, *Barth. Westhemerus, Hervagius, Hieron. Curio, Jo. Bebel, *Jo. Oporinus, Mich. Isyngrinus, Mich. Martinus Stella, *Nic. Brylinger, Eob. Winter, *Thom. Platter, *Thom. Wolfius. Frankfurt: *Petrus Brubachius ^). Genf: Ant. Dauodeus, Franc. Jacchius, Jac. Burgesius, ^Jo. Gerardus, Laur. Merlinus. Hagenau: *Jo. Secerius. Leipzig: Mich. Blum, Nie. Wolrab. Marburg: Christ. Egenolphus '^), Eucharius Cervicornus. Nürnberg : Fredericus Peypus, Georgius Wächter, Jo. Montanus, Jo. Petraeius, Ulricus Neuber. Poschlav : Rodulphus Landulphus. Schwäbisch-Hall: Petrus Frentz. Strassburg: *Crato Mylius, Georgius Machaeropeus, Georgius Ulricher, Jac. Cammerlender, * Jo. Hervagius, *Jo. Knoblouchus, *Jo. und Windelinus Eihelius, Mat- thias Apiarius, Wolfius Cephalaeus. Tübingen: Ulricus Morhar- dus. Venedig: Franc. Brucciolus. Wittenberg: Georgius Raw, Jo. Crato, Jo; LufFt, *Jos. Klug, Petrus Seitz. Zürich: Andr. Gesnerus, *Christoph. Froscoverus, Rodulphus Wyssenbachius ; ohne Angabe des Ortes: Adamus und Jo. Riueriz, *Jo. Aloysius Paschalis, Jo. Bapt. Pinerolius, Petrus SchefiFer, Phil. Ulhardus, *Rob. Stephanus.

Der General der Augustiner Christoph von Padua sagte zu Trient: er habe an dem Index Pauls IV. mit gearbeitet; es

1) Francofurt. Hagenoen. sive Haien impressor.

2) Marpurg. et Francfurten.

268 Index Pauls IV.

seien damals „alle Bücher der Häretiker aus der Vaticanischen Bibliothek" herbeigeschafft und unter Angehörige verschiedener Orden vertheilt und „alle sorgfältig geprüft", auch alle Indices anderer Provinzen eingesehen und der Index Pauls IV. mit grossem Fleisse zusammengestellt worden '). Dass man „alle Indices anderer Provinzen eingesehen", ist zu wenig, und dass man „alle Bücher der Häretiker aus der Vaticanischen Bibliothek** herbeigeschafft und sorgfältig geprüft, ist zu viel gesagt. Die Grundlage des Index bildet Ven.; ausserdem ist der Inhalt des Lov. 58 fast vollständig, aus Casa und Par. 51 noch einiges, was nicht schon in den Ven. übergegangen, aufgenommen. Wenn Vergerio sagt, der Index Pauls IV. enthalte die vier italienischen und alle französischen und belgischen (S. 261 Anm. 5), so ist das auch eine Uebertreibung; denn manches ist aus den älteren Indices nicht aufgenommen. Ausser den älteren Indices wurde für die 1. Classe die mittlerweile (1555) erschienene Appendix zu Gesner's Bibliothek von Josias Simler excerpirt, auch einiges in der 2. Gl. stammt daraus, und die Bibliothek selbst und die Briefsammlung von Oecolampadius und Zwingli nochmals ausgebeutet. Ziemlich vieles in der 1. und 3. Gl. ist aus Goch- iaeus' Historia De actis et scriptis M. Lutheri geschöpft. Selb- ständig haben die Gompilatoren des Index am meisten für die 2. Gl. gesammelt und die italienische Literatur verzeichnet. Von manchen Nummern muss es dahin gestellt bleiben, ob sie selb- ständig gesammelt oder aus mir nicht bekannten Werken ähn- lich wie Gesner und Gochlaeus entnommen sind.

Manche im Ven. stehende Namen von Männern, die nichts oder nur Unbedeutendes geschrieben, sind von P. nicht aufge- nommen; dafür sind aber aus Zwingli und Gochlaeus andere in die 1. Gl. gekommen, die nicht bedeutender waren. Auch aus dem Drucker- Verzeichnisse sind nicht nur solche, die wie Robert Stephanus, Joh. Oporinus u. a. zugleich Schriftsteller waren, sondern auch solche in die 1. Gl. gesetzt worden, die bloss Drucker und Verleger waren oder doch an ihren Verlags werken nur einen ganz untergeordneten Antheil hatten. Ferner sind

1) Acta Conc. Trid. a Gabr. Card. Paleotto descripta, ed. Jos. Mend- ham, 1842, p. 44.

«

Quellen des Index Pauls IV. 269

aus Gesner viele Schriftsteller in die 1. Cl. gesetzt worden, von denen dort nur ganz unbedeutende literarische Leistungen ver- zeichnet sind, und, was schlimmer ist, nicht wenige, die vieles und Bedeutendes, aber nichts oder so gut w^ie nichts Theologi- sches geschrieben, wie auch solche Schriftsteller in die 1. Cl. gekommen sind, von denen im Lov. nur das eine oder andere nicht theologische Buch verboten war, so dass nun z. ß. die sämmtlichen Werke von Männern verboten wurden, wie von dem Polyhistor Conrad Gesner, dem Philologen Joachim Came- rarius, den Juristen Hieronymus Schurff, Joh. Oldendorp und Melchior Kling u. a. Endlich finden wir aus Gesner (und den älteren Indices) eine Anzahl von Namen in die 1. Cl. ver- setzt, welche ebensowenig oder noch weniger wie Erasmus mit Luther und Calvin, Schwenkfeld und Thomas Mtinzer auf eine Linie gestellt werden können, wie Wilibald Pirckheimer, Georg Cassander, Ulrich Zasius, Gerhard Lorichius u. a., auch einige, die von den Gelehrten, welche den Gesner excerpirten, aus purer Unwissenheit als Protestanten angesehen wurden, wie Joh. Haner, Joh. Huttich, Henr. Loriti Glareanus. Im Tr. ist diesen Fehlern nur unvollkommen abgeholfen worden, einmal dadurch, dass einige Namen, die überhaupt nicht in den Index oder doch nicht in die 1. Classc gehörten, gestrichen oder in die 2. Cl. versetzt wurden, dann durch die Bestimmung, dass nur von den Häresiarchen sämmtliche Schriften, von den an- deren Häretikern nur die ex professo über Religion handelnden Schriften unbedingt verboten sein sollten, andere Schriften der- selben nach vorheriger Prüfung durch die Bischöfe und Inqui- sitoren freigegeben werden könnten.

Die Compilatoren des Index sind augenscheinlich auf möglichste Vollständigkeit bedacht gewesen. Gleichwohl haben sie sich einige kaum zu entschuldigende Versehen zu Schulden kommen lassen. In der 1. Cl. fehlt z. B. Theodorus Beza, ob- schon er im Ven., in der 3. die Epistolae obscurorum virorum, obschon sie im Lov. 58 standen ; beide sind erst 1590 durch S. in den Rom. Index gekommen.

In einer derben Satire auf den Löwener Theologen Ruard Tapper, welche Heinrich Castritius Geldorp unter dem Namen Gra-

270 Index Pauls IV.

tianusVerus herausgab*), werden Tapper die Worte in den Mund gelegt: „Da wir am Hofe Philipps II. nichts ausrichteten, haben wir vor anderthalb Jahren beschlossen, durch eine feierliche Gre- sandtschaft den Papst zu bitten, er möge Philipp zwingen, auf unser Verlangen einzugehen: nihil omissum est; inter pessimos primus factus est Erasmus" (p. 38). Von einer solchen Gresandtschaft ist sonst nichts bekannt ; die Löwener werden aber ihren Index von 1558 nach Rom geschickt und gebeten haben, man möge dort Eras- mus auf den Index setzen (Franc. Sonnius war 1558 in Rom, um über die Errichtung der neuen Bisthümer zu unterhandeln). Weiter- hin antwortet Tapper auf die Frage, wie man Zeit gefunden, alle Bücher, die man verboten, zu lesen : das sei nicht nöthig gewesen : omnia congessit in bibliothecam suam Conradus Gesnerus; transscrip- tione saltem opus fuit u. s. w. Das Abschreiben Gesners kann nicht von dem Lov. 58. wohl aber von P. behauptet werden.

I. Die Benutzung der älteren Indices ist bereits bei der Be- sprechung derselben nachgewiesen worden ; es ist also noch die Be- nutzung der anderen Quellen, zunächst für die 1. CL, nachzu- weisen.

1. Aus Gresner (Gr. und GA.) sind gegen 100 Namen in die 1. Cl. gekommen. Dass darunter viele sind, vor. deren sämmtlichen Werken zu warnen, schon 1559 nicht sehr nöthig war und vollends jetzt (sie stehen fast alle noch heute im Index) keinen Sinn mehr hat, ist von vornherein selbstverständlich. Wir finden z. B. in der 1. Cl. Männer, von denen bei G. nur je eine oder zwei Reden an- geführt werden, die in Melanchthons Declamationes abgedruckt seien, und die speciell zu verbieten, da diese Sammlung ja ohnehin ver- boten war, mindestens überflüssig war: Ambrosius Interbocensis (so noch jetzt, bei G. steht natürlich Juterbocensis ; eine seiner beiden Reden handelt de ingratitudine cuculi), Erasmus Ebner (Encomium formicarum), Jac. Milichius, Jo. Stolsius. Auch der Philologe Vitus Winsemius ist wahrscheinlich darum in die 1. Cl. gekommen, weil eine Declamatio von ihm in Melanchthons Sammlung steht und weil er eine Bearbeitung von Melanchthons Syntax mit einer Vor- rede von diesem herausgegeben. Seb. Lepusculus (Häslin, Lehrer in Basel) hat Anmerkungen des Simon Grynaeus zu einem Buche des Aristoteles herausgegeben, Gaspar Heidelinus ein Encomium cico-

1) Clariss. Theologi D. Ruardi Tappart Enchusani, haereticae praui- tatis Primarii & generalis inquisitoris, Cancellarij celeberrimae Academiae Louaniensis, pridem inconsolabili suorum luctu uita functi, Apotheosis: Gratiano Vero Theologiae Baccalaureo autore. S. 1. et a.* 85 S. 4. Die auf der Rückseite des Titelbatts stehende Jahreszahl 1558 kann nicht richtig sein, da die Satire erst nach dem Tode Tappers (2. März 1559) und dem Erscheinen des Index Pauls IV. geschrieben ist. lieber Geldorp 8. A. D. B. 8, 533. Gratianus Verus kam durch Antw. App. in die 1. Cl.

Erste Classe. 271

niae verfasst und Schriften von Plutarch und Lucian übersetzt, An- dreas Diether philologische Sachen und einige biblische Comödien geschrieben, Jo. Entomius die Comödie Zorobabel des Xystus Betu- lejus übersetzt (GP. f. 15r>). Petrus Cholinus hat ein lateinisch- deutsches Wörterbuch und eine französische Grammatik, aber auch eine lateinische Bibelübersetzung herausgegeben, aber Petrus Dasy- podius (bis Ben. stand er im Index als Panlus D. ) nur ein griechisch- lateinisches und ein lateinisch-deutsches Wörterbuch und sein Sohn Conradus D. , der Erfinder der Uhr im Strassburger Münster, nur mathematische Schriften^), wie auch der Rostocker Henr. Welphius Lingensis. Von Henricus ab Eppendorf kennt G. nur die Querela ad Erasmum^).

Albertus Draco, um zu theologischen Schriftstellern zu kommen, hat ein deutsches Buch mit Aussprüchen von heiligen und profanen Autoren über die Ehe herausgegeben (Marb. 1546), Benedictus Scurmegistus die Vorrede zu Wolfg. Wissenburgs libel- lus de authoritate synodorum geschrieben, Jo. Huser äen Index zu der Baseler Ausgabe des Chrysostomus von 1530 gemacht •'^). Jo. Blasius hat mit Jo. Comander einen Catechismus herausgegeben, auch eine deutsche Schrift gegen den Bischof von Chur^), die aber G. und darum auch wohl P. nicht kannte. Phil. Gallicius, wenn auch nicht als Schriftsteller, doch als Reformator in Graubünden bedeutender als Blasius, Comander und (der aus Zwingli's Briefen hinzu gekommene) Nie. Baling^), steht nicht im Index, weil nicht bei G. Nicolaus Quodus ist nach G. der Verfasser einer 1 Bogen starken an Hermann von Nuenar angeblich aus Rom gerichteten Epistola miranda nuncians de quodam novo opere brevi Romae emersuro, cui titulus: De memorabilibus Praedicatorum et Carmeli- tarum, ubi illorum flagitia graphice depinguntur (Quodus ist von Ben. gestrichen).

Aus G. kam durch P. Huldrichus Mutius (Hugwaldus), dessen Historia de Germanorum origine schon unter den anonymen Schrif- ten stand, in die 1. CL, gleichzeitig aber Hugonis Waldi (Tr. Hu- galdi) Epistolae in die 2. Cl., womit ohne Zweifel gemeint sind die bei G. und GP. f. 154 kurz erwähnten Tres eruditae Udalrici Hug- waldi epistolae, quarum ultimam legant, qui hodie evangelistas per- sequuntur ... S. 1. 1521. 6 Bl. 4^'). In die 1. Cl. kam dann noch durch S. (aus Q.) Hugo Hugaldus. Alles dieses stand bis Ben. fried- lich neben einander, und auch dieser hat nur wenig gebessert: Mu- tius (Huldricus) Hugwaldus 1. cl., Hugvaldus Udalricus, qui et Huldr. Mutius, Epistolae, Hist. de Germ, origine.

1) A. D. B. 4, 763. 2) A. D. B. 6, 358.

3) Also nicht der als Herausgeber der Werke des Theophrastus Paracelsus (1616) bekannte Jo. Huser steht in der 1. Cl.

4) Porta, Hist. Ref. I, l, 257.

5) Zts. f. hist. Th. 1868, 313. 6) Wolf Lect. II, 628.

272 Index Pauls IV.

Albertus Brandenburgensis und Otto Henricus in der 1. Cl. veranlassen Yergerio zu der spöttischen Frage, warum denn nicht auch der Landgraf Philipp von Messen, der Kurfürst Joh. Friedrich von Sachsen und andere fürstliche Gegner des Papstes aufgenommen seien (Postr. Cat. f. 24. 25). Wenn Verg. weiter fragt, welcher Albrecht von Brandenburg gemeint sei, so steht bei GA. die Ant- wort: Albertus marchio Brandenb., dux Prussiae scripsit librum de causa Andr. Osiandri. Otto Henricus, Kurfürst Ottheinrich von der Pfalz, der nicht bei G. steht, ist vielleicht wegen seiner Kirchen- ordnung von 1556 in die 1. Gl. gekommen. Philipp von Hessen steht nicht in der 1., aber in der 2. Cl. : Philippi Catti 1. adv. Hen- ricum Brunsvicensem (seit Ben. Responsio adv. Ducis Henr. Brunsv. sycophanticum scriptum, 1541). Apologia contra Henricum Ducem in der 3. Cl. wird dieselbe oder eine andere der groben Streit- schriften sein, die 1538 ff. von Philipp gegen Heinrich (und von diesem gegen jenen) veröffentlicht wurden. Auch ein anderer hochstehender Auetor 1. GL, Nie. Eadivil, Palatinus Wilnensis, stammt nicht aus G. ; von ihm weiss Verg., dass er eine Entgeg- nung auf ein Schreiben des päpstlichen Nuncius Aloys Lipomanni geschrieben; Verg. hatte beide Schriftstücke drucken lassen*), viel- leicht das von Radziwil unterzeichnete auch verfasst. Ein an- derer fürstlicher Schriftsteller, der seit P. in der 1. Cl. steht, ist Henricus VIII. Anglus; erst S. Cl. fügten die Notiz bei: Assertio Septem sacramentorum adv. M. Lutherum permittitur. Leo X. hatte ja auch für dieses Buch 1521 dem Verfasser den Titel Defensor fidei und den Lesern desselben einen Ablass verliehen 2).

Jo. Huttichius steht bei G. als Verfasser eines Compendium de Rom. Imperatoribus una cum imaginibus ad imitationem veterum numismatum, Strassb. 1526. Er war ein Anhänger Reuchlins und wird als solcher in den Epp. obsc. vir. mehrfach genannt; an den religiösen Bewegungen scheint er sich nicht betheiligt zu haben; er starb als Canonicus in Strassburg 1544^). Noch weniger als er gehört in die 1. Cl. Jo. Haner, der zwar 1526 und 1527 mit Oeco- lampadius und Zwingli correspondirt, sich aber schon 1534 der alten Kirche wieder zugewendet hatte, der er bis zum Tode treu blieb. Das einzige Buch, welches G. von ihm anführt, Prophetia vetus et nova, ist eine „Entwicklung der katholischen Lehre von der Recht- fertigung und der damit zusammenhangenden Lehrpunkte auf bibli- scher Grundlage, wie Döllinger sagt, eine der besten derartigen

1) Duae epistolae altera AI. Lipomanni Veneti . . . Legati ad 111. Princ. D. Nie. Radiwilum, . . . altera vero ejusdem ill. D. Radiwili ad Episc. et Legatum illum. Königsb. 1556.

2) Wilkins III, 693. 702. Kuczynski 995 verzeichnet eine Ausgabe mit einem Anhange: Librum hunc . . . legentibus decem annorum et toti- dem XL [quadragenarum] indulgentia apostolica authoritate concessa est.

3) A. D. B. 13, 479. Böcking YII, 398.

Erste Classe. 273

Schriften jener Zeit" '). Jo. Host steht bei GrA. als Verfasser einer Schrift De idoneo verbi Dei ministro, 1532, „und anderer" (nicht angeführter) Schriften. Die Gelehrten Pauls IV. haben ihn, wie es scheint, darum für einen Verbi Dei Minister gehalten und in die l.Cl. gesetzt. Er war aber ein Dominicaner in Köln, geb. auf dem Hofe Romberch bei Kierspe in Westfalen, darum gewöhnlich Jo. Komberch Kyrspensis genannt, der in dem Reuchlin'schen Han- del auf Seiten Hochstratens stand, 1529 Beisitzer des Inquisitions- gerichts, welches Adolf Ciarenbach und Peter Fliesteden verur- theilte, und überhaupt ein eifriger Gegner der Reformation war 2), Er steht noch heute in der 1. Cl.

Ob Paulus Ritius Israelita aus G. in die 1. Cl. herüberge- nommen, ist zweifelhaft. Nach seiner Bekehrung zum Christenthum docirte er in Pavia, wo er 1507 10 einige Schriften gegen die Juden herausgab , welche Sixtus Sen. praeclara volumina nennt (PoRsevin kennt nur diese und weiss nichts davon, dass er im In- dex steht). 1514 wurde er Leibarzt Maximilians I. Er schrieb mehrere kabbalistische Bücher. Seine Ansicht de coelorum anima- tione verwickelte ihn in einen Streit mit Job. Eck^). Noch mehr Anstoss erregte seine Statera prudentum. Reg. 1532, 64 Bl. 8., die während des Regensburger Reichstags von 1532 dem Card. Cam- peggio und dem Nuncius Aleander denuncirt wurde. Cochlaeus berichtet, Ritius, den Namen nennt er nicht, er bezeichnet ihn als quidam homo eruditus, wolle in dieser Schrift „die Luthe- raner mit den Katholiken in der Lehre einigen, aber vieles schon lange beobachtete Katholische beseitigen" und die Schrift sei auf sein und dreier spanischen Theologen Gutachten hin von den beiden Vertretern des Papstes als judaisirend verdammt worden'*). Aus- führlich berichtet über die Sache Aleander im März 1532: Ritius habe schon seit Jahren verschiedene Schriften veröffentlicht, die zwar die gute Absicht zeigten, den christlichen Glauben zu ver- theidigen, die aber judaisirende Sätze enthielten. Man habe diese Bücher, so lange noch nicht „die jetzige Verwirrung der Sachen des Glaubens" geherrscht, im guten Sinne gedeutet und nicht daran ge- dacht, sie zu censuriren. Seit zehn Jahren aber habe Ritius, wie der Erzbischof Faber von Wien sage, sich in Gesprächen über die Lutheraner nicht orthodox geäussert, was bei dem Ansehen, in wel- chem er bei dem Kaiser stehe, bedenklich sei. Jetzt habe er die Statera herausgegeben, Aleander legte seinem Briefe ein Exem- plar bei, worin er sage, die Kirche sei jetzt in zwei fast gleiche Theile zerrissen, zwischen denen er vermitteln wolle. Faber habe ein Buch dagegen geschrieben und dieses dem König Ferdinand

1) A. D. B. 10, 511. Döllinger, Beitr. III, S. XV. 105.

2) Quetif. II, 88. K. Kraflft in Zts. des berg. Gesch.-V. 9, (1873), 148. Bei Sot. steht er als Jo. Host a Romberch, Germ. Luth.

3) Wiedemann, J. Eck S. 335.

4) Hist. de actis Lutheri a. 1532 p. 218.

Keusch, Index. 18

274 Index Pauls IV.

überreicht und Ritius habe von diesem einen Verweis erhalten und jetzt die Sache seinem (Aleanders) Urtheil anheim gestellt. Am 11. Mai konnte Aleander einen „authentischen Widerruf" nach Eom schicken *). Wenn man Ritius' Buch in Rom auf den Index gesetzt hätte, so wäre das also in der Ordnung gewesen ; aber in die 1. Cl. gehörte er doch nicht, und Vergerio hatte niclit ganz unrecht, wenn er sagt : Paulus Ritius, quem vos magna cum filiorum injuria Tsrae- litam sive Judaeum appellastis (er nennt sich auf dem Titel seiner älteren Schriften selbst P. R. Israelita), quid quid fuerit, ex nostris^ certe minime fuit. Habete eum vobis cum sua Statera prudentum. Die Statera kam übrigens zum Ueberfluss durch S. (aus V. Q.) in die 3. Cl. und ist erst von Ben. unter Ritius gesetzt.

Aus Gr. hat P. auch einige Engländer aufgenommen, die uns schon in § 10 begegnet sind, und einige andere; die meisten englischen Schriftsteller sind erst aus Fris. durch S. Cl. in die 1. Cl. gekommen. John Rogers heisst bei P. .lo. Rochors, im Tr. Jo. Ro- gers, S. setzte dann Jo. Rochus daneben, und seit Cl. stand dann Jo. Rogors vel Rochus in der 1. Cl., bis Ben. dem Manne seinen richtigen Namen gab. Nicht aus Gr. stammen Nie. Ridlaeus (Ridlej'', Bischof von London, 1555 verbrannt) und Thomas Cranmer, den Paul IV. feierlich excommunicirt hatte. Auch eine Anzahl von Wycleffiten hat P. aus G. abgeschrieben (S. 36), ferner Robertus Anglui?, den Henr. Corn. Agrippa neben Roger Baco als Verfasser von Deliramenta de magia citirt.

In der 1. Cl. hat P. auch drei griechische Theo logen aus dem Mittelalter: Marcus [Eugenicus] Ephesius, Nie. Cabasila und Ni- lus Thessalonicensis. Die beiden letzteren stammen aus G., Nie. Ca- basila unmittelbar aus Ven.^j. Nur der erste ist in der 1. Cl. bis heute geblieben, obschon gerade er als Schriftsteller der unbedeu- tendste unter den dreien ist (1559 war wohl noch nichts von ihm gedruckt). Von Nie. Cabasilas, Erzbischof von Thessalonich im 14. Jahrb., einem heftigen Gegner der Lateiner, sagt G., Schriften von ihm, u. a. über den Ausgang des h. Geistes gegen Thomas von Aquin, seien handschriftlich vorhanden. Gedruckt war von ihm nur Compendiosa interpretatio in div. sacrificium (lat. von Gratian Her- vet, Ven. 1548). Er wurde von Tr. gestrichen. Das genannte, in die Bibliotheca Patrum aufgenommene Buch wurde von Bras. p. 190 nur mit Caute lege und anderen Antidota versehen und bemerkt, namentlich seien cap. 29 und 30 cautissime zu lesen. Auch Bellarmin (De scr. eccl.) sagt von diesen Capiteln: omnino expungenda essent vel cautissime legenda, sie handeln von der Controverse über die Consecration 3). Auch Nilus (Cabasilas), Erzbischof von Thessa-

1) Laemmer, Mon. Vat. p. 105. 111. 113.

2) Ueber beide s. R.-E. 7, 372. Fabricius Bibl. gr. 5, 27, 14. Busse § 1613. 1642.

3) Werner, Gesch. der apol. Lit. 3, 159.

Erste Clasfif». 275

lonich um 1340, der Oheim des vorgenannten, wurde von Tr. ge- strichen. Aber S. nahm aus Q. resp. Antw. App. in die 2. Cl. auf: NibluR (sie) Thess. contra Papam. ; Cl. corrigirte Nilus (seit AI. heisst er dann Niblus seu Nilus), fügte aber den von S. weggelassenen wunderlichen Zusatz bei: alias Illyrico suppositus. Bei Ben. ist dann endlich die Sache richtig gestellt: Nilus Thess., libellus de pri- matu Rom. Pont, a M. Flacio III. in lat. sermonem conversus cum praef. ejusdem (Frankf. 1555). Andere Ausgaben des Buches, wie die von Bonav. Yulcanius 1595 und Salmasius 1645, sind also nicht verboten.

Ein anderer Schriftsteller aus älterer Zeit, der aus Gr. in die 1. Cl. gekommen, ist Fe lix MaUeolus (Hemmerlin, f um 1460). Der gelehrte französische Theologe J. B. Thiers') meinte, er sei in die Classe der Ketzer oder der Ketzerei Verdächtigen versetzt wor- den, weil er in dem Tractate de exorcismis abergläubische Be- schwörungsformeln vertheidigt habe. Das würde P. kaum so hart gestraft haben ; er hat wohl überhaupt nur die von Gr. verzeichneten Titel seiner Schriften gekannt, und unter diesen zeigte nicht nur der erste, contra validos mendicantes, dass er, wenn auch dogma- tisch ganz orthodox, doch kein im Römischen Sinne correcter Schrift- steller gewesen 2). In der That „erschöpft er, möchte man sagen, das Lexikon, um den Betrug und die Räuberei zu schildern, deren der Römische Hof sich schuldig mache" ^).

Von den Pseudonym i, welche seit P. in der 1. Cl. stehen, stammen aus GA.: Eutychius Myon qui et (Wolfg.) Musculus (Li- ceatne homini christiano evangelicae doctrinae gnaro papisticis super- stitionibus ac falsis cultibus externa societate communicare, dialogi 4, 1549, gegen das Interim), Jo. Withlingius qui et Brentius (Explicatio Ps. 94 et 130, 1550, auf dem Bergschloss Hohenwitt- lingen bei Urach verfasst, wo sich Brenz 1548 verborgen hieU/*); über Iluldricus Enchaustius CEYKaiJ(yTlO(; = Brennt's) s. S. 235 Va- lerius Philarchus; GrA. verzeichnet unter diesem Namen, ohne den Verfasser, Vergerio, zu nennen: Dialogus super Tridentini Concilii progressu et successu, 1552, 143 S. 8.^). Henricus Scotus, den GA. als Verfasser einer Schrift über den Tod des Italieners Franc. Spiera nennt ^), ist der in Basel lebende Jurist Henr. Scrimger aus Schottland.

Folgende Pseudonym! finden sich nicht in früheren Indices und nicht bei G., und es scheint, dass man die betreffenden Schriftchen in Rom in Händen gehabt: Christophorus Thrasybulus: Pontificem

1) Traite des superstitions I, 403.

2) Maurenbrecher, Gesch. der kath. Ref. I, 60. A. D. B. 11, 72] Seine Schriften, s. 1. et a. (1497?) gedruckt, bei Freytag, Anal. 434.

3) Ranke, D. Gesch. im Zt. der Ref. (WW.) I, 167.

4) Hartmann, Jo. Brenz, S, 208.

5) Serapeum 1858, 76. 6) Serapeum 1858, 68.

276 Index Pauls IV.

Rom. cum suis coujuratis esse manifestum hostem cum Bei tum im- perii et ideo jure ei resistendum. Auth. Chr. Thr. (die Vorrede datirt Biturigis in Grallia 1556), Bas. 1556, 50 S. 12.*, von Basilius Monner. Heliodorus Alexicacus: Epigrammata in juris canonici incendium. S. 1. et a. [1520]. 4 Bl. 4. *). Lambertus de Nigro monte: Lectura super canone de consecr. dist. III de aqua benedicta spectabilis viri 1). Lamperti de Nigro monte, Witt. 1543, von Ver- gerio neu herausgegeben als Lectura . . . benedicta. Per Rev. Episc. . . . Gerardum Busdragum . . . Denuo impr. cum additioni- bus; am Ende: Impr. Romae mandato Card. Inq. . . . per Ant. Bla- dum. (Tüb.) 1554. 3V2 B. ^)- Lucius Pisaeus: Lutii Pisaei luve- nalis Monachopornomachia. Datum ex Achaia Olympiade nona. S. 1. et a. 3 B. 8. Wenn die Gelehrten der Inquisition diese Schrift in Händen gehabt, müssen sie nur den Titel angesehen oder die sehr derbe Satire nicht verstanden haben: sie ist nicht gegen wirkliche Mönche, sondern gegen Luther und seine Genossen gerichtet und von dem Humanisten Simon Lemnius (f 1550 als Lehrer am Gym- nasium zu Chur) verfasst, der sich damit in boshafter Weise dafür rächte, dass ihn die Wittenberger, namentlich Luther im Zorn über seine 1538 veröffentlichten dem Cardinal Albrecht gewidmeten Epi- gramme aus Wittenberg vertrieben hatten^). Unter seinem wahren I^amen steht Lemnius nicht im Index.

So viele Namen die Gelehrten Pauls IV. aber auch aus G. abgeschrieben, so haben sie doch, offenbar aus blosser Nachlässig- keit, manche nicht aufgenommen, die wenigstens bedeutender waren als viele, die sie aufnahmen. Manche von diesen sind später durch S. Cl. (aus Fris.) in den Index gekommen, wie Esaias Heiden- reich, Jo. Balaeus, Lud. Berquin, Lud. Lavater, andere nicht, wie Mart. Micronius, Val. Cratoaldus.

2. Aus dem schon im Ven. benutzten Briefwechsel von Oeco- lampadius und Zwingli sind durch P. noch folgende Namen in den Index gekommen, die mir wenigstens nur aus dem Briefwechsel be- kannt sind : Fridolinus Brombach, Jasparus Bigel , Jo. Grelus , Jo. Mantelius, Jo. Stuckius (Jo. Guil. Stuckius, der durch Cl. in den Ind. kam, ist ein anderer), Leonhardus [Lienhard] Strubin, ferner Erasmus Fabricius (bis Ben. Fabrieus), d. i. Erasmus Schmidt in Zürich, f 1547*), Fridericus Myconius, Jo. Hessus in Breslau, Melchior Ambach, Michael Cellarius (Keller) in Augsburg, Thomas ab Höfen (S. 233), endlich noch zwei, die in keiner Weise in

1) A. V. Dommer, Autotypen No. 42.

2) Abgedruckt bei Strobel, N. Beitr. II, 149. Serapeum 1858, 82.

3) Strobel, N. Beitr. III, 3. 137. Lessing, Briefe aus dem 2. Theil der Schriften 1753 (Ges. Werke, Lpz. 1841, IV, 24). Muther, Aus dem Univ.- und Gel.-Leben S. 342.

4) Pestalozzi, Leo Judae S. G8. 70.

Erste Classe. 277

den Index gehören : Fridolinus Lindoverus, Zwingli schrieb Ad Fr. L. Bremgartensium concionatorem super ])ublica de gratia per Chri- stum hallucinatione expostulatio ; der Mann war aJso ein Gregner Zwingli's, und Petrus Sebivilla. Er hiess Pierre de Sebiville und war Minorit in Grenoble. Aus einem Briefe von Zwingli an ihn er- gibt sich, dass er an diesen im evangelischen Sinne geschrieben. Er wurde als Ketzer verhaftet, von Margaretha von Valois ge- schützt, revocirte 16. Nov. 1524, mag aber protestantisch gesinnt geblieben sein. Greschrieben hat er ausser einigen Briefen nichts ^).

3. Sehr charakteristisch ist die Ausbeutung des Buches von Cochlaeus. Von einigen Namen der 1. Cl., die bei ihm und bei Gr. vorkommen, wie Gruil. Tindalus, Melchior Hofmann, Kioh. Morison, oder bei Cochl. und bei Oecolampadius- Zwingli, wie Henr. ütinger und Jac. Imelius, ist nicht auszumachen, woher sie entnommen sind; aber sicher stammen aus Cochl. zunächst folgende, die zwar Schrift- steller, wenn auch zum Theil nichts weniger als bedeutende, waren, aber nicht bei G. stehen: Conradus Cordatus, Cochl. f. 259: hat deutsch gegen Wicel und Cochlaeus geschrieben, David Geor- gius ex Delphis, f. 290, Jo. Campanus s. Campensis, f. 219; der ungeschickte Zusatz s. Campensis wurde von Tr. durch qui scripsit contra trinitatem ersetzt^), Nie. Krompach, f. 186: über- setzte die von seinem Freunde Jo. Agricola herausgegebenen Acta Concilii Constantiensis^), Eaidenus, f. 238: verfasste eine Schrift

1) Christofiel, U. Zwingli S. 177 (er nennt ihn Sebilla). Haag, s. v. Hermiujard, Corr. des Ref. I, 313.

2) Jo. Campanus (Job. "Wulf aus Campen) hat geschrieben: ,, Gött- licher und heiliger Schrift, vor vielen Jahren verdunkelt und durch un- heilsamo Lehrer aus Gottes Zulassung verfinstert, Restitution und Besse- rung", 1532. Cornelius, Wiedert. II, 158. Schclh. Am. lit. III, 1 (De Jo. Campano antitrin.). Jo. Campensis (f 1538) ist der gut katholische Ver- fasser eines Psalmencommentars. In einer Vorbemerkung zu J. B. Folengii Comm. in Ps. 1585 wird ausdrücklich vor einer Verwechslung der beiden gewarnt. Auch mit Jo. Aesticampianus ist Jo. Campanus mitunter ver- wechselt worden. Evertsbusch, Theol. Arbeiten II, 18.

3) History und wahrhafte Geschichte, wie das h. Evangelion mit Job. Ilussen jm Concilio zu Costnitz verdampt ist, 1529. N. Krumpach, Geistlicher in Querfurt, hat auch einige neutestamentliche Bücher und anderes übersetzt ; aber nicht, «dass er nicht die Vulgata zur Vorlage nahm und in Vorreden und Glossen freimüthige Zeugnisse wider manche Uebelstände der Rom. Kirche ablegte, war Ursache, ihm die Ehre zu er- weisen, ihn auf den Index, und zwar unter die Hauptketzer, die auctores 1. cl. zu setzen, deren Schriften ohne alle Ausnahme zu lesen und zu be-

278 Index Pauls IV.

gegen Wicel, zu der Luther eine Vorrede sehrieb*); seit S. Cl. steht neben ihm Balthasar Ealde, wie der Name bei Fris. gedruckt ist; erst Ben. schrieb richtig Balth. ßaida (s. Keida) und strich ßaidenus, Kich. Samson, f. 269: schrieb für Heinrich Vlll., Sebastianus Erancus, f. 243 wird über seine Chronik und Cochlaeus' Polemik gegen dieselbe ausführlich berichtet, Wilh. Nesenus, f. 36: „Poet und Schulmeister in Frankfurt, der später in der Elbe elend ertrank".

Ferner finden wir in der 1. Cl. einige Namen, die wohl in ein geschichtliches Werk, wie das des Cochl., aber nicht in einen In- dex librorum hineingehören: Gaspar Tauber, ein Wiener Bürger, der als rückfälliger Lutheraner 1524 hingerichtet "wurde ; in einer frü- hern Kevocation desselben, die f. 92 mitgetheilt wird, bekennt er auch, quod etiam proprios tractatus perscripserim; davon ist aber jedenfalls nichts gedruckt^); Jacobus Peregrinus presbyter Pata- viensis, der, wie Cochlaeus gleichzeitig berichtet, mit Tauber pro- cessirt wurde, aber widerrief und nicht rückfällig wurde, ist wohl aus diesem Grunde von P. nicht aufgenommen worden (der seit S. Cl. im Index stehende ist ein anderer) ; Henricus Sudi)hanus (seit Ben. auch Zutphaniensis), Heinr. (Moller) von Zütphen, 1.524 zu Meldorf ermordet ^) ; f. 96 r wird ausführlich darüber berichtet ; geschrieben hat er nur Brevis commemoratio rerum Coloniae gestarum in causa Lutheri 1520, die in Luthers Werken (Jen. II, 314) steht; Jaco- bus Kautius, der Wiedertäufer Jakob Kautz; geschrieben hat er wohl, abgesehen von den f. 159 erwähnten 7 Thesen vom J. 1527, nichts; Jo. a Leydis, f. 252. Bernardus Rotmanus und Knopper Del- lingius (durch S. Cl. kam Bern. Knipperdollingus hinzu, neben welchem sich aber Knopper Dellingius bis auf Ben. behauptet hat) stammen wohl aus Hedio's Fortsetzung der Chron. Abb. Ursperg., desgleichen Felix Manzius, der Wiedertäufer F. Manz, der 1527 er- tränkt wurde; dagegen ist Michael Sellarius der bei Cochl. f. 163 unter diesem Namen erwähnte 1527 zu Rothenburg hingerichtete Michael Sattler. Bern. Rottmann hat übrigens einiges geschrieben *) ; eine

sitzen schlechterdings verboten ist" (A. D. B. 17, 248), sondern lediglich die Notiz bei Cochlaeus.

1) Antwort widder das lester und lugen Büchlin . . . Wicels, 1533.

2) Ranke, D. Gesch. im Z. der Ref. (WW.) II, 117. Wiedemann, Ref. und Gegenref. I, 36.

3) R.-E. 10, 166. A. D. B. 11, 642.

4) Gerdes, Floril. Ed. 3. p. 146. Cornelius, Wiedert. II, 203. Seine plattdeutsche Schrift „Von Verborgenheit der Schriflft des Rickes Christi vnd von dem Dage des Herrn«, 1535, ist neu herausg. von H. Hochhuth, -1857. Bei Arg. III b 82 steht eine Censur der Kölner theol. Facultät vom J. 1532 über Sätze aus Rottmanns Eingabe an den Rath von Münster, aus dem „Westfälischen*' übersetzt.

Erste Classe. 279

Schrift von ihm steht in der 3. Cl. : Restitutionum (seit Ben. De restitutione) doctrinae et vitae christ. liber per Monasterienses ana- baptistas editus *).

Ulricus Studerius wird f. 142 neben Bercht. Haller und Ja- cobus Imeli als Theilnehmer an der Badener, Franc. Kolbius f. 176 als Theilnehmer an der Berner Disputation genannt, Jo. Schneppius und Gregorius Brück, der kursächsische Kanzler Brück, f. 198 unter den Vertretern der Lutheraner bei den Verhandlungen in Augsburg 15»iO und Christianus Beyer, der kursächsische Kanzler, f. 194 als derjenige, welcher die Augsburgische Confession deutsch verlas, Laurentius Czoch (seit Ben. Zoch) f. 292 als Abgesandter des Kur- fürsten von Sachsen zum Eegensburger Colloquium 1546. Auffal- lender Weise steht Hieronymus Vehus, der badische Kanzler, der f. 277 als Verfasser der Acta colloquii Augustensis erwähnt wird, nicht bei P. ; er ist aber von S. Cl. aus Frisius, der ein paar andere kleine Schriften von ihm erwähnt, nachgetragen.

Aus Cochlaeus sind auch einige, die schon aus Ven. in die 1. Cl. aufgenommen waren, unter einem andern Namen nochmals hinein- gekommen. So Justus Jonas als Jodocus Codi sive Cocus qui et Justus Jonas, weil Cochl. f. 219 sagt: Justus Jonas, quem rectius Judocum Koch seu Cocum vocat (Wicelius), Jo. Sapidus (Witz) als Sapidus poeta, weil f. 114 steht: Ausus fuit Argentinae quidam paedotriba, Sapidus, poeta profecto nimis insipidus . . . carmina in sepulturam et exequias missae contexere; vielleicht stehen auch Bullingerus und Musculus neben Henricus B. und Wolfg. M., weil Cochl. f. 291 sie ohne Vornamen erwähnt.

Jo. Staupitius ist durch P. in den Index gekommen, weil Cochlaeus bei dem Jahre 1517 f. 3 ihn neben Luther als Gegner Tetzels erwähnt. Er ist in der 1. Cl. geblieben bis auf diesen Tag, obschon man in Eom oder wenigstens in Trient, jedenfalls Benedict XIV. wohl hätte wissen können, dass er als guter Katholik, als Abt von St. Peter zu Salzburg gestorben^).

4. Neben dem Buche von Cochlaeus scheint noch irgend ein anderes Buch über Luther benutzt worden zu sein. Nur aus einem solchen kann man, scheint mir, in Rom Kunde erhalten haben von Marcus Cordelius Torgensis, womit doch Marcus Crodel, Schulrector zu Torgau, bei dem Luthers Sohn unterrichtet wurde ^), gemeint sein wird. Aus einem solchen Buclie könnten noch einigte andere Namen stammen, die theils in keinem Schriftsteller-Lexicon stehen, wie Frid. a Thann^), Wolfg. Maler ^), theils nicht bei (jesner, wie

1) Eyne Restitution odder Eine wedderstellinge rechter unde gesunder christliker leer, gelovens unde levens: Münster Oct. 1534. Ranke, D. Gesch. (WW.) 3, 384. 2) Ullmann, Ref. II, 256. 3) Köstlin, Luther Il/478.

4) Eberhard von Thann war Hauptmann auf der Wartburg. Köstlin II, 319.

5) Prediger in Halle, gab 1544 die Homilien von J. Brenz de poe- nitentia heraus. Jahrb. f. B. Th. 1871, 3. 5.

280 Index Pauls IV.

Greorgius Rorariiis (bei G. nur s. v. Luther), Knipstro Pomeranus (erst seit Ben. Jo. Kn.), Marcus Tilemannus Hesslmsius (erst Ben. hat das aus M. = Magister entstandene Marcus gestrichen), Martinus Meglin^), Ortholiduis Marolt Francus^), auch vielleicht Matthaeus Philargyrus (ein Pseudonymus?). Henr. ab Einsidel^), Henr. StoUius, Jac. Rungius (bei P. Tr. Kungius), Jo. Marbachius, Ludo- vicus ab Eberstein und Victorinus Strigelius sind vielleicht in Kom als Theilnehnier an dem Wormser Eeligionsgespräch von 1557 be- kannt geworden.

Auch Jo. de Indagine steht nicht bei Gr. Seit Tr. steht hinter seinem Namen : non ille Carthusianus, um ihn von dem al- tern Schriftsteller dieses Namens (f 1475) zu unterscheiden''). Es ist der Jo. de Indagine (Hagen) gemeint, der sich im Anfange des 16. Jahrh. als Astrolog einen Namen machte^). Er war Dccan zu St. Leonard in Frankfurt und zugleich Pfarrer in Steinheim bei Hanau und wurde von dem Kurfürsten Albrecht von Mainz nach Kom geschickt, um das Pallium zu holen. Sein Buch über Astrologie u. s. w. er- schien zuert 1522^) mit einer Zuschrift an den Cardinal Albrecht und seinen Generalvicar Theodor Zobel. Possevin meint, er sei als Astrolog in den Index gekommen ; aber die anderen Astrologen stehen in der 2. Cl.; dass er in der 1. Ol. steht, hat seinen Grrund darin, dass man ihn wegen eines am Ende des Buches, welches man in Eom gekannt J\aben wird, abgedruckten Briefes an 0. Brunfels"^) für einen Lutheraner hielt.

II. Die 2. Classe ist bei P. die am wenigsten umfangreiche; bei E und K fehlt sie ganz. Sie enthält eine grosse Zahl von ita-

1) Zwei kleine deutsche Schriften von ihm, 1529 und 1530, bei Ku- czynski 1903.

2) Nach Jöcher Arzt in Schmalkalden.

3) Kapp, Nachlese I, 30.

4) Nur der Karthäuser steht bei Fris., der seine zahlreichen, bis auf eine nicht gedruckten, Schriften verzeichnet; vgl. Busse 1887. Ueber einen gleichnamigen Benedictiner, f 1469, s. A. D. B. H, 65.

5) A. D. B. 14, 67. Friedrich, Astrol. und Ref. S. 149.

6) Introductiones apotelesmaticae ... in Chiromantiam, Physio- gnomiam u. s. w. Es gibt mehrere Ausgaben, auch eine deutsche von 1528.

7) Der Brief .vom 1. Juli 1522 (Othoni Brunfelsio sacerdoti vere christiano) ist abgedruckt F. S. 1752, 456. 473. Er klagt darin über die Sitten der Geistlichen und seine Verfolgungen und sagt u. a.: Dicunt Lutherianum me esse; nam apud hos, qui vitia insectatur, qui Christi negotium agit, hie Lutherianus est . . . A me lectus est Lutherus. Non docet male vivere neque male facere . . . Meum hie munus ago, quod ante mihi incumbebat, quam usquam Lutherus scriberet.

Zweite Classe. 281

lienisclien, ziemlich viele astrologische u. dgl. und einige mit Erasmus zusammenhangende Schriften, von denen später die Rede sein wird. Die Schriften dieser Kategorieen haben die Comj)ilatoren des Index wohl selbständig zusammengestellt. Manche andere sind aus den älteren Indices, viele aber auch hier aus Gesner entnommen.

1. Von einigen Autoren der 2. GL, die aus G. oder GA. stammen, ist nicht recht einzusehen, warum sie nicht in diel. Gl. ge- setzt worden sind, in welcher jedenfalls Männer stehen, deren Schriften unbedeutender waren, als die in der 2. Gl. stehen. Sie sind zum Tlieil auch später in die 1. Gl. gesetzt, aber dann sehr überflüs- siger Weise die bei P. speciell verbotenen Schriften in der 2. Gl. belassen worden.

Ghumannus Flinspach de Tabernis montanis, Ghronologia ex sacris literis. Von P. bis Ben. hat er freilich Elinspach ge- heissen. Ben. hat auch den Titel des Buches aus Fris, vervoll- ständigt: Ghr. ex s. atque eccles. auctoribus desumta, ab orbe con- dito usque ad a. 1552. Es ist wohl auf den Index gekommen, weil GA. angibt, es sei zuerst zu Wittenberg gedruckt und es seien conjecturae extremi judicii beigefügt. Der Antw, Exp. sagt davon, in dem ersten Theile stehe nichts, was nicht auch bei ka- tholischen Historikern zu finden sei, in dem zweiten suche der Ver- fasser zu erweisen, dass das Ende der Welt bevorstehe, und dabei trage er horrendas blasphemias de Rom. Ecclesia vor; quare non meretur, ut ejus vel nominis exstet memoria.

Jacobus Brunsvicensis, Gatechesis puerilis [carmine red- dita, 1546. GA]. Jacobus a Burgundia, Apologia ad Garolum Gaesarem [qua reddit rationem fidei suae, Genf., GA]. Jacques de Bourgogne, Seigneur de Falais et de Bredam, wurde als Protestant aus dem Dienste Karls V. entlassen, worauf Galvin für ihn diese Apologie schrieb *). Jac. Brunsvicensis kam durch S. Gl. auch noch in die 1. Gl., und noch jetzt steht er (unter Brunsvic.) im Index als auctor 1. GL, dessen ' sämmtliche theologische Schriften ver- boten sind, und darunter steht dann die einzige, die von ihm be- kannt ist, jener Gatechismus. Jac. a Burgundia wurde von Tr. in die 1. Gl. versetzt mit dem Zusätze: ille qui scripsit Apol. ad Gar. Gaes., und in der 2. Gl. gestrichen. Aber S. Gl. stellten die Notiz von P. in der 2. Gl. wieder her, und noch jetzt steht er im Index ebenso wie Jac. Brunsvic, ist also härter gestraft als dieser, der seinen gereimten Gatechismus doch wohl selbst gemacht haben wird.

Von anderen minder bedeutenden Schriften in der 2. Gl. mögen noch erwähnt werden: Pauli Polscii (Tr. richtig Dolscii) Psalterium graeco carmine versum, 1555. Dolscius steht seit S. Gl. auch in der 1. Gl.; er hat auch den Prediger und den Sirach in griechische Verse gebracht und die Augsburgische Gonfession ins Griechische über-

1) Excuse composee par J. de ß. pour se purger vers Sa Maj. Imp. de calomnies ä lui imposees ä l'occasion de sa foi, de laquelle il fait pro- fession. S. 1. et a., dann Strassb. 1548. Stähelin, Calvin U, 293.

282 Index Pauls IV.

setzt')- Jo. Sutel de terribili excidio Hierosolymoriim (aus GP.); Ben. hat den deutschen Titel des mit einer Vorrede von Luther 1539, 36 Bl. 4, gedruckten Schriftchens.

2. Unter den nicht aus G. stammenden Schritten linden sich u. a. Nie. Winmanni Colymbeses s. de arte natandi dialogus(!), und Jo. Soteris Epigrammata ex variis auctoribus collecta; der Her- ausgeher, der Kölner Buchhändler Jo. Soter (Heyl) kam durch S. Cl. auch in die 1. Cl.^}.

Im Ven. steht Jo. Cuspinian cum annotationibus, bei P. Jo. Cuspiniani 1. inscr. Imperatorum et Caesarum vitae cum imaginibus ad vivam effigiem expressis, im Tr. mit d. c. Das Buch des Cu- spinianus, welches erst nach seinem Tode (f 1529) 1540 erschien, heisst (auch bei G.) : De Caesaribus atque Imp. Rom. opus insigne ^). Ein Buch Imperatorum u. s. w. ist schon 1526, dann cum iconibus consulum auctus 1534 von Jo. Huttich veröffentlicht (dieses wird auch mit Imperatorum et Caesarum vitae in der 3. Cl. gemeint sein). Erst Ben. hat den richtigen Titel. Eine starke Expurgation hat schon Antw. Exp.; es werden namentlich Stellen gestrichen, welche sich auf die Geschichte der Päpste und ihrer Beziehungen zu den Kaisern beziehen, bei Q,. die ganze Geschichte der Kaiser Fried- rich I., Philipp und Friedrich II. Q. streicht auch einige Stellen in der Austria, die nur bei S. steht.

3. In der 2. Cl. stehen einige interessante Verbote von älteren Schriften.

Aus GA. stammt sicher Jo. Wunschelbur gensis de signis et miraculis falsis et de superstitionibus ; denn G. gibt diese beiden Titel an und fügt über den Inhalt der ersten Schrift bei: Becenset aliquot fallacias avarorum sacerdotum, ut de imagine Christi sudante ... de ementito sanguine Christi in Walsnag (Wilsnack) oppido Saxoniae, cujus causa eum librum scripsit"*). G. fügt freilich bei, die Schriften seien noch nicht gedruckt, und meines Wissens sind sie noch heute nicht gedruckt.

Benonis 1. de vita Hildebrandi (bis Ben. auch in der 3. Cl.), seit Ben. Beno s. Benno Card, de vita et gestis Hildebrandi Papae, ist die in 0. Gratius' Fasciculus (auch bei Flacius, Cat. 157) abge- druckte „leidenschaftliche Schmähschrift" des von dem Gegenpapst Clemens III. zum Cardinal ernannten Benno ^), die in der 3. Cl.

1) A. D. B. 5, 321. 2) A. D. B. 12, 871.

3) A. D. B. 4, 664.

4) Serapeum 15, 331. Wünschelburg soll 1409 von der Kanzel ver- kündigt haben, ein Patriarch der deutschen Kirche werde einem aus den Rheinlanden erwählten Kaiser die Krone aufsetzen, der dann gegen den Lilienkaiser, den französischen Usurpator der Kaiserkrone, die Waffen er- greifen, ihn tödten und Rom einnehmen werde. Jo. Wolf, Lect. mem. I, 728. Döllinger im Eist. Jahrb. 1871, 359.

5) Wattenbach II, 160.

Zweite Classe. 283

stellende Vita Henrici IV. die gleiclifalls im Fasciculus stehende Schrift, die dem Bischof Otbert von Lüttich 1106 zugeschrieben wird*).

Cyri Theudori Prodromi Epigrammata stammt wahr- scheinlich aus Gr. Es sind argumenta seu capita utriusque Test. (nur einiger Bücher) in Versen, übersetzt von Jo. Ribittus, Basel 1536. Der Antw. Exp. p. 136 erklärt nur eine am Rande beizufügende Explicatio zu Einer Stelle für nöthig und Possevin s. v. Theod. Prodr. (Cyrus ist nur eine Corruption des Titels Kupio^) sagt, er werde mit Unrecht als Häretiker bezeichnet, und erwähnt nicht, dass er im Index stellt'^). Er steht noch heute darin, und zwar ohne d. c.

Graufridi de Monte Electo Tractatus super materia s. concilii Basil. [seit Ben. factus in Basilea a. 1436].

Nie. de Tudisco abbatis Panormitani (f 1445) Tractatus super concilio Basileensi (Lugd. s. a.) Dieses wurde von Tr. gestrichen; aber von S. Gl. wieder eingesetzt^). S. setzte auch die sämmtlichen Acta des Baseler Concils mit Ausnahme der von Nicolaus V. be- stätigten auf den Index, was Gl. denn doch wieder strich.

Jacobi Alniain 1. contra Thomani de Vio ist die im Auf- trage Ludwigs XII. verfasste Schrift des Pariser Theologen Jac. Almain (t 1515) De auctoritate Ecclesiae et sacrorum conciliorum eandem repraesentantium, 1512, gegen des Gardinais Gajetan Trac- tatus de comparatione auctoritatis Papae et conciliorum ad invicem, den das Concil von Pisa 10. Jan. 1512 als librum suspectum et plenum injuriis contra Goncilia Gonstantiense et Basil. ac nostrum et contra Jo. Gersonem, optimum Ecclesiae defensorem, der Pariser Facultät zur Gensur übersandt hattet. Von Tr. wurde dieses Verbot gestrichen.

Raimundi de Sabunde Theologia naturalis bei P. wurde im

1) Fasciculus ed. Brown I, p. XXIV. Busse 945.

2) Vgl. (Lazzari) Miscellanea, 1754, I, 3.

3) S. schrieb: Concilium Basilecnso deleatur ex Conciliis Panormi- tani, Gl. corrigirte: Consilium abbatis Pan. pro Concilio Bas., Ben.: Pan- ormitanus abbas, Tract. super Conc. Bas. 1699 wurde eine 1697 erschie- nene französische Uebersetzung des Tractats von J. Gerbais verboten (unter Gerbais).

4) Arg. Ib 352. Almains Werke wurden zu Paris 1517 und 1526 und mit den Schriften Gersons zusammen 1606 gedruckt. Als Dupin eine neue Ausgabe der Werke Gersons und Almains veranstaltete, wurde auf Betreiben des Erzbischofs Harlay die Druckerlaubniss nicht gegeben, weil bei Almain eine bedenkliche Stelle über das Recht des Volkes, den König abzusetzen, vorkomme. Die Ausgabe erschien 1706 in Antwerpen. Der Antrag, den Verkauf derselben in Frankreich zu verbieten, wurde auf ein interessantes Gutachten des Kanzlers d'Aguesseau hin (in den Oeuvres XIII, 521) abgelehnt.

284 Index Pauls IV.

Tr. geändert in H. de S. Prologus in Tb. nat. Raimund de Sa- bunde aus Barcelona, ein Anhänger des Eaymund Lull im 15. Jahrb., bezeichnet in dem Prolog seines Buches die sichtbare Welt als librum infalsificabilem ... ad demonstrandam homini sapientiam et doctrinam sibi necessariam ad salutem; er versucht denn auch alle katholischen Dogmen, auch von der Trinität u. s. w. aus der Natur zu begründen. Das Buch wurde zuerst zu Deventer (1584), dann zu Strassburg 1496, im 16. Jahrhundert mindestens zehnmal ge- druckt, seit Tr. aber in manchen Ausgaben die Vorrede weggelassen. (Montaigne übersetzte die Theol. nat. und vertheidigte sie in seinen Essais). Das Verbot der Vorrede steht auch in den spanischen In- dices von Q,. und Sand., aber nicht mehr bei Sot. -^ Ein Auszug aus der Theol. nat. in Gesprächsform, vielleicht von Raymund selbst, erschien unter dem Titel Viola animae per modum dialogi de ho- minis natura, Köln 1499 und sonst. Wahrscheinlich eine Ueber- setzung davon ist die Violeta del anima, die seit V. in den spani- schen Indices steht, als Viola animae auch von S. aufgenommen, aber von Cl. wieder gestrichen wurde ').

4. In der 2. Cl. stehen noch folgende Curiosa: Merlini Angli liber obscurarum visionum (aus GA), die im Mittelalter hoch an- gesehenen Weissagungen des Zauberers Merlin ^) ; später, freilich erst 1700, kam auch der dem Alanus von Lille (im 12. Jahrb.) zugeschriebene Commentar zu denselben^) auf den Index. Ogerii Dani fabulae [sie], der Ritterroman (fabula) Ogier le Danois, seit 1498 oft französisch, auch italienisch u. s. w., aber nicht lateinisch gedruckt*). Gabriel Putherbeus (Puy d'Herbault) nennt in seinem Theotimus^) unter den weit verbreiteten schlechten Büchern Mer- linus Anglus, Arturus Britannus, Ogerius Danus. So wird denn mit Arturus Britannus, der seit P. in der 1. Cl. steht, der Ritterroman von König Artus gemeint sein, und war es also nicht richtig, dass Ben. dafür einen Thomas Arturus aus dem 16. Jahrh. (bei Fris.) substituirte. Putherbeus tadelt viel schärfer noch als die genannten Bücher Romantium Rosae, den Roman de la Rose aus dem 13. Jahrh. ; er meint, der Verfasser sei, wenn er sich nicht bekehrt habe, ebenso schlimm daran wie .Judas®); dieses Buch steht

1) 1614 erschien eine approbirtc üebersetzung der Viola von dem Franciscaner Ant. Ares unter dem Titel: Dialogos de la naturaleza del hombre, de su principio y fin. Pelayo, Ileterodoxos I, 532.

2) Döllinger im Hist. Jahrb. 1871, 272. K.-L. 7, 340.

3) Alani Magni de Insulis, Doctoris universalis, explanationura in prophetiam Merlini Ambrosii Britanni 11. 7, zuerst Frankf. 1603.

4) Querard VI, 705.

5) Th. s. de expurgandis malis libris 11. 3. Par. 1547.

6) L. c. p. 131. Noch Alfons Liguori, Theol. mor. App. ad 1. 3. (Regensb. 1846, II, 183) erwähnt den Roman de la Rose und dass Gerson

Dritte Classe. 285

aber nicht im Index, auch nicht der Amadis, Froissart, Chaucer ii. s. w. In Ovidii Metamorphoseos libros commentaria s. enarrationes alle- goricae vel tropologicae wird Metamorphose d'Ovide moralisee par Thomas Waleys, 1484, sein ^). Es fehlt seit Ben. im Index.

III. In der dritten Classe hat P. zu den aus den älteren In- dices entnommenen Schriften viele beigefügt, zum Theil aus Gesner und Cochlaeus. Es sind darunter manche wenig umfangreiche und bedeutende Schriften, auch manche kleine deutsche Streitschriften, deren Titel lateinisch angegeben werden, manche, die ich nicht identificiren kann. Dazu kommen dann noch Articuli, die nur Flug- blätter, und Colloquia, Comitia und dgl., die gar keine Schriften sind. Diese Sachen stehen freilich seit Ben. nicht mehr im In(Jex, weil er in den Decreta generalia § I, 8 die Articuli, Colloquia u. s. w. hae- reticorum im allgemeinen verbot. Viele Schriften der 3. Cl. stehen in den älteren Indices unter Liber inscriptus.

1. Aus GrP. stammen folgende: Apologia Graecorum de igne purgatorio (concilio Basileensi exhibita, Jo. Hartungo interprete, f. 8G), angeblich von Marcus von Ephesus, nach den katholischen Gegenschriften von Barlaam oder im 16. Jahrh. fabricirt^). Cen- tum et quatuordecim sententiae patrum de officio verorum rectorum ecclesiae (Dei, Köln 1531, f. 90). G. gibt den Inhalt und die Kirchenväter an, woraus die Sätze entnommen sind; woran man An- stoss genommen, erhellt daraus nicht, Epistola christiana de coena Domini, nach f. 100 der Brief des niederländischen Juristen Corne- lius Honius (Hoen), den er 1520 mit Wessels Schriften an Luther sandte und der von Zwingli 1525 herausgegeben wurde^); seit Ben. ist der Titel vervollständigt, aber der Verfasser nicht genannt. Epistola ministri cujusdam verbi Dei (ad symmistam quendam) de ecclesiae clavibus, sacramentis veraque ministrorum spiritus electione, nach f. 87 12 Bl. 8. De gratia (Dei) et libero ejus velocique cursu (et quod sacramentis aliisque rebus externis alligata non sit neque conferatur per eas), nach f. 53 deutsch gedruckt, 12B1. 8. Syncrama [erst seit Ben. Syngramma] clariss. virorum, qui Halae

gegen umgeschrieben; neben ihm nennt er als similis farinae den Pastor fido des Guarini (1585), der übrigens auch nicht im Index steht. Vgl. Hist. Taschenb. 1871, 179. 1} Panzer 1493.

2) Werner, Gesch. der apol. Lit. III, 127. Nach Sainjore IV, 24 ist es ein abrege von zwei Reden, die Marcus zu Florenz gehalten.

3) Ep. ehr. admodum ab annis quatuor ad quendam, apud quem omne Judicium scripturae fuit, ex Batavis missa, sed spreta, longa aliter tractans coenam Dominicam, quam hodie tractata est, per Honium Bata- vum, abgedr. in Zwingli's Werken und bei Gerdes, H. Ref. I, Mon. 228. Vgl. Ullmann, Reform. II, 564. Studien en Bijdr. I, 86.

286 Index Pauls IV.

[Suevorum] convenerunt super verbis coenae dominicae [ad Jo. Oeco- lampadiumj, Witt. 1546 u. s., gegen Oecolampad's Schrift De ge- Tiuina U.S.W, (s. o. S. 242), von J. Brenz verfasst*). üniversi- tatis Witenberg. seria actio apud Principem Fridericum de missa [f. lOlr], deutsch gedruckt, 12 Bl. 4.'-^).

Auch Colloquium Cochlaei et Lutheri stammt aus GP. f. 123; ohne Zweifel meint Gresner die unter diesem Titel 1540 erschienene Schrift über das Gespräch des Cochlaeus mit Luther zu Worms 1521. Diese ist aber von Cochlaeus, wie dieser selbst (Acta Luth. f. 278) erzählt, so dass also P., ohne es zu wissen, eine gewiss orthodoxe Schrift eines Hauptgegners der Eeformation auf den Index gesetzt hat. Eine andere, Aequitatis discussio u. s. w., steht, wie wir sehen werden, gleichfalls im Index. Von zwei anderen Disputationen gibt GP. Schriftsteller an, die darüber geschrieben: De disputatione Badensi (1526) in Helvetia H. Zwingli, Jo. Faber, De dispu- tatione Lipsica M. Lutherus, Hier. Emser. P. hat daraus gemaciit: Disputatio Badensis und Disputatio Lypsica inter Martinum et Em- serum, und dieser Unsinn ist erst von Ben. in Disp. inter Jo. Ecki- um et M. Lutherum habita a. 1519 corrigirt worden.

Der Haupttheil von Gesners Pandecten scheint für den Index nicht benutzt worden zu sein, bot auch dafür nicht viel Material. Aus dem darin abgedruckten Verlagskatalog von Chr. Froschover könnte Christianae juventutis crepundia stammen , welches wahr- scheinlich sehr harmlose Schriftchen noch heute im Index steht.

2. P. hat eine ziemlich grosse Zahl von Schriften in die 3. Cl. gesetzt, von welchen entweder bei G. ausdrücklich der Verfasser ge- nannt wird oder deren Verfasser P. aus G. oder seinen anderen (Quellen hätte ermitteln können, deren Verbot er sich also, da die Verfasser in der 1. Cl. stehen, hätte ersparen können. Bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen, hat Ben. den Namen des Verfassers beigefügt oder die Schrift unter diesen Namen gestellt. So sind von Luther: Capita fidei christianae contra Papam et portas infero- rum, 1541 (Erl. 7, 452), Enarrationes epistolarum et evangelio- rum, 1521, Fundamentum malorum et bonorum (bei G. richtig bonorum et falsorum) operum, ein deutsches Schriftchen von 1523 •*), Supputatio annorum mundi, 1541, 101 Bl. 1.^); bei Sot. wird diese Schrift sogar, was bei Schriften der Häresiarchen sonst grund- sätzlich nicht geschieht, expurgirt, und zwar nur eine Stelle ge-

1) Strobel, Mise. 3, 157.

2) Ernstlich Handlung der Vniuersitet zu W die Mess be-

treffendt. S. 1. et a. (1521). Weller 1843. U. N. 1722, 427. 1060.

3) GP. f. 59. 63 fügt bei impr. cum Theologia germanica M. Lutheri, Bas. 1523. Es ist also: „Vom grund Gutter vnd Falscher Werck. Von bereytung zu einem seligen vnd Fröhlichen todt. Deutsch Theologia . . . (Basel) 1523. 56 Bl. 4. Weller 2520.

4) Köstlin, Luther II, 577.

Dritte Classe. 287

strichen, ein Zeichen, dass Sot. keine Ahnung von dem Verfasser hatte, von Zwingli : Brevis pastorum Isagoge'), von Melaneh- thon: Epitome Ecclesiae renovatae; gemeint ist p]p. ren. Eccl. doctri- nae ad 111. Principem Hassiae (Philipp, GrP. f. 3), 1524, 8 Bl. 8.-); Commentarius de angelo Melanchthonis wird Melanchthons Commen- tarius de anima sein, 1540 u. s.^); Augustanae Confessionis eccle- siariim causae qiiare et amplexae sint et retinendam diicant suam doctrinam (seit Ben. richtig: Cansae qnare . . . ducant doctrinam quam profitentur ecclesiae quae Confessionem Augustae exhibitam Imperatori sequuntur, 1546), eine andere Ausgabe der S. 125 er- wähnten Schrift*), von Hütten: Phalarismus, von Fr. Lam- bert: Contra regulam Minoritarum u. s. w., von M. ßucer: De- fensio adversus axioma catholicum i. e. criminationem Roberti Episc. Abrincensis, die Schrift über das Abendmahl gegen den Bischof von Avranches, 1534, und Metaphrases epistolarum D. Pauli, 1536, beide mit Bucers Namen erschienen^), von Menrad Molther: Lucta christiana [et in Ps. 50], 1527, von Jo. Spangenberg (im Par. 51 unter dessen Namen): Margarita theologica, von Theodor Biblian- der: De fatis monarchiae romanae somnium. Vaticinium Esdrae u. s.w., 1553, wozu durch S. GL, gleichfalls ohne Nennung des Verfassers, Sermo divinae maiestatis voce pronunciatus in monte Sinai u. s. w., 1552, hinzukam. Auch Flacius' Catalogus testium veritatis [qui ante nostram aetatem reclamarunt Papae u. s. w.], zuerst Basel 1556, hat von P. bis Ben. unter den anonymen Schriften gestanden, und zwar als Cat. t. v. ex sanctis patribus.

Dragale locorum communium (von Ben. gestrichen) kann nicht wohl etwas anderes sein als Farrago loc. comm., die im Par. 51 als Anhang zu der Methodus des Erasmus Sarcerius verzeichnet wird. Mit Enchiridion piarum precationum, bei Gr. unter Luthers Werken mit dem Zusatz : Justo Jona interprete, cum calendario et passionali, ut vocant, u. s. w. Witenb. 1529, im Par. 51 eine Ausgabe von 1543, ist jedenfalls eine der lateinischen Ausgaben von Luthers „Bet- büchlein" gemeint, das zuerst deutsch 1522 erschien®); es enthält die zehn Grebote, den Grlauben, Vaterunser, Ave Maria und einige Psalmen. Ganz überflüssiger Weise steht seit S. Cl. (aus Antw. App. , noch jetzt) daneben Enchiridion aliud piarum precum cum kalendario et passionali, ut vocant, Wirtembergae [sie] apud .Jo.

1) Isagoge ad pastores ecclesiarum H. Zwinglii, GP. f. 90.

2) Strobel, N. Beitr. 4, 2, 88.

3) In einem Inquisitionsprocess von 1565 (Riv. crist. 1880, 12) kommt liber de anima Melanchthonis vor.

4) Schelhorn, Am. hist. III, 380.

5) Baum, Capito und Bucer, S. 498. 597. Bucer wird von GP. f. 124. 141 als Verfasser beider Schriften genannt, als Verfasser der ersten auch im Lov. 50.

6) Köstlin 1, 613. Erl. 65, 266.

288 Index Pauls IV.

Luft 1539 (Antw. App. 1529). Auch Precationum aliquot et piarum meditationum Euch. (Yen. P., noch jetzt) wird eine Ausgabe des Betbüchlein sein; denn das Buch, Strassb. 1525, hat nach Panzer VI, 109 denselben Inhalt. Auch Simplex et succinctus orandi modus ist nach GrP. f. 70 und Par. 51 (an beiden Stellen steht S. et ap- tissimus o. m.) von Luther, also „Ein einfältige Weise zu beten, für einen guten Freund, Meister Peter, Baibier", 1534^). Katio bre- vis sacrarum tractandarum concionuni wird identisch sein mit der bei Gr. unter Melanchthon erwähnten Ratio brevis s. tr. c. a quodam docto et pio Rhapsodo Phil. Melanchthonis familiari congesta, cui juncta est Ph. Mel. de officio concionatoris dissertatio, 1535, 40 Bl. 8. Aus diesem Titel ist Rapsodus^), von P. als Eigenname angesehen, in die 1. Cl. gekommen, aus der ihn erst Ben. entfernte.

Liber (seit Ben. Opus eximium) de vera diiferentia regiae po- testatis et ecclesiasticae [et quae sit ipsa veritas ac virtus utriusque] ist allerdings 1534, etwas vor der ähnlichen Schrift von Gardiner (S. 136), anonym erschienen ; der Verfasser ist Edward Fox, Bischof von Hereford. Die gleichzeitig erschienenen ähnlichen Schriften von Heinrich VIII.^) und Richard Sampson'*) stehen nicht im Index, ihre Verfasser aber schon bei P. in der 1. Cl., während Ed. Fox nicht in diese gekommen ist.

3. Aus Cochlaeus stammt : Argyrophylacis seu Thesaurarii Epistola, f. 138 als eine während des Reichstags zu Speyer 152(5 verbreitete, deutsch und lateinisch gedruckte Flugschrift erwähnt, worin vorgeschlagen wird, die Güter der Kirchen und Klöster für Arme und staatliche Zwecke zu verwenden. (Cochlaeus schrieb da- gegen Admonitio contra seditiosum et sacrilegum Hb. Argyr. Spirae in conventu imp. 1526; In Causa rel. Mise. f. 120). Aus Coch- laeus stammt ferner eine Reihe von Nummern der 3. Cl., die kaum oder nicht einmal kaum Schriften zu nennen sind: Articuli ana- baptistarum Saxoniae und Art. anab. Moraviae, a. 1527 f. 162 er- wähnt, 8 als Artikel der Wiedertäufer in Nickelspurg, 8 als von einem abgefallenen Prämonstratenser für eine Disputation in Magde-

1) Köstlin II, 300.

2) Es bedeutet Sammler; vgl. De singulari auctoritate V. et N. In- strumenti sacrorum ecclesiasticorumque testimoiiiorum 11. 2, rapsodo Herrn. Buschio, Marb. 1529. In einer andern Ausgabe lautet der .Titel: Ratio brevis . . . conc, vulgo Modus praedicandi adpellata, a quodam .... con- cinnatore ... S. 1. et a. 48 Bl. 8. Kuczynski 3534, wo Huldr. Wieland als Herausgeber genannt wird.

3) De potestate christianorum regum in suis ecclesiis contra Pontificis tyrannidem et horribilem impietatem, 1534,

4) Oratio, qua docet, omnes . . . potissiraum Anglos, regiae digni- tati cumprimis ut obediant u. s. w. 1535, abgedr. bei Gerdes, H. Ref. IV, Doc. 148.

Dritte Classe. 289

bürg aufgestellt, Articuli novoruin Wormaciae evangelistarum, die Thesen des Jakob Kautz ^), von denen Cochlaeus f. 159 berich- tet, er habe sie ins Lateinische übersetzt und an Eobert Ridley ge- sandt mit einer Vorrede, worin er sagt: Mitto ad te aliquot arti- culos nov. Worm. ev., Articuli 47 plebis Francfordiensis, die f. 106 zum J. 1525 erwähnten, während des Bauernaufstandes auf- gestellten 41 Artikel (in anderen Drucken 46; 47 hat der Index wie Cochlaeus), 4B1. 4.-). Bernensis disputatio fand P. im Yen. Das unmittelbar darunter stehende Bernensis reformatio contra missam (von Ben. gestrichen) stammt aus f. 177, wo Cochlaeus nach dem Bericht über die Berner Disputation von 1528 das Reformations- edict vom 7. Febr. 1528^) erwähnt. Acta synodi Bernensis ist die „Berner Synodus" (Kirchenordnung) vom 9. Jan. 1532*). CoUo- quium Wormatiae institutum anno 46 stammt aus Cochl. f. 278, wo Melanchthons und Bucers Schriften darüber erwähnt werden. Comitia Spirae et Wormatiae stammt aus Yen. Cochl. erwähnt f. 287, Paul III. habe über den Reichstag von Speyer von 1544 dem Kaiser eine paterna epistola geschrieben, gegen welche die Lutheraner hor- renda convicia veröffentlicht hätten (s. u. Admonitio). So wird also dieser Reichstag und der Wormser von 1545 im Index gemeint sein. Mit Decretum Norimbergense editum a. 1523 wird nach f. 79 die Ausgabe desselben mit Luthers Auslegung (Weller 2603) ge- meint sein. Yisitatio Saxonica ist nach f. 190 der Unterricht der Visitation an die Pfarrherren u. s. w. von 1528 (von Melanchthon, C. R. 26, 29), Instructio visitationis Saxonicae die 1538 für Däne- mark von Bugenhagen angefertigte lat. Uebersetzung.

Andere derartige Sachen: Acta cum protestantibus Francofurti, der sog. Frankfurter Anstand von 1539, und Acta comitiorum Au- gustae (1530) et Hagenoae (1540), stammen nicht aus Cochlaeus, sondern sind wohl auf Grrund der in Rom darüber stattgehabten Yer- handlungen in den Index gesetzt^). Ferner: Confessio Baronum ac Nobilium Boemiae (a. 1535 Romanorum Regi Yiennae oblata), Witt. s. a., nochmals 1558 mit einer Vorrede von Vergerio ^), Apologia de doctrina Valdensium, 1538 mit einer Vorrede von Luther

1) Kapp, Nachlese II, 700.

2) Abgedruckt Forschungen z. D. Gesch. 9, 635. Vgl. Janssen, Gesch. 11,510.

3) R.-E. 2, 318. 4) R.-E. 2, 324.

5) Card. Aleander schreibt d. d. Rom 24. Juli 1540 : der Papst habe die Beschlüsse des Augsburger Reichstags von 1530 einer Commission von Cardinälen, Theologen und Canonisten überwiesen und sei auch über die Frankfurter und Hagenauer Verhandlungen sehr ungehalten. Er ver- langte von dem Kaiser die Aufhebung des Frankfurter Anstandes (Ranke, D. Gesch. 4, 88). Laemmer, Mon. Rom. p. 233. 297.

6) Clement IV, 463. Serapeum 1858, 89.

Keusch, Iudex. ^^

2ÖÖ Index Pauls IV.

o-edrnckt*), Yaldensium Confessio et Apologia fidei ad Vladislaum Regem üngariae, d.i. Duplex Confessio Waldeiisium u. s. w. 1518^).

Causae qiiare synodiim indictam a Eom. Pont. Paulo III. (das nach Mantua berufene Concil) recusarint Principes, Status et Civi- tates Imperii profitentes puram et cath, doctrinam, ist die lat. Uebersetzung des Titels ,, Ursachen, so die Chur und Fürsten, auch Stande und Stedte der Bekenntniss wahrhafftiger göttlicher und evan- gelischer Lehr" u. s. w., Witt. 1537, wovon gleichzeitig eine lat. Ausgabe erschien : Protestantium Imperii Statuum rationes cur sy-^ nodus illa quam Paulus III. u. s. w. Eine andere Protestation gegen die Berufung des Concils nach Mantua steht zweimal bei P. (erst seit Ben. nur einmal, unter Angliae): Liber inscr. lUust. et Potent. [Regis], Senatus Populique Angliae sententia de eo concilio quod Paulus Ep. Rom. [Mantuae futurum simulavit, et de ea Bulla qua ad Calendas Nov. id prorogavit, declaratio. Wittenb. 1537. 30 S. 8] und Regis et Senatus Anglici sent. . . . simulavit^).

4. In der 3. Cl. stehen zwei päpstliche Actenstücke wegen der ihnen beigefügten polemischen Grlossen (beide Schriften sind ursprüng- lich anonym erschienen, aber von Calvin verfasst) : Consilium [ad- modum paternum] Pauli III. P. R. datum Imperatori in Belgis [per Card. Farnesium pro Lutheranis a. 1540] et Eusebii Pamphili [ejusdem consilii] pia [et salutaris] explicatio, impr. per Joh. Zelotem Nico- poli Pamphiliae; am Schlüsse: Datum Bethuliae Judaeae a. 1541 m. Martio"*), und Scholia in Epistolam Pauli III. Pont. Max.,

80 noch jetzt; gemeint ist: Admonitio paterna Pauli III. P. M. ad invictiss. Caesarem Carolum V., qua eum castigat quod se Lutheranis praebuerit nimis facilem, deinde quod tum in cogenda synodo, tum in definienda fidei controversia aliquid potestatis sibi sumpserit. Cum scholiis. 1545, 90 S. 8^). Etwas früher war von Calvin erschienen: Supplex exhortatio ad invictiss. Caesarem Ca- rolum V. et 111. Principes aliosque Ordines Spirae nunc Imperii con- ventum agentes, ut restituendae Ecclesiae curam serio velint suscipere, eorum omnium nomine edita qui Christum regnare cupiunt, per D. Jo. Calvinum. 1548^). Eine italienische Uebersetzung davon ist ge- meint oder der Titel italienisch wiedergegeben mit Supplice essor- tazione di nuovo (neulich) mandata all' invittiss. Cesare Carolo V.

Nicht ein päpstliches Schreiben, sondern eine Satire ist: Pauli IV.

1) Köstlin, Luther II, .S59. 2) Clement IV, 458.

3) Clement I, 336. Baumg. 6, 70. Abgedruckt bei Gerdes II. Ref. IV Doc. 173.

4) Kampschulte, J. Calvin S. 335. Abgedr. Opp. Calv. V, 461-508. lieber das Consilium vgl. Seckendorf, H. Luth. 1. 3, s. 21, § 79.

5) Stähelin, J. Calvin, II, 167. Opp. Calv. VII, p. XXIX. Das Schreiben Pauls III. steht bei Pallav. 5, 6, der ursprüngliche schärfere Entwurf bei Raynaldus a. 1544 No. 7. Vgl. Seckend. 1. 3, s. 29, § 114. 115.

6) Opp. Calvins t. VI, p. XXIX.

Dritte Clasöe. 291

Papae Rom. Epistola consolatoria et hortatoria ad suos dilectos filios; Ben. hat beigefügt: quae tarnen falso ei tribuitur.

5. Pasquillus Fagius (noch jetzt im Index) ist ein pures Ver- sehen, dadurch entstanden, dass im Ven. auf die Pasquille Paulus Fagius folgt. Evangelium Pasalli (erst seit Ben. Pasquilli) ist ein 1520 auch deutsch erschienenes Pasquill: Ein Evangelium Pascuilli, darin das Pömisch leben gegründet vnd bestetiget würt, 3 Bl. 4^- Andere Pasquille und pasquillähnliche Schriften, die durch P. in die 3. Cl. kamen, sind: Collatio divinorum et papalium canonum. Concordantiae principum nationis Grermaniae de astutiis christianorum (ohne Zweifel verdruckt für curtisanorum ; Ben. hat wie Sot. chri- stianorum vel curtisanorum!). Dialogus paradoxes, quo Rom. Pon- tificis Orator una cum eo qui est u. s. w. und Dial. Oratoris Pon- tificis Rom. et illius qui est Pontifici a confessionibus u. s. w. (dieser schon bei Casa) scheinen identisch zu sein. Epistola de non apostolicis quorundam moribus, qui in apostolorumse [locum successisse gloriantur], 8. 1. et a. 4 Bl. 4^). Sie beginnt: Lucifer princeps tenebrarum universis sociis regni nostri, . . praecipue modernae Ecclesiae principibus. Eine andere Ausgabe (von 1507) hat den Titel: Epistola Luciferi ad malos principes ecclesiasticos. Diese Ausgabe steht seit S. auch im Index (mit christianos statt eccles.). Flacius gab sie als Ep. Luc. ad spirituales 1549 und deutsch 1550 heraus und bezeichnete Nie. Oren Oresmius, Bischof von Lisieux, f 1382^), als Verfasser. Jedenfalls erst aus dem 16. Jahrh. ist Bulla diaboli, [qua paterne Papam suum admonet atque instruit], 1545. 8 Bl. *). Epistola de magistris nostris Lovaniensibus, [quot et quales sint, quibus debemus magistralem illam damnationem Lutheri] 1520, datirt von 1518, unterzeichnet G(uilelmus) N(esenus) N(astadiensis), nur einige Blätter*'). Germanicae nationis lamentationes und Threni Hiere- miae mysticati stehen noch jetzt beide im Index (ersteres unter Lam.). Es ist aber dasselbe Schriftchen ^). Es enthält eine Travestie von Stücken der Klagelieder des Jeremias mit Commentar und beginnt: Threni Hiereraiae mysticati. Quomodo sedet sola Germania u. s. w.

1) Lat. in Curio's Pasq. tomi duo 302 und bei Wolf, Lect. mem. II, 868, deutsch bei Schade, Satiren II, 105.

2) Abgedr. bei Wolf, Lect. mem. I, 654. Schade II, 80.

3) Busse 1G93. F. S. 1734, 885. Strobel, Mise. II, 135.

4) Peignot II, 212.

5) Abgedruckt in Zwinglii Opp. VII, 36. Neeb, Denkschr. des Sem. zu Herborn III, 24.

6) Lamentationes germanicae nationis; am Ende : Excusus est libel- lus iste . . . apud inclytae Asiae civitatem Lactophagam ubi plures uigent Lutherani. A. 1526. 11 Bl. 4. Abgedr. bei Wolf II, 294. Schade II, 312.

292 index Pauls IV,

Modus solennis et aiithenticus ad inquirendum [Luteranos, valde necessarius ad salutem S. Apöst. Sedis . . a. 1519 composituR u, r. w.] ist die von Vergerio 1553 besorgte vermehrte Ausgabe einer dem Mag. S. Pal. Prierias unterschobenen Anweisung zur Verfolgung der Ketzer, speciell der Lutheraner ^). Das Pasquill steht seit Ben. unter Prierias, allerdings mit: qui tarnen falso ei tribuitur.

Der dem h. Ulrich, Bischof von Augsburg, f 937, unterscho- bene Brief an P. Nicolaus I., er wird in der Fortsetzung der Chron. Abbatis Ursperg. erwähnt und ist seit 1521 oft gedruckt, auch bei Flacius Cat. 77, steht seit P. im Index als Epistola S. Ulrico' adscripta. In der Antw. App. wurde er auch als Uldarici ad P. Nicolaum Ep. quam finxerunt Balaeus et Westmerus verboten, von S. sogar als Huldarico Episc. Aug. Ep. adscripta adversus Nie. Papam, und dieses hat dann neben jenem im Index gestanden, bis Ben. schrieb: S. Hulrici s. Hulderichi Aug. Episc. Epist. ad Nie. I. pro defensione conjugii sacerdotum, quae tarnen falso ei tribuitur.

6. Wenn P. eine Anzahl von älteren Autoren und Schriften, die im Ven. stehen, gestrichen hat, so hat er anderseits einige beigefügt. So (unter Liber inscriptus): Itinerarium Petri per dementem, die Clementinischen Becognitionen, aus dem im Anhang des Ven. abge- druckten Decr. Gelas., Abdias de vitis XII Apostolorum und Nicodemus de passione Christi. Die beiden ersten wurden von Tr. gestrichen; das Evangelium Nicodemi steht noch jetzt im Index-).

Nur bei P. steht auch Opus imperfectum in D. Matthaei evange- lium, D. Chrysostomo falso attributum 3). Tractatus de vera et pura Eoclesia D. Athanasio falsissime adscriptus von Bullinger?

steht noch jetzt im Index.

Belial s. de consolatione peccatorum ist das im 15. und 16. Jahrhundert in vielen lateinischen Ausgaben und mehreren Ueber- setzungen erschienene Buch des Canonisten Jacobus Palladinus de

1) Serapeum 1858, 78. Abgedr. bei Brown, Fasciculus II, 875. Die erste Ausgabe, Ars et modus inquirendi et damnandi u. s. w., s. 1. et a. (1519) 8 Bl. 4 (Kuczynski 2519), abgedr. bei Boecking I, 489.

2) In der Antw. App. steht auch „De Passie ons Heeren Jesu Christi als ons Nicodemus ende de vier Evangelisten bescrijuen, Antwerpiae'' (es gibt auch eine s. 1. et a. gedruckte deutsche Uebersetzung des Ev. Nie. 8. Kuczynski 779), ferner „De Testamenten der XII Patriarchen, a. 66 & 62".

3) Es ist bekanntlich das Werk eines lateinischen Arianers aus dem 6. Jahrh. Im 16. Jahrb. meinte man vielfach, es sei von Chrysostomus, aber von den Arianern verfälscht (Gibbings, An exact reprint of the Rom. Ind. Exp. p. XXVI. XXX). Jo. Mahusius gab heraus: D. Jo. Chrys. commentariorum in Ev. Mth. opus hactenus inscriptum Opus imp., ab Arianis foecibus purgatum et recens ad vetusti exemplaris fidem recognitum, Antw. 1537. 1548.

Dritte Classe. 293

Theramo (f als Erzbischof von Tarent 141 7\ worin die Wahrheit, dass Christus die Menschen erlöst, in der Form eines Processes zwischen Christus und Belial dargestellt wird. Prosper Marchand meint, gewiss mit Unrecht, es sei auf den Index gesetzt worden, um den Vorwurf zu vermeiden, dass man de si grandes pauvretes autorisire. Wenn man das Buch nicht als eine Art von Profana- tion des Dogma's angesehen, könnte die von Flacius hervorgehobene Stelle in cap. 54 dazu Anlass gegeben haben, wonach 1409 der Antichrist kommen sollte. Das Verbot scheint sich übrigens zu- nächst auf die italienische Uebersetzung zu beziehen, die den Titel hat: Belial volgare intitolato Consolatione de' peccatori . . . Ven. 1544').

7. Von einigen noch nicht erwähnten Schriften der 3. Cl. scheinen die Compilatoren des Index ein Exemplar in Händen ge- habt zu haben, da sie den Titel genau angegeben; so, abgesehen von den italienischen Schriften, von Commentarius in priorem Timothei epist. a viro summae pietatis conscriptus (Basel 1533). Dagegen werden sie die lateinische Uebersetzung der Titel einiger ganz un- bedeutender deutscher Schriftchen irgendwo abgeschrieben haben, z. B. Liber inscriptus: Cur Ecclesia quatuor evangelia acceptavit (seit Ben. unter Ecclesia) ist das Schriftchen: Warum die Kirch vier Evangelisten hat angenommen, eyn papistisch frag. Ein Christ-

1) Zacc. p. 127. Die älteste lateinische Ausgabe hat den Titel: Jacobi de Ancharano Processus Luciferi contra Jesum coram judice Salomone, s. 1. et a., eine andere: Jac. de Theramo Compendium perbreve Consolatio peccatorum nuncupatura et apud nonnuUos Belial vocitatum, ad P. Urba- num VI. conscriptum, i. e. Processus Luciferi principis daemoniorum nee non totius infernalis congregationis, quorum procurator Belial, contra Jesum Christum, . . . cujus procurator Moyses, de spolio animarum, quae in lymbo erant, coram judice Salomone, s. 1. et a. Vgl. Marchand s. v. Palladinus, Stintzing, Gesch. der pop. Lit. S. 271. Schulte, Gesch. II, 377. V. 59 und die folgenden span. Ind. verbieten Belial procurador de Lucifer contra Moysen procurador de Jesu Christo; S. hielt dieses für den Titel eines andern Buches und nahm ihn, ins Lateinische übersetzt, neben Belial s. de cons. pecc. in den Index auf; er wurde aber von Cl. gestrichen. In der Antw. App. steht auch Belial, een rechtelijck ghedinge tuschen Belial den heischen procureur, by Jan van Ghele a. 1558. Bei Sot. (nicht im Rom. Ind.) wird auch der Processus joco-serius, Hanoviae 1611 (von Goldast) verboten, welcher ausser dem Belial mit dem Com- mentar von Jac. Ayrer auch Bartoli a Saxoferrato Proc. Satanae contra D. Virginem coram judice Jesu und Martialis Arverni Arresta amorum s. proc. inter amantes enthält. Uebersetzungen des letzten Stückes werden die Arrestes de amor sein, die im Liss. 81 in französischer, spanischer und jeder andern Sprache, spanisch auch bei Sot. verboten werden.

294 Index Pauls IV.

liehe antwort darüber . . . von Galhis Korn, s. 1. et a. (1524), 8 Bl. 4 (Weller 2936). Contra sanctos Zeylleysten (in Antw. App. Zeghelstein c. s.) ist: Dass die Heyligen für Gott nicht anzurüffen, noch für keyne Mitler zwischen Gott vnd dem menschen zu halten seyn, eyn kurtzer vndterricht Vlrichi Zeüleysen, dem Eath und der Gemeinde von Steinach gewidmet, s. 1. 1524, 8 Bl. 4 (Weller 3226).

26. Aufiialime des Index Pauls IV. Edict des General- inquisitors Card. Gliislieri vom J. 1561.

Der Index Pauls IV. erregte als der erste päpstliche Index überall, wo er bekannt wurde, grosse Aufmerksamkeit und wegen seines Inhalts bei vielen grosses Aufsehen. Es ist allerdings unrichtig, wenn Seabra (II, 8), nachdem er von dem im Auf- trage Karls V. von der Löwener Universität angefertigten und auch in Spanien publicirten Index von 1550 (und der neuen Ausgabe desselben von 1558) gesprochen, die Pariser und italienischen Indices erwähnt er nicht, sagt: unter Paul IV. hätten die Curialisten und Jesuiten diese in ganz Europa mit Beifall aufgenommenen (!) Indices beseitigen wollen ; sie hätten gemeint, es zieme sich für die Curie nicht, dieselben anzu- nehmen; sie hätten auch den Fürsten und Universitäten das Recht nicht bestreiten können, Indices zu machen; sie hätten darum Paul IV. verleitet, einen eigenen Index anfertigen zu lassen, um dadurch den Löwener zu beseitigen. Es lag doch sehr nahe und war nach der Errichtung der Römischen In- quisition eigentlich selbstverständlich, dass man in Rom das Aufstellen solcher Verzeichnisse selbst in die Hand nahm und nicht mehr den Fürsten, Universitäten und Local-Inquisitoren überliess. Auch darin liegt das Bedenkliche nicht, dass Paul IV. die drei Classen einführte, die die Löwener Indices allerdings nicht kannten: die Unterscheidung der 2. und 3. Classe war ja eine rein formelle und fand sich auch schon in dem Löwener Index, und auch das, was das Wesentliche bei der 1. Classe ist, das Verbieten sämmtlicher Schriften von bestimmten Schrift- stellern, kommt schon in dem Löwener Index, ja schon in dem

Aufnahme desselben. 295

Edicte Karls V. von 1540 vor. Das Auffallende war die weite Ausdehnung, welche der 1. Classe (nach dem Vorgange von Med. und Ven.) von Paul IV. gegeben war, und in dieser Bezie- hung hebt Seabra nicht mit Unrecht hervor, dass man nach der 1. Classe die sämmtlichen „vergangenen, gegenwärtigen und zu- künftigen" Schriften von vielen, auch von katholischen Schrift- stellern in odium auctorum als verboten habe ansehen müssen und dass, was mindestens ebenso schlimm war, die sämmtlichen Verlagsartikel von vielen Buchhändlern verboten worden seien (definitiv allerdings nur die zukünftigen, vorläufig aber auch die bereits vorhandenen). Auch das hebt Seabra mit Recht hervor, dass Paul auch Bücher verboten habe, die nichts mit dem Dogma zu thun hätten; aber dieser Vorwurf trifft, wiewohl in viel ge- ringerm Masse, auch die Löwener.

Richtiger sagt Spondauus (Annal. Baron, contin. a. 1557, 5) : „Während bis dahin sowohl die von Päpsten als die von Kaisern erlassenen Bücherverbote sich auf ketzerische Bücher beschränkten und andere schlechte Bücher nur dann verboten wurden, wenn auch ihre Verfasser verdammt worden", von dem Edicte Karls V. von 1540 gilt das aber doch nicht, ~ habe Paul IV. „verderbliche Bücher jeder Art, auch nicht religiösen Inhalts, auch Bücher von katholischen Verfassern und die von verdächtigen Druckern herausgegebenen Schriften, worüber sie auch handeln mochten, verboten". Spondauus findet freilich, das sei prudentissima cautione geschehen, da ausser den ketze- rischen Büchern auch viele andere für den Glauben und die Sitten gefährlich seien und ketzerische Schriftsteller und Drucker auch bei der Behandlung anderer Gegenstände ihr Gift beizu- mischen pflegten. Man wird sagen müssen : Paul IV. ist nur auf dem Wege weiter fortgeschritten, den die Verfasser der älteren Indices schon betreten hatten, aber freilich so viel weiter, dass er alle seine Vorgänger sehr weit hinter sich zurückliess. Welchen Eindruck der Index auf Römische Gelehrte machte, zeigt ein Brief, den Latinus Latinius am 19. Jan. 1559, also kurz nach der Publication, an Andreas Masius schrieb:

„Was kommt dir in den Sinn, dass du in der Zeit, in welcher uns fast alle bisher erschienenen Bücher entzogen werden, neue ver- öffentlichen willst? Bei uns wird, denke ich, viele Jahre niemand

296 Index Pauls IV.

etwas zu schreiben waj^en als Briefe. Es ist kürzlich ein Index der Bücher erschienen, die wir bei Strafe der Excommunication nicht haben dürfen; es sind ihrer so viele, dass uns nur sehr wenige übrig bleiben, namentlich von denjenigen, die in. Deutschland gedruckt sind. Darum rathe ich dir, die Uebersetzung des Demosthenes und die Varianten der Bibel liegen zu lassen. Faernus ist schon einige Tage mit der Säuberung seiner Bibliothek beschäftigt; ich werde morgen damit beginnen, damit man bei mir nichts findet, was zu besitzen nicht erlaubt ist. Soll ich das einen Schiffbruch oder eine^ Feuersbrunst für die Bücher nennen? Es wird jedenfalls viele von euch vom Bücherschreiben abschrecken und sehr vielen Buch- druckern zur "Warnung dienen, nicht alles ohne Auswahl zu drucken" ').

Dass die Bücher, welche nach dem Decrete der Inquisition an die Bischöfe oder Inquisitoren abzuliefern waren, verbrannt werden sollten, ist nicht ausdrücklich gesagt, war aber nach dem Brauche der Inquisition gemeint. Ohne Zweifel sind auch, so weit der Arm der Inquisition reichte, damals viele Bücher abgeliefert oder confiscirt und verbrannt worden -). Aber es ist doch eine rhetorische Uebertreibung, wenn Natalis Comes er- zählt: „Es wurde überall eine solche Menge von allerlei Bü- chern verbrannt, dass es, wenn man sie zusammen verbrannt hätte, beinahe einen Trojanischen Brand gegeben hätte. Keine private oder öffentliche Bibliothek wurde verschont und nicht beinahe ausgeleert. In vielen Städten Italiens wurden Bücher verbrannt, nicht ohne viele Klagen der Leute über den Verlust der Kosten*'-^).

In seiner ganzen Strenge ist das Decret wohl selbst in Rom nicht ausgeführt worden. Ein Avviso di Roma vom 14. Jan. 1559^) meldet: ein Ordensgeistlicher habe den Vorsitzenden der Inquisition [also wohl den General-Inquisitor Card. Ghislieri] darauf aufmerksam gemacht, dass man in Spanien milder ver- fahre, indem man in vielen Büchern das Bedenkliche ausstreiche und sie dann den Eigenthümern zurückgebe (er habe ein so ex- purgirtes Buch vorgezeigt); so könne man auch in Rom ver-

1) Jul.Pogiani Epp. III, 149. Schelhorn, Erg. I, 11. Mendham p. 53.

2) In Padua wurde auch Melanchthons Grammatik verbrannt, aber doch nur privatim. Schelh. Am. lit. 7, 98.

3) Eist, sui temporis 1. 11, p. 262 bei Mendham p. 52.

4) Bei Friedrich, Gesch. des Vat. Concils I, 10.

Aufnahme desselben. 297

fahren, um nicht den Buchhändlern und den Gelehrten durch Vernichtung der Bücher so grossen Schaden zuzufügen. Der Vorsitzende habe allerdings geantwortet, Rom gebe Spanien und der ganzen Welt Gesetze, nicht Spanien den Römern ; aber andere hätten doch den Vorschlag des Paters zweckmässig ge- funden, und man hoffe, es werde eine Verordnung erscheinen, durch welche die Sache so werde gemildert werden, dass nicht alle im Index stehenden Bücher verbrannt würden. Aus Bo- logna meldet ein Avviso vom 9. und 11. Febr. 1559: „Der Index wird hier beobachtet. Es ist nichts anderes erlaubt worden als der Thesaurus linguae latinae und die Commentarii von Dolet; von den Sachen des Erasmus darf man nichts behalten als einige seiner Uebersetzungen [von Kirchenvätern], in denen aber überall sein Namen beseitigt werden muss." Wenn Bullinger an Ambr." Blaurer schreibt: ,,Zu Rom verbrennt (exurit) Paul IV. Bücher, und zwar von Erasmus alle. Auch Cyprianus, Hieronymus und Augustinus werden jetzt verbrannt (combu- runtur), weil sie durch die Schollen des Erasmus beschmutzt sein sollen"*), so will er, wie der Gebrauch des Präsens zeigt, offenbar nicht ein wirklich stattgefundenes Verbrennen der Bü- cher in Rom berichten, sondern den Index Paul IV. charakte- risiren.

Paul IV. starb am 18. Aug. 1559, und nach seinem Tode und der Lynchjustiz, welche die Römer an der Inquisition übten (S. 173), wird von einer strengen Durchführung ihres Decretes auch im Kirchenstaate zunächst nicht mehr die Rede gewesen sein, und im J. 1561 wurde dasselbe, wie wir sehen werden, durch Pius IV. gemildert. Ausserhalb des Kirchenstaates wurde das Decret noch weniger strenge durchgeführt. Der Index wurde ausser in Bologna auch in Venedig und Genua auf Ver- anlassung der dortigen Inquisitoren abgedruckt und publicirt, aber zu einer strengen Ausführung des Decretes kam es wenig- stens in Venedig nicht. Der Vicekönig von Neapel und der Gouverneur von Mailand Hessen den Index nicht publiciren, sondern berichteten an den König von Spanien 2). Der Herzog

1) Hottinger, H. E. 9, 408.

2) Galluzzi, Ist. di Toscana 1. 2, c. 9 (Fir. 1781, I, 238) berichtet

298 Index Pauls IV.

Cosimo von Toscana, an den sich die Magistrate von Basel, Zürich, Frankfurt u. s. w. mit der Bitte um Schutz für ihre Buchdrucker und Buchhändler gewendet hatten, beauftragte den Juristen Livio Torelli, ein Gutachten abzufassen, und dieser hob hervor, dass die Ausführung des Decretes den Florentinern einen Schaden von 100,000 Ducaten bringen, die Buchdrucker und Buchhändler ruiniren und alle in Deutschland, Paris und Lyon gedruckten Bibeln und Classiker und viele andere nützliche^ Bücher in Asche verwandeln würde. Auch der Leibarzt des Herzogs, Andrea Pasquali, machte Vorstellungen. Da der Car- dinal von Alexandria drängte, verfügte der Herzog endlich, alle Bücher, die gegen die Religion oder über Magie und Astrologie handelten, sollten verbrannt werden, was denn auch am 8. März 1559 auf der Piazza San Giovanni und Santa Croce feierlich geschah, die übrigen vorläufig nicht. Den Mönchen von San Marco, welche das Decret wörtlich ausführen wollten, verbot der Herzog als Patron des Klosters, die von seinen Vor- gängern geschenkten Bücher zu verbrennen.

Ausserhalb Italiens wurde, abgesehen von Avignon, -— das Decret noch weniger ausgeführt. In Spanien wurde der Index Pauls IV. nicht berücksichtigt 27), und als er in der Sitzung der Sorbonne vom 16. Juni 1559 mit der Bitte um die Erlaubniss zum Drucke vorgelegt wurde, beschloss dieselbe, ehe sie den Abdruck gestatte, ihn zuvor durch einige Doctoren sorgfältig prüfen zu lassen ^). Er wurde in Paris nicht gedruckt.

Benito Arias Montane sagt: „Der Index empörte alle Ge- lehrten, die davon Kunde erhielten. Er fand in Frankreich und in dem grössern Theile von Italien keinen Gehorsam und in Spanien wurde nicht erlaubt, ihn zu publiciren" ^). Selbst in der Vorrede zu dem Trienter Index wird bemerkt, man habe in

ausführlich über die Verhandlungen in Florenz: Si attendcvano le reso- luzioni delli altri governi, ma i Veueziani dissimulavano, il Vicere di Napoli e il Governatore di Milano ne aveano parte al Re in fiandra u. s. w. Vgl. Cantü, Gli eretici II, 488.

1) Arg. I ad ind. XXI. II a 278.

2) Brief vom 16, Nov. 1571. Memorias de la R. Acad. de Hist. VII, 154.

Moderatio Indicis von 1561. 299

Trierit coustatirt, class der Index Pauls IV. in einigen Provinzen und an einigen Orten darum bis jetzt nicht angenommen worden sei, weil darin einige Bücher verboten würden, deren Verbot für Gelehrte grosse Unzuträglichkeiten habe.

Eine von den in dem Index Pauls IV. enthaltenen drakoni- schen Bestimmungen wurde im Auftrage seines Nachfolgers Pius' IV. von dem General-Inquisitor Card. Michael Ghislieri (später Pius V.) durch eine vom 24. Juni 1561 datirte Moderatio Indicis librorum prohibitorum etwas geändert:

„Bezüglich der Bücher von rechtgläubigen Vätern und anderen gläubigen oder noch nicht verworfenen ungläubigen Schriftstellern, welche von Ketzern übersetzt, gedruckt oder herausgegeben worden sind, ist bestimmt worden, dass man dieselben nicht lesen oder be- halten dürfe ohne eine schriftliche Erlaubniss von dem Ofücium der h. Römischen Inquisition oder von den Commissaren desselben h. Officiums oder von den Inquisitoren oder ihren Vicarien. Diese Erlaubniss ist aber niemand zu ertheilen, wenn nicht zuvor die Vornamen, Zunamen, Anmerkungen, Scholien, Censuren, Argumente, Summarien und alle anderen Spuren des Andenkens und der Thä- tigkeit aller derjenigen, die in der 1. Classe des Index des h. Ofticiums verzeichnet sind , wegradirt oder so durchgestrichen sind, dass sie nicht gelesen oder wahrgenommen werden können. Sobald aber solche von Ketzern übersetzte, herausgegebene oder gedruckte Schriften durch Schriftsteller von bewährtem Glauben neu herausgegeben und zugänglich gemacht sein werden, soll jede er- theilte Erlaubniss als zurückgenommen und ungültig angesehen werden."

Es ist charakteristisch, dass der spanische General-Inqui- sitor Valdes den Inquisitoren befahl, dieses Beeret nicht zu publiciren, bis der König verfügt haben werde ^). Vielfach gemildert wurden die Bestimmungen Pauls IV. in dem auf dem Trienter Concil vorbereiteten, 1564 publicirten Index.

Dass die Moderatio vom 24. Juni 1561 datirt war, gibt Zac- caria p. 147 an; sonderbarer Weise bezeichnet er aber Paul IV., der schon 1559 gestorben war, als denjenigen, der sie habe ver- öffentlichen lassen. Derselbe Irrthum findet sich bei Heymans p. 157 und A. J. P. II, 2624, wo von der Moderatio gesagt wird: „Das sind die Concessionen, die Paul IV. dem Unglück der Zeiten und der menschlichen Schwachheit machte". Mendham meint irr- thümlich p. 43, die Moderatio gehöre zu dem Index Pauls IV., weil er sie (ohne Datum) in seinem Exemplare fand (s. o. S. 259 Anm. 2). Wäre sie ein Bestandtheil des Index von 1559, so müsste

1) Llorente I, 472.

300 Index des Valdes von 1559.

sie sich, was nicht der Fall ist, in allen Exemplaren der Qiiart- ausgabe, in der Oetavausgabe und in dem Abdruck des Vergerio finden. Wenn sie in [dem Münchener Exemplar] der Ausgabe von Bologna (S. 260) vor dem am Schlüsse befindlichen Imprimatur des Inquisitors steht, so lässt das vermuthen, dass diese Ausgabe erst 1561 gedruckt ist und das Datum auf dem Titelblatt, 17. Jan. 1559, das Datum eines frühern Druckes oder der ersten Publica- tion des Index in Bologna ist.

Joh. Herold in Basel bat den Cardinal Otto Truchsess, Bischof von Augsburg, er möge sich dafür verwenden, dass sein und seines Ver- legers Herwag Name aus dem Index entfernt werde. Der Cardinal antwortete d. d. Rom 10. Oct. 1562 : eine derartige Verwendung sei nicht möglich, so lange nicht ,,die Unschuld" von Herolds Schriften erwiesen sei; er möge also zunächst irgend einen Beweis seiner katholischen Gesinnung für diejenigen liefern, welche eine andere Meinung von ihm hätten, und die Kirche versöhnen, wenn er etwas Anstössiges gesagt oder geschrieben, was ihm ja nach dem, was er über seine Gesinnung in seinem Briefe sage, nicht schwer fallen werde ; vor allem müsse er in den Büchern, für welche er die päpstliche Genehmigung wünsche, die Namen der verdammten Schrift- steller streichen, auf deren Autorität er sich stütze; er möge doch diese Erinnerungen beachten, damit nicht die Ausgabe der Werke des gelehrten und heiligen Mannes, von der er spreche (Herold hatte also wohl für eine von ihm beabsichtigte Ausgabe eines Kir- chenvaters eine Gutheissung oder vielmehr ein Nicht-Verbieten von Seiten des Papstes gewünscht), „um des Herausgebers willen das Licht der Kirche, die er durch seine Schriften erleuchtet habe, zu meiden genöthigt werde" *).

27. Der Index des spaiiisclien General-Inquisitors Valdes vom J. 1559.

Valdes publicirte, wie wir gesehen, 1551 den Löwener Index mit einem Anhange, 1554 einen Index expurgatorius zu lateinischen Bibelausgaben. 1559 veröffentlichte er den ersten selbständigen spanischen Index prohibitorius ^). Er erschien einige

1) Der Brief von Herold ist nicht gedruckt, die Antwort des Car- dinais in Jul. Pogiani Epp. II [, 149.

2) Cathalogus Librorum, qui prohibentur mandato Illustrissimi & Reverend. D. D. Ferdinandi de Valdes, Hispaleu. Archiepi, Inquisitoris Generalis Hispaniae. Nee non et Supremi Sanctae ac Generalis Inquisitionis Senatus. Hoc Anno M.D.LIX. editus, Quorum jussu & licentia Sebastianus

Index des Valdes von 1559. 801

Monate später als der Index Pauls IV., das betreffende Edict ist Valladolid 17. Aug. 1559 datirt, nimmt aber neben diesem eine selbständige Stellung ein.

In diesem Index ist ein Breve Pauls IV. vom 4. Jan. 1559 ab- gedruckt, welches für das Verhältniss der spanischen Inquisition zu dem Römischen Stuhle charakteristisch ist. Der Papst sagt darin: Valdes habe ihm neulich vortragen lassen, dass er als General-Inquisitor in Spanien gegen die ketzerischen und ver- dächtigen Bücher einschreite, dass aber viele Geistliche und Laien vorgegeben hätten, sie hätten von dem apostolischen Stuhle die Erlaubniss, solche Bücher zu lesen, um sie zu wider- legen; er bitte also den Papst um Abhülfe. Er habe, fährt der Papst fort, kürzlich alle derartigen Ermächtigungen zurtickge- genommen (folgt in extenso das Breve vom 21. Dec. 1558; s.o. S. 261) und beauftrage Vald6s, nicht zu gestatten, dass irgend jemand die besagten Bücher behalte, lese, drucke oder verkaufe, vielmehr alle zu nöthigen, dieselben abzuliefern, diejenigen, von denen ihnen bekannt sei, dass sie solche Bücher hätten, anzu- zeigen u. s. w., gemäss den ihm als General-Inquisitor über- tragenen Vollmachten, mit Ausschliessung jeder Appellation (juxta facultates tibi in officii hujusmodi concessas, appellatione postposita).

Von dem Römischen Index, der eben damals gedruckt oder im Drucke war, sagt Paul IV. in diesem Breve nichts. Er scheint also vorausgesetzt zu haben, dass die spanische Inquisition selb- ständig für Spanien das zu thun habe, was die Römische Inqui- sition für die übrige Welt. Auch in dem vor dem päpstlichen Breve stehenden Edicte erwähnt Valdes den Römischen Index, obschon er ihn gewiss gekannt hat, mit keiner Silbe.

In diesem Edicte gibt Valdes zunächst den Inhalt des päpstlichen Breve's an, und sagt dann weiter: Da er erfahren, dass einige die Vorschriften des Breve's nicht beachteten und verbotene Bücher besässen, läsen und aus anderen Ländern ein- führten, unter dem Vorgeben, sie wüssten nicht, welche Bücher

Martinez Excudehat. Pinciae. Auf der Eückseite des Titelblatts Phil. 4, (8. 9); am Ende Fue impresso en Valladolid. En casa de Sebastian Martinez. Afio de 1559. Pedro de Tapia. 72 S. 4.* (München, Univ.).

302 Index des Valdes von 1559.

verboten seien, so habe er im Einverständnisse mit dem obersten Inquisitionsratbe beschlossen, die Bücher durch gelehrte und gewissenhafte Männer prüfen und ein Verzeichniss derjenigen, die zu lesen nicht gestattet sei, anfertigen und drucken zu lassen. „Hiermit verordnen wir, heisst es weiter, dass niemand die in diesem Catalog verzeichneten oder andere Bücher, welche von ketzerischen Verfassern sind oder Irrthümer und Ketzereien ent- halten, behalten und lesen, drucken, einführen oder verkaufen soll, bei Strafe der grössern Excommunication latae sententiae und 200 Goldducaten. Auch soll gegen die Uebertreter als der Ketzerei Verdächtige eingeschritten werden." Sonderbarerweise werden mit der Excommunication und der gleichen Geldstrafe auch diejenigen bedroht, welche „den Catalog drucken, verkaufen, oder ausführen, ausser Seb. Martinez, dem wir den Druck über- tragen." Schliesslich werden die Inquisitoren beauftragt, für die Publication des Edictes, namentlich in den Kirchen durch die Prediger zu sorgen. Am Schlüsse des Index (S. 72) wird eine Vermehrung desselben in Aussicht gestellt: „Alle in diesem Verzeichnisse enthaltenen Bücher werden verboten und es wird befohlen, dass niemand sie behalte. Es werden noch viele andere Bücher untersucht (se estan viendo), und wenn sich darunter Bücher von falschen, schlechten oder verdächtigen Lehren finden sollten, werden sie verboten und den in diesem Verzeichnisse enthaltenen beigefügt werden''.

Raynaldus a. 1559, 15 21 theilt aus dem Liber brevium Pauli IV. noch mehrere interessante Breven aus der ersten Hälfte des Januars 1559 mit. In einem derselben, vom 5. Jan., wird bei Strafe der reservirten Excommunication allen Beichtvätern in Spanien befohlen, die Beichtenden sorgfältig zu fragen, ob sie Bücher von Ketzern oder der Ketzerei Verdächtigen oder andere von dem Papste oder von dem Greneral- Inquisitor verbotene Bücher besitzen . . . oder von derartigen Büchern Kenntniss haben oder andere kennen, die sich in dieser Hinsicht etwas haben zu Schulden kommen lassen ; eventuell sollen die Beichtenden nicht eher absolvirt werden, bis sie die Bücher abgeliefert und der Inquisition Anzeige gemacht. Durch ein Breve vom 7. Jan. wird der Inquisition zur Bestreitung ihrer Kosten je ein Canonicat und eine Präbende in jedem Capitel überwiesen. In einem Breve vom 4. Jan. wird der General- Inquisitor mit dem obersten Rathe ermächtigt, Ketzer, von denen mit Wahrscheinlichkeit vermuthet werden kann, dass sie ihre Ketze- reien nicht aufrichtig, sondern nur um frei zu werden, abgeschworen und dass sie nach Wiedererlangung der Freiheit dieselben zu ver-

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Index des Valdes von 1559. 303

breiten fortfahren könnten, auch wenn sie nicht Rückfällige sind, dem weltlichen Arme zu übergeben, um sie nach seinem Ermessen hinrichten zu lassen. Durch ein Breve vom 7. Jan. wird Yaldes für zwei Jahre ermächtigt, auch gegen Bischöfe wegen Ketzerei ein- zuschreiten und sie nöthigenfalls zu verhaften; er soll aber darüber sofort an den Papst berichten und die Gefangenen und die Acten nach Rom schicken (diese Vollmacht hatte sich Valdes, wie wir sehen werden, geben lassen, um gegen den Erzbischof Carranza von Toledo vorgehen zu können). Durch ein Breve vom 11. Jan. wird Philipp II. aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das, was der Papst Valdes aufgetragen, auch durch seinen königlichen Befehl zur Aus- führung gebracht werde.

Wenige Jahre vorher waren die Beziehungen zwischen Rom und Spanien weniger freundlich gewesen : Paul IV. nahm Bullen zurück, in denen der spanischen Regierung Privilegien verliehen waren, namentlich die einträgliche Bula de Cruzada, und wollte Philipp II. excommuniciren und absetzen, dieser jenen mit Krieg überziehen. Philipp II. liess 1556 (angeblich durch Martin de Azpilcueta) eine Denkschrift über die Feindseligkeiten des Papstes, in der starke An- klagen gegen ihn vorgebracht werden, anfertigen und Bischöfen und Theologen zur Begutachtung vorlegen. Melchor Cano, Soto und andere Theologen erklärten in ihren Grutachten, der Papst könne jene Bullen nicht ohne Einwilligung des Königs zurücknehmen und der König dürfe den Papst als Souverän des Kirchenstaates be- kriegen. Cano, der schon 1548 in Rom denuncirt war, wurde im April 1556 von dem Auditor der apostolischen Kammer citirt, die Citation aber von der Regierung zurückgehalten*).

lieber die Vorgeschichte des Index von Valdes berichtet Llo- rente (I, 468) folgendes: Im J. 1558 erliess die Inquisition eine neue Instruction für die Inquisitoren : alle auf dem Index [dem von 1551 und dem handschriftlichen, S. 133] stehenden Bücher seien zu confisciren, die ketzerischen zu verbrennen; die dem Melanchthon zugeschriebenen Schollen und Noten in. grammatischen Büchern seien zu tilgen; die verdächtigen Bibeln seien zu untersuchen, desgleichen alle in Deutschland seit 1519 ohne Angabe des Verfassers und Druckers erschienenen Bücher [im Index werden alle seit 1525 er- schienenen Bücher der Art verboten]; die Uebersetzungen des Theo- phylaktus von Oecolampadius und des Chrysostomus von diesem und Wolfg. Musculus seien zu confisciren, die Gommentare von Ketzern zu katholischen Werken zu tilgen u. s. w. Francisco San- chez, Prof. zu Salamanca, der seit mehreren Jahren bei der Revi- sion der Büeher beschäftigt worden war, trug darauf in einer Ein- gabe an die Superma in neun Artikeln Zweifel und Anträge vor,

1) Llorente I, 466. F. Caballero, Conquenses illustres. FI. Melchor Cano, 1871, p. 279. 382. In der Citation heisst es: Perditionis filius Melchior Canus, diabolicis motus suasionibus, non erubuit praedicare, antichristum venisseu. s. w. Vgl. Döllinger, Beitr. I, 217.

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und diese verordnete nun weiter: die Professoren, welche orienta- lische Sprachen studirten, seien von der Verpflichtung nicht befreit, hei Strafe der Excommunication die hebräischen und griechischen Bibeln [zur Revision ?] abzuliefern; bei den Buchhändlern seien diese zu sequestriren ; die Besitzer von nicht auf dem Index stehenden hebräischen, griechischen und arabischen Büchern seien nicht zu be- unruhigen; die Verordnung über die ohne Angabe des Druckorts erschienenen Bücher beziehe sich nur auf neue und verdächtige Bücher [also nicht auf Neudrucke von patristischen und anderen älteren Wer- ken]; den Pomponius Mela mit dem Commentar des Vadianus und' ähnliche Bücher dürfe man nicht behalten unter dem Vorgeben, dass sie fast nichts Schlechtes enthielten und dass man die anstfjssigen Stellen ausstreichen wolle; sie seien vielmehr als verboten anzu- sehen, bis die Inquisition sie untersucht habe; alte Bücher, Schrif- ten der Kirchenväter und mittelalterlichen Theologen, auch Lucian, Aristoteles, Plato, Seneca und dgl. seien nicht verboten.

Wenn Llorente angibt, die Inquisition habe in diesem Erlass angekündigt, sie werde die vorhandenen Indices, namentlich den Löwener und den portugiesischen und den zu Rom auf Befehl des Papstes angefertigten, in einen einzigen Index vereinigen lassen, so kann das richtig sein; bei dem portugiesischen Index wird man an einen handschriftlichen denken müssen, denn ein gedruckter er- schien erst 1564. Wenn aber Llorente weiter sagt, Valdes habe auf Sahchez' Rath in seinen Index alle Bücher aufgenommen, die in den genannten und in den älteren spanischen Indices gestanden, so entfernt sich das bezüglich des Römischen Index sehr weit von der Wahrheit.

Formell unterscheidet sich der Index des Valdes von dem Pauls IV. in zwei Punkten:

1. Die Bücher werden nach Sprachen unterschieden: an der Spitze steht das Verzeichniss der lateinischen Bücher (S. 13—46); dann folgen die Verzeichnisse der spanischen (libros en romance, S. 47—66), flämischen oder niederdeutschen (libri teu- tonici, S. (56), hochdeutschen (libri alemanici, S. 69), französischen (S.70) und portugiesischen (S. 71). Die beiden ersten und umfang- reichsten Verzeichnisse sind (nicht ganz genau) alphabetisch ge- ordnet.

2. Die Eintheilung in drei Classen hat Valdes nicht, etwas der 1. Classe Analoges insofern, als von vielen Schriftstellern opera omnia verboten werden. Die Formel donec corrigatur kommt auch bei Valdes nicht vor.

Materiell unterscheidet sich die lateinische Abtheilung des spanischen Index von dem Römischen namentlich dadurch, dass sie viel weniger reichhaltig ist. Von den etwa 50 Namen, die

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bei Paul IV. unter A und B in der 1. Cl. stehen, finden sich bei Valdes nur 8 mit opera omnia, 7 mit einzelnen Schriften, darunter freilich einige, von denen eben nur diese Schriften existiren (wie die Pseudonymen Antonius Anglus, Aretius Felinus). Von den zahlreichen vorreformatorischen Schriftstellern (und Nicht-Schriftstellern), die bei Paul in der 1. Cl. stehen, finden sich bei Valdes nur diejenigen, die auch im Lov. stehen. Auch Bücher, wie sie bei Paul in der 2. und 3. Cl. stehen, finden sich bei Valdes in geringerer Zahl: bei jenem stehen unter A und B 60, bei diesem, die Bibeln nicht mitgerechnet, 15, und noch 6 in der spanischen Abtheilung.

Der Index des Valdes ist auch für die Geschichte des Rö- mischen Index von Wichtigkeit, weil er die Grundlage des nächsten spanischen Index, des von Quiroga vom J. 1583, dieser aber von Sixtus V. sehr stark benutzt worden ist.

Die Grundlage des Vald^s'schen Index bildet der Löwener von 1550 resp. dessen spanische Ausgabe von 1551 (Lov. 58 ist nicht benutzt). Wahrscheinlich ist einiges aus Par. undVen., vielleicht einzelnes aus Paul IV. aufgenommen, sicher, jedoch nur sparsam auch Gesner benutzt')- Aber sehr viele Bücher sind ohne Zweifel auf Grund einer Untersuchung durch die spanische Inquisition aufgenommen.

Was im Lov. steht, ist so gut wie alles aufgenommen, die paar Kleinigkeiten, die fehlen, sind wohl nur durch ein Versehen weggelassen, einiges wörtlich; von manchen Schriftstellern, von denen Lov. einzelne Schriften verbietet, verbietet V. mehr oder alle; hie und da sind die Namen oder die Büchertitel (ohne Zweifel aus Gesner) vervollständigt-). Wo V. bei den nicht im Lov. stehenden

1) Dass Gesners Bibliothek benutzt worden, zeigt die Thatsache, dass Yen. von der Schrift des Didymus Faventinus, (S. 233) die Ueberschriften der einzelnen 6 Abschnitte gerade so gibt, wie sie bei G. stehen ; er hat sie aber für selbständige Bücher gehalten (Did. Faventinus Oratio u. s. w., Ejusdem Reprobatio philosophiae u. s. w.) und so Did. Fav. zu einem fruchtbaren Schriftsteller gemacht.

2) Merkwürdiger Weise steht die Dialectica Jo. Caesarii, die im Lov. unter den empfohlenen Schulbüchern steht, seit V. im span. Ind. anter den verbotenen Büchern. Dass Caesarius, der hervorragendste rheinische Humanist, der 1551 als Katholik in Köln starb, mit Bullinger

Keusch, Index. 20

B06 index des Valdes von l55Ö.

Sachen mit Par., Ven., P. oder G. übereinstimmt, ist allerdings walirsoheinlich, dass er eine dieser Quellen benutzt hat, aber in den meisten Fällen nicht auszumachen, welche, weil dieselben Sachen in der Regel in mehreren vorkommen, wie Polydorus Yergilius und Hippophilus Melangeus bei Par. und P., Jac. Faber bei Par., Ven. und P. u. s. w. Die Benutzung von P. ist höchstens bei einigen Nummern anzunehmen. Dass Y. von P. nicht abhängig ist, zeigt ausser der Weglassung vieler Namen und Büchertitel (s. o.) auch die Thatsache, dass er von manchen Autoren, die bei P. in der 1. Cl.^ stehen, sogar von Erasmus, nur bestimmte Bücher verbietet.

Einige Schriftsteller, von denen Y. alle Schriften verbietet, sind durch Tr. oder durch S. Cl. in die 1. Cl. gekommen. Der einzige, der wirklich dahin gehört, ist Jo. Atrocianus (von Y. wahr- scheinlich aus G. entnommen). Yincentius Grunher (im Rom. In- dex noch jetzt Y. Gruncher) wird Y. Grüner sein, den G. als Ver- fasser eines Buches über die Messe und als decanus gymnasii Lip- siensis, aber aus der Zeit der Gründung der dortigen Universität durch die aus Prag ausgewanderten Deutschen, erwähnt. Conra- dus Gibelius Tigurinus ist C. Grebelius, von dem GA. eine Vorrede zu einer Ausgabe des Pomponius Mela und einige noch nicht ge- druckte Epigramme anführt; er steht seit Tr, in der 1. Cl., seit Cl. wie bei Q. als C. Gibelius s. Grebelius Tig., seit Ben. als C. Gre- belius Tig.

Während V. von den Genannten alle Schriften verbietet, wird merkwürdiger Weise in diesem spanischen Index zuerst von einem deutschen Juristen ein in Italien gedrucktes einzelnes Buch verboten: Jo. Muslerii liber ex captivitatis tenebris ab orco in lucem redactus. Jo. Muslerius (Muschler), geboren zu Oettingen 1502, ein Schüler des Petrus Mosellanus, er hielt 1525 auf diesen eine Gedächtnissrede, hielt sich von 1534 an einige Jahre in Padua auf. In dieser Zeit Hess er zu Venedig eine Sammlung von kleinen Schriften drucken ; aber in Folge einer Denunciation von Padua aus wurde die ganze Auflage vor Vollendung des Drucks confiscirt, und erst nach einem halben Jahre wurden ihm die Exemplare stark ver- stümmelt ausgeliefert; einige Aufsätze waren ganz beseitigt, aus einem einige Bogen, in einigen Worte, Zeilen und halbe Seiten ge- strichen. In diesem Zustande wurde das Buch veröffentlicht mit dem Titel : En tandem libellus ex captivitatis tenebris quasi ab orco in lucem a Venetis Principibus revocatus privilegioque auctus. Qui quid contineat, aversa pagella facile indicabit. Cum gratia et privi- legio. Ven. 1539 (mit einem Privileg des Dogen Andrea Griti vom 10. Sept. 1538). Das Buch enthält eine zu Padua gehaltene Rede de liberalibus disciplinis cum jurisprudentia conjungendis, einige Streitschriften gegen persönliche Gegner und Briefe. Gestrichen

correspondirt und Melanchthon ihm 1541 die Epistola de conventu Rati- spon. gewidmet hatte (Zts. des berg. Gesch.-V. 1869, 224), hat man doch in Spanien wohl nicht gewusst. Im Rom. Index steht er übrigens nicht.

index des Valdes von 1559. SO?

sind namentlich einige heftige Stellen gegen seine Feinde, ein Aus- fall gegen impii sacrificales und einige Lobsprüche auf deutsche protestantische Gelehrte ^). Den Spaniern ist, wie Valdes' Index zeigt, die Expurgation nicht gründlich genug gewesen. Aber bei Valdes wird doch nur dieses Buch verboten; im Rom. Ind. steht Musler seit Tr. in der 1. Cl., obschon er sonst nur Signa in artem notandi, Lpz. 1553, Super 1 Digesti veteris de statu hominum und einige akademische Reden herausgegeben (einer derselben ist das Vaterunser und Ave Maria in Versen von dem Bischof Lucas Gau- ricus beigedruckt, die dieser Musler als Zeichen der Freundschaft geschenkt).

Von Jo. Schoner, der bei P. in der 1. Cl. steht, verbietet V. nur De nativitatibus , d. i. De judiciis ilativitatum 11. 3 cum praef. Ph. Melanchthonis. Der Antw. Exp. verordnet, Melanchthons Namen und was etwa in der Vorrede Anstössiges vorkomme, zu streichen, und erklärt, in dem Buche selbst sei nichts zu be- anstanden als eine oft vorkommende Initiale mit einer anstössigen Verzierung^); es werden dann noch einige andere mathematische und astrologische Schriften Schoners genannt, in denen man nichts Bedenkliches gefunden. Gleichwohl blieb er in der 1. Cl. (auch in den späteren span. Indices). Von Leonhard Fuclis dagegen werden bei V. wie bei P. alle Werke verboten, drei medicinische Bücher aber noch speciell genannt und in der span. Abtheilung Herbario de Fusio en romance. Ein anderes medicinisches Buch ist aus V. Q. in den Rom. Index gekommen : Kalzii liber de sanitate tuenda ; erst Ben. hat den richtigen Namen: Jo. Katzschius, De sanitate guber- nanda secundum sex res non naturales. Fabulae Laurentii Ab- stemii et Gilberti Cognati, quae adduntur fabulis Aesopi vel ubi- cunque scriptae sint, wurde mit Weglassung von quae u. s. w. schon von Tr. aufgenommen. Unter den Fabeln (und Anekdoten) nament- lich in dem Hecatomythium s. 100 fabulae des Lorenzo Bevilacqua (so hiess Abstemius), welches zuerst Ven. 1495 mit dem Aesop ge- druckt wurde, finden sich allerdings auch solche, die obscön und anticlerical zugleich sind ^).

V. ist der erste, welcher Alberti Krantzii Hamburgensis Ecclesiastica historia s. Metropolis verbot; S. Cl. verboten allgemein seine Historiae seu Chronicae d. c, und Bras. lieferte dann eine Ex- purgation zu den einzelnen Werken nach der Frankfurter Ausgabe von 1575 80. Bellarmin sagt: die Bücher von Krantz (f 1517) seien wegen „der von den Ketzern beigefügten gottlosen Randnoten"

1) Francus p. 138. Altes und Neues (von J. G. Weller), 1762, I, 266—276. N. Lit. Anz. 1808, 151.

2) In initiali littera D saepius repetita (nam eiusmodi typi decorari solent, maximi si sint) caput Pontificis cum diademate et ex adverso dia- bolus diploma sive bullam Pontifici ostendens.

3) Bayle und Biogr. univ. s. v. Lessing, Werke 1842, IV, 120.

30Ö Index des Valdes von 1559.

verboten worden, und Bras. verordnet allerdings namentlich das Weglassen der Vorreden der Herausgeber Nie. Cisnerus und Job. Wolf und des Druckers Andreas Wechel und das Streichen vieler Randnoten; aber auch im Texte werden viele Stellen (z. B. der Satz Quid enim hodie per dispensationem apostolicam non obtinetur?j, ja ganze Capitel (Saxonia 4^ 10. 11 über die Constantinische Schen- kung) gestrichen, und Sot. erwähnt ausdrücklich, auch in den Wer- ken von Krantz kämen manche anstössige Dinge vor'). Seit Ben. werden die Titel der einzelnen Werke nach der Frankfurter Ausgabe wie bei Bras. angegeben.

Von den antipapistischen Schriften des Mittelalters findet sich zuerst bei V., dann bei S. CI. die Querimonia Friderici II., seit Ben. mit vollständigerm Titel unter Petrus de Yineis: Querimonia Fri- derici II. Imp. qua se a Rom. Pont, et cardinalibus immerito per- secutum et imperio dejectum esse ostendit, Hagenau 1529.

Nur S. hat aus Y. Q. aufgenommen Speculum exemplorum [om- nibus christicolis salubriter inspiciendum, ut exemplis discant dis- ciplinam], eine dem Karthäuser Aegidius Aurifaber f 1466 zuge- schriebene Sammlung von erbaulichen (und unerbaulichen) Anek- doten aus den Dialogen Grregors des Grossen, Beda, Vincenz von Beauvais, Cäsarius von Heisterbach u. a. , aus deutschen Büchern und eigenen Erlebnissen, namentlich zum Gebrauch für Prediger, DeventerUSl (502 S. kl. fol.) und sonst gedruckt^). Sot. bemerkt, nur diese älteren Ausgaben seien verboten, nicht die von dem Je- suiten Joh. Major besorgte Umarbeitung: Magnum spec. ex. ex plus quam 80 auctoribus u. s. w. (Douay 1605 u. s.). Dagegen steht (aus Q.) seit S. Cl. im Rom. Ind. (noch jetzt) eine andere Samm- lung von Geschichten und Legenden zur Unterhaltung und Erbauung und zur Benutzung für Predigten, die Gesta Romanorum, wahr- scheinlich zuerst von dem Cistercienser Helinand f 1227 angelegt, von anderen vielfach vermehrt, seit 1472 oft gedruckt-'). In der Legenda aurea des Jacobus a Yoragine f 1298 wird von Liss. 1624 und Sot. eine einzige Stelle im 6. Buche (in der Ausgabe Lyon 1540) gestrichen. In diesen beiden Indices wird auch Caesa- rius von Heisterbach um 1200 (Köln 1591. Antw. 1605 zuerst Köln 1481) verboten, donec prodeat expurgatio. Im span. Ind.

1) Vgl. A. D. B. 17, 43. Döllinger, Reform. I, 491.

2) Freytag 885. In dem Prolog heisst es : Sis licet Doctor theologus, non vereare unum aut duo vel ad majus tria exempla ex hoc Speculo coUecta materiae praedicandae inserere. J. B. Thiers, Des superstitions I, 92 citirt aus M. Canus, Loci 11, 6: Nee libri illius auctorom excuso, qui Speculum exemplorum inscribitur, nee historiae otiam ejus, quae Legenda aurea nominatur. In illo enim miraculorum monstra saepius quam vera miracula legas, hanc homo scripsit ferrei oris, plumbei cordis, animi certe parum severi et prudentis.

3) Grässe, Lit.-Gesch. III, 1, 427.

Index des Valdes von 1559. 309

steht seit V. auch Nicolai Hanapi Exempla virtutum et vitiorum, das Buch des Dominicaners Nicolaus von Hanaps im Erzhisthum Rheims, der von Nicolaus IV. zum Patriarchen von Jerusalem er- nannt wurde und 1291 zu Acco starb, welches im 16. Jahrh. wie- derholt gedruckt wurde als Exempla . . . sive Biblia pauperum, unter diesem Titel auch unter den Werken Bonaventura's ^), Das auch in den Rom. Index übergegangene Exempla v, et v. sine au- thore ist wohl nicht eine anonyme Ausgabe desselben Werkes^), sondern Ex. v. et v. atque etiam aliarum rerum maxime memora- bilium (so seit Ben.), gr. et lat., Basel 1555. Manipulus cura- torum, seit Y. in den span. Indices (auch in der span. Abtheilung), im Rom. nur bei S., überall ohne nähere Angabe, kann doch wohl nur das im 14. Jahrh. von Guido de Monte Rocherii verfasste, vor löOO etwa 60mal und wiederholt im 16. Jahrh. gedruckte Buch sein, „ein zweckmässiges Hülfsbuch für Pfarrer und Beichtväter, welches im 2. Theile von dem Sacrament der Busse, im 1. von den anderen Sacramenten , im 3. von dem Grlauben und den zehn Ge- boten handelt" ^).

V. verbietet die Contemplationes Idiotae, ein ascetisches Werk des Rayraund Jordanis, Augustiner - Abt von Celles in der Diocese Bourges um 1380^^), welche Jac. Faber Stapulensis, Paris 1519, herausgegeben. Q,. beschränkte das Verbot auf Uebersetzungen in der Volkssprache; S. setzte aber: Contemplatio Idiotae quoc. ser- mone edita, was indess Cl. strich. Bellarmin lobt das Werk und Bras. verordnet in der Expurgation der Bibliotheca Patrum, worin das- selbe abgedruckt ist, p. 161 nur die Beifügung einer erläuternden Note zu einer Stelle. Eine grössere Rolle spielen in der Ge- schichte des Index drei kleine ascetische ^Schriften des Minoriten Heinrich von Herp (aus Erp in Brabant f 1477, der Name wird auch Herpf, Harphius u. a. geschrieben und sogar mit Citharoedus übersetzt, als hinge er mit Harfe zusammen), den Card. Bona, Ma- billon u. a. zu den besten Schriftstellern über mystische Theologie zählen'^). Sie wurden als Henrici Citharoedi vel Harphii Theolo- giae mysticae 11. 3 zu Köln 1538 gedruckt (das 2. Buch, welches später besonders Anstoss erregte, ist eine unter dem Titel Directo- rium aureum contemplativorum von dem Kölner Karthäuser Peter von Blomevenna f 1536 besorgte lateinische Uebersetzung einer flämischen Schrift von Herp) und nochmals mit einer Widmung des Karthäusers Bruno Jjoher an Ignatius von Loyola 1555. Dieses Buch wurde also von V. und Q,. verboten. In Rom erschien nun

1) Busse 1471. Marchand I, 289.

2) Liss. 1624 sagt freilich, das Buch des Hanapus stehe sine nomine im Rom. Index.

3) Geffcken, Bilderkatechismus S. 35.

4) Busse § 1700. Vgl. Th. Raynaud, Erotem. p. 246 (Apop. p. 44).

5) A. D. B. 10, 617.

310 Index des Valdes von 1559.

1585: Theol. myst. H. Harphii 0. Min. 11. 3, nunc denuo . . . plu- rium theolugorum opera castigati et correcti, addita introductione ad doctrinam libri 2. admodum necessaria per P. Petrum Paulum Philippum 0. P., und seit S. Cl. steht im Eöm., seit Sand, im span. Index: H. Harphii Theol. myst., nisi repurgata fuerit ad exemplar illius quae fuit impressa Romae 1585 *). Auf Grund dieser appro- birten Ausgabe erschien dann auch ein besonderer Index expurga- torius zu dem Werke ^). Die Angabe, Herp sei auf den Index gekommen wegen einer (harmlosen) Bemerkung über die superiores, qui alios regunt, und wegen des Ausdrucks: omnium, qui sumserunt" originem in tempore et in aet ernitat e^), ist unrichtig; die Existenz eines besondern Index exp. und die Expurgation bei Sot. zeigen, dass man mehr als dieses beanstandet hat. Die spanische Ueber- setzung eines Schriftchens von Herp, Espejo de perfeccion, wird in den span. Indices unbedingt verboten, während die italienische Ueber- setzung'*) in Rom nicht verboten wurde.

Das Verbot des Enchiridion militiae christianae auctore Jo. Justo Lanspergio Karthäuser f 1539 ist mit Beifügung von d. c. in den Rom. Ind. übergegangen. Liss. und Sot. lieferte eine starke Expurgation nicht nur der von V. verbotenen Ausgabe Com- pluti 1551, sondern auch der (nach dem Verbote erschienenen) „viel correctern" Ausgabe Köln 1607. Unbedingt wird wie bei V. Q. auch im Rom. Ind. verboten Fr. Francisci de Evia Praeparatio mortis (in den span. Indices auch eine span. Ausgabe).

V. verbietet Hortulus animae absque nomine authoris ; im Rom. Ind. steht seit S. Cl. und bei Sand. Hort, animae d. c. Es gab aller- dings Ausgaben dieses Gebetbuches oder Gebetbücher unter diesem Titel, welche einer starken Expurgation bedürftig waren. Marchand bespricht eine Ausgabe Strassb. 1500 mit abergläubischen und lächer- lichen Gebeten und obscönen Heiligenbildern^), und Clement^) eine Ausgabe Lyon 1517, worin 15 Gebete der h. Birgitta, und eine

1) Quetif H, 559. Ein Abdruck der Rom. Ausgabe Brixiae 1601. Sot. gibt die Expurgation (für das 2. Buch) für die Ausgaben Paris 1587 und Köln 1611, die also nicht expurgirt sind, und erwähnt eine Aus- gabe Valencia 1546.

2) Index expurgatorius in libros Theol. myst. D. Henr. Harphii, theologi eruditissimi, 0. Min. ... ad exemplar eorundem librorum Romae impressum collectus. Ex decreto S. D. N. Clementis VIII. Opera Car- thusianae familiae, jussu superiorum. Par. 1598. 8.

3) Poiret, Biblioth. script. myst., 1708, p. 116 bei Clement IX., 444.

4) Specchio della perfettione humana. Ven. s. a. De la perfectione humana Ven. 1522.

5) S. Ursule et autres vierges toutes nues et exposees aux attouche- ments impudiques d'un cavalier. Marchand I, 292.

6) Clement I, 349. In der ersten Ausgabe wird gesagt, der h. Bir-

Index des Valdes von 1559. 311

Ausgabe von Koberger in Nürnberg 1519, worin Gebete zu Maria mit Verheissungen von abenteuerlichen Wirkungen stehen. Expur- gatiouen der älteren Ausgaben sind indess nicht veröffentlicht wor- den; aber im Liss. 1624 und danach bei Sot. steht eine Expurgation von Hortulus animae. Libellus Horas E. V. et pia exercitia com- plectens, Antw. 1590'). Den Gebetbüchern hat V. überhaupt eine löbliche Aufmerksamkeit zugewendet. Er verbietet eine ganze Reihe von lateinischen und spanischen Horae B. iVI. V., quia conti- nent plura curiosa et superstitiosa, auch Compendium orationum [cum multis orationibus et psalmis contra inimicos] impr. Ven. per Jun- tas et alios (im Rom. Ind. seit S. Gl. mit d. c). Oratio domi- nica cum aliis quibusdam praecatiunculis graece cum lat. versione e regione posita, quibus adjunctum est alphabetum graecum, noch heute im Rom. Ind., wird das harmloseste unter den Gebetbüchern sein. Einige Schriften stehen bei V. und Q. und in Folge davon auch im Rom. Ind. ohne Namen des Verfassers : Ghronographia ecclesiae christianae, Basel 1551, seit Ben. (wie im Lov. 58) unter Henr. Pantaleon; Exemplorum variorum liber de apostolis et martyribus, sive seorsum sive conjunctus catalogo S. Hieronymi de eccl. scriptoribus, so noch jetzt, ohne Zweifel die im Lov. unter dem Namen des Herm. Bomius stehende Earrago praecipuorum ex. de ap., mart., episcopis et sanctis patribus veteris ecclesiae ; ~ Collectio figurarum omnium s. scripturae, im Rom. Ind. mit d. c,

gitta sei zu Rom geoffenbart worden, wer die 15 Gebete ein Jahr lang bete, aus dessen Familie würden 15 Seelen aus dem Fegfeuer befreit, 15 Sünder bekehrt und 15 Gerechte in der Gnade befestigt werden. In der zweiten wird ein Lied zu Maria als Mittel gegen Unbussfertigkeit empfohlen und als Beweis dafür angeführt : in Aragonicn sei 1290 ein Mann, der die Verse täglich gesungen, enthauptet worden, die ganze Seele aber so lange in dem Kopfe geblieben, bis er alle seine Sünden vollständig gebeichtet und die Lossprechung empfangen habe. Aehnliche Dinge stehen in einem Hortulus von 1516; s. Luthardts Zts. f. kirchl. Wiss. 1882, 363. Vgl. Riederer, Nachr. II, 157. Die angeführten und ähnliche Verheissungen sind ohne Zweifel gemeint, wenn im Index als im J. 1671 verboten stehen: Orationi, le quindici, di S. Brigida, nisi deleatur prologus. Auch der Port. Index v. 1624 p. 342 verordnet die Beseitigung des (mit Fuit quae- dam devüta beginnenden) „Prologes".

1) Einige Monita betreffen Druckfehler und kleine Ungenauigkeiten. Aber zu den Geboten der Kirche wird erinnert, dass „die Zehnten und Erstlinge entrichten" ausgelassen sei. In einem Gebete zu Maria soll: „Dir allein" in „Gott allein habe ich gesündigt" geändert und wo in einem Gebete vom Leiden Christi Maria als flens et semimortua bezeichnet wird, der letzte Ausdruck gestrichen werden (dieses Monitum kommt in den span. Indices auch sonst vor).

312 Index des Valdes von 1559.

wird Collectanea eomnmnium troporum s. scripturae von Barth. Westhemer sein (V. gibt die Titel auch sonst ungenau), und Epi- tome figurarum s. scr. ist vielleicht auch dasselbe. Commentarium Bibliorum, ohne Zusatz (noch jetzt) ist nicht zu identiliciren ; ebenso wenig Missa evangelica ^). Formula missae Wittenbergensis, welches auch erst durch 8. Cl. in den ßöm. Ind. gekommen, ist von Ben. vervollständigt zu Formula missae et communionis pro eccl. Wittenb. Opus M. Lutheri, also : Die Weyse der Mess und Grenyessung dess Hochwürdigen Sacraments für die christliche gemayn verdeutscht.^ Witt. 1524.

Aus V. Q. ist in den Eöm. Ind. gekommen : Expositio in epi- stolas Pauli ad Rom. et ad Gal., cujus praef. in ep. ad Rom. in- cipit u. 8. w. ; es werden auch die Anfangsworte der Expositio zum 1. Capitel angegeben. Der Titel ist trotz dieser Umständlichkeit unrichtig angegeben und erst von Ben. unter Commentarii berich- tigt : In Pauli ad Rom. et ad Gal. Epistolas Commentarii, Lugd. apud Seb. Gryphium 1544, 447 S. 8., mit einem Widmungsschreiben an Paul III., an dessen Schluss der Verfasser sagt: er habe sich nicht genannt, ut lectores de his scriptis liberius judicare possint. Im Par. ist das Buch nicht verboten.

Von der spanischen Abtheilung wird später die Rede sein; die flämische und die französische sind aus Lov. 50 abgedruckt; in der hochdeutschen sind aber neue Bücher beigefügt, und zwar mit ziem- lich genauer Angabe des Titels, so dass man annehmen darf, sie haben den Weg nach Spanien gefunden. Es sind einige kleine Schrif- ten von Caspar Huberinus, Melanchthon, Bugenhagen, eine Ausgabe von Luthers Enchiridion geistlicher Lieder, „Eine christliche Ver- manung an alle Stände u. s. w. durch Dr. Joh. Carion", und „En- chiridion dqs kleinen Catechismus Joh. Brentii in Fragen gestellt". Letzteres ist dann als Enchiridion parvi cat. Jo. Brentii in collo- quia redactum durch S. Cl. in die 3. Cl. des Rom. Ind. gekommen (noch jetzt).

28. Verhandlungen auf dem Trienter Concil 1562. 1563.

Als das Trienter Concil zum dritten Male zusammentrat, war man in Verlegenheit darüber, welche Gegenstände zunächst auf die Tagesordnung zu setzen seien. Die Legaten schrieben am 14. Dec. 1561 an den Cardinal Borromeo, sie hätten an den

1) Schriften mit dem Titel ,,Von der evangelischen Mess" von Caspar Kantz, Th. Münzer, Andr. Döber bei Weller 2108. 3067. 3401.

Verhandlungen in Trient 1562—63. B13

Index gedacht, meinten aber, es sei besser, den Mitgliedern des Concils die Auswahl der Berathiingsgegenstände zu überlassen. In Rom erklärte man sich daaiit einverstanden, dass über den Index verhandelt werde, und damit man nicht darum, weil Paul IV. schon einen Index publicirt. Bedenken trage, sich mit dieser Sache zu beschäftigen, wurde auf den Rath der Legaten das Concil durch ein Breve vom 14. Jan. 1562 dazu aufgefordert ^).

In der Generalcongregation vom 28. Jan. 1562 Hess der erste Legat, der Cardinal von Mantua (Hercules Gonzaga), ein Actenstück vorlesen, worin die Berathung über folgende Punkte als nöthig bezeichnet wurde: 1. die Prüfung der seit dem Auf- tauchen der Ketzereien geschriebenen Bücher und der an ver- schiedenen Orten von Katholiken herausgegebenen Censuren solcher Bücher; 2. die Berufung der bei dieser Sache interes- sirten Personen, damit sie nicht sagen könnten, sie seien unge- hört verurtheilt worden; 3. die Einladung an alle in Ketzerei Gefallenen, sich zu bekehren, mit Ertheilung eines ausgedehnten freien Geleites und Zusicherung grosser Milde für diejenigen, die der Einladung Folge leisten wollten. In der General- congregation vom 30 Jan. wurde dann das Breve vom 14. ver- lesen, worin es heisst: Mit wichtigeren Sachen möge man warten bis zur Ankunft der Bischöfe, die noch zu erwarten seien; einst- weilen möge man über eine Sache verhandeln, die der Papst schon früher dem Concil vorbehalten, über den von Paul IV. herausgegebenen Index und über die Missbräuche bezüglich der Herausgabe von Büchern, die einer Abstellung bedürften 2). Nachdem in mehreren Generalcongregationen lebhaft über die Sache discutirt worden, wurde in der Sitzung vom 26. Febr. 1562 folgender Beschluss gefasst:

„Da die Synode wahrgenommen, dass gegenwärtig die Zahl der verdächtigen und verderblichen Bücher, in welchen eine unreine Lehre enthalten ist und weit verbreitet wird, übergross geworden, was Anlass dazu geboten hat, dass viele Censuren in verschie- denen Provinzen und namentlich in der hehren Stadt Rom mit frommem Eifer verkündet worden sind, und dass doch diese so grosse und verderbliche Krankheit durch keine heilsame Arznei be-

1) Pallav. 15, 15, 2 und 18, 1.

2) Theiner I, 677. II, 534.

314 Verhandlungen in Trient 1562—63.

seitifft worden ist, so bescliliesst sie, duss einige für diese Unter- suchung ausgewählte Väter sorgfältig erwägen sollen, was bezüglich der Ceusuren und der Bücher zu thuen sei, und dass sie seiner Zeit der Synode darüber berichten sollen, damit diese um so leichter die mannichfachen und fremden Lehren gleichwie Unkraut von dem Weizen der christlichen Wahrheit sondern und darüber bequemer das erwägen und beschliessen könne, was geeignet erscheint, die Gemüther mancher zu beruhigen und den Anlass zu vielen Klagen zu beseitigen. Alles dieses bringt die Synode liiemit zur allgemeinen Kenntniss, damit jeder, welcher glaubt, dass das, was die Synode bezüglich dieser Angelegenheit der Bücher und Censuren oder be- züglich anderer Dinge zu verhandeln beschlossen, ihn angehe, nicht daran zweifle, dass er bei der Synode wohlwollendes Gehör finden werde".

Die Ernennung der Mitglieder der Index - Commission wurde den Legaten überlassen. Sie ernannten vier Erzbischöfe, darunter Anton Brus von Müglitz von Prag, welcher Vorsitzender wurde, neun Bischöfe, die Generale der Observanten und der Augustiner und einen Benedictiner-Abt. Die Wahl der Theologi minores wurde der Commission anheimgegeben. Der portugie- sische Dominicaner Francesco Foreiro fungirte als Secretär. Den bei den Arbeiten der Commission Betheiligten ertheilten die Legaten kraft päpstlicher Vollmacht (S. 182) die Erlaubniss, verbotene Bücher zu lesen*). Den übrigen Mitgliedern des Concils wurde anheimgegeben, ihre Vorschläge und Wünsche der Commission mitzutheilen.

Ueber die Verhandlung der Commission haben wir nur wenige Nachrichten. Sie beschloss, wie Forerius in der Vor- rede zu dem Trienter Index berichtet, nach langer Ueberlegung, den Index Pauls IV. mit einigen Weglassungen und Zusätzen beizubehalten, und entwarf ;,nach langer und vielfacher Bera- thung und nach Anhörung gelehrter Theologen aus allen Na- tionen" die allgemeinen Regeln, welche dem Trienter Index vorausgeschickt sind und durch welche die allgemeinen Be- stimmungen Pauls IV. bedeutend modificirt werden. Gegenstand specieller Verhandlungen waren u. a. die Schriften von Ray- mundus Lullus (S. 28), Barth. Carranza, der Talmud (S. 48). Von einigen Schriften (von Clemangis und Savonarola) wurden Expurgationen angefertigt, von anderen (z. B. Boccaccio) waren

1) Theiner II, 549.

Verhandlungen in Trieut 1562 6'6. 315

solche in Arbeit, als das Concil geschlossen wurde '). Die Ex- piirgation des Erasmus wurde der Pariser oder Löwener, die des Faber Stapulensis irgend einer theologischen Facultät oder General-Inquisition anheimgegeben. Von anderen Schriften (Ant. de Rosellis, Augustinus de Roma, Zabarella, Cuspinianus u. a.) wurde ohne nähere Bestimmung eine Expurgation angeordnet. In den Generalcongregationen und Sitzungen des Concils kam die Index-Angelegenheit nicht mehr zur Verhandlung. Erst kurz vor dem Schlüsse legte der Secretär der Index-Commission den von ihr ausgearbeiteten Index mit einem einleitenden Be- richt vor, dieser ist in dem sog. Trienter Index als Prae- latio abgedruckt, und in der letzten Sitzung, 4. Dec. 1563, wurde folgender Beschluss gefasst:

„Die Synode hat in der zweiten unter Pius IV. gehaltenen Sitzung [26. Febr. 1562] einigen Vätern aufgetragen, zu berathen, was bezüglich der verschiedenen Censuren und der entweder ver- dächtigen oder verderblichen Bücher zu thuen sei, und darüber der Synode Bericht zu erstatten. Da sie nun hört, dass die Arbeit ab- geschlossen sei, aber wegen der Mannichl'altigkeit und Menge der Bücher von der Synode nicht speciell und mit Müsse (distincte et commode) beurtheilt werden könne, so befiehlt sie, alles, was jene ausgearbeitet haben, dem Papste vorzulegen, auf dass es nach seinem ürtheile und kraft seiner Autorität vollendet und veröffentlicht werde."

Schon aus diesem Beschlüsse ergibt sich, dass der von Pius IV. im J. 1564 publicirte Index nur in dem Sinne als „Index des Trienter Concils" bezeichnet werden kann, dass er von einer durch das Concil bestellten Commission ausgear- beitet ist.

Aus der ersten Discussion in den Generalcongregationen vom 30. Jan., 6., 9., 10. und 12. Febr. 1562 verdient folgendes auf den Index Bezügliche mitgetheilt zu werden'-).

Daniel Barbaro, Coadjuior des Patriarchen von Aquileja: Der Index Pauls IV. sei allerdings der Verbesserung bedürftig; es dürften nicht alle verwerflichen Bücher in gleicher Weise verdammt werden, während in dem Index Pauls IV. ein opus licentiae juvenilis [Ca- sa's Gedichte?] gerade so verdammt werde wie ketzerische Bücher; auch dürften nicht von auctores damnati [der 1. Classe] ohne wei-

1) Regula 10. Ind.

2) Pallav. 15, 19. Theiner I, 678. Acta Conc. Trid. a Gabr. Card. Paleotto descripta, ed. J. Mendham, 1842, p. 39.

316 Verhandlungen in Trient 1562—63.

teres alle Schriften, auch die nichts Verdammenswerthes enthaltenden, verboten werden. Petrus Gruerrero, Erzbischof von Grranada: Die Anfertigung eines Index sei eine schwierige und viele Zeit bean- spruchende Arbeit und würde die Vornahme wichtigerer Reform- arbeiten hindern; man müsse sich auch davor hüten, mit den schon vorhandenen, in verschiedenen Provinzen gemachten Censuren in Widerspruch zu kommen; von den schon verdammten Autoren seien alle Schriften als verdammt anzusehen. Bartholomäus de Marty- ribus (Dominicaner), Erzbischof von Braga: Das Concil könne keinen Index machen, da es nicht alle Bücher habe, die zu prüfen seien; wenn ein Buch übersehen werde, werde man es als nicht verdammt ansehen; zudem kämen täglich neue Bücher hinzu; das Concil möge diese Angelegenheit den katholischen Universitäten zu Bologna, Paris, Salamanca und Coimbra überweisen. Jo. Franc. Verdura, Bischof von Chirona: Die Anfertigung eines Index sei fast unmög- lich ; die Synode könne sich darauf beschränken, im allgemeinen die Bücher der Ketzer zu verdammen, wie die unter Silvester I. gehaltene Synode [die von Nicäa] gethan. Hieron. Machabaeus, Bischof von Castro : Man möge einen Index anfertigen, aber zu- gleich allgemein die Bücher verdammen, welche etwas gegen die christliche Religion, die Sacramente, die Tradition, die Römische Kirche u. s. w. enthielten. Jac. Naclantus (Dominicaner), Bischof von Chiozza: Die Bücher der Häresiarchen brauchten nicht erst ge- prüft zu werden; im übrigen dürften Bücher, die nicht ketzerisch seien, nicht um ihrer Verfasser willen verdammt werden; man könne die Sache den Theologen des Concils überweisen, die nicht mit an- deren Arbeiten beschäftigt seien, auch die Universitäten zu Rathe ziehen. Donatus de Laurentiis, Bischof von Ariano (Süditalien): Die Sache sei nicht unausführbar; die offenkundig ketzerischen Bücher brauche man nicht nochmals zu prüfen; bei der Prüfung der Bücher, von denen nur Theile zu verdammen seien, könne man einige von denjenigen zu Rathe ziehen, die an dem Index Pauls IV. gearbeitet, oder deren Aufzeichnungen benutzen. Aegidius Fosca- rari (Dominicaner), Bischof von Modena: Die offenkundig ketzeri- schen Bücher bedürften keiner nochmaligen Prüfung; diejenigen Bücher könne man passiren lassen, welche von den Alten als apo- kryph, aber nicht als schlecht angesehen worden seien, wie das Evangelium des Nikodemus [es steht bei P., aber auch im Tr.]; es handle sich also nur um die Prüfung zweifelhafter und nach dem Auftauchen der neuen Ketzereien erschienenen Bücher. A. Moya de Contreras, Bischof von Vieh (Spanien): Man solle nur die von Ketzern verfassten und offenbar ketzerischen Bücher ins Auge fassen; andere könnten nicht so sicher verdammt werden. Marcus Lau- reus (Dominicaner), Bischof von Campagna: ähnlich wie der vorige;' die nicht ketzerischen Bücher könne man privaten und weniger be- schäftigten Censoren überlassen. Franc, Blanco, Bischof von Orense (Spanien): In den Index seien nicht blos ketzerische, sondern auch Bücher von katholischen Verfassern aufzunehmen. Petrus Contareno, Bischof von Pavia (ein Freund Pauls IV.): Man solle

Verhandlungen in Trient 1562—63. 317

den Index Pauls IV. recipiren, und wenn dazu etwas zu bemerken sei, dieses dem Papste mittlieilen ; man könne aber auch ein Bücher- verbot erlassen wie das Concil von Chalcedon. Andreas de Cuesta, Bischof von Leon: Das Concil möge keine Index-Commission ernennen ; es könne Bücher prüfen, solle darrn aber das weitere dem Papste anheimgeben, der kraft seiner Autorität einen Index publi- ciren möge; das Concil könne nicht verwerfen, was der Papst ge- billigt, und dieses könnte leicht eintreten, wenn das Concil einen neuen von dem Index Pauls IV. verschiedenen Index mache. -- Petrus Gonzalez de Mendoza, Bischof von Salamanca: Man möge eine Index-Commission wählen, aber den Index erst am Schlüsse des Concils publiciren, damit nicht die Ketzer, wenn sie sähen, dass ihre Bücher verdammt worden, nicht zum Concil kämen*). Annibal Saracenus, Bischof von Lecce (Süditalien): Die Prüfung der Bücher sei den Ortsbischöfen zu überlassen. Vincentius Justinia- nus, Greneral der Dominicaner: Man möge in die Index-Commission nicht, wie vorgeschlagen worden, Ordensgenerale wählen, überhaupt keine Mönche ; der Römische Index sei darum bei manchen miss- liebig, weil Mönche daran mitgearbeitet; man könne die Universi- täten zu Rathe ziehen und sie auffordern, ihre Indices einzusenden. Christoph von Padua, Generalprior der Augustiner- Eremiten : Es sei kein neuer Index zu machen, sondern der Pauls IV. zu verbessern; er habe selbst mit an diesem gearbeitet (s. o. S. 267), es fehle dem- selben nur nitor aliquis majoris claritatis; bei den einzelnen Büchern seien der vollständige Name des Verfassersund das Jahr des Druckes bei- zufügen; das Fehlen dieser genaueren Angaben habe Missverständnisse veranlasst; übrigens gebe es auch Bücher, die neben vielem Guten einiges Schlechte enthielten, und diese seien zu emendiren, nicht zu verwerfen.

Bei der Abstimmung am 12. Febr. stimmte die Mehrzahl dafür, unter Zugrundelegung des Index Pauls IV. einen neuen Index anfertigen zu lassen. Die Ernennung der Bischöfe, welche das Decret zu entwerfen hätten, wurde den Legaten überlassen. Sie ernannten den Erzbischof Mutius Calinius von Zara und die Bischöfe Foscarari von Modena, Jacobus Maria Sala von Viviers und An- tonius Augustinus von Lerida. Der Entwurf wurde am 17. Febr. vorgelegt, am 20. wurde darüber discutirt und einige Aenderungen beantragt ; am . 24. Febr. stimmten 104 für den etwas abgeänderten Entwurf unbedingt, 18 vorbehaltlich einiger nicht bedeutender Aen- derungen^).

Mitglieder der Index-Commission waren ausser dem Erzbischof von Prag anfangs der Patriarch von Venedig, Jo. Hieron. Trevi- sano, die Erzbischöfe Barth, de Martyribus von Braga, Seb. Lecca- vella von ]!^axos, Lud. Beccatelli von Ragusa und Julius Pavesius von Sorrent (Dominicaner), die Bischöfe Aegidius Foscarari von Modena, Thomas Casellus von Cava (beide Dominicaner), Donatus

1) Sein Votum bei Döllinger, Ungedr. Berichte II, 66.

2) Theiner I, 685. 686. II 540. Mendham p. 58. 59. A. J. P. II, 2625.

318 Verhandlungen in Trient 1562—68.

de Laurentiis von Ariano, Dom. Bollanus von Brescia, Hieron. Tre- visanus von Verona (f 4. Sept. 1562), Nie. Sfondratus von Cre- mona, Urbanus Vigerius von Siuigaglia, Antonius Augustinus von Lerida, Hieron. Velasquez von Oviedo, der Observanten-General Franc, a Zamora (Spanier), der Augustiner-Greneral Christoph von Padua und der Abt Eutj'^chius von Monte Cassino^), wie es scheint, später noch der Erzbischof Leonardus Marinus von Lanciano (Domi- nicaner) und Octavius Praeconius von Palermo (Franciscaner) und die Bischöfe Mutius Calinius von Jaen, Hieron. Burgensis von Cha-, Ions, Jac. Maria von Viviers, Didacus de Leon von Coimbra (Kar- meliter) und Andreas Dudith von Tinnia^). Als Theologen der Commission werden ausser Foreiro genannt die Jesuiten Jakob Laynez und Alfons Salmeron, Melchior Canus, Alfons de Castro, Peter Malvenda, Ruard Tapper, Joh. Grropper und Ambr. Pelargus. Die grosse Mehrzahl der Mitglieder bildeten also die Italiener und Spanier, und wenn Cardinal Morone bei den Verhandlungen in Innsbruck im Mai 1563 auf das Verlangen des Kaisers, man solle bei den Verhandlungen in Trient fromme und gelehrte Männer aus allen Nationen zuziehen, entgegnete, das geschehe, in die Index- Commission z. B. seien Bischöfe aller Nationen gewählt worden**), so war das doch eine nicht sehr zutreffende Ausrede.

In den Instructionen Philipps II. vom 30. Oct. 1562 für seinen Ge- sandten, den Grafen Luna heisst es: Spanien habe seinen besondern Index und seine besonderen Pegeln über Bücherverbote ; es sei nicht zu- lässig, es unter das allgemeine Gesetz zu stellen; denn Bücher, die in einem Lande unbedenklich seien, könnten in einem andern gefährlich sein. Luna schrieb 26. Oct. 1563 an den König: er habe alles aufge- boten, um zu bewirken, dass die Index-Commission nichts zu Stande bringe oder dass ihre Beschlüsse für Spanien keine Geltung erhielten. Die Legaten hätten ihm gesagt, die Commission sei nicht vom Papste, sondern von dem Concil eingesetzt; er möge sich mit seinen Ein- reden an dieses wenden; das werde aber nichts helfen. Er könne nur darüber wachen, und der Bischof von Lerida (Antonio Agustin) unterstütze ihn dabei , dass die Commission ihre Vollmachten nicht überschreite. Diese sollte eigentlich nur den Index Pauls IV. (der in Spanien nicht recipirt war) revidiren, habe sich aber ein Breve Pius' IV. erwirkt, wonach sie ihre Arbeit auch auf alle anderen Indices ausdehnen könne "*). Es wird das oben erwähnte Breve vom 14. Jan. 1562 gemeint sein. Auch in Rom machte der spanische

1) Diese werden genannt im Universum S. Conc. Trid., Antw. 1564, p. 86 und bei Paleotto p. 57, nur nennt dieser auch Joh. Thomas de San Feiice von La Cava.

2) Mehrere von diesen werden bei den Verhandlungen über Carranza genannt. Castro, Hist. de la Ref. p. 215.

3) Pallav. 20, 13, 8.

4) Llorente III, 2G5. 272. Col. de doc. ined. 9, 185, 187.

Die Trienter Index-ComTnission. 319

Gesandte Vargas im Mai 1562 dem Papste Yorstelliingen wegen des Index; der Papst versprach mündlicli, es solle darüber nichts ohne Vorwissen des Königs definitiv entschieden werden. Im Dec. 1562 schrieb Philipp II. an Vargas: er habe den Grrafen Luna in- struirt, darauf zu achten, dass in Trient nichts beschlossen werde, was der spanischen Inquisition Eintrag thue; einige spanische Bi- schöfe seien in diesem Punkte nicht eifrig genug; Vargas solle dem Papste vorstellen, wie nothwendig es sei, die spanische Inquisition in ihrer bisherigen Autorität zu erhalten, und ihn zu bestimmen suchen, in Miesem Sinne an die Legaten zu schreiben*). Einen Eingriff in die Autorität der Inquisition fanden die Spanier freilich mehr noch als in den Verhandlungen über den Index in dem den Ketzern bewilligten Salvus conductus-). Ende 1562 bat Philipp II. auch den Kaiser, mit ihm dahin zu wirken, dass die Index-Ange- legenheit vertagt werde, und der Kaiser erklärte sich in Anbetracht der wichtigeren Fragen, welche vorlägen, damit einverstanden-'^). Die Commission hielt aber, wie es scheint, ohne Unterbrechung ihre Sitzungen.

Interessante Mittheilungen über die Verhandlungen der Index- Commission enthält die Correspondenz des Erzbischofs von Prag mit dem kaiserlichen Hofe. Am 3. Febr. 1562 bat er den Kaiser, Staphylus nach Trient zu schicken, damit er bei der Eevision des Index helfe ; „denn es sind hier wenige, welche die Ketzereien oder die Sitten der Deutschen kennen" ; Staphylus lehnte aber ab. Gegen seine Ernennung zum Mitgliede der Commission machte der Erz- bischof Vorstellungen: er sei als Orator des Kaisers zu sehr be- schäftigt und fürchte auch, sich den Hass der Ketzer zuzuziehen, unter denen er leben müsse; die Legaten erwiederten aber, er wohne dem Concil in doppelter Eigenschaft bei und schulde als Erzbischof demselben Gehorsam. Auch der Kaiser wies ihn an, sich ja nicht von der Commission zurückzuziehen. Am 28. April 1562 berichtete der Erzbischof an den Kaiser : in dem Index Pauls IV. stehe eine ganze Reihe von Catechismen, von denen man nicht wisse, welche gemeint seien; man denke daran, einen Catechismus auszuarbeiten und durch das Concil approbiren zu lassen und dann alle anderen zu verbieten (die allerdings kaum verständlichen Catechismus -Verbote bei P. blieben, schliesslich unverändert); ferner verbiete der Index auch Reichstagsverhandlungen, freilich in so unbestimmten Aus- drücken, dass man deren Sinn nicht errathen könne; er habe darauf aufmerksam gemacht, dass die Fürsten und Stände des Reichs sich doch ein Verbot der Verhandlungen und Abschiede der Reichstage nicht gefallen lassen könnten ; die Mitglieder der Commission hätten

1) Döllinger, Beitr. I, 454. 472. Col. de doc. 203. 211. 241.

2) Mendham, Memoirs of the C. of Trent p. 189. Col. de doc. p- 212.

3) Buchholtz, Gesch. Ferdinands L, 9, 685. Sickel, Zur Gesch. des Concils von Trient S. 424.

32Ö Verhandlungen in Trient 1562—63.

ihn einmüthig und dringend gebeten, darüber an den Kaiser zu schreiben. Der Kaiser antwortete 10. Mai 1562: die Acten und Recesse aller Reichstage hätten die Kraft von ßeichsgesetzen; man werde wohl thuen, sich damit als mit einer weltlichen und das Concil nicht angehenden Sache nicht zu befassen; durch ein gänzliches oder theilweises Verbot derselben könne man sich nur lächerlich machen '). Demgemäss wurden denn auch Acta Comitiorum Augustae et Haga- noae, Acta in Conventu Eatisponensi, Acta cum protestantibus Franco- furti, Comitia Spirae et Wormatiae, Liber de conventu Hagenoensi gestrichen; die beiden letzten wurden aber von S. Gl. wieder ein- gesetzt.

Am 3. Febr. 1563 schickte der Erzbischof folgenden interes- santen Bericht an den Kaiser: „Die Commission hat jetzt fast ein Jahr an der Säuberung des Index Pauls IV. gearbeitet, in welchem, sei es in Folge eines Irrthums, sei es aus anderen Gründen (sive secus), auch solche, die katholisch und fromm gelebt, unter die Ketzer gesetzt und von vielen Bücher verboten sind, welche für die Welt nützlich sind und von der Religion und dem Grlauben gar nicht handeln. Wir haben diejenigen gestrichen, von denen wir wissen, dass sie im Schoosse der Kirche gelebt haben oder noch leben und welche ihre Schriften dem Urtheile der Kirche unter- werfen, z. B. Jo. Campensis (S. 277), M. Ant. Flaminius, Henr. Grlarea- nus, Greorg Agricola, ferner Abdias Babylonius, der, zu den Zeiten der Apostel lebend, ihre Greschichte sehr elegant geschrieben [!], auch solche Bücher, welche die Religion nicht berühren, wie Schriften von Leon. Fuchs, Conr. Gresner u. a. Wir sind jetzt mit den Schrif- ten des Erasmus beschäftigt. Viele derselben sind verworfen worden, Moria, Colloquia, einige apologetische Schriften und viele Briefe; andere werden so überängstlich corrigirt, dass Erasmus, wenn er auf die Erde zurückkäme, sie nicht als die seinigen anerkennen würde. Der eine und der andere sind mit mir darum für die Frei- gebung seiner Werke, weil er sich immer dem IJrtheil der Kirche unterworfen, weil Leo X. ihn zur Fortsetzung seiner literarischen Arbeiten aufgefordert hat, weil er als Katholik gestorben ist und gegen die Ketzer oft rühmlich und siegreich gekämpft, weil er die Schriften der Kirchenväter in guten Ausgaben wieder zugänglich gemacht, die vernachlässigte Wissenschaft wieder belebt hat, so dass uns andere Nationen darum beneiden. Aber die meisten Mitglieder sind anderer Ansicht; für sie genügt es, dass Erasmus von Paul IV. in die 1. Gl. gesetzt worden, und sie meinen, es geschehe ihm eine Gnade, wenn man nach Säuberung einiger seiner Bücher und Ver- werfung der übrigen sein Andenken nicht untergehen lasse. So werden wir wenigen, welche die Werke eines um das christliche Gemeinwesen wohl verdienten Geistes zu erhalten wünschen, majori- sirt." Er bittet schliesslich den Kaiser, dahin zu wirken, dass ihm gestattet werde, aus der Gommission auszuscheiden. „Meine Stel-

1) Sickel S. 249. 271. 294. 301.

Index Pius' IV. 1564. 321

lung ist eine andere als die derjenigen, welche in Spanien und Ita- lien nichts mit Ketzern zu schaffen haben; ich bin oft durch die Geschäfte, die mir als kaiserlichem Orator obliegen, verhindert, an den Sitzungen theilzunehmen" u. s. w. Der Kaiser liess dem Erz- bischof antworten, er möge als der einzige Deutsche in der Com- mission ausharren und dahin wirken, dass nicht ferner, wie bisher geschehen, auch treffliche Werke und deren Verfasser verdammt würden ^).

Im J. 1563 wurde in Trient eine Angelegenheit erledigt, welche indirect mit dem Index zusammenhängt. Der Dominicaner Leonardus von Udine war 1549 bei dem Patriarchen Giovanni Gri- mani wegen einiger Sätze über die Prädestination, die er vorge- tragen, denuncirt worden. Grimani erklärte in einem Schreiben an seinen Vicar in Udine die Sätze für ganz orthodox. Der Patriarch wurde nun selbst in Pom bei der Inquisition denuncirt, und diese beschäftigte sich mit der Untersuchung von mehreren Sätzen des Briefes. Als Pius IV. 1561 Grimani auf den Vorschlag des Dogen von Venedig zum Cardinal ernennen wollte, protestirte die Inqui- sition, und der Papst erklärte mit Zustimmung des Cardinals- collegiums, erst wenn Grimani die Inquisition zufriedengestellt, solle er, dann aber ohne neue Ernennung, als Cardinal angesehen wer- den 2). Mit Genehmigung des Papstes brachte Grimani seine Sache an das Concil und übersandte diesem eine Vertheidigungsschrift. Eine Commission von 26 Mitgliedern wurde beauftragt, mit den Legaten die Sache zu untersuchen, und am 17. Sept. 1563 wurde das Urtheil gefällt: das Schreiben Grimani's verbunden mit der Apologie sei weder ketzerisch noch der Ketzerei verdächtig noch, so wie es (in der Apologie) erklärt sei, anstössig (scandalosa), solle aber nicht veröffentlicht werden, weil darin einige schwierige Fragen nicht ganz genau (minus exacte) behandelt seien ^).

29. Der Index Pius' IV. vom J. 1564.

Der zu Trient ausgearbeitete Index wurde zu Rom Ende März 1564 publicirt unter dem Titel: „Index der verbotenen Bücher mit den Regeln, welche durch die von der Trienter

1) Buchholtz 9, 685. Sickel S. 424.

2) J. Pogiani Epp. III, 416.

3) Pallav. 22, 3, 10. Paleotto, Acta C. Trid. ed. Mendham p. 595. 606. Werner, Thomas von Aquin 3, 470; am ausführlichsten de Saint- Amour, Journal p. 238 und Recueil p. 33.

Keusch, Index. 21

322 Index Pius' IV. 1564.

Synode gewählten Väter angefertigt worden sind, von Papst Pius IV. genehmigt" ^). Vor dem eigentlichen Index steht eine Bulle (Dominici gregis) vom 24. März 1564, dann als Praefatio der Bericht des Secretärs der Trienter Commission, P. Foreiro, mit den dazu gehörenden Regeln.

In der Bulle, sie wird auffallender Weise in den Index- Ausgaben seit Benedict XIV. (1758) nicht mehr abgedruckt, heisst es:

Die Beschlüsse des Trienter Concils haben es „jedem leicht gemacht, die gesunde und katholische Lehre von der falschen zu unterscheiden ; da aber das Lesen der von den Ketzern herausgege- benen Büchern nicht nur die Einfältigeren zu verderben, sondern auch oft Grelehrte und Unterrichtete zu verschiedenen Irrthümern und von der Wahrheit des katholischen Glaubens abweichenden Mei- nungen zu verleiten pflegt, haben Wir in dieser Beziehung Anord- nungen treffen zu müssen geglaubt. Da Wir aber wussten, dass es das geeignetste Mittel gegen dieses Uebel sein würde, wenn ein Ver- zeichniss (Index sive Catalogus) derjenigen Bücher angefertigt und herausgegeben würde, die entweder ketzerisch oder der Ketzerei verdächtig oder für die Sitten und die Frömmigkeit schädlich seien, so hatten Wir diese Aufgabe der h. Trienter Synode überwiesen. (Der schon vorhandene Index Pauls IV. wird nicht erwähnt.) Diese hat aus der grossen Zahl der anwesenden Bischöfe und anderen sehr gelehrten Männer für die Anfertigung dieses Index viele durch Ge- lehrsamkeit und Urtheilsfähigkeit ausgezeichnete Prälaten aus fast allen Nationen ausgewählt. Diese haben nicht ohne sehr grosse Mühe und viele Nachtwachen unter Zuziehung einiger ausgezeich- neter Theologen den Index endlich mit Gottes Hülfe vollendet.

Nach Beendigung des Concils aber wurde gemäss dem Be- schlüsse der Synode dieser Index Uns überreicht, damit er nicht herausgegeben würde, bevor er von Uns gutgeheissen wäre. Wir haben ihn einigen sehr gelehrten und erprobten Prälaten übergeben, mit dem Auftrage, ihn ganz genau zu lesen und zu prüfen; Wir haben ihn auch selbst gelesen, und Wir haben erkannt, dass er mit grossem Fleisse, scharfem Urtheil und ausdauernder Sorgfalt ange- fertigt und ausserdem sehr bequem geordnet ist. Da Wir also für das Heil der Seelen sorgen und darum eine Veranstaltung treffen wollen, dass nicht Bücher und Schriften irgendwelcher Art, welche darin entweder als ketzerisch oder als der ketzerischen Schlechtig- keit verdächtig oder als für die Frömmigkeit und Sittenreinheit

1) Index Librorum prohibitorum cum Regulis confectis per Patres a Tridentina Sytiodo delectos, auctoritate Sanctiss. D. N. Pii IUI., Pont. Max., comprobatus. Romae. Apud Paulum Manutium, Aldi F. 1564.* 72 S. 4. In demselben Jahre bei demselben Drucker eine Ausgabe in 8.

Index Pius' IV. 1564. 323

nicht förderlich oder als wenigstens einer Verbesserung bedürftig missbilligt werden, fortan von Christgläubigen gelesen werden: so approbiren Wir durch Gegenwärtiges kraft apostolischer Autorität den Index sammt den ihm vorausgeschickten Eegeln und befehlen und verordnen, dass er gedruckt und veröffentlicht und dass er von allen katholischen Universitäten und von allen anderen überall an- genommen werde und dass die Regeln beobachtet werden, indem Wir sowohl allen und jeglichen Welt- und Ordensgeistlichen jedes Grades, Standes und Ranges wie den Laien jedes Standes und Ranges verbieten, der Vorschrift jener Regeln oder dem Verbote des Index zuwider irgendwelche Bücher zu lesen oder zu haben. Sollte aber jemand jenen Regeln und jenem Verbote zuwiderhandeln, so soll der- jenige, welcher Bücher von Ketzern oder Bücher von irgend einem Verfasser, die wegen Ketzerei oder wegen des Verdachtes einer falschen Lehre verdammt und verboten sind, liest oder hat, ipso iure der Strafe der Excommunication verfallen und soll deshalb gegen ihn als einen der Ketzerei Verdächtigen inquirirt und ver- fahren werden dürfen, ausser anderen Strafen, die dafür von dem apostolischen Stuhle und den heiligen Canones festgesetzt sind ; wer aber Bücher, die aus einem andern Grunde verboten sind, liest oder hat, der soll wissen, dass er, abgesehen von der Schuld einer Tod- sünde nach dem Ermessen der Bischöfe strenge zu bestrafen ist.

Schliesslich wird verordnet, die Bulle solle in Rom in der üblichen Weise publicirt werden und nach drei Monaten vom Tage dieser Publication an gerechnet für jedermann so ver- bindlich sein als ob sie ihm vorgelesen wäre.

Unter demselben Datum wurde eine andere Bulle publicirt, worin der Papst nach dem Vorgange Julius' III. und Pauls IV. (s. 0. S. 180) alle bisher ertheilten Ermächtigungen zum Lesen ,, lutherischer oder anderer häretischer oder der Ketzerei ver- dächtiger Bücher" (mit Ausnahme der den Inquisitoren ertheilten) zurücknimmt*). Er motivirt diese Massregel in folgender Weise: jene Ermächtigungen seien einigen ertheilt worden zum Zwecke der Widerlegung der in den Büchern enthaltenen Irrthümer; es sei aber nicht selten vorgekommen, dass diese durch die Leetüre der Bücher selbst in die Irrthümer verwickelt worden seien, von denen sie andere hätten zurückführen wollen; zudem seien auf dem Trienter Concil die Ketzereien der Gegenwart so wider- legt und verdammt worden, dass die Autorität einer so grossen Synode, deren Decrete nach reiflicher Ueberlegung von dem

1) Bull. II, 115.

824 Index Pfus' IV. 1564.

apostolischen Stuhle bestätigt worden, zur Vermeidung der Irr- thümer und zur Anerkennung der Wahrheit des katholischen Glaubens allen gentigen müsse und es einer Widerlegung durch einen andern daneben nicht mehr bedürfe.

Der als Vorrede vorgedruckte Bericht Foreiro's *), auch er wird seit Benedict XIV. in den Index-Ausgaben nicht mehr abgedruckt, lautet mit Weglassung einiger unwichtiger Stellen:

„Die Väter [die Mitglieder der Trienter Index -Commission] sind nach langer Ueberlegung zu der Ueberzeugiing gelangt, es sei am besten, den von den Inquisitoren zu Eom zuletzt angefertigten Index der verbotenen Bücher mit einigen wenigen Weglassungen und Zusätzen beizubehalten, weil er von vielen gelehrten Männern nach reiflicher Ueberlegung zusammengestellt ist, sehr viele Autoren um- fasst und sehr bequem geordnet ist. Da sie aber erfuhren, dieser Index sei darum in einigen Provinzen und Gegenden bis jetzt nicht angenommen, weil darin einige Bücher verboten würden, deren Ver- bot für Gelehrte grosse Unzuträglichkeiten habe, und da sie wahr- nahmen, dass einiges darin nicht deutlich genug ausgesprochen sei und der Erklärung bedürfe, so haben sie nach langer und vielfacher Berathung und nach Anhörung gelehrter Theologen aus allen Na- tionen beschlossen, die beiliegenden Regeln zu entwerfen, um da- durch, so viel wie möglich, dem Nutzen und den Studien der besagten Gelehrten ohne Schaden für die Wahrheit und die Religion Rück- sicht zu tragen.

Zunächst ist zu bemerken, dass fast jeder Buchstabe des Alpha- betes drei Classen hat.

In der ersten sind nicht so sehr Bücher als Verfasser von Büchern enthalten, welche entweder Ketzer oder der Ketzerei ver- dächtig geworden sind. Ein Verzeichniss von diesen musste ange- fertigt werden, damit jeder wisse, dass nicht nur die von ihnen herausgegebenen, sondern auch die von ihnen herauszugebenden Bücher verboten seien. Dabei ist zu bemerken, dass es noch viele andere giebt, welche aus den gerechtesten Gründen in diese Classe

1) Franciscus Forerius, Dominicaner, war seit 1555 Hofprediger des Königs Sebastian von Portugal und wurde 1561 von diesem als Theologe nach Trient gesandt. Nach dem Schlüsse des Concils ging er nach Rom und wurde dort nach der Publication des Index auch bei der Aus- arbeitung des Catechismus romanus und anderen Arbeiten beschäftigt. 1566 kehrte er nach Lissabon zurück. Er starb 10. Jan. 1581. Quetif. II, 261. Catalanus, De Secretario Indicis p. 87. 1566 erschien von ihm zu Antwerpen : Jesaiae prophetae vetus et nova ex hebraico versio, cum commentario u. s. w. 888 S. 8.

Index Pius' IV. 1564. 325

aufgenommen werden konnten, dass aber die Väter nicht die Absicht und die Aufgabe hatten, diese alle aufzusuchen, sondern dass sie im allgemeinen sich mit denjenigen, welche in dem Römischen Ver- zeichnisse stehen, begnügt und es den Bischöfen und Inquisitoren überlassen zu müssen geglaubt haben, bezüglich anderer Schrift- steller derselben Grattung das nämliche zu beschliessen.

In die zweite Classe sind nicht Autoren, sondern Bücher auf- genommen, welche darum, weil sie eine Lehre enthalten, die nicht gesund oder verdächtig ist oder den Grläubigen sittlichen Ansfoss geben kann, verworfen werden, wenn auch die Verfasser derselben niemals von der Kirche abgefallen sind.

Die dritte und letzte Classe umfasst diejenigen Bücher, welche ohne den Kamen des Verfassers veröffentlicht worden sind und eine solche Lehre enthalten, welche die Römische Kirche, als der katho- lischen Wahrheit oder der Reinheit der Sitten widersprechend verworfen hat. Denn sie haben nicht alle anonymen Schriften ver- dammen zu müssen geglaubt, da bekanntlich oft gelehrte und heilige Männer, damit die Christenheit von ihren Arbeiten Nutzen habe, sie selbst aber eiteln Ruhm vermieden, sehr gute Bücher anonym her- ausgegeben haben. Nur diejenigen anonymen Bücher haben sie also als verwerflich angesehen, welche entweder eine augenscheinlich ver- kehrte oder eine zweifelhafte oder den Sitten verderbliche Lehre enthalten. Welche Bücher ausser den in diesem Verzeichnisse ent- haltenen als solche anzusehen sind, werden die Bischöfe und Inqui- sitoren nach Berathung mit katholischen Theologen bestimmen. Wegen der Bosheit unserer Zeiten ist aber durch das Decret der vierten Sitzung angeordnet worden, dass in Zukunft keine Bücher ohne den Namen des Verfassers veröff'entlicht werden sollen.

Die zehn Regeln sind das Hauptergebniss der Trienter Com- mission. Von diesen und von der Weglassimg der Verzeichnisse der verbotenen Bibeln und der geächteten Buchdrucker abgesehen, ist der sog. Trienter Index in der That nur eine revidirte und ver- besserte Ausgabe des Index Pauls IV. Die wichtigste Neuerung ist die Beifügung von quousque expurgatus fuerit oder einer ähnlichen dem später üblich gewordenen d. c. (donec corrigatur) ähnlichen Formel bei einer Anzahl von Büchern. Ausserdem sind einige bei P. in der 1. Gl. stehende Namen gestrichen, namentlich einige mittelalterliche Ketzer und die Katholiken Georg Agricola, Henr. Glareanus, Geiler von Keisersperg, Jo. Montholon u. a., oder in die 2. Gl. versetzt, namentlich Beatus Rhenanus, Erasmus, Nie. Glemangis und Ulrich Zasius, anderseits aber auch neue Namen beigefügt und einzelne aus der 2. Gl. in die erste ver- setzt, Berengar von Tours, Glaudius Senarclaeus und Jac. a

326 Index Pius' IV. 1564.

BurguDdia. Auch in der 2. und 3. Cl. sind manche Bücher ge- strichen, einige beigefügt.

Die bedeutendste Vermehrung hat die 1. Cl. auf eine sehr eigenthümliche Weise erhalten. Im März 1563 erschien eine von Flacius Illyricus entworfene Protestation gegen das Trienter Concil mit 34 Unterschriften von lutherischen Predigern M- Die Ui^terzeichner, von denen nur einige schon bei P. standen,, wurden alle in die 1. Cl. gesetzt (nur einer ist, ohne Zweifel durch ein Versehen, verschont geblieben), obschon einige darunter gar keine, andere nur unbedeutende Schriften herausgegeben.

Die Protestatio selbst, die anonym erschien, steht nicht im Index. Von den Unterzeichnern standen 4 schon bei P. in der 1., Jg. Fabricius Montanus in der 2. Cl. ^), 7 andere werden bei Pris. als Schriftsteller erwähnt. Von den übrigen haben einige nach 1564 sich durch Schriften, wenn auch meist nur durch unbedeutende, eines Platzes im Index würdig gemacht, wie Bened. Morgensterji, Greorgius Coelestinus, Hieron. Eausclier, Wilh. Radensis (Mitarbeiter an den Centurien), Wolfg. Waldner; die meisten sind nicht als Schriftsteller oder nicht als nennenswerthe theologische Schrift- steller bekannt : Alexius Bresnicerius, Verfasser einer deutschen Comödie^j, Antonius Otho (Northusianus, von Ben. gestrichen oder vielmehr mit dem durch S. Cl. in die 1. Cl. gekommenen Ant. Otho Herzbergensis identificirt), Chrph. Eeiter, Conr. Perca, David Sche- fer, Franc. Burcardi (Superintendens Vilnensis), Georg Neccarus (seit Ben. richtig Necker), Jo. Kleinaw, Jo. Sclieltling, Mart. Wol- phius, Mich. Schulteis, Petrus Trimersheim, Timotheus Neocorus, Wigandus Grosher, Wolfg. Rupertus. Petrus Egerdes ist der ein- zige Unterzeichner, dessen Name nicht durch Tr. verewigt worden ist.

Ausser den genannten sind in die 1. Cl. gesetzt Conr. Gibe- lius und Jo. Muslerus (aus V. 59), Marcus Ant. Calvinus (S. 210),

1) Raynald. 1564, 14. Vgl. den Brief von Canisius an Card. Hosius vom 8. Mai 1563 bei Cyprianus, Tab. p. 311. Preger, M. Flacius 111. II, 274. Der Titel ist: Protestatio concionatorura aliquot Augustanae Con- fessionis adversus conventum Tridentinum perniciem verae religioni et Ecclesiae molientem et adv. ejus conventus autorem Antichristum Rom. u. s. w. S. 1. 1563. 176 S. Die Unterschriften stehen p. 94. Der Prote- station sind andere polemische Sachen beigedruckt.

2) In den Briefen an Card. Hosius (J. Pogiani Epp. III, 155) wird von ihm erwähnt Oratio qua docetur, Conc. Trid. sine scelere a christ. hominibus frequentari non posse; 1565 schrieb er Adv. Fontidonium et Cardillum Hispanum, Concilii Trid. propugnatores.

S) A. D. B. 3, 317.

Erste Classe. 327

Laiirentius Humfredua Anglus, von dem 1559 De religionis conser- vatione et reformatione vera deque primatu regum et magistratimm erschienen war, Hieron Sahir de S. Gallo, ein Schriftsteller, der nur einem Schreibfehler seine Existenz verdankt *), aber erst von Ben. gestrichen ist, und Jo. Aventinus, der schon im Ven. gestanden, aber von P., wohl durch ein Versehen, nicht aufgenommen war.

Aventin (1477—1534) war 1528 als der Ketzerei verdächtig einige Tage in Haft^); seine religiösen Ansichten waren nicht correct und in seinen Schriften finden sich zahlreiche Ausfälle gegen Päpste, Greistlichkeit u. s. w.^). Als man ihn in Venedig auf den Index setzte, war ausser ganz unverfänglichen Sachen von ihm nur ge- druckt: Chronica von Ursprung, Herkommen und Thaten der uralten Teutschen, herausgegeben von Caspar Brusch, 1541, 49 Bl. 4. Erst in Dec. 1554 erschienen zu Ingolstadt Annalium Boiorum 11. VII, nachdem im Auftrage Herzog Albrechts V. von Hieron. Ziegler duriora, etiam invectivae contra ecclesiasticas personas gestrichen waren (eine vollständige Ausgabe von Nie. Cisner erschien erst Basel 1580, eine deutsche Umarbeitung von Simon Schard unter dem Titel Chronica 1566). In dem Münchener Abdruck des Trienter Index von 1569 (s. u. § 45) ist Aventin ausgelassen und in dem beige- fügten Anhang wird seine Chronica Bavarica (ohne Zweifel ist die Ziegler'sche Ausgabe der Annales gemeint) zur Anschaffung em- pfohlen. Aber in dem Münchener Index von 1582 steht Aventinus wie im Römischen. 1589 beauftragte Wilhelm V. seinen Hofkaplan und Archivar Mich. Arrodenius, von den Annalen und der Chronik eine expurgirte Ausgabe zu besorgen, und Arrodenius erhielt von der Inquisition für 5 Jahre die Erlaubniss, für diese Arbeit die Schriften Aventins und andere verbotene Bücher zu lesen*); die Arbeit ist aber wahrscheinlich nicht vollendet, jedenfalls nicht ge- druckt.

Obschon Aventin schon in der 1. Cl. stand und Phil. Loni- cerus durch S. Cl. hineinkam, setzten S. Cl. (aus Q.) in die 2. Cl. mit d. c: Chronica turcica collecta a Ph. Lon. (1578), cui est ad-

1) Bei P. stehen: Hier. Sauonen., Hier. Schiurpff, bei Tr. Hieron. Sahir de S. Gallo, Hier. Sauonen., Hier. Schiurpff. Man hat de S. Gallo zu dem letzten Namen beifügen wollen; Sahir ist aus dem Sauonen. entstanden.

2) Sämmtl. Werke, München 1880, I, S. XLIX.

3) Döllinger, Aventin und seine Zeit S. 21.

4) Wiedemann, Joh. Turmair gen. Aventinus S. 303; s. o. S. 185. Ueber die Nothwendigkeit einer Expurgation schreibt auch P. Canisius an Marcus Welser (v. Aretin, Maximilian I, S. 316): Hujus autoris Bavaria multis fraudibus foedisque sordibus referta circumfertur, quando libuit illi non modo cath. fidei desertorem hostemque praestare, verum etiam historicis rebus vim aperte inferre et mala fide citare plurima. Vielleicht hat Canisius dafür gesorgt, dass Aventin in Trient nicht vergessen wurde.

328 Index Pius' IV. 1564.

jectum (I, 113 130) opus quoddam Jo. Aventini haeretici, in quo declarantur causae miseriaruni (quibus clirist. respublica premitur; seit Ben. steht unter Lonicerus die Chronica mit d. c., unter Aven- tinus ohne d. c. Liber, in quo declarantur u. s. w.). Es ist eine lat. Uebersetzung der allerdings sehr anticlericalen „Beschreibung der Ursachen des Türkenkrieges und Anzeigung noch grössers Verder- bens der Christen" u. s. w. (Sämnitl. Werke I, 171), die von Heinr. Müller in seinen ,, Türkischen Historien" 1563, also während des Trienter Concils herausgegeben war. Bei Sot. wird die Chronica von Lonicer expurgirt, dabei aber Aventins Schrift ganz gestrichen. Von der Ausgabe der Annales von 1580 gibt Sot. eine starke Ex- purgation.

Gestrichen sind in der 1. Cl. ausser einigen mittelalterlichen Ketzern, Almaricus, Dulcinus Novariensis, Gondisalvus, Guilelmus de S. Amore, Henr. Tolosanus, Durandus de Baldach und Henr. Senensis (sonderbarer Weise wurden gerade die beiden letzten von S. Cl. wieder aufgenommen) und den oben genannten Katholiken Petrus Scalichius und Stan. Orichovius, der Grieche Nicolaus Cabasila und, wohl bloss durch ein Versehen, Adam Siber, Erasraus Alberus, Jo. Härtung, Justus Velsius (der erste durch Cl., die anderen durch S. Cl. wieder aufgenommen) ; Ambr. Blaurer ist gestrichen, aber als Blaurerus Ambr. stehen geblieben.

In Folge der Aufnahme der Unterzeichner der Protestatio ist trotz der Streichungen die 1. Cl. im Tr. etwas umfangreicher ge- worden; die 2. und 3. dagegen sind vermindert: unter ABC stehen bei P. in der 2. Cl. 24, im Tr. 16, in der 3. bei P. 94, im Tr. 88. Gestrichen sind in der 3. Cl. die durch die Regel 9 überflüssig ge- wordenen allgemeinen Verbote: Geomantiae, Hydromantiae . . . . libri omnes und in der 2. Cl. eine Reibe von Büchern dieser Kate- gorieen und von unsauberen Poeten, Jo. Casa u. a. (von S. Cl. meist wieder aufgenommen); beigefügt wurde von der letztern Sorte nur Laurentius Abstemius (aus V. 59). Ferner wurden in der 2. Cl. ge- strichen die vorreformatorischen Schriften von Jac. Almain, Joachim Abbas, Nie. de Tudisco, Raymundus Lullus, einige mit Erasmus zu- sammenhangende Schrifsteller, die alle von S. Cl. wieder eingesetzt wurden, ferner M. A. Flaminius und, wohl durch ein blosses Ver- sehen, Ant. Reuchlinus und Jo. Ruthenus (beide wieder bei S. Cl.). Et- was geändert wurden die Bestimmungen über Aeneas Sylvius, Laur. Valla, Raymundus Sabunde.

In der 2. Cl. ist beigefügt: Alcuini seu potius Calvini in libros de trinitate. Calvin hat Exemplare seiner Institutio unter Alcuins Nameu drucken lassen (S. 150), aber mit den libri de trini- tate hat er nichts zu schaffen ; sie werden zwar auch von Sixtus von Siena und auch noch von Späteren als ein dem Alcuin unterschobenes Werk Calvins bezeichnet^), aber schon von Bellarmin und Possevin

1) Sixt. Sen. Bibl. Praef. § III: Calvini opus emiserunt (haeretici) sub nomine Alcuini praeceptoris Caroli M. ad eundem Carolum Aug. Ebenso Raynaud, Erot. p. 267. Sot. p. XXI.

Zweite und dritte Classe. 329

unter Alcuins Werken aufgezählt. Erst Ben. hat für jenes Verbot (unter Lossius) substituirt : Alcuini Abb. Turon. de fide s. et in- dividuae trinitatis libri (a Luca Lossio commentario illustrati, 1555).

In der 3. Cl. wurden ausser den Reichstagsacten (S. 320) ge- strichen: Abdias de vitis XII apostolorum, Itinerarium Petri und Opus imperf. in Matth. und einige unbedeutende neuere Sachen, die von S. Cl. alle wieder aufgenommen wurden, beigefügt in der 2. und 3. Cl. keine einzige bedeutende Schrift, in der 3. Liber inscr. Lettera di N. ad uno ambasciatore di Papa Giulio III., nicht einmal die Magdeburger Centurien, obschon 1562 bereits der 6. Band erschienen war und das Werk in der Correspondenz des Card. Truchsess und des P. Canisius mit dem Legaten Card. Hosius erwähnt wird *).

Einige Namen der 1. Cl. sind vervollständigt oder corrigirt: Fursterus heisst jetzt Jo. Forsterus, Martinus Alberus richtig Mat- thaeus A. Anderes ist verschlimmbessert: Jo. Herold Acropolita (aus Höchstett) steht auch als Basilius Jo. Herolei Acr. in der 1. CL; erst Ben. hat Herold corrigirt, aber die beiden Namen als Namen verschiedener Personen stehen lassen (Herold nahm den Namen Ba- silius an, als er 1556 Bürger von Basel wurde). Jo. Stigelius hat den Zusatz vel Stiphelius und David Peiferus Lipsius den Zusatz vel Pfeffinger erhalten (von Ben. beide gestrichen). Die Berichti- gungen und Erläuterungen, die in der 2. und 3. Cl. beigefügt sind, sind nicht von grossem Belang: Articuli a Fac. Theol. Par. ... cum antidoto (auctore ut creditur Calvino), Comoediae et Tragoediae u. s. w. (coUectore Jo. Oporino); Frid. Fregosii Tractatus . . . (qui tamen falso illi creditur adscriptus). Die Zusätze sind nicht ein- mal immer richtig: Disputatio inter clericum et militem . . . alias Somnium Viridarii, in der 1. Cl. Gralasius Zwinglii defensor. Manche der schlimmsten Druck- und anderen Fehler sind nicht corrigirt: Barth. Conformi, Jo. Alarco, Knoper Dellingius, Dragale, Syncrama u. s. w.

Man wird sagen dürfen, dass, abgesehen von der Anfertigung der Regeln und den Verhandlungen über eine Anzahl von einzelnen Schriftstellern und Schriften, die Revision des Index Pauls IV. den Trientern nicht sehr viel Zeit und Mühe gekostet haben kann.

1) Jul. Pogiani Epp. III, 154. Canisius schreibt von Augsburg 9. Febr. 1562: Utinam prodeat aliquis ex doctissimis ejjiscopis et theologis, quorum ingens isthic (in Trient) est numerus, qui ex professo refellat pe- stilentissimum illud opus Magdeburgensium theologorum de eccl. bist, nuper editum. Cyprianus, Tab. p. 215.

830 Regeln des Trienter Index.

30. Die Regeln des Trienter Index.

Die zehn Regeln, welche in Trient ausgearbeitet wurden, sind zum Theil nur neue Formulirungen, zum grössern Theile Milderungen allgemeiner Bestimmungen im Index Pauls IV. Sie verdienen besondere Beachtung, weil sie im wesentlichen bis heute in Geltung geblieben sind. Sixtus V. ersetzte sie durch andere Regeln, aber Clemens VIII. stellte sie wieder her und fügte nur einige Zusätze bei. Auch durch spätere Päpste ist einiges beigefügt und modificirt worden. Ich gebe eine (nur stilistisch etwas abgekürzte) Uebersetzuug der Regeln und einige Erläuterungen zu denselben 0.

I. Alle Bücher, welche vor dem J. 1515 von Päpsten oder

allgemeinen Concilien verdammt worden sind und nicht in

diesem Index stehen, sollen als in derselben Weise verdammt

angesehen werden, wie sie früher verdammt worden sind.

Das ist im wesentlichen die Bestimmung Pauls IV. S. 265. S. fügte bei : „Ausgenommen sind die Bücher, welche die Kirche trotz der darin enthaltenen Irrthümer von Alters her als Zeugen für alte Gebräuche und kirchliche Traditionen und für die Verdammung der Ketzer angenommen hat, wie die im Decrete des Gelasius u. s. w. verzeichneten.'' Gelasius verbietet aber gar nicht das Lesen der von ihm verworfenen Bücher, wie solche Verbote überhaupt in der altern Zeit nicht vorkommen. Die im Mittelalter verbotenen Bü- cher stehen fast alle im Index. Man hat die Reg. I. auf Ray- mundus Lullus anwenden wollen (S. 33).

IL Von den Häresiarchen, d. i. von denjenigen, welche seit 1515 Ketzereien erfunden oder angestiftet haben oder Häupter oder Führer der Ketzer gewesen sind oder sind, wie Luther, Zwingli, Calvin, Balthasar Pacimontanus und Schwenckfeld u. dgl., werden alle Bücher ohne Ausnahme verboten. Von den anderen Ketzern werden nur die ex professo über Religion han- delnden Bücher ganz verboten; die nicht über Religion han- delnden werden, nachdem sie von katholischen Theologen auf Befehl der Bischöfe und Inquisitoren geprüft und gut geheissen worden, erlaubt. Auch die katholisch geschriebenen Bücher von solchen, die später in Ketzerei gefallen, und von solchen, die

1) Vgl. A. J. P. I, 760.

Regel I. II. III. 331

in den Schooss der Kirche zurückgekehrt sind, können, wenn sie von einer theologischen Facultät einer katholischen Uni- versität oder von der Römischen Inquisition gutgeheissen sind, erlaubt werden.

Etwas der Unterscheidung zwischen Häresiarchen und an- deren Ketzern Aehnliches findet sich schon im Lov. (S. 118). Die hier gegebene Definition von Häresiarchen ist an sich nicht sehr präcise und gewinnt nicht dadurch an Klarheit, dass neben Luther, Zwingli und Calvin noch Huebmaier und Schwenckfeld als Beispiele genannt werden. Das Richtige wäre gewesen, die Häresiarchen speciell zu bezeichnen. Wir werden bei Q,. und nach dessen Vorgang bei S. einen besondern Catalogus haeresiarcharum finden; aber dieser wurde von Cl. beseitigt, jener nur von Sand, beibehalten, dann auch im Span. Ind. weggelassen. Eine wesentliche Milderung der Be- stimmung von P. S. 264 liegt darin, dass nicht von allen Autoren der 1. Cl., sondern nur von den Häresiarchen alle Bücher, von den übrigen nur die über Religion handelnden verboten werden. Die nicht verbotenen Bücher der Autoren der 1. Cl. zu bezeichnen, ist den Bischöfen und Inquisitoren überlassen. In den span. Indices werden von vielen Autoren der 1. Cl. die Bücher, die nicht ver- boten sind, verzeichnet, von manchen auch im Antw. Exp., von einigen bei Bras. In den amtlichen Rom. Indices findet sich nichts der Art. Das Richtige wäre natürlich gewesen, nicht hunderte von Namen in die 1. Cl. zu setzen und dann zu sagen, die nicht von Religion handelnden Schriften dieser Autoren seien nicht verboten, sondern die Schriften anzugeben, die man verbieten wollte. Dass dieses nicht geschehen, erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte des Rom. Index.

Nach dem letzten Satze der Reg. II. bedurften z. B. das Buch Heinrichs VIII. gegen Luther und die späteren Schriften von Greorg Wicel einer ausdrücklichen Grutheissung. S. machte einen Versuch, die Schriftsteller der letztern Kategorie speciell zu be- stimmen, indem er bei Wicel und einigen anderen bestimmte, die von ihnen als Häretikern herausgegebenen Schriften seien unbedingt, die nach ihrer Conversion veröffentlichten, so lange sie nicht unter- sucht worden, verboten. Cl. strich dieses, und nun steht Wicel gar nicht im Index, sein Freund Gerardus Lorichius in der 1. Cl.

III. Die von Autoren der 1. Cl. bis jetzt herausgegebenen Uebersetzungen älterer, auch kirchlicher Schriftsteller (von Kirchenvätern u. s. w.) werden, wenn sie nichts gegen die ge- sunde Lehre enthalten, erlaubt. Die von Autoren der 1. Cl. herrührenden (lateinischen) Uebersetzungen von alttestament- lichen Büchern dürfen gelehrten und frommen Männern von den Bischöfen gestattet, aber nur als Erläuterungen der Vulgata zum Verständnisse der h. Schrift, nicht als Bibeltexte gebraucht

332 Regeln des Trienter Index.

werden. Dagegen sollen (lateinische) Uebersetzungen des N. T. von Autoren der 1. Cl. niemand gestattet werden, weil das Lesen derselben den Lesern wenig Nutzen, aber sehr viel Ge- fahr zu bringen pflegt. Wenn mit derartigen Uebersetungen des A. T. oder mit der Vulgata Anmerkungen von Autoren der L Cl. verbunden sind, können sie frommen und gelehrten Män- nern gestattet werden, nachdem die verdächtigen Stellen von einer theologischen Facultät oder von der Römischen Inquisition entfernt worden sind. Dieses gilt speciell von der sog. Bibel des Vatablus. Aus den Bibeln des Isidorus Clarius sind Vor- wort und Prolegomena zu entfernen; den Text derselben aber möge niemand für den Text der Vulgata halten.

Der erste Satz enthält eine weitere Milderung der Moderatio Pius' IV. (S. 289), die folgenden Sätze sind an die Stelle des ßihel- verzeichnisses bei P. gesetzt. S. verbot in seiner Reg. 6 alle Bibelübersetzungen von Häretikern .in allen Sprachen und bestimmte, ihre Uebersetzungen von Kirchenvätern und kirchlichen Schriftstel- lern sollten nur geduldet werden, bis in der Vaticanischen Druckerei neue Uebersetzungen gedruckt seien. Dieses wurde von Cl. besei- tigt; aber Alexander VII. setzte unter Biblia in den Index die Be- stimmung, die seit Ben. in den Decr. gen. I, 3 steht: (Verboten sind) Bibeln, die von Ketzern herausgegeben (eorum opera irapressa) oder mit Anmerkungen, Argumenten, Summarien, Schollen und In- dices von Häretikern versehen sind. Das klingt wie eine Ver- schärfung der 3. Regel; AI. wollte aber sicher mit dieser Bestim- mung die von Ketzern herausgegebenen Bibeln nur in derselben Weise verbieten, wie sie in der 3. Regel verboten werden (s. u. zu Reg. IV). Anders verhält es sich mit einer andern Bestimmung, welche seit Ben. in den Decr. gen. I, 4 steht. Durch ein von dem Magister S. Palatii im J. 1603, also noch unter Clemens VIII. publicirtes Decret (in der Sammlung vonDecreten im Index Alexanders VII. No. 4) werden verboten: „Die h. Schrift oder Theile derselben in metrischer Form, die nach 1515 gedruckt sind." Dieses Verbot steht dann seit AI. im Index unter Sacra Scriptura. Ben. setzte es in die Decr. gen., aber in der veränderten Fassung: „Bibeln oder Theile derselben, die von Ketzern versificirt sind". Das Decret von 1603 scheint doch nicht bloss poetische Bearbeitungen biblischer Bücher von Ketzern verbieten zu wollen, und der Lissaboner Index von 1624 (p. 178) erwähnt eine Erklärung der Index-Congregation, wonach versificirte Uebersetzungen von Katholiken nur in lateinischer, nicht in der Volksprache gestattet waren.

Wenn protestantische Bibelausgaben zu den verbotenen Büchern gehörten, so war es nur consequent, wenn Grretser u. a. sagten, sie seien zu verbrennen, und wenn dieses vielfach geschehen ist*).

1) Schelh. Am. lit. VIII, 478. Der Inquisitor Gregorius Capuccinus

Regel IV. Bibellesen. 333

IV. Da die Erfahrung lehrt, dass, wenn das Lesen der Bibel in der Volksprache allen ohne Unterschied gestattet wird, daraus wegen der Verwegenheit (temeritas) der Menschen mehr Schaden als Nutzen entsteht, so soll in dieser Beziehung das Urtheil des Bischofs und Inquisitors massgebend sein: diese sollen nach dem Käthe des Pfarrers oder Beichtvaters das Lesen der Bibel in Uebersetzungen in der Volksprache, die von katholischen Autoren herrühren, denjenigen gestatten dürfen, von denen sie erkennen, dass ihnen diese Lecture keinen Schaden, sondern Mehrung des Glaubens und der Frömmigkeit bringen könne. Diese Erlaubniss soll schriftlich ertheilt werden. Wer ohne eine solche Erlaubniss eine Bibel in der Volksprache liest oder hat, soll von seinen Sünden nicht losgesprochen werden können, bis er sie dem Bischof abgeliefert hat. Buch- händler, welche Bibeln in der Volksprache solchen, die jene Erlaubniss nicht haben, verkaufen oder sonstwie verschaffen, sollen den Preis der Bücher zahlen, den der Bischof zu frommen Zwecken zu verwenden hat, und anderen je nach der Beschaf- fenheit des Vergehens von dem Bischof zu verhängenden Strafen verfallen. Ordensgeistliche dürfen solche Bibeln nicht, ohne Er- laubniss ihrer Oberen lesen und kaufen.

Nach P. sollte die Erlaubniss zum Lesen der Bibel in der Volk- sprache nur von der Rom. Inquisition ertheilt werden. Die mildere Bestimmung im Tr. wurde schon durch S. wieder aufgehoben. In seiner Reg. 7 wird bestimmt: „Bibeln oder Theile von Bibeln in Uebersetzungen in der Volksprache, auch von Katholiken, werden ohne neue und specielle Erlaubniss des apostolischen Stuhles nirgend- wo gestattet; Paraphrasen in der Volksprache werden unbedingt verboten" *). Cl. beseitigte zwar die Regeln von S., fügte aber der 4. Regel des Tr. eine Observatio bei, in welcher er sich den An- schein gibt, als wolle er dieselbe erläutern, in Wirklichkeit aber dieselbe abändert: „Es ist zu bemerken, dass durch diese Regel den

(bei James, Treatise A. 2) rühmt sich: wenn er eine Vulgata-Ausgabe mit fehlerhaftem Texte finde, continuo transeo ad ipsam non censurando sed igniendo.

1) Diese Regel allein genügt, um das, was seit Leti von einer von Sixtus V. veranstalteten italienischen Bibelübersetzung erzählt wird (vgl. Mendh. p. 109; van Ess, Gesch. der Vulgata S. 495) als Fabel zu er- weisen. Die Sage ist durch die verunglückte Vulgata-Ausgabe Sixtus' V. entstanden.

334 Regeln des Trienter Index.

Bischöfen, Inquisitoren oder Ordensoberen nicht aufs neue die Voll- macht gegeben wird, die Erlaubnis« zum Kaufen, Lesen oder Be- sitzen von Bibeln oder Theilen des A. oder N. Testaments ^) oder Summarien und geschichtlichen Compendien der Bibel oder biblischer Bücher in der Yolksprache zu ertheilen, nachdem ihnen diese Voll- macht durch das Mandat und den Usus der Rom. Inquisition ent- zogen worden." Damit ist die Bestimmung Pauls IV. einfach wieder- hergestellt, und fortan konnte also ein Bischof nur etwa dann die Erlaubniss ertheilen, wenn er speciell durch den Papst oder die Rom. Inquisition ermächtigt worden war.

Wenn Alexander VII. Biblia vulgari quocunque idiomate con- scripta in den Index setzte, so wollte er damit nicht die 4. Regel aufheben, die er ja unverändert abdrucken liess, sondern die Bibeln in der Volksprache in derselben Weise verbieten, wie sie in dieser Regel verboten sind. Man kann aber nun allerdings sagen, dass sie von 1664 bis 1758 im Index gestanden haben. In der Ausgabe von 1758 von Benedict XIV. wurden sie im Index gestrichen und zugleich wurde, wie wir später sehen werden, die 4. Eegel modifi- cirt. Bis dahin ist dieselbe mit dem Zusätze Clemens' VIII. nach der curialistischen Anschauung geltendes Recht gewesen.

Die Praxis gestaltete sich aber in den verschiedenen Ländern verschieden. In Spanien waren schon durch Valdes 1551 und 1559 alle Bibelübersetzungen unbedingt verboten; Quiroga fügte 1583 bei: IJebersetzungen von allen Theilen der Bibel, mit Ausnahme der Sätze und Stücke, welche in katholischen Büchern citirt und erklärt werden, tind der Episteln und Evangelien der Messe, wenn die- selben mit Predigten oder Erklärungen von katholischen Schrift- stellern verbunden sind. Demgemäss wurden von einem seit 1506 in einer Reihe von Auflagen erschienenen Perikopenbuche des Francis- caners Ambrosius de Montesino in dem Index des Sandoval 1612 nur die Ausgaben ohne Erklärungen verboten ; aber 1614 wurde das Verbot auf alle Ausgaben ausgedehnt. Auch eine Uebersetzung der Buss- und Stufenpsalmen und der Klagelieder des Jeremias von Maestro Jarava (Antw. 1543 u. s.) wurde in Antw. App. und Q,. verboten, von Sot. auch die Uebersetzung des Buches Job in der 1527 erschienenen Uebersetzung der Moralia Gregors des Grossen von Alonso Alvarez de Toledo. Eine katholische Bibelübersetzung ist, abgesehen von der Bibel im Valencianischen Dialect von 1478, in Spanien erst 1790 von Phelipe Scio de San Miguel, später Bischof von Segovia, und 1823 von Felix Torres Amat, Bischof von Bar- celona, herausgegeben worden^). Noch strenger war man in Portu- gal. In dem Lissaboner Index von 1624 (p. 178) werden nicht nur die eben genannten spanischen Uebersetzungen einzelner Theile

1) In allen Ausgaben, auch in der neuesten von 1881 steht: Biblia vulgaria aut alias s. scripturae tarn N. quam V.T. partes. Ohne Zweifel sollte aliquas stehen.

2) Boehmer, Bibl. Wiffen. II, 358.

Regel IV. Bibellesen. 335

der Bibel und die (erst 1798 gedruckte) üebersetzung des Hoben Liedes von Luis de Leon verboten, sondern aucb erklärt, es sei nicht erlaubt, in einem Buche grössere Stücke aus der Bibel in der Yolksprache anzuführen, und darum verordnet, in dem Buche von Luis de Leon über die Namen Christi V) vier übersetzte Psalmen, sogar in Lope de Vega's „Hirten von Bethlehem" die üebersetzung des Magnificat, Benedictus, Nunc dimittis, des Miserere und einiger anderer Psalmen zu streichen. Die erste portugiesische Bibelüber- setzung ist die von Antonio Pereira de Figueiredo vom J. 1778. In Italien erschienen vor 1560 mehrere Uebersetzungen der Bibel, von da bis 1776 nur Uebersetzungen der Perikopen, der Psalmen und anderer einzelner Theile. Auch diese durften nicht ohne Er- laubniss gebraucht werden. Im J. 1596 gestattete die Inquisition durch ein förmliches, von Clemens VIII. bestätigtes Decret den Mit- gliedern des Ordens der Jesuaten, eine katholische Üebersetzung der sonn- und festtäglichen Evangelien in der Yolksprache, was sonst verboten sei, wird ausdrücklich beigefügt, zu lesen ^).

Dagegen erschien im 16. und 17. Jahrb. eine Reihe von katholischen Uebersetzungen der Bibel und des N. T. in französi- scher, deutscher, czechischer, ungarischer und polnischer Sprache^), und wenn auch die 4. Regel des Index auf einigen Provincialsynoden promulgirt wurde ^), so constatiren doch streng katholische Schrift- steller, dass dieselbe in praxi diesseits der Alpen nicht überall als ver- bindlich angesehen wurde. So sagt der Jesuit Serarius 1612: „Wenn jemand in Deutschland ohne ausdrückliche Erlaubniss die Bibel von Eck oder Dietenberger liest, so wird das von den Bischöfen, Pfar- rern und Beichtvätern nicht nur nicht getadelt und bestraft, sondern vielmehr gebilligt und sehr gelobt, als wenn die Erlaubniss allge- mein ertheilt wäre" ^).

In Belgien wurde durch eine Ordonnanz vom 19. Mai 1570 (s. u. § 38) den Buchhändlern befohlen, Bibeln (und Schriften über Controversen) in der Volksprache an niemand zu verkaufen, der nicht eine schriftliche Erlaubniss habe, und mehrere Synoden schärfen die 4. Regel, einige auch die Bestimmung der Ordonnanz ein ; auf einer Synode von Tournaj^ von 1600 wurde sogar verordnet, das Verbot der 4. Regel jährlich zweimal von den Kanzeln zu verlesen*^). Auch in der Approbation der von den Löwener Theologen 1578 herausgegebenen französischen Bibel heisst es, ihr Gebrauch könne von den Bischöfen oder Inquisitoren denjenigen u. s. w. (wie in der

1) Rausch, Luis de Leon S. 25. 65.

2) A. J. P. 2, 2633.

3) K.-L. 2, 733. 742. Die polnische Bibel von dem Jesuiten Jacob Wujec wurde auf Veranlassung Gregors XIII. und mit Gutheissung Clemens' VIII. 1593 gedruckt. Possovinus, App. s. v. Jac. Viecius.

4) Malou, Das Bibellesen I, 44.

5) Proleg. Bibl. c. 20.

336 Regeln des Trienter Index.

4. Eegel) gestattet werden^); (der Bischof von Tournay erklärte auf der Diöcesansynode von 1589, er habe, damit die Erlaubniss leichter erlangt werden könne, seine Generalvicare und die Decane von Lille und Courtrai ermächtigt, das Lesen einer von den Facultäten zu Löwen oder Douay approbirten TJebersetzung zu gestatten). Bei der grossen Zahl von Auflagen, welche diese Löwener Ueber- setzung erlebte, ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass alle Leser eine specielle Erlaubniss nachgesucht. Fr. Veron sagt in seiner französischen Bibel (1646): „Da die 4. Regel nirgends in Frankreich bekannt gemacht worden, vielmehr durch den entgegengesetzten Gre-' brauch verworfen wird, so kann man in ganz Frankreich ohne vor- herige Erlaubniss die Bibel lesen", und Billuart (um 1750): „In Frankreich, Deutschland und Holland wird von allen ohne Unter- schied die Bibel gelesen; die Bischöfe wissen dieses und keiner sucht es zu hindern , vielmehr wird das Lesen der h. Schrift von mehreren Bischöfen empfohlen" ^). Auch der italienische Canonist L. Ferraris (Promta Biblioth. s. v. Script, sacra N. 63) sagt: „In Frankreich, Deutschland, England und Polen sind wiederholt Bibeln in der Volksprache erschienen und ist das unterschiedslose Lesen (promiscua lectio) derselben von dem apostolischen Stuhle geduldet worden, woraus erhellt, dass dieser das Lesen derselben gestattet, wenn die Gründe weggefallen sind, wegen deren er dasselbe mit Recht verboten hat".

Das zuerst in der Observatio Clemens' VIIL ausgesprochene Verbot der Summarien, biblischen Geschichten und dgl. hat auch von 1664 1758 im Index gestanden: Bibliorum summaria et com- pendia etiam historica vulgari quocumque idiomate con scripta. Ben. hat nicht nur dieses gestrichen, sondern auch in der Observatio die betreffenden Worte stillschweigend weggelassen^).

1) R. Simon, Hist. crit. des versions p. 340.

2) Diese und andere Stellen bei L. van Ess, Auszüge über das . . . Bibellesen, 1816, S. 170.

3) Die Titel der in der 3. Gl. stehenden Schriften sind allerdings vielfach bis zur Unverständlichkeit verkürzt und entstellt. Es ist aber doch kaum zu entschuldigen, wenn in einer 1841 in Paris mit einem Preise gekrönten und der Erlanger theol. Facultät gewidmeten Schrift, „Die Bibel ,ist von Gott« von Ph. J. Oster, V. D. M., 1842, S. 175 zum Beweise dafür,

dass Geistlichen und Laien das Lesen der h. Schrift verboten sei, auf den Index von 1704 verwiesen wird, „worin wörtlich folgende Titel vorkommen: . . . Die Citate aus beiden Testamenten [Loci utriusque Test.], die Redens- arten der h. Schrift [Phrases s. scr.], die Auszüge aus der Schrift [Ex- cerpta quaedam capita u. s. w.], alles, was von der Vortreffllichkeit, Würde, Autorität u. s. w. der h. Schrift handelt" [De scripturae sanctae prae- stantia, dignitate, auctoritate dissertatio] u. s. w. u. s. w. Es ist incon- sequent, dass Oster nicht auch daraus, dass Catechismus s. symboli expo-

Regel V. VI. 037

V. Bücher von Ketzern, in welchen sie die Aussprüche anderer zusammenstellen und nichts oder wenig von dem Ihrigen vortragen, wie Lexica, Concordanzen, Apophthegmen, Gleich- nisse, Indices u. dgl. sollen erlaubt, nöthigenfalls aber zuvor von den Bischöfen und Inquisitoren mit Hülfe von katholi- schen Theologen expurgirt werden.

S. verlangt Reg. 5 noch, die Namen der ketzerischen Heraus- geher seien zu beseitigen und der Name des Expurgators beizu- fügen, denkt also an neue unter dem Namen eines katholischen Her- ausgebers zu veranstaltende Ausgaben. Seit Ben, steht in den Decr. gen. I, 10: „Wörterbücher, Griossare, Thesauri und ähnliche von Ketzern, wie die von Heinrich und Carl Stephanus, Jo. Scapula, Jo. Jac. Hofmann u. s. w., werden nur erlaubt nach Beseitigung dessen, was gegen die kath. Religion darin steht."

VI. Bezüglich der Bücher, welche in der Volksprache über die Streitfragen zwischen den Katholiken und den Ketzern unserer Zeit handeln, gilt dasselbe wie bezüglich der Bibeln in der Volksprache. Bücher, welche in der Volksprache über die Weise, gut zu leben, zu betrachten, zu beichten und über ähnliche Dinge handeln, sowie Predigten in der Volksprache sind, wenn sie die gesunde Lehre enthalten, nicht zu verbieten. Wenn bisher in irgend einem Reiche oder in irgend einer Provinz Bücher verboten gewesen sind, weil sie einiges ent- halten, was sich nicht zur Leetüre für alle ohne Unterschied eignet, so können dieselben, wenn die Verfasser katholisch sind, nachdem sie verbessert worden, von dem Bischof und dem In- quisitor erlaubt werden.

Den ersten Satz wollte S. Reg. 8 dahin modificiren, dass solche Bücher in Gregenden mit confessionell gemischter Bevölke- rung erlaubt, in anderen, wie in Spanien und Portugal der Fall war, verboten sein sollten. (In der Volksprache geschriebene Bücher gegen Juden und Muhammedaner sollten nur mit Erlaubniss der In- quisition gelesen werden.) Thatsächlich sind in Deutschland u. s. w. zahllose Streitschriften in der Volksprache erschienen, und eine spe- cielle Erlaubniss zum Lesen derselben nachzusuchen, war noch weni-

sitio im Index steht, folgert, alle Catechismen und A uslegungen des Glaubens- bekenntnisses seien verboten. Den Index von 1704, auf den er sich beruft, hat er übrigens allem Anscheine nach nie gesehen, sondern alles, was er darüber sagt, aus der 1818 erschienenen Schrift „Die Bibel nicht, wieviele wollen, ein Buch für Priester allein" u. s. w. S. 112 abgeschrieben.

Rcusch, Iudex. 22

ä88 Hegeln des Trienter Index.

ger Gebrauch, als bezüglich der Bibelübersetzungen. Bezüglich der in dem zweiten Satze erwähnten Bücher verordnete S. Reg. 17: sie seien zu Eom von der Index-Congregation , anderswo von einer allgemeinen Inquisition, in Universitätsstädten von dem Bischof und Decan zu prüfen und nur mit deren Approbation zu drucken; sonst seien sie verboten. In Zukunft dürften dergleichen Bücher, auch lateinisch, von Laien oder Frauen, denen verboten sei, in der Kirche öffentlich zu lehren, nicht ohne Approbation veröffentlicht werden.

VII. Bücher, welche schlüpfrige und unzüchtige Dinge ex'

professo behandeln, erzählen oder lehren, werden, da nicht nur

auf den Glauben, sondern auch auf die Sitten Rücksicht zu

nehmen ist, durchaus verboten, und diejenigen, welche sie

haben, sollen von den Bischöfen strenge bestraft werden. Die

alten von Heiden geschriebenen Bücher aber werden wegen der

Eleganz und Schönheit der Darstellung gestattet, sollen aber

auf keinen Fall bei dem Unterriebt von Knaben gebraucht

werden.

Ausser Lucian (S. 228) stehen im Rom. Index nur Priapeia quae cum Yirgilio circumferri solent, von Cl. aus Antw. App. auf- genommen. Im Liss. 1624 werden Martialis' Epigramme nur nach vorheriger Expurgation oder in den Ausgaben der Jesuiten Andr. Fusius, Matth. Radius und Edm. Augerius gestattet; Ovids erotische Gedichte privatim zu lesen, wird gestattet, in Schulen dürfen nur die Epistolae selectae, Tournay 1615, gebraucht werden. S. ver- bietet Reg. 14 auch obscöne Bilder und libri musicae in quibus ob- scoenae et amatoriae cantiones continentur.

VIII. Bücher, deren hauptsächlicher Inhalt gut, in denen aber nebenbei einiges eingeflochten ist, was auf Ketzerei oder Gottlosigkeit, Wahrsagerei oder Aberglauben abzielt, können gestattet werden, nachdem sie im Auftrage der Römischen In- quisition von katholischen Theologen gereinigt worden. Das- selbe gilt von Vorreden, Summarien oder Anmerkungen, welche von verdammten Autoren nicht verdammten Schriften beigefügt sind ; aber in Zukunft sollen sie nur verbessert gedruckt werden.

Ueber die Expurgation der Bücher erliess Clemens VIII. spe- cielle Vorschriften; s. u. § 52.

IX. Alle Schriften über Geomantie, Hydromantie, Aero- mantie, Pyromantie, On[ir]omantie, Chiromantie, Nekromantie, oder in welchen Sacrilegien, Zaubereien (veneficia), Augurien oder magische Beschwörungen enthalten sind, werden ganz und gar verworfen. Die Bischöfe aber sollen darauf achten, dass nicht

Regel VlI-X. 3Ö9

astrologische Bücher, Tractate, Verzeichnisse (astrologiae artis libri, tractatus, indices) gelesen und behalten werden, welche über zAiktinftige Dinge oder zufällige Vorgänge (de futuris con- tiugentibus, successibus fortuitisve casibus) oder solche Hand- lungen, welche von dem menschlichen Willen abhangen, etwas Bestimmtes vorhersagen. Gestattet werden Urtheile und natür- liche Beobachtungen, welche zur Förderung der Schiiffahrt, des Ackerbaus oder der Heilkunde geschrieben sind.

Zu dieser Regel hat Clemens VIII. den Zusatz gemacht: gegen diejenigen, welche solche Bücher lesen und behalten, könne auf Grund der Bulle Sixtus' V. vom 5. Jan. 1585 (Bull. IT, 553) nicht nur von den Bischöfen, sondern auch von den Local-Inquisitoren eingeschritten werden.

X. Bei dem Drucke von Büchern sollen die Bestimmungen des Lateran-Concils unter Leo X. beobachtet werden (S. 55). Demgemäss sollen die in Rom zu druckenden Bücher vorher durch den Vicar des Papstes und den Magister Sacri Palatii oder durch die von dem Papste bestimmten Personen, die an anderen Orten zu druckenden Bücher durch den Bischof des Druckortes oder einen von ihm zu bestellenden Censor und durch den Inquisitor geprüft und durch eine eigenhändige un- entgeltlich und ohne Verzug zu ertheilende Unterschrift appro- birt werden. Eine von dem Verfasser unterschriebene Abschrift des zu druckenden Buches soll in den Händen des Censors bleiben. Die Verfasser von Büchern, welche ohne Approbation erscheinen, sollen dieselben Strafen treffen, welche von dem Lateran-Concil für die Drucker bestimmt sind. Diejenigen, welche solche Bücher haben und lesen, sollen, wenn sie nicht die Verfasser angeben, als Verfasser angesehen [gleich diesen bestraft] werden. Die Approbation ist schriftlich zu ertheilen und an der Spitze des Buches abzudrucken.

Die Druckereien und Buchläden sind von Personen, welche der Bischof und der Inquisitor zu bestellen haben, oft zu visitiren. Die Buchhändler sollen ein von diesen unterschrie- benes Verzeichniss der bei ihnen verkäuflichen Bücher haben und keine nicht in diesem Verzeichniss enthaltenen Bücher ohne Erlaubniss der besagten Personen abgeben. Den besagten Per- sonen ist auch von den Büchern, welche von auswärts in eine Stadt gebracht werden, Mittheiluug zu machen; niemand darf

340 Regeln des Trientei* Index.

solche importirte Bücher ohne ihre Erlaubniss verkaufen oder verleihen, es sei denn, dass es notorisch allgemein gestattete Bücher sind. Die Erben und Testamentsvollstrecker sollen die von einem Verstorbenen hinterlassenen Bücher oder ein Ver- zeichniss derselben den erwähnten Personen vorlegen, ehe sie dieselben gebrauchen oder an andere abgeben. Wer diese Be- stimmungen tibertritt, soll mit Verlust der Bücher und anderen^ nach der Beschaffenheit des Vergehens zu bestimmenden Strafen bestraft werden.

Bezüglich der Bücher, welche die Väter der (Trienter) Commission geprüft oder gereinigt oder deren Reinigung sie angeordnet oder deren Wiederabdruck sie unter gewissen Be- dingungen gestattet haben, sollen die Buchhändler und die üb- rigen alles beobachten, was jene bestimmt haben. Es soll aber den Bischöfen oder General-Inquisitoren frei stehen, solche Bü- cher, welche durch diese Regeln erlaubt zu werden scheinen, zu verbieten, falls sie dieses in ihren Reichen, Provinzen oder Diöcesen für zweckmässig halten*). Ein Verzeichniss der Bü- cher, welche von der Commission gereinigt worden sind, und derjenigen, denen sie diese Aufgabe zugewiesen, soll von dem Secretär dem Notar der Römischen Inquisition übergeben werden.

Schliesslich wird allen Gläubigen eingeschärft, keine nach

diesen Regeln oder dem Index selbst verbotene Bücher zu haben

oder zu lesen. Wer Schriften von Ketzern oder Schriften von

irgend einem Autor, welche wegen Ketzerei oder wegen des

Verdachtes einer falschen Lehre verboten sind, liest oder hat,

verfällt sofort der Excommunication. Wer Schriften liest oder

hat, die aus einem andern Grunde verboten sind, begeht eine

Todsünde und soll nach dem Ermessen des Bischofs strenge

gestraft werden.

Ueher das Verfahren bei der Approbation von Büchern er- liess Clemens VIII. genauere Vorschriften (§52). Unter Urban VIII.

1) Der Grosscomthur von Castilien hebt in dem Briefe an Philipp II. d. d. Rom 30. Apr. 1564 (Döllinger, Beitr. I, 562), worin er über das Er- scheinen des Index berichtet, diesen Satz speciell hervor mit dem Bemerken: „Es hat nicht wenig Mühe gemacht, die Beifügung desselben zu erwirken." Ob die Spanier die Beifügung schon in Trient oder erst nachträglich in Rom durchgesetzt, erhellt nicht.

Kegel X. 341

erklärte die Index-Congregation 1623, auch die Texte musikalischer Compositionen seien der Censur unterworfen*). Ferner verordnete 1625 die Inquisition, dass solche, die im Kirchenstaate wohnen, ihre Bücher nicht anderswo drucken lassen dürfen ohne schriftliche Approbation des Cardinal -Vicars und des Mag. S. Pal., falls sie in ßom, des Bischofs, wenn sie an einem andern Orte wohnen^). Alexander VII. hat 1667 der Eegel 10 einen Zusatz beigefügt, worin er zunächst diese Verordnung mittheilt, dann einschärft, die Censur von zu druckenden Büchern solle nicht Freunden oder Verwandten der Verfasser und vor allem nicht den von diesen selbst empfoh- lenen Censoren übertragen werden, die Censur von Schriften von Ordensgeistlichen (die ausser der von den Ordensoberen selbst an- zuordnenden Prüfung vorzunehmen sei) nicht Mitgliedern desselben Ordens. Benedict XIV. verhängte über diejenigen, welche das Decret vom J. 1625 übertreten oder welche nicht approbirte Schrif- ten in Rom ohne Angabe des Druckorts oder mit Angabe eines falschen Druckortes veröflPentlichen würden, die reservirte Excom- municatio latae sententiae ^).

Durch die Strafbestimmungen des letzten Alinea werden die Strafbestimmungen Pauls IV. ersetzt. Alexander VII. erklärte in der Bulle von 1664, mit der er seine Index-Ausgabe publicirte, aus- drücklich, nur die Strafbestimmungen dieser Eegel und die der Bulla Coenae seien noch in Greltung, Demgemäss verfällt der Ex- communicatio latae sententiae, wer Schriften von Ketzern u. s. w., nicht aber wer andere im Index stehende Bücher liesst, wie z. B. obscöne oder auch katholische Bibelübersetzungen und Controvers- schriften in der Volksprache. Die Excommunication machte Sixtus V. zu einer dem Papste reservirten, diese Bestimmung wurde aber von Clemens VIII. nicht aufgenommen ; so tritt hier also nur die Ex- communication ein, von welcher jeder Beichtvater absolviren kann. Ueber die Geltung der Strafbestimmungen der 10. Regel in Deutsch- land war früher unter den Theologen dieselbe Meinungsverschieden- heit wie über die der Bulla Coenae (S. 76). Durch die Bulle Pius' IX. vom J. 1869 sind dieselben aufgehoben. Dagegen hat Pius IX. die reservirte Excommunication für das Drucken , Lesen u. s. w. solcher Bücher ausdrücklich bestätigt, welche (nicht von der Index-Congre- gation, Inquisition u. s. w., sondern) „durch apostolische Schreiben (päpstliche Bullen, Breven oder Encykliken) namentlich" (unter An- gabe des Titels des Buches) unter Androhung dieser Strafe verboten worden sind, wie das seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts mit manchen Büchern geschehen ist. Die Umgehung der Präventiv- censur unterliegt nur der nicht reservirten Excommunication, und auch nur dann, wenn es sich um den Druck der Bibel oder ihrer Erklärungen handelt, wie die Inquisition 22. Dec. 1880 erklärt hat*).

1) No. 28 in der Sammlung von Decreten im Index Alex.

2) Ebend. No. 32. 3) A. J. P. I, 1010. 4) S. 0. S. 74. Avanzini S. 14. K.-L. 2, 1442.

342 Reception des Trienter Index.

31. Reception des sog. Trienter Index.

Der Index Pius' IV. wurde noch im J. 1564 abgedruckt zu Bologna^), Modena^), Florenz (zusammen mit den Beschlüssen des Trienter Concils)^), Cremona^), Venedig^), Köln*^) und Dil- liugen (zusammen mit den Concilsbeschlüssen)"^), dann 1565— 98 noch oft, vielfach als Anhang zu den Decreten des Trienter Concils, namentlich 10 mal zu Venedig^), einmal zu Modena^),

1) Index . . . comprobatus. Habita prius facultatc et authoritate a Rev. D. D. Leone de Lianoriis Canon, et Gen. Vic. Bonon. Ac insuper a R. P. Inquisitore. Bononiae 1564. 4. (Petzh. p. 140).

2) Index . . . comprobatus. Mutinae apud haeredes Cornelii Gualdini 1564.* 12.

3) Zaccaria p. 152.

4) Index . . . comprobatus. Cremonae apud Vinc. Conatum 1564. Impenso Barth. Cavalli Bibliopolae.* 70 S. kl. 8.

5) Index . . . comprobatus. Venetiis 1564* (mit dem Druckerzeichen des Aldus). 32 Bl. kl. 8.

6) Index . . . comprobatus, Coloniae apud Materuum Cholinum 1564.* 8.

7) Canones et decreta . . . Adjunctus est Index . . . comprobatus. A.1564. Am Ende: Dilingae, Seb. Mayer. Die Canones 368 Bl., der Index 40 Bl. 8. Letzterer auch allein: Index . . ., am Ende: Dilingae, Seb. Mayer 1564, 40 Bl. 8. (Guicciardini, Suppl. II, 22) ; in München ein Exemplar mit der Jahreszahl 1565.*

8) Yen. apud Muschium 1565. 12 (Petzh.). Ven. apud Dom. de Farris 1568.* 64 S. kl. 8.

Ven. apud Regazolum et Cavalialupum socios 1570. 48 S. kl. 8. (Petzh.).

Yen., Guerraea 1573. 34 S. 8 (Rosenthal 36, 1100 a).

Ven. apud A. de Alarium 1575.* 8.

Ven. apud Muschium 1581. 16 Bl. (Rosenthal 34, 1174).

Canones et decreta . . . cum Indice 1. p. Ven., Ziletti 1581 (Baumg. IV, 69; angeblich auch schon 1566).

Ven., Alex. Gryphius 1582. 12 (Schoettgen II § 18).

Ven. apud Hieron. Polum 1590.* 8.

Ven. apud minimam societatem 1593 (Rosenthal 36, 1101).

9) Mit den Constitutionen des dortigen Bischofs Sisto Visdomini Comasco bei Paolo Gadalini e Fratelli 1572. 12 (Zaccaria p. 153).

Reoeption des Trienter Index. 343

4 mal zu Köln*). Zu Rheims erschien 1573 auch eine franzö- sische Uebersetzung der Concilsdecrete und des Index ^). lieber die Ausgaben von Lüttich, Antwerpen und München s. u. § 39. 40. 46.

Einer förmlichen Reception in den einzelnen Ländern be- durfte der Index oder die Bulle, durch welche er publicirt wurde, nach der curialistischen Anschauung nicht. Eine solche hat aber ausserhalb Italiens, wie wir sehen werden, in Belgien, Baiern und Portugal stattgefunden. Spanien behielt seinen eigenen Index, in den aber die Bücherverbote des Trienter aufgenommen wurden. In Frankreich und in Deutschland, abgesehen von Baiern, ist der Index nur von einzelnen Provinzialsynoden für verbindlich erklärt worden. Dass hier in der Praxis wenigstens nicht alle Regeln des Index als verbindlich angesehen wurden, ist bereits erwähnt worden.

Dass man in Rom den Index als allgemein verbindlich ansah, zeigt der Umstand, dass Toletus, als er 1580 von Gregor XIII. nach Deutschland und Belgien geschickt wurde, u. a. die Vollmacht erhielt, solche, welche ketzerische Bücher, auch die im Index ver- botenen, wissentlich gelesen oder behalten, wenn sie den festen Vorsatz hätten, das fortan zu unterlassen, von der Excommunication und anderen kirchlichen Strafen zu absolviren ^).

Die Decrete der in den ersten Decennien nach dem Trienter Concil zu Mailand 1565, 1573 und 1583, zu Urbino 1569 und zu Neapel 1576 gehaltenen Provinaialsynoden über Bücherwesen sind im wesentlichen nur Wiederholungen der 10. Kegel des Index, mit- unter mit Zusätzen. So verordnet die Mailänder Synode von 1583 : die Buchdrucker und Buchhändler sollten, ehe sie ihr Geschäft be- gännen, bei dem Bischof das Glaubensbekenntniss und einen Eid ab- legen. Mehrere französische Synoden erliessen ähnliche Verord-

1) Index . . . comprobatus. Coloniae apud Maternum Cholinum 1568.* 40 Bl. kl. 8. Beigedruckt ist die Bulle In sacrosancta Plus' IV.

Index . . . comprobatus, angehängt an Canoues et Decreta Concilii Tridentini. CoL, Henr. Aquensis 1569.*

Col. apud Mat. Cholinum 1569. 35 Bl. 12 (Petzh.). Col. apud Mat. Cholinum 1576. 35 Bl. 12 (Petzh.).

2) Le . . . Concile de Trente . . . Trad. en frangais par Hervet d'Orleans, chanoine de Rheims. Augm. des choses . . . Rheims, chez Jean de Foigny 1573, 412 S. 16. Enthält: Catalogue des livres censurez par les deputez du Concile (Rosenthal 34, 748).

3) Theiner, Ann. eccl. III, 207.

344 Reception des Trienter Index.

nungen, erwähnen aber den Index nicht; 8o die von Rouen 1581, Bordeaux 1583, Tours 1583; nur die von Aix von 1585 verordnet, niemand solle die in dem auf Befehl des apostolischen Stuhles her- ausgegebenen Index verbotenen Bücher lesen und die Pfarrer sollten einen Index besitzen ; ähnlich die von Toulouse von 1590 '). Hubert Languet schreibt im März 1564: es würden in Frankreich unge- hindert viele protestantische Bücher gedruckt und verkauft, obschon die Geistlichen sich bemühten, ein Verbot zu erwirken. Am 8. Oct. 1566 verordnete dann der König auf den Antrag der Sorbonne, es dürften keine von dieser censurirte [nicht etwa: keine im Eömischen Index stehende] Bücher gedruckt oder verkauft werden, und die von der Sorbonne bestellten Doctoren dürften bei den Buchhänd- lern Haussuchung halten^).

In Deutschland haben nur die Diöcesansynoden zu Augsburg und Constanz 1567, Salzburg 1569, Olmütz 1592 und Trient 1593 die Beachtung des Index eingeschärft^). Wie wenig aber solche Decrete wirkten, zeigt die Thatsache, dass Gregor XIII. im J. 1576 in einem Breve an den Erzherzog Ferdinand klagt, in der Stadt Freiburg und der Diöcese (Constanz) herrsche bezüglich des Lesens und Besitzens ketzerischer Bücher summa licentia, und vorschlägt, drei von dem Erzherzog, dem Bischof und der Universität zu er- nennende Commissare für die Durchführung des Beschlusses der Diöcesansynode zu bestellen"*). Den Erzbischof von Prag, den- selben, der in Trient Vorsitzender der Index-Commission gewesen, erinnerte Pius V. 1571 an die Pflicht, dafür zu sorgen, dass man zu Prag und an anderen Orten in Böhmen Indices habe. Maximi- lian II. erliess für Böhmen ein Verbot, verbotene Bücher zu ver- kaufen; aber das bezog sich, wie Hosius in einem Briefe von 1571 klagt, nur auf die Schriften der Zwinglianer und Calvinisten, nicht auf die der Lutheraner^). Den Erzbischof von Gran und einige Geist- liche seiner Diöcese beauftragte Maximilian 8. März 1570 nur, unitarische und sacramentirerische oder zwinglianische Schriften zu confisciren und die Verbreiter derselben mit Hülfe des weltlichen

1) Die Decrete bei Zacc. p. 159.

2) H. Languet, Epp. secretae, Halle 1699, 2, 286. Arg. IIa 413. Jourdain No. 2030.

3) Mehr wissen die A. J. P. 4, 1402 aus dem 7. und 8. Bande der Conc. Germ, nicht zusammenzubringen.

4) Theiner Ann. eccl. II, 187. Sehr erbaulich ist eine Erzählung, die Schelh. Am. lit. I, 377 aus den Literae annuae der Mainzer Jesuiten vom J. 1593, p. 238 mittheilt : Ein Buchhändler klagte bei einem Jesuiten über die geringe Zahl der Käufer und die schlechten Zeiten ; der Jesuit be- stimmte ihn, alle lutherischen Bücher, die er vorräthig hatte, zu verbrennen, und am folgenden Tage verkaufte er mehr Bücher als zuvor in vielen Wochen.

5) Laderchi 24, 313.

Reception in Deutschland. 345

Arms zu strafen ^). In einem Breve vom 15. Mai 1574 an Maxi- milian wurde dieser von Gregor XIII. dafür belobt, dass er, wie der Nuncius gemeldet, den Ketzern das Predigen verboten und ver- sprochen habe, die neu erscheinenden Bücher durch katholische und geeignete Männer censiren und diejenigen bestrafen zu lassen, welche heimlich ketzerische Bücher verkauften 2). Einige Monate vorher hatte der Papst mit dem Kaiser eine Correspondenz über das Verbot eines katholischen Buches gehabt, einer masslosen Streitschrift des Keichshofraths Greorg Eder, die 1573 unter dem Titel „Evangelisch Inquisition wahrer und falscher Eeligion" zu Dillingen erschienen war. Eder erhielt einen Verweis und den Befehl, die ganze Auf- lage zurückzuziehen und nicht mehr über Religionssachen zu schreiben, und der Kaiser Hess das Buch auch im Eeiche confisciren. Gregor XIII. machte dem Kaiser Vorstellungen darüber; dieser antwortete aber: er habe nicht dulden dürfen, dass sein Hofrath ohne sein Vorwissen mit kaiserlichem Privileg und Approbation der Wiener theologischen Facultät ein Buch drucken lasse, welches durch die darin enthal- tenen injuriösen Ausdrücke den von seinem Vater im Einverständ- niss mit allen Ständen des Eeiches aufgerichteten und von ihm selbst bestätigten Eeligionsfrieden verletze^). Nach dem Tode Maximilians gab übrigens Eder einen lateinischen Auszug aus seinem Buche heraus, den er Gregor XIII. widmete: Malleus haereticorum, 1580. Kaiser Eudolf II. wurde 15. März 1581 ermahnt, was er in Mähren bezüglich der Herausgabe und des Verkaufs verbotener Bücher pie sancteque beschlossen, zur Ausführung zu bringen*). Auch in einem Breve vom 3. Dec. 1580 an Erzherzog Karl in Graz ist nicht von dem Trienter Index die Eede, sondern von dem Ver- bote schlechter Bücher durch Concilien und Kaiser, die „wohl ein- gesehen, dass nichts Besseres und für die katholische Kirche Heil- sameres geschehen könne, als wenn gegen diesen Krebsschaden, der plötzlich ganze Städte und Provinzen anzugreifen pflege, sobald als möglich das Feuer angewendet werde'' ^). Grossen Eespect vor dem Eömischen Index verräth es nicht, wenn der Bischof von Wien 1582 vorschlug : den Mauthnern zu befehlen, auf die Druckorte zu achten, Bücher aus Ingolstadt, München u. s. w. passiren .zu lassen, nicht aber die aus Tübingen, Wittenberg u. s. w,, und den Inspec- toren die Frankfurter Messcataloge in die Hand zu geben, weil darin die protestantisch-theologischen Bücher verzeichnet seien; „dann sei ja auch der zu Köln und Venedig gedruckte Trienter Index mit Nutzen zu gebrauchen" ^).

1) Arch. des D. Buchh. 6, 64.

2) Arch. f. österr. Gesch. 15, 209.

3) Theiner, Ann. I, 126. Stieve, Briefe und Acten zur Gesch. des 30j. Kr. IV, 144. Wiedemann, Reform. 11, 153.

4) Theiner, Ann. III, 271. 5) Theiner III, 135. 6) Archiv f. österr. Gesch. 50 (1873), 268.

346 Reccption des Trienter Index.

Im J. 1593 und 1596 beschwerten sich die Breslauer Buch- händler bei dem Eatlie und dem Bischof: sie hätten seit 50 Jahren auf den Märkten zu Neisse ungehindert neben katholischen Büchern auch lutherische feilgeboten, „nur etzliche Postilanten und Bett- bücher," die sie nicht an die Neisser, sondern an die Ungaren, Mähren und Böhmen verkauft hätten, jetzt habe das Capitel zu Neisse dies verboten. Der Bischof beschied sie mündlich : sie sollten die lutherischen Bücher nicht so in Augenschein setzen. Sie hatten 1602 ihre Beschwerde zu wiederholen: es sei ihnen gestattet ge- wesen, Bücher, die der Augsburgischen Confession gemäss und der katholischen und lutherischen Religion nicht zuwider, zu verkaufen, nicht aber calvinische, arianische, zwinglianische und andere Zank- und Famosschriften; daran hätten sie sich auch gehalten; sie seien bereit, am ersten Marktage ein Verzeichniss ihrer Bücher einzu- reichen u. 8. w. ^)

In Venedig wurden, wie Albizzi (Risposta a Fra Paolo p. 220) berichtet, das Trienter Concil und der Index recipirt und auf Grund der Regeln des letztern ein Statut für die Buchhändler ausgear- beitet und 18. Sept. 1567 von dem Nuncius, dem Patriarchen und dem Inquisitor genehmigt. Genauer unterrichtet sind wir über die Verhandlungen über den Index Clemens' VIII. ; s. u. § 53. Im J. 1565 wurde in Venedig ein Mecklenburger Christoph Senech (?) wegen des Besitzens und Lesens verbotener Bücher processirt-j ; ob es sich aber um Bücher, die im Index von 1564 verboten waren, handelte, erhellt nicht.

Josias Simler schreibt 1565: „Es ist ein neuer Index er- schienen, worin so viele Bücher verdammt sind, dass viele Profes- soren an den italienischen Akademieen klagen, sie könnten ihre Vor- lesungen nicht halten, wenn das Edict in Kraft bleibe. Die Frank- furter und die Zürcher und andere deutsche Städte haben an den Senat von Venedig geschrieben, er möge dieses Edict, wodurch der Buchhandel ruinirt werde, nicht recipiren". Der buchhändlerische Verkehr Italiens mit Deutschland wurde freilich durch die Durch- führung der Regeln des Index so gut wie vernichtet, der italie- nische Bu^chhandel isolirt und allmählich ruinirt^). Der Domini- caner Bernardo Castiglione schreibt 1581: „In Rom ist man jetzt sehr wachsam bezüglich der Bücher, die in Italien ankommen. Die Inquisitoren erhalten oft die Weisung, dieses und jenes Buch nicht verkaufen zu lassen. So wagen die Buchhändler nicht mehr, Bü- cher kommen zu lassen, und viele, die sie haben kommen lassen, können sie nicht verkaufen. In Rom sollen schon für einige tausend Scudi unverkäufliche Bücher liegen"^).

1) Archiv f. D. Buchh. 5, 147.

2) Cecchetti, La Repp. di Von. I, 407.

3) Kirchhoff, Beitr. II, 63.

4) Arch. stör. App. 8, 199.

Erasmus im Index. 347

32. Erasmus im Iudex.

Mit Pius IV. ist die Entwicklung des Index zu einem ersten Abschlüsse gelangt. Ehe wir die weitere Entwicklung verfolgen, wird es zweckmässig sein, einige im Index stehende Schriftsteller, Schriften und Classen von Schriften zu besprechen, welche bis- her der Uebersichtlichkeit wegen, eben weil sie einer ausführ- lichem Besprechung bedürfen, nur kurz berührt worden sind.

Desiderius Erasmus Roterodamus steht bei Paul IV. nicht nur in der 1. Classe, sondern mit einem Zusätze, der sonst bei keinem Namen, auch nicht bei Luther und Calvin steht: „mit allen seinen Commentaren, Anmerkungen, Schollen, Dialogen, Briefen, Censuren, Uebersetzungen, Büchern und Schriften, auch wenn dieselben gar nichts (nil penitus) gegen die Religion oder über Religion enthalten." Von der Trienter Index-Commission wurde nach lebhaften Verhandlungea (S. 320) dieses drakonische Urtheil wesentlich gemildert. Bei Pius IV. steht Erasmus in der2. 01.^, und nur Colloquia, Moria, Lingua, Christiani matrimonii institutio und die unter dem Namen Beruardino Tomitano erschienene italienische Uebersetzung der Paraphrasis in Matthaeum werden unbedingt, die übrigen über religiöse Dinge handelnden Schriften nur bis zu einer von der Pariser oder Löwener theologischen Facultät zu besorgenden Expurgation verboten, die anderen Schriften also freigegeben. Von den Adagia, heisst es schliess- lich, beabsichtige Paulus Manutius eine Ausgabe zu veröffent- lichen ; bis zu deren Erscheinen dürften die bisherigen Ausgaben gebraucht werden, nachdem die verdächtigen Stellen nach den Weisungen einer theologischen Facultät oder einer General-In- quisition entfernt seien. Sixtus V. versetzte 1590 Erasmus wieder in die 1. Classe und verbot alle seine Schriften, „welchen In- haltes sie auch sein mögen", mit Ausnahme der expurgirten Adagia. Clemens VIII. stellte aber 1596 die Bestimmungen des

1) Allerdings steht in der 1. Cl. Erasmus Roterodamus, aber mit vide supra in litera D; unter D steht aber Desiderius Erasmus in der 2. Cl.

348 Erasmus im Index.

Index Pius' IV. wieder her. Thatsächlich ist freilich Erasmus auch nach dem Tridentinum in Kom als Ketzer und Auetor 1. classis behandelt worden. Das zeigt nicht nur die Weise, wie Bellarmin, Possevin, Raynaldus u. a. von ihm sprechen ^), son- dern auch die Thatsache, dass die approbirte Ausgabe der Adagia 1575 ohne den Namen des Erasmus erschien und dass der Grundsatz, bei der Expurgation von Büchern seien die loben- den Erwähnungen von Ketzern zu streichen, auch auf Erasmus angewendet wurde 2). Im spanischen Index steht Erasmus erst seit Sandoval 1612 in der ersten Classe.

Die Vorgänger Pauls IV. hatten Erasmus wohlwollender be- urtheilt, zu Zeiten ihm grosses Lob gespendet, ihn gegen Anfein- dungen in Schutz genommen und nur vorübergehend sich durch seine Schriften oder durch Anklagen seiner Gegner in ihrem gün- stigen Urtheile irre machen lassen^). Leo X. rühmte 1516 seine „Sittenreinheit, seltene Gelehrsamkeit und ausgezeichneten Ver- dienste'' (Erasmi Epp. 193), nahm die Widmung der Ausgabe des N. T. (1516) an, und vor der zweiten Ausgabe (1519) steht ein sehr an- erkennendes Breve vom 10. Sept. 1518. Auf einen Brief des Er. antwortete Leo im Jan. 1521 : er habe nicht nur wegen der Be- richte anderer, sondern auch wegen einiger Schriften des Er. ange- fangen an der Fortdauer seiner guten Gesinnung gegen den h. Stuhl und seines Eifers für die kirchliche Einheit zu zweifeln; sein Brief habe ihn beruhigt; er möge diese Gesinnung nun auch durch die That bekunden; kein anderer sei geeigneter dazu als er, die Irr- thümer der Gegenwart zu bekämpfen*). Hädrian VI. versicherte ihm in einem langen Breve vom l. Dec. 1522, er schenke denje- nigen keinen Glauben, die ihn als Anhänger Luthers verdächtigt hätten, und ermahnte ihn, gegen die Ketzer zu schreiben. Unter dem 23. Jan. 1523 dankte er ihm für die Uebersendung des Arno-

1) Derber als diese Italiener äussert sieh der deutsche Jesuit Gretser, der (Defensio Bellarmini I, 568) auf die Bemerkung von Chemnitz, des Er. Uebersetzung des N. T. sei von Leo X. approbirt, von späteren Päpsten verboten worden, antwortet: Non mirum fuit, Erasmum literas a Leone impetrasse, quia nondum liquido constabat, quäle monstrum Erasmus esset. Dagegen spricht sich ein späterer Jesuit, J. B. Faure, Commentarium (s. S. 178) p. 85, sehr scharf über die Angriffe auf Er. aus.

2) So verordnet Bras. p. 463, ein Citat aus Erasmus zu streichen ob nomen et testimonium Erasmi auctoris damnati.

3) Schlottmann, Erasmus redivivus I, 156. 171.

4) De Burigny, Vie d' Erasme I, 377. (Lazzari) Miscellanea, Rom 1754, I, 397. Laemmer, Mon. Vat. p. 3.

Erasmus im Index. ^349

bius mit dem Bemerken, das Begleitschreiben habe jeden Ver- dacht beseitigt (Epp. 639. 648). Hadrian lud ja auch Erasmus ein, nach Rom überziisiedeln ^). Paul III. sagt in einem Breve vom 31. Mai 1535: er habe den berühmten Namen des Er. immer geliebt und seine Gelehrsamkeit hochgeschätzt und er wisse, welche Hülfe ihm die ausgezeichnete Gelehrsamkeit und Beredsamkeit des Er. bei der Bekämpfung der neuen Irrthümer gewähren könne (Epp. 1280). Am 1. Aug. 1535, also nur ein Jahr vor dem Tode des Er., ernannte er ihn zum Propst von Deventer, indem er ausser seiner „Rechtschaffenheit und Unschuld und Gelehrsamkeit" auch die „Verdienste, die er sich um den h. Stuhl durch den tapfern Kampf gegen die von dem Glauben Abtrünnigen erworben*', her- vorhob'^). Es war sogar die Rede davon, dass Paul III. ihn zum Cardinal ernennen wolle (Epp. 782. 796. 798). So konnte Frie- drich Nausea in der Monodia über den Tod des Erasmus von dem Papste sagen: qui dudum sua sacrosancta authoritate doctrinam Erasmi modis omnibus approbavit.

Der Hauptgegner des Er. unter den Römischen Prälaten war Ale- ander: in den Briefen, die er 1521 nach Rom schrieb, missbilligte er die Breven Leo's X., in denen Er. gelobt wurde: dieser sage in seinen Schriften vieles, was auch Luther sage, sed cum periculosiore veneno; er habe schlimmer gegen den Glauben geschrieben als Luther; er sei fomes malorum und das grosse Fundament der neuen Ketzerei; er verwirre schlimmer als alle anderen Deutschland ab ortu Rheni usque ad oceanum^). Einige Antworten, die Aleander aus Rom erhielt, zeigen freilich, dass das Wohlwollen, welches man dort gegen Er. an den Tag legte, mit von der Befürchtung eingegeben war, ihn durch eine andere Behandlung zu reizen. Ale- ander rühmt sich, er habe Er. gegenüber sich freundlich gestellt. Der päpstliche Secretär belobt ihn dafür im Auftrage des Papstes und meint, man müsse für jetzt ein Auge zudrücken (mostrare di non vedere, dissimularsi) und die Zeit abwarten und vorerst jeden Anlass vermeiden, die Sache schlimmer zu machen und ein grös- seres Feuer zu entzünden*).

Die Stellung, welche Er. in den kirchlichen Streitigkeiten ein- nahm, hatte schon bei seinen Lebzeiten die Folge, dass er von beiden Seiten angegriffen wurde, von Hütten, Luther, Bucer, auch von Heinrich von Eppendorf, Gerhard Geldenhauer, Erasmus Alber, Anton Corvinus, die zum Theil wegen ihrer Schriften gegen Er. in den Index gekommen sind, und von eifrigen Katholiken. Die Beantwortungen der Streitschriften dieser füllen fast den ganzen

1) Maurenbrecher, Gesch. der kath. Ref. I, 211.

2) Das Breve theilweise bei Raynald. 1585, 28, vollständig bei Vischer, Erasmiana p. 34.

3) Friedrich, Die Briefe Aleanders S. 102. 111. 115. 116. Schlott- mann p. 241.

4) Munter, Verm. Beitr. zur K.-G. S. 59.

35(^ Erasmus im Index.

neunten Band seiner Werke. Anlass zu Angriffen gegen Er. von katholischer Seite gaben namentlich 1. seine satirischen Bemer- kungen über kirchliche Zustände und Einrichtungen, Mönche und Geistliche, Encomium Moriae, Colloquia. Adagia, Querela pacis undique ejectae profligataeque, Encomium matrimonii (über den Cölibat), Epistola de interdicto esu carnium deque similibus homi- num constitutionibus (1522 an den Bischof von Basel zur Verthei- digung von Aeusserungen in den Colloquia), 2. die directe oder indirecte Bekämpfung der wirklichen oder vermeintlichen Mängel der kirchlichen Frömmigkeit, wie sie damals geübt wurde, in seinen praktisch-theologischen Schriften, Enchiridion militis christiani. Modus orandi Deum, Exomologesis s. modus confitendi, Ecclesiastes s. de ratione concionandi *), 3. die Bekämpfung der Scholastik vom Standpunkte des Humanismus und in Verbindung damit Abwei- chungen, wie Erasmus meinte, von der scholastischen, wie seine Gegner behaupteten, von der kirchlichen Dogmatik in seinen bibli- schen Arbeiten, in der Praefatio in Hilarium und sonst, 4. in seinen biblischen Arbeiten ausserdem Abweichungen von der Yul- gata und von der herkömmlichen Exegese. Zu den zuerst genannten Angriffen boten ganz besondern Anlass die Uebersetzungen der be- treffenden Schriften, welche Er. selbst theil weise missbilligte und theilweise als untreu bezeichnete.

Einer der ersten literarischen Gegner des Er. war der Eng- länder Eduard Lee (er wurde 1532 Erzbischof von York und trat 1535 auf die Seite Heinrichs VIII.), der 1520 eine Schrift gegen die Annotationes im N. T. herausgab. Er. schrieb dagegen drei Apologieen-), Jo Gertoph eine Recriminatio adv. furiosissimum sycophantam Edoardum Leum (1520). In demselben Jahre 1520 erschien eine Schrift gegen die Uebersetzung des N. T. von Jac. Lopis Stunica (Diego Lopez de Stuniga zu Alcala), Card. Xi- menez hatte ihn aufgefordert, die Schrift nicht zu veröffentlichen, vielmehr Er. seine Ausstellungen mitzutheilen ; darum erschien die Schrift erst nach dem Tode des Cardinais; Leo X., dem das N. T. dedicirt war, Hess ihm befehlen, nichts mehr der Art zu ver- öffentlichen, vielmehr seine Ansicht massvoll zu vertheidigen. In dieser ersten Schrift handelte es sich wesentlich um kritische Be- merkungen, mit denen Stunica vielfach Recht hatte; zu tadeln war nur der bittere Ton. Die Apologie des Er. (Opp. 9, 283) veran- lasste Stunica aber zu einer zweiten Schrift: Erasmi Rot. blasphe- miae et impietates, die er jedoch erst während der Sedisvacanz nach dem Tode Leo's X. zu veröffentlichen wagte. Der Verkauf der- selben wurde in Rom verboten und auch von Hadrian VI. trotz der Bitten Stunica's nicht gestattet. Während der nächsten Sedisvacanz veröffentlichte Stunica Conclusiones principaliter suspectae et scan- dalosae, quae reperiuntur in libris Er. Rot. Er. beklagte sich dar-

1) Schlottmann p. 153.

2) Opp. 9, 126. Burigny I, 372. 377.

Erasmus im Index. 351

über bei Clemens VIL, und dieser gebot Stunica Schweigen. Wäh- rend der Sedisvacanz im J. 1522 schrieb auch der in Rom lebende Spanier Sancho de Carranza de Miranda, ein Bruder des Erzbischofs, gegen Er.; er wäre beinahe gefangen gesetzt worden.

Auch in Spanien hatte Er. einflussreiche Freunde. Seit dem J. 1526 wurde er vielfach, zunächst auf Grund einiger ins Spa- nische übersetzten Schriften '), von Mönchen, die Lee, damals eng- lischer Gesandter, verhetzt haben soll, namentlich von Observanten angegriffen. Der General-Inquisitor Alfonso Manrique forderte die Gegner des Er. auf, ihm bestimmte Anklagen vorzulegen, bis zur Entscheidung darüber aber sich der Angriffe in Predigten u. dgl. zu enthalten. Es wurden im April 1527 21 Anklagepunkte vor- gelegt und im Auftrage Manrique's zu Yalladolid von einer Com- mission von 29 Theologen von Alcala, Salamanca und Valladolid darüber verhandelt-). Karl V. und Clemens VIT. traten für Erasmus ein. Die Theologen konnten sich nicht einigen, die Commission wurde ohne Entscheidung vertagt und Schweigen geboten. Der Franciscaner Luis de Carvajal gab anonym eine Apologia mona- sticae religionis diluens nugas Erasmi heraus, s. 1. et a. (Paris 1528), dann Salamanca 1528, Antw. 1529, und als Antwort auf die Entgegnung des Er. (Responsio adv. febricitantis cujusdam libellum) Dulcoratio amarulentiarum Erasmicae Responsonis ad Apo- logiam u. s. w., wieder s. 1. et a. Er. beklagte sich 1530 bei Manrique darüber, dass dieses Buch in Widerspruch mit den kaiser- lichen Verordnungen ohne Angabe des Druckers und Druckortes habe erscheinen können (Ep. 1004). Nach dem Tode des Er. sehr günstig gesinnten Erzbischofs Alonso Fonseca von Sevilla (1534) und des Er. selbst (1536) traten seine Gegner in Spanien kühner auf. 1535 wurden die CoUoquia und die Moria verboten; zwei Freunde des Er., Juan und Bernardino de Vergara wurden der Inquisition denuncirt und verhaftet, aber freigesprochen; der Canonicus Pedro de Lermos von Burgos musste 1537 elf Sätze ab- schwören. Auch Alfonso de Yirues schwor 1537 de levi ab und wurde in ein Kloster verwiesen; Paul III. cassirte aber 1538 das Urtheil und 1540 wurde Virues Bischof von Canarias^). In dem ersten span. Ind., Y. 51, werden nur Colloquia, Epitome colloquiorum und Ecclesiastes vel modus concionandi verboten, in Y. 59 14 Schriften, meist dieselben wie in Par. 51 (s. u.), aber nicht die Paraphrases und Annotationes in N. T., daneben aber auch die Dulcoratio von Carvajal.

Am erfolgreichsten waren die Angriff'e auf Er. bei dessen Lebzeiten in Frankreich. 1525 gab die Sorbonne auf Veranlassung der Inquisitoren ein ausführlich motivirtes Gutachten über eine fran- zösische Uebersetzung von vier Schriften des Er. ab (Enc. matr., Modus orandi, Symbolum apostolorum, Querela pacis). Sie erklärt,

1) Pelayo, Heterodoxos II, 66. Ebert, Jahrb. 1862, 158.

2) Pelayo II, 179. 3) Pelayo II, 92. 768.

852 Erasmus im Index.

die Bücher dürften nicht gedruckt werden, da sie vieles G-ottlose, Absurde, den guten Sitten Zuwiderlaufende oder Ketzerische ent- hielten. Die Censur bezieht sich freilich zunächst auf die Ueber- setzung, trifft aber in den Hauptpunkten auch die Originale. In der Motivirung des harten Urtheils werden aber nur in dem Enc. matr. die Stellen über den Cölibat, im Symb. apost. einige „lutherische" Sätze, im Modus orandi zwei Sätze über das Beten in fremden Sprachen und in bestimmten Formeln, in der Querela Angriffe auf Greistliche und Mönche beanstandet ^). In demselben Jahre schrieb Petrus Sutor (le Couturier) und 1526 Natalis Beda gegen die Para- phrase des Er. Dieser beklagte sich darüber bei der Sorbonne und bei Franz I., und dieser verbot den Verkauf von Beda's Schrift^). 1526 beantragte die Sorbonne bei dem Parlament das Verbot der Colloquia. Sie führte daraus Stellen über Fasten, Heiligenver- ehrung, Cölibat und Orden an und tadelte es, dass difficiles theo- logiae quaestiones grammaticulis proponuntur, und dass Er. tanquam ethnicus homo religionem Christ, et sanctas ejus observantias sub- sannat et immutandas decernit. Die Universität stimmte dem An- trage nur mit Stimmenmehrheit zu^). Ende Juli 1528 beantragte die Sorbonne nochmals unter Berufung auf ihr Grutachten von 1526 das Verbot des Buches, welches Knaben und überhaupt Christen nicht in die Hand gegeben werden dürfe, und jetzt wurde den Re- genten der Gebrauch des Buches verboten^). 1527 gab die Sor- bonne eine ausführliche Determinatio super quamplurimis assertio- nibus Des. Er. Rot.^), die Regierung gestattete anfangs den Druck nicht; sie erschien erst 1531; die nach Materien geord- neten censurirten Sätze sind entnommen aus der Paraphrase, dem Elenchus dictarum propositionum defensivus, der Praef. in Hil. ^) und den Schriften De misericordia Dei und De interdicto esu carnium.

Aleander schrieb 1531 von Brüssel aus über die Censuren der Sorbonne ; die allgemeine Kirche werde dieser Verdammung

1) Arg. II a 41. Jourdain N. 1634.

2) Jourdain N. 1638. 1639. 1642—45.

3) Arg. II a 47 und mit den Declarationes von Er. Opp. 9, 928. Jourdain N. 1635. Bulaeus VI, 210.

4) 1548 wurde auch ein Auszug aus den Colloquia verboten. Arg. I ad Ind. 17.

5) Arg. IIa 53—77 und mit den Declarationes von Er. Opp. 9,814. Jourdain N. 1646.

6) Die seit Bellarmin oft heftig, aber mit Unrecht angegriffene Stelle über den h. Geist (vgl. Tüb. Q.-S. 1880, 672) wird nicht angeführt. Bel- larmins Missdeutung dieser Stelle wurde schon von dem Card. Passionei bei den Verhandlungen über Bellarmins Seligsprechung scharf gerügt; Voti dei Card. . . nella causa della beatif. di Bell. 1762, p. 114.

Erasmns im Indei. 8S3

zustimmen, diese sei eine Vigilie der Verdammung durch die allge- meine Kirche; wenn man nicht fürchtete Erasmus zu reizen und dadurch zu schlimmeren Dingen zu treiben, so würde der aposto- lische Stuhl schon viele seiner Schriften verdammt haben trotz der Protection, die ihm selbst hochgestellte Leute angedeihen Hessen und solche, die von ihm gelobt werden wollten und die darum ab- negant Christum minimae gloriolae causa*).

Nach längerm Schweigen und erst nach dem Tode des Er. gab die Sorbonne einige weitere Censuren. 1540 klagten die Regular- Canoniker von St. Victor Über die Behauptung des Er., zur Zeit des h. Augustinus habe es noch kein Mönchsgelübde gegeben; die Sorbonne erklärte, quod religiosi S. Augustini et monachi illius temporis vovebant et quod illa censura Erasmi est scandalosa'-^). 1542 wurde das Encomium Moriae censurirt, sowie nochmals einige Colloquia, das Enchiridion und De esu carnium ^). Die vor und nach von der Sorbonne censurirten Schriften des Er. stehen denn auch im Par. 44 und 51 (auch Censura super tertia regula S. Aug.), ausserdem die Exomologesis und Ecclesiastes, Scholia cum antidotis in epp. Hieron. und De sarcienda Ecclesiae concordia deque se- dandis opinionum dissidiis (1533), im ganzen 15 Schriften, von einigen auch die französische Uebersetzung.

In den Niederlanden wurde Er. von Karl V. geschützt. 1527 tadelten der Kanzler Gattinara und der Secretär Alonso Valdes in Schreiben an die Löwener Theologen in starken Ausdrücken die Angriffe auf einen „um das christliche Gremeinwesen so hoch ver- dienten Mann^^). Im Lov. 46 und 50 werden keine Schriften von Er. verboten; einige stehen unter den in diesen Indices em- pfohlenen Schulbüchern. 1552 aber Hessen die Löwener die an- stössigen Sätze aus den Werken des Er. zusammenstellen, um sie ihren Abgeordneten nach Trient mitzugeben^); aber noch im Lov. 58 wird nur die französische und die deutsche L^ebersetzung von De sarcienda Eccl. concordia verboten.

Der einzige Italiener, der bei Lebzeiten des Erasmus gegen ihn schrieb (1529), war Alberto Pio, Fürst von Carpi, ein Neffe des Gr. Pico de Mirandola. In dem Consilium de emendanda Ecclesia von 1536 wird empfohlen, den Gebrauch der Colloquia, in qui- bus multa sunt, quae rüdes animos Informant ad impietatem, und ähnlicher Bücher in den Schulen zu verbieten. In dem Index Gasa's von 1549 wird von Er. nichts verboten, im Med. Annota-

1) Laemmer, Mon, Vat. p. 94.

2) Arg. I ad Ind. 10. 3) Arg. II a 229.

4) Erasmi Epp. 850. Caballero, Valdes p. 321. 344. 850.

5) In Löwen befindet sich eine Handschrift: Erasmi Rot. proposi- tiones erroneae, scandalosae et häereticae, jussu Fac. Theol. a. 1552, dum ad Conc. Trid. eundum esset, ex omnibus illius operibus a Jo. Hentenio 0. F. collectae. Quetif. II, 196.

Keusch, Index. 23

354 Erasmus im Index.

tioTie8 in N. T., Annot. super Hieron., Golloquia und Moria, im Ven. ausserdem Paraphrasis in N. T., De sarcienda u. s. w., Enchiridion, Modus orandi, Exomologesis, Praef. in Hil. und Christ, matr. in- stitutio.

Quiroga fügte 1583 zu den im Tr. unbedingt verbotenen Schriften noch hinzu die bereits von V. 59 verbotenen: Modus orandi, Exomologesis, Enchiridion, Ecclesiastes, Expositio symboli, Prol. in Hil., De sarcienda u, s. w. und Epitome colloquiorum. Auch verbot er unbedingt alle Uebersetzungen (französische und flämi-^ sehe Uebersetzungen einzelner Schriften werden auch in Antw. App. verboten). Seit Er. im span. Index in der 1. Cl. steht, wird natür- lich verordnet, auch auf dem Titel der Bücher, die freigegeben werden, beizufügen : Auetore damnato, opus (cum expurgatione) per- missum *).

Die Ausgabe der Adagia von Manutius erschien 1575 zu Florenz mit einer' Approbation Gregors XIII., worin alle anderen Ausgaben verboten wurden^). Seit S. Cl. wird im Index (nur) diese Ausgabe für erlaubt erklärt; seit Ben. aber heisst es: sie sei er- laubt, andere Ausgaben nur, wenn die verdächtigen Stellen entfernt würden. In dem Antw. Exp. p. 172 207 ist die von der Löwener theologischen Facultät verfasste, von dem Antwerpener Censoren- Collegium genehmigte Expurgation der Baseler Ausgabe der Werke des Er. von 1540 abgedruckt, ferner p. 150 eine Expurgation der von Er. besorgten Ausgaben des Augustinus, Hieronymus und Ire- naeus und p. 126 einer flämischen Uebersetzung des Schriftchens de civilitate morum, von der die Expurgatoren rügen, dass darin das schönste und katholischste Capitel des ganzen Buches, das über den Gottesdienst, in ganz protestantischer Weise verstümmelt sei. Die spanischen Indices seit Q. expurgiren die Schriften des Erasmus viel stärker als der Antwerpener*). Die Löwener streichen z. B.

1) 1616 erschien zu Antwerpen : T. N., complectens praeter Vulgatam Guidonis Fabricii e syriaco et Ben. Ariae Montani translationes, insuper Des. Erasmi Rot. authoris damnati versionem permissam,

2) Adagia quaecumque ad hanc diem exierunt, Pauli Manutii studio atque industria, doctiss. theologorum consilio atque ope ex praescripto s. s. Concilii Trid. Gregorio XIII. P. M. auspice ab omnibus mendis vindicata, quae pium et veritatis cath. studiosum lectorem poterant oflfendere, sublatis falsis interpretationibus et nonnullis, quae nihil ad rem pertinebant, longis inanibusque digressionibus . . . Quem laborem a Conc. Trid. Manutio mandatum Gregorius XIII. ita comprobavit, ut omnes adagiorum libros una excepta editione Manutiana prohibeat et condemnet. Flor. 1575. fol. Der Hauptarbeiter war Gaspar a Fosso (Riciulli), aus dem Orden des h. Franz von Paula (Minimi), der als Erzbischof von Reggio in Trient gewesen.

3) Die Expurgation der Löwener und der Spanier steht auch bei Possevin, App. I, 419, die letztere auch in Erasmi Opp. 9, 1782. Das

Erasmianer im Index. 355

einige Briefe von und an Luther, Oecolampadius u. s. w., die Spanier aber viel mehr (ganz oder theilweise), u. a. auch Briefe von und an Eck, Hogstraten, Zasius, Petrus Mosellanus, Martin Dorpius. auch von und an den Cardinal Campeggio, auch einen an Leo X. ; zu dem Breve Leo's X. vor der Ausgabe des N. T. soll die Entschuldigung beigefügt werden : Paternis visceribus pius pastor nutantem oviculam blandis encomiis allicere oonatur. An die Spitze der sämmtlichen Werke soll geschrieben werden: Opera omnia Erasmi caute legenda; tarn multa enim insunt correctione digna, ut vix omnia expurgari possint.

P. setzte in die 2. Gl. die Vertheidigungsschrift von G-ertoph, Alphonsi Henriquez Defensio pro Erasmo contra Ed. Laeum et con- tra Universitatem Paris., Adriäni Barlandi 1. selectas quasdam epi- stolas Erasmi Eot. continens und Jo. Mahusii Aldernadensis Epi- tome annotationum Erasmi in N. T., Antw. 1538 ^). Die drei letzten Schriften wurden im Tr. gestrichen, aber von S. Gl. wieder aufge- nommen, die von Mahusius mit d. c. Yon A. Barland verboten S. Gl. auch Institutio hominis christiani. S. nahm aus Q. auch Lud. Garvajali Dulcoratio auf; Gl. fügte d. c. bei. In den spanischen Indices werden seit V. 51 auch die Uebersetzungen von Alberto Pio Conde Garpense contra Erasmo verboten, wie Pelayo^) meint, weil darin lange Stellen aus Erasmus stehen und weil man den Streit überhaupt unterdrücken wollte.

Auffallender Weise steht in keinem Ind. das anonyme Schrift- chen Gonsilium cujusdam ex animo cupientis esse consultum et Eom. Pontificis dignitati et christ. religionis tranquillitati, 1521, obschon es GP. f. 91 erwähnt wird. Es steht in den Ausgaben der Werke Luthers und Zwingli's, ist aber von Erasmus vor dem Wormser Reichstage für Karl V. geschrieben^).

33. Erasmianer im Index.

Nach der Erklärung Pauls IV. sollen in der 1. Classe des Index diejenigen stehen, welche „mehr als die übrigen und ge-

Exemplar der Werke, welches bei der Löwener Expurgation benutzt wurde, befindet sich im Grand Seminaire zu Mecheln. Ann. Plantin. p. 112. Ex- purgirte Exemplare der Werke des Hieronymus beschreibt Schelh. Erg. I, 19. 183.

1) J. van Mahieu aus Oudenaarde, Minorit, war 1551 in Trient, 1561 70 Bischof von Deventer, f 1572. Archief voor de gesch. van het aartsb. Utrecht IX (1881), 123. Barland starb 1539 als Professor in Löwen. Paquot I, 718.

2) Heterod. II, 80.

3) Schlottmann p. 280. 280. Archiv f. Lit.-Gesch. 1876, 554.

356 Erasmianer im tndex.

wissermasseii ex professo geirrt haben ". Dagegen heisst es in der Vorrede zum Trienter Index, in der 1. Classe ständen die- jenigen ;,die entweder Ketzer oder der Ketzerei verdäclitig (nota haeresis suspecti) gewesen." Die letzteren Worte sind sehr dehn- bar und wohl darauf berechnet, es zu entschuldigen, dass auch solche in der 1. Classe belassen wurden, welche sich nicht den Reformatoren offen angeschlossen, aber eine schwankende und ab- wartende oder vermittelnde Haltung angenommen. Reformfreunde im Geiste des Erasmus und „Exspectanten" '), und zwar nicht nur solche, welche im äussern Anschluss an die Reformation gestorben waren, von protestantischen Geistlichen das Abendmahl empfangen hatten oder begraben waren, wie Conrad Heresbach, Caspar Churrer, Hieronymus SchurflP, sondern auch solche, die sich äusserlich nicht von der alten Kirche losgesagt oder wieder an sie angeschlossen hatten. Von solchen Männern, die Raess als Convertiten behandelt, Männern, denen man, wie auch ihre frühere Haltung gewesen sein mochte, mit Rücksicht auf ihr späteres Verhalten die Schmach, in der 1. Classe zu stehen, ersparen musste und die zum Theil nur durch grobe Missver- ständnisse durch Paul IV. dorthin gekommen, sind zu Trient nur einige gestrichen, wie Georgius Agricola, Henricus Loriti Gla- reanns, oder in die 2. Classe versetzt worden, wie Beatus Rhe- nanus, Zasius; viele stehen, wie bei Paul IV., so noch heute in der 1. Classe: Joh. Staupitz, Wilibald Pirckbeimer, Joh. Haner, Theobaldus Gerlachius Billicanus. Von mehreren dieser Eras- mianer, wie ich sie, freilich nicht ganz zutreffend, der Kürze halber in der Ueberschrift genannt, war bereits die Rede; einige verdienen eine ausführlichere Besprechung.

Von Beatus Rhenanus, Beatus Bild aus Rheinau im Elsass, 1485—1547 2), der bei (Ven. uud) P. in der 1. Cl. steht, verbot Tr. nur Scholia in Tertullianum. Die Antw. App. fügte dem Verbote donec repurgentur bei, und der Antw. Exp. brachte eine Expurga- tion; ebenso Q. Nun verbot auch S. die Scholia mit d. c, daneben Epist. de primatu Petri, ubicunque reperiatur sive seorsum sive in 1. X. operis ad Frid. Nauseam. Das d. c. steht seit Cl. nicht mehr

1) Döllinger, Reform. I, 513.

2) Horawitz in Sitzungsber. der Wiener Akad. 70, 189; 71,643: 72, 323. Döllinger, Ref. I, 544.

Beatus Rhenanus. Tlieob. Gerlachius Billicanus. 357

im Rom. Ind.; gleichwohl hat Bras. die Expurgation abgedruckt'). Das drei Folioseiten füllende Argumentum zu Tert. de poen. wird ganz gestrichen^), sonst nur einzelne Sätze, wie die Eandnote: Bap- tisma et eucharistia duo sacramenta primitivae ecclesiae, auch einige harmlose Bemerkungen, wie die Constatirung, dass die An- sichten der Kirchenväter mitunter von denen der neueren Theologen abwichen, dass der Hebräerbrief zur Zeit Tertullians vielleicht nicht dem h. Paulus zugeschrieben worden und dgl., auch eine Berulung auf Conrad Pellicanus als homo mirae sanctitatis ac eruditionis. Der Brief über den Primat, der nur unter den Briefen an Friedrich Nausea steht, nie besonders gedruckt ist, wird im Antw. Exp. p. 139 gestrichen ob errorem de primatu Petri, quodque adulationem ap- pellat assertionem, Papam esse supra concilium. Von einem an- dern Elsässer, Hieronymus Grebwiler, f 1545, der im Elsass „ein mächtiger Damm gegen die Reformation war" ^), stehen zwei kleine Schriften seit P. in der 2. Cl.*).

Von Theobaldus Grerlachius Billicanus (Diepold Gerlacher aus Billigheim, f 1554) werden im Lov. 50 De libero arbitrio und Scholia in Michaeam, 1527, verboten. P. setzte ihn in die 1. Cl. und in Trient wurde er nicht daraus entfernt, ob schon er schon 1530 in aller Form zur alten Kirche zurückgekehrt war^). Er hat übrigens bis auf Ben. im Index Gertachius geheissen.

1) Der Expurgation im Antw. p. 91 liegen die Ausgaben von 1528 und 1562 zu Grunde; in letzterer scheint schon einiges geändert zu sein; die Expurgation ist bei Q. Bras. Sot. etwas vermehrt. In dem Index von Zapata 1632 wird ausdrücklich constatirt, dass die Scholia expurgirt würder, obschon sie der Rom. Ind. unbedingt verbiete; der Verfasser, wird bei- gefügt, gehöre in die 2., nicht in die 1. Gl., weil in seinen Schollen zwar Irrthümer vorkämen, aber „noch nicht ausgemacht sei (nondum liquet), dass er ein Ketzer gewesen".

2) Antw. Exp. sagt davon : sunt enim omnia partim imperita, partim temeraria, partim falsa, partim haeretica, partim aliis modis scandalosa. Auch eine Note zu de poen. wird gestrichen, in welcher von der Privatbeicht gesagt wird: quam praestat non abrogari disciplinae conservandae causa, sed emendari, namentlich durch Fernhaltung unwissender, unerfahrener und schlechter Beichtväter.

3) V^iedemann, J. Eck, S. 404.

4) Gravissiraae sacrilegii ac contemtae theosebiae ultionis ethni- ^^^'um, Hebraeorum, Christianorum verissimis comprobatae exemplis syngramma, 1528. Exhortatio admodum brevis s. communionem adire cu- pientibus haud inutilis, a II. G. edita. Item confitendi modus a Deus- paterio Ninivita per quaestiunculas excussus. S. 1. et a. 8 Bl. 8. Schmidt, Hist. Ht. de l'Alsace II, 407.

5) K.-L. 2, 835. A. D. B. 12, 638.

358 Erasmianer im Index.

Von Grerardus Lorichius (Hadamarius) steht im Lov. 50 nur Institutio catholica fidei orthodoxae [et religionis sanae . . . 1536], im Par. 51 ausserdem De missa [publica] proroganda race- mationum libri tres, cum diversarum haereseon erroribus et super- stitionum omnigenum abusionibus toUendis, tum sacri ejus sinceri- tate orthodoxa conservanda, ex canonica scriptura patrumque san- ctorum sententiis diligenter collecti. [S. 1. 1536.] Lor., schon 1511 Pfarrer zu Hadamar, 1536 von dort als Gegner der Reformation ver- drängt, „ist nie überzeugter Lutheraner, immer nur ein Erasmianer gewesen, und wurde im Strome der Bewegung zu einem entschie- denen Katholicismus zurückgedrängt" *). Die Institutio ist in dog- matischer Hinsicht katholisch und enthält nur einige bescheidene Bemerkungen über Bilderverehrung, Cölibat, Laienkelch und dgl. In den Eacemationes will er nur die Privatmesse und die Mess- stipendien, nicht die öffentliche Messe abschaffen, diese aber in ihrer altkirchlichen Grestalt wiederherstellen, aber ohne deutsche Gesänge. Die katholische Abendmahlslehre hält er fest; die Messe sei auch ein Opfer als Darstellung des Opfers Christi u. s. w. Später war Lor. mit Wicel befreundet und übersetzte dessen Postille ins La- teinische (Köln 1545); 1549 nahm er an der Provincialsynode zu Mainz Theil. Dass die Löwener und Pariser jene Bücher von ihm verboten, mag man in der Ordnung finden; aber nicht in der Ord- nung ist, dass er seit P. in der 1. Gl. steht. Die Herausgeber des Lütticher Index von 1569 haben das gefühlt und zu dem Namen Ger. Lorichius Adamarius beigefügt: non is qui est apud Wicelium, was freilich völlig aus der Luft gegriffen ist und auch in keinen andern Index Eingang gefunden hat. Mit etwas mehr Recht stehen darin sein Verwandter Reinhardus Lorichius, Prof. der Rhetorik in Marburg, dann Prediger in Hadamar, f 1564, der ausser vielen philologischen Büchern auch ein paar theologische geschrieben, und (seit Cl.) Jo. Lorichius, als Secretär des Prinzen von Oranien ge- storben 1570, der ausser einem Catalogus jurisconsultorum auch das Buch Sirach in elegische Verse gebracht (es steht im Par. 51 als Schrift des Gerhard L.) und eine „Comödie" Job herausgegeben hat ^). Die Racemationes sind noch das Opfer einer der ärgsten unter den zahlreichen Confusionen in der Geschichte des Rom. Ind. geworden. Im Lov. 58 steht unter B zunächst Brunonis Seylii [d. i. Seidelii] Querfurdensis poemata; dann folgt: Ejusdem De missa . . . Racem. 11. 3 . . . collecti per Berhardum Locium Hada- marium. Das Ejusdem wird der Drucker verschuldet haben ; die Corruption des Namens des Lorichius fällt den Löwener Gelehrten zur Last, da sonst dessen Buch nicht unter B hätte gestellt werden können. Seidelius kam bei P. als Bruno Heidelius in die 2. OL, das weitere wurde von ihm ignorirt. In der Antw. App. 70 tauchte aber der Unsinn des Lov. 58 vollständig wieder auf. Q. machte

1) Nebe, Denkschr. des Sem. zu Herborn II, 45.

2) Strieder, Hess. Gel.-Gesch. VIII, 94.

Ger. Loricliius. G. Wicel. Jo. Philonius Dugo. 359

denselben noch etwas grösser: Berhardi Lotii Had. sive Gerardi Lorichii Adamarii Collectio triiini libroriim racemationum Brunonis Heillii de missa publ. pror., und aus Q. kam dieses dann durch S. auch in den Köm. Ind. und hat dort anderthalb Jahrhunderte seinen Platz behauptet, bis Ben. die Eacemationes unter G. Loricliius setzte, wo sie freilich, da dieser in der 1. Gl. steht, ganz überflüssig sind.

Georg Wicel steht nicht im Rom. Ind. S. hat ihn in der 2. Gl. unter den Autoren, von denen die Schriften, die sie als Häre- tiker veröffentlicht, verboten sein, die nach ihrer Rückkehr zur Kirche geschriebenen zuvor geprüft werden sollen; aber von Gl. wurde er wieder gestrichen. Bei Sand. Sot. werden seine Fasten- predigten und seine Postille, beide nach der lateinischen Ueher- setzung von Gerh. Lorichius, Paris 1565, ziemlich stark erpurgirt. Dem erstem Werke soll auch die allgemeine Bemerkung vorge- schrieben werden: zwei Dinge seien bei diesem Autor peculiariter cavenda lectori: dass er zu frei und scharf gegen die Geistlichkeit losziehe und dass er die Bibelstellen oft nicht nach der Yulgata an- führe ^).

Ein anderer Erasmianer, der seit P. in der 1. Gl. steht, ist Jo. Philonius Dugo (S. Rugo, Ven. Jo. Filonius), Priester in der Diöcese Passau. Im Lov. 46 (nicht 50) steht Jo. Ph. de christiana institutione. Gemeint ist sein einziges bedeutendes Buch (Fris. citirt noch von ihm Tilianus vel de scientia bene moriendi. De regimine sanitatis. Xenocratis 1. de contemnenda morte, zusammen Basel 1553): Jo. Ph. Dugonis libri christianarum institutionum quatuor. In qui- bus ad mores Christo et homine christiano dignos pacemque et uni- tatem ecclesiae eleganter, erudite, modeste vocantur summi et in- iimi. Augsb. 1538. 21 B. 8. Das Buch ist dem Domdechanten Rudbert von Mosham gewidmet. Er fängt jedes Capitel mit einer wichtigen Sentenz oder einer merkwürdigen Begebenheit aus einer griechischen oder römischen Schrift an und geht dann auf das über, was die h. Schrift und die Kirchenväter über den betrefi*enden Punkt lehren. Die Schreibweise und die Ansichten verrathen den Anhänger des Erasmus ; dieser wird auch wiederholt gelobt, Luther nicht genannt. Nach den mir bekannten Auszügen aus dem Buche ^) zu urtheilen, enthält es nichts Unkatholisches ; über den Cölibat spricht er wie Aeneas Sylvius. In der Vorrede zum 2. Buche sagt er: er unter- werfe diese und alle seine Schriften und sich selbst der recht- gläubigen Kirche.

Robertus a Moshaim (Rudbert von Mosham, seit 1522 Domdechant zu Passau, f 1543), seit P. in der 1. Gl., wa» in phan- tastischer Weise für eine Reformation in der katholischen Kirche und eine Beseitigung des Zwistes zwischen Katholiken und Luthe-

1) Der Satz im Register: Adorari neminem proprie nisi Deum solum wird geändert in Ad. nem. latria proprie et primario nisi Deum.

2) Lit. Wochenbl. Nürnb. 1770, II, 49. Vgl. Strobel, Mise. V, 15.

860 Erasmianer im Index.

ranern thätig und suchte seine Projecte auch in ßom anzubringen'). Er hat eine Reihe von lateinischen und deutschen Schriften ver- öffentlicht. Unter den anonymen Schriften steht von ihm seit P. (noch jetzt), obschon sein Name auf dem Titelblatt steht, Microsy- nodus Norinbergensis, eine 1541 gedruckte Schrift über seine Dis- putation mit Andr. Osiander und Wenc. Linck in Nürnberg 1539 2).

Im Antw. Exp. p. 1B8 wird verordnet: De opere epistolarum ad Fridericum Nauseam^) . . . initio libri 7. epistolae Ph. Melanch- thonis et M. Buceri . . . tollantur et lib. 8. Euberti a Moshaim, quae librum ipsius a Concilio in catalogo damnatum ob malam de trinitate doctrinam et neotericam ac periculosam phrasim propugnat et idem probare conatur. Es sollen also im 7. Buche die Briefe von Melanchthon u. s. w., im 8. ein Brief von Mosham an Nausea beseitigt werden^]. Unmittelbar vor den Briefen an Frid. Nausea stehen im Antw. Exp. Schriften von (Greorg) Fabricius. So ist es gekommen, dass, obschon kein Fabricius mit den Briefen an Nausea etwas zu thuen hat, bei Q. und danach bei S. verboten wird: Fa- bricii 1. octavus epistolarum ad Fr. Nauseam, qui est Roberti a Moshaim. So alle folgenden Indices, seit Ben.: Fabricius, Jo. Pa- tavin. Epistolarum misc. ad Fr. N., qui est Roberti a M., liber VIII.

Eine andere Confusion in den Indices ist durch GrA. verschuldet. In der 3. Cl. steht seit P. : L. inscr. An statui et dignitati eccle- siasticorum magis conducat admittere synodum nationalem, piam et liberam, quam decernere hello [Epistolae duae decani et canonici cujusdam. S. 1. et a. 1540. 24 Bl. 8.; seit Ben. unter Epistolae]. Der erste Brief ist datirt: Hagenoae 1540 und unterzeichet: N. N. decanus tuus ad vota, der zweite datirt: apud Nemetas, und unter- zeichnet: Johannes N. tuus coUega, und jetzt ist bekannt, dass das Schriftchen von M. Bucer ist^). GrA. erwähnt dasselbe unter Jo. Decanus et Canonicus Pataviensis in Germania, mit der Bemerkung, der Name des Verfassers werde nicht genannt, aber am Ende stehe Jo., und er habe gehört, der Verfasser sei Decan in Passau ge- wesen und kürzlich gestorben (Fris. vervollständigt die Vermuthung

1) üeber seine Verhandlungen mit Morone s. Strobel, Misc. V, 13, 89. Laemmer, Anal. Rom. p. 30. (La emmer macht ihn zum Decan in Padua).

2) Strobel S. 98.

3) Epistolarum miscellanearum ad Frid. Nauseam ... 11. 10, Basel 1550, fol. Baumg. 8, 78.

4) Der lange Brief ist vom 14. Dec. 1541; Mosham übersendet ihm die Microsynodus und ein anderes (deutsches) Buch, Hierusalem nova u.s.w., 1540; in diesem kommt nicht eine falsche Trinitätslehre, sondern eine Reihe von sonderbaren auf die Trinität anspielenden Sätzen vor: Wort, Glaube und Liebe sind die irdische Trinität u. dgl., und diese Ausdrücke werden in dem Briefe vertheidigt. Strobel S. 44. 95.

5) Baum, Capito und Butzer S. GOl. Strobel, S. 112. Das Schriftchen ist abgedruckt bei Wolf, Lect. mem. II, 446.

ßudbert von Mosham. Georg Cassander. 361

durch videtur idem esse cum Eob. Moshaim). Diese Notiz von GA. hat es veranlasst, dass Jo. Decanus Patavien. seit P. in der ]. Cl. steht, seit Ben. unter Pataviensis.

Von Georg Cassander, G. Casant, geb. zu Pitthem bei Brügge 1512, gest. zu Köln 1566 werden im Lov. 58 verboten: Hymni ecclesiastici, praesertim c[ui Ambrosiani dicuntur, multis in locis recogniti et multorum hymnorum aecessione locupletati, cum scholiis opportunis in locis adjectis et hymnorum indice, Köln 1550, 4. Der Löwener Canonist Jo. Molinaeus (van der Meulen), an den Cass. darüber schrieb, antwortete ihm anfangs : es sei gar keine Aussicht, dass man das Verbot aufheben werde; es würden übrigens nicht bloss der Ketzerei verdächtige, sondern auch solche Bücher in den Index gesetzt, die man nicht für zeitgemäss halte. Im Jan. 1561 theilte er ihm aber die von den Theologen beanstandeten Stellen mit, mit der Bemerkung, wenn er diese ändere, werde das Buch freigegeben werden. Es handelte sich namentlich um Bemerkungen über die communio sub utraque, um eine Stelle, worin gesagt war, die guten Werke seien nicht causa, sondern signum, occasio et via vitae aeternae, um die Bemerkung, Omnes Sancti, orate Deum pro me bedeute nichts anderes als: Utinam omnes Sancti orent Deum pro me, und um die Bezeichnung der libri Carolini als insignes *). Paul IV. setzte Georgii Cass. Hymni eccl. (aus Lov. 58) in die 2., und (man sieht nicht, woher das stammt) Cassander Brugensis in die 1. Cl., und in Trient wurde daran nichts geändert. Den In- dex von P. hat Cass. augenscheinlich nicht zu Gesicht bekommen ; über Tr. schreibt er 2. Febr. 1565 an Andreas Masius: „Ich wun- dere mich darüber, dass diejenigen, denen eine so wichtige Arbeit übertragen worden, so nachlässig verfahren sind und sich durch die Intriguen gewisser Leute haben bestimmen lassen: in der 1. Cl. steht Cassander Brugensis, unter welchem Namen kein Buch erschienen ist, wie ich mich denn auch nie Brugensis genannt habe, in der 2. Georgii Cass. Hymni. Der Verfasser des Index muss gemeint haben, Cass. Brug. und G. Cass. seien zwei verschiedene Personen. Ich bin in den Index gekommen durch die Leute, denen jede Reform der Kirche und alle, die auf eine solche dringen, ein Abscheu sind. X)ie meisten werden ohne Zweifel Cass. Brug. und G. Cass. für identisch halten: so steht denn ein Mann, der sich i nur für die katholische Wahrheit und die kirchliche Einheit bemüht, unter den Schismati- kern und Eevolutionären. Aber diese Unbill wird mich nie dahin treiben, dass ich mich von der katholischen Einheit losreisse oder von dem Bemühen, sie zu vertheidigen, ablasse" -). Masius ant-

1) Burmann, Sylloga II, 247. Die Expurgation im Antw. Exp. p. 68 betrifft dieselben und ähnliche Stellen. Zum Schluss wird dabei der Wunsch ausgesprochen, die schönen alten Hymnen möchten mit Weg- lassung der Widmung und der neueren Hymnen neu gedruckt werden.

2) Opera, Par. 1616, p. 1190.

3ö2 Erasmianer im Index.

wortet: „Dass dein Name in Folge der Intriguen üebelwollender in den Index gekommen, thut mir um so mehr leid, als ich sehe, dass es dich schmerzt. Uebrigens wird das bei solchen, die selbständig urtheilen, dir und deinen Schriften nicht zur Unehre gereichen. Man weiss ja, mit wie wenig ürtheil und mit wie viel Neid jener Index zusammengetragen und zusammengeflickt worden. Man kennt ja die zudringliche Unverschämtheit gewisser Ordensleute und die wunder- baren Ränke, die sie mit dieser Tugend verbinden, um sich in alle kirchlichen Aemter einzuschleichen. Auch Erasmus steht ja wie Cassander in der 1. (s. o. S. 347 Anm. 1), Desiderius wie Georg in der 2. Cl. Reccus hat mir erzählt, Wicel habe, als er Erasmus' Namen im Index gesehen , im Ernste den Wunsch ausgesprochen, dass auch sein Name darin stehen möge. Vielleicht hat es die Vor- sehung gefügt, dass du in dieses famose Album gekommen, damit deine Schriften um so lieber von denjenigen gelesen werden, gegen deren freche und wenig religiöse Neuerungen sie besonders gerichtet sind. Die Censur wird sicher einmal aufgehoben werden. Eeccus meint, du solltest dich bei dem Kaiser und dem Papste beklagen. Dazu scheint mir die Sache nicht wichtig genug zu sein; es wird auch schwerlich etwas helfen. Selbst Grropper, der doch fast bis zum Aberglauben die hergebrachten religiösen Gebräuche verthei- digt, hat ja nicht dem frommen Eifer jener Menschen (illorum religioso, si diis placet, acumini) genugthuen können" Ein anderer Freund des Cassander, Jo. Metellus, hatte Cassander Brugensis im Index ganz übersehen; er schreibt im Oct. 1564 an Cass., er solle sich über das Verbot der Hymni nicht ärgern ; er sehe daraus, was unter den jetzigen Keligionswirren die Wohlgesinnten um der Ein- tracht willen leiden müssten^).

In dem Briefe an Masius zählt Cass. die Schriften auf, die er ausser den Hymni mit seinem Namen herausgegeben, und sagt, er sehe nicht ein, wie sie zu einer so strengen Züchtigung hätten An- lass geben können. Auch das Buch de officio pii viri, meint er, habe zwar bei einigen morosiores Anstoss erregt, sei aber von an- deren gewichtigen, gelehrten und gut katholischen Männern gebil- ligt worden. Er meint das Schriftchen De officio pii et publicae tranquillitatis vere amantis viri in hoc religionis dissidio, welches er auf Veranlassung Franz Baldiiins geschrieben und 1561 anonym, dann 1562 mit Beifügung der Defensio insontis libelli de off. . . . adv. iniquum et importunum castigatorem [Calvin] auctore Veranio Modesto Pacimontano herausgegeben 2). Diese Schrift, die in

1) Epistolae vel a Belgis vel ad Beigas scriptae (ed. P. Bertius), Leyden 1617, p. 264. 859.

2) Anfangs wurde vielfach Balduin für- den Verfasser gehalten; gegen diesen ist Calvins Streitschrift gerichtet. Stähelin, Calvin II, 347. Cass. meint: alle Parteien, die das apostolische Symbolum anerkannten, ständen auf christlichem Boden und gehörten zur Kirche; Verschiedenheiten, die

J

Georg Cassander. 363

streng-katholischen Kreisen ebensowohl wie in streng-protestanti- schen Anstoss erregte, steht nicht im Tr. In der Antw. App. von 1570 steht in der 2. CL: Gr. Cass. s. Veranius Mod. Pac. De ofF. pii viri; ejusd. Cass. repurgentur Hymni; ejusd. Consultatio sitne comraunio in utraque . . specie catholicis optanda, etiamsi iure divino non sit omnino necessaria; ejusd. de statu infantium, qui in ecclesia nati citra baptismi sacramentum moriuntur. Im Antw. Exp. werden die zwei Theile des Werkes De baptismo infantium, zu dem das zuletzt genannte gehört, und ausserdem die Liturgica de ritu Dominicae coenae (1558) und Preces ecclesiasticae, quae collectae dicuntur (1560) verboten.

Q. und nach ihm S. nahmen alle diese Schriften in die 2. Cl. auf, die Hymni ohne d. c. Aus Liss. 81 und Q. kam dann noch in die 3. Cl. De officio u. s. w. sine auctoris nomine (also die erste Ausgabe) mit dem Zusätze: alius ab eo, quem sub eadem inscriptione comi^osuit Jo. Hesseis Dr. Lov.^- Durch Cl. kam dann Georgius Cassander sive Veranius Modestus Pacimontanus in die 1. Cl. Zum üeberlluss wurde auch noch die 1616 zu Paris erschienene Gre- sammtausgabe seiner Werke: Opera quae reperiri potuerunt omnia. Epistolae 117 et colloquia duo cum anabaptistis, 1617 verboten mit der Bemerkung: licet author in Ind. sit inter authores 1. Cl.^).

diesem Fundamentalbekenntnisse nicht widersprachen, sollten keinen An- lass zur Zerstörung der Einheit geben. Herrn. Conring sagt 1659: es sei unglaublich, wie viele Geistliche und Laien, namentlich in Frankreich, heute noch immer durch diese Schrift [durch die darin vertretenen An- schauungen] in der römischen Kirche festgehalten würden. Erst 1577 erschien die 1564 von Cass. auf den Wunsch der Kaiser Ferdinand und Maxi- milian verfasste Consultatio de articulis religionis inter catholicos et prot. controversis (von Cornelius Wouters herausgegeben), die 1641 von Hugo Grotius mit Anmerkungen neu herausgegeben und gegen A. Rivet ver- theidigt wurde (correcter abgedruckt in G. Cassandri et G. Wicelii de sacris nostri temporis controversiis 11. . . . cura Herrn. Conringii, 1659). Die An- gaben, Cass. habe die Veröffentlichung der Schrift testamentarisch ver- boten und er habe auf dem Sterbebette seine Ansichten widerrufen, sind unrichtig ; s. Lossen im Th. Lit.-Bl. 1876, 603 und Hist. Jahrb. 1876, 331. Diese Consultatio steht nicht im Index, ist aber freilich verboten, weil G. Cass. in der 1. Cl, steht.

1) De off. pii et christianae pacis vere amantis viri exurgente aut vigente haeresi. Cum refutatione sententiae cujusdam falso hoc ipsum docere promittentis. Auth. Jo. Hesseli a Lovanio . .f^. Antw. 1566. 8, Annales Plantin. p. 58. Auch Bellarmin, Controv. de membris eccl. mil. 3, 19, polemisirt gegen Cass.

2) No. 6 der Decreta bei Alex. Die Ausgabe ist von dem Limou-

364 Erasmianer im Index.

Bei Alex, werden Cassander Brugensis und Georgias Cass. unter- schieden: jener wird als auctor 1. Cl. bezeichnet; von diesem werden verboten opera omnia, praecipue epp. 117 et coli, duo c. anab. und Hymni, dann unter V Veranius Mod. u. s. w. und unter 0 De officio . . . sine auctoris nomine, item alius 1. sub ead. inscr. quem composuit Jo. Hesselz. So hat fast ein Jahrhundert, bis Ben., Hesseis Schrift gegen Cass. im Index gestanden. Bei Ben. ist Cass. als auctor 1. Cl. verschwunden; seitdem stehen im Index unter Cas- sander, Georg. Brug. die Hymni und die Opera, unter 0 De officio . . . opus G. Cassandri und unter Modestus Ver. Pac. Defensio insontis libelli u. s. w.

Uldaricus Zasius ist von P. wahrscheinlich bloss darum in die 1. Cl. gesetzt worden, weil GP. f. 126 seine Apologia contra Eckium erwähnt wird, die man irrthümlich für eine „lutherische" Schrift gehalten haben mag '). In der Bibliothek hat G., freilich unter Huldricus Zasius, einen langen Artikel über ihn, in dem er sehr gelobt, aber constatirt wird, dass er als Katholik gestorben. Zasius, t 1535, trat ja auch „entschieden und oft erbittert den Pro- testanten entgegen, wenn er auch mit der Haltung, den Zuständen und Massregeln der katholischen Partei nicht einverstanden war^'^). ■■ Im Sept. 1562 bat Zasius' Sohn Joachim, Dr. theol. und Cano- nicus in Basel, in seinem und seines Bruders Namen, „da sein Vater von einigen Inquisitoren der Ketzerei beschuldigt worden sei, so dass sich sein Name sogar in dem Catalogus haereticorum (dem Index Pauls ly.) finde", die Universität Freiburg um ein Zeugniss, durch welches er bei dem apostolischen Stuhle beweisen könne, dass sein Vater fromm und rechtgläubig gelebt und katholisch gestorben sei. Das Zeugniss wurde ausgestellt^). Ob es in Rom oder der Trienter Index-Commission vorgelegt worden, erhellt nicht; jeden-

siner Canonicus Jean Cordes besorgt. Th. Lit.-Bl. 1876, 612. Der darin fehlende Dialogus de communione sub utraque ist 1642 von G. Calixtus mit anderen Sachen herausgegeben. Schelh., Am. bist. II, 562.

1) Es ist die Apologetica defensio contra Jo. Eckium supra eo quod olim tractaverat, quo loco fides non esset hosti servanda, 1519, 74 S. 4, worin er die „sehr disputable" Ansicht vertheidigt. dass (nach dem posi- tiven Civilrecht) einem öffentlichen Feinde gegenüber ein Vertrag nur dann Gültigkeit habe, wenn er mit Bewilligung des Feldherrn geschlossen sei. Stintzing, U. Zasius, 1857, S. 192. Wiedemann, J. Eck, S. 330. Allerdings wird nebenbei Eck getadelt, dass er Erasmus angegriffen, praestantissimum virum, veteris i. e. verae theologiae cum paucis laudatissimum assertorem, und Luther, doctissimum et vitae integritate probatissimum virum, veteris i. e. verae theol. in plerisque non poenitendum assertorem.

2) Stintzing, Gesch. der Rechtsw. I, 172.

3) J. A. Riegger, U. Zasii Epp., 1774, Vita p. 136.

Ulrich Zasius. Jac. Sobius. Jac. Ziegler. 365

falls steht Zasius nicht mehr im Tr. Im Liss. 81 und bei Q. wurde die Apologia adv. Eckium verboten (Y. 59 verbietet nur Commentaria in Rhetoricam M. T. Ciceronis) und aus Q. kam diese dann durch S. Cl. (1590!) in den Rom. Index. Zugleich verboten S. Cl. Opera omnia d. c. Im J. 1587 war nämlich in Rom von einer Anzahl von „gelehrten und angesehenen Theologen, Canonisten uud Juristen" in mehreren unter dem Vorsitz des Mag. S. P. ge- haltenen Sitzungen eine Expurgation der Werke des Zasius nach der Ausgabe Lyon 1550 festgestellt worden; sie ist aber nicht amtlich veröffentlicht worden *). Im allgemeinen wird darin ver- ordnet, überall die Namen und lobenden Erwähnungen, auch die Gedichte der Ketzer, zu denen auch Erasmus und Beatus Rhenanus gezählt werden, zu streichen; auch mehrere Briefe an Erasmus und Bonifacius Amerbach werden gestrichen. Ausserdem werden einige spöttische Bemerkungen über die Mönche und Geistlichen und Aeusse- rungen über Bestimmungen des kirchlichen Rechtes gestrichen oder corrigirt^), auch Ausdrücke wie Per Jovem, Dii boni getilgt, vor den Namen von Heiligen S. beigefügt und Druckfehler verbessert. Sonderbarer Weise wird auch die Apologia, die doch unbedingt verboten war, expurgirt.

Der Kölnische Humanist und Jurist Jacobus Sobius (Sobbe), der 1528 als Katholik starb, ist durch P. in die 1. Cl. gekommen, weil er bei GA. als Verfasser des unter dem Namen Philalethes Utopiensis erschienenen Dialogs (S. 236) bezeichnet war. Auch die (fingirte) Rede an Karl V., die mit einer ähnlichen von Her- mann von Neuenaar 1520 gedruckt wurde, handelt von der finan- ziellen Ausbeutung der Deutschen durcli Rom, und in den Rand- noten zu seiner Ausgabe der Commentarii des Aeneas Sylvius (S. 40) kommen böse Worte vor : Babylonis satellites, meretrix apocalyptica videtur esse Roma u. dgl. ^) Auch Jacobus Zieg-

1) Sie ist abgedruckt bei Possevin, App. H, 533—543. Bei Sot. steht eine andere Expurgation der Ausgabe von 1590.

2) Zu der ersten Classe gehören z. B. Haec mirabilis creatura (zu schreiben: status) monachorum non fuit cognita ülpiano. Argumentum contra fratres mendicantes, ut jure haereditario acquirere nihil possint. Sed dicunt se habere Magnum mare; at maria aliquando vorant (sehr.: Sed habent Magnum mare). Cuculla Abbatis Panormitani (sehr. Abbas Pan.). Sacerdotes in concubinas omnia profundunt (zu streichen), zu der zweiten : Poenam carceris non debere esse perpetuam (beizufügen : de jure civili), licet spiritualis potestas hoc usurpaverit (sehr.: aliter utatur), qui in arctum detrudunt monasterium. Sed haec usurpatio in eis toleratur (sehr. : hie usus in eis est receptus), cum nulla alia sit ipsis gladii potestas. Mitunter wird verordnet, am Rande etwas beizufügen, z. B. Hodie deferendi sunt libri ad judices fidei.

3) Zts. des berg. Gesch.- V. 1869, 228.

366 Erasmianer im Index.

1er, ein Freund des Erasmus, starb als Katholik; seine stark anti- papistisohe Gesinnung zeigt er in der nicht gedruckten ,,Historia von der Römischen BischofF Reich und Religion" *) und in der von Schelhorn ''^) veröffentlichten Historia Clementis VII. Dass ihn (Ven. und) P. in die 1. Cl. setzte, ist wohl nur dadurch veranlasst, dass Casa seinen Commentarius in Gen. et Exodum (1540) verboten hatte. Sot. gibt einige Schriften von ihm frei und expurgirt einige, be- zeichnet ihn aber als Theologus Calvin. Zwinglianus, Geographus et Historicus Lutheranus! Gasparus Bruschius ist wohl darum durch P. in die 1. Cl. gekommen, weil bei GA. von ihm Uebersetzungen von Schriften Luthers und Melanchthons angeführt werden. Sot. bezeichnet ihn als Luthero-Melanchthonista, was doch nicht zutrifft^), expurgirt aber einige Schriften von ihm.

Den Mediciner und Philologen HadrianusJunius (de Jonghe) hat P. ohne Zweifel lediglich darum in die 1. Cl. gesetzt, weil bei GA. steht, sein zu Basel 1548 gedrucktes Lexicon graecolatinum sei dem König Eduard VI. von England gewidmet. Man braucht in Rom nicht einmal gewusst zu haben, dass er in der Dedication dem Könige seinen offiziellen Titel ,,Fidei Defensor et supremum Anglicanae Ecclesiae a Christo caput" gegeben, und wenn Junius selbst vermuthete, irgend jemand habe ihn deshalb denuncirt, so ist das auch nicht wahrscheinlich. Junius schrieb auf den Rath des Arias Montanus nach Rom, erklärte, er sei nicht von der alten Kirche abgefallen, und bat, seinen Namen in der 1. Cl. zu streichen. Auch Card. Granvella und der Bischof Lindanus interessirten sich für ihn. Er blieb aber auch im Tr. in der 1. Cl. Die Antw. App. von 1570 enthält die Bestimmung: der Titulus, der in einigen Exemplaren vor der Vorrede zu dem Lexicon stehe (in der 2. Auf- lage war er weggelassen), sei zu streichen ; im übrigen dürften alle Werke von ihm gelesen werden, da sie nichts gegen die gesunde Lehre enthielten und der Verfasser notorisch Katholik sei. Auch davon hat man in Rom keine Notiz genommen; Junius steht noch heute in der I. Cl. Sot. bezeichnet ihn als Calvinisten, obschon es gar nicht erweisbar ist, dass er nach 1570 (er starb 1575) Prote- stant geworden, gibt aber seine Schriften mit Ausnahme eines Ge- dichtes über das Leiden Christi (Anastaurosis) nach einer Ex- purgation frei. Die Ausgabe des Eunapius Sardianus widmete Junius der Königin Elisabeth, die er aber einfach als Serenissima potentissimaque Angliae, Pranciae Hiberniaeque regina bezeichnet. Die span. Ind. seit Q. verordnen, die Widmung zu streichen. Auch S. setzte (nach Q.) das Buch mit d. c. in die 2. CL, es wurde aber von Cl. gestrichen'*).

1) Ranke, Deutsche Gesch. 11. Beil. II.

2) Am. H. E. II, 210.

3) A. D. B. 3, 453. K.-L. 2, 1882.

4) Ersch und Gruber II, 29, 94. A. D. B. 14, 737 (nach der oben gegebenen Darstellung zu berichtigen).

M

Clemanges. Savonarola. Geiler. 367

Von Jacobuß Schoepper, Pfarrer in Dortmund f 1554, steht seit P. in der 2. Cl. Monomachia Davidis et Goliae (Tragi- comoedia, 1550). P. wird den Titel aus GrA. haben, und wenn Cal- lidius Leos in dem Illustrium Germaniae scriptorum catalogus 1581 vermuthet, das Buch sei durch inadvertentia oder in Folge der Intriguen Böswilliger in den Index gekommen '), so wird die erste Vermuthung richtig sein. Schoeppers Conciones in epistolas et evan- gelia totius anni, tam de tempore quam de sanctis, die sein Freund Jo. Lambach (Scevastes) nach seinem Tode herausgegeben, wurden in der Antw. App. d. c, im Antw. Exp. unbedingt verboten, quia cor- rectionem non admittunt (von Sixtus Sen. werden sie ohne Yorbe- halt gelobt). Das Verbot wurde von Q. und dann von S. aufge- nommen, von Cl. aber gestrichen, so dass nur die jedenfalls harm- losere Monomachia im Eöm. Index steht. Sot. aber hat Schoepper in die 1. Cl. gesetzt, weil er ihn für identisch hielt mit dem Heidel- berger Professor Jac. Schopper, der seit S. Cl. auch im Rom. Index in der 1. Cl. steht.

34. Nicolaus von Clemanges, Savonarola und Geiler von Keisersberg.

Nicolaus Clemangis steht bei Paul IV. in der 1. Classe; bei Pius IV. dagegen steht in der 2. Classe: von Nie. Cle- mangis können nur diejenigen Werke gestattet werden, welche nach der Anweisung der Trienter Index-Commission (juxta cen- suras patrum) verbessert, gedruckt werden. Eine solche expur- girte Ausgabe ist aber nicht erschienen. Von Savonarola verbot Paul IV. in der 2. Classe den Dialogo della veritä pro- phetica und 15 einzelne Predigten; in Trient wurden diese ex- purgirt und von Pius IV. in dieser expurgirten Form freige- geben; sie sind aber nie so gedruckt worden. Geiler von Keisersberg stand beiPaulIV. in der 1. Classe, wurde in Trient gestrichen, aber von Sixtus V. und Clemens VIII. wieder ein- gesetzt und steht, was nicht ihm, wohl aber der Römischen Curie zur Schmach gereicht, noch heute in der 1. Classe.

Casa verbot Nie. Clemangis archidiaconi Baiocensis . . de corrupto Ecclesiae statu 2) oder de ruina ecclesiae; in Folge davon,

1) Th. Lit.-ßl. 1877, 468.

2) S. 1. et a. 34 Bl. 4. Vor der Ausgabe steht ein Brief von Eubulus

368 CleTnanges. Savonarola. Geiler.

also wegen eines Buches, welches wahrscheinlich nicht von Cle- manges verfasst ist*), kam er (im Med., nicht im Yen., und) bei P. in die 1. GL lieber die Trienter Expurgation ist nichts weiter bekannt. Die Gresammtausgabe der Werke des Gl. von J. M. Ly- dius, Leiden 1613, 2 Bände 4 2), ist nicht ausdrücklich verboten. Q. verbietet Nie. Glemangis omnia opera; in seiner Expurgation des 8. Bandes der Bibliotheca Patrum von 1575 verordnet er, die Dis- putatio 1. super materia concilii, ein Stück der Gollatio und De praesulibus simoniacis zu streichen, mit der wunderlichen Bemer- kung, der Nie. de Glemangiis, welcher die in der Bibliotheca ste- henden Schriften verfasst, sei verschieden von dem Nie. ('lemangis, dessen sämmtliche Werke verboten seien. Sand, verbietet alle Werke von Gl. mit d. c, Sot. unbedingt, mit der Bemerkung, sie seien nicht nur separat gedruckt, sondern auch in den Tractatus juris von 1549 und in der Bibliotheca Patrum (in der 1. Ausgabe von 1575 ; in der 2. und 3. sind sie wegelassen).

Girolamo Savonarola wurde 23. Mai 1498 hingerichtet, nach dem Urtheile Alexanders VI. als Ketzer, nach der Meinung seines Ordens und seiner zahlreichen Anhänger als Zeuge der Wahrheit. Im 16. Jahrhundert wurde in italienischen Dominicanerklöstern an seinem Todestage ein Officium von ihm als einem Märtyrer gebetet, und Personen, welche selbst zu Rom heilig gesprochen wurden, wie Philipp Neri, Franz von Paula, Katharina Ricci, haben ihn als Hei- ligen verehrt^). lieber seine Schriften, von denen einige schon bei seinen Lebzeiten gedruckt wurden, sagt das Urtheil nichts; Ale- xander VI. soll sie aber verboten und unter Androhung der Ex- communication ihre Ablieferung an den Erzbischof von Florenz be- fohlen, später jedoch ihren Wiederabdruck gestattet haben '^). Jeden-

Cordatus an Montesius d. d. Rom 1529 (von Hütten?), wonach das Manu- script aus der Yaticanischen Bibliothek stammt. Baumg. I, 422. Einige andere Schriften waren schon 1521 gedruckt.

1) R.-E. 3, 248.

2) Baumg. I, 427. Clement VII, 170.

3) DöUinger im Hist. Jahrb. 1871, 356. Auch Julius II. hielt ihn für einen Heiligen. Unter Clemens VIII. (1592—1605) wurden zu Rom Bilder von ihm mit dem Heiligenschein und mit der Bezeichnung B. M. (Beatus Martyr) verkauft. Quetif I, 884. Arch. stör. 2. S. 12, 2, 167. Das Officio proprio per Fra Gir. Sav. e i suoi compagni scritto nel sec. 16. ist zuerst von Carlo Capponi mit einer Einleitung von Carlo Guasti zu Prato 1860 (2. Ed. 1863) herausgegeben. Benedict XIV. De Beatif. 3, 15, 17 erörtert die Frage, ob es eine Sünde sei, zu Sav. zu beten, und erwähnt dabei, dass Philipp Neri ein Bild desselben mit dem Nimbus in seinem Zimmer hatte, und dass der Brief des Franz von Paula nicht, wie Papebroch behaupte, unecht sei.

4) P. Villari, Savonarola, übers, v. M. Berduschek II, 310.

Savonarola. 369

falls wurden sie in den ersten Decennien des 16. Jahrh. wiederholt gedruckt. Bei der Ausarbeitung des Index Pauls IV. wurde in mehreren Sitzungen der Inquisition darüber verhandelt: Francis- caner, Karmeliter, Augustiner und Jesuiten traten als Gegner Sa- vonarola's auf, einige Dominicaner vertheidigten ihn, namentlich der Mag. S. Pal. Piero Paolo Griannerino (f 1550) und sein Nach- folger Daniel Bianchi von Crema und Paolino Bernardini *). Paul lY. war geneigt, seine sämmtlichen Schriften zu verbieten, und soll, als eine von vier Cardinälen gemachte Zusammenstellung der bedenk- lichsten Sätze aus denselben vorgelesen wurde, auf den Boden stam- pfend gesagt haben: „Das ist ja Martin Luther; das ist eine pesti- lentialische Lehre". Schliesslich wurden von P. in den Index ge- setzt: Dialogo della verita (prophetica, 1497 gedruckt) und 15 ein- zelne Predigten aus den Jahren 1496 98, darunter auch die An- rede vor der Feuerprobe^).

In Trient kam die Sache wieder zur Verhandlung. Im Tr. wird bestimmt: „Die früher im Rom. Index verbotenen Sermones sollen nicht gelesen werden, bis sie nach den Censuren der Commission emendirt erscheinen" (folgt das Verzeichniss wie bei P.). Die Com- mission hatte also eine Expurgation genehmigt; diese war von dem Erzbischof von Palermo, einem Minoriten-Conventualen, gemacht worden und sollte dem Greneral der Dominicaner zugestellt werden. Dieser erhielt sie aber nicht und 1598, als der Dominicaner-Cardinal Michele Bonelli, Neffe Pius' V., mit Grenehmigung Clemens' VIII. eine Gresammtausgabe der Werke Savonarola's veranstalten wollte, auch Philipp Neri interessirte sich dafür, wurde sie in der Engelsburg, wo die Acten des Concils deponirt waren, und bei der Inquisition, welcher Foreiro die auf den Index bezüglichen Papiere übergeben hatte, wie es scheint, vergebens gesucht. Card. Bonelli

1) Quetif. II, 167. 190. Discorso sopra la dottrina e l'opere del R. P. Fra Gir. Sav. fatto in Roma sotto il P. Paolo IV. alla presenza delli Card, della S. Inq. dal P. Paulino Bernardino da Lucoa 1558, abgedr. im 2. Bande der Vita Hier. Sav. auet. Jo. Fr. Pico Mirandulae Concordiaeque Principe . . additionibus . . aucta per Jac. Quetif. Par. 1674, 3 vol. 12. Quetif. II, 747. Ein angesehener Dominicaner hatte Savonarola als Ketzer dargestellt : Discorso del Rev. Fr. Ambrosio Caterino Politi contra la dottr. e le profezie di Fra G. S., Ven. 1548 (früher lat., die Ueber- setzung dem Card, del Monte, dem spätem Julius III., gewidmet), üeber andere Streitschriften s. Fontanini II, 150.

2) Seit Ben. sind die Titel der Predigten italienisch gegeben und etwas vervollständigt, z. B. Predica sopra l'Esodo II. sopra una certa scommunicazione; vgl. Villari II, 193; von den Prediche sopra Ezechiel ist die 41. (durch ein Versehen) weggelassen. Ueber den Dialogo s. Villari I, 236, über die Essortazione (vor der Feuerprobe) II, 233.

Beusch, Index. 24

370 Clemanges. Savonarola. Geiler.

starb 29. März 1598, und die Ausgabe kam nicht zu Stande*). Die betreffenden Schriften Savonarola's stehen noch heute mit d. c. im Index ^).

Seit P. steht im Index eine Schrift von einem Schüler Savonaro- la's, dem Dominicaner Luca Bettini, worin alles auf die Kirche be- zügliche Prophetische aus seinen Schriften zusammengestellt ist: L'oracolo della renovatione della Chiesa [secondo la dottr. del R. P. Gir. Sav., per lui predicata in FirenzeJ, Ven. 1536 und 1543*^). 1837 wurden auf den Index gesetzt: Opere inedite di Fra Grir. Savonarola, vel alio titulo : Libri cinque dell' Italia, cujus initium: Deir Italia 1. I. I principi.

G-eiler von Keisersberg steht bei P. in der 1. Cl. als Jo. Cheysersbergensis und Jo.Keyserspergius. Woher der Name stammt, ist nicht ganz klar, wohl nicht aus Flacius' Catalogus'*), in dem er aller- dings als Jo. Keisersbergk und Keisersbergius steht, denn eine Be- nutzung des Catalogus durch P. ist überhaupt nicht nachzuweisen, wahrscheinlich aus dem auch sonst so fleissig benutzten Gresner. Dieser nennt ihn zwar in dem betreffenden Artikel Jo. Geiler de Keisers- perg (sonderbarer Weise sagt er: Geiler habe einige gute opuscula geschrieben, die ihm aber nicht zu Gesicht gekommen, und: er lebe noch; er war schon 1510 gestorben); aber ein anderer Artikel lautet: Jac. Otther Nemetensis . . . collegit Jo. Geileri Keisersbergii Navi- culam sive Speculum fatuorum. Adjecta est ejusdem Geileri vitae descriptio per Beatum Rhenanum; Argent. 1513. Sermones Jo. Kei-

1) Arch. stör. App, 8 (1850), 199. 1603 ist noch einmal die Rede davon. Der Card. Alex, von Este schreibt 25. Juli 1(503 an einen P. Maestro Tommaso zu Florenz: „Die Cardinäle der Index- Congregation erwarten die Ihnen aufgetragene Expurgation (censura) der Werke Taulers [also auch dieser sollte damals expurgirt werden] und Savonarola's, damit sie gemäss den Regeln des Index approbirt werden." Nach einem Briefe eines P. Paolo, d. d. Rom 6. Spt. 1623, scheint eine Gesammtausgabe, die dieser zu Lyon herausgeben wollte, an buchhändlerischen Schwierigkeiten ge- scheitert zu sein.

2) Bei Sand, werden dieselben Schriften wie im Rom. Ind. mit d. c, bei Sot. unbedingt verboten; ausserdem steht in den epan. Indices seit V. 59 die Auslegung des Pater noster in span. Sprache (bei Sot. in jeder Sprache). Sot. verbietet auch Jo. Fr. Picus Mirandula, De sententia excommunicationis injusta pro H. Savonarolae innocentia. In dem span. Index von 1790 steht von Savonarola nichts mehr.

3) Bettini hat auch das Proemio zu der Sammlung von Savonarola's Predigten, Ven. 1533, geschrieben. Mazzuchelli s. v.

4) Wie ich in dem Artikel „Drei deutsche Prediger auf dem Index" in Birlingers Alemannia 8, 24 vermuthet und wie dann auch Lit. Rdsch. 1881, No. 17 angenommen wird.

Geiler von Keisersberg. 371

serspergii de oratione dominica ab eodem collecti, impr. Argent. 1510. Diesen Artikel hat P. sicher benutzt, denn wir finden bei ihm Jao. Ottherus in der 1. Cl. nnd in der 2. CI. Jac. Ottheri Sermones. Item Speculnm fatuorum, und es sieht ihm schon ähnlich, dass er, wenn er Otther für einen Ketzer hielt nnd Beatus Rhenanus als Biographen Greilers erwähnt fand, auch diesen in die 1. Cl. setzen zu dürfen glaubte. In Trient wurden Jo. Cheysers- bergensis und Jo. Keiserspergius gestrichen, bezüglich Jac. Otthers wurde nichts geändert. Ob man wusste, dass dieser sich der Re- formation angeschlossen, und darum auch die von ihm herausge- gebenen Predigten Greilers in der 2. Cl. belassen zu müssen glaubte, oder ob man, was wahrscheinlicher, gar nicht daran gedacht, dass es sich nicht um Schriften Otthers, sondern Geilers handelte, mag dahin gestellt bleiben. Dafür, dass S. Jo. Cheysersbergensis wieder in die 1. Cl. setzte, wird man nicht nach einem besondern Grrunde zu fragen haben: er hat auch manches andere, was man in Trient gestrichen, wiederhergestellt, und wenn von Cl. vieles davon wieder gestrichen wurde, so wird man das aus purer Nachlässigkeit bei Geiler unterlassen haben. Wer aber einmal in dem Index Cle- mens' YIII. stand, für den nulla erat redemtio. Selbst Benedict XIV. hat nur weniges davon weggelassen, und es ist zweifelhaft, ob irgend etwas (z. B. Georg Cassander in der 1. Cl.) absichtlich. In unserm Falle hat Ben. den vollen Namen Geyler, Jo., Keisersber- gius mit 1. cl. App. Trid. eingesetzt und darunter: Navicula s. speculum fatuorum und Sermones a Jac. Otthero collecti mit Ind. Trid., und so steht noch heute im Index,

Possevin bespricht Geiler, ohne etwas davon zu sagen, dass er im Index steht, Sixtus von Siena und Bellarmin erwähnen ihn nicht, und wenn seit Flacius protestantische Polemiker ihn unter den testes veritatis aufgeführt ^), so haben katholische Schrift- steller ihn von jeher, namentlich in der neuern Zeit mit Recht als grossen Prediger und katholischen Reformator gefeiert, durch- gängig ohne es zu erwähnen, wahrscheinlich ohne es zu wissen, dass er in der 1. Cl. steht, und es sind wiederholt Schriften von Geiler von Katholiken in deutscher Uebersetzung herausgegeben worden. Erst der Trierer Domherr Ph. de Lorenzi, der 1881 an- gefangen, „Geilers von Kaisersberg augewählte Schriften" heraus- zugeben, ist, und zwar erst, als der 1. Band nahezu vollendet war, darauf aufmerksam geworden 2), dass Geiler in der 1. Cl. stehe. Er wandte sich darauf, wie er berichtet, unter Vorlegung des Gutach- tens eines angesehenen Theologen an die Index-Congregation mit der Bitte um die Erlaubniss zum Drucke seiner Ausgabe. Er er-

1) Wolf, Lect. mem., Jo. Francus, De Ind. p. 131, Conr. Dietherici, Cat. test. ver. Auct. p. 267; vgl. Clement IX, 95.

2) Ohne Zweifel durch meinen oben erwähnten Artikel ; vgl. Deutscher

Merkur 1881, 241.

372 Clemanges. Savonarola. Geiler.

hielt diese 12. Jan. 1881 mit der Auflage, in Gremässheit der Vor- schriften Clemens' YIII. de correetione [vielmehr de impressione librorum] § 7 von dem bestehenden Verbote der Schriften Geilers und von der ihm ertheilten Druckerlaubniss auf dem Titelblatte und in dem Vorworte Erwähnung zu thuen und die anstössigen oder ausgeschiedenen Sätze des Autors anzugeben. Lorenzi weiss dann freilich nichts anzugeben, was bei Geiler Anstoss erregen könnte, als „verletzende Aeusserungen gegen kirchliche Obere und Gesell- schaften, von denen er in seinem reformatorischen Eifer sich nicht stets freigehalten." Der „Auflage", die ihm unter Hinw^eisung auf die Instruction Clemens' VIII. gemacht worden, glaubt er dadurch zu genügen, dass er auf das Titelblatt „Mit Druckerlaubniss der h. Congregation des Index" setzt, was eine etwas sehr stark moder- nisirte Uebersetzung der von Clemens genau vorgeschriebenen For- mel ist: Bibliotheca a Conrado Gesnero' damnato auctore olim edita ac prohibita, nunc jussu superiorum expurgata et permissa.

Die scandalöse Thatsache, dass die Index-Congregation bei dieser Gelegenheit indirect Geiler als Auetor 1. cl. nochmals bestätigt hat, hat zu allerlei unglücklichen Versuchen Veranlassung gegeben, es zu rechtfertigen, dass er an diese Stelle gesetzt worden. Lorenzi selbst meint: im Index ständen nicht nur häretische Schriften, son- dern auch solche, die anstössige Sätze enthielten. Aber in der 1. Cl. sollen nur auctores haeretici vel de haeresi suspecti stehen, und von Savonarola z. B., bei dem sich viel „anstössigere" Dinge finden als bei Geiler, sind nur einige Stücke verboten, und zwar seit Tr. nur mit d. c. Ferner sagt Lorenzi : es seien Geiler auch Schriften zugeschrieben worden, die nicht von ihm seien, und in seinen echten Schriften hätten sich mehrere Herausgeber Aenderungen und Zu- sätze der bedenklichsten Art erlaubt, und ein anderer Apologet des Index meint: das Urtheil der Index-Congregation (die übrigens zur Zeit Pauls IV. noch nicht existirte), habe sich nach den gefälschten Schriften Geilers gebildet ^). Aber dann hätte man die betrefi'enden Schriften und Ausgaben verbieten, nicht Geiler in die 1. Cl. setzen müssen, und gerade die im Index namhaft gemachten Predigten sind von Jac. Otther, dem damaligen Hausgenossen Geilers, unter dessen Augen druckfertig gemacht worden'^). Andere meinen. Geiler stehe im Index wegen des Missbrauchs, den man mit seinen Schriften ge- trieben^), die Censurirung sei, wie Dacheux es ausdrückt, une me- sure preventive , destinee ä enlever ä son nom l'autorite , dont on abusait contre l'eglise; aber dieser Zweck dürfte doch wohl nicht das Mittel heiligen, einen Mann wie Geiler unter die ketzerischen oder der Ketzerei verdächtigen Schriftsteller zu setzen.

1) Lit. Hdw. 1882, 109. 2) A. D. B. 8, 513.

3) Katholik 1881, H, 451; vgl. Lit. Hdw. 1882, 109.

Italien. Reformationsliteratur. 373

35. Italienische Reformationsliteratiir.

In der 1. Classe steht seit Paul IV. eine Reihe von Italie- nern, die sich als reformatorische Schriftsteller einen Namen ge- macht und auch bei Gesner verzeichnet werden, daneben aber auch andere, die Gesner nicht kennt. Diese und auch wohl die meisten der bei Gesner stehenden haben die Compilatoren der italienischen Indices, sie stehen grossentheils auch schon in den vor Paul IV. erschienenen, ohne Zweifel aus den Acten der Inquisition oder ihre Schriften aus eigener Anschauung ge- kannt. In der 3. Classe stehen manche italienische Schriften, deren Verfasser bekannt sind und wenigstens zum grossen Theile von den Compilatoren der Indices hätten angegeben werden können. Die allgemein bekannten reformatorischen Schriftsteller werden im folgenden nur erwähnt, wenn sie zu besonderen Bemerkungen Anlass bieten.

Antonio Brucioli gab zu Venedig 1530 eine Uebersetzung des N. T., 1532 der ganzen Bibel heraus, 1542 46 Commento su tutti i libri dell' A. e N. T., 7 Fol. (der 3. Theil ist dem Card. Hippolyt von Este dedicirt). Ambr. Catharinus griff dieses Werk in dem Compendio di errori et inganni Luterani, Rom 1544, scharf an und sprach seine Verwunderung aus, dass man solche Bücher drucken und verkaufen lasse. Brucioli wurde von der Venetianischen Inquisition verfolgt und 1555 wurde , nachdem er abgeschworen, verordnet, seine über den Glauben handelnden Schriften seien zu verbrennen , er dürfe ohne Genehmigung der Inquisition nichts drucken lassen und solle ein Buch schreiben, worin er alle in seinen Schriften vorkommenden ketzerischen und verdächtigen Meinungen zurücknehme. Dieses that er nicht. 1558 wurde er wieder ver- haftet, aber gegen Caution freigelassen und unter die specielle Auf- sicht der Inquisition gestellt; f 1566^). Im Med. und Ven. stehen: Ant. Brucioli commentaria italica; seit P. steht er in der 1. Gl., bei P. sein Bruder Francesco, bei dem seine Bibel gedruckt wurde, unter den verpönten Druckern. Der (pseudonyme) Massimo Teo- tilo Fiorentino, welcher zu Lyon 1551 eine im protestantischen Sinne veränderte Ausgabe von Brucioli's Bibel und 1552 eine Apologie derselben herausgab^), steht nicht im Ind. Dagegen steht seit S. Ol. in der l.Cl. Philipp us Rusticus (Rustici, Arzt aus Lucca), von

1) Riv. crist. 1875, 273; 1879, 1. 49. Mazzuchelli II, 2144. Schelh., Erg. 1, 379. 663 ; II, 535.

2) Baumg. II, 103. Riv. crist. 1878, 505. Bocca 12, 27.

374 Italien. Reformationsliteratur.

dem zu Genf 1562 eine revidirte Ausgabe von Brucioli's Bibelüber- setzung mit einer Einleitung über das Bibellesen erschien ^).

Yen Augustinus Mainardus, f 1563 zu Chiavenna, steht in der 3. Cl. Anatomia della messa . . . per Antonio d'Adamo, s. 1. 1552, seit Ben. unter diesem Namen '^). Von Bern. Ochino stehen seit S. Cl. in der 2. Cl. Thomae de Senis conciones (seit Ben. Fra Tomaso da Siena, Prediche), quae revera sunt B. Ochini. Fra Tomaso, unter dessen Namen die Predigten gedruckt wurden, war Bischof von Justinopolis (Capodistria). Das bei P. in der 3. Cl. stehende Apologi etc. ist wohl der bis zur Unkenntlichkeit ab- gekürzte (und wohl darum von Tr. gestrichene) Titel von Ochino's Apologi nelli quali si scuoprano li abusi, schiocheze, superstitioni . . . della sinagoga del Papa, 1554^). Von Coelius Secundus Curio sind die nur bei S. in der 3. Cl. stehenden Quattro lettere Chri- stiane, 1552*). Sein Sohn, Coelius Horatius Curio, der 1564 als Rath des Kaisers Ferdinand, also wohl als Katholik, starb, hat 1550 als 16jähriger junger Mann für seinen Vater drei Predigten des Ochino u. s. w. ins Lateinische übersetzt^). Von Franc. Niger(Negri)Bassa- nensis steht in der 3. CL Tragoedia de libero arbitrio, erst seit Ben. genauer Tragedia di F. N. B. intitolata: Libero arbitrio (ähnlich schon Casa), 1547, 139 Bl.^). Zu Hieronymus Marius fügte Cl. (aus Gr.) bei vel Massarius; dieses ist der eigentliche Name des Mannes ; er war aus Vicenza, später Prof. der Medicin in Strassburg, t 1564. Unter jenem Namen gab er heraus: Eusebius captivus s. modus procedendi in Curia Rom. contra Lutheranos, 1553"^), über das Verfahren der Inquisition gegen einen angeblichen Eusebius Uranius.

Im Ven. steht Hortensius Tranquillus (wozu Verg. beige- fügt hat: Dalmata), im Rom. Ind. seit P. Hort. Tranq., alias Hie- remias, alias Landius. Sixtus von Siena spricht ausführlich von

1) Baumg. IV, 98.

2) Die französische üebersetzung Anatomie de la messe et du messel, Genf 1556, ist von Calvins Secretär Charles de Jonvillers (Carolus Jou- villaeus in der 1. Cl.), eine latein. 1561 von Yergerio. Serapeum 1858, 77.

3) Benrath, B. Ochino S. 379.

4) Schmidt, Vermigli S. 53.

5) Zts. f. bist. Theol. 1860, 615.

6) Bull, du Bibl. Beige 16 (1860), 5. Eine ausführliche Besprechung der Schrift bei K. Werner, Suarez I, 286; sie beginnt aber: „Das Concil von Trient erliess ein Verbot gegen ein 1558 zu Paris gedrucktes sati- risches Libell" u. s. w. Ueber Negris' Schrift De P'annii Faventini (Fanino da Faenza, Riv. crist. 1880, 1) ac Dominici Bassanensis morte, qui nuper ob Christum in Italia Rom. Pontificis jussu occisi sunt, 1550, s. Schelh., Erg. II, 29.

7) Clement VII, 367.

Italiener in der 1. Classe. 376

einem apostasirten Augustiner Hortensius Landus, der eine Sa- tire gegen die Mönche unter dem Titel De persecutione barbarum geschrieben, sie ist durch S. aus Liss. 81 und Q,. in den Rom. Ind. gekommen, aber (noch jetzt) als De persecutione barbarorum *). Ein Ex- Augustiner dieses Namens ist nicht weiter bekannt, wohl aber ein Mediciner Ortensio Landi, der von 1534 an in Deutsch- land und Frankreich, 1548 in Venedig lebte und der sich auch Hor- tensius Tranquillus Landus nannte. Man hat diesen von dem Au- gustiner unterscheiden wollen und vermuthet, letzterer, der Ver- fasser der häretischen Bücher, habe Jeremias Landi geheissen ; aber wohl mit Unrecht 2). Durch S. Cl. kam (aus Q.) in die 2. Cl. ein schon 1542 von Ortensio Landi herausgegebenes Buch: Jo. Petri Petrosellani Liber convivalium sermonum^).

Von Jo. Valdesius, es ist der Spanier Juan de Valdes, der aber in die italienische Reformationsgeschichte gehört, stehen bei Casa drei anonym erschienene Schriften nach einander, die dann durch P. in die 3. Cl. gekommen sind: Alphabetum christianum, seit Ben. Alfabeto christiano che insegna la vera via d'acquistare il lume dello spirito santo, (Ven.) 1546, Grespräche über religiöse Fragen zwischen Valdes und Julia (Gronzaga), Modo di teuere nell' insegnare & predicare 11 principio della religione christiana, Rom 1545, 3 Bl. 8, Maniera di teuere u. s. w. (im Ven. und seit P. im Rom. Ind. auch als Catechismus cui titulus: Qual maniera u. 8. w.), genauer: Qual maniera si devrebbe tenere a informare in fino dalla fanciuUezza i figliuoli de christiani delle cose della reli- gione, s. 1. et a., wahrscheinlich vor 1545, 8 Bl. 8^). Von der

1) Sixt. Sen. Bibl. 1. 5, a. 244. Der Schreibfehler findet sich auch bei Bellarra. Controv, De membris Eccl. mil. 2, 40. Im span. Ind. steht De pers. barbarum (Liss. 81: vel cum nomine autoris vel sine illo).

2) Tiraboschi VII, 800 und Poggiali, Storia lett. di Piacenza I, 171, unterscheiden zwei Landi, Dagegen Fontanini II, 475. Ortensio Landi nennt sich Tranquillo wohl als Mitglied einer Akademie zu Ferrara. In seinen Dialogi de Cicerone kommt ein Jeremias Landi Eremita S. Aug. als Interlocutor vor. Bei G. werden Hortensius Tranquillus und Hort. Landi unterschieden und die religiösen Schriften jenem zugeschrieben.

3) Beigefügt sind Forcianae quaestiones (von Forci bei Lucca so genannt) auctore Philalethe Polytopiense Cive, d. i. Ortensio Laudi. Vgl. Melzi II, 335. Freytag, Anal. p. 668. Burckhardt, Cultur der Renaissance II, 89. Nur bei S, stehen in der 3. Cl. (aus Q.) Paradossi cioe sentenze fuori del comun parere, 1543, von Ortensio Laudi. Fontanini II, 126. Renouard, Ann. des Etienne p. 106.

4) Alfabeto ist mit spanischer und englischer Uebers. neu gedruckt London 1861, Modo di tenere ecc. mit vier anderen Tractaten herausg. V. E. Boehmer; Sul principio della dottrina cristiana cinque trattatelli

376 Italien. Reformationsliteratur.

dritten Schrift erscliien eine neue Ausgabe unter dem Titel: Latte spirituale col quäle si debbono nutrire & allevare i Hgliuoli de Christ, in gloria di Die, 1549; diese steht nur bei S., mit über- setztem Titel: Lac spirituale quo nutriri et educari debent lilii chri- stianorum in gloriam Dei 0- Alphonsus de Valdes, Juans Bruder, Secretär Karls V., steht nur im Ven. ; aber in der 3. Cl. steht seit P. Dialogi di Mercurio & Caronte (Ven. Caronte dialogi, versi ex hispano wird von Yergerio beigefügt sein), wofür Ben. mit Eecht substituirt hat: Due dialoghi, l'uno di Mercurio et Caronte, nel quäle si racconta quel che accade nella guerra dopo l'anno 1521, l'altro di Lattanzio et di uno archidiacono [nel quäle puntalmente si trattano le cose avenute in Roma nell' a. 1527] ; denn diese ita- lienische Ausgabe war seit 1546 wiederholt gedruckt. Der 2. Dia- log ist von Alfons nach dem Sacco di Roma geschrieben, um den Kaiser zu vertheidigen und zu zeigen, dass die Katastrophe ein Strafgericht für das päpstliche Rom sei. Alfons wurde, als der Dialog in Abschriften in Spanien bekannt wurde, von dem ersten Secretär des Kaisers, Juan Aleman, bei dem päpstlichen Nuncius Baidasare Castiglione als Lutheraner denuncirt; auch wurde von dem Inquisitor Manrique ein Process gegen ihn eingeleitet, dieser aber nicht zu Ende geführt, wahrscheinlich weil Alfons Spanien verliess und bald darauf starb. Gedruckt wurde der Dialog zuerst in Italien 1529, wahrscheinlich von Juan corrigirt und zusammen mit dem von diesem (wahrscheinlich unter Mitwirkung Alfonso's) verfassten ersten Dialog, beide spanisch^).

evangelici di Giov. Valdesso, 1870, Maniera ecc. abgedr. Riv. crist. 1882, 4-13.

1) Riv. crist. 1882, 3. Es gibt eine lat. Uebersetzung von Vergerio: Lac spir. pro alendis ac educandis Christ, pueris . . . Munusculum Vergerii, 1554; aber S. hat nicht diese gemeint. Lac fidei, 1. sie inscriptus, Genevae vel ubicunque impr. bei S. ist die in den span. Ind. stehende Schrift Leche de la fe. Die mit Valdes' Namen erschienenen Schriften stehen nicht im Rom. Index, im span. Ind. seit V. 59': Commentario . . . sobre la ep. a los Romanos, Ven. (Genf) 1556, und seit Q. Com. . . . sobre la prim. ep. . . . ä los Cor. . . . Compuesto por Juan W., pio y sincero theologo, 1557.

2) F. Caballero, Alonso y Juan de Valdes, 1875. !Pelayo, Hetero- doxos II, 96. Hist. Zts. 39 (1878), 93. Die Actenstücke über die Verhand- lungen in Spanien bei Caballero p. 361. Castiglione tadelte die Angriffe auf den Papst und einige der Ketzerei verdächtige Sätze ; Alfonso gab zu, dass er in dem ersten Punkte zu weit gegangen; bezüglich des zweiten berief er sich darauf, dass er seinen Dialog den Theologen Gattinara, Coronel, Carranza, Virues vorgelegt und dass sie nichts Ketzerisches darin gefunden. Im span. Ind. steht seit V. 59 Dialogo de Mercurio y Caronte seit Q. danach Dial. donde hablan Lact. u. s. w.

Italiener in der 1. Classe. Vergerio. 377

Julius Mediolanensis, Griulio da Milano, Augustiner in Venedig, seit 1541 wiederholt mit der Inquisition in Conflict, später Prediger in Poschiavo, f 1572, niclit zu verwechseln mit Giulio da San Terenziano, dem Famulus Vermigli's, steht auch als Hieron. Savonensis, unter welchem Namen Predigten von ihm gedruckt sind, im Index, schon bei Casa ^). Von ihm sind auch die Pie & Chri- stiane epistole di Glratia Dio de Monte Santo, die bei Casa und mit latinisirtem Titel im Eöm. Ind. (seit Ben. unter Monte stehen). Ver- schieden davon sind Pie & Christiane epistole di un servo di Gr. C. della fede, delle opere e della charita, gleichfalls bei Casa und lateinisch im Rom. Ind.

Petrus Paulus Vergerius steht auch mit zwei angenom- menen Namen, unter denen er je eine Schrift herausgegeben, in der 1. Cl.: Lambertus de Nigro monte und Valerius Philarchus (S. 275. 276). In der 3. Cl. steht seit P. (noch jetzt ohne Name) eine An- zahl von seinen vielen kleinen Streitschriften, bei denen er selbst in seinen Ausgaben des Ven., aus welchem P. die Titel entnahm, Verg. beigefügt hatte : Conseglio d'alcuni vescovi congregati in Bo- logna [dato a P. Paulo per stabilimento della chiesa Eom. 1549]; die Versammlung in Bologna ist natürlich erdichtet ^). Copia d'una lettera scritta alli 4. di Gennaro 1550; Verg. spottet mit Recht darüber, dass man diese 1 Bogen starke „Zeitung" verboten habe, andere ähnliche und schlimmere Publicationen von ihm nicht"*). Declaratione del jubileo (neir a. 1550). Discorsi sopra i Fioretti di San Francisco^). Disordine della chiesa. l)ue lettere d'un cortigiano nelle quali si dimostra che la fede ecc, 1550, 14 Bl.; die in demselben Jahre erschienenen Lettere 3. e 4. stehen nicht im Index •^). Matrimonio delli Preti e delle monache, 1549. Zu diesen aus Ven. entnommenen Schriftchen fügte P. hinzu: Delle commissioni & facultä che Papa Giulio III. ha dato a me Paolo Odescalco [suo Nuncio & Inquisitore in tutto il paese de' Grisoni. Atanasio], 1553, 48 Bl. 8^). Delle statue & imagini [nell' a.D.

1) Leva, Carlo V., III, 371. 374. Riv. crist. 1881, 100. Schmidt, Vermigli S. 37.

2) Vgl. E. Weller, Uebersicht der litt. Thätigkeit des P. P. Ver- gerio, Serapeum 1858, 65 und 1866, 314.

3) Verg. gab das Schriftchen 1 553 lateinisch heraus als Consilium . . . Juiio III. datum; so steht es auch in seinem Tomus 1. operum contra Papatum f. 94 und bei Brown, Fase. II, 641.

4) Agl' Inquis. f. 23. Postr. Cat. f. 7.

5) Abgedr. in Biblioteca della Riforraa it., 1883, I, 21.

6) Agl' Inquis. f. 23. sagt Verg., die Briefe seien von einem Freunde an ihn geschrieben ; er hat sie aber herausgegeben und wahrscheinlich auch verfasst.

7) Unter dem Namen Athanasius schrieb Verg. auch sonst; S. 219.

378 Italien. Reformationsliteratur.

1553], 14 S. 8'). Griudicio sopra le lettere di XIII huomini illustri [pubblicate da M. Dionigi Atanagi e] stampate nell' a. 1554,

1555, 3 B. ; bei diesem Schriftchen wird seit Tr. Verg. als Ver- fasser genannt ^). Modo e via breve di consolar quelli che stanno in pericolo di morte^); Eatio et methodus consolandi periciilose decumbentes u. s. w. wird der übersetzte Titel desselben Schriftchens sein. Precedentie alla Apologia della Confessione Wirtembergense,

1556, eine Uebersetzung der Prolegomena der 1553 von J. Brenz herausgegebenen Apologia Confessionis Wirtembergensis(S.256) gegen die Assertio catholicae fidei des Petrus a Soto von 1552 ^). S. fügte noch hinzu : Oratione de' perseguitati & fuorusciti per l'Evan- gelio und Oratio et defensio pro Vergerio, quoc. sermone edita; beide wurden aber von Cl. gestrichen. Es sind also nur verhältniss- mässig wenige von Yergerio's anonymen und Pseudonymen Schrift- chen in den Ind. gekommen und, was auffallend ist, keine von den über die Indices handelnden.

An das Verbot von Vergerio's Schriftchen (seit P.): Alcuni importanti luochi tradotti fuor dell' epistole latine di M. Francesco Petrarcha con tre sonetti suoi e 18 stanze del Berna avanti il 20. Canto, Basel 1555, 8^), knüpft sich die Controverse, ob sich das-

1) Melzi III, 97; nicht bei Weller.

2) Schelh. Am. bist. II, 7. Die dem Card. Giulio della Rovere de- dicirte Briefsammlung Delle lettere di XIII uom. ill. libri XIII, erschien zu Rom und zu Venedig 1554. Fontanini I, 168. S. setzte sie als Literae tresdecim [sie] virorum illustrium mit d. c. auf den Index; aber Cl. strich sie. L'Estoile, Mem. XV, 440 sagt, diese Briefe zeigten, combien il est im- possible d'amener messieurs les prelats de V Egl. Rom. ä une reconnaissance et reformation.

3) Agl' Inq. f. 42 sagt Verg., er habe dieses Schriftchen geschrieben, als er noch „fariseo ö poco mauco" gewesen; einen Theil davon habe der Cardinal von Mantua (Ercole Gonzaga) verfasst, bei dem er sich damals aufgehalten und der es seinen Inquisitoren vorgelegt habe.

4) Hartmann, J. Brenz S. 217. 236.

5) Fontanini II, 12. Bei Weller, Serap. 1858, 82 wird nicht diese Ausgabe erwähnt, sondern Stanze del Berna con tre sonetti del Petrarca dove si parla dell' Evangelio & della Corte Rom., (Tüb.) 1554. Agl' Inq. f. 34 sagt Vergerio, er habe vorher 12 Briefe Petrarca's bei Cr. Mylius drucken lassen. Die Stanzen von Franc. Berni gehören zu dessen Um- arbeitung des Orlando Innamorato von Bojardo, welche zu Venedig 1541 in verstümmelter Gestalt erschien. Die Verstümmlung soll von Aretino und der (Venetianischen) Inquisition besorgt worden sein und letztere an den „lutherischen" Zusätzen Berni's, namentlich in den 18 Stanzen, Anstoss genommen haben. J. A. Symonds, Renaissance in Italy. It. Lit. II, 374. 543. Leva, Carlo V., III, 345.

Italiener in der 1. Classe. Vergerio, 379

selbe auch auf die fraglichen Sonette Petrarca's selbst erstrecke ; Fontanini (II, 7) bekämpft ausführlich die Ansicht, dass die 4 oder 5 „scandalösen Sonette" nur in Vergerio's Schrift „von der höchsten Autorität" verdammt seien; sie ständen zwar in mehreren im Kirchen- staat erschienenen alten Ausgaben, sogar in der unter Mitwirkung eines Hausprälaten Sixtus' IV. veranstalteten Römischen Ausgabe von 1473; aber Minturno, der als Bischof von Ugento 1563 in Trient gewesen, bezeichne in seinem 1564 gedruckten Buche de arte poetica zweimal die Sonette als verboten und sage, Paul IV. habe gewollt, dass sie in den Ausgaben getilgt würden, und Bellarmin sage, Paul V. habe das Weglassen derselben ausdrücklich befohlen, wie sie denn auch in manchen Ausgaben nicht ständen. Im span. Ind. werden seit Q. vier Sonette, in denen allerdings starke Aus- drücke über die Curie vorkommen, ausdrücklich verboten; S. hat dieses Verbot aus Q. herübergenommen ^), aber Cl. hat es gestrichen, so dass man sagen darf: Petrarca selbst steht nicht im Rom. Index. Auch Pier Paolo's Bruder Jo. Bapt. Vergerius, der als Bischof von Pola starb, steht in der 1. Cl. Er stand freilich im Rufe eines Lutheraners und Pier Paolo selbst bezeichnet ihn als Gesinnungsgenossen^); aber als Schriftsteller ist er nur bekannt durch eine Esposizione &parafrasi sopra il Salmo 119: Beati u. s.w..

1) Die vier Sonette werden auch in dem Enchiridion des Gregorius Capuccinus (s. u. § 49) verboten. S. gibt die Anfangsworte derselben : Dell' empia Babilonia, Fiamma del ciel, Fontana di dolore, L'avara Babilonia. Es sind No. 99. 105—7. Das letzte beginnt:

Fontana di dolore, albergo d'ira,

Scola d'errori e tempio d'eresia,

Giä Roma, or Babilonia falsa e ria. In den Ausgaben Ven. 1548 und Lyon 1551 war noch ein boshafter Com- mentar von Brucioli beigefügt. Seit 1836 steht eine italienische Ueber- setzung der Briefe Petrarca's von Ferd. Ranalli im Index. Bei Sot. (und Liss. 1624) wird auch in De remediis utriusque fortunae 11. 2 eine Stelle gestrichen und die span. Uebersetzung der Trionfi unbedingt verboten. Possevinus meint, die Gedichte auf Laura fielen vielleicht unter die 7. Regel des Index. Hätten die Compilatoren des Index das angenommen, so würde Petrarca wie Boccaccio u. a. in der 2. Cl. stehen. Von Vergerio und später in dem Streit zwischen Raynaud und Casalas (Candor lilii p. 531) wird auch die Angabe besprochen, dass Petrarca von dem Inqui- sitor Marcus Picenus de Solipodio bei Innocenz VI. wegen seiner Gedichte als magus, sortilegus et haereticus angeklagt worden (Spondanus a. 1362, n. 5). Raynaud sagt: Solipedius tanquam stolidus et bonarum disciplinarum ignarus explosus est, non tarnen sine labore Petrarcha se purgavit.

2) Le Vergeriane del Mutio Justinopolitano, Ven. 1550, f. 96. Lettere cath. del Mutio, Ven. 1571, p. 187.

380 Italien. Reformationsliteratur.

die Pier Paolo 1550 mit einer Vorrede herausgab'). Ottonellus Vida, der aucli in der 1. Cl. steht, war mit Verg. befreundet, scheint sich aber von ihm zurückgezogen zu haben, lebte wenigstens bis 1551 unangefochten als Beamter in Crema und Feltro ^). Er wird nur als üebersetzer eines Schriftchens von Vergerio bezeichnet ^). Nur im Ven. stehen Franc. Grrisonius und (Hieron.) Vida Justino- politanus, die in dem Process gegen Verg. als des Lutheranismus verdächtig bezeichnet werden*). Nur bei S. steht (in der 3. Gl.) Ludovico Rasoro all' Abbadessa [del mon. di S. Giustina di Venezia sopra un libro intitolato Luce di fede [stampato in Milano in laude della messa], 1553, 3 B., von Verg. herausgegeben, wenn nicht ver- fasst; er sagt, L. Rasoro sei früher Canonicus in Pola gewesen, dann Prediger in Grraubünden geworden^).

Wenn die Dialogi sacri des Sebastianus Castalio bei Q,. mit dem Zusätze: Seb. Gast, auctore vel sine nomine auctoris und dann bei S. Gl. mit : sine nomine auctoris, qui tamen sunt Seb. Gast, haeretici, verboten werden, so darf man daraus allein, da solche Zu- sätze mitunter in den Indices ganz willkürlich beigefügt werden, nicht (mit Placcius p. 107) schliessen, es habe eine Ausgabe ge- geben, in der man aus Furcht vor der Inquisition den Namen weg- gelassen. Alle bekannten Ausgaben (1545 u. s., auch Gol. apud Jo. Grymnicum 1576) sind unter Gastalio's Namen erschienen. Gastalio hatte 1558 bei Ghristoph Plantin in Antwerpen von der früher mit Unrecht Tauler zugeschriebenen, von einem Priester im Deutschherrenhause zu Frankfurt im 14. Jahrh. verfassten, von Luther 1518 unter dem Titel „Eyn Deutsch Theologia" herausgegebenen Schrift eine lateinische Uebersetzung herausgegeben: Theologia ger- manica, libellus aureus, quomodo sit exuendus vetus homo induen- dusque novus, ex germanico translatus studio loannis Theophili, zu Lyon 1580 gedruckt als: Theologia mystica a pio quodam Ordinis Dominorum Teutonicorum sacerdote, ducentis circiter abhinc annis germanice conscripta et a Jo. Theophilo in latinum reddita^). Beide Ausgaben wurden verboten, aber erst 1621. Und erst 4. Dec. 1725

1) Ser. 1858, 73. Bei GA. wird noch ein Tractatus de avaritia mi- nistrorum ecclesiae papisticae von ihm angeführt.

2) Mutio, Vergeriane f. 166; Lettere p. 8. 35, bezeichnet ihn freilich noch nach seinem Tode als Gesinnungsgenossen Vergerio's. Verg., Agl' Inq. f. 15 sagt, er habe einige Verse gegen Casa geschrieben.

3) Bulla Julii III. Rom. Episc. qua concilium ad Kai. Maij rursus fuit convocatum Tridentum cum commentariolo D. Vidae verso ex italica lingua, 1551. IV2 B. Am Ende der Ausgabe Tüb. 1553 steht: Verg. com- mentariolura hunc italice scripsit, at D. Ottonellus Vida latinum fecerat.

4) Riv. crist. 1873, 299.

5) Verg. all' Arcimboldo. D 2v. Ser. 1858, 77.

6) Ann. Plantin. p. 16. K.-L. 10, 875.

Italiener in der 1. Classe. 381

wurde verboten : De Christo imitaiido contemnendisque mnndi vani- tatibiis auctore Thema Campesio libri qiiatuor, interprete Seh. Casta- lione, die schon 1563 erschienene Bearbeitung der „Kachfolge Christi", in welcher Castalio das Werkchen in seiner Weise in besseres Latein gebracht (S. 203), zugleich aber durch Weglassung des 4. Buches und durch Aenderung einiger anderen Stellen ver- stümmelt, wie Lindanus sagt, aus einem katholischen Werke zu einem ketzerischen gemacht hatte *).

Von mehreren Italienern der 1. Cl. sind nur einzelne kleine Schriften bekannt: Franc. Bettus (Betti), er war Secretär des Marchese von Pesciara, floh von Eom und starb im Ausland, gab 1557 eine Lettera al Marchese ecc. über seine Flucht heraus, später zwei Streitschriften gegen Muzio, der ihn namentlich in seinen Malizie Bettine, 1565, angrifft). Von Felicianus de Civitella, einem nicht weiter bekannten Observanten, ist ein ascetisches Schrift- chen gedruckt, in welchem ich nichts Anstössiges gefunden^). Franc. Lismaninus, Franciscaner aus Corfu, Beichtvater der Königin von Polen, später Socinianer, hat fast nichts geschrieben^). Yon (Jo.) Angelus Odonus, dem Venetianer Giannangelo Odone, der in Strassburg lebte, sind nach GrA. in Basel Briefe an Gilbertus Co- gnatus gedruckt. Julius Dominicus Caramanius (Giulio Dom. Gallo Caramagnese) gab 1551 eine ital. Uebersetzung von Calvins La forme des prieres et chant)5 u. s. w. heraus, die als Forma delle orationi u. s. w. in der 3. Cl. steht, und einen Catechismo degli articoli della fede^). Julius Caesar P., Tr. fügte bei Calvini interpres, Ben.: qui Calvini Listitutiones in ital. linguam transtulit^),

1) Lindanus, Ruewardus, Col. 1567. p. 256. Sainjore III, 256.

2) Fontanini II, 486. Mazzuchelli II, 1091.

3) La tre giornate dello infallibile viagio del cielo. Composto per Frate Foliciano da Civitella del Tronte al serviggio de semplici & catolici Christian! . . Ven. 1544* (München H.), 68 Bl. 12. Der Herausgeber, Aug. Mustardo Reatino sagt, Fei. habe 1544 in Venedig unter grossem Zulauf gepredigt. Das Schriftchen handelt über Credo, Vater unser und Dekalog.

4) Sandius, Biblioth. Antitrinit. p. 34. Ein Pole Andreas Patricius schreibt aus Grodno an Hosius (Cyprianus, Tab. p. 367, das Datum fehlt) : Lismaninus habe ihm einen libellus über die Trinität geschickt; er habe versucht, ihn ad confessionem Concilii Tridentini revocare; sed hoc tem- pore ita armis solis intenti sumus, ut ne unum quidem librum Concilii Trid. in toto regis comitatu possimus reperire, cum habeamus nobiscum duos episcopos et plerosque pastores et doctores.

5) Bocca 12, 128.

6) Institutione . . . tradotta per Giulio Caesare P., Genf 1557. Cle- ment VI, 92. Erst 1592 sind eine Psalmenübersetzung und Rime spirituali von ihm gedruckt.

382 Italien. Reformationsliteratur.

hiess Paschale. Jo. Aloysius Paschalis, der auch in der 1. Cl. steht, ist nicht der 1560 in Eom hingerichtete, sondern der Drucker •).

Franc. Portus Cretensis hat nur philologische Sachen geschrieben,

die bei Sot. mit dem Vorbehalt, dass er als Ketzer bezeichnet werde, freigegeben werden, Lactantius Eagnonus (Rangoni, Pre- diger in Genf) nichts. Beide stehen in der l.Cl., weil sie vor der Inquisition ins Ausland flohen 2). Von Hieronymus Galatheus, einem Observanten, der nach zehnjähriger Haft 1541 in Venedig starb, ist nach seinem Tode eine im Grefiingniss geschriebene Apo- logia a lo illustr. Senato di Venezia 1548 gedruckt^). Von Hieron. Bassanus und Hieron. Cato Pisauriensis, die schon im Ven. stehen, ist nichts bekannt; sie werden auch zu Venedig processirt worden sein.

Von Jo. Leonardus Sertorius (Pedemontanus) führt Gr. (und Fris.) einige Schriften an. Seit S. Cl. steht daneben Jo. Leonis Nardi. Ben. hat: Jo. Leonis Xardi qui et Jo. Leonardus Sertorius; die heiden werden aber wohl verschieden sein, denn Grianleone Nardi wird als Florentiner bezeichnet^). Bei Gregorius Giraldus ist seit Cl. bei- gefügt: alius a Ferrariensi, qui vocatur Lilius Gregorius. Die Be- merkung stammt aus Antw. Exp. p. 153, wo von ein paar Büchern des Lilius Giraldus Ferrari ensis constatirt wird, dass nichts Anstössi- ges darin vorkomme (bei Sot. werden einige expurgirt), und dann die Bemerkung folgt: dieser scheine nicht der im Index stehende Gre- gorius Giraldus zu sein, da dieser nicht Lilius heisse, ein Name, den jener zur Unterscheidung von ihm angenommen hahen möge. Es ist aher kein anderer Greg. Giraldus bekannt und wahrschein- lich ist der Philologe durch ein Versehen oder wegen seiner Be- ziehungen zu der Herzogin Renata vonFerrara durch P. in die l.Cl. gekommen. Seit P. steht in der 3. Cl. Turricella. Ben. hat da- für gesetzt: Lupano, Otto: Torricella, Dialogo delle statue, demonj, spiriti (Mail. 1540). Otto Lupano, Lehrer der Rhetorik, ein Freund Cu- rione's^), wird schon von Q. und Fris. als Verfasser bezeichnet.

Im Med. und Ven. steht Federicus (Verg. hat beigefügt Car- dinalis) Fregosius de modo orandi. P. hat in der 2. Cl.: Frid.

1) S. o. S. 176. 267. Del N. T. di J. C. N. S. nuova e fedel traduttione dal testo greco . . . stampata di nuovo in compagnia di un' altra buona trad. in lingua francesse . . per Giov. Luigi Paschale, 1555. Riv. crist. 1878, 506.

2) Sie werden beide im Compendium inquis. (S. 176) p. 274. 279 erwähnt.

3) Riv. crist. 1873, 18; 1881, 99. Bocca 12, 117.

4) Tirab. VH, 375. Nach Riv. crist. 1881, 227 ist ein Giov. Leonardi Sertorio zu Turin im Gefängnisse gestorben, sein Sohn Nicoiao 1557 ver- brannt. Seine anderen Söhne und seine Brüder flohen nach Genf; einer der Söhne wird der bei G. und Fris. erwähnte sein.

5) Zts. f. bist. Th. 1860, 576.

J

Ital. Schriften in der 2. und 3. Classe. 383

Fregosii Tractatus de oratione, de justificatione, de fide et operi- bus et Praefatio in Ep. D. Pauli ad Rom.; Tr. fügte bei: qui tarnen falso illi creditur adscriptus. Dafür hat Ben.: Pio & christianissimo trattato della oratione, il quäle dimostra, come si debbe orare; Della giustificatione, della fede e dell' opere; Prefatione alla Lettera di S. Paolo a' Romani, und zu den beiden letzten die Notiz: quae tarnen falso ei tribuuntur. Das erste Schriftchen, zuerst Venedig 1543, 12, ist wirklich von Federigo Fregoso, der 1529 Cardinal wurde und als Erzbischof von Salerno 1541 starb. Die beiden an- deren sind Uebersetzungen von Schriften Luthers, die unter dem Namen Fregoso's mit jenem Schriftchen zusammen gedruckt wurden *). Apostolo Zeno (bei Fontanini II, 13) meint, nur diese Ausgabe sei verboten, aber im Med. und Ven. und bei Ben. erstreckt sich un- zweifelhaft das Verbot auch auf das echte Schriftchen allein.

In der 3. Cl. stehen noch zwei andere Schriftchen von Luther: Opera divina della christiana vita [nuovamente stampata, s. 1. et a., 38 Bl. 4] ist eine Uebersetzung von „Von der Freiheit eines Christen- menschen", und mit De emendatione et correctione Status christiani ist ohne Zweifel „Sulla correzione dello stato cristiano, s. 1. (Ven.) 1538, gemeint, eine Uebersetzung von „An den christlichen Adel deutscher Nation" von Bart. Fonzio ^). Libretto consolatorio a li perseguitati per la confessione della veritä evangelica (Milanol545, 12; Riv. crist. 1882, 76) bei Casa, im Ven.: Libellus consolatori- us pro laborantibus, nicht bei P. Tr., bei S. Lib. cons. ad eos qui persecutionem patiuntur pro confessione ver. evang., vernacula lingua, von Cl. gestrichen, ist nach Vergerio's Noten zu Casa von Urbanus Rhegius, also Uebersetzung des Trostbriefs an alle Christen zu Hil- desheim, die um des Evangeliums willen jetzt Schmach und Ver- folgung leiden, 1531^), oder der lateinischen Bearbeitung desselben von Jo. Irenaeus (S. 224). Auch Dottrina verissima tolta dal cap. 4 a' Rom. per consolar le afflitte conscientie ist Uebersetzung eines Schriftchens von Rhegius: Doctrina certissima et consolatio soli- dissima atque firmissima contra desperationem propter peccata e 4. cap. ad Rom., 1545. Nicht nachzuweisen sind: Espositione della oration del Signore in volgare composta per un Padre no nominato (schon Ven.), und Un brieve modo, quäl deve teuer ciascun padre ecc.

Am meisten, mehr noch als das Summario (S. 104), ist in der neuern Zeit besprochen worden die Schrift, welche bei Casa und im Med. II beneficio di Christo, im Rom. Index Trattato del ben. di Chr. heisst (im Ven. ist der Titel übersetzt: Beneficium Christi, und das steht auch bei P. Tr. neben dem ital. Titel). Sie ist zuerst zu Venedig (1542 und) 1543 unter dem Titel: Trattato utilissimo del beneficio di Jesu Cristo crocifisso verso i christiani, dann wie-

1) Tirab. VIT, 1064. 1069. Vergerio, Agl' Inq. f. 28.

2) Zts. f. K.-G. 1880, 467. 469.

3) Uhlhorn, ü. Regius S. 175. 259.

384 Italien. Reformationsliteratur.

derholt gedruckt, bald auch in mehrere Sprachen übersetzt wor- den ^). Der Verfasser war nicht, wie man vermuthet hat, Aonio Paleario, sondern, wie in dem Compendium inquisitorum p. 272 an- gegeben wird, ein Schüler des Juan Valdes, ein Benedictiner Dom Benedetto aus Mantua; M. A. Flaminio revidirte und überarbeitete dessen Manuscript und vertheidigte auch das Büchlein gegen eine 1544 erschienene Streitschrift des Ambrosius Catharinus. Dasselbe verbreitet zu haben, war einer der Anklagepunkte in dem Process gegen Card. Morone. ImPar.51 steht Du benefice de J. C. crucifie, traduit del' Italien, Lyon 1546, bei V. 59: Tractado, cuyo titulo es Tractado utilissimo del beneficio de Jesu Christo, en qualquier lengua

(seit Q. nur Tratado ut Cristo). Bei S. steht noch Tratt. ut.

del ben. di G-esu Cristo, con li misteri del Eosario, con l'indulgenze in fine di P. Adriano alle corone de' grani benedetti, wohl eine spätere Ausgabe mit den allerdings sehr heterogenen Zuthaten. Dass „binnen 6 Jahren in Venedig allein 60,000 Exemplare [Ver- gerio sagt 40,000] gedruckt wurden, eine Unzahl Ausgaben ander' wärts erschienen und zu Rom haushohe Scheiterhaufen davon ver- brannt wurden" (Kurtz, Lehrb. der K.-Gr. § 139, 13), sind starke Uebertreibungen. Dass von diesem Büchlein, dem Sommario u. a. nur noch vereinzelte Exemplare existiren, ist nicht allein der In- quisition und dem Index zu imputiren; auch von den englischen Ausgaben sind nur wenige Exemplare erhalten und von einer in Tü- bingen 1565 gedruckten Ausgabe des Benefizio wie von der Vene- tianischen nur eins.

In diesen Paragraphen darf auch Marcantonio Flaminio eingereiht werden. Er starb zwar 18. Febr. 1550 zu Rom so, dass selbst Caraffa von seiner Rechtgläubigkeit überzeugt war 2), und

1) The Benefit of Christ's Death, probably written by Aonio Paleario . . . With an Introduction by Churchill Babington, 1555, enthält einen Abdruck des einzigen bekannten Exemplars der Ausgabe Venedig 1543. Eine englische üebersetzung hat John Ayre schon 1847 wieder abdrucken lassen. Seitdem ist das Büchlein oft in verschiedenen Sprachen gedruckt worden, lieber den Verfasser s. Benrath, Zts. f. K.-G. 1877, 575. A. Pa- leario hat eine Schrift mit einem ähnlichen Titel verfasst: Della pienezza, sufficienza ed efficacia della morte di Christo. Die Schrift des Ambr. Catharinus heisst: Compendio d'errori e d'inganni luterani contenuti in un libretto senza nome de l'autore intitolato: Trattato utilissimo del beneficio di Christo crucifisso.

2) ßromato II, 157 erzählt, als Flaminio die Sterbesacramente em- pfangen, sei Caraffa mitgegangen und habe den Geistlichen veranlasst, den Sterbenden zu einem Glaubensbekenntnisse, auch zu einem ausdrücklichen Bekenntnisse des Glaubens an die Transsubstantiation aufzufordern; Fla- minio habe das Bekenntnisss ohne Bedenken abgelegt; darauf sei der General-Inquisitor, der ungesehen zugehört, hervorgetreten und habe sehr

M. A. Flaminio. 385

Card. Pole Hess iliii in St. Ivo begraben; aber er war, namentlicli wegen seiner engen Beziehungen zu Juan Yaldes, während seines Lebens verdächtig (im Compendium Inquisitorum p. 274 wird er als Herausgeber des Benefizio, seductor Moroni, complex haereticorum notirt) und wurde nach seinem Tode vielfach als Ketzer angesehen : in dem Urtheil gegen Carnesecchi (1567) wird er als der Ketzerei verdächtig bezeichnet *) und von Laderchi (Ann. 22, 325) zu den Ketzern gezählt; in Deutschland erzählte man sich sogar, Paul IV. habe seine Leiche verbrennen lassen oder doch das beabsichtigt. In seinem Index hat ihn Paul lY. nicht als Ketzer behandelt; denn er hat ihn in die 2. Cl. gesetzt mit seinen Paraphrases et comment. in Psalmos und Literae et carmina omnia. Im Tr. ist dieses ge- strichen; S. verbot wieder die Paraphr. u. s. w. unbedingt, die Literae et carmina mit d. c. ; Cl. strich dieses, und so steht seitdem nichts von ihm im Index. Flaminio gab zuerst eine (prosaische) Paraphrasis in 32 Psalmos heraus, die Paul III. gewidmet ist, Ven. 1538, dann In 1. Psalmorum brevis explanatio, Ven. 1545 (bei Plantin in Antw. 1558), dem Card. Aless. Farnese gewidmet, mit einem Privileg Pauls III. und des Senats von Venedig, dann Para- phrasis in 30 psalmos versibus scripta, Ven. 1546, gleichfalls dem Card. Farnese gewidmet. Diese drei Arbeiten erschienen zusammen Paris 1547 u. s. (Lyon 1561*). Sie sind bei P. S. an erster Stelle gemeint"). Die Carmina de rebus divinis erschienen zu Paris 1552 (mit der Paraphrasis und einem Briefe über Flaminio's Tod von Petrus Victorius an Card. Pole und dessen Antwort) und sonst; die Briefe stehen in mehreren Briefsammlungen, in denen sie dann in Ausgaben, die nach 1559 erschienen, weggelassen wurden^).

freundlich mit Flaminio gesprochen. Schon danach ist das, was Came- rarius von den Absichten Pauls IV. bezüglich der Leiche erzählt, als Fabel anzusehen. Ausführlich handelt „de religione M. A. Flaminii" Schelh. Am. h. e. II, 87; vgl. Am. lit. X. 1156; XI, 1148.

1) Gibbings, Report . . on P. Carnesecchi p. 9. 29.

2) Clement VIII, 363. Die Notiz bei Schelh. Am. lit. VII, 500, Paul IV. habe das Buch dignum judicavit, qui cum auctore flammis abo- leatur, ist nur eine etwas starke Paraphrase für: er habe es auf den Index gesetzt.

3) In der 1. Ausgabe der Lettere di XIII nomini illustri (S. 378) von 1554 stehen im 8. Buche Briefe von Flaminio. In einem Exemplare, welches Schelh. Erg. I, 203 beschreibt, sind diese herausgeschnitten (und ist der Name auf dem Titelblatte ausgestrichen), und in der Ausgabe von 1561 sind Briefe des Paulus Manutius dafür substituirt. In der Ausgabe der Briefe des P. Manutius, Ven. 1558, kommt der Name Flaminius oft vor, in der Ausgabe Ven. 1584 ist er weggelassen. Auch in den späteren Ausgaben der von P. Manutius zuerst Ven. 1542 herausgegebenen Lettere vol-

Beusch, Index. 25

386 Nichttheolog-ische italienische Schriften.

36. Nichttheologische italienische Schriften.

Unter den nichttheologischen italienischen Schriftstellern, die im Index stehen, bedürfen Machiavelli, Guicciardini und Boccaccio eine eingehendere Besprechung. An letztern lässt sich eine Uebersicht über die anderen unsauberen Novellisten> und Poeten, sie gehören zum grossen Theile dem geistlichen Stande an, anreihen. Auch über die Verfasser astrologischer und anderer abergläubischer Bücher kann hier das Nöthige ge- sagt werden, weil sie grösstentheils Italiener waren.

Nicolaus Machiavelli (1469—1530) ist seit P. ein aiictor 1. cl. (in den älteren Indices steht er nicht), nnd gehört seit dem Anfange des 17. Jahrh. bis jetzt zu den Schriftstellern, welche bei den gewöhnlichen Ermächtigungen zum Lesen verbotener Bücher ausdrücklich ausgenommen werden, also ohne specielle Erlaubniss des Papstes nicht gelesen werden sollen. Er ist in Rom nicht von Anfang an so übel angeschrieben gewesen. Angelo Maria Bandini sagt in einer 1752 erschienenen Schrift, die für diese Aeusserung auf den Index kam: Machiavelli sei bei Alexander VI. in Gnaden gewesen; er habe sein Buch dem Fürsten Filippo Strozzi, dem Neffen Leo's X., gewidmet, und dieser sei darüber nicht unwillig gewesen, sondern habe von Mach. 's Ingenium eine so gute Meinung gehabt, dass er ihn mit der Abfassung einer geheimen Denkschrift über die Reformation der Republik Florenz beauftragt habe; auf Befehl Clemens' VII. habe er seine Florentinische Geschichte ge- schrieben und der Papst habe die Widmung derselben wohlgefällig aufgenommen, auch dem Drucker der apostolischen Kammer, Ant. Blado für Werke von Mach. (Discorsi 1531, Principe 1532) ein Druckprivileg für zehn Jahre gegeben ; Mach. 's Schriften seien in fast allen Ländern Europa's lange gelesen worden, ohne dass man ihn als des Atheismus verdächtig angesehen; erst 1552 sei er von Ambrosius Catharinus [schon 1534 von Reginald Pole], dann von Ant. Possevinus und Thomas Bozius scharf angegriffen und seitdem seien auch vom Römischen Hofe seine Schriften gering geschätzt worden *). Wenn Bandini sagt, noch Paul IV. habe Mach, geschätzt

gari di diversi nobilissimi uomini „sind Briefe von einigen Autoren weg- gelassen, welche seitdem von der Kirche verdammt worden waren, und sind aus diesem Grund auch die Namen von Adressaten einiger Briefe beseitigt." Fontanini I, 166.

1) Collectio veterum aliquot monimentorum, Arretii 1752, p. XLI. Das Buch wurde gleich, 16. Mai 1753, mit d. c. verboten. Bandini Hess

Machiavelli. 387

und erst Clemens VIII. habe, „durch das Geschrei des Possevinus und Sozius bewogen", ihn verboten, so ist das allerdings ein unbe- greiflicher Irrthum. Der Umschlag in den Anschauungen der Curie trat auch in diesem Punkte mit Paul IV. ein. Unter Gregor XIII. (1572 85) wurde über eine expurgirte Ausgabe Mach. 's verhandelt, welche seine Enkel l^ic. Machiavelli und Giuliano da' Ricci besorgen wollten; über die Expurgation selbst scheinen sich diese mit der Index-Congregation geeinigt zu haben, die Ausgabe kam aber nicht zu Stande, weil die Congregation sich nicht damit begnügen wollte, dass sie anonym erscheine, was die NeiFen zugegeben, sondern ver- langten, für Mach. 's ^amen solle ein anderer substituirt werden ^). 1782 —86 erschien zu Florenz eine neue Ausgabe, welche zwei Geist- liche, ßeginaldo Tanzini und Follini, Secretär des Bischofs Scipio Eicci von Pistoja, nach den Handschriften besorgten, welche Eicci besass, in dessen Familie der letzte Nachkomme Mach. 's hineingeheirathet. Als an der Ausgabe gearbeitet wurde, stellte der Erzbischof Incontri von Florenz auf Betreiben des Nuncius Tanzini darüber zu Eede,

darauf (in den Memoria per servire all' ist. lett. Tom. 3, Ven. 1754, P. 2, p. 29) eine Erklärung drucken, worin er sagt: die Index-Congregation habe ihm auf seine Bitte den Grund des Verbotes mitgetheilt; demge- mäss streiche er in der Vorrede drei Stellen, die oben angeführte über Clemens VIII. und zwei Sätze, in denen Mach, als politices sunimus in- staurator und politicorum omnium post graecos et latinos facile princeps bezeichnet wird; was er sonst von Mach, gesagt, dem lege er keine grös- sere Glaubwürdigkeit bei, als die Schriftsteller verdienten, aus denen er geschöpft (er hatte speciell Reimann, Hist. Atheismi 3, 4, 14 citirt). Vgl. Fontanini I, 217. Innocenz IX. f 1591 hatte, wie Possevin erzählt, eine Schrift gegen Mach, verfasst, die aber nicht gedruckt ist. Im Auf- trage dieses Papstes schrieb der Oratorianer Bozio gegen ihn. Caspar Scioppius schrieb 1615 „Machiavellicorum operum pretium" (nicht ge- druckt), um zu beweisen, dass die Rom. Kirche gerecht und klug gehan- delt, indem sie die Leetüre Mach. 's anfangs gestattete, dann verbot; er be- richtet, die Jesuiten hätten zu Ingolstadt Mach, in effigie verbrannt. Sot. bezeichnet Mach, als atheus, sed superstitiosus, pseudopoliticus et im- pius, quamvis visus sit voluisse videri christianus.

1) P. Villari, Nie. Machiavelli, II, 412. Villari hat ein expurgirtes Exemplar der Ausgabe der Storie Fiorentine von 1551 gesehen, worin am Schlüsse bemerkt wird, das Buch sei von den beiden Enkeln, dann „von dem Theologen des Cardinais von Alexandria (Bonelli) im Auftrage der Oberen" revidirt worden. Villari versetzt die Verhandlungen in das J. 1573; nach dem Briefe Pietro Vettori's an Cardinal Sirleto vom 17. Mai 1578 (Clar. Italorum et Germ. Epp. ad P. Victorium, ed. A. M. Bandini, Flor. 1758, I, p. LXXIIl) waren sie 1578 noch nicht abgebrochen.

888 Nichttheologische italienische Schriften.

woher er denn die Erlaubniss habe, Maohiavelli zu lesen. Ricci schrieb nach Eom und erhielt für die beiden Geistlichen ohne An- stand (gegen die Zahlung der Gebühr von 20 Lire) durch den Mag. S. Pal. Mamachi die Erlaubniss, alle verbotenen Bücher, auch Ma- chiavelli zu lesen. Der Nuncius schickte den Erzbischof auch zu Ricci und bemühte sich persönlich bei dem Grossherzog Leopold, das Erscheinen der Ausgabe zu hintertreiben ^). Eine von zwei Abati besorgte Ausgabe des Machiavelli war allerdings dem Index gegenüber ein starkes Stück, und als Tanzini im August 1800 sich, mit der Curie aussöhnte, musste er ausser über seine Haltung in der Affaire von Pistoja auch darüber seine Reue aussprechen, dass er den Machiavelli, „einen verdammten und proscribirten Schriftsteller", mit einer apologetischen Vorrede herausgegeben^).

Im J. 1605, noch unter Clemens VIII. wurde, fast 30 Jahre nach dem Erscheinen, verboten: Commentariorum de regno aut quo- vis principatu recte et tranquille administrando 11. 3 adv. Nie. Machiavellum, mit der Motivirung : quod tamen falso asseritur, cum ei faveat, der sog. Anti-Machiavel des protestantischen französi- schen Juristen Innocent Gentillet (er steht seit S. Cl. in der 1. Cl.), so noch jetzt im Index, obschon der Verfasser schon zur Zeit Clemens' VIII. längst bekannt war^).

Ein jüngerer Zeitgenosse und Landsmann Machiavelli's, Fran- cesco Guicciardini, 1482 1540, unter Clemens VII. 1531—34 Governatore der Romagna, hinterliess eine Geschichte Italiens zu seiner Zeit in 20 Büchern. Die Erben zögerten mit der Veröffent- lichung wegen vieler anstössiger Stellen, die darin vorkamen'*). 1561 erschienen zu Florenz die 16 ersten, 1564 zu Parma die 4 letzten, 1567 zu Venedig alle 20 Bücher; binnen 50 Jahren er- schienen 10 Ausgaben und viele Uebersetzungen ^). Eine 1566 gedruckte lat. Uebersetzung von Coelius Secundus Curio wurde von S. Cl. d. c. verboten^). In allen älteren Ausgaben sind aber die

1) Potter, Ricci I, 84. 2) Civ. catt. 3, 10, 86.

3) Das Buch erschien zuerst fran'feösisch : Discours sur les moyens de bien gouverner u. s. w., (Lausanne) 1576, lat. 1577. Eine deutsche Uebersetzung von Georg Nigrinus, „Regentenkunst oder Fürstenspiegel", 1580, nennt Gentillet als Verfasser ; in der 2. Ausgabe von 1623 heisst der Titel zuerst „Anti-Machiavellus d. i. Regentenkunst" ; 1630 erschien auch eine lat. Ausgabe als Anti-Mach. Vgl. Placcius p. 334; Marchand I, 43. Polenz, Gesch. des Calv. III, 286. ~ Die Bemerkung der Index-Congr. er- läutert Possevin 16, 5: Ex antiquis historiis ducit quidem argumenta, qui- bus Mach, oppugnatur, sed ubi Mach, catholicam oppugnat ecclesiam vel ubi occasio se dat, facile Machiavellum blasphemando aequat et superat.

4) Tirab. VIT, 899. 5) Ranke, Werke 34, 1.

6) Bei S. sfeht unter Fr. Guicciardini auch noch, was Cl. gestrichen: Ejusdem Dicta et facta et Horae recreationis ; das sind die Detti e fatti

i

Guicciardini. Boccaccio. 389

stärksten aiiticurialistisclieii Stellen ausgelassen, namentlicli der über die Entstehung der weltlichen Gewalt der Päpste handelnde Passus im 4. Buche. 1569 erschienen dann zu Basel: Fr. Guicciardini loci duo, ob rerum quas continent gravitatem cognitione dignissimi, ex ipsius Historiarum libris 3. et 4. dolo malo detracti, nunc ab inter- itu vindicati. Dieses Buch wurde bei der Ausarbeitung des Index von S. Gl. übersehen, obschon es bei Fris. steht; erst die Ausgabe von 1602 wurde sofort 1603, noch unter Clemens VIII. , verboten mit dem Zusätze: Auetor inter haereticos 1. cl. rejicitur, diesen Zusatz hat Ben. gestrichen (auch in den span. Ind. steht er in der 2. Cl.). 1627 wurde dann auch die neue vollständige italienische Ausgabe von Fr. Sansovino (Genf, Jacob Stoer 1621) verboten, und 1859 auch die Opere inedite illustrate da Gius. Canestrini et publi- cate per cura dei conti Pietro e Luigi Guicciardini (Nachkommen des Verfassers), Flor. 1857 ff., die allerdings sehr unkirchliche Stellen enthalten ^).

Das einzige Buch, welches Paul lY. mit einer dem später üb- lichen donec corrigatur ähnlichen Formel verbot, ist Boccaccio 's Decamerone: Boccatii Decades s. Novellae centum, quae hactenus cum intolerabilibus erroribus impressae sunt et quae in posterum cum eisdem erroribus imprimentur^). Die Trienter Index-Commission trug, wir wissen nicht wem, die Expurgation auf, und so steht bei

piacevoli e gravi di diversi principi, filosofi e cortigiani, 1569, und L'hore di recreazione (Facetien), 1565, die aber nicht von Francesco, sondern von Lodovico Guicciardini sind.

1) z. B. I, 27: „Man kann nicht so viel Uebeles von dem Römischen Hofe sagen, dass man nicht mit Recht noch mehr sagen könnte; denn er ist eine Infamie, ein Exempel alles Tadelnswerthen und Schmählichen in der Welt.« Vgl. Civ. catt. 3, 12, 67. 577. Burckhardt, Cultur der Ren. II, 236. Es sind 1857—67 zehn Theile erschienen; das Verbot von 1859 bezieht sich zunächt auf die beiden ersten.

2) Es waren seit 1471 viele Ausgaben erschienen; vgl. M. Landau, G. Boccaccio, 1877, S. 147. Savonarola hatte 1497 den Decamerone mit anderen Eitelkeiten verbrannt (Villari II, 107) ; aber wie man selbst in streng kirchlichen Kreisen noch 1550 über Bocc. dachte, zeigt ein Brief des fanatischen Inquisitors Girolamo Muzio (Vergeriane f. 169), worin er erzählt, er habe zu Certaldo le venerabili ossa des Bocc. besucht, das Haus, wo er gewohnt, und den Ort, „wo sein sterbliches Theil auf den Tag der Unsterblichkeit harrt". R. Simon (Sainjore IV, 3) sagt: Vos savants, principalement vos predicatears ont eu raison de presenter une supplique al S. Padre, afin qu'on ne les privat pas de la lecture de Bocc. qui est votre Giceron pour le style ; und er fügt bei, er habe bei der Lee- türe der Geschichte des Trienter Concils von Pallavicini gefunden, dass er den Bocc. gelesen und manche Wendungen aus ihm entnommen.

390 Nichttheologische italienische Schriften.

Plus IV. : quamdiu expurgatae ab iis, quibus rem Patres commiserunt, non prodierint. Cosimo I. von Toscana bemühte sich darauf, es möglich zu machen, dass Bocc. „mit Rücksicht auf seine elegante Darstellung von den der Eloquenz Beflissenen nach den gebühren- den Correctionen gelesen werden dürfe." Die Correction wurde von vier Deputirten des Grossherzogs, zwei Geistlichen und zwei Laien, und von der Römischen Censurbehörde gemeinsam besorgt. Der Mag. S. Pal. Manrique und der Beichtvater Pius' V,, der Domini- caner Eustachio Locatelli, Bischof von Reggio, bezeichneten mit Gut- ^ heissung des Papstes 1571 die zu corrigirenden Stellen und danach corrigirten die Deputirten zu Florenz, eine Ausgabe von 1527. Diese Correction wurde nach Rom geschickt und nach langer Correspon- denz von den genannten kirchlichen Revisoren genehmigt *). Darauf ertheilte Manrique als Mag. S. Pal. 8. Aug. 1572 die Druckerlaub- niss, worin es heisst: Pius V. sei wiederholt von vielen Seiten um diese Begünstigung dringend gebeten worden (importunato), die nun Gregor XIII. gemäss den Anordnungen seines Vorgängers gewähre. Man wollte die Ausgabe in Rom selbst durch Paolo Manuzio drucken lassen, aber die Akademie zu Florenz remonstrirte dagegen, und so erschien sie denn, mit Druckprivilegien Gregors XIII. und des Card. Granvella als Vicekönigs von Neapel 1573 zu Florenz: II Decanie- rone . . . ricorretto in Roma cd emendato secondo l'ordine del S. Conc. di Trento e ricontrato in Firenze con testi antichi ed alla sua Vera lezione ridotto da' Deputat! di Loro Alt. Seren, (gewöhnlich Edizione dei deputati genannt). Der Hauptherausgeber, Vincenzo Bonghini schrieb zugleich im Namen der Deputirten : Annotazioni e discorsi sopra alcuni luoghi del Decamerone, die schon 1573 ge- druckt waren, aber erst 1574 erschienen, weil sie zur Approbation nach Rom gesandt werden mussten, wo man einige Stellen strich, die von der Betheiligung der Römer an der Revision reden, ob- schon diese in der Ausgabe selbst constatirt wird ^).

Man hat bei dieser Revision in Rom im allgemeinen nur die Beseitigung dessen verlangt, was gegen die Religion und die Geist- lichkeit sei. So sind viele der schmutzigsten Stellen stehen ge- blieben, wenn von Laien die Rede ist. Sonst wurden die Nonnen in Edelfräulein, die Mönche in Zauberer verwandelt, die Äbtissin in der 21. Novelle in eine Gräfin, der Priester Gianni in „einen ge- wissen Gianni*, der Erzengel Gabriel in einen Feenkönig. Nur die Novelle vom Teufel in der Hölle wurde aus Gründen des öffent-

1) Fontanini H, 191. Mazzuchelli II, 1315. Eine authentische Ab- schrift der Revision der Florentiner blieb in Rom und befindet sich in der Albani'schen Bibliothek.

2) G. B. ßaldelli, Vita di G. Boccacci, Flor. 1806, p. 304 theilt die gestrichenen Stellen mit. In der Magliabecohi'schen Bibliothek befindet sich das von Rom mit der Approbation des M. S. P. Paolo Constabili 30. Oct. 1573 zurückgesandte Exemplar.

Boccaccio. 391

lichei] Anstandcs geändert und die unverbesserliche 6. Lovelle ge- strichen, so dass ihrer nur 99 blieben^).

In Florenz fanden manche die Expurgation zu stark und meinten, es seien auch Sachen gestrichen, die nicht scandalös seien. Der Cardinal Ferdinand de' Medici bat den Msgr. Cirilli, mit dem Papste über eine Milderung derselben zu sprechen. Aber andere meinten, es sei nicht genug corrigirt^), und der Nachfolger Cosimo's, Francesco, Hess durch Lionardo Salviati eine neue Revision vor- nehmen. Auf Grund dieser erschien 1582 eine neue Ausgabe, welche Fontanini als castratissima bezeichnet^). 1588 erschien in Venedig noch eine Ausgabe von Luigi Grrotto Cieco d'Adria, in welcher ganze Stücke von Novellen, ja ganze Novellen nach den Weisungen der Venetianischen Inquisition geändert sind*). Alle diese Expur- gationen fanden S. Cl. nicht genügend; während bei Sand. Sot. die Ausgabe von 1573 erlaubt wird, steht bei ihnen der Decamerone wieder mit donec expurgetur ; so, da eine in Rom approbirte Aus- gabe nicht erschienen ist, noch heute. Indess erschienen in Italien fortwährend neue Ausgaben, ohne dass das Verbot erneuert worden wäre^). Andere Schriften von Bocc. stehen nicht im Index.

Die mit der Expurgation des Boccaccio beauftragten Florentiner Deputirten wollten auch eine Auswahl der am wenigsten anstössigen (le piü caste) von den 300 Novellen des Franc. Sacchetti (14. Jahrh.) herausgeben ; es kam aber nicht dazu ^). Auf den Index kamen sie

1) Landau S. 152.

2) Darauf wird sich der Brief Vettori's an Card. Sirleto vom 6. Febr. 1573 (Epp. ed. Bandini, s. o. S. 387, I, p. LXV) beziehen, worin es heisst: „Ich empfehle Ihnen die Säule unserer Sprache, ich meine das Hauptwerk unseres Bocc, welches man, wie ich höre, aufs neue zerfetzen (lacerare) will" u. s. w.

3) Diese Ausgabe ist, wie Zeno angibt, oft nachgedruckt worden, die von 1573 nicht: Salviati, fügt er bei, habe auch vieles geändert, was mit den guten Sitten nichts zu thuen habe.

4) Cieco d'Adria schrieb 1579 an den Commissar der Inquisition: „Ich verspreche Ihnen, so zu corrigiren, dass dadurch Gott Ehre, die Kirche Genugthuung, der Magister S. Pal. Zufriedenheit, Bocc. Leben, die italienische Sprache ihr zweites Licht erhalten wird" u. s. w. Mazzu- chelli II, 1349.

5) Alf. Liguori (Theol. mor. App. ad 1. III. n. 11) sagt: verderb- licher noch als der Roman de la Rose und der Pastor fido (s. o. S. 284) sei liber pestiferus Boccacii (adhuc ille qui expurgatus dicitur et circum- fertur), qui meo iudicio plus juvenibus nocere potest quam opera Lutheri et Calvini.

9) Fontanini II, 195. Für die Charakteristik der folgenden Schrift- steller verweise ich auf Burckhardt, Cultur der Renaissance, und J. A

392 Nichttheologische italienische Schriften.

erst 1729, als 1724 eine Gesammtausgabe erschienen war. Dagegen stehen schon seit P. im Index die ebenso anticlericalen wie unsau- beren Novellen von Massuccio (1476), ferner sämmtliche Schriften des Pietro Aretino*) und Niccolo Franco's Sonetti contra l'Aretino (1541). Des letztern Commentar zu den Priapeia wurde unter Paul IV. gleich coofiscirt und verbrannt. Dafür rächte er sich nach dem Tode des Papstes mit der Feder; Pius lY. Hess das hingehen; aber Pius V. Hess ihn 1569 wegen dieser famosi libelli hängen. Ferner stehen seit P. im Index Gredichte (seit Tr. genauer Ode, sonetti, canzoni) von Lud. Pul ci^), Trionfo angelico und Sonetti von Marco Pagano, die Lottere von Anton Francesco Doni (1552) und die lateinischen Gedichte von Franc. Franchini, Bischof von Massa, die 1554 mit einer Dedication an den Card. Eanuccio Farnese ge- druckt waren ^).

Die Carmina (ßime) von Aloisio Tansillo, die bei P. stehen, sollen gestrichen worden sein, weil er in einer Canzone an Paul IV., Le lagrime di San Pietro, Eeue über dieselben aussprach*); S. setzte sie mit d. c. wieder ein, aber Cl. strich sie wieder. Auch die Gedichte von Casa (S. 214) und von Francesco Berni, dem Begrün- der der burlesken Poesie, er lebte lange in Rom im Dienste des Card. Bibiena und Giberti's, als dieser Datar Clemens' VIII. war, und starb 1535 als Canonicus in Florenz; die Gedichte waren auch in Rom 1539 gedruckt, wurden von Tr. gestrichen, von S. wie-

Symonds, Renaissance in Italy. Italian Literature, 1881. Von Massuccio sagt Burckhardt II, 231: „Wenn man -den Decamerone und die Novellen des Sacchetti liest, sollte man glauben, die frevelhaften Reden gegen Mönche und Nonnen wären erschöpft; aber gegen die Zeit der Refor- mation hin steigert sich dieser Ton noch um ein merkliches."

1) Es ist also unrichtig, wenn Gregorovius, St. Rom 8, 273 sagt : „Die päpstliche Censur des 16. Jahrh. nach Leo X. verfolgte nicht die abscheuliche Literatur Aretino's, aber Schriften des ernsten Flarainius und Sadolets Abhandlungen über die paulinischen Briefe wurden auf den Index gesetzt." Sämmtliche Schriften Aretino's stehen im Index, also auch die religiösen; denn er hat auch solche verfasst (sie waren freilich danach). Symonds, II, 394. 416. Im 17. Jahrh. wurden einige Schriften von Pietro Aretino unter dem Namen Partenio Etiro herausgegeben; von diesen kamen die Carte parlanti 1680 in den Index unter Part. Etiro mit Bei- fügung des richtigen Namens.

2) Von seinem komischen Epos Morgante (1545), welches cose vili ed erapie enthält, sind zu Florenz 1574 und 1606 Ausgaben erschienen, die da quanto nelle precedenti si leggeva di poco religioso ed onesto, ex- purgirt und approbirt sind. Fontanini I, 275. Es steht nicht im Index.

3) Toppi I, 90. II, 79.

4) Fontanini II, 332.

Novellisten und Poeten. 393

der eingesetzt, von Cl. wieder gestrichen*). Zu Grianbattista Gelli's Capricci del Bottajo wurde im Tr. d. c. beigefügt, S. fügte auch seine Circe (10 Dialoge, 1550) bei, die aber Cl. wieder strich; so hat das Buch auch nach Ben. im Index gestanden, obschon eine Ausgabe Ven. 1605 als corretta del P. Livio Legge, Teologo diputato deir Ordine di San Agostino, bezeichnet wird 2); erst 12. Juli 1877 erklärte die Index-Congregation von einer Ausgabe Turin 1877: Hoc opus nunc jussu superiorum expurgatum permittitur. Auch zu Laelii Capilupi Cento ex Virgilio [de vita monachorum, quos vulgo fratres appellant, 1543] fügte Tr. nonnisi expurgatus legatur bei. Daneben steht seit Cl. Centones ex Virgilio Romae 1590 impressi permittuntur ; diese Ausgabe^) enthält aber jenen Cento nicht, und die Notiz ist darum mit Recht von Ben. gestrichen.

Sixtus V. vermehrte die 2. Cl. um eine ziemlich grosse Zahl von unsauberen italienischen Schriften in Versen und in Prosa ; aber von diesen gingen nur einige wenige in den Index Clemens' VIII. über, der gedacht zu haben scheint, dass einerseits das allgemeine Verbot der Regel des Index genüge, anderseits eine irgendwie voll- ständige Aufzählung dieser Sorte von Schriften nicht möglich sei. So stehen freilich manche nicht im Index, die schlimmer sind als die, welche darin stehen, wie z. B. die Novellen von Bandelli, die nur S. hat^). Cl. hat aus S. aufgenommen: Joviani Pontani

1) Fontanini I, 214. II, 92. Gregorovius 8, 342. Font. I, 273 sagt von Berni : Per le sue scandalose e bufi'onesche interpolazioni (des Bojardo (8. 378) si rendette meritovole della censura di chi presiede alla chiesa universale con suprema autoritä nelle cose della religione e della morale cristiaua.

2) Fontanini II, 207. Auf dem Titelblatt der Capricci (Flor. 1548 u. s. w.) ist beigefügt : ne'quali sotto dieci ragionamenti morali tra il corpo e l'anima si discorre di quanto dee operare l'uomo per vivere sempre felice, quieto e content©.

3) Hippolyti, Laelii, Camilli, Alphonsi et Julii Capiluporum carmina et centones ex ed. Jo. Castalionis; vgl. Clement VI, 219. Der verbotene Cento steht in Flacius Illyricus' Varia doctorum . . . poemata, 1556.

4) Matteo Bandelli war Dominicaner und wurde 1550 von Heinrich II. zum Bischof von Agen ernannt. Als solcher gab er 1554 drei Theile seiner Novellen heraus („die noch heute jedes Freudenmädchen entzücken können", Gregorovius 8, 343). Quetifll, 156 sagt naiv: so lange er unter der Obedienz des Ordens gelebt, habe er seine schmutzigen und den eigenen Orden lächerlich machenden Novellen nicht zu veröffentlichen gewagt, und die Oberen würden es auch nicht gestattet haben ; sed cum juris plane sui evasit (als Bischof), tum id sibi persuasit licitum. Es gibt übrigens auch corrigirte Ausgaben von 1560 und 1566, in denen sogar die Correctoren jeder Novelle il suo senso morale beigefügt haben. Font. II, 201.

394 Nichttheologische italienische Schriften.

Dialügus Charon, Petri Mochii (Senensis) de cruciatu et exilio Cupi- dinis dialogus (Par. 153G) und mit d. c. Maccaronicorum opus Mer- lin! Coccai poetae Mantuani, ein seit 1520 oft gedrucktes komisches Epos des Teofilo Folengo (er war Benedictiner, ein Bruder des Exe- geten Joh. Bapt. Folengius) in halblateinischen Hexametern (Fo- lengo ist der Begründer der maccaronischen Poesie). Das Buch steht noch jetzt mit d. c. im Index, obschon es expurgirte Ausgaben gibt ^). Le piacevoli notti (unsaubere Novellen) von (t. Er. Stra- parola (1550) wurden von Cl. gestrichen, aber 1605 nachträglich verboten ; ebenso 1603 II Pecorone di Griovanni Fiorentino (im 14. Jahrh., 50 Novellen), nachdem 1600 eine neue Ausgabe erschienen war. Die obscönen und anticlericalen Novellen von Ant. Franc. Grazzini, detto il Lasca (1507 83), wurden erst 1746 in den Index gesetzt '^)j eine Sammlung der Trionfi, canti carnevaleschi u. s. w. aus der Zeit des Lorenzo de'Medici, die schon 1559 gedruckt waren, erst 1755, als ein von dem Abate Bracci besorgter Abdruck er- schienen war^). S. hat übrigens nicht alle Schriften dieser Ka- tegorie aus eigener Initiative verboten , sondern theilweise die Ver- bote aus Liss. 81 oder Q,. herübergenommen'*).

Die Bücher über Astrologie, Chiromantie und dgl. werden seit P. allgemein verboten, (rleichwohl hat P. eine grosse Zahl der- selben in die 2, Cl. gesetzt; von diesen wurden im Tr. manche weg-

1) Tirab. VII, 1461. Symonds II, 312. Clement VIII, 389. Ein von Fontaninil, 327 als „viel schlechter und scandalöscr bezeichnetes" komisches Epos Orlandino, welches Folengo 1527 unter dem Namen Limerno Pitocco herausgab, der Held ist ein Mönchsfeind und Raisonneur, steht nicht im Index, und es ist also unrichtig, wenn Burckhardt II, 46 sagt: „Es fiel mit seinen lutherischen Ketzereien bald der Inquisition und der künstlichen Vergessenheit anheim." I cantici di Fidentio Glottocrysio ludimagistro (Camillo Scrofa, 1572), ein pedantisches italienisches Gedicht mit ridicoli latinismi (Tirab. VII, 1199. Serapeum 1851, 380) steht nur bei S.

2) Seine 30 Novellen sind zu drei Cene (Soupers) geordnet. Im Index steht nur La seconda cena, die Stambul (Florenz) 1743 erschien; die Aus- gabe der anderen von 1756 wurde übersehen. Ginguene, Hist. de la lit. it. 8, 452.

3) Tutti i trionfi etc. Cosmopoli (Lugano) 1750. 2 vol. 8. Font. 11,94. Meizi III, 181.

4) Dass unter Sixtus V. die Censur in diesem Stücke strenger war, zeigt ein Brief von Torquato Bembo, worin er den Cardinal Farnese bittet, die 1548 zu Rom mit einem Breve Pauls IIL erschienenen Gedichte des Card. P. Bembo vor der Inquisition zu retten (Arch. stör. N. S. I, 2, 206). Der Dialogo della bella creanza delle doune, der bei S. steht, ist nach

Astrologen u. dgl. 395

gelassen , diese von S. grösstentheils wieder aufgenommen und mit neuen vermehrt; durch Cl. wurde die Zahl derselben dann wieder sehr reducirt. Es sind meist Bücher von Italienern, die in den letzten Decennien des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. gedruckt waren, von Antioco Tiberto, dem Neubegründer der Chiro- mantie ^), Aless. Achillini (Prof. in Bologna f 1512), Andreas Cor- vus, Barth. Codes, Patricius Tricassinus-) u. s. w. Neben Italie- nern findet sich auch eine Anzahl von Arabern in lateinischer Ueber- setzung: Archandam, Abraham Avenaris, Albubather u. s. w. ^). Jo. Lubicensis de Antichristo et de Messia Judaeorum, seit P. und noch jetzt im Index, ist ein Pronosticon super Ant. et Jud. Messia, an dessen Ende steht: Paduae calculatum per me Jo. de Lubec a. 1474.

Zu den Autoren dieser Classe gehört auch Lucas Gauricus, von dem schon 1523 ein Pi'ognosticon für 1524 mit einer Widmung an Clemens VII. gedruckt ist, der dann 1534 Ephemerides (Weis- sagungen) für 1534 51 herausgab und in einem Briefe sich rühmt, Paul III. das Pontificat geweissagt zu haben, der 1545 von diesem zum Bischof von Civitate in Neapel ernannt wurde, 1550 aber nach Eom zurückkehrte, t 1558. Bei P. und S. steht von ihm ein Tractatus astrologicus (eine Sammlung von Nativitäten), den er 1552 herausgab und auf dessen Titelblatt er sich als Bischof bezeichnet^).

Einige dieser Autoren, die bei P. und S. stehen, von Tr. und Cl. aber gestrichen wurden, sind später wieder in den Index ge- kommen: so Annibale ßaimondi (Opera della antica et honorata scienza di Nomandia, 1549, von der Weissagung aus den Namen) und Joachim Fortius (er hiess Sterck) Eingelbergensis, ein Freund des Erasmus^). Beide tauchen bei Alexander VII. wieder auf, und Ben. wusste nicht, wann sie wieder in den Index gekommen ; denn er citirt als Quelle nur den Index Innocenz' XI. Bei Jo. Saxo, de judiciis astrorum, der auch schon bei P. und S. steht, citirt er ein Decret von 1624.

Font. II, 374 von Häretikern Pius V. oder Paul V. zugeschrieben, aber schon 1529 u. s. gedruckt und von Alessandro Piccolomini verfasst.

1) Freytag, Anal. p. 994.

2) Tirab. VII. 479. Freytag p. 1009.

3) Haly de judiciis bei S. ist Praeclarissimus liber completus in judiciis astrorum, quem edidit Albohazer Haly filius Abenragel, Ven. 1485. Baumg. VII, 137.

4) Tiraboschi VII, 480. Toppi I, 154. Clement IX, 87.

5) Paquot I, 442.

396 Consiliura de emendanda Ecclesia.

37. Das Consilium de emendanda Ecclesia. Italienische Theologen im Index.

Wohl kein in dem Römischen Index stehendes Bticherver- bot hat so viele und so gelehrte Discussionen veranlasst wie das Verbot des Consilium de emendanda Ecclesia, welches eine von Paul III. ernannte Commission von neun Prälaten, deren Vor- sitzender Cardinal Contarini war und zu deren Mitgliedern auch Caraffa gehörte, im J. 1536 ausgearbeitet hatte*). Dasselbe wurde 1538 zu Rom in der Cameraldruckerei, wahrscheinlich in wenigen Exemplaren, als Manuscript, gedruckt unter dem Titel : Consilium delectorum cardinalium et aliorum praelatorum de emendanda Ecclesia. Noch in demselben Jahre wurde es von Luther deutsch mit einer polemischen Vorrede, von Joh. Sturm in Strassburg lateinisch mit einem polemischen Sendschreiben herausgegeben: Cons. . . . Eccl. Epistola Jo. Sturmii de eadem re ad Cardinales caeterosque viros ad eam consultationem de- lectos. Vergerio gab das Consilium wiederholt heraus, nach der Thronbesteigung Pauls IV. 1555 unter dem Titel: Consilium de em. Eccl. Authore Jo. Petro Carapha Neapol. olim Card. Theatino, nunc sub Pauli IV. nomine Pontifice Romano ^). Ver- gerio machte auch gleich nach dem Erscheinen des Index vom J. 1559 darauf aufmerksam, dass darin von Paul IV. das von ihm selbst mitunterzeichnete Consilium verboten sei als Liber inscrip. Consilium de emendanda Ecclesia. Dieses Verbot blieb bis 1758 unverändert im Index stehen. Diese merkwürdige Thatsache ist, wie gesagt, von Katholiken und Protestanten viel- fach erörtert worden, am ausführlichsten in den Jahren 1745—51 von dem Card. Angelo Maria Querini einerseits und J. R. Kiess-

1) Die anderen Mitglieder der Commission waren Sadoleto, Regi- nald Pole, Aleander, Fcderigo Fregoso, Giammatteo Giberti, der Abt Gre- gorio Cortese und der Mag. S. Pal. Thomas Badia. Der Hauptverfasser des Gutachtens wird Contarini sein. Brieger, G. Contarini S. 30, Das Consilium ist oft gedruckt, u. a. bei Le Plat II, 596.

2) Serapeum 1858, 72. Abgedr. bei Wolf, Lect. II, 398.

Consiliutn de emendanda Ecclesia. 397

ling und J. G. Schelhorn anderseits'). Dieser Streit hat die Folge gehabt, dass seit 1758 im Index steht: Consilinra de emendanda Ecclesia. Cum notis vel praefationibus haereticorum. Wenn bis dahin ohne diesen Zusatz einfach Consilium de emen- danda Ecclesia im Index stand, so konnte das, wenn auch Paul IV. wahrscheinlich ursprünglich nur eine ketzerische Aus- gabe, und zwar die des Vergerio, hat verbieten wollen, nicht anders wie als ein Verbot aller Ausgaben des Actenstückes ver- standen werden.

Schriften von katholischen Theologen, die der Hinneigung zur Ketzerei nicht verdächtig waren, finden sich im Trienter Index in verhältnissmässig geringer Zahl. Die Vermehrung der- selben ist einer der bemerkenswerthesten Fortschritte, welche die Index- Gesetzgebung seit dem Ende des 16. Jahrhunderts gemacht hat.

Die Ausrede, Paul IV. habe mit L. iuscr. Consilium de emen- danda Ecclesia gar nicht das fragliche Consilium gemeint, sondern das Buch von Clemangis de corrupto ecclesiae statu oder Fr. Sta- phylus' Consilium de reformatione ecclesiae oder irgend ein anderes 2), wird jetzt allgemein als grundlos anerkannt. Dagegen wird von den Apologeten des Index noch jetzt gesagt: Paul IV. habe nicht das Consilium selbst, sondern die mit häretischen Zuthaten versehe- nen Ausgaben desselben verboten, wie ja auch mit Pontificii Ora- toris legatio nicht die Instruction Hadrians VI., sondern die Nürn- berger Ausgabe derselben verboten sei (S. 211). Man hat dabei darauf hingewiesen, dass das Consilium selbst später oft in katho- lischen Werken abgedruckt worden sei, dass es namentlich Natalis Alexander in seine Kirchengeschichte aufgenommen, ohne dass die Römischen Censoren dieses Buches, die doch sonst viele Kleinigkeiten monirt hätten, etwas darüber sagten (Zacc. p. 324). Card. Hergen- röther behauptet ausdrücklich : Card. Querini habe gezeigt, dass „bloss die hämisch verunstaltete Edition des Job. Sturm von 1538 verboten worden" (Lit. Rundschau 1879, 11). Aber das hat viel- mehr Schelhorn Querini gegenüber erwiesen, dass Paul IV. nicht bloss den Brief, den Sturm seinem Abdruck beigefügt, hat verbieten wollen; in diesem Falle hätte er sagen müssen: Cons. . . . cum Jo.

1) S. besonders Schelhorn, De Consilio de em. Eccl. auspiciis Pauli III .. . conscripto . . ad A. M. Card. Quirinum . . . Epistola und De Cons. de em. eccl. jussu Pauli III. P. R. conscripto . . . Epistola, beide 1748. Epistolae Ang. Mariae Quirini Card., Yen. 1756, p. 382.

2) Mansi in den Zusätzen zu Nat. Alexander 17, 604.

398 Consilium de emendanda Ecclesia.

Sturmii epistola , oder : Jo. Sturmii ep. de Cons. u. s. w. , wie er sagt: Consilium Pauli III. datum Imperatori cum Eusebii Pampliili explicatione und Scholia in Epistolam Pauli III. P. M. (S. 290). Was P. zunächst gemeint hat, hat aber auch Schelhorn nicht er- kannt und ist erst durch Zaccaria klar gestellt worden. In der ersten, nicht publicirten Ausgabe des Index von P. vom J. 1557 stand: Liber inscr. Cons. de em. Eccl. Authore Jo. Petr. Carapha Neap. olim Card. u. s. w. Das sind die Anfangsworte des Titels der Ausgabe von Vergerio von 1555, und diese hat also P. zunächst verbieten wollen. In der Ausgabe des Index von 1559 wurden mehrere Büchertitel kürzer gegeben als in der von 1557, andere wohl lediglich der Kürze wegen, dieser aber vielleicht darum, weil CarafFa genannt war (S. 259). Wenn aber auch P. vielleicht auch noch im J. 1559 nur die Ausgabe Vergerio's hat verbieten wollen, alle Welt konnte das, was in dem Index dieses Jahres steht, zumal es weder in Trient noch in irgend einer spätem Index-Ausgabe bis 1758 geändert worden ist, nicht anders verstehen, als dass das Con- silium selbst verboten sei. Querini selbst gibt das auch (Epist. p, 402) halbwegs zu, wenn er sagt, er habe zeigen wollen: mit Consilium sei entweder nicht das von 1536 gemeint oder nur die häretischen Ausgaben desselben, namentlich die von Sturm, oder, wenn es selbst gemeint sei, so habe das Verbot nur den Zweck ge- habt, zu verhüten, dass man den Inhalt desselben als vom Papste genehmigt ansehe zu einer Zeit, wo man in Rom schon beabsichtigt habe, die Reformation der Kirche dem Trienter Concil anheimzu- geben. Wäre dieses das Motiv gewesen, so hätte man freilich das Consilium in Trient streichen können. Das Actenstück ist ohne Zweifel im 16. Jahrhundert der Curie unbequem genug gewesen, um die Unterdrückung desselben zu wünschen^), und dass später der Abdruck desselben auch in katholischen Werken nicht bean- standet wurde, spricht nicht dagegen.

Ben. hat stillschweigend aus dem Index entfernt das Schrift- chen von Cochlaeus, das seit P. darin stand : Aequitatis discussio super Consilio delectorum Card. u. s. w. Ad tollendam per generale concilium inter Grermanos in religione discordiam, Lipsiae 1538*, 19 Bl. 4. Es stand im Index immer in der 3. Cl., obschon es mit Jo. Sturmio Jo. Cochlaeus beginnt. Dass das Schriftchen eines so eifrigen Vertheidigers der Curie in den Index kam, wird es wohl nicht, wie Querini meint, dem Wunsche zu verdanken haben, über- haupt die Discussion über das Consilium zu unterdrücken, son- dern den Zugeständnissen, die Cochlaeus Sturm macht : ohne ein freies Concil könne in Deutschland die Eintracht nicht wiederher-

1) Das Consilium steht in Carranza's Summa conciliorum in den Aus- gaben von 1549 und 1551, nicht mehr in denen von 1564 und 1601, in der Conciliensamralung von Crabbe von 1551, nicht mehr in der von Surius 1567.

Cochlaeus. Baptista Cremensis, 399

gestellt werden, durch die Habgier der Greistlichen und die Nach- lässigkeit der Prälaten seien Missbräuche eingeschlichen und dgl.*). Eigenthümlich ist, dass P. nach dem Vorgange des Ven. Bap- tistae Cremensis opera omnia verbietet; seit Tr. steht d. c. dabei. Baptista (Orefici) von Crema war ein als Prediger und Beichtvater sehr angesehener Dominicaner ; er war u. a. der Beichtvater des Gaetano Tiene, des Stifters des Theatinerordens. Es erregte An- stoss, dass er sich an eine noch jugendliche Wittwe Lodovica To- relli, Gräfin von Guastalla, anschloss und, um ihr Seelenführer zu sein, und den Damen, die sich in Mailand um sie sammelten, Con- ferenzen zu halten, ohne Erlaubniss sein Kloster verliess. Paul IV., damals noch Bischof Caraifa von Chieti, machte ihm Vorstellungen, und Crema ging in das Kloster zurück, fügte sich aber nicht und kam wieder nach Guastalla. Die Gräfin erwirkte bei Clemens VII. ein Breve, welches seinen Oberen gebot, ihn in Ruhe zu lassen. Diese machten Gegenvorstellungen und erwirkten ein anderes Breve, welches ihm unter Androhung der Excommunication gebot, in sein Kloster zurückzukehren. Er war krank, als dieses Breve an- kam, die Gräfin verheimlichte ihm dasselbe, und er starb 1. Jan. 1534 in Guastalla, ausserhalb des Klosters, aber sehr fromm. Die Gräfin gründete später die Frauen-Congregationen der Angeliken und Gua- stallinen; sie wurde von den Theatinern unterstützt und stand bei Paul IV. in grosser Achtung 2). Nach Crema's Tode scheinen aber einige unter seinen Anhängern eine bedenkliche Richtung einge- schlagen zu haben. Paul III. beauftragte 26. Juni 1536 den Bischof Morone von Modena, der sich damals in Mailand aufhielt, und den Provincial der Dominicaner, gemeinsam gegen die Conventikel ge- wisser Vornehmen beiderlei Geschlechts zu Mailand einzuschreiten, quandam sectam quondam Fr. Baptistae de Crema nuncupatam tenentes et actualiter observantes, in qua multae haereses ab Ecclesia dam- natae, praesertim Beghinarum et Pauperum de Lugduno nuncupatae continentur, eine pravitas a Satana seminata, die ausgetilgt wer- den müsse (Rayn. a. 1536, n. 45). Wie viel in dieser Angabe über- trieben und in wie weit Crema an den Verirrungen Schuld ist, ist nicht klar. Melchor Cano sagt, seine Lehre sei in Rom verdammt worden, weil er ein Alumbrado gewesen, weiss aber nichts schlimmeres von ihm zu sagen, als dass er ihn neben Tauler und Herp stellt^), und hat selbst eine spanische Bearbeitung einer Schrift von Crema,

1) Viel anstössiger noch als das Schriftchen des Cochlaeus wird in Rom ein kurzer Brief gewesen sein, den Sadoleto 1539 an Sturm über seine Ausgabe des Consilium schrieb und den Sturm mit einer längern Erwiederung drucken Hess (beide abgedr. bei Schelh. Epist. II, 91 ; der Brief Sturms von 1538 Epist. I, 51). In die Sammlung der Briefe Sado- leto's, Lyon 1554, ist er nicht aufgenommen. R. Simon, Lettres I, 167.

2) Bromato, Vita di Paolo IV. I, 201. K.-L. I, 842.

3) Caballero, M. Cano, App. 33. Vgl. Loci Th. 12, 10 p. 311.

400 Italienische Theologen.

„Der Sieg über sich selbst^, herausgegeben, vielleicht ohne zu wissen, dass Crema der Verfasser war ^). Neben Crema's sämmtlichen Werken steht seit P. im Index eine Apologia pro Baptista de Crema von Seraphinus Firmanus (Serafino Aceto de Portis aus Fermo), einem Canonicus regularis Lateranensis, der ein berühmter Prediger und ascetischer Schriftsteller war 2).

Seit P. steht in der 2. Cl. : Lucianus Mantuanus, Ännota- tiones in D. Jo. Chrysostomi in Ap. Pauli Ep. ad Rom. commen- taria. Der Verfasser, der Benedictiner Lucianus de Othonibus aus Brescia, der 1546 in Trient war, gehörte zu den italienischen Theo- logen, welche mit Rücksicht auf Luthers Lehre den Thomisten gegenüber die Grnadenlehre der voraugustinischen, namentlich der griechischen Väter zur Geltung zu bringen suchten. Sein Buch ist so gründlich unterdrückt worden, dass Card. Querini um 1750 selbst in Brescia kein Exemplar mehr finden konnte^). Eine ähnliche

1) Possevin erwähnt von Crema eine italienische Uebersetzung der Vita S. Placidi. Die oben erwähnte Schrift ist nach Caballero p. 390 1530 erschienen, 1546 ein Auszug daraus von Serafino. Cano's Tratado de la victoria de si mismo, traducido del Toscano, 1550, meint Caballero, werde eine freie Bearbeitung des zweiten Buches sein, nicht des ersten, da Cano gewusst, dass Crema „de mala nota" war; das Buch von Cano sei nicht verboten, weil es keine Uebersetzung sei oder weil man nicht gewusst, woher es stamme.

2) Mich. a. S. Josepho IV, 151. Possev. s. v. Seraphinus. Er schrieb auch eine Enarratio in Apoc. Seine ascetischen Schriften wurden von seinem Ordensgenossen Caspar Placentinus ins Lateinische übersetzt, Antw. 1581. Durch Serafino's Predigten sollen die Gründer des Barnabiten- Ordens bestimmt worden sein, die Welt zu verlassen. K.-L. I, 2031.

3) Epistolae Card. Quirinii p. 198. Auch R. Simon (Sainjore I, 351) konnte das Buch nirgends finden. Nach Fris. ist dasselbe 1538 zu Bres- cia gedruckt und enthält es eine lat. Uebersetzung des Commentars von Chrysostomus und eine Defensio contra eos, qui Chrysostomum divinam ex- tenuasse gratiam arbitriique libertatem extulisse aiunt. Sixtus Sen. 1. 6, n. 231—286 bezeichnet Lucian als scholasticae theologiae expers et ob id scholastici nominis perpetuus hostis, . . ineptus et miserabilis homuncio. In Trient ereiferte sich, wie in Massarelli's Tagebuch 20. Jan. 1546 (Döl- linger, Ungedr. Berichte I, 237) berichtet wird, Soto gegen das Buch, in welchem drei grosse Irrthümer enthalten seien: 1. aliqui dubitant, ignem esse in inferno (Lucian antwortete dem Cardinal von Jaen, der ihn darüber fragte, hinter ignem fehle corporeum), 2. dass die ohne Taufe gestorbenen Kinder non patiranno cosa alcuna, 3. quod bona nostra opera sunt causa, quod Deus praedestinat nos.

Verordnungen in Belgien 1560—1570. 401

Richtung vertrat Jacob Sadoleto (er wurde 1536 Cardinal) in seiner Erklärung des Römerbriefs. Die Sorbonne verweigerte ihm 1534 (er war damals noch Bischof von Carpentras) die Approbation für das Buch'); in Rom wurde es 1535 als semipelagianisch von dem Mag. S. Pal. Badia verboten, aber in Folge der Intercession des Card. Contarini wieder freigegeben unter dem Vorbehalt einer Verbesserung. Die 1536 erschienene neue Ausgabe ist denn auch nicht in den Index gekommen ^).

In der 2. Cl. stehen seit P. noch: ,Jo. Pici Carthusiensis Para- phrases et annotationes in Psalmos (wahrscheinlich Septem psalmi poenit. Trapa(ppa(TTiKUU(; enarrati per Jo. Picum Cartusiae Divionensis Priorem, Par. 1542) und Juliani Collensis De certitudine gratiae Dei et salutis nostrae tractatus (bei S. von diesem auch Commentaria in Cantica Canticorum).

38. Verordnungen über Büclierwesen in Belgien 1560—1570.

Die unter Philipp II. in Belgien erlassenen Verordnungen über Bücherwesen sind im wesentlichen nur Einschärfungen der Edicte Karls V. (S. 98). Unter den Milderungen der Pla- cate, welche die Stände von Flandern 1566 beantragten, kommen auch folgende vor: es mögen nur Bücher verboten werden, in welchen direct oder indirect ketzerische oder irrige oder auf- rührerische Sätze vorgetragen werden; das Verbot möge nicht auf den Antrag der Theologen allein, sondern nach Anhörung auch der Doctoren anderer Facultäten erlassen werden; den Schulmeistern möge gestattet werden, alle nicht verbotenen Bücher zu gebrauchen; die Visitation der ßuchläden möge unter

1) Arg, I ad Ind. p. VIII. In Par. 51 steht auch der Briefwechsel Sadolets mit Calvin vom J. 1539 (Kampschulte, Calvin I, 352); aber nur Calvins Brief wird verboten.

2) Tiraboschi VIII, 659. Leva, Carlo V. III, 361. Der Jesuit d'Avrigny, Mem. chronol. II, 211 sagt: Ich weiss nicht, ob nicht Sadolet ein Molinist lange vor Molina war. In dem Commentar zieht er oft die Erklärungen der griechischen Väter, namentlich des Chrysostomus, denen des Augustinus vor, dessen Ansicht er geradezu als hart bezeichnet. In seinen Briefen geht er noch weiter.

Keusch, Index. 26

402 Vorordmmgen in Beigion 15G0 1570.

Mitwirkung von rechtskundigen Beamten stattfinden. Wie Alba bei solchen Visitationen verfuhr, zeigt eine Verfügung vom J. 1569: der Magistrat von Löwen solle an einem bestimm- ten Tage, der nicht vorher bekannt werden dürfe, alle Buch- druckereien und Buchläden versiegeln und dann der Weih- bischof und der Franciscaner-Guardian die Untersuchung der Bücher vornehmen; eine analoge Verfügung wurde für alle Städte erlassen. In den Jahren 1566 und 1567 wurden in Ant- werpen vier Drucker und Colporteure zu 4— öjähriger Ver- bannung, einer zu öjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, einer gehängt *).

Besonders bemerkenswerth ist eine Ordonnanz vom 19. Mai 15702), woi-in imAnschluss an frühere Edicte und an „das, was neuerlich das h. Concil von Trient verordnet hat", u. a. folgen- des bestimmt wird: Der König wird einen Prototypographen ernennen; diesem sind alle zu druckenden neuen Bücher vorzu- legen und von den Censoren alle von ihnen approbirten oder nicht approbirten Bücher anzugeben. Die Approbation zu er- theilen steht gemäss dem Concil dem Bischof und dem Inqui- sitor zu; jedes mit ihrer Genehmigung gedruckte Buch ist aber dem Statthalter vorzulegen, der den Preis bestimmen wird. Der Bischof, der Inquisitor und der Prototypograph dürfen jederzeit die Druckereien visitiren, die Beamten müssen es min- destens zweimal im Jahre thuen. Die Buchhändler müssen eid- lich geloben, dass sie ohne Erlaubniss keine Bücher aus dem Ausland einführen, Bibeln und Schriften über Controversen in der Volksprache an niemanden, der nicht eine schriftliche Er- laubniss hat, verkaufen und alle Ordonnanzen und „alles, was von dem besagten Concil und in der demselben beigefügten Appendix" (in dem Römischen Index und der belgischen Appendix von 1570, s. § 40) verordnet ist, beobachten wollen. Die aus

1) Gachard, Corr. de Philippe II., II, 91. 565. 674. Bulletin du Bibliophile Beige 16 (1860), 28.

2) Ordonnantie, Statuyt ende Gheboot provisionael ons Heeren des Conincx, aengaende de Printers, Boeck-vercoopers en de scholmeesters, im Tweeden Placaet-Bouck (s. o. S. 112, N. 4) p. 8—16, französisch im Bull, 1. c. p. 130.

Verordnung-en in Belgien 1560 1570. 403

dem Ausland kommenden Bticherballen dürfen nur in Gegenwart der von dem Bischof und der Inquisition zu ernennenden Com- missarc geJiffnet werden; jedes aus dem Ausland kommende Buch ist diesen vorzulegen. Durch ein Patent vom 10. Juni 1570 wurde dann Christoph Plantin zu Antwerpen zum Proto- typographen ernannt^).

Nach 1570 wurde auf mehreren Diöcesansynoden das Lesen der in dem Trienter Index und der „königlichen Appendix" ver- botenen (nicht expurgirten) Bücher verboten. Einzelne Bestim- mungen der Trienter Regeln wurden speciell eingeschärft, auch neue beigefügt, z. B. dass die Drucker und Buchhändler einen Eid und alljährlich das Glaubensbekenntniss ablegen sollten; eine Synode von Cambray von 1586 schrieb das Trienter Glaubensbekenntniss vor; durch ein königliches Placat über die Ausführung der Decrete dieser Synode wurde aber statt dessen eine andere, kürzere Formel festgesetzt. Eine Synode von Tour- nay von 1589 verbot auch den Buchhändlern, den Index libro- rum haereticorum, der alljährlich auf der Frankfurter Messe und anderswo feilgeboten werde, zu besitzen, geschweige denn an- deren mitzutheilen, weil das Einsehen eines solchen Verzeich- nisses den im Glauben Schwachen Aergerniss geben, ungelehrte Neugierige irre führen könne ^).

1) Compte rendu de la Commission d'hist. 2. S. t. 9, p. 203. Dem Prototypographen stand auch die Prüfung derjenigen, die maitres et chefs d'imprimerie werden wollten, und überhaupt die Aufsicht über das Drucker- wesen zu. Als Plantin 1562 in Geschäften in Paris war, druckten drei seiner Arbeiter heimlich ein ketzerisches Schriftchen, Briefve instruction. Es wurde eine Untersuchung eingeleitet, Plantin freigesprochen, die drei zu den Galeeren verurtheilt. Compte rendu 2. S. t. 11, p. 237. Im J. 1573 wurde verordnet, von allen in Belgien gedruckten Büchern zwei Exem- plare abzuliefern, eins gratis für die Bibliothek in Antwerpen, eins gegen Bezahlung für die im Escurial. Gachard II, 197. 361. 410.

2) A. J. P. G, 1730.

404 Lütticher Index 1569.

39. Der Lütticher Index von 1569.

Im Jahre 1568 erschien bei Henricus Hovius in Lüttich ein einfacher Abdruck des Trienter Index *), schon 1569 aber in demselben Verlage eine Ausgabe, in welcher einzelne Namen und Bücher in das Alphabet eingeschoben sind 2), ohne dasfi diese Zusätze irgendwie kenntlich gemacht wären. Auf dem Titelblatte wird angegeben, die beigefügten Schriften seien im Auftrage Philipps II. und durch ein Beeret des Herzogs von Alba und des königlichen Rathes verboten. Diese Ausgabe hat keine grosse Bedeutung für die Geschichte des Index, da sie schon 1570 durch eine andere ersetzt wurde.

Schon 1566 beauftragte Margaretha von Parma die Löwen er theologische Facultät, einen neuen Index anzufertigen. Diese über- sandte der Statthalterin den Trienter Index mit einigen Zusätzen^). Vielleicht liegt diese Arbeit dem Lütticher Index zu Grunde. Wenn Viglius 31. Dec. 1567 an Joachim Hopper nach Spanien schreibt, er schicke „den verlangten Index"*), so kann dieses wohl nur der Lov. 58 sein oder allenfalls eine Abschrift der 1566 vorgeschlagenen Zusätze.

Als Ueherschrift der 1. Cl. steht in dem Lütticher Index : Au- thorum nomina, quorum libri de religione aliquid tractantes impressi vel imprimendi, quovis titulo, nominis vel cognominis transmutatione, immutatione vel inversione et quavis lingua scripti, editi, translati aut impressi fuerint, prohihentur. In der 3. Cl. steht hei A.: Libri omnes, qui post Conc. Trid. sine authoris nomine prodierunt, pro- hihentur.

1) Index . . . comprobatus (genau wie die Römische Ausgabe). Leo- dii, impensis Houij 1568*. 68 S. kl. 8, dann noch 1 ßl. mit : Leodii typis Gualteri Morberij typographi jurati ad Pontem Insulae sub intersignio Patientiae. Anno Dni 1568 (München Univ.).

2) Index . . . comprobatus. Vna cum iis qui Mandate Regiae Ca- tholicae Maiestatis, et lUustriss. Ducis Albani, Consiliiq; Regii Decreto, prohibentur, suo quaeq ; loco et ordine repositis. Leodii. Impensis Ilenrici Houij. 32 nicht paginirte ßl. ; auf dem letzten Blatte : Leodii Typis Gual- teri Morberij . . . (wie oben). Anno Dni 1569*. (München Univ.).

3) de Ram, De laudibus, quibus veteres Lovaniensium theologi af- ferri possunt, 1847, p. 31 (auch J. Molani Hist. Lov. ed. de Ram, 1861, II, 916).

4) de Ram p. 30.

I

Antwerpener Appendix 1570. 405

Der Index ist sehr schlecht redigirt und sehr incurrect ge- druckt. Es stehen z. B. in der 1. Cl, unter A: Alcuinus de trini- tate (im Tr. in der 2. CL), Antichristus s. pronosticum de line mundi, Athanasius de vera et falsa Eccl., unter D: Doni Francisci Antonii Lutheri (im Tr. in der 2. Cl. Ant. Franc. Doni literae). Zu einigen Namen des Tr. sind Zusätze gemacht: Gerardus Lori- chius Adamarius, non is qui est apud Wicelium (S. 358); Jo. Aley- dis, rex Monasteriensis; Jo. Fursterus (Forster), etiani Lexicon he- braicum, quoniam praefatio sacrilega est. Die meisten, nicht alle beigefügten Namen und Schriften sind in den Antwerpener Index von 1570 aufgenommen. Neben diesem hat er nur darum eine Be- deutung, weil er einige Namen richtig gibt, die im Antw. bis zur Unkenntlichkeit entstellt sind.

Das Lexicon hebraicum von Jo. Forster (1557) wird von U. und noch stärker von Bras. (p. 506 519) expurgirt, und zwar nicht bloss die „sacrilegische" Vorrede, sondern auch das Buch selbst. Bras. gibt sogar bei den meisten Stellen eine gründliche Motivirung seiner Expurgation. Polemische Bemerkungen gegen die Vulgata werden gestrichen, weil ex Concilio Trid. vulgata lectio tanquam certa, sacra et authentica haberi debet et omnes aliae reprobantur, und Auetor epistolae ad Hebraeos ist überall in D. Paulus in ep. ad Hebr. zu ändern, nam sie definivit S. Conc. Trid. et alio modo citare sub dubio haeresis est, u. s. w.

40. Die Autwerpener Appendix zum Trienter Index

von 1570.

Im J. 15(39 wurde im Auftrage des Herzogs von iVlba eine reichhaltige Appendix zai dem Trienter Index angefertigt. Sie wurde noch 1569 bei Christoph Plantin in Antwerpen gedruckt').

1) Librorum prohibitorum Index ex Mandate Kegiae Catholicae Majestatis et lilustriss. Ducis Albani Consiliique Regii decreto confectus et editus. Antwerpiae ex officina Christ. Plantini 1569. 40 Bl. 16. Auf der Rückseite des Titelblattes: Regiae Majestatis auctoritate mandatum est Christ. Plantino, ut hunc libr. proh. Indicem ejusdem R. M. et 111. Ducis Albani Consiliique Regii decreto confectum imprimeret et Impres- sum solus distraheret. So wird ein Exemplar dieses seltenen Druckes, des ersten von Plantin gedruckten Index, in der K. Bibliothek zu Brüssel in den Annales Plantin p. 93 beschrieben. In München (Univ.) sind zwei Exemplare ohne Titelblatt, die den Indices von 1568 und 1569 (S. 404) beigebunden sind. Die Bogen sind mit E H bezeichnet, waren also wohl

406 Antwerpener Appendix 1570.

1570 erschien dann bei diesem eine Ausgal)e des Trienter Index mit dieser Appendix in zwei verscliiedenen Drucken') und ein „Edict Philipps IL über die Beobachtung des Verzeich- nisses der verbotenen Bücher", datirt vom 15. Febr. 1509, d. i. neuen Stils 1570, in zwei Ausgaben, in einer französisch, flämisch und lateinisch, in der andern französisch, flämisch und deutsch^).

In dieser Appendix stehen zunächst Nachträge zu den ein- zelnen Buchstaben und Classen des Trienter Index, alphabetisch geordnet und überhaupt ganz nach der Analogie des Trienter Index eingerichtet. Dann folgen, wie in den Löwener Indices, ein Verzeichniss von verbotenen Bibeln und Neuen Testamenten und (alphabetisch geordnete) Verzeichnisse von Büchern in fran-

zuiiächst als Anhang zu dem Index von 1569 bestimmt, welcher 32 nicht paginirte Blätter (A D) hat (der Index von 1568 hat 68 paginirte Seiten). Es ist vielleicht ein von Hovius veranstalteter Nachdruck zur Beifügung zu seinen zwei Indices. Zu dem von 1569 passte diese Appendix freilich nicht, da dieser ja schon den Trienter Index mit Einschiebungen gibt.

1) Index . . . auct. Pii IV. P. M. comprobatus. Cum Appendice in Belgio ex mandato Regiae Catholicae Maiestatis confecta. Antverpiae, ex officina Christ. Plantini 1570. Die zwei Drucke (ich bezeichne sie mit A und B) sind inhaltlich und dem Formate nach gleich, verschieden nur in der Paginirung: A* hat 108, B* 119 S. 12 (B nicht in den Ann. Plant, p. 102 ; vgl. Rosenthal, 34, 1472. 1473). Sie enthalten den Trienter Index (A p. 3 52, B p. 3—55), die Praef. in subjectam App., die Appendix (A p. 53, B. p. 57), das Bibelverzeichniss (A p. 72, B p. 80), die französisehe App. (A p. 76, B p. 84), die deutsche (A p. 81, B p. 90), die spanische (A p. 97, B p. 108), Ex decreto (A p. 107. 108, B p. 118. 119). A ist nach Rosenthal impr. ä lettres italiques, B ä caracteres romains pour le texte latin et gothiques pour les passages flamands.

2) Philippi II. Regis Catholici Edictum de Librorum catalogo ob- servando. Antverpiae, ex officina Christ. Plantini 1570. Cum privilegio*. 8 Bl. im Format des Index, gewöhnlich diesem beigebunden. Im Bull, du Bibl. Beige T. 9, 121 wird ein Abdruck Leodii, impensis Hovii 1570 (amEnde: Leodii, typis G. Morberii typographi jurati) beschrieben, 64 Bl. kl. 8, also das Edict mit dem Index von 1569 ; s. o. S. 404. Mendham p. 75 sagt: das Edict sei datirt Brüssel 15. Febr. 1569, 17. Febr. für Neapel. Es ist datirt: 15. Febr. im Jahre des Heiles 1569, Unserer Re- gierung in Spanien, Sicilien etc. im 15., in Neapel im 17. (Jahre). Mit Neapel hat das Edict nichts zu schaffen.

Aijtwerpeiier Appendix 1570. 407

zösischer, flämischer (duytsch) und spauischer Sprache. An der Spitze steht eine „Vorrede zu der folgenden Appendix von den hochwürdigeu Deputirten, denen von dem Herzog von Alba die Vermehrung des Catalogs aufgetragen worden, Brüssel im Sep- tember 15G9". Am Schlüsse steht mit der Ueberschrift Ex de- creto S. Concilii Trid. das Beeret der Sessio IV. von Sed et irapressoribus an (S. 195). In dem Edicte des Herzogs von Alba wird verordnet: die in dem Trienter Index oder der Appen- dix verbotenen Bücher seien binnen drei Monaten zu verbrennen und dürften nicht mehr gedruckt, verkauft, verbreitet oder be- halten werden; die zu corrigirenden (mit donec corrigatur ver- botenen) seien in derselben Frist den Ortsbehörden abzuliefern; von diesen sei an den Herzog zu berichten, welcher geeignete Personen mit der Correctur beauftragen werde. Am Schlüsse der Vorrede der Deputirten wird eine Vermehrung der Appendix durch Beifügung etwa neu erscheinender Bücher in Aussicht gestellt. Eine vermehrte Ausgabe ist aber nicht erschienen.

Diese Antwerpener Appendix hat eine grosse Bedeutung dadurch erlangt, dass ihr Inhalt fast vollständig in den nächsten spanischen Index von Quiroga und aus diesem (wenigstens der Inhalt der ersten Hauptabtheilung) durch Sixtus V. in den Rö- mischen Index übergegangen ist.

Bezüglich der Ausarbeitung der Appendix wird in dem Edicte Alba's gesagt, sie sei nach dem Gutachten (par Taduis, ex censura) einiger Bischöfe, Prälaten, Doctoren und anderer gelehrter und angesehener Männer angefertigt und enthalte Bücher, die dem Trienter Concil nicht bekannt gewesen oder erst seitdem erschienen seien. In der Vorrede der Deputirten heisst es: in Folge eines nach Befragung aller Bischöfe und Universitäten von dem Herzog von Alba ertheilten Auftrages hätten eine Anzahl von Gelehrten und angesehenen Männern, Bischöfe, General-Inquisitoren, Decane und Doctoren, gewisse Bücher, die erst nach dem Concil erschienen, bekannt geworden oder geprüft worden, censurirt und es sei von dem Herzog ver- ordnet worden, diese in der Form einer Appendix dem Ver- zeichniss des Trienter Concils beizufügen. Diese Darstellung ist nicht ganz vollständig, sofern darin die unzweifelhafte That- sache nicht erwähnt wird, dass viele Namen der 1. und manche

408 Antwerpener Appendix 1570.

Btichertitel der 2. und 3. Cl. der lateinischen Abtheilung ein- fach ebenso aus Frankfurter Messkatalo^en abgeschrieben sind, wie in früheren Indiccs aus Gesner.

Die eigentliche Redaction des Index wird Arias Montanus be- sorgt haben. Er schreibt 10. Mai 1570: er habe im vorigen Jahre im Auftrage Alba's ein Verzeichniss der zu verbietenden Bücher angefertigt, um danach die Bibliotheken der Niederlande zu säubern, und nach diesem Verzeichnisse sei dann auch die Säuberung vorgenommen worden ; er habe dann die Anfertigung eines vollstän- digen Index beantragt; darauf seien die Bischöfe und die Universi- täten beauftragt worden, die in den Niederlanden lateinisch oder in modernen Sprachen erschienenen Bücher anzugeben, die zu verbieten seien; in Brüssel habe dann eine zehntägige Conferenz stattgefunden, an welcher die General-Inquisitoren, der Bischof von Antwerpen, der Decan von Brüssel, Tiletanus und Alonso de Contreras theilge- nonimen; die Eedaction des Index sei ihm übertragen worden^).

Das Werk lobt nicht den Meister. Der Index ist, was die erste Hauptabtheilung angeht, hinsichtlich der Mache einer der schlechtesten, die es gibt. Dass in der 1. Cl. bald der Vorname bald der Zuname voran, mancher Autor unter beiden steht (Jacob Andreae z. B. als Andreas Jacobus Goping. und als Jac. Andreas D. Theol. Tubing.), ist der geringste Fehler. Viele Namen sind ver- druckt und grösstentheils in der corrumpirten Gestalt in den Rom. Ind. übergegangen (bei einigen ergibt sich das Richtige aus dem Lütticher Ind.): Barth. Cansae ist B. Causse (so Lütt, und Ben. mit dem Zusatz minister Genevensis) ; er steht im Rom. Ind. in der 2. Cl.,

1) Col. de doc. ined. 41, 173; vergl. Memorias de la R. Acad. de la bist , Madrid 1832, 7, 151. Nach dem Briefe Alba's an Philipp IL (Gachard II, 111) nahm auch der Präsident Viglius an den Conferenzen Theil. Das Gutachten, welches in Folge einer von 18. Mai 1569 datirten Aufforde- rung Alba's der Erbischof von Utrecht, Friedrich Schenck von Touten- borch, 28. Juni 1569 einsandte, ist abgedruckt in A. Schurii Epistolae III, 340, enthält aber nichts von Bedeutung. Der Erzbischof sagt selbst, er sei in der theologischen Literatur nicht so zu Hause wie in der juristischen (er war früher Mitglied des Reichskammergerichts ; Schulte, Gesch. III, 681). Bemerkenswerth ist, dass er sagt: er habe in Seb. Münsters Cosmo- graphia ausser einigen Lobsprüchen auf die Wittenberger nichts Unka- tholisches, aber sehr viel Nützliches gefunden [1575 erschien eine von der Venetianischen Inquisition expurgirte italienische Uebersetzung derselben, die freilich Sot. nochmals expurgirte], und dass er meint, die Moria und Lingua des Erasmus, in denen nie der katholische Glaube angegriffen werde, könnten doch wohl ebenso gut propter sermonis elegantiam ge- duldet werden, wie nach der 7. Regula Indicis die heidnischen Classiker.

Antwerpener Appendix 1570. 409

aber mit opera omnia; er hat freilich nur eine Schrift, Le bouclier de hl foi, verfasst (Haag 3, 271). Jo. Borstius (im Rom. Ind. Borstyus) ist Jo. Vorstius (so Lütt, und Ben. mit dem Zusatz superint. Holsat.). Thomas Corheau (so im ßöm. Ind. noch jetzt) ist nach Lütt. Th. Courteau, ein Grenfer Buchdrucker. Veteranus Pinserus ist Jo. Pincierus Veteranus (aus Wetterau, so erst Ben.). Petrus Dogninus (noch jetzt im Index) wird P. Boquinus sein. Hiero- nymus Panchus ist ohne Zweifel Hier. Zanchius; S. hat beide Namen, letztern aus Fris., und hat diesem beigefügt vel Pancus, was Ben. in vel Zanchus geändert hat. Hier. Pumckchius (so auch S., Gl. Pumekchius, spätere Indices Peumekchius vel Paumekhius, seit Ben. wieder Pumekchius) wird eine zweite Corruption desselben Namens sein, wenn es nicht Hier. Rauscher sein soll. Cyriacus Spangen- berg steht auch als Christophorus Sp. im Index (von Ben. gestrichen) und der englische Bischof Jewell als Yuellius Anglus und als Yo- nellus vel Jonellus Anglus; beide Namen standen von S. bis Ben. auch im Rom. Index neben Jo. Juellus. Hinter Theodor! Bezae haeresiarchae opera omnia steht: Theodoricus Shnepfius, Theodorus Bibliander (schon im Tr.), Theodorus Sneppius, etiam haeresiarcha ; beide Namen standen (ohne haeresiarcha) mit allerlei Varianten auch im Rom. Index, bis Ben. Theodoricus Schnepffius vel Snei)pius setzte. In der 2. Gl. steht (auch im Rom. Index bis Ben.) unter J: Jac. Sebecii de una persona et duabus personis (im Rom. Index naturis) in Christo; unter D steht der richtige Name: Jac. Schegkius. Andreas Ottho Hertzbergensis dagegen ist erst durch Q. in den In- dex gekommen; Antw. hat nicht unrichtig A(ntonius) 0. H.

Ferner sind in die 1. Gl. ohne allen ersichtlichen Grrund und Zweck manche Namen gesetzt, die schon (meist richtiger gedruckt) im Tr. stehen: Alceus Antonius = Antonius Halieus, Frigo Gon- stantinus = Paulus Gonstantinus Phrygio u. s. w., Nie. Selneccerus und daneben Nie. Selneckerus und dann noch ein Buch von ihm in der 2. Gl. Unter J stehen einmal vier Namen hinter einander, die auch im Tr. stehen: .loachimus Magdeburgius und Vadianus, Jo. a Lasco und a Leydis. Auch in der 2. und 3. Gl. sind Titel aus dem Trid. wiederholt, die Epistola S. LTdalrico adscripta als Uldarici ad PP. Nicolaum Epist., quam iinxerunt Balaeus et Westmerus, die xlrticuli novoirum Wormaciae evangelistarum als Wormacienses ar- ticuli, andere Titel ohne Aenderung,

Von mehreren Schriftstellern, die in der 1. Gl. stehen, werden ganz überflüssiger Weise einzelne, auch theologische Schriften in der 2. Gl. aufgeführt ; so von David Ghytraeus drei exegetische Schriften und daneben, was ja einen Sinn hätte, wenn nur der Name richtig geschrieben wäre, David Ghristaeus in Historiam Herodoti, donec fuerit repurgatus ; von Martinus Kemnitius das Examen Goncilii Trid. und Refutatio Theologiae Jesuitarum et omnia ipsius opera. Etwas anderes ist es, wenn in der 2. oder 3. Gl. Sachen stehen, welche von Autoren der 1. Gl. nur herausgegeben sind, wie Epistolae consolatoriae [pro afflictis] collectae per Gyr. Spangen- bergium [cum praef. ad Maximilianum Imp., 1565], Briefe von Me-

410 Aniwerpener Appendix 1570.

lanchthon u. a. an die aus Böhmen und der Lausitz vertriebenen Prediger^), und Missa latina quae olim ante circa annum 700. Dom. in usu fuit, ein von Flacius 1557 herausgegebener Ordo Eo- manus ^).

Bei einigen Schriftstellern ist nicht abzusehen, warum sie in die 2. Cl. gesetzt sind, während viel unbedeutendere in die 1. Cl. gekommen sind. So Simon Pauli, Herrn. Hamelmann, Petrus Palla- dius (in dominicalia evangelia, sequitur placita Lutheri, quem fre- quentiss. Sanctum appellat). Im liöm. Index stehen diese seit S. in der 1. Cl., aber von den zwei Schriften Hamelmanns, die im Antw. stehen, nahm S. eine in die 2. Cl. auf als Hamelmanni Com- mentariolus [de vero usu monasteriorum et collegiorum, in quo de- monstratur, nihil aliud olim fuisse quam scholas, 1569, nicht bei Q. und von Cl. gestrichen], und die andere mit entstelltem Titel in die 3.: L. inscr. De divinis et apostolicis traditionibus (noch jetzt unter Trad.), während im Antw. richtig steht : [Liber] de traditioni- bus apost. et tacitis, cum prolegomenis et appendicibus (1568, fol.).

Die Magdeburger Centurien stehen dreimal im Antw.: Cen- turiata Historia, unmittelbar darunter Centuriae Historiarum Magde- burgensium, und Historiae Magdeburgicae, ab Illyrico et complicibus mendacissime coacervatae. S. hat die beiden ersten Titel mit sive verbunden und in dem dritten merkwürdiger Weise mendacissime gestrichen. Alex, strich das erstere und Ben. setzte statt des letztern den richtigen Titel ein: Historia eccl. u. s. w.

Die seit Herbst 1564 alle halbe Jahre veröffentlichten (Willer'- schen) Messcataloge ^) sind nicht etwa nach einem verständigen Plane, , sondern ganz willkürlich und theilweise sehr ungeschickt benutzt worden. Etwa 50 Namen der 1. Cl. stehen in den Nund. 1565 69; einige davon konnten den Compilatoren auch sonst be- kannt sein, aber die meisten sind aus dem Nund. abgeschrieben; denn es sind ganz obscure Schriftsteller, deren Schriften gewiss in Belgien nicht anders als durch die Nund. bekannt geworden und die

1) Saug II, 566.

2) Der Titel bei Ben. vollständig. Vgl. Präger, M. Flacius 111. II, 476. Clement VIII, 350. Der Antw. Exp. hat darüber die sonderbare Censur: Quandoquidem non tarn missa sit quam ordo missae ... et in- certi auctoris nee constet, unde desumta sit, non videtur posthac impri- raenda, praesertim quod et orationibus quaedam adjuncta sint, quae lec- torem possent offendere, et careat ea canonis parte, quae consecrationem continet. Praefatio etiam M. Flacii 111. plane haeretica est. Der Ordo ist abgedruckt bei Bona, Rer. lit. p. 753 und sonst.

3) G. Schwetschke, Codex nundinarius Germaniae literatae bisecularis, 1850. Ich habe die in Darmstadt, Mainz und München befindlichen Mess- cataloge von 1564—96 (mit wenigen Lücken) benutzt.

Benutzung der Messcataloge. 411

zum Theil vor 1570 nichts anderes geschrieben haben als die unbe- deutenden deutschen Schriften, die in der Nund. stehen, wie Christoph Obenhin, Georg Dieterich (Christliche Gresänge, lat. und deutsch, zu Be- gräbnissen), Greorg Fladorius (in Nund. Flader: Auslegung über den

4. Ps.), Greorg Spintier, Jac, Fridangus (Freydang : Der Layen Biblia, die fürnembsten Historien A. und N. T. in schöne teutsche Reime verfasst), Joachim Madgeburgius, Jo. Tetelbach, Jo. Ursinus, Jo. Ur- sus (S. Cl. haben nur letztern), Matthias Erbenus (Q. hat Erbius,

5. Erbius und Herbenus, Cl. Erbius aut Erbenus vel Herbenus, Ben. Erbius aut Erbenus; der Mann hat zwei kleine deutsche Schriften verfasst). Mich. Hermann, Xic. Koningus (Einfeitiger Bericht vom h. Ehestande ; S. Ol. haben ihn als Nie. Keningius mit dem davor stehenden Nie. Hemmingius zusammengeworfen ; Ben. hat ihn ge- strichen). Nie. Schmidus (Die zehn Laster, damit die bösen Weiber behafft, auch die zehn Tugenden, damit die frommen und vernünfti- gen Weiber gezieret sind, in Reimenweiss gestellt), Thom. Scheibach und Thomas Seitbach (im Rom. Ind. identificirt, in den Nund. unter beiden Namen ein deutsches Schriftchen).

Aus Nund. 69 ist denn auch durch Antw. zum ersten Male ein Frauenzimmer in die 1. CL gekommen: Magdalena Haymairin, „teutsche Schulmeisterin zu Chamb", wie sie sich selbst nennt. In den Nund. 69 werden von ihr unter den „teutschen Büchern der Protestierenden Theologen" angezeigt: Die Sonntags Episteln vber das gantze jar in Gesangs weiss gestellt durch Magd. Haymairum (sie), Nürnb. 16G8'). So steht denn in der 1. Cl. von Antw. Q. S. Magdalena Haymairus, bei Cl. Ay-mairus, seit Ben. Heymairus, in vielen Ausgaben mit dem Vornamen Magdalenus.

Schlimmer als dieses ist, dass der Compilator des Antw. einige Male den Verleger und den Verfasser von deutschen Schriftchen in den Nund. verwechselt und so die Buchhändler Andr. Petri in Eis- leben und Conr. Dreher in Erfurt in die 1. Cl. gebracht hat, und noch schlimmer, dass er auch Gaspar Franckus in die 1. Cl. gesetzt, der schon 1568 katholisch geworden war und gegen den die in den Nund. 69 angezeigte „Widerlegung der vermeinten Ursachen, darum der abtrünnig M. Caspar Franck vom Evangelio zum Papstthum abgefallen, durch Joh. Frid. Coelestinum" gerichtet ist. Franck ist nicht in den Rom. Ind. gekommen, wohl aber die anderen hier ge- nannten „Hauptketzer'', wie im Lov. 50 die Auetores 1. Cl. definirt werden.

Abgesehen von den aus den Nund. entnommenen Namen sind in der 1. Cl. natürlich die niederländischen Ketzer, auch solche, die keine fruchtbaren Schriftsteller waren, speciell vertreten. Wir fin- den hier zuerst und dann mit wenigen Ausnahmen im Rom. Index: Carolus und Jo. Utenhovius^), Godofredus Hamelus, seit Ben. de

1) Sie hat noch einige andere fromme Reimereien verübt. P. Finauers Verzeichniss gelehrter Frauenzimmer, 1761. Gödeke § 125, 10.

2) Ihre Schriften bei Fris.

412 Antwerpener Appendix 1570.

Hamelle s. Hamellaeus, 1552 zu Tournay hingerichtet'), Guido de Bruez (de Bres, hingerichtet 1567, nicht im Köm. Index) und Her- mann Mudet (im Antw. und im Rom. Index noch jetzt Henricus Modec, im Lütt. Hermannus Modeck), die mit einigen anderen die Confessio Belgica von 1563 verfassten^), Houardus, seit Ben. Bal- thasar Houwaert^), Jo. Taffin*), Nie. Bucerus Brugensis, Petrus (im Antw. und im Rom. Index noch jetzt Nie.) Bloccius, ludimagister Leydensis^), Petrus Dathenus^), ferner: Henricus Nicolai sive libri omnes H. N. signati, qui et sine loco et impressoris nomine sparguntur in vulgus, und Philipp us Dirixon, qui suos anabap- tismi foetus inscribit literis P. D. (ähnlich im Rom. Ind.). Letzterer ist der bekannte Wiedertäufer Dirk Philipps, wie er seit Ben. auch im Ind. lieisst"^), ersterer Heinr. Niclaes, der Stifter der Secte der

1) Epistola e carcere scripta bei Gerdes, Hist. Ref. III. Mon. p. 107.

2) Brandts I, 253. R.-E. 2, 238. Die französische Ausgabe wird mit Confession d'Anvcrs in der franz. Abth. gemeint sein, die niederdeutsche von 1566 steht in der fläm. Abth. unter Bekenntenisse. (Ueber die gleich- falls 1566 gedruckte Corte Belijdinghe u. s. w. s. Chr. Sepp, Bibliogr. Mededeelingen, 1883, p. 45). G. de Bres ist auch der Verfasser des Schrift- chens, Staf des Geloofs, welches als Baculus fidei im Lütticher Ind. steht.

3) Er hat mit Flacius die Vorreden zu zwei 1567 erschienenen Ver- theidigungen der Antwerpener Confession (einer lat. gegen Jod. Tiletanus, einer flämischen gegen Lindanus, unterschrieben.

4) Auch in der franz. Abth. als Taffin ministre. Einige kleine Schriften von ihm bei Paquot II, 490.

5) Studien en Bijdr. IV, 209. Eine flämische Uebersetzung einer Schrift von ihm steht in der fläm. Abtheilung: Een slechtelijcke ende scriftelijcke Onderrichtinge vau dat doopsel ende Auontmael . . . van Peeter Bloxio, Schoolmeester tot Leyden, 1562. In der A. D. B. 2, 707 wird gesagt: sein Hauptwerk, Meer dan tweehondert Ketterien . . . welck uit de Misse zijn ghekomen, sei auf den Antw. Index, den Trienter [!], den Alexanders VII. und den spanischen gesetzt worden, „woraus klar hervorgehe, wie gefährlich man diese Schrift gefunden habe." Sie steht in keinem Index, und dass Petrus resp. Nie Bloccius in der 1. Cl. steht, womit allerdings die Schrift indirect verboten ist, ist eine Auszeichnung, die er mit hunderten von Autoren des 16. Jahrh. theilt.

6) In der fläm. Abth. steht unter P seine Uebersetzung der Psalmen von Marot und Beza.

7) R.-E. 9, 565. David Joris und Menno Simonis stehen schon im Tr., Adam Pastoris (Sandius, Biblioth. Antitrin. p. 38) kam erst durch Cl. in die 1. Cl. Von Menno Simonis stehen in der fläm. Abth. Van dat rechte Christi Gheloove, ende voorts alle zijn boecken. Bei mehreren anonymen Schriften in dieser Abth. steht sectae Mennonisticae.

Erste Classe. 413

Familisten oder des „Hauses der Liebe", dessen etwa 50 Schriftclien alle nur mit H, N. bezeichnet sind. Die beiden wichtigsten der- selben stehen im Antw. und im Rom. Ind. in der 3. Ol. : Evangelium laetum regni nuncium und Speculum justitiae ').

In der 1. Cl. steht auch Jo. Torasius (statt Tosarrius) Aqui- lovicanus, qui est inverso nomine Jo. Sartorius, der unter jenem Namen 1558 eine Paraphrase der Propheten herausgegeben-). Als Jo. Sartorius stand er schon seit P. in der 1. CL, weil Lov. 50 von ihm Exercitus selectissimarum orationum verboten hatte. Von die- sem Buche sagt Antw. Exp., es enthalte sehr viele Auszüge aus Erasmus' Colloquia und Adagia; diese seien aber durchweg nicht anstössig; nur ein paar Stellen seien zu streichen; his qualibuscun- que offensiunculis sublatis et passim nominibus colloquiorum obductis sei das Buch gleich den anderen Schriften des Verfassers (eines Auetor 1. cl. !) für Knaben, die Latein lernten, sehr zu empfehlen.

Von den ausländischen protestantischen Schriftstellern waren natürlich manche den Gelehrten, die zu dem Index Beiträge lieferten, bekannt: bei dem Examen von Chemnitz wird beigefügt: adversus quem D. Tiletanus doctiss. scripsit; von einigen werden, wie gesagt, Schriften in der 2. Cl. angeführt, und in den polemischen Schriften von Wilh. Damasi Lindanus werden erwähnt Abdias Praetorius, C^^r. Spangenberg, Henr. Moller, Hier. Zanchius, Jo. Crispinus, Jo. Langus Silesius, Paulus Jo. Alciatus, Thom. Erastus, Valentinus Erythraeus (speciell seine Tabulae Augustanae confessionis, 1565), Valentinus Vannius Malburgensis (Judicium de missa, 1557), Wilh. Clebitius. Neben Deutschen und Holländern finden sich auch einige Italiener: Georg Blandrata, Immanuel Tremellius ^), Phil. Rusticus, Simon Simonius, Jac. Acontius (Aconzio aus Trient). Das einzige bedeutende Buch, das letzterer geschrieben, steht in der 3. Cl. und ist erst von Ben. unter seinen Namen gesetzt worden: Stratagemata Satanae in reli- gionis negotio per superstitionem, errorem, haeresim, odium u. s. w., 11. 8, Basel 1565 u. o., auch ins Französische, Flämische und Deutsche übersetzt, eine Apologie für eine sehr weit gehende religiöse Toleranz"*). Coran Antonius ist der Spanier Ant. Corranus (del

1) Beide sind holländisch geschrieben, sollten also im Antw. in der fläm. Abtheilung stehen. Nippold in der Zts. f. bist. Theol. 1862, 332. 335. 484. Die erste heisst: Evangelium offte ein froelicke bodeschap des rijckes Godes unde Christi. In der Proclamation der Königin Elisabeth von 1580 (S. 98) werden als ins Englische übersetzt genannt: Evangelium regni or a joyful message of the Kingdom, Documental sentences, The prophecy of the spirit of love, A publishing of peace on earth.

2) Gerdes, H. Ref. HI, 76. Im Liss. 81 steht Jo. Tossarius Aq. super prophetas majores,

3) Antw. Exp. p. 166 werden die Randnoten zu seinem N. T. syr., graece et lat. editum expurgirt.

4) Mazzuchelli s. v.

414 Antworpenor Appendix 1570.

Corro), früher Hieronymit, seit 1557 aus Spanien flüchtig, der frei- lich erst später Bücher herausgab, aber bis 1568 Prediger in Ant- werpen war. Manson Anglus, wofür Ben. Robertus Massonius gesetzt, und Metterus Mentrius adversus Balearium episcopum sind mir unbekannt. Auch manche andere Namen, die aus Antw. in die 1 . Cl. des Rom. Ind. übergegangen, vermag ich nicht zu identificiren.

Zu den Pseudonymi in der l.Cl. sind durch Antw. folgende hinzugekommen: Abdias Liberinus, unter welchem Namen ein Syn- tagma controversiae de coena Domini 1566 erschien'*^), Gratianus Verus (S. 269) und Henricus Artopoeus, unter welchem Namen 1561 Ad theologastrorum Coloniensium censuram Responsio pro defensione catechismi Jo. Monhemii sui praeceptoris conscripta erschien, zur Vertheidigung des von dem damals sehr berühmten Schulmann Joh. Monheim zu Düsseldorf 1560, er steht natürlich auch in der l.Cl. herausgegebenen Catechismus, in quo christ. religionis elementa syncere simpliciterque explicantur, gegen die Censura et docta ex- plicatio errorum catechismi Jo. Monhemii . . per deputatos a s. theol. facultate Universitatis Coloniensis, 1560^). Richtiger stehen im Antw. und dann auch im Rom. Ind. in der 2. Cl. die Pseudo- nymen Schriften: Eusebii Candidi Plausus luctificae mortis und Stephan! Lindii Epistola de magistratu et missa, seit Ben. : Epistolae monitoriae, in quibus curam religionis ad magistratum pertinere et qua ratione missa in veteri ecclesia celebrata fuerit, ostenditur (Köln 1567); der Verfasser der letztern Schrift heisst Jo. Castelius (K.-L. I, 249).

In der 1. Cl. steht Gronsalinus Regnaldus, in der .3. Sanctae Inquisitionis Hispanicae artes. Q. nahm jenes mit omnia opera, S. nur dieses auf (seit Sand, steht Reginaldus Gronsalvus im span. Ind. in der 1. Cl., nicht im Rom.). Es handelt sich um das Buch: Sanctae Inq. Hisp. artes aliquot detectae ac palam traductae . . . Reginaldo Gonsalvio Montano authore (erst Ben. hat den Titel unter Gonsalvius

1) Pelayo, Heterod. II, 481. Chr. Sepp, Bibliogr. Mededeelingen p. G5.

2) Flacius schrieb dagegen. Preger, M. Flacius 111. II, 259.

3) Nach R.-E. 10, 221, ist Henricus Artopoeus wahrscheinlich der Arzt Joh. Breidbach. Im Liss. 81 steht: Catechismus Jo. Monhemii und Henr. Artopoei Responsio u. s. w. Gegen die Kölner Censur schrieb M. Chemnitz 1563 Theologiae Jesuitarum praecipua capita ex quadam censura, quae Coloniae a. 1560 edita est, 1566 erweitert zu seinem Examen Concilii Trid. Jo. Monhemius hätte man schon in den Index Pius' IV. setzen können; denn schon 1560 beschäftigte sich auf Grund der von Hosius, den Kölnern und den Löwenern gegen ihn eingelaufenen Klagen die Inquisition mit ihm, und 1561 klagte Commendone von Köln aus: die Söhne der angesehensten Bürger würden auf auswärtige Schulen ge- schickt, namentlich zu Monheim, der gegen 500 Schüler habe e li fa tutti heretici. J. Pogiani Epp. II, 189.

Pseudonj^mi. ITenr. Stephanus. 415

gestellt), welches 1567 zu Heidelberg erschien (297 S. 8), 1568 englisch, französisch, 1569 deutsch und holländisch (von Petrus Dathenus). Das Buch handelt namentlich von dem Verfahren der Inquisition zu Sevilla 1558—64. Der Name ist allem Anscheine nach ein angenommener*).

Durch Antw. ist Henricus Stephanus (II., Roberts ältester Sohn, 1528 98) in die 1. Cl. gekommen. Im Exp. werden einige, in den span. Indices viele seiner philologischen Publicationen freigegeben (bei Sot. gegen .30 ohne alle oder ohne bedeutende Expurgation) ; im Eöm. Ind. hat der Thesaurus linguae graecae seit S. mit d. c. gestanden, bis ihn Ben. strich. Einige Sachen von ihm stehen im Antw. und im Rom. Ind. in der 3. Cl. : Psalmi aliquot Davidis per H. St. et quosdam alios similis farinae homines graeco carmine tra- ducti^), S. Cl. haben doch das similis farinae weggelassen, und Introductio admirabilium antiqua et moderna s. Apologia ficta pro Herodoto a. 1567 ; erst Ben. hat das Buch unter Stephanus ge- stellt mit dem richtigen Titel L'introduction au traite de la con- formite des merveilles anciennes avec les modernes ou traite pre- paratif ä l'apologie pour Herodote, zuerst 1566, dann in kurzer Zeit noch 12 lömal gedruckt, das böse Buch, welches auch von den Grenfer Behörden scharf getadelt wurde, so dass St. zu der 1. Auf- lage Cartons druckte und in der 2. und 3., die noch 1566 erschienen, in dem 21. Capitel eine lange Stelle durch eine andere ersetzte 3), nicht zu verwechseln mit der lateinischen Apologia pro Herodoto (über dessen Glaubwürdigkeit), die vor der Ausgabe des Herodot von 1566 steht*); in dieser verordnet Antw. App. nur valde in-

1) Das Buch ist (mit anderen Sachen) abgedruckt in Hispanicae Inq. et carnificinae secretiora . . per Joach. Ursinum Anti-Jesuitam, Amberg 1611, und in den Reformistas Esp. T. 13. Vgl. Serapeum 1866, 161. 320. Boehmer, Bibl. Wiff. H, 113.

2) Psalmi Davidis aliquot metro anacreontico et sapphico, Authore IL St., cujus etiam ex officina prodeunt, 1568. 32. Renouard, Annales des Etienne, p. 131.

3) Renouard p. 126. Die Angabe, St. sei wegen des Buches in Paris in effigie verbrannt worden, ist grundlos. In der Ausgabe Apologie de Herodote . . . par L. Duchat, Haag 1735, werden die Varianten der alten Ausgaben genau angegeben. Sainjore (R. Simon), Bibl. crit. III, 340 bezeichnet das Buch als un livre impie, qui n'est presque qu'un recueil de contes forges ä plaisir pour tourner en ridicule l'Eglise romaine. .1. B. Thiers in seiner Schrift über die Sainte lärme de Vendome citirt daraus eine Stelle, wo ein Mönch erzählt, der Patriarch von Jerusalem habe ihm u. a. gezeigt un peu du doigt du S. Esprit, le musean du Seraphim qui apparut ä S. Frangois, quelques rayons de l'etoile qui apparut aux trois rois.

4) Auf dem Titel der französischen Schrift steht: L'argument est

416 Antwerpener Appendix 1570.

tolerabilem locum, ubi de Romanis nonnihil dicit, zu streiclien, und auch die span. Indices geben nur eine Expurgation. Eine Publi- cation des H. Stepbanus wird auch mit Glossa ordinaria Genevensis bezeichnet. Robert St. wollte ein Bibelwerk nach Art der Glossa ord. herausgeben und publicirte 1553: In evang. sec. Mth., Mrc. et Luc. commentarii ex eccl. scriptoribus coUecti. Novae glossae or- dinariae specimen, donec meliora Dominus. Nach dem Tode Roberts erschienen dann bei Henr. St. Novi Testament! catholica expositio ecclesiastica, 1561, Genesis cum cath. expos. eccl. (mit Noten von Yatablus, Steuchus Eugubinus, Santes Pagninus, Luther und anderen Protestanten), 1562, und Liber Psalmorum Davidis cum cath. expos. eccl., 1562, alle drei bearbeitet von Augustinus Marloratus, er wurde 1562 zu Ronen gehängt und steht seit Antw. in der 1. Cl.,

dann aus Mariorats Nachlass noch Isaias 1564 und Job 1585 ^).

Das Glossa ord. des Antw. wurde von Q. in Glossae ordinariae specimen corrigirt; in den Rom. Ind. kam beides und dazu noch durch S. der vollständige Titel unter Novae (Ben. hat nur Glossa ord. Genev. beibehalten) und Genesis u. s. w. und Liber Psalmorum u. s. w. Nur bei S. stehen mit d. c. die bei H. Steph. 1573 er- schienenen Juris Orientalis 11. 3 (ab Enimundo Bonefidio J. C. di- gesti . . . graece cum lat. interpr.).

Jo. Piscatorius (Lithopolitanus, Job. Fischer aus Stein am Rhein) ist der Herausgeber von Omnium operum Aur. Augustini Epitome, Augsb. 1537, fol. Diese erschien 1549 zu Köln, recognita, aucta et locupletata per Jo. Pesselium Ord. Praed in dieser Ausgabe ver- ordnet Antw. Exp. zwei Stellen in der mit abgedruckten Vorrede von Piscatorius zu streichen, und 1565 als erster Theil der von Jo. Crispinus zu Genf herausgegebenen Bibliotheca studii theologici ex plerisque doctorum prisci saeculi monumentis collecta, vid. ex Epitome librorum S. Augustini, ex Hieronymi operibus et ex sen- tentiis et dictis aliorum patrum orthodoxorum u. s. w. Diese Biblio- theca kam durch S. Cl. mit d. c. in den Index, daneben Epitome omnium op. D. Aur. Aug. per Jo. Piscatorem (erst seit Ben. unter Piscatorius), quae impressa est per Jo. Crispinum.

Bei einigen Autoren der 1. Cl. des Trienter Index versucht Antw. die 2. Trienter Regel zur Anwendung zu bringen: von Petrus Ramus, Seb. Münster und Carolus Molinaeus wird angegeben, welche Schriften verboten und welche erlaubt seien. Bei Hadrianus Junius wird dieser Versuch zur förmlichen Opposition gegen Tr. (S. 366).

Auch für die 2. und 3. Cl. sind die Nund. benutzt worden. Drei Tübinger Disputationes z. B., die unter D stehen, finden sich in derselben Reihenfolge in den Nund. Aus den Nund. stammen

pris de l'Apologie pour Herodote composee en latin par H. E. et est ici continue par lui meme.

1) R.-E. 9, 335. Bull, du Prot. 1858, 83. R. Simon, Grit. II, 861. Renouard p. 120.

Zweite und dritte Classe. 417

auch: Cantica selecta Y. et N. T. . . addita . . expositione Chrph. Corneri, 1568 (jetzt unter Cornerus), Multi integri loci s. doc- trinae V. et N.T. u. s. w. Lpz. 1561; Sanctornm Patrum medita- tiones, quibus dominicae passionis mysterium explicatur, Marb. 1569 (von Herrn. Hamelmann). Einige Sachen sind aus dem Lov. 58 Aviederholt, aus dem sie von P. Tr. nicht aufgenommen waren ; und sie sind dann durch Q. und S. Cl. in den Rom. Index gekommen, wie die Epistolae obsc. vir., Brevis cometarum explicatio, Laonicus Chalcondylas, Orthodoxographa.

Aus Antw. resp. Q. ist in den Ind. gekommen Jo. Wieri me- dici 11. 5 de praestigiis daemonum et incantationibus et veneficiis, zuerst 1563, dann oft, auch deutsch und französisch (bei S. heisst er Jo. Viverus; daneben hat S. aus Liss. 81 Vierus, ohne Vornamen). J. Weier, Leibarzt des Herzogs Wilhelm lY. von Cleve, hält nicht die Zauberei überhaupt für Aberglauben, sondern unterscheidet zwi- schen Zauberern, die mit dem Teufel im Bunde stehen, und Grift- mischern einerseits (diese seien mit dem Tode zu bestrafen) und Hexen, Weibern, die sich durch die Täuschung des Teufels einbilden mit ihm im Bunde zu stehen und allerlei unmögliche Dinge gethan zu haben. Die den Hexen gewöhnlich Schuld gegebenen Dinge, Wettennachen, Yermischung mit dem Teufel u.dgl., meint er, seien nur Einbildungen, die ihnen abgepressten Greständnisse nichts be- weisend und die Hexenprocesse eine Kette von Ungerechtigkeiten *). Gregen Weier schrieb Jean Bodin La demonomanie des sorciers, 1579, lat. (von Franc. Junius) De magorum daemonomania, 1581, auch ins Italienische und Deutsche- übersetzt''^).

Der Jurist Jo. Georg Godelmann nahm in dem Tractatus de magis, veneficis et lamiis, Rostock 1590, Weiers Unterscheidung auf, forderte aber auch für die Zauberer und Griftmischer ein gesetzlich geordnetes Verfahren und bestritt die Ansicht Bodins, dass die Zauberei zu den delicta excepta gehöre, bei deren Verfolgung der Richter nicht an die gesetzlichen Regeln gebunden sei; wenn die Hexen wirklich Zauberei getrieben und dadurch Schaden gestiftet hätten, die Möglichkeit sei nicht zu bestreiten, seien sie nach der Carolina zu verbrennen^). Bodins Buch steht seit S. in der 2. Cl., J. Gr. Grodelmann seit Cl. in der 1. Cl. Durch ein Decret vom J. 1603 wurde von seinem Buche de magis u. s. w. die Aus-

1) Stintzing, Gesch. I, 644. Leoky, Gesch. der Aufklärung I, 66. Bei Foppens, Bibl. Belg. II, 754 wird Weier als Lutheraner bezeichnet und beigefügt: Sed quae de praestigiis . . . scripsit, ad atheismum vergunt; . . . a solis haereticis laudatur. Ideoque inter auctores damnatos 1. cl. rejicitur in Ind. Trid. Im Rom. Ind. steht er in der 2., im span. in der L Cl.

2) Clement IV, 401.

3) Stintzing S. 646.

Keusch, Index. 27

418 Antwerpener Appendix 1570.

gäbe von 1601 speciell verboten mit der Motivirung: est enim auctor 1. cl., und im J. 1677 die Ausgabe von 1676 1).

Theatrum vitae humanae per Theod. Swingerum [sicj medicum Basileensem ist die erste Ausgabe des Theatrum . . . a Conrado Lycosthene Eubeaquensi inchoatum et a Theod. Zwingero absolutum, 1565. Diese Ausgabe wurde auch von der Sorbonne 1571 als so- fort zu unterdrücken bezeichnet; 13 Sätze daraus werden in der Censur vollständig angeführt (Arg. IIa 415). In demselben Jahre erschien in Paris eine expurgirte Ausgabe. Liss. 81 verbot auch diese und die stark vermehrte Baseler Ausgabe von 1571 in vier Bänden. Q. gab die Pariser Ausgabe frei, wenn sie nochmals ex- purgirt werde. Im Rom. Ind. sind seit S. Cl. alle Ausgaben mit d. c. verboten. Die Expurgation der Ausgabe von 1586 füllt bei Bras. 20 Octav-, die der Ausgabe von 1604 bei Sot. 24 Folioseiten.

Julii Caesaris Scaligeri Commentarii in Theophrasti libros de causis plantarum (1566) werden unbedingt, von Q. S. Cl. mit d. c. verboten. Q. und Bras. streichen darin drei Stellen, in denen An- spielungen auf die Faulheit und continentia der Mönche vorkommen. S. Cl. fügten die Poemata (Poematum partes duae, Genf 1574) d. c. bei, in denen Sot. ziemlich viele Epigramme auf Mönche, die Aula Romana und dgl. streicht^). Unter P. verbietet Antw. einige Praefationes zu griechischen Autoren; die von Mich. Neander und Hieron. Wolf sind nicht in den Rom. Ind. übergegangen, weil diese in der 1. Cl. stehen, wohl aber Jac. Hartelii praef. in 50 comi- corum sententias graecolatinas.

Analysis, Resolutio dialectica quatuor librorum Institutionum Imperialium, Strassb. 1567, eine Summa der Institutionen mit einer Vorrede und wahrscheinlich verfasst von Ludwig Gremp"^), wird im

1) „Ein Jahrhundert lang wurden alle in diesem Sinne verfassten Schriften auf den Index gesetzt; . . . dagegen blieben alle Versuche ver- geblich, das verderblichste, den Gerichtshöfen als Norm dienende Zauber- handbuch des Jesuiten Delrio (Disquisitionum magicarum 11, 6, 1593 u. o. Hurter, Nomenciator' 1, 352) derselben Censur zu unterwerfen". Janus, der Papst und das Concil S. 280. In einem interessanten für die Inquisition zur Zeit Alexanders VII. abgegebenen Gutachten über stigmata daemoniaca von Petrus Franc, de Rubels (bei Albit. p. 503) werden Bodin, Godelmann und Mathias Berlichius (auch ersteht seit 1659 im Index) citirt.

2) Possevin sagt: Scaliger habe librum epigrammatum et poematum sacrorum in honorem coelitum herausgegeben (Lugd. 1546) ; von den Cal- vinisten sei aber dieses Buch unterdrückt und eine Sammlung von poe- mata, alioquin pura, variis errorum labibus inquinata und mit Gedichten, die nicht von Seal, seien, vermischt herausgegeben worden, und diese Aus- gabe sei verboten.

3) Stintzing. Gesch. I, 601.

Zweite und dritte Classe. 419

Rom. Ind. unbedingt verboten; gleichwohl steht bei Bras. eine Ex- purgation : gestrichen werden die vielfachen Erwähnungen und Citate von Luther, Melanchthon u. s. w. und namentlich Joh. Oldendorp, die Bemerkung, Justinian habe die Institutionen non sine afflatu divino publicirt, was man nur von den biblischen Schriftstellern sagen dürfe, die Behauptung, die ohne Einwilligung der Eltern ge- schlossene Ehe sei ungültig, die Gregenüberstellung des jus divinum und canonicum, die Bekämpfung des Ehehindernisses der cognatio spiritualis und dgl. Erklärlicher ist das Verbot von 'AvdjuvTiCTi^ juris, quod in approbandis pontificibus imperatores habuerunt, der Verfasser ist Simon Schard, und von Franciscus Duarenus de libertate eccl. gallicanae contra aulam Rom. Gemeint ist die von Fr. Duarein, Prof. in Bourges, ins Lateinische übersetzte und der Aus- gabe seines Buches De sacris ecclesiae ministeriis 11. 8 (zuerst 1551) von 1564 beigefügte Pro lib. eccl. gall. adv. Rom. aulam defensio Parisiensis Curiae Ludovico XL quondam oblata. Im Rom. Ind. wird seit S. diese unbedingt, das Buch Duareins wie bei Liss. und Q. d. c. verboten. Bei Bras. steht die (aus Q. entnommene) Ex- purgation desselben ; es kommen allerdings so viele und so starke Stellen über kirchliche Missbräuche, Geldsendungen nach Rom, Un- wissenheit der Bischöfe, Pluralität der Benefizien, Verletzung der Residenzpflicht u. s. w. darin vor, dass man sich nicht wundern dürfte, wenn das Buch ganz verboten wäre '). Von Matthaeus Wesenbeck, er steht seit S. in der 1. Cl., verordnet Antw. nur eine Stelle in den Paratitla zu streichen, wo er die Gültigkeit des jüdischen Ehescheidungsgesetzes auch unter Christen behaupte. Im Exp. werden zwei Stellen in den Paratitla gestrichen. Bei Bras. werden ausser diesen auch die Comm. Institutionum und in Codicem von anstössigen theologischen, polemischen Stellen gegen das cano- nische Recht und dgl. gesäubert.

R P. Domino Jo. Fischerio falso adscriptus liber de fiducia et misericordia Dei. Im Liss. 81 wird beigefügt: das Buch sei ad- versus merita bonorum operum und Bucer werde für den Verfasser gehalten. Diesen nennen auch Possevin, Gretser u. a. ; Bellarmin (De Script, eccl.) meint, das Buch sei von einem andern Fisher als dem Bischof von Rochester oder diesem unterschoben.

In der lat. Abth. werden mehrere Colloquia einzeln, dann allgemein alle anonym oder von Ketzern herausgegebenen oder nicht approbirten Colloquia verboten, auch die unter dem Namen Synodus,

1) Schelhorn, De cons. de emend. eccl. II, 7, theilt Stellen mit und beschreibt ein Exemplar, welches durch Ausschneiden von Blättern und Ausstreichen expurgirt ist und in welchem die Blätter, welche die Defensio enthalten, so zusammengeklebt sind, das sie wie ein Brett aussehen. Die Defensio ist bei Flacius, Catal. p. 179, und sonst abgedruckt, das Buch von Duarenus mit der Def. und den Concordata nationis germ. von Joh. Schilter 1708 neu herausgegeben.

420 Antwerpener Appendix 1570.

Conventus, Conferentia und dgl. erschienenen, in der franz. Abth. auch die von ketzerischen Conciliabula gemachten Confessiones und die zu Genf oder an anderen ketzerischen Orten erschienenen Catechis- men. Ben. setzte ähnliche allgemeine Verbote in den Rom. Index'). 8. Cl. nahmen aus dem Antw. resp. Q. noch alle einzeln aufge- zählten CoUoquia und Confessiones, den Catechismus Genevensis und sogar aus der fläm. Abth. einen Catech. latinogermanicus (in eccle- sia Sittardiense per Paulum Chimaereum) auf, ferner Protocollum h. e. acta colloquii inter Palatinos et Wirtemberg. theologos [d^ ubiquitate, zu Maulbronn 1564]. Letzteres und einige Collectiv- Erklärungen von protestantischen Theologen aus der damaligen Zeit stehen noch jetzt im Index: Heydelbergensis theologia de coena Do- mini a. 1566 (vielleicht: Confessio fidei theologorum et ministrorum Heidelbergensium de uno illo vero Deo . . deque sacra D. N. Jesu Christi coena, Heidelb. s. a.), Summa purioris doctrinae per Mans- feldenses ad gallicam eccl. missa (d. i. Summa pur. doctr. de sacro- sancta Coena Domini ... ad nascentem eccl. Galliae missa a mi- nistris verbi qui sunt in ditione Comitum Mansfeldensium. Islebii 1562. 52 Bl. 8), Scripta eruditorum virorum de controversia coenae Dom. impr. 1562, Turingicorum exulum responsio (Döllinger, Ref. 3, 450).

Noch heute steht auch im Index: Libellus ABC, tractans ru- dimenta religionis, qui tantum meminit duorum sacramentorum; es ist übrigens ohne Zweifel eine französische Fibel gemeint, wie die französ. Abth. zeigt; in dieser und der fläm. stehen noch mehr ABC-Bücher.

Historia vera de vita, obitu, sepultura, accusatione haereseos, exhumatione Martini Buceri et Pauli Fagii [zu Oxford 1556]. Item Hist. Cath. Vermiliae, Petri Martyris Vermilii conjugis, exhumatae ejusque ad honestam sepulturam restitutae [1560], Strassb. 1561, von Conrad Hubert, Bucers Collegen in Strassburg, verfasst''^), steht erst seit Ben. mit dem richtigen Titel im Ind., bis dahin seit S. Cl. mit zwei ungenauen : Historia vera de rebus M. Buceri u. s. w. (aus Antw. Q,.) vel sub alio titulo : Historia de vita u. s. w. Aehnlich ist für die beiden Titel Orationes funebres et epicedia u. s. w. (Antw. Q.) und Orationes fun. de haereticis habitae u. s. w. von Ben. ge- setzt: Or. fun. et elegiae in funere principum Germaniae T. I, II et III. Collectore Simone Schardio.

Einige Schriften beziehen sich auf die damaligen kirchlich- politischen Verhältnisse in Belgien: Oratio ecclesiarum Germaniae ac Belgiae 1566, so noch jetzt; richtig: Or. eccl. Christi per

1) Colloquium Altenburgense (de articulo justificationis 1570, Döl- linger, Kef. 3, 533, Preger, M. Flacius 111. H, 303) steht als das erste im Alphabet noch jetzt im Index. Confessio Anglicana werden die 39 Artikel, Conf. Argentinensis die Tetrapolitana sein.

2) Clement V, 353.

Zweite und dritte Classe. 421

varias Germ. Belgicae provincias sub Antichristi jugo gementium ad Maximilianum Caesarem, 1566; Narratio eorum quae contigerunt in patria iiiferiori a. 1566 ^); Epithemata historiae de bello reli- gionis; Apologia contra statiis Burgundiae.

Lexicon graecum riovum, Genevae a. 1564 aut circiter impres- sum, wird verboten mit dem Zusatz: qnod Genevam facit novam Hierosolymam, also lediglich wegen eines Passus in der Vorrede oder Widmung. Es stellt noch heute im Rom. Index als unbedingt ver- boten. Gemeint ist ohne Zweifel das in dem Nund. 68 stehende Lex. graecolat. ex R. Constantini aliorumque scriptis . . coUectum. Genevae, Jo. Crispinus 1568, in welchem Sot. einige Artikel expur- girt. Farrago poematum, d. c. Gl. hat dem Namen des Heraus- gebers Leodegarius a Uuercu beigefügt. In den zwei Bänden (Par. 1560) werden von Sot. die Gedichte der auctores damnati Eobanus Hessus und Georg Buchanan und ein paar andere gestrichen. Erst Ben. hat unter den Namen desselben Herausgebers gestellt Flores epigrammatum (1555), die durch S. Gl. aus Liss. Q. d. c. in die 3. Cl. kamen und die im span. Index ähnlich expurgirt werden. Enchiridion manualeve Romae cusum apud Thomam Membrunium, ut quidem loquitur frontispicium, ut vero in calce legitur, Trecis, ubi eum [sie] excudebat Franc. Trumeau, ähnlich noch jetzt, ist vielleicht Enchiridion manuale precationum. welches J. B. Thiers (Traite des superstitions I, 301) als ein „abscheuliches Buch" er- wähnt, worin allerlei hebräischen, samaritanischen, arabischen, grie- chischen und lateinischen Zeichen magische Wirkungen zugeschrie- ben werden.

Praxis et taxa ofticinae Poenitentiariae Papae, ebenso bei Q. und seit S. im Rom. Ind., seit Cl. mit dem Zusätze: ab haereticis depravata (seit Ben. cum ab haer. sit depr.), scheint eine Ausgabe der Taxen der Poenitentiarie mit polemischen Zuthaten zu sein; denn die amtlichen Ausgaben heissen Taxa sacrae Poenit. apostolicae. Die „Depravation" durch die Ketzer wird aber nicht in einer Aen- derung des Textes, sondern in jenen Zuthaten bestanden haben. Die Taxen der Poenitentiaria und der Cancellaria werden uns im 17. Jahrh. in der Geschichte des Index wieder begegnen. Kurz vor dem Erscheinen des Antw. hatte sich Claudius Espencaeus in dem Commentarius in Ep. ad Titum (1567) sehr scharf über die Taxa Camerae s. Cancellariae apost. ausgesprochen, und diese Stelle gehört mit zu denjenigen, wegen deren das Buch d. c. auf den In- dex kam und die von Q,. gestrichen werden ^).

1) Vraye Narration et Apologie des choses passees au Pays-bas touchant le fait de la religion en Fan 1566. Par ceux qui fönt professiou de la rel. reformee audit Pays. 1567. 140 S. 12, wahrscheinlich von Marnix. L. D. Petit, Bibliothek, van Nederl. Pamfletten, 1882, No. 120.

2) Die Taxa S. Poen. Ap. ist nach einer Ausgabe Paris 1520 abge- druckt bei R. Gibbings, The Taxes of the Apost. Penitentiary, 1872, die Stelle aus Espencaeus ebend. p. CXXXII. Vgl. Th. Lit.-Bl. 1875, 121.

422 Aiitwerpenur Appendix 1570.

Antithesis de praeclaris Christi et indignis Papae faciiioribus (Cum Dei decalogi mandatis Antichristi oppositis u- s. w.) ist die bei Zach. Durant in Genf 1557 gedruckte Schrift, welche 18 Anti- thesen von je 20 Distichen mit 18 Christus- und Papstbildern ent- hält. Auf der Rückseite des 1. Blattes steht ein Tetrastichon von Simon Eosarius, der also als Verfasser anzusehen sein wird. Bei- gefügt ist eine Uebersetzung von Ochino's Imago Antichristi mit der Ueberschrift De praeclarissimis Christi et indigniss. Antichr. moribus. Die Bilder sind zum Theil Nachahmungen der 26 Holz- schnitte nach Lucas Cranach, welche mit kurzem Text von Luther deutsch als Passional Christi und Antichristi, lateinisch als Anti- thesis figurata vitae Christi et Antichristi, zuerst s. 1. et a. (Witt. 1521), 14 El. 4 erschienen 1).

Eine französische Bearbeitung des Passional (Prosa-Text mit 32 Holzschnitten) steht imPar.43 und 51: Les faitz de J. C. et du Pape par lesquels chacun pourra facilement connaitre la grande difference d'entre eux (nouvellement revus . . . par le Lecteur du Saint Palais. Impr. a Rome au chateau Saint Ange. Cum privil. apost. S. 1. et a. La vie de J. C. et du Pape im Par. 51 ist wohl das- selbe). — Später erschien Antithese des faicts de J. C. et du Pape, mise en vers franyais (Grenf) 1578 und 1584 (im Liss. 81 wird Antithesis u. s. w. französisch und in jeder andern Sprache ver- boten) und imprime a Rome l'an du grand jubile 1600 (Grenf, Vignon). Diese letzte Ausgabe wurde 1608 auf den Index gesetzt. Von den vorher genannten Pasquillen steht mit seinem richtigen Titel keines im Rom. Index, auch nicht Simon Rosarius in der 1. Cl. P. fand aber bei GrA. die Notiz: Jo. Avene Rubeaquensis habe 1546 aus dem Französischen ins Lateinische übersetzt librum cujusdam anonymi De repugnantia doctrinae Christi ac Rom. Pontificis, in quo demon- stratur per antithesim, Pontificum doctrinam et vitam non tantum s. Christi evangelio non consentaneam, sed extra Dei verbum ab hominibus traditam et confictam esse, und so kam durch P. Jo. Avene Rub. in die 1. Cl. und in die 3. Anonymi cuj. 1. de rep. doctr. christianae (von Ben. corrigirt in Christi ac Rom. Pont.). Dieses ist vielleicht eine Uebersetzung von Les faictz u. s. w. "). Im

1) M. B. Lindau, Lucas Cranach S. 172. v. Dommer No. 75 ff. Boehmer Bibl. Wififen. II, 107. Zts. f. luth. Th. 1871, 70. - Die Anti- thesis des S. Rosarius abgedr. bei Wolf, Lact. mem. II, 771, das Passional Erl. 63, 240, neue Ausgabe mit imitirten Holzschnitten Lpz. 1874. Anti- thesis Christi et Pontificis per Pasquillum in den Pasq. tomi duo I, 26 sind nur 13 Hexameter (von Gilbertus Cognatus).

2) Die 1585 erschienene Antithesis doctrinae Christi et Antichristi de uno vero Deo (Clement I, 359, auch von Bellarmin, Controv. de mem- bris eccl. mil. 3, 2 erwähnt) ist von dem Antitrinitarier Erasmus Joannis. Sandius, Biblioth. Antitrinit. p. 87.

Aiitwerpeiier Iudex cxpurgatorius 1571. 423

Par. stellt Le Catalogue du Pape et de Moyse (schon 1523 bei Ber- quin contiscirt), bei Casa II catalogo del Papa e di Moise, seit P. im Köm. Ind. Catalogiis Papae et Moysis (seit Ben. wieder fran- zösisch), vielleicht eine Bearbeitung der oben mit Cum Dei decalogi mandatis Antichristi oppositis bezeichneten Zusammenstellung, und vielleicht Catalogue verschrieben für Decalogue.

Das Verzeichniss der verbotenen Bibeln und N. Testamente in der Antw. App. ist im wesentlichen das des Lov. 50. Die Ab- theilungen, welche die französischen und flämischen Bücher enthalten, sind verhältnissmässig am sorgfältigsten bearbeitet ; sie sind alj)ha- betisch geordnet und enthalten mehr als Lov. 50; in der franz. Abth. ist manches aus Par. 51 entnommen. Die spanische Abtheiluug ist aus V. 59 herübergenommen, aber manches weggelassen und einiges beigefügt. Diese Abtheilungen sind vollständig in den span., nur einiges daraus ist in den ßöm. Index aufgenommen. Unter den „du^^tschen" Büchern stehen einige hochdeutsche und ein englisches: Psalmes of David, in engheische metre by Thomas van Sterneholde u. s. w. London 1559.

41. Der Antwerpener Index expurgatorius von 1571.

Indem Edicte Alba's vom 15. Febr. 1570 war die Abliefe- rung der zu corrigirenden Bücher verordnet und die Correctur durch geeignete Personen, die er beauftragen werde, in Aus- sicht gestellt. In der Conferenz zu Brüssel (S. 408) wurde auch über die gemäss den Bestimmungen des Concils (des Trienter Index) vorzunehmende Expurgation solcher Bücher gesprochen, die einzelne Unrichtigkeiten oder, wie Ausgaben der Kirchen- väter, Noten und Zuthaten bedenklicher Art enthielten*)- Auf den Rath des Arias Montanus forderte Alba die Bischöfe, die Universitäten Löwen und Douay und eine Anzahl von Gelehrten auf, die von ihnen für nöthig gehaltenen Correcturen einzu- senden. Die eingelaufenen Expurgationsvorschläge wurden von einer zu Antwerpen niedergesetzten Commission, der ein Bischof, wahrscheinlich Sonnius, präsidirte und zu der Arias als könig- licher Commissar gehörte, zusammengestellt und darauf ein Index expurgatorius mit einem Edicte Philipps IL resp. des Herzogs von Alba vom 31. Juli 1571 und einer Vorrede von

1) Col. de doc. iued. 41, 175.

424 Antwerperier Index expurgatorius 1571.

Arias, datirt Antwerpen 1. Juni 1571, auf königliche Kosten gedruckt*). Dieser Index wurde nicht in den Buchhandel ge- geben, sondern nur den mit der Expurgation beauftragten Per- sonen eingehändigt, der Kauf und Verkauf und das Besitzen desselben ohne bischöfiische Erlaubniss sogar ausdrücklich ver- boten. Die Originalausgabe desselben ist darum sehr selten. Es gibt aber mehrere von protestantischen Buchhändlern be-, sorgte Nachdrucke mit polemischen Vorreden von Franciscus Junius (Dujon) 15862) und Joh. Pappus 1599^) und 1609*) und mit dem Index expurgatorius von Quiroga zusammen 1611^).

1) Index expurgatorius librorum qui hoc seculo prodierunt, vel doc- trinaenon sanae erroribus inspersis, vel inutilis et ofifensiuae malediccntiae fellibus permixtis, juxta Sacri Concilii Trideutini decretum ; Philippi II. Regis catholici jussu et auctoritate, atque Albani Ducis consilio ac mi- nisterio in Belgia concinuatus, Anno 1571. Antwerpiae, ex offic. Christophori PlautiniPrototypographi Regii 1571.* 8 Bl. und 108 S. 4. (Mainz. Zwischen S. 50 und 51 stehen 4 unregelmässig paginirte Blätter). Das Edict steht in dem Mainzer Exemplar französisch ; es muss aber auch Exemplare mit dem Edicte in flämischer Sprache gegeben haben; in den Nachdrucken steht es flämisch mit einer lateinischen Uebersetzung.

2) Index expurgatorius . . . concinnatus, anno 1571. Nunc primum in lucem editus et praefatione auctus ac regij diplomatis interpretatione. Apud Jo. Mareschallum Lugdunensem. 1586.* 30 Bl. 292 S. 8, Das an den Pfalzgrafen Johann Casimir gerichtete Widmungsschreiben ist von H. Juuius unterzeichnet.

-W0n*J3) Index expurgatorius . . . concinnatus, anno 1571. Accessit huic editioni Collatio censurae in Glossas Juris Canonici, iussu Pij V. Pontiiicis, anno 1572 editae, cum iisdem Glossis Gregorii XIII. mandato, anno 1580, recognitia & approbatis Rationem et usum collationis huiusce demonstrat Praefatio Doct. loannis Pappi, Theologi Argentoratensis. Impensis Lazari Zetzneri. 1599.* 38 Bl. 363 S. 12. Im J. 1624 verordnete die Index- Congregation : Jo. Pappi et Franc. Junii Praefationes in Indicem expurga- torium multorum librorum, impressum Coloniae [sie] apud Laz. Zetznerum, mandantur removeri a dicto Indice.

4) Index expurgatorius . . . concinnatus, anno 1571. Accesserunt huic editioni Excerpta aliorum Librorum expurgatorum, qui in Indice hoc Bel- gico desiderabantur, ex Indice Hispanico, Illustrissimi ac Reverendissimi D. D. Gasparis Quiroga, Cardinalis & Archiepiscopi Toletani, Hispan. generalis Inquisitoris iussu edito. De Consilio supremi Senatus S. Generalis Inquisitionis Juxta exemplar, quod typis mandatum est Madriti, apud

Antwerpener Index expurgatorius 1571. 425

Das Edict enthält nach einer geschichtlichen Einleitung;, aus der die vorstehenden Notizen grösstentheils entnommen sind, die Verordnung: nach diesem Index seien alle bereits abge- lieferten und noch abzuliefernden Exemplare der betreffenden Bücher durch Ausstreichen der betreibenden Stellen von den da- zu bestellten oder zu bestellenden Visitatoren zu corrigiren und dann, mit einer Bescheinigung des betreffenden Visitators ver- sehen, den Eigenthümern zurückzugeben ; wer fortan nicht corri- girte Exemplare besitze oder verkaufe, verfalle den in den Pla- caten angedrohten Strafen; die in dem Index verzeichneten Bücher dürften fortan nur nach einem Exemplar neu gedruckt werden, auf welchem ein Visitator bescheinigt habe, dass es ex- purgirt sei, und der Prototypograph, dass dieser Visitator zu den dazu autorisirten gehöre ; ein Verzeichniss der in dem Index enthaltenen Bücher solle veröffentlicht, der Index selbst nur den amtlich bestellten Visitatoren eingehändigt werden; ausser diesen dürften die Bischöfe an jedem Orte, wo es Buchhändler gebe, eine oder zwei geeignete Personen ermächtigen, Expurgationen vorzunehmen und die expurgirten Exemplare einem Visitator zur Beifügung der Bescheinigung vorzulegen; auch diese dürften den Index in Händen haben, aber nur insgeheim und ohne anderen ihn mitzutheilen oder eine Abschrift zu geben').

Alphonsum Gomezium, regium Typograpliura, anno 1584. Caetera vid. pag. sequenti. Argentorati, Zetzner 1G09.* 23 Bl. 521 S. 8. S. 265 be- ginnen die Excerpta ex indice . . . Gasparis Quiroga, hinter S. 450 Col- latio Censurae in Glossas . . . wie in der Ausgabe von 1599.

5) Indices Expurgatorii duo u. s. w. s. u. § 48. Nach dieser Aus- gabe citire ich.

1) Auf der Rückseite des Titelblattes steht: Ducis Albae iussu ac decreto cauetur, ne quis praeter Prototypographum Regium hunc Indicem imprimat, neue ille aut quis alius publice vel priuate vendat, aut citra ordinariorum facultatem, aut permissionem habeat. In dem Exemplar der K. Bibliothek zu Brüssel steht von Arias' Hand geschrieben : Doctiss. viro D. Michaeli Baio Dri Th. et R. Prof. Inquisitori gen. hunc librum regio nomine ad muneris sui usum Benedictus Arias Montanus D. D. Lo- vanii Id. Oct. 1571. Ann. Plantin. p. 112. Hinter dem Edicte steht noch: Cavetur etiam ne quis hunc indicem parte aliqua augeat vel minuat neve ex impressis manuscriptum expriraat citra Gubernatoris & Concilii auctoritatem.

426 * Antwerpener Index expurgatorius 1571,

In der Vorrede des Arias Montanus wird bemerkt: der Index mache auf Vollständigkeit keinen Anspruch; es seien die- jenigen Bücher aufgenommen, die am meisten gebraucht würden und deren Expurgation oder Freigebung darum am wünschens- werthesten gewesen. Die Bücher sind unter die Kategorieen: Theologie, Jurisprudenz, Medicin, Philosophie, Mathematik und Hunuiniores disciplinae, in den einzelnen Kategorieen alphabetisch geordnet. Den Schluss bildet die umfangreiche Expurgation der Werke des Erasmus. Von manchen Büchern wird keine Expurgation gegeben, sondern einfach constatirt, sie enthielten nichts Bedenkliches, würden also freigegeben, oder, sie seien einer Expurgation nicht fähig, blieben also unbedingt verboten^).

Jedenfalls ist in diesem Index, wenn auch nur in einem beschränkten Masse, ein Versuch gemacht, die Bestimmungen der 2., 5. und 8. Regel des Trienter Index zur Ausführung zu bringen. Von Chr. Hegendorphinus, Hier. Schurif, Conrad Gesner, Janus Cornarius, Leonhard Fuchs, Joachim Camerarius, Petrus Ramus, Sebastian Münster und anderen Auetores 1. classis werden manche Werke einfach freigegeben, manche von ihnen und anderen nur unbedeutend, andere freilich stärker, expurgirt. In Rom fand dieser Index anfangs keinen sonder- lichen Beifall; später wurde vieles aus demselben in den Index von Brisighella aufgenommen. In Spanien dagegen war man mit dem Index sehr zufrieden, als mit einem guten Anfange. Quiroga nahm 1584 einen grossen Theil desselben in seinen Index auf; aber die spanische Inquisition setzte das Expurgiren in grösserm Massstabe und mit grösserer Schärfe fort, und während der Antwerpener Index nur ein bescheidenes Quart- bändchen ist, ist der von Sotomayor vom J. 1640 schon ein stattlicher Foliant.

1) Die Formeln sind einerseits: legi possunt; nihil ofFendunt; nihil quin legantur habere videntur; nullam religionis facit mentionem; nihil offendiculi habent contra pietatem vel bonos etiam mores; admissum est u. dgl., anderseits: totus Über rejiciatur ut est in catalogo (dem Index von 1570); tollendi sunt, quia correctionem non admittunt; repurgatione dignum non censuimus u. dgl.

Antwerpener Index expurgatorius 1571. 427

Die Thatsaclie, dass hinter dem Edicte Alba's vier der zehn Regeln des Tr. abgedruckt sind, die 2., 5., 7. und 8., haben van Espen ^) u. a. zu dunsten der Ansicht angeführt, Philipp 11. habe für Belgien nicht alle Regeln, namentlich nicht die 4. (über die Bibelübersetzungen), recipirt. Aber in dem Index von 1570 stehen alle zehn Regeln und es ist doch nicht anzunehmen, dass sie hier ohne hohem Auftrag abgedruckt sein sollten, und die Bestimmung der Ordonnanz von 1570 über den Verkauf von Bibelübersetzungen und Controversschriften (S, 402) stützt sich auf die 4. und 6. Regel. Dass in dem Antw. Exp. (wie bei Bras.) nur die genannten vier Regeln abgedruckt sind, erklärt sich einfach daraus, dass sich nur diese auf die Expurgation von Büchern beziehen.

In der Vorrede des Arias Montanus findet sich die Bemerkung: man dürfe annehmen, dass viele Verfasser von expurgirten Büchern, welche bereits verstorben seien und nun in der andern Welt die Wahrheit besser kennen gelernt hätten, wenn sie von den Todten wiederkehrten, denCensoren sehr dankbar sein würden^), zumal diese in manchen Fällen nur beseitigt hätten, was, wie eine Vergleichung der älteren nnd der späteren Ausgaben zeige, ihren Werken von den späteren Herausgebern beigefügt worden sei, wie das mit der Chronik des Carion und dem Buche des Polydorus Vergilius(?) ge- schehen; die noch lebenden Schriftsteller könnten froh sein, dass ihre Schriften mit Beseitigung des Anstössigen allgemein zugänglich ge- macht würden, und manche hätten sich bereits in Briefen in diesem Sinne ausgesprochen und sich bereit erklärt, die Weisungen der Censoren (bei neuen Ausgaben) zu beachten.

Einen hervorragenden Antheil an der Expurgation hatte die Löwener theologische Facultät. Sie übernahm 5. Mai 1570 die Ex- purgation der Noten und Indices des Erasmus zu Irenaeus, Hierony- nius und Augustinus. Es wurde ihr aber auch die Expurgation der

1) S. das von ihm, Opstraet und Verschuren unterzeichnete Gut- achten in seinen Opp., Col. 1777, V, 45; vgl 1, 214.

2) Mit gewohnter Derbheit führt Greiser (Opp. 13, 21) diesen Ge- danken aus: Die Prädicanten fragen: w^as die verstorbenen Schriftsteller zu solchen Veränderungen ihrer Schriften sagen würden, wenn sie wieder- kämen. Kämen sie aus dem Himmel oder dem Fegfeuer, so würden sie sehr dankbar sein ; kämen sie aus der Hölle, so würden sie sich verhalten wie der reiche Prasser; wo nicht, so wäre auf sie ebenso wenig zu hören, wie wir auf die Prädicanten hören. Er beantwortet auch noch einige andere Einwendungen gegen das Expurgiren: „Die Käufer expurgirter Schriften werden getäuscht." Sie können froh sein, dass sie gute Waaren statt schlechter bekommen. „Die Kirche hat keine Gewalt über fremde Bücher." Sie hat ja deren Tausende verbrennen lassen. Zu dem einen und zu dem andern ist sie ermächtigt durch den Auftrag: Weide meine Schafe u. s. w.

428 Antwerpener Index expurgatorius 1571.

sämmtlichen Werke des Erasmus (gemäss der Bestimmung des Tr.) und des Consilium de schismate von Zabarella übertragen. Sie sandte ihren Bericht 17. Nov. 1570 ab ^). Die theologische Fucultät von Douay gab Gutachten über Bertramus und Reuchlin ab. Diese und einige andere Stücke scheinen so, wie sie eingesandt wurden, abgedruckt zu sein^).

Die Weisungen des Antw. Exp. sind mitunter ziemlich unbe- stimmt, wie: videatur locus et tollantur verba acerba, repurgetur locus (p. 141. 142) u. dgl.; p. 131 heisst es von einem mathemati- schen Buche von Caspar Peucer : nihil offendit, nisi in praefatione aliqua verba, quibus diligenter deletis reliqua non offendunt; p. 121 von den botanischen Schriften des Euricius Cordus: nihil offendiculi habere videtur, quin legatur; scomma unum aut alterum habere vi- detur. In den spanischen Indices werden dagegen die zu tilgenden oder zu ändernden Ausdrücke genau angegeben. Für uns hat der Antw. Exp. vor den spanischen Indices den grossen Vorzug, dass er vielfach die zu streichenden Stellen vollständig abdruckt, so dass man ohne Mühe erkennt, was beanstandet wurde, während diese nur die Anfangs- und Schlussworte angeben.

Bei Enchiridion principis et magistratus christiani, quod refertur ad Petrum Aegidium et Cornelium Scribonium, auctores non repro- batos (Scribonius hatte allerdings 1522 abschwören müssen, war aber 1558 als Katholik gestorben; S. 106. Paquot I, 603), ist die weitere Bestimmung durch ein Versehen weggelassen ; wie der Ausdruck auctores non reprobatos vermuthen lässt, sollte das Buch freigegeben werden. Q,. nahm mit Weglassung dieses Ausdrucks das Uebrige sogar ohne d. c. in seinen Index auf, und so ist es durch S. in den Köm. Ind. gekommen (jetzt unter Scribonius).

Der Herzog von Alba Hess den Index von 1571 mit einem von Arias Montanus verfassten Schreiben Pius V. durch den Car- dinal Pacheco überreichen. Arias Montanus schreibt 16. Nov. 1571 : der Papst sei mit Unrecht verdriesslich über das, was in Belgien

1) de Rani, De laudibus quibus veteres Lov. theologi efferri possunt, 1847, p. 32 (Jo. Molani Hist. Lov. ed. de Ram, 1861, II, 917). Von dem Consilium Zabarella' s heisst es übrigens einfach: visitatum est et ad- missum. Einer der Löwener Mitarbeiter war Heinrich Boxhorn, der später Protestant wurde und in einer Schrift sagt: Repurgatorii Indicis, quem tyrannizante Albano Ben. Arias Montanus in piorum virorum lucubrationes injurius conceperat, executor inter primos factus sexcentas contra falsa doctrinae papisticae capita observationes virgula censoria annotaveram, quam optarem lacrymis et sanguine meo eluere! Francus p. 22.

2) P. 54 wird der Schluss des Gutachtens der drei Löwener Theologen, die die Ausgabe des Augustinus expurgirt hatten, mitgetheilt. Die Gut- achten von Douay haben die Ueberschrift : Judicium Universitatis Üua- censis censoribus probatum, p. 54. 58.

Die Index-Congregation. 429

geschehen, da man doch für die von ihm beabsichtigte Revision „seines" (des Römischen) Index eine gute Vorarbeit geliefert; man wisse übrigens noch gar nicht, wann in Rom ein neuer Index fertig werde und ob derselbe überall werde recipirt werden; der Index Pauls lY. sei ja auch nicht recipirt worden*). Ein Jahr später, 18. Dec. 1572, schreibt er von Rom aus: die Cardinäle wollten ihn dort behalten, um a\i der Emendation der Vulgata und an der „Cor- rection der verbotenen Bücher" zu arbeiten, da man mit der in dem Index von 1571 gelieferten Correction von 100 Büchern zu- frieden sei^). Man wird es in Rom nicht gern gesehen haben, dass in Belgien die weltliche Regierung den Trienter Index mit Zu- sätzen und Expurgationen publicirte, welche in den Trienter Regeln (2. 3. 5. 8.) den Bischöfen und Inquisitoren oder den theologischen Facultäten und der General-Inquisition aufgetragen waren. Man konnte auch an einigen speciellen Punkten des Antw. Exp. Anstoss nehmen, wie an den Bemerkungen über Reuchlin (S. 62) und daran, dass Bücher, die ohne d. c. in der 2. oder 3. Cl. des Tr. stehen, wie die von Bertramus und Zabarella für unbedenklich erklärt, oder, wie die von Fr. Balduinus, expurgirt wurden. Wenn Grregor XIII. 1572 die Index-Congregation mit der Ausarbeitung eines neuen In- dex „mit Beseitigung der Expurgationen anderer" beauftragte (§42), so kann sich letzteres nur auf den Antw. Exp. beziehen. Derselbe wurde damit allerdings vorerst nicht cassirt; aber gleichzeitig nahm der Papst alle irgendwelchen Personen von seinen Vorgängern in irgendwelcher Form, also auch die durch die Trienter Regeln, ver- liehenen Facultäten zum Expurgiren von Büchern zurück, und so ist denn auch ausserhalb Spaniens der Antwerpener Index expur- gatorius der einzige geblieben, abgesehen von dem später zu be- sprechenden Römischen.

42. Errichtung der Index-Congregation.

Wir haben gesehen, dass der Index Pauls IV. durch die Inquisition promulgirt wurde. Eine besondere Congregation von Cardinälen für die Fortführung des Index und die sonstigen mit dem Bücherverbote zusammenbangenden Geschäfte wurde 1571 von Pius V. errichtet. Die betreffende päpstliche Verord- nung ist zwar nicht mehr vorhanden, aber die Thatsacbe un-

1) Mem. de la R. Acad. de la Hist. 7, 53. 154.

2) Col. de doc. ined. 41, 278.

430 " Die Index-Oongregation.

zweifelhaft. Benedict XIV. sagt in der Einleitung der über den

Index handelnden Bulle Solicita vom J. 1753:

Zwei Coiigregationen sind es, die vom apostolischen Stnhle beauftragt sind, schlechte und schädliche Bücher zu untersuchen und zu erkennen, welche zu verbessern und welche zu verbieten seien. Paul IV. soll dieses Geschäft der Oongregation der Inquisition über- tragen haben, und diese nimmt es auch noch jetzt wahr, wenn es sich um das Urtheil über Bücher gewisser Classen handelt. Sicher ist, dass der h. Pius V. der erste Gründer der Congregation des Index ist, welche darauf die folgenden Päpste, Gregor XIII., Six- tus V. und Clemens VIII. bestätigt und mit verschiedenen Privi- legien und Facultäten ausgerüstet haben. Ihre eigentliche und fast einzige Aufgabe ist, die Bücher zu untersuchen, über deren Verbot, Verbesserung oder Gestattung Beschluss zu fassen ist.

In dem Archiv der Index-Congregation findet sich ein Ver-

zeichniss der vier Cardinäle und der neun Consultoren, welche

Pius V. ernannte^). In einem Breve Gregors XIII. vom 13.

Sept. 1572'^) werden sieben Cardinäle genannt, zuerst Wilhelm

Sirleto. In diesem Breve heisst es:

Um allen Anlass zur Verbreitung verderblicher Meinungen zu beseitigen und für die Ruhe der Gewissen, so viel an Uns liegt, zu sorgen, wünschen Wir sehr, der Index der verbotenen Bücher möge möglichst bald in die Form gebracht werden, dass die Christ- gläubigen erkennen können, welche Bücher sie unbehindert lesen dürfen und von welchen sie sich zu enthalten haben, und dass in dieser Beziehung kein Bedenken und kein Zweifel übrig bleibe. Da nun euch die Sorge für diese Angelegenheit von diesem h. Stuhle übertragen worden ist, so wollen Wir, damit ihr das überpom- mene Amt mit grösserer Auctorität verwalten und euere Aufgabe freier und leichter mit Gottes Hülfe vollenden könnet und damit ferner dieses Werk mit Beseitigung der Expurgationen anderer, die eine Verschiedenheit herbeiführen könnten, in Einer bestimmten Form veröffentlicht werden könne, alle und jegliche Facultäten, welche zu allen unten angegebenen Zwecken irgendwelchen Personen von Unseren Vorgängern, aus welchem Grunde und in welcher Form es auch geschehen sein mag, verliehen worden sind, zurücknehmen und alles, was in dieser Angelegenheit von irgend jemand wissent- lich oder unwissentlich unternommen werden mag, für null und nich- tig erklären, euch aber oder der Mehrzahl von euch volle und freie Auctorität und Facultät verleihen, mit Beiziehung von Männern

1) J. Catalanus, De Secretario S. Congr. Indicis libri duo, Rom 1751, p. 20.

2) Es ist nach einem 1572 apud hapredes Ant. Bladi impressoris ca- meralis gedruckten Exemplare abgedruckt A. J. F. 2, 2256.

Die Index-Congreg-ation. 431

bewährten Glaubens ans dem weltlichen nnd dem Ordensstande, die der h. Theologie und der Canones kundig sind, denen allein ihr auch, aber lediglich zu diesem Zwecke, die Erlaubniss zum Behalten und Lesen verbotener Bücher sollt ertheilen können, alle Dunkel- heiten und Schwierigkeiten, die in dem Index selbst und in seinen Eegeln entstanden sind oder entstehen werden, zu erklären und zu entscheiden, die Bücher von ketzerischen oder verdächtigen oder irgendwie verworfenen Schriftstellern zu expurgiren, Bücher nach euerm Dafürhalten zu verbieten oder zu gestatten, solche, die nicht im Index stehen, darauf zu setzen und solche, die gestattet werden sollen, daraus zu entfernen, und das Lesen und Behalten der ver- botenen, aber durch Sachkundige expurgirten und von eucli geneh- migten zu gestatten. Und damit die Sache leichter und nutzbringen- der besorgt werde, sollt ihr allen Bischöfen, . . . Doctoren, Ma- gistern, Buchhändlern, Druckern, Zollbeamten und allen anderen jeden Ranges und Standes bei den nach euerm Ermessen festzu- setzenden Strafen und Censuren vorschreiben können, in allem, was die Erklärung und Verbesserung (reformatio) des besagten Index angeht, eueren Befehlen unweigerlich Folge zu leisten.

In der Bulle Tramensa Sixtus' V. vom 22. Jan. 1587 (Bull. II, 670) heisst es von der Index-Congregation, sie solle die Voll- macht haben,

die vorlängst oder jüngst angefertigten Cataloge und Indices verbotener Bücher und die Regeln derselben zu revidiren, die Bücher, welche in früheren Indices verboten oder suspendirt (mit d. c. ver- boten) seien, zu untersuchen und, sofern sie es für gut halte, zu gestatten, nach der Veröffentlichung des Trienter Index erschienene Bücher, welche der katholischen Lehre und den christlichen Sitten widersprechen, zu prüfen und nachdem sie Uns darüber berichtet, kraft LTnserer Auctorität zu verwerfen, die durch Unrecht und Hinter- list der Menschen verderbten Bücher zu verbessern, solche, die nach Beseitigung weniger Irrthümer im übrigen nützlich sein können, zu reinigen und zu corrigen und Indices expurgatorios anzufertigen, ausserdem neue Bücher zu approbiren und für den Druck derselben Vorschriften zu erlassen. Sie sollen die Universitäten zu Paris, Bologna, Salamanca, Löwen und andere bewährte Universitäten zur Reinigung und Correctur auffordern und deren fleissige Mithülfe in Anspruch nehmen. Wir gestatten auch dieser Congregation, Theo- logen, Canonisten und andere sachkundige, fromme und geeignete Männer, auch von auswärts berufene, bei diesem für die Christen- heit in unserer Zeit so nützlichen Geschäfte zu verwenden und den- selben, aber nur zu diesem Zwecke und nicht auch anderen zu ge- statten, verbotene Bücher auch ohne Unsere Erlaubniss zu behalten und zu lesen.

Eine ausführlichere Darstellung der Organisation und des Verfahrens der Index-Congregation wird besser später gegeben, da sie erst mit dem Anfange des 17. Jahrhunderts in volle

432 Die Index-Cotigregation.

Thätigkeit kam. Zu erwähnen ist aber hier noch die Stellung eines bisher schon oft genannten päpstlichen Beamten. Der Ma- gister Sacri Palatii, stets ein Dominicaner, war ständiger Consultor der Inquisition und der Index-Congregation. Ursprüng- lich war derselbe der päpstliche Hofprediger, später der per- sönliche Consultor des Papstes in theologischen Angelegenheiten und als solcher bis zu der Errichtung jener beiden Congrega- tionen eine einflussreiche Persönlichkeit. Leo X. übertrug ihm in Gemeinsamkeit mit dem Cardinal-Vicar die Censur der in Rom zu druckenden Bücher, und diese Function hat er bis heute behalten ').

Sehr ungeschickt ist der Ausdruck in einer Admonitio ad iectorem in der Index- Ausgabe von 1664 (von Alexander VII.): Pius V. habe die Trienter Commission zur Index-Congregation er- hohen, statt: er habe letztere errichtet und ihr die Fortführung der Arbeiten ersterer übertragen. Ebenso verkehrt ist es , wenn Cata- lani die Eeihe der Secretäre der Index-Congregation mit Forerius (s. S. 324) beginnt, der schon seit 1566 nicht mehr in Eom war. Der erste Secretär war der Minorit Antonius Possius. Ihm folgte 1580 der Dominicaner Lancius und seitdem waren die Secretäre immer Dominicaner.

Die ersten Mitglieder der Index-Congregation waren die Cardi- näle Hieron. Socheri (Cistercienser), Archangelus Blanchi, Yincenz Giustiniani (beide Dominicaner) und Felix Montalto (Minorit, später Sixtus V.), 1570 auch Wilhelm Sirleto, Gabriel Paleotto, Michele Bonelli (Dominicaner) und Nie. de Pelve. Die ersten Consultoren waren die Bischöfe von Reggio (Dominicaner) und von Segni (Au- gustiner), der Monsignore Sacrista des Papstes, der Mag. S. Palatii und die Generalprocuratoren der Minoriten - Observanten und der Conventualen, der Augustiner, Karmeliter und Serviten, also lauter Ordensgeistliche. Die Zahl der Mitglieder 'der Congregation wech- selte. Sixtus V. bestimmte aber, es müssten bei Beschlüssen wenigstens drei zugegen sein. Ein Präfect wird bei Sixtus Y. noch nicht erwähnt; in dem Verzeichniss der Mitglieder in dem Index Alex, ist Paolo Emilio Sfondrato der erste, der als solcher bezeich- net wird. Ohne Zweifel ist aber auch früher einer der Cardinäle Vorsitzender gewesen.

Clemens YIII. bestätigte 1595 die der Index-Congregation übertragenen Yollmachten. Als 1599 Zweifel darüber entstanden, ob sie das Recht habe, die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher zu ertheilen, berichtete in der Sitzung vom 20. Jan. 1600 Card.

1) J. Catalanus, De Magistro Sacri Palatii Apostolici libri duo, Rom 1751.

Der Magister Sacri Palatii. 433

Baroniiis, der damalige Präfect, der Papst habe ihm vivae vocis oraculo erklärt, die Congregation habe nicht nur Jurisdiction über die Bücher, sondern auch über die Verfasser, Drucker und Leser derselben, dürfe sich nur nicht in die (der Inquisition zustehenden) Angelegenheiten der Ketzerei einmengen.

Latinus Latinius (f 1593) erzählt, er habe einmal das Buch des Paschasius über das Abendmahl und dann auch das Buch des Bertramus, welches jenem beigebunden war, gelesen, ohne daran zu denken, dass dieses im Index stehe; als er seinen Irrthum erkannt, habe er das Buch weggeworfen und sich von dem Grosspoenitentiar, dem Cardinal von Ermland (Hosius wurde 1573 Grosspoenitentiar), lossprechen lassen*); diesen musste er angehen, weil es sich um eine reservirte Excommunication handelte. Latinius war damals aber wohl noch nicht Consultor der Index-Congregation.

Später konnte auch der Secretär der Index-Congregation die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher (mit einigen Ausnahmen) ertheilen, aber nur für drei Jahre und nach Ablauf derselben noch einmal für ein Triennium, und nur auf Grund eines Zeugnisses des Bischofs, Generalvicars , Ordensgenerals oder eines andern zuver- lässigen Mannes über die Würdigkeit des Petenten. Dieser hatte sein Gesuch zu motiviren, und zwar nicht mit der allgemeinen For- mel, er bedürfe die Bücher zu seinen Studien, sondern mit der An- gabe, er wolle die Bücher widerlegen oder er bekleide ein Amt, welches das Lesen bestimmter Bücher, die anzugeben waren, für ihn nöthig mache. Das Lesen von Büchern über Kirchengeschichte (historia sacra) oder die eine gefährliche Philosophie lehren , sollte nur mit grosser Vorsicht, das Lesen von dogmatischen Büchern auch zum Zwecke der Widerlegung nur tüchtigen Theologen gestattet werden ^).

Als der erste Magister S. Pal. wird der h. Dominicus bezeich- net. — Der Cardinal Luca sagt von diesem Beamten : ante dictarum congregationum erectionem longe maiorem faciebat figuram. Er war übrigens auch ständiger Consultor der Congregationen der Ablässe und der Riten und ein Prälat von hohem Range. Einige Magistri S. P. wurden Cardinäle. Oft wurde der Generalcommissar der In- quisition oder der Secretär der Index-Congregation zum Mag. S. P. ernannt. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts hatte der Mag. S. P. einen ständigen Socius, der natürlich auch ein Dominicaner war. Für Rom konnte er auch selbständig Bücher verbieten, und Anfangs wurden auch die Decrete der Index-Congregation durch ihn publicirt. Für Rom konnte er auch die Erlaubniss, verbotene Bücher zu lesen, ertheilen, wie denn z. B. Sirleto, ehe er diese Erlaubniss von der Inquisition erhielt (S. 184), im J. 1562 eine solche von dem M. S. P. Thomas Manrique erhalten hatte (Zacc. p. 305).

1) Bibliotheca sacra, Rom 1677, p. 110. Schelhorn, Samml. f. Gesch. 1, 129.

2) Catalani, De Secr. p. 56.

Kouscli, Index. 28

434 I)ie Index-Congregatlon.

Später wurde diese Vollmacht eingeschränkt: er durfte nicht er- lauben, Autoren der 1. Cl. und Bücher, die ex professo de religione handeln, zu lesen ^). Er scheint auch für Auswärtige die Erlauh- niss mitunter vermittelt zu haben. So verschaffte der M. S. P. Paolo Constabile 1574 dem französischen Gelehrten Pierre Morin die Erlaubniss, das griechische Lexicon von Stephanus oder Scapula zu gebrauchen, und 1595 bat Morin den M. S. P. de Miranda, sei- nem^ Neffen die gleiche Yergünstigung zu verschaffen ^). lieber die Handhabung der Censur in Rom s. o. S. 341'^).

1) Catalani, De Mag. S. P. p. 35.

2) P. Morini Opera ed. Quetif II, 377.

3) Vgl. Catalani p. 23. 28. Von den in Rom gedruckten Büchern waren 4 Freiexemplare abzuliefern, für den Mag. S. P., seinen Socius, den Vicesgerens und die Vaticanische Bibliothek. Ein merkwürdiges Beispiel einer Umgehung der oben angegebenen Verordnung liefert das schon oft citirte, wegen der vielen darin mitgetheilten Actenstücke sehr wichtige Buch des Cardinais Francesco Albizzi (f 1684; K.-L. 1, 442) über die Inquisition. Der Titel lautet: De inconstantia in jure admit- tenda vel non. Opus in varios tractatus divisum. Primus nunc typis editum [sie] inscribitur de inconstantia hominum circa virtutes fidei, spei et chari- tatis earumque actus . . . Auetore Francisco . . . Card. Albitio. Amstelae- dami sumptibus Jo. Ant. Huguetan. 1683. (706 S. fol.). Das Buch hat keine Approbation, und in einem kurzen Vorwort des Verlegers wird ge- sagt, er habe durch einen gelehrten Freund eine Abschrift des Manu- scriptes des Verfassers erhalten und das Buch ohne des letztern Vorwissen drucken lassen. Diese Angaben sind unwahr; das Buch ist sicher in der- selben Druckerei gedruckt wie ein zweites, viel weniger wichtiges: De inconstantia in judiciis Tractatus Franc. . . Card. Albitii . . Romae 1698, sumptibus Josephi San-Germani Corbi, mit regelrechten Römischen Appro- bationen. Allem Anscheine nach hat die Inquisition selbst oder Albizzi im Einverständniss mit ihr das erste Buch mit dem falschen Druckort lediglich für ihren Gebrauch, nicht für das Publicum drucken lassen; denn Morone (Dizionario 16, 228) berichtet, noch jetzt werde von der In- quisition jedem Cardinal, der ihr Mitglied werde, und jedem Consultor ein Exemplar eingehändigt, welches nach dem Tode oder dem Ausscheiden des Betreffenden aus der Inquisition zurückgefordert werde. Bei den Ver- handlungen über die Erhebung des h. Alphons Liguori zum Doctor Ec- clesiae wurde dieser, der eine Ansicht vorgetragen, welche einer Entschei- dung der Inquisition vom J. 1661 widerspricht, damit entschuldigt, diese Entscheidung sei nur bei Albizzi gedruckt gewesen, dessen Buch aber ausserhalb Roms kaum in einer Bibliothek zu finden; es stehe in dem Catalog der Casanatensischen Bibliothek, aber mit der Bemerkung, es werde

Pius V. und Gregor XIII. 435

43. Pills V. und Gregor XIII.

Pius V. (1565-72) und Gregor XIII. (1572—85) dachten an die Publication eines neuen Index, der nach den Andeutungen in der Bulle von 1572 (S. 430) wesentlich ein Index expurga- torius nach Art des Antwerpener werden sollte. Ein solcher ist aber im 16. Jahrhundert in Rom überhaupt nicht erschienen und ein Index prohibitorius erst 1590, nachdem für denselben nicht nur m Belgien, sondern auch, wie wir sehen werden, in Portugal, Spanien und Baiern vorgearbeitet worden. Man be- schäftigte sich aber in Rom unter den beiden genannten Päpsten, wie wir gesehen, mit der Expurgation einzelner Bücher, von Erasmus, Boccaccio, Polydorus Vergilius, Zasius, Harphius u. a. Zu dieser Expurgationsthätigkeit kann auch die Veranstaltung einer neuen Ausgabe des Corpus juris canonici, einigermassen auch die Revision der liturgischen Bücher (Messbuch und Brevier) gezählt werden.

Eine für die Geschichte des Index in der spätem Zeit fol- genreiche Massregel war die Verdammung der Lehre des Michael Bajus durch Pius V.; eine unmittelbare Wirkung für den Index hatte diese nicht, da die betreffenden Bücher nicht verboten wurden. Unter den einzelnen Bücherverboten, die in diese Pontificate fallen, ist das eines Werkes des spanischen Erz- bischofs Carranza das interessanteste 44).

Auch einige Ketzerprocesse aus dieser Zeit sind für die Ge- schichte des Index von Bedeutung. Aonius Palearius (Antonio della Paglia aus Veroli) war schon 1542 zu Siena wegen eines Schriftchens über das Leiden Christi (S. 384) processirt, aber frei- gesprochen worden. Nach dem Erscheinen einer Sammlung seiner schon wiederholt gedruckten lat. Schriften (Briefe, Reden und Lehrge- dicht de animarum immortalitate) in Basel 1566 wurde er 1567 zu

nicht ausgeliehen (Non si dia! Urbis et Orbis. Concessionis tituli Doc- toris Eccl. in hon. S. Alph. M. de Ligorio. Responsio in aniinadv. Pro- motoris Fidei, Rom 1870, p. 140. 142). Wenn dabei bemerkt wird: Su- specta fides erat Albitii ipsius, cujus opus Amstelodami editum ; parum abfuit, quin in vetitorum librorum Indicem recenseretur, so ist das un- sinnig.

436 t'ius V. und Gregor Xlll.

Mailand von der Inquisition verhaftet, 1568 nach Rom geführt und dort 3. Juli 1570, obschon er sich zu einem Widerruf verstand^), gehängt und verbrannt. Bei S. steht nur in der 2. Cl. Aonii Pa- learii Verulani Oratio de [pro] seipso, die zu Siena gehaltene Yer- theidigungsrede, eine der zuerst zu Lyon 1552 gedruckten Orationes duodecim. Durch Cl. kam er in die 1. Cl. Sot. verordnet in der genannten Ausgabe der Orationes jene Eede zu streichen, ex- purgirt auch Epistolarum 11. IV, und streicht in dem schon 1536 zuerst gedruckten Lehrgedichte die Dedication an P. P. Yergerio.^ Die Actio in Pontifices Rom. et eorum asseclas ad Imperatorem, reges et principes conscripta, cum d.e Concilio Trid. deliberaretur, schon um 1542 verfasst^), ist erst 1606 gedruckt. Sie wird wed6r im Rom. noch im span. Index ausdrücklich erwähnt. Pietro Carne- secchi, von Clemens VII. zum Protonotar ernannt, 1546 von der Inquisition nach Rom citirt, aber freigesprochen, 1559, da er einer zweiten Citation nicht Folge leistete, als unbussfertiger Ketzer ver- dammt, unter Pius IV. wieder freigesprochen, 1566 auf Verlangen Pius' V. von dem Herzog Cosimo von Florenz, bei dem er gerade zu Tische sass, als der päpstliche Gresandte Card. Pacheco ankam, ausgeliefert, wurde 1567 hingerichtet^). Er steht nicht im Index, er war ja auch kein Schriftsteller; aber in mehreren nach 1567 erschienenen Ausgaben von Briefsammlungen ist sein in fi-ühe- ren Ausgaben stehender Name weggelassen*). Franc. Cellario, Prediger im Veltlin, wurde in Mantua verhaftet, nach Rom abge- führt und 1569 hingerichtet. Als Gruido Zanetti da Fano verhaftet

1) In dem Tagebuch der Bruderschaft S. Joannis decollati, welche die Verurtheilten begleitete, heisst es von ihm: Confesso e contrito do- mandö perdono a Dio e alla Vergine Maria e a tutta la corte del cielo e disse voler morire da buon cristiano e credere tutto quello che crede la S. Rom. Chiesa. J. Pogiani Epp. 2, 188. Daunou, Essai bist, sur la puiss. temp. des Papes, 1818, 2, 278 (vgl. Riv. crist. 1879,145) theilt eine (nicht datirte) Retractation mit, die allerdings, wenn echt, merkwürdig genug ist: Credo et confiteor, quidquid S. Conc. Trid. definivit et quidquid S. Eccl. cath. Rom. credit et confitetur, insuper particulatim confiteor hoc: ... 3. quod Summus Pont. Rom. potest instituere ministros, qui occidant haereticos; 4. quod ipsemet in casu aliquo potest etiam per se haere- ticos occidere, ut legimus de Samuele et Petro u. s. w.

2) R.-E. 11, 166. Leva, Carlo V., 3, 380. 441.

3) Doch wahrscheinlich gehängt und dann verbrannt, obschon sonst auch wohl Ketzer lebendig verbrannt wurden. R. Gibbings, Report of the trial and martyrdom of P. Carnesecchi, 1856, p. XXVIII, und Were he- retics ever burned alive at Rome ? A report of the proceedings in the Rom. Inquisition against Fulgentio Manfredi [1610], 1852.

4) Th. Lit.-Bl. 1874, 509. Schelh. Erg. I, 189.

Aonius Palearius. Jacobus Palaeologus. 437

wurde, verlangte der Senat von Venedig, der ProceRs solle dort geführt werden ; der Papst erklärte aber, weltliche Behörden hätten nicht über Ketzer zu Gericht zu sitzen, sondern das von der kirch- lichen Behörde gefällte Urtheil zu vollstrecken '). Ein Italiener, der sich Jacobus Palaeologus aus Chios nannte (er wollte aus der Familie der Palaeologen sein) und unter Pius V. aus dem In- quisitionsgefängnisse entflohen und in effigie verbrannt worden, dann als Antitrinitarier in Polen und Siebenbürgen thätig gewesen, von dem Nuncius Bonomi in Deutschland verhaftet und nach Rom ge- schickt worden war, sollte 13. Febr. 1583 hingerichtet werden, be- kehrte sich aber auf dem Richtplatze und versprach, eine Retracta- tion zu verfassen und an die von ihm Irregeleiteten zu schreiben, und wurde darauf in das Gefängniss zurückgeführt, später (1585?) aber doch enthauptet^). S. setzte Jacobi Palaeologi Chii opera omnia in die 2. Gl. ; durch Gl. kam er in die 1. Gl.

Welche Bedeutung Pius V. der Thatsache beigelegte, dass jemand in der 1. Gl. des Index stand, zeigt folgendes : Gilbert Gou- sin aus Nozeroy (Gilbertus Gognatus Nozerenus), der 6 Jahre zu Basel und Freiburg Amanuensis des Erasmus gewesen und allerlei gram- matische und rhetorische, auch einige theologische Schriften im Sinne des Erasmus veröffentlicht hatte, in denen gewiss manches für die Gurie Anstössige vorkam, lebte später als Pfarrer in Bur- gund, zuletzt in Besangon unter spanischer Herrschaft^). Unter dem 8. Juli 1567 erliess Pius V. ein Breve an das Parlament von Dole des Inhalts : er habe mit Missfallen vernommen, dass zu Be- sangon quidam satanae atque iniquitatis alumnus, Gilb. Gognatus, wohne, dessen Werke auf den Index gesetzt und auch von der h. Trienter Synode verboten und zuletzt in einer Sitzung der Gardinäle der Inquisition verdammt worden seien'*) ; dem Vernehmen nach be- fasse er sich mit dem Unterricht von Knaben ; das Parlament werde ersucht, ihn zu verhaften, gemäss den dort geltenden Verordnungen,

1) Mendham, Pius V. p. 114. 116.

2) Laemmer, Zur Kirchengesch., 1863, S. 145 verzeichnet: Relazione . . di Pietro della Massigliara alias il Paleologo, capo eresiarca in Ger- mania, fuggito dalle carceri del S. 0. di Roma, abruciato in pittura da Pio V. e decapitato dopo la sua ritrattazione da Gregorio XIII. Mis- cellanea di storia ital. 18, 589. Sandius, Biblioth. Antitr. p. 58. Quetif II, 340. Ueber seine Bekehrung liegt ein von Bonomi an den Herzog Wilhelm von Baiern gesandter Bericht vom 19. Febr. 1583 im Münchener Staatsarchiv.

3) Nie. 24, 45. Haag s. v. Das Breve bei Baluzius, Mise, 7, 165.

4) Das scheint nur eine rhetorische Amplification der Thatsache zu sein, dass Gilb. Gognatus von P. in die 1. Gl. gesetzt und weder in Trient noch vor der Publication des Tr. durch die Inquisition gestrichen worden

438 Pius V. und Gregor XIII.

quas placartos vulgo appellant, gegen ihn vorzugehen und darüber an den Papst zu berichten. Der Jesuit Chifllet, in dessen Papieren Baluze das Breve fand, hat beigefügt: In carcerem archiepiscopi con- jectus ibique mortem obiens debitum suis flagitiis supplicium ante- vertit. Andreas Fricius Modrevius, Secretär des Königs Sigis- mund August von Polen, den Aloysius Lipomanni wegen seines Buches de ecclesia in ßom denuncirt, von dem Lov. 58 De repu- blica emendanda 11. 5 (Krakau 1551) verboten, war gleichfalls von P. in die 1. Cl. gesetzt worden. Pius V. forderte den Bischof von^ Wladislaw, in dessen Diöcese er seine Güter hatte, auf, den Ketzer zu vertreiben und seiner scultetia zu entsetzen. Der Bischof antwor- tete 1568, Fricius sei weggezogen ^).

Neben den vielen Beweisen von Härte gegen Ketzer, die von Pius V. zu berichten sind, verdient doch erwähnt zu werden, dass er als General-Inquisitor den Minoriten Sixtus von Siena, als er von der Inquisition als Ketzer ^) zum Tode verurtheilt war, zum Widerruf bewog und begnadigte und seine Aufnahme in den Dominicanerorden vermittelte. Sixtus' Bibliotheca sancta, die mit einer Widmung an Pius V. zuerst 1566 erschien, wird von Sot. nicht gerade expur- girt, aber verordnet, zu einer Reihe von Stellen berichtigende Rand- noten beizufügen, wie schon in einigen späteren Ausgaben geschehen war. Es sind die Stellen, an denen die deuterokanonischen Stücke im Buche Esther als Apokrypha bezeichnet werden^).

Zu Trient war eine Commission mit der Revision des Mess- buches und des Breviers beauftragt, aber mit ihrer Arbeit nicht fertig geworden. In der letzten Sitzung wurde die Sache dem päpstlichen Stuhle überwiesen (Cont. Sess. 25. Decr. de indice libro- rum et catechismo, breviario et missali). Die neue Ausgabe des Missale erschien 1570 mit einer Bulle Pius' V., worin den Druckern unter Androhung der Excommunicatio 1. sent. befohlen wird, das Missale fortan nicht ohne ausdrückliche Erlaubniss und nur genau nach der Römischen Ausgabe zu drucken. Am 1. Febr. 1601 er- liess die Index-Congregatien ein Decret (No. 1 in der Sammlung von Decreten bei Alex.), durch welches die Drucker, welche das Missale mit Aenderungen abgedruckt, den Censuren Pius' V. ver- fallen erklärt und speciell die seit 1596 in Venedig apud Junctas, Seseas, Mysserinum et ad signum Syrenae atque Europae gedruckten

1) Schelh., Erg. 1, 671. Sandius, Biblioth. Antitrin. p. 35.

2) Nicht als juif relaps (Sixtus war ein geborener Jude), wie R. Simon, Lettres I, 231 angibt, sondern als haereticus relapsus. Quetif II, 206. Werner, Thomas von Aquin 3, 470.

3) Die Gelehrten Sotomayors zählen auch den 151. Psalm und den Anhang zum B. Job in der Septuaginta, obschon beide nicht in der offi- ziellen Vulgata stehen, zu den Stücken, die man nach dem Tridentinum nicht apokryph nennen dürfe. Sie streichen ausserdem noch eine Stelle über Jo. Ferus, 1. 6, a. 191.

Missale und Brevier. 439

Ausgaben verboten und die Bischöfe angewiesen werden, die be- reits gekauften Exemplare derselben nach der officiellen Ausgabe corrigiren zu lassen. Demgemäss stehen seit Alex, die von der E-ömischen Ausgabe abweichenden Missalia und speoiell die ge- nannten Venetianischen im Index (seit Ben. in den Decr. gen. IV, 4). Die Aenderungen in den fraglichen Ausgaben bestehen übrigens hauptsächlich darin, dass die biblischen Stücke, auch die nicht aus der Vulgata stammenden, mit der von Clemens VIII. 1592 publi- cirten Vulgata- Ausgabe in Uebereinstimmung gebracht waren ^).

Das neue Brevier erschien schon 1568 mit einer Bulle, worin alle Diöcesen und Orden, die nicht ein vom Papste genehmigtes oder seit 200 Jahren in Gebrauch befindliches Brevier hätten, zur Annahme desselben verpflichtet wurden. Vorschriften und Straf- bestimmungen, wie in der Bulle von 1570, stehen nicht in dieser Bulle, sondern in der von Clemens VIII. von 1602, durch welche eine neue, angeblich nur von willkürlichen Aenderungen des Textes Pius' V. gesäuberte, in Wirklichkeit aber veränderte Ausgabe des Breviers vorgeschrieben wurde, ürban VIIL publicirte dann 1631 und 1634 wieder neue Ausgaben des Breviers und Messbuches mit analogen Vorschriften. Durch die Bulle von 1568 wurde auch das von dem Cardinal von Santa Croce, Franz Quinones, im Auftrage Clemens' VII. ausgearbeite, von Paul III. approbirte und seit 1535 wiederholt gedruckte Brevier (Breviarium Sanctae Crucis) wieder beseitigt 2).

Mit dem Brevier wurde auch das Officium parvum B. Mariae V. in revidirter G-estalt publicirt. In einer Bulle vom J. 1571 (Bull. II, 354) verordnete Pius V., nur diese Ausgabe dürfe von denjenigen, die zur ßecitation jenes Officiums verpflichtet seien, ge- braucht werden, verbot eine 1570 zu Venedig erschienene Ausgabe, Off". B. M. V. per Conc. Trid. Pio V. P. M. reformatum und alle Uebersetzungen des Off. in der Volkssprache, und befahl, diese den Inquisitoren abzuliefern, die von der officiellen Ausgabe verschie- denen lateinischen Ausgaben aber, auch die unter den Titeln Hor- tulus animae, Thesauri spiritualis animae compendium u. s. w. er- schienenen, von den Inquisitoren expurgiren zu lassen, da die meisten derselben abergläubische Dinge, fälschlich gewissen Heiligen zuge- schriebene Grebete und apokryphe Ablässe enthielten. V. 59 hatte

1) Kaulen, Gesch. der Vulgata S. 488.

2) Die Bullen stehen in allen Ausgaben des Rom. Breviers. Vgl. Probst, Brevier und Breviergebet, S. 54. Laemmer, Coelestis urbs Jeru- salem, 1866, S. 84. Quiöones bezeichnet sein Brevier als Breviarium Rom. ex s. potissimum scriptura et probatis sanctorum historiis collectum. Es war viel kürzer als das gewöhnliche. Die Sorbonne gab ein sehr un- günstiges Urtheil darüber ab. Arg. IIa 121. Von dem Kölnischen Brevier, welches zu den mehr als 200 Jahre gebrauchten gezählt wurde, erschien 1576 eine Ausgabe de consensu Gregorii XIII.

440 Pius V. und Gregor XIII.

sclion eine Menge von lateinischen und übersetzten Horae Romanae (ein anderer Name des Off. parvum B. M. V.) aus den Jahren 1513 1557 mit dem Bemerken verboten, sie enthielten plura curiosa et superstitiosa (S. 311). Im Liss. 81 werden die Bestimmungen der Bulle Pius' V. eingeschärft, in den spanischen Indices seit Q. wer- den ohne Bezugnahme auf die Bulle alle Horae in der Volksprache verboten'). Ein Diurnale Eomanum, Impressum Lugduni in aedi- bus Feliberti Rolleti et Barth. Freni a. 1548 steht schon bei V. 51 und im Eöm. Index seit P. noch heute (ein Diurn. Rom. impr. Lugd. ap. Theobaldum Paganum 1549 im Par. 51). Die span. Ind. seit V. 51 verbieten auch Missale Rom. impressum apud Gruil. Rouillium sub scuto Veneto a. 1550, und seit V. 59 Missale Rom. impr. Lugd. ap. M. Steph. Baland. a. 1551, letzteres mit: nisi de- leatur rubrum appositum ad officium missae de s. nomine Jesu.

Durch eine Bulle vom 30. Nov. 1570 (Bull. II, 343) verbot Pius V., fortan irgend etwas über die Immaculata Conceptio in der Volksprache zu schreiben.

Im J. 1566 beauftragte Pius V. eine besondere Commission von fünf Cardinälen, denen 12 Gelehrte als adjutores beigegeben wurden, mit der Bearbeitung einer neuen Ausgabe des Corpus juris canonici, die Congregatio de emendatione decreti Grra- tiani, später gewöhnlich Correctores Romani genannt^). Die Aus- gabe erschien erst 1582 mit zwei Breven Gregors XIII. von 1580 und 1582, worin verordnet wird, das Corpus j. c. sei fortan nach dieser Ausgabe unverändert, auch ohne Beifügung von interpreta- menta zu drucken.

Schon 1572, bald nach der Thronbesteigung Gregor's XIII., publicirte der Mag. S. Pal. Thomas Manrique, er war Mitglied der Commission, sagt aber nichts von einem Auftrage derselben, Censura in glossas et additiones juris can., omnibus exemplaribus hactenus excusis respondens^), mit einer Einleitung, worin er sagt: die bisher edirten Glossen entstellten an vielen Stellen die Wahr- heit der kirchlichen Lehre; damit ihre Leetüre keinen Schaden

1) Eine zu Paris 1556 erschienene lat. Ausgabe wurde nach Llorente I, 477 in Spanien 1570 verboten wegen einer Vignette: Kreuz und Schwan mit der Umschrift: In hoc cigno vinces.

2) Im Laufe der Zeit wurden weitere Mitglieder ernannt, so dass im ganzen 35 an der Arbeit betheiligt gewesen sind. Vgl. Theiner, Dis- quisitiones crit. p. VIII und App. I. Phillips, Kirchenr. IV, 195. Schulte, Die Glosse zum Decr. Grat. S. 94; Gesch. I, 72.

3) Ein Abdruck davon ist: Censura in Glossas & Additiones Juris Canonici, omnibus exemplaribus hactenus excusis respondens. Ex Archetypo Romano, Pontificis Maximi jussu aedito. Librorum, titulorum & capitu- lorum numerus, omnibus: Paginarum vero Lugdun. & Venet. Codicibus, post annum 1553. impressis respondet. Coloniae, Cholinus 1572. 57 Bl. 8.

Corpus juris canonici. 441

bringe, verzeichne er im folgenden diejenigen Stellen, welche ver- derbliche Irrthümer enthielten und welche sammt den Zusätzen des impius Carolus Molinaeus binnen drei Monaten in allen Ausgaben zu streichen seien, bei den im Index angedrohten Strafen ; später werde eine genauere und vollständigere Eepurgation und eine Aus- gabe des Corpus juris mit Bezeichnung der Irrthümer erscheinen, welche die wahre und gesunde Lehre der Kirche verlet:sen könnten. Schon im folgenden Jahre 1573 wurde aber diese Expurgation cassirt. Manrique's Nachfolger Paulus Constabilis veröffentlichte eine Censura in additiones marginales textuum juris can. omnibus exemplaribus hactenus excusis respondens de mandato S. D. N. D. Gregorii XIII. edita, mit einer Vorrede, worin er sagt: Die alten Glossatoren seien fromme und katholische Männer gewesen, hätten aber freilich mitunter aus Unwissenheit gefehlt oder über Punkte, die noch nicht definirt waren, zu frei gesprochen; in der im Auf- trage des Papstes zu publicirenden neuen Ausgabe des Jus can. würden den alten Glossen, welche einen Irrthum enthielten, Anmer- kungen beigefügt werden ; bis zum Erscheinen dieser Ausgabe dürften die bisherigen Ausgaben ohne irgendwelche Aenderung der alten Glossen benutzt werden; nach dem Erscheinen der neuen Ausgabe seien die Anmerkungen denselben beizuschreiben. Dagegen habe der Papst befohlen, in den Zusätzen des Molinaeus binnen sechs Monaten die in der folgenden Censura bezeichneten Stellen zu streichen, bei den im Index angedrohten Strafen*). Auch in dem Breve Gregor's XIII. von 1580 heisst es : die alten Glossatoren seien milde zu beurtheilen, wenn sie in Folge eines Irrthums, oder weil manches noch nicht von den Concilien definirt gewesen, zu frei gesprochen. In der Ausgabe des Corpus juris von 1582 sind denn auch die von Manrique gestrichenen Stellen fast alle unverändert gelassen, die meisten aber mit Noten versehen, in welchen die Glossatoren nach Thomas von Aquin, dem Concil von Trient u. s. w. oder nach den curialistischen Eechtsanschauungen berichtigt werden*'^).

Es ist erklärlich, dass die protestantische Polemik sich dieses Stoffes bemächtigte: Joh. Pappus fügte seiner Ausgabe des Ant- werpener Expurgatorius, Strassburg 1599 (S. 424) eine sehr be- queme Zusammenstellung der von Manrique gestrichenen Glossen mit den Noten des Corpus juris bei und machte in der Vorrede seine Glossen dazu^).

Die von den Magistri S. Pal. erwähnten additiones impii Caroli Molinaei sind enthalten in der von diesem besorgten, aber anonym erschienenen Ausgabe des Decretum Gratiani u. s. w. Lugd.

1) Beide Vorreden bei Theiner p. XV.

2) Beispiele bei Schulte, Die Glosse S. 95.

3) Diese Collatio ist abgedruckt in den Indices expurgatorii duo Hanoviae 1611, p. 212—251, die Vorrede von Pappus ebend. p. 18.

442 Pius V. und Gregor XIII.

1554'). Carolus Molinaeus, Charles Du Moulin, geb. 1500, nach einem vielbewegten Leben als Katholik, von seinem Verwandten Claudius Espencaeus auf dem Sterbebette bekehrt, gestorben 1566, spielt in der Geschichte des Index eine grosse ßolle^). Er hat einige theologische Sachen, zum Theil gegen die Calvinisten ge- schrieben; aber im Index kommen hauptsächlich seine juristischen Schriften in Betracht. Im Lov. 58 wird von ihm verboten Com- mentarius ad edictum Henrici II. Galliarum Eegis contra parvas datas et abusus Curiae Rom. et in antiqua edicta et senatus con- sulta Franciae contra Annatarum et id genus abusus, multas novas decisiones juris et praxis continens, 1552 veröffentlicht, als Hein- rich II. im Kriege mit Julius III. die G-eldsendungen nach Rom verbot. Diese Schrift hatte auch die Sorbonne, der sie vom Par- lamente zur Censur übersandt war, 1552 als liber toti orbi christiano perniciosus, scandalosus u. s. w. bezeichnet, dabei aber erklärt, sie wolle mit dieser Censur der Autorität und Jurisdiction des Königs nicht zu nahe treten. Das Parlament verbot darauf den Druck und Verkauf der Schrift, befahl aber der Sorbonne, ihre Censur vorläufig nicht zu veröffentlichen^). Seit P. steht Mol. in der 1. Cl. 1564 schrieb er gegen die Reception des Trienter Concils. Das Pariser Parlament setzte ihn darauf gefangen; Karl IX. Hess ihn frei, ver- bot ihm aber, über theologische Dinge, das Concil und den apostoli- schen Stuhl zu schreiben*). Pius V. Hess die Schrift gegen das Trienter Concil durch Andreas Vega und Petrus Fontidonius wider- legen (Laderchi 22, 266). Card. G-ranvella sagte schon 1562 von ihm, er sei ein grösserer Ketzer als Luther^), und Raynaldus (a. 1564, 12. 13.) meint, er sei nicht nur ein Ketzer, sondern ein Häre- siarch gewesen.

In der Antw. App. 70 werden von Mol. verboten omnia opera ex professo de religione tractantia, caetera quoque donec repurgentur ; in dem Antw. Exp. 71 werden dann mehrere juristische Schriften einfach freigegeben, andere expurgirt. Ebenso bei Q. (auch im Liss. 8 1 werden nar die theologischen Schriften verboten, einige juristische expurgirt). Verboten werden von Q. und danach von S. Cl. einige unter dem Namen Gaspar Caballinus (zu Venedig 1574 76) er- schienene juristische Tractate, mit dem Bemerken, sie seien von Mol. Unter dem 21. Aug. 1602 erHess aber Clemens VIII. eine eigene Bulle (Bull. III, 153), worin es heisst: C. Molinaeus, damnatae me-

1) Schulte, Die Glosse S. 92. Sie steht mit vollständigem Titel, aber ohne Namen, bei V. 59 und Q. und danach auch bei S., wurde aber von Cl. gestrichen.

2) J. Brodeau, Vie de M. Ch. du Moulin et sa mort chretienne et cath., 1654. Dupin, Bibl. 16, 82. Nie. 33, 96. Prat, Maldonat p. 89.

3) Arg. IIa 205. Jourdain 1833. Baumg. VI, 51.

4) A. J. F. 14, 249.

5) Gachard, Corr. de Philippe II. I, 205.

Carolus Molinaeus. 443

moriae, homo impius et haereticus, stehe in der 1. Cl. und es seien alle Schriften von ihm verboten. Gleichwohl würden von einigen, namentlich Juristen, diese Schriften unter dem Vorgeben, man wolle sie prüfen und expurgiren oder bei Processen benutzen, mit grosser Gefahr für ihr und anderer Seelenheil gelesen, und es sei auf jenes Vorgeben hin mitunter von Bischöfen und Inquisitoren unüberlegter Weise die Erlaubniss dazu ertheilt, mitunter auch diese Erlaubniss (mit der Weisung, die Bücher nur nach Ausmerzung aller Irrthümer zu gebrauchen) von dem h. Stuhle, der Index-Congregation oder der Inquisition auf verschiedene Weise erzwungen oder erlangt worden (extortas aut impetratas). Der Papst verbiete nochmals und für immer bei Strafe der Excomm. 1. sent., irgendwelche Werke des Mol., auch wenn sie angeblich expurgirt oder unter einem andern Namen erschienen seien, zu lesen oder zu besitzen, sie könnten nicht anders als durch das Feuer expurgirt werden, annullire alle bisher ertheilten Ermächtigungen zum Lesen derselben, verbiete auch den Cardinälen der Inquisition und der Index-Congregation, solche Ermächtigungen zu ertheilen ; nur von dem Papst eigenhändig unterschriebene Ermächtigungen sollten fortan Gültigkeit haben. (Seitdem wird in den gewöhnlichen Licenzen zum Lesen verbotener Bücher C. Molinaeus ausgenommen.) Nicht verboten solle sein das Behalten von Ausgaben des Corpus juris und von Büchern katholi- scher Schriftsteller mit Zusätzen oder sogenannten Apostillen des Mol., es handelt sich um die von Mol. besorgten Ausgaben von Werken der mittelalterlichen Juristen Phil. Decius, Dinus Mugellanus und Alexander Tartagnus, wenn diese Zusätze nach der 1602 in der Druckerei der apostolischen Kammer gedruckten Censur getilgt und verbessert seien. Vor Ablauf eines Monats seien alle Schriften des Mol. den Bischöfen oder Inquisitoren abzuliefern und von diesen sofort zu verbrennen.

Die in der Bulle mit ihrem vollen Titel angeführte Expur- gation^) ist bei Bras. und seit Sand, in den spanischen Indices ab- gedruckt. Es sollen gestrichen werden: der Name Carolus Molinaeus (auch in der Abkürzung C. M.), alle Vorreden von ihm, alle Briefe von ihm und an ihn oder über ihn, alle Stellen, an denen er andere Ketzer oder seine eigenen Schriften (mit ut dixi u. dgl.) citirt, und viele andere Stellen. Zum Schlüsse heisst es noch: wenn jemand bedenkliche Stellen linde, die der Verfasser der Expurgation über- sehen habe, so sei er verpflichtet, auch diese zu streichen.

Die sämmtlichen Werke des Mol. wurden schon 1612 zu Paris und seitdem wiederholt gedruckt und von den Juristen im 17. Jahrb.

1) Censura in omnes Additiones, seu Adnotationes marginales dam- natae mem. impii Caroli Molinaei ad Textum Juris Canonici, Commentaria Decii in Decretales et Jus Civile, ad Consilia Decii et Alexandri, et ad Dynum de regulis, et Decium in titulo ff. de Regulis Juris. Romae 1602. 24 Bl.

444 Pius V. und Gregor XIII.

viel gebraucht '). Dass man in Rom das unbedingte Verbot aufrecht erhielt, zeigt ein von dem Bischof von Tournay auf einer Diöcesan- synode 1661 publicirtes Decret: Die Decane und Büchercensoren seien von einem Beamten gehindert worden, verbotene Bücher, namentlich die Werke des Mol. zu sequestriren. Mehrere belgische Bischöfe hätten, da sie gesehen, dass sich diese in den Händen aller Juristen befänden, in Rom angefragt, ob nicht dieselben wenigstens expurgirt und dann unter einem andern Namen herausgegeben wer- den könnten; sie hätten aber zur Antwort erhalten, es sei den Juristen, auch den höchstgestellten, in keiner Weise erlaubt, diese Bücher zu lesen, und zu expurgiren seien sie nur durch das Feuer. Se. Majestät solle darum gebeten werden, das Edict gegen die Schriften des Mol. zu erneuern unter Androhung einer Strafe von 1000 Gulden oder der Vermögensconfiscation oder der Verbannung gegen diejenigen, welche sie lesen oder bei gerichtlichen Verhand- lungen citiren würden '^). Etwas später sagt der französische Theologe Anton Arnauld: „Wenn ein Schriftsteller sich der Komi- schen Curie dadurch missliebig gemacht hat, dass er gegen ihre Prätensionen geschrieben, so begnügt man sich nicht damit, diese Schriften zu verbieten, sondern verbietet oft alle seine Schriften, auch diejenigen, die nichts Schlechtes enthalten. So ist es dem gelehrten Juristen Du Moulin ergangen . . . Einige seiner Schrif- ten mögen verdienen, censurirt zu werden; aber man hat alle verdammt, auch die juristischen, die nur viel für die Juristen sehr Kützliches enthalten, und man hat die Aversion gegen seine Schriften so weit getrieben, dass man sie bei der Ertheilung der Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher immer ausnimmt^ ^).

Michael Bajus (de Bay) suchte bei der Behandlung der Theologie die Bibel und die altkirchliche Tradition mehr zur Greltung zu bringen, als dieses in der Scholastik geschehen. Ausser dieser allgemeinen antischolastischen Tendenz erregte seine Gna- denlehre Anstoss, die man als eine der reformatorischen sich annähernde bezeichnete. Seine Hauptgegner, die belgischen Francis- caner, legten, ehe Bajus etwas geschrieben, 18 Sätze, die er vorge- tragen haben sollte, der Sorbonne vor, welche 27. Juni 1560 14 als ketzerisch, 4 als falsch bezeichnete*). Bajus vertheidigte sich und erklärte, er habe die betreffenden Sätze überhaupt nicht oder nicht in dem Sinne, den man ihnen untergelegt, gelehrt. Im Sommer 1561 schrieb der Nuncius Commendone an den Cardinal Gonzaga, Legaten in Trient : Bajus und sein Freund Hesseis seien gelehrte und exemplarische Männer und hätten einen grossen Anhang; der Papst möge den Franciscanern Schweigen gebieten und sich selbst

1) Van Espen, De prom. leg. 4, 2, 4, Opp., Col. 1777, IV b 150.

2) A. J. P. 4, 1428.

3) Diff. ä M. Steyart n. 9 (Oeuvres 9, 283).

4) Arg. II a 203. Linsenmann, M. Bajus, 1867, S. 35. 254.

Michael Bajus. 445

die Entscheidung des Streites vorbehalten ; zunächst aber möge man beide als Theologen nach Trient berufen, wo dann die Legaten auf sie einwirken könnten'). Bajus nahm wirklich als Theologe an den letzten Verhandlungen in Trient Theil. Unmittelbar vor seiner Ab- reise nach Trient, Anfangs 1563, und nach seiner Rückkehr ver- öffentlichte er eine Reihe von dogmatischen Abhandlungen. Der Löwener Theologe Jod. Ravesteyn (Tiletanus) und Lorenzo da Villa- vicencio sandten 9 Sätze daraus an die Universitäten Alcala und Salamanca, und nachdem diese dieselben censurirt '^), wurden 76 (nach einer anderen Zählung 79) Sätze mit Genehmigung Philipps II. 1566 bei dem Papste denuncirt. In einer Bulle vom 1. Oct. 1567 verdammte Pius V. diese „von manchen sonst anerkannt gelehrten und wohldenkenden Männern mündlich und schriftlich vorgetragenen Sätze", Bajus wird nicht genannt, als „respective ketzerisch, irrig" u. s. w., und „alles, was darüber mündlich und schriftlich vorgetragen", und verbot unter Androhung der Absetzung und der reservirten Exeommunication, „über diese und ähnliche Sätze irgend- wie zu reden, zu schreiben und zu disputiren"^). Die Bulle wurde vorläufig nicht förmlich publicirt, sondern nur der theologischen Facultät zu Löwen und den Vorstehern der belgischen Franciscaner- klöster mitgetheilt. Während die anderen Mitglieder der Facultät sich sofort unterwarfen, schickte Bajus Apologieen nach Rom und deutete in einem Schreiben an den Papst an, er sehe die Bulle als durch seine Gegner erschlichen und ohne genügende Untersuchung erlassen an. In einem Breve vom 3. Mai 1569 erklärte der Papst, er habe die Sache nochmals prüfen lassen, müsse aber das Urtheil der Bulle aufrecht erhalten. Bajus gab nun eine Erklärung ab, die man als eine Unterwerfung ansehen konnte. Die Bulle wurde 1570 an der Löwener Universität förmlich publicirt. Da der Streit über die Geltung derselben fortdauerte, wurde sie von Gregor XIII. durch eine Bulle vom 23. Jan. 1579 bestätigt, und dem zu diesem Zwecke nach Löwen gesandten Jesuiten Franz Toletus gelang es, Bajus und seine Anhänger zu einer als genügend angesehenen Unterwerfung zu bewegen. Bajus wurde 1575 Decan des Collegiatstiftes St. Peter zu Löwen, 1578 Kanzler der Universität, auch Inquisitor, f 1589. Seine Schriften wurden, wie gesagt, nicht auf den Index gesetzt.

1) J. Pogiani Epp. III, 503.

2) Arg. III b 105. Gachard, Corr. de Philippe II. p. XX und 173.

3) Arg. III b 109. Linsenmann S. 256. Die Bulle war, wie es Sitte war, ohne Interpunctionszeichen geschrieben. Es ist viel darüber gestritten worden ob in dem Satze: »Quas quidem sententias stricto coram Nobis examine ponderatos quanquam nonnullae aliquo pacto sustineri possent in rigore et proprio verborum sensu ab assertoribus intento haereticas . . . damnamus" das Komma nach possent oder, wie die Anhänger des Bajus behaupteten, nach intento zu setzen sei (Comma Pianum).

446 Pius V. und Gregor XIII.

Dass 1697 die 1696 erschienene Gesammtausgabe derselben^) ver- boten wurde, hat seinen Grund in den Zuthaten des Herausgebers (Gerberon).

Die Gnadenlehre wurde in Löwen noch zu Bajus' Lebzeiten nochmals Gegenstand der Controverse ; an die Stelle der Franciscaner traten aber fortan die Jesuiten. 1587 censurirte die theologische Facultät zu Löwen 34 Sätze aus den zu Löwen gehaltenen Vor- lesungen der Jesuiten Leonardus Lessius (Leys) und Job. Hamelius (Duhamel), von denen sich drei auf die Lehre von der Inspiration^ der h. Schrift, die anderen auf die Gnadenlehre und damit zusammen- hangende Materien beziehen (redigirt ist die Censur von Heinrich Gravius, der früher als Gegner des Bajus aufgetreten; er wurde 1591 Präfect der Vaticanischen Bibliothek). 1588 wurden die Sätze auch von der theologischen Facultät zu Douay censurirt; die Sor- bonne lehnte es ab, sich darüber auszusprechen. Die Jesuiten ver- theidigten sich und Hessen sich auch von den mit Theologen ihres Ordens besetzten Facultäten zu Mainz, Trier und Ingolstadt günstige Gutachten ausstellen. Im Auftrage Sixtus' V. ging 1588 der Nun- cius Frangipani nach Löwen und forderte die streitenden Parteien auf, die Entscheidung des Papstes abzuwarten, verbot ihnen auch unter Androhung der reservirten Excommunicatio latae sent., sich gegenseitig zu verketzern. Auch der Druck der Actenstücke wurde verboten 2). Eine Entscheidung des Streites durch den Papst ist

1) Michaelis Bau . . . opera cum buUis Pontificum et aliis ipsius causam spectantibus, jam pridem ad Rom. Ecclesiam a convitiis Protestan- tium simul ac ab Arminianorura ceterorumque hujusce temporis Pelagia- norum imposturis vindicandam collecta, expurgata et plurimis quae hac- tenus delituerunt opusculia aucta: studio A. P. Theologi. Köln 1696. 4.

2) Die Censuren von Löwen und Douay bei Arg. Hlb 120 (die von Löwen zuerst im Somnium Hipponense 1641 beim Beginn des Jansenisten- Streites gedruckt). Censurae Facultatum S. Th. Lovan. ac Duacensis super quibusdam articulis de s. scriptura, gratia et praedestinatione a. D. 1586 Lovanii scripto traditis. Ed. altera. Par. 1683. 141 S. 8. Justificatio s. defensio Fac. S. Th. Acad. Lov. contra assertiones quasdam professorum ibidem S. J. de s. Script., praed. et gratia Christi. Jussu Rev. et 111. Belgii Episcoporum a. 1588. Par. 1683. 237 S. 8. (von H. Gravius und Jo. Len- saeus verfasst; p. 234 steht eine Erklärung der Facultät vom 30. Juli 1613, dass sie bei ihrer Censur verharre, so lange der Papst nicht anders entschieden). Apologiae Patrum Societatis contra censuram Lov. et Duacensem, conscriptae circa a. 1588, quibus hie accedit brevis descriptio exordii et progressus totius controversiae ab iisdem authoribus fideliter concinnata. Leodii 1684, 100 und 69 S. 8. Die dem Nuncius Frangipani überreichte Responsio P. L. Lessii ad Antapologiam ven. Fac. S. Th. Lov. (vom 17. Oct. 1588) ist zuerst gedruckt bei Schneemann, Controversiarum

Cardinal Cajetanuft. 447

aber nicht erfolgt. In anderer Form tauchte der Streit, wie wir sehen werden, im 17. Jahrhundert wieder anf.

Beinahe wäre unter Pius Y. der Cardinal Caje tan us (Thomas de Vio, geb. zu Graeta 1469, Dominicaner, Cardinal von St. Sixtus 1517, t 1534) in den Index gekommen. Schon im J. 1512 er- suchte das Concil von Pisa die Universität Paris, sein Buch über die Auctorität des Papstes und des Concils zu prüfen. Die Uni- versität scheint sich nicht damit befasst zu haben ; aber der Pariser Theologe Jac. Almain schrieb gegen ihn (S. 283). Bezüglich der päpstlichen Gewalt ein strenger Curialist, hatte Caj. in anderen, namentlich exegetischen Fragen für seine Zeit sehr freie Ansichten, die er namentlich in seinen Bibelcommentaren aussprach. Die Com- mentare zum N. T. wurden von der Sorbonne scharf censurirt; Caj. vertheidigte sich gegen diese Censur in seinem letzten Lebens- jahre '). Nach seinem Tode gab sein Ordensgenosse Ambrosius Catharinus Politus, der damals in Frankreich lebte, zu Paris 1535 eine scharfe Kritik der Commentare von Caj. heraus^), die von der Sorbonne mit Stimmenmehrheit gegen den Willen des Decans approbirt wor- den war. Im J. 1544 wurde in der Sorbonne darüber verhandelt, ob Cajetans Commentar zum N. T. auf den Index der Facultät zu setzen sei. Die Magister aus dem Dominicaner-Orden legten einen libellus Cajetani de revocatione errorum suorum vor (wohl die er- wähnte Vertheidigungsschrift) ; dieser wurde einer Commissi on über-

de div. gratia . . . initia, 1881, p. 369. Dier Streit wird ausführlich be- handelt in den Historiae congregationum de auxiliis von Aug. Le Blanc (Hyacinthus Serry) und Theodorus Eleutherius (Livinus de Meyer).

1) Die Pariser Censur bei Arg. la 141 (die Zeitangaben sind zum Theil unrichtig) ; vgl. Quetif II, 17. Seine Vertheidigung schickte Caj. an einen Mainzer Theologen, der ihm geschrieben, die Censur errege in Deutschland Aufsehen : Responsio ad censuras 14 articulorum sub nomine theologorum Paris, editas, Mag. Joanni Regenti Moguntino missa. R. Simon, Crit. I, 654.

2) Annotationes in excerpta quaedam de commentariis R. Cardinalis S. Xysti dogmata, umgearbeitet als Ann. in comm. Cajetani super s. scri- ptura, 1542. In der Widmung an den General der Dominicaner sagt er: Ego vilissimus Domini catulus (vgl. Reusch, Galilei S. 82) ante pedes summi pastoris pro causa veritatis debitos latratus emisi. Cajetan wird darin, weil er die Canonicität des Hebräerbriefs bezweifelt, mit Julian dem Abtrünnigen verglichen, weil er Dionysius den Areopagiten nicht für den Verfasser der ihm zugeschriebenen Schriften hält, mit Valla, Erasmus und Luther zusammengestellt. Sixtus Sen., 1. 4 s. v. Thomas Vius, citirt das Buch als Annotationum s. Invectivarum 11. 6. Quetif II, 145. K. Werner, Thomas von Aquin 3, 469.

448 Pius V. und Gregor XIII.

wiesen'). Weiteres darüber wird nicht berichtet; Caj. steht aber nicht im Par.

In der Pariser Censur werden u. a. die Ansichten beanstandet, das Evangelium des Matthaeus sei griechisch geschrieben, die Ehe könne wegen Ehebruchs geschieden werden, das Höllenfeuer sei bildlich zu verstehen, Joh. 6 handle nicht vom Abendmahl, die Er- zählung von der Ehebrecherin Joh. 8 sei unecht, die liturgischen Grebete seien in der Landessprache zu sprechen. Aber nicht diese und ähnliche Ansichten 2) waren es, woran Pius V. Anstoss nahm, sondern Stellen in dem Commentar zur Summa des h. Thomas, namentlich eine über das Loos der ungetauft sterbenden Kinder, welche auch in Trient zur Sprache gekommen war ^). Pius Y. verbot aber nicht den Commentar d. c, sondern befahl, die betreffenden Stellen in der neuen Ausgabe desselben, die 1570 mit der Summa des h. Thomas in Rom erschien, zu ändern. Diese Ausgabe wird darum auch als recognita et expurgata bezeichnet. Welche Aende- rungen vorgenommen wurden, verrathen Sand., Sot. und Liss. 1G24, welche in der Antwerpener Ausgabe von 1567 mehrere Stellen zu streichen verordnen, weil sie in der Römischen Ausgabe gestrichen seien. Von einigen dieser Stellen wird, wie das auch in anderen Fällen geschieht, gesagt, sie seien fraude haereticorum in die Ant- werpener Ausgabe gekommen^).

Im Rom. Ind. steht Caj., wie gesagt, nicht, obschon andere Schriftsteller darin stehen, bei denen weniger zu corrigiren ist. Sei- nem Gregner Ambrosius Catharinus ist es, wie wir sehen werden, in dieser Hinsicht weniger gut ergangen. In den span. Indices werden ausser dem Commentar zum h. Thomas auch einige exegetische Schriften von Caj. expurgirt. Grestrichen werden bei Sot. z. B. zwei Stellen in der Pariser Ausgabe des Psalmen-Commentars von 1532 als „von Ketzern eingeschoben" und in dem Commentar zum Römer -

1) Arg. IIa 143.

2) Sixt. San. 1. 5 ann. 1 ff. R. Simon, Hist. crit. du V. T. p. 418; Comm. du N. T. p. 537. Pallav. 6, 18.

3) Pallav. 9, 8, 2. Caute et irreprehensibiliter ageretur, si pericli- tantibus in utero pueris ob maternam aegritudinem vel partus difficul- tatem benedictio in nomine Trinitatis daretur et causae discussio deinde divino reservaretur tribunali. Quis seit, si divina misericordia hujusmodi baptismum in voto parentum acceptet, ubi nulla incuria, sed sola im- possibilitas executionem sacramenti excusat? Die Stelle stand im Com- mentar zu P. 3, q. 68, a. 2. Vgl. Quetif II, 706.

4) In dem Commentar zu 2, 2, q. 122 a. 4 steht von gewissen frommen Gebräuchen: haec sunt omnino illicita (zu schreiben: licita) et non am- plectenda (non zu streichen), quia sunt pars mali (sehr, divini) cultus . . . haec quoque procul dubio sunt omnino illicita et impia (sehr, licita et sancta).

Rene Benoit. 449

brief der Satz Sola fides exigitur ad salutem. Ausserdem wird von anderen Stellen verordnet, sie cum judicio zu lesen, weil an den- selben die Vulgata getadelt werde, und scbliesslich bemerkt, an- deres, was beanstandet werden könne, sei bei einem so grossen Theologen der Zeit, in der er geschrieben, und den corrumpirten Ausgaben zu gute zu halten. So sagt Liss. 1624, jetzt, nach dem Trienter Concil, dürfe man nicht mehr, wie Cajetan thue, die Ca- nonicität einiger biblischen Bücher bezweifeln oder das Gebot, vor der Communion zu beichten, als ein neu (nove) eingeführtes bezeich- nen^). — Unbedingt verboten wird in den span. Ind. Summa Gaye- tana en romance, aber nicht das lateinische Original Summula pec- catorum, 1525 u. 8.^). Anderseits verordnen die span. Indices, in den Ketzer-Catalogen des Gabriel Prateolus und des Alphonsus de Castro Cajetanus zu streichen, der kein Ketzer, sondern ein talent- voller, frommer und um die katholische Kirche sehr verdienter Mann gewesen.

Im J. 1575 hatte Gregor XIII. Gelegenheit, auf den Antrag der Pariser Sorbonne eine französische Bibelübersetzung zu verbie- ten. Sie war von dem Pariser Pfarrer Dr. Rene Benoit (Renatus Benedictus) im J. 1566 mit Approbation von 14 Doctoren und königlichem Privileg herausgegeben, wurde aber von der Sorbonne 1567 verdammt, weil sie viele aus der Genfer Bibel entnommene Einleitungen und Noten und darin irrige, ketzerische und schisma- tische Sätze enthalte und nicht, wie auf dem Titelblatt stehe, nach der Yulgata übersetzt sei. Auf den Antrag der Facultät wurde die Bibel dann 1569 durch ein königliches Decret verboten. Benoit und sein Verleger remonstrirten dagegen und wegen der politischen Wirren ruhte die Sache bis 1572. Jetzt wurde Benoit, weil er die Bibel wiederholt habe drucken lassen und sich überhaupt gegen die Facultät widersetzlich zeige, von dieser ausgestossen. Er erbot sich, wenn man ihm die Censuren mittheile, nach diesen seine Bibel zu ändern ; es wurde ihm aber nur geantwortet, die Irrthümer seien zu zahlreich, als dass sie verbessert werden könnten. Benoit Hess die Bibel 1574 nochmals mit einer Apologie gegen die Facultät drucken, in welcher er sich u. a. darauf berief, dass die Löwener Theologen (Hentenius, Bajus, Jodocus Tiletanus und Aug. Hunnaeus) die Bibel gutgeheissen und dass das N. T. 1572 zu Antwerpen mit Approbation des Bischofs von Lüttich und des apostolischen und königlichen Censors Jo. Molanus gedruckt und die Bibel und das N. T. in einer Million Exemplare verbreitet sei. Da Benoit von dem Bischof Gondi von Paris und dem Parlamente protegirt wurde, wandte sich die Facultät an den Papst mit der Bitte, die Bibel zu

1) NachR. Simon, Hist. crit. des comm. p. 540 sind in der Gesammt- ausgabe der exegetischen Werke, Lyon 1639, manche Stellen weggelassen.

2) Eine Ausgabe, Douay 1613, wird von Sot. expurgirt, aber die Expurgation betrifft nur die Zusätze des Herausgebers Gaugericus.

Beusch, Tndex. 29

450 Pius V. und Gregor XIII.

verdammen und bei dem Könige die Unterdrückung derselben zu er- wirken i). Unter dem 3. Oct. 1575 erliess Grregor XIII. ein Breve an die Facultät und den König ; in letzterm lieisst es : die Bibelüber- setzung sei von der Index-Congregation geprüft worden ; sie enthalte sowohl im Texte wie in den Einleitungen und Noten viele Irr- thüraer, Ketzereien und Blasphemieen ; unter dem Namen einer Ueber- setzung nach der Vulgata werde darin die wenig veränderte Genfer Bibel dem katholischen Volke dargeboten, wie die Sorbonne in ihren Censuren nachgewiesen; er habe darum das Buch sub anathemate^ verboten und bitte den König, es auch seinerseits zu verbieten^). In den Index ist Benoits Bibel nicht gekommen.

Im J. 1561 censurirte die Sorbonne die Schriften des calvi- nistisch gesinnten Bischofs Jean Monluc von Valence und be- schloss trotz der Remonstrationen gegen die Censur von Seiten des Bischofs und der Königin-Regentin, dieselben auf ihren Index zu setzen^); es ist aber nach 1561 kein solcher mehr erschienen (S. 149). Pius IV. und Pius V. sollen ihn als Ketzer verdammt

1) Die Facultät beklagte sich bei dieser Gelegenheit auch über die Jesuiten, namentlich über Maldonat, mit dem sie wegen der Immaculata Conceptio Streit hatte. Arg. II a 443. Theiner, Ann. II, 494. Prat, Mal- donat, 1856, p. 354.

2) Arg. II a 392—442. Das Breve an den König bei Laemmer, Mantissa p. 348. Benoit unterrichtete 1593 Heinrich IV. vor seiner Con- version und wurde von diesem zum Bischof von Troyes ernannt, vom Papste aber nicht bestätigt. Durch Heinrich IV. erhielt er auch seinen Platz in der Facultät zurück. Als er 1598 Decan wurde, erklärte er, er unterwerfe sich dem Urtheil der Facultät und des h. Stuhles und ver- damme die von diesem verdammte Bibelübersetzung, die ihm übrigens wenigstens theilweise mit Unrecht zugeschrieben werde. Arg. II a 534. Er starb 1607. Seine politische Parteistellung spielt übrigens bei dem Streite eine grosse Rolle. R. Simon, Hist. crit. des versions p. 342 sagt: „Wenn er nicht die mächtige Partei der Ligueurs gegen sich gehabt hätte, würde seine Uebersetzung ebenso viel Beifall gefunden haben, wie die der Löwener Theologen, von der seit 1578 zahllose Ausgaben erschienen sind."

3) Arg. IIa 297. Raynald. 1560, 41 berichtet, er sei als episco- palis ordinis proditor ob crimen haereseos von Pius IV. verdammt worden. Der Jesuit J. Columbi schrieb: L. sing, quod Jo. Monlucius . . non fuerit haereticus, 1640, und L. sing, quod Pius IV. non damnaverit haereseos Jo. Monlucium neque Pius V. damnationem ejus promulgari curaverit, 1651. Auch Quetif II, 252 behauptet, er sei nicht als Ketzer verurtheilt worden. Dagegen sagt Cretineau-Joly, Hist. des Jes. II, 165, er sei „von dem h. Stuhle als Ketzer verdammt worden, aber 1577 zu Toul als Christ und Bischof in den Armen eines Jesuiten gestorben."

J. Moniuc. Dialogo. Calender-Keform. 451

haben; von seinen Schriften steht aber keine im Rom. Index und nur eine, die 1559 erschienenen Sermons, in der französischen Ab- theilung* der Antvv. App. und der spanischen Indices.

In einer unter dem Vorsitze Grregors XIII. 8. März 1584 ge- haltenen Sitzung der Inquisition wurde über ein sonderbares asceti- sches Buch verhandelt. Es heisst: Dialogo delT unione spiri- tuale di Dio con l'anima, war von dem Observanten Barth, de Civi- tate Castelli verfasst, von dem Capuciner Hieron. de Melfitto mit einer Einleitung herausgegeben (Perugia 1538); den Schluss des Buches bildete ein zusammenfassender Epilog, der mit den Worten „Iste est circulus charitatis divinae" begann. Dieser Epilog circu- lirte auch separat auf ein Folioblatt gedruckt, altera parte (folii) circulis repleta, altera vero triangulo et quibusdam figuris insignita ad asserendum quendam novum et insolitum orandi modum. Die Inquisition erwähnt, dass schon vor einigen Jahren gelehrte und fromme Männer erklärt hätten, das Buch enthalte irrige und solche Sätze, die unter dem Scheine der Frömmigkeit gefährlichen Neue- rungen den Weg bahnen könnten, und verbietet dann, auf Grund des Gutachtens der von ihr mit der Prüfung beauftragten Theo- logen, das Buch und den Epilog bei Strafe der Excomm. 1. s., ver- ordnet, dasselbe in die 2. Gl. des Index zu setzen, und gebietet, die Exemplare abzuliefern und zu verbrennen^). Es ist charak- teristisch für die Nachlässigkeit der Compilatoren des Rom. Ind., dass bei S. der Dialogus ohne Namen des Verfassers in der 2. Gl., bei Gl. gar nicht, Circulus charitatis divinae sive sub alio titulo Girc. divinitatis mit d. c. steht, daneben Petri Romani Girc. div., ohne Zweifel dasselbe, ohne d. c. Durch ein Edict des Mag. S. P. von 1603 wurde dann Liber de unione animae cum Deo nochmals verboten, mit dem Bemerken, dieses schon früher verdammte Buch sei nochmals erschienen ementito nomine Fr. Barth, de Gastello Ord. Gapuc. Seitdem steht das Buch im Ind. unter Barth, de Gastello, (seit Ben. beide Ausgaben), auch das Folioblatt unter Girculus und unter Romanus, beide Male ohne d. c.^).

Von den vielen Streitschriften, welche Gregors XIII. Galen der- Reform (1582) hervorrieft), ist durch S. Gl, keine in den Index ge- kommen, — ob Michael Maestlinus durch S. und Georg Mylius durch Gl. gerade wegen solcher Streitschriften in die 1. Gl. ge- kommen sind, ist nicht auszumachen; ~ aber wahrscheinlich ist das

1) Das Decret steht A. J. P. 2, 2632.

2) Dialogos de la union del anima con Dios, en toscano y en otra qualquier lengua, seit V. 59 im span. Index und im Liss. 81, wird dasselbe Buch sein.

3) Stieve, der Kalenderstreit des 16. Jahrh. in Deutschland, 1880. Das 1603 verbotene Calendarium Gregorianum perpetuum, France furti impressum wird ein Abdruck des zu Rom 1582 erschienenen Cal. Gr. perp. mit polemischen Zuthaten sein.

452 Pius V. und Gregor XIII.

bedeutende Werk des Joseph Justus Scaliger De emendatione temporum, 1583, hauptsächlich wegen der von dem „Lilianisehen Jahre" handelnden Schlusscapitel von S. Cl. mit d. c. verboten worden. Auch die zweite Ausgabe von 1598, in der allerlei kritisch -theologische Untersuchungen beigefügt sind und welche namentlich wegen der Bestreitung der Echtheit der Areopagitischen Schriften und des apostolischen Ursprungs des Mönchthums scharfe Gregenschriften hervorrieft), ausdrücklich zu verbieten, wird man nicht für nöthig gehalten haben. Aber auch andere Schriften voix Scaliger wurden, ein Beispiel einer seltenen Nachsicht der Index- Congregation, nicht verboten; erst die von Daniel Heinsius her- ausgegebenen Epistolae omnes quae reperiri potuerunt, Leyden 1627, wurden 1633 mit d. c. verboten, was ja die darin vorkommenden derben Bemerkungen Scaligers über seine literarischen Gregner Sera- rius, Delrio, Scribanius und die Loiolitae überhaupt und namentlich über Scioppius und die Cardinäle, deren Schützling und Werkzeug er sei, erklärlich machen. In Spanien ist man nicht so glimpflich mit ihm verfahren : Sot. gibt zwar viele Schriften von Scaliger frei, aber die Expurgation der anderen füllt 10 Folioseiten.

Pius Y. publicirte 1572 ein besonderes Breve (Bull. IT, 382) gegen die sog. Menan ti, Journalisten, welche Berichte über Römische Tagesereignisse (Avvisi) verfassten, die handschriftlich vervielfältigt und von denEömischen Buchhändlern vertrieben wurden^): „Schmäh- schriften (libelli famosi) und literas monitorias vulgo appellatas Lettere d'avvisi, welche Schmähungen oder Angriff'e auf den Ruf und die Ehre jemands enthalten, und irgendwelche Schriften, worin über zukünftige Dinge gesprochen (de futuris successibus disseratur) oder worin das, was von Uns oder den mit der Leitung der allge- meinen kirchlichen Angelegenheiten Betrauten verhandelt wird, kund- gemacht wird, soll niemand, welchen Standes und Ranges er auch sein mag, verfassen, dictiren, schreiben, behalten oder versenden, auch nicht, wenn sie aus anderen Orten oder Ländern in seine Hände gelangt sind. Wer dergleichen erhält, soll sie gleich verbrennen oder an den Cardinal Rusticucci abliefern, unter den vorbesagten und anderen arbiträren Strafen, eventuell bis zur Todesstrafe und Vermögensconfiscation." Noch in demselben Jahre erliess GrregorXIII. eine etwas mildere Bulle (Bull. II, 390), worin es heisst: „Es ist kürzlich in Rom eine Secte von gottlos neugierigen Menschen auf- getaucht, welche das, was sie über öffentliche und private Ange- legenheiten aufspüren oder auch selbst ersinnen, was geschehen oder nicht geschehen ist. Wahres und Falsches unterschiedslos aufschrei- ben, so dass sie dieses gewissermassen zu einem Gewerbe machen und vielfach auch für einen erbärmlichen Lohn Berichte (commen- tariolos), meist auf Grund von falschen Gerüchten, nach verschie-

1) J. Bernays, J. J. Scaliger 1855, S. 48. 77.

2) Brosch, Gesch. des K.-St. I, 271.

J. Scaliger. Menanti. Cardona. 453

denen Orten versenden oder auch solche Berichte als von Eom nach verschiedenen Orten versandt und dann von dort nach Rom zurück- gesandt herumtragen und verkaufen. Dadurch wird vielfach Fal- sches statt Wahres verbreitet und der Ruf und die Achtung verletzt. Wir verbieten also, solche Berichte zu verfassen, von anderen an- zunehmen, abzuschreiben, zu verbreiten und an andere zu schicken. Wer dieses thut, soll ipso facto für immer ehrlos sein und, je nach der Schwere des begangenen Verbrechens, für Lebenszeit oder für eine beschränkte Zeit zu Graleerenstrafe verurtheilt werden." Unter Sixtus V. wurde 11. Oct. 1586 ein Bando de' governatori di Roma gegen die Menanti publicirt und im Nov. 1587 der Priester Anni- bale Capello aus Mantua, weil er „gegen Gott und Seine Heiligkeit und über das, was im Consistorium vorgefallen, an den König von Frankreich und wahrscheinlich an die Secretäre der Königin von England und des Herzogs von Sachsen geschrieben", zum Tode ver- urtheilt. Im J. 1648 wurden durch ein Bando del governo die- jenigen, welche ohne Erlaubniss lettere d'avvisi e gazette schrieben, abschrieben oder versendeten, mit Prügelstrafe (tre tratti di corda) und einer Greldstrafe von 100 Scudi oder drei Jahren Galeeren- strafe und mit anderen von Pius V. festgesetzten Strafen bedroht, und 1685 berichtet der Benedictiner J. Durand: ein spanischer Priester, der angeklagt sei, d'avoir compose des nouvelles scanda- leuses, könne froh sein, s'il en est quitte pour la galere; der Papst, sei mit Mühe dahin gebracht worden, ihm die Todesstrafe zu er- lassen ; ein sechzigjähriger Laie, der sein Schreiber gewesen, sei ge- hängt worden; Pasquino sage zu Marforio: er gehe von Rom weg; denn chi parla, e mandato in galera; chi scrive, h impiccato; chi sta quieto (es waren eben damals einige Quietisten in Haft), va al Santo Officio!).

Es wurde früher erwähnt, dass die von Gregor XIIL geneh- migte expurgirte Ausgabe der Adagia ohne den ildamen des Eras- mus erschien. Auf den Antrag der Index-Congregation verordnete Gregor XIIL allgemein, bei den von der Congregation vorzuneh- menden Expurgationen seien die Namen der häretischen Verfasser der Bücher wegzulassen. Das erfahren wir aus einem interessanten Schriftchen des damals in Rom bei den Expurgationsarbeiten be- schäftigten Spaniers Joh. Bapt. Cardona, De expungendis haere- ticorum propriis nominibus etiam de libris qui de religione ex pro- fesso non tractant, Rom 1576^). Cardona berichtet, er selbst und

1) A. J. P. 11, 854. Ciampi, Innocenzo X., p. 255. Valery, Corre- spondance de Mabillon I, 94, 100. 112. Guillaume de Reboul, ein Con- vertit und Verfasser von Streitschriften gegen die Hugenotten, der in Rom, missvergnügt über die Versagung eines Beneficiums, eine satirische Schrift verfasst hatte, wurde 25. Sept. 1611 hingerichtet. Marchand s. v.

2) Es erschien nochmals 1587 zu Taracona mit der oben S. 189 erwähnten Abhandlung zusammen und steht gleichfalls in der dort ange- führten Sammlung von Cerdano y Rico p. 545.

454 Pius V. und Gregor XIII.

einige andere seien beauftragt worden, Gutachten über die Frage abzugeben, ob auf dem Titelblatte der nach der 5. und 8. Index- Regel zu expurgirenden oder freizugebenden Bücher die Namen der ketzerischen Verfasser stehen bleiben dürften. Für die verneinende Antwort führt er u. a. folgende Gründe an : Die Beseitigung der Namen ist das richtigere und Christus zur grössern Ehre, der Kirche zum grössern Nutzen gereichende Verfahren ; es ist geeignet, die gute Meinung von den Ketzern und die Liebe zu ihnen aus den Herzen der Gläubigen zu entfernen und die Absicht der Ketzer,, sich durch ihre Bücher einen Namen zu machen, zu vereiteln; es ist immer Praxis gewesen, Lobsprüche auf die Ketzer zu streichen, es würde ihnen aber zum grossen Lobe gereichen, wenn die Kirche Bücher, auf deren Titelblättern ihr Name steht, freigäbe ; nach vielen Gesetzen dürfen die Testamente der für infam Erklärten als un- gültig angesehen, ihre Bilder zerstört, ihre Leichen ausgegraben werden, also sind auch die Namen der Ketzer, die ja infam sind, überall zu beseitigen, zumal in ihren Büchern, welche selbst eben- sowohl als infam anzusehen sind, wie ihre Kinder; wenn nach den Gesetzen die Kinder der Ketzer an ihrem Vermögen gestraft wer- den, so sind die Bücher derselben, ihre geistigen Kinder, an den Titeln zu strafen ; von Eusebius, Origenes, seinem Lehrer Clemens von Alexandrien, TertuUian wird nie ein Buch in den Acten der Concilien citirt, von Origenes ist keine, auch noch so fromme und gelehrte Homilie in das reformirte Brevier Pius' V. aufgenommen; von Ketzern darf man keine Briefe annehmen oder beantworten, weil man dadurch ihren Gruss annehmen und erwiedern würde; bleiben ihre Namen auf dem Titelblatte stehen, so begrüssen wir sie gewissermassen ; die Ketzer werden nach dem Gesetze mit Einziehung ihrer Güter bestraft; zu ihren Gütern gehört auch ihr guter Name, und dieser wird durch ihre Bücher erhalten ; die Ketzer werden aller Jurisdiction und jedes Eigenthumsrechts beraubt; bleibt ihr Name auf einem Buche stehen, so wird dieses als ihr Eigenthum anerkannt, während es doch das Eigenthum der Kirche geworden ist u. 8. w. Nur da, meint Cardona, dürften die Namen der Ketzer stehen bleiben, wo fromme und gelehrte Männer sie erwähnten, um sie zu widerlegen oder um etwas Schlechtes von ihnen zu berich- ten. Ein Mitglied der Index-Congregation, Card. Gabriel Paleotto, erklärte sich mit Cardona einverstanden und veranlasste ihn, seine Schrift drucken zu lassen. Gregor XIII. nahm die Widmung der- selben an und erliess, „aus den angeführten und anderen Gründen" die erwähnte Verordnung i). Diese scheint aber später aufgehoben zu sein; denn in der Instruction Clemens' VIII. de correctione libro- rum wird nur verordnet: Epitheta honorifica et omnia in laudem haereticorum dicta deleantur, und den Titel nach dem oben S. 372 angegebenen Schema zu vervollständigen, und selbst die spanischen Indices verlangen nicht mehr. Eine Reminiscenz an Cardona's An-

1) Cardona 1. c. p. 580. 601.

Inquisitionsprocess gegen B. Carranza. 455

sieht ist es aber, wenn Bellarmin (Controv. de membris eccl. mil. 3, 20) zur Begründung des Satzes: es sei nicht unrecht, die Bücher der Ketzer zu verbieten, aus denen man Gutes lernen könne, u. a. den Gellius anführt, der 18, 3 erzähle : die Lacedämonier hätten, als ein beredter, aber sittenloser Mann einen guten Antrag ge- stellt, einen achtbaren Mann gewählt, um den nämlichen Antrag zu stellen.

Dem in Rom lebenden spanischen Dominicaner Alfonsus Cia- conius (Chacon) wurde unter Gregor XIII. für ein Werk, welches Gegners Bibliothek ersetzen sollte, Bibliotheca libros et scriptores ferme cunctos ... ad a. 1583 complecteus^), die Druckerlaubniss verweigert, weil er die Bücher der ßabbinen und Gesner und seine Fortsetzer, ketzerische Schriftsteller, zu stark benutzt habe. So be- richtet er selbst in einem Briefe an Card. Sirleto vom 1. April 1581, in welchem er bezüglich des zweiten Vorwurfes sagt: Gesners Bib- liothek habe er nie gesehen, wohl aber mit Erlaubniss der Inqui- sition Josias Simlers Epitome ; er habe aber aus seinem Buche alle notorisch häretischen Schriftsteller ausgeschlossen. Die im Tr. in der 1. Cl. stehenden Autoren finden sich in der That nicht bei ihm, und von den erst durch S. Cl. in die 1. Cl. gekommenen er- wähnt er theologische Schriften gar nicht (von Abdias Praetorius nur De poesi graecorum) oder mit Cautelen, wie Adam Schmid, 12 conciones germanicae, Francof. 1570, suspectae ex loco impressionis. Da er ausserdem bei jeder Gelegenheit auf die Ketzer schimpft, so ist schwer zu begreifen, dass man den Druck des Buches nicht ge- stattete.

44. Der Inquisitionsprocess gegen den Erzbischof

Carranza.

Unter Plus V. begann und unter Gregor XIII. endete der letzte Act in dem langen und scandalösen Inquisitionsprocess gegen den höchstgestellten spanischen Prälaten, Bartolome de Carranza, Erzbischof von Toledo 2), ein Process, bei welchem

1) Ein Theil desselben, die Buchstaben A bis E umfassend, ist 1730 zu Paris von Franc. Dion. Camusatus (dann von J. E. Knapp, Amst. und Lpz. 1744) veröffentlicht worden. In dieser Ausgabe steht der Brief an Sirleto p. X.

2) Vgl. H. Laugwitz, Barth. Carranza, 1870 und die dort angeführte Literatur, ferner Caballero, M. Cano, 1871, DöUinger, Beitr. zur Gesch. u. s. w. 1. Bd.

456 Inquisitionsprocess gegen B. Carranza.

es sich nicht ausschliesslich, aber doch mit um ein Buch han- delte, das seit 1559 im spanischen, seit 1590 im Rom. Index steht, welcher aber auch darum eine ausführlichere Darstellung verdient, weil er das Verhältniss der spanischen Inquisition zum päpstlichen Stuhle und den grossen Einfluss, den die Rücksicht auf den spanischen König in manchen Fällen auch auf die Römischen Bücherverbote übte, noch deutlicher anschaulich macht, als die Verhandlungen über Raymund Lull (S. 27).

Bartolome Carranza, geboren 1503 zu Miranda in Navarra, darum vielfach B. de Miranda genannt, seit 1520 Dominicaner, eine Reihe von Jahren Lector in dem Kloster seines Ordens zu Vallado- lid und Qualificator der Inquisition, wiederholt Festprediger bei Autos de Fe, 1546 48 und 1551—52 als kaiserlicher Theologe auf dem Trienter Concil, ging 1554 mit Philipp II. nach England und wirkte dort drei Jahre, dann 1557 in den Niederlanden mit dem grössten Eifer im Greiste der Inquisition gegen die Ketzerei. Ende 1557 wurde er von Philipp II. zum Erzbischof von Toledo und Primas von Spanien ernannt. Von seinen früheren Schritten war eine Summa Conciliorum et Pontificum usque ad Julium III. zuerst zu Venedig 1546, dann zu Salamanca 1551 gedruckt (seit- dem oft; sie hat nie Anstoss erregt). Eine Schrift über die Residenz- pflicht der Bischöfe, zuerst Venedig 1547, hatte eine Entgegnung von Ambrosius Catharinus hervorgerufen und auch bei spanischen Bischöfen Anstoss erregt, konnte aber nicht wohl zum Anlass eines Einschreitens der Inquisition gemacht werden. Diesen bot ein aus- führliches Lehrbuch der katholischen Religion, zu dessen Ausarbei- tung ihn namentlich der Cardinal Pole veranlasst hatte und welches 1558, Philipp IL gewidmet, zu Antwerpen erschien unter dem Titel: Comentarios del Rev. Senor Fray Bartolome Carranza de Miranda, Arzobispo de Toledo u. s. w. sobre el Cathecismo cristiano, divididos en cuatro partes, las quales contienen todo lo que pro- fesamos en el sacro bautismo. 865 S. fol. ^) (die vier Theile han- deln von dem Grlauben, den Geboten, den Sacramenten und den guten Werken).

Das Buch bot Anlass zu einem Inquisitionsprocess. Dass aber die spanische Inquisition sich nicht damit begnügte, das Buch zu verbieten, sondern den Verfasser verhaftete und mit ungewöhnlicher Härte behandelte, findet seine Erklärung darin, dass Carr. einfluss- reiche persönliche Gegner hatte, darunter seinen Ordensgenossen Melchor Cano, mit dem er schon seit 1530 verfeindet war, den Bischof Pedro de Castro von Cuenca und vor allem den General- Inquisitor Valdes, der es noch weniger als de Castro verschmerzen

1) Clement VI, 305. Vgl. Laugwitz S. 29.

Inquisitionsprocess gegen B. Carranza. 457

konnte, dass das angesehenste und reichste spanische Erzbisthum einem einfachen Mönch zugefallen war^).

Gleich nach dem Erscheinen des Catechismus forderte Yaldes von mehreren Theologen Grutachten darüber. Carr., der davon hörte, verschaffte sich seinerseits günstige Gutachten. So erklärte der Erzbischof Pedro Guerrero von Granada : die Lehre des Buches sei gesund und katholisch; einige Ausdrücke seien für sich betrachtet missverst'ändlich, fänden aber in dem Zusammenhange und in dem Gesammtinhalte des Buches eine genügende Erklärung, und durch einige Aenderungen könne der Verfasser in einer neuen Ausgabe leicht jeden Anstoss beseitigen; dann sei das Buch als ein gutes und nützliches zu empfehlen. Aehnlich sprach sich die Universität Alcala aus, welcher in Folge davon Yaldes am 11. April 1559 unter Androhung der Excommunicatio latae sent. und einer Strafe von 20 Ducaten verbot, Censuren über Bücher abzugeben, ohne dieselben vorher der Inquisition vorgelegt zu haben '^). Auch einer der von Valdes befragten Theologen, Domingo de Soto, fand zwar viele miss- verständliche Sätze in dem Buche, erklärte aber, dieselben könnten orthodox verstanden werden und seien nach dem Zusammenhange und Gesammtinhalte so zu verstehen^). Ganz anders lautete das Gutachten von Cano *) : er missbilligt überhaupt die Veröffentlichung solcher Bücher, welche religiöse Fragen ausführlich behandelten, in spanischer Sprache, findet aber ausserdem in Carr.'s Buche 14 ketzerische (meist „lutherische"), 36 nach Ketzerei schmeckende und viele andere zu beanstandende Sätze.

Ende 1558 wandte sich Carr. wiederholt direct an den Inqui- sitionsrath. Er erklärte : er habe gehört, dass die Inquisition über das Verbot spanischer Bücher über religiöse Dinge, speciell des seinigen, verhandle; er habe dieses in spanischer Sprache veröffent- licht, um den in der Volksprache geschriebenen Schriften der Ketzer entgegenzuwirken; nach Spanien seien von demselben bis jetzt nur einige wenige Exemplare gekommen, und nachdem er erfahren, dass solche Bücher in spanischer Sprache für das gewöhnliche Volk in Spanien ihr Bedenkliches hätten, habe er angeordnet, dass keine Exemplare mehr nach Spanien geschickt werden sollten; er beab- sichtige, eine kürzere Bearbeitung in spanischer Sprache für seine Diöcesanen und das grössere Werk vermehrt und verbessert latei- nisch herauszugeben^). !N'och im J. 1558 wurde Carranza's Buch von der Inquisition verboten. Es steht bei V. 59 unter Comentarios (bei Q. auch unter Catechismo, in den folgenden span. Indices:

1) Caballero p. 331.

2) Coleccion de doc. ined. V, 513. 515. 521.

3) Coleccion p. 517. Caballero p. 325.

4) Abgedruckt bei Caballero p. 536; vgl. p. 166. 322. 409.

5) Coleccion p. 508; vgl. Llorente III, 227.

458 Inquisitionsprocess gegen B. Carranza.

Catecliismo y Commentarios sobre el, als wenn es sich um zwei Bücher handelte).

Carr. bemühte sich, eine neue Prüfung seines Werkes in Rom zu erwirken. Er legte dort die günstigen Gutachten über dasselbe vor und schickte auch den Dominicaner Hernando de Sant Ambro- sio als seinen Agenten dorthin. Der Card. Pacheco wirkte gegen ihn, und Paul IV. zeigte für ein in spanischer Sprache und im Einverständniss mit Card. Pole geschriebenes theologisches Buch keine Sympathie, hatte auch keine Lust, sich in die Angelegenheiten , der spanischen Inquisition einzumischen. Cardinal Ghislieri erhielt sogar einen derben Verweis dafür, dass er den spanischen Ordens- genossen bei sich aufgenommen^).

Valdes begnügte sich nicht mit dem Verbote des Buches von Carr. Seit dem April 1558 hatte die Inquisition von dem Bischof Pedro de Castro von Cuenca und anderen Denunciationen über andere Punkte entgegengenommen und Zeugen darüber verhört"). Nachdem Philipp II. widerstrebend am 26. Juni seine Einwilligung dazu gegeben, wurde Carr. 22. August 1559 verhaftet und in das Inquisitionsgefängniss zu Valladolid abgeführt (er wurde mit unge- wöhnlicher Härte behandelt). Seine Einrede, dass er als Erzbischof nicht von der Inquisition processirt werden könne, konnte Valdes mit der Hinweisung auf das Breve Pauls IV. vom 7. Jan. 1559 zurückweisen, worin der Inquisition für zwei Jahre die Vollmacht gegeben war, auch gegen Bischöfe einen Process einzuleiten (S. 303), eine Vollmacht, die sich Valdes ohne Zweifel lediglich um Carr. 's willen erwirkt hatte. Dagegen wurde, als er Valdes als seinen persönlichen Feind als Richter recusirte, von den beiden von Carr. und dem Fiscal der Inquisition gewählten Schiedsrichtern diese Re- cusation als begründet anerkannt. Philipp II. war aber gegen die Bestellung eines andern Richters durch den Papst, Card. Pacheco warnte wiederholt den König, keine Einmischung Roms in die An- gelegenheiten der spanischen Inquisition zu dulden^), und Paul IV. Hess sich auch bereit finden, 5. Mai 1560 dem Könige die Ernennung eines andern Richters zu überlassen, das definitive Urtheil be- hielt er in einem Breve vom 3. Juli 1560 ausdrücklich sich selbst vor, auch die dem Valdes ertheilte, am 7. Jan. 1561 ablaufende Vollmacht auf zwei weitere Jahre zu verlängern'*); der König er- nannte den Erzbischof von Santiago, Graspar de Züniga y Avellaneda, der dann die Inquisitoren Valtodano und Simancas mit der Führung

1) Döllinger I, 254. 264. Coleccion p. 504. Caballero p.615. 625.

2) Llorente IH, 197—217. Caballero p. 319.

3) Seine Briefe d. d. Rom 19. Jan. und 15. Febr. 1560 bei Döl- linger I, 329. 336. In dem ersten sagt er: Si los de acä (die Römer) co- mienzan ä meter los manos en las cosas de la Inquisicion de allä, yo lo doy todo por perdido.

4) Raynald 1560, 22.

InquisJtionsprocess gegen B. Carranza. 459

der Untersuchung beauftragte, dieselben, welche Valdes beauftragt hatte. Carr. erhielt nun auch vier Rechtsbeistände, darunter den berühmten Doctor Navarro (Martin Azpilcueta). Bei dem ersten Verhör 1. Sept. 1561 wurden Carr. von dem Fiscal 31 Anklage- punkte vorgelegt; die Zahl derselben wurde aber im Verlaufe des Processes bis zu einigen hundert vermehrt, die zum kleinsten Theile aus dem Catechismus, zum grössern Theile aus den confiscirten Papieren Carr.'s oder aus Zeugenaussagen (es wurden 06 Zeugen verhört) entnommen waren. Unter den Papieren hatte man Col- legienhefte und Collectaneen mit Excerpten aus Schriften der Refor- matoren gefunden, u. a. einen Commentar zum 2. Johannesbriefe mit Sätzen aus Oecolampadius, den Carr. jedoch für ein von einem Zu- hörer geschriebenes Collegienheft erklärte, für dessen Genauigkeit er nicht einstehen könne ^). Die Zeugenaussagen bezogen sich zum Theil auf Aeusserungen Carr.'s auf dem Trienter Concil, auch auf sein Verhalten am Sterbebette Karls V.

Das Concil von Trient, welches im J. 1562 wieder zusammen- trat, nahm sich des unglücklichen Gefangenen mit rühmlicher Ent- schiedenheit an. Es bat den Papst wiederholt, Carr. und die Pro- cessacten nach Rom kommen zu lassen und endlich die Sache zu erledigen. Ja es soll schliesslich sich geweigert haben, die Briefe des Königs an das Concil zu eröffnen, so lange er nicht die Be- leidigung, die er in der Person des Erzbischofs von Toledo dem Episkopate zugefügt, wieder gut gemacht habe. Pius IV. schickte denn auch im J. 1562 Odescalchi als ausserordentlichen Nuncius nach Spanien, mit einem Breve, worin er die Auslieferung Carr.'s und der Acten verlangte. Philipp II. antwortete 15. August 1562: ein so imperatives und in seine Souveränetätsrechte eingreifendes Breve werde er nicht publiciren lassen; die Beendigung des Pro- cesses liege ihm übrigens sehr am Herzen u. s. w. Diese Corre- spondenz schickte Philipp an seinen Gesandten in Trient, der Papst an die Legaten. Die mit dem 7. Jan. 1563 ablaufende Vollmacht zur Führung der Untersuchung wurde dann aber von Pius IV. bis zum 1. Jan. 1565 verlängert. Da die Mitglieder des Concils noch- mals bei den Legaten Vorstellungen machten, Hess der Papst diesen 19. Juni 1563 mittheilen: die Sache sei von seinem Vorgänger bis zur Fällung des Urtheils der spanischen Inquisition übertragen wor- den; er habe die Acten eingefordert und aus denjenigen, die er er- halten, ersehen, dass die Verhaftung Carr.'s nicht unberechtigt ge- wesen sei; er habe aber die Beschleunigung der Untersuchung ver- langt und werde sich die gerechte Erledigung der Sache angelegen sein lassen'^).

Auch die Trienter Index-Commission befasste sich mit Carr.'s Sache. Sie hatte eine Veranlassung dazu, da die Frage aufgeworfen wurde, ob sein Buch dem von ihr zu bearbeitenden Index einzuver-

1) Castro, Hist. de los prot. p. 209. Coleccion p. 438.

2) Pallav. 21, 7, 7.

460 Inquisitionsprocess gegen B. Carranza.

leiben sei. In der Sitzung vom 2. Juni 1563, welcher zehn Mit- glieder beiwohnten, beschloss sie einstimmig: das Buch sei nicht auf den Index zu setzen, vielmehr zu approbiren und der ganzen christlichen Welt mitzutheilen, dass das Buch approbirt sei als ein solches, das keinen Irrthum enthalte, sondern die Irrthümer unserer Zeit widerlege und überall die gesunde und katholische Lehre vortrage, damit nicht jemand glaube, es könne wegen der in dem Buche enthaltenen Lehre gerechter Weise etwas gegen den Verfasser beschlossen werden. Diese Erklärung wurde von dem Secretär der Commission P. Foreiro protocollirt und von allen Mitgliedern unter- schrieben i). Es wird berichtet, diese Erklärung habe in der Gre- neral-Congregation vom 29. Juli vorgelegt werden sollen. Dieses geschah in Folge der Bemühungen des spanischen Gresandten nicht, so dass also nicht, wie vielfach angegeben wird, das Concil das Buch Carr.'s approbirt hat. Cardinal Morone befahl sogar, dem Agenten Carr.'s die ihm eingehändigte Abschrift der Erklärung wieder abzunehmen; sie war aber schon abgesandt. Der Bischof Antonio Agustin von Lerida und der Bischof von Cava, die in der Commissionssitzung nicht zugegen gewesen, protestirten gegen den Beschluss derselben und ersterer äusserte sogar, die Commission habe offenbare Ketzereien approbirt. Der Vorsitzende der Com- mission, der Erzbischof von Prag, beklagte sich darüber bei den Legaten und Agustin musste Abbitte thuen. Die Gegner Carr.'s beschuldigten den Cardinal von Lothringen, der nicht Mitglied der Commission war, und den Erzbischof von Braga und die Bischöfe von Coimbra und Modena, den Beschluss zu Stande gebracht zu haben, und sagten, es seien in der Sitzung nur wenige zugegen ge- wesen, die spanisch verständen, und man habe leichtfertig über einen Folioband ein Urtheil abgegeben. Aber in dem Beschlüsse heisst es ausdrücklich, er sei gefasst worden „nach Anhörung der Zeugnisse der Bischöfe und Theologen, die das Buch mit der gröss- ten Sorgfalt durchgelesen und geprüft", und dass die Mitglieder der Commission alle persönlich jedes Buch lesen sollten, worüber sie zu beschliessen hatten, war doch nicht zu verlangen. Wie der Erzbischof von Prag berichtet, war das Buch durch vier spanische und portugiesische Theologen geprüft worden und wusste man, dass vier spanische Prälaten (der Erzbischof von Grranada, und die Bi- schöfe von Almeria, Grenze und Leon) es gutgeheissen und dass auch die portugiesische Inquisition es untersucht und nicht verboten hatte 2). Es kam jedenfalls nicht in den sog. Trienter Index.

Ende 1564 glaubte man doch in Spanien endlich die Unter- suchung gegen Carranza abschliessen zu müssen. Sein Anwalt Na- varro beantragte nun bei Philipp IL in einer Denkschrift 3), worin er zugleich über die Verschleppung des Processes und die dabei vor-

1) Abgedruckt bei Caballero p. 328.

2) Sickel S. 541. Col. de doc. ined. 9, 337.

3) Coleccion p. 495—504.

Inquisitionsprocess gegen B. Carranza. 461

gekommenen Unregelmässigkeiten klagte, Carr. und die Acten nach Rom zu schicken. Der Inquisitionsrath aber stellte dem Könige vor, wie nothwendig es sei, dass der Process in Spanien beendigt werde, und beantragte, der König solle den Papst bitten, Römische Prälaten, die dem Könige genehm wären, nach Spanien zu schicken, um im Einverständniss mit der Inquisition das Urtheil zu fällen. Philipp II. schickte denn auch 24. Nov. 1564 ein Mitglied des In- quisitionsrathes, Rodrigo de Castro, mit einem Schreiben dieses In- halts an den Papst. Er schrieb auch an den Cardinal-Nepoten Borromeo und 13 andere Cardinäle, an den König und die Königin von Frankreich und den Herzog von Toscana, an seine Gesandten in Paris und Grenua, den Grouverneur von Mailand u. a. und bat sie um ihre Verwendung bei dem Papste. Pius IV. ging auf den Vor- schlag ein und schickte den Cardinal Hugo Buoncompagni (später Gregor XIII.) als Legaten a latere nach Spanien, um in Gemein- schaft mit dem Nuncius in Madrid, Giov. Castagna, Erzbischof von Rossano (später Urban VII.), und dem Auditor der Rota Aldobran- dini (später Cardinal) das Urtheil zu fällen^). Buoncompagni kam im November in Spanien an. Philipp II. wollte nun durch den Inquisitionsrath, dem die päpstlichen Delegaten als Mitvotanten bei- gesellt werden sollten, das Urtheil sprechen lassen. Diesen Vor- schlag wies der Legat natürlich zurück. Während dieses Streites starb Pius IV. 8. Dec. 1565. Card. Borromeo hatte im August 1565 von ihm zu dem spanischen Gesandten gesagt: in der Sache Carranza's habe der Papst um des Königs willen mehr gethan und thue er mehr, als er könne, weil er in Widerspruch mit den Ca- nones, den Concilien (dem Concil von Trient?) und den Cardinälen handle ; in seiner Sterbestunde werde ihn nichts so sehr beunruhigen als dieses^).

Nachdem der Dominicaner und Römische General-Inquisitor Card. Ghislieri 17. Jan. 1566 als Pius V. Papst geworden, trat in Carr.'s Sache eine Wendung ein. Card. Buoncompagni berichtete ihm mündlich, und Pius V. verlangte sofort die Absetzung des General-Inquisitors Valdes ; Philipp ging darauf ein und bestimmte Diego Espinosa, Bischof von Siguenza (später Cardinal), zu seinem Nachfolger, und durch ein Breve vom 9. Sept. 1566 ernannte dann Pius V. „mit Rücksicht auf das hohe Alter" des General-InquisitorB Valdes und unter Anerkennung seiner „eifrigen Amtsführung" Espi- nosa zu seinem Coadjutor mit dem Rechte, ganz selbständig zu handeln, und mit der geheimen Weisung, über die Carr.'sche Sache mit ihm gar nicht zu sprechen. Er schickte dann den Bischof von Ascoli, Pietro Camojani, als ausserordentlichen Nuncius nach Spanien mit der Weisung, nicht ohne Carr. und die Processacten zurückzu-

1) Raynald. 1565, 7. Coleccion p. 449 wird als vierter Richter der Franciscaner-General Felix Peretti (später Sixtus V.) genannt.

2) Döllinger I, 628.

462 Inquisitionsprocess gegen B. Carranza.

kommen, und sandte dem Nuncius Castagna in Madrid ein Breve vom 30. Juli 1566 folgenden Inhalts: Carr. sei nun sieben Jahre in Haft, und er, der Papst, wisse noch nicht sicher, was ihm vor- geworfen werde, geschweige denn, was gegen ihn erwiesen sei; das gebe Anlass zu bösen Reden gegen die Inquisition und den h. Stuhl; er habe darum beschlossen, die so grosse Calamität des Erzbischofs und die ebenso grosse Injurie gegen den h. Stuhl, die der ganzen Christenheit zum Anstoss gereiche, nicht länger mehr anzusehen (non ferre nee dissimulare diutius); kraft der Fülle seiner apostoli-> sehen Gewalt entziehe er also der spanischen Inquisition bezüglich dieses Processes alle Grewalt und gebiete allen, die es angehe, bei Strafe der reservirten Excommunicatio latae sent., Carr. sofort frei- zulassen; dieser solle bei Strafe der Suspension sofort einen Ver- weser für sein Erzbisthum ernennen und nach Rom kommen; wer ihn an der Reise hindere, verfalle der Excommunication; die Inqui- sition habe bei Strafe der Excommunication binnen drei Monaten alle Acten versiegelt durch einen zuverlässigen Boten nach Rom zu schicken oder binnen einem Monate an den Nuncius abzuliefern i). Der Staatsrath rieth dem Könige, nicht nachzugeben : die spanische Inquisition sei auf Grrund der den katholischen Königen (Ferdinand und Isabella) von dem h. Stuhle ertheilten Vollmacht als eine von der Römischen Inquisition völlig unabhängige gegründet worden; wenn man in diesem Falle nachgebe, würden die Römer auch andere Processe nach Rom avociren u. s. w. Indess nach einiger Ver- zögerung, während welcher der Nuncius wiederholt mit der Ex- communication drohte, wurde Carr. 5. Dec. 1566 aus dem Gefäng- nisse entlassen. Er kam 31. Dec. in Cartagena an, musste dort einige Monate auf die Acten warten, und segelte endlich 27. April 1567 ab, begleitet von seinen Rechtsbeiständen Navarro und Delgado, zwei Domherren von Toledo und mehreren Inquisitoren.

Am 29. Mai 1567 kam er in Rom an. Er wurde dort in der Engelsburg in einer anständigen Wohnung in Haft gehalten, erhielt auch sofort die Erlaubniss, jährlich einmal zu beichten, was ihm die spanische Inquisition nicht gestattet hatte, aber nicht zu com- municiren. Das Domcapitel von Toledo, welches sich für seinen Erzbischof verwendet hatte, belobte der Papst in einem Breve vom 20. Juli 1567 für seine Anhänglichkeit, und sprach sein Bedauern aus, dass die Sache nicht rasch erledigt werden könne, weil die Acten spanisch geschrieben seien und übersetzt werden müssten^). Es stellte sich bald heraus, dass die Inquisition einen Theil der Acten zurückbehalten; im Nov. 1568 und nochmals im Febr. 1570 wurden von Rom aus fehlende Stücke requirirt. Alle Acten hat man in Rom nie bekommen. Sie füllen übrigens 24 Foliobände von je

1) Das Breve bei Laderchi 22, 291.

2) J. Pogiani Epistolae IV, 260. Ein anderer Brief an das Capitel vom J. 1569 bei Laderchi 23, 327.

Inquisitionsprocess gegen B. Carranza. 463

1000—1200 Seiten, und die Uebersetziing derselben, auch der ganze Catechismus wurde ins Lateinische übersetzt, -- wird Zeit und Mühe genug gekostet haben.

Der Process konnte in Rom natürlich nicht der Inquisition überwiesen werden. Der Papst ernannte 17 Consultoren, aber die spanischen Fiscale Lucas Salgado und Greronimo Ramirez bestanden darauf, dass keine Sitzung gehalten werden dürfe, in der nicht der Papst persönlich präsidire. Als Consultoren bestellte Pius V. vier Cardinäle, Rebiba, Pacheco, Gambara und Chiesa, von denen die ersten drei Mitglieder der Römischen Inquisition waren, den Bischof Felix Peretti von Sant' Agata (später Sixtus Y.) und andere italienische Prälaten, auch mehrere Mitglieder der spanischen Inquisition, über- haupt mindestens ebenso viele Spanier als Nicht-Spanier. Als Se- cretäre wurden zwei Italiener und zwei Spanier bestellt. Der Mag. Sacri Palatii Thomas Manrique wurde als Dominicaner und Freund Garr.'s recusirt; als der Papst statt seiner den Jesuiten Franz Toletus ernennen wollte, wurde gegen ihn eingewendet, er sei ein Verwandter des Grosspriors der Johanniter, Antonio de Toledo, der ein Freund Carranza's sei. In einem Briefe vom 11. Oct. 1568 bat Philipp II. den Papst, er möge noch zwei von ihm ernannte spanische Theologen zulassen^). Das Uebersetzen und Vorlesen der Acten, die Verhöre und die Plaidoyers der Ankläger und Vertheidiger nahmen über vier Jahre in Anspruch. Endlich wurde die Untersuchung abgeschlossen und die Consultoren gaben jeder einzeln schriftlich ihr Votum ab. In dem geschichtlichen Resume des Processes in dem ürtheil Gregors XIII. wird gesagt: Pius V. sei mit dem Studium dieser Vota beschäftigt gewesen, um das Urtheil zu fällen, als er (1. Mai 1572) gestorben sei. Nach anderen Angaben hat er die Sentenz entworfen und den Entwurf durch den Cameriere Alessandro Casali dem Könige von Spanien überbringen lassen. Die Sentenz habe dahin gelautet: Carr. werde freigelassen und ihm aufgegeben, den Catechismus mit den nöthigen Verbesserungen lateinisch herauszu- geben; die Erklärung des Johannes-Briefes bleibe verboten und von den anderen handschriftlichen Werken Carranza's dürfe keines ohne vorherige Revision gedruckt werden. Der König und die spanische Inquisiton hätten darauf eine Widerlegung der von Navarro und Delgado verfassten Apologie des Catechismus und durch den Doctor Balvas von Alcala eine „neue Qnalification des Catechismus" schreiben lassen und diese nach Rom geschickt; als diese in Rom angekommen, sei der Papst gestorben gewesen^).

Jedenfalls hat Pius V. kein Urtheil gefällt. Wahrscheinlich wäre es, wenn er es gefällt hätte, mindestens nicht ungünstiger für Carr. ausgefallen. Als der Fiscal Salgado ein Verbot des öfTent- lichen Verkaufs des Catechismus in Rom beantragte, antwortete der Papst: er halte den Catechismus nicht für verwerflich und man

1) Laderchi 23, 151.

2) Llorente III, 29G. Coleccion p. 453. Laugwitz S. 95.

464 Inquisitionsprocess gegen B. Carranza.

möge ibn nicht dazu treiben, ibn durch ein Motu proprio zu appro- biren^); und als er gestorben war, schrieb ein Spanier: man habe nicht zu trauern über den Tod eines Mannes, welcher für einen Ordensgenossen solche Parteilichkeit gezeigt und durch seine Eeden die Pjhre der spanischen Inquisition compromittirt habe^).

Grregor XIII., der als Cardinal Buoncompagni in Spanien so entschieden aufgetreten war, zeigte sich Philipp II. gegenüber nach- giebiger als sein Vorgänger. Er liess sich zunächst in einer Reihe von Sitzungen, die von Pius V. ernannten Consultoren blieben^ im Amte, die Processacten vorlesen. Mittlerweile hatte Philipp II. vier neue Theologen, darunter seinen Beichtvater Diego de Chaves und den Professor Francisco Sancho von Salamanca nach Rom ge- schickt. Diese gaben Gutachten über die CoUegienhefte der Schüler Carr.'s ab, worauf dessen Yertheidiger Repliken schrieben. Dann brachte die Inquisition fünf Spanier, Bisehöfe und Professoren von Alcala, dahin, ihre früher zu Gunsten Carr.'s abgegebenen Gutachten zu widerrufen und neue im entgegengesetzten Sinne abzugeben. Der Erzbischof Guerrero von Granada z. B., der 1558 Carr.'s Cate- chismus als ein gutes und nützliches Buch bezeichnet hatte, fand jetzt 75 Sätze in diesem und 290 in Carr.'s Manuscripten bedenklich. Dieses wurde dem Papste gemeldet, und dieser beauftragte 7. Aug. 1574 den neuen spanischen General-Inquisitor Gaspar Quiroga, Bischof von Cuenca, die betreffenden Bischöfe und Theologen zu vereiden und dann die von ihnen unterzeichneten Gutachten nach Rom zu schicken. Auch diese wurden mit den Repliken Carr.'s und seiner Vertheidiger verlesen.

Endlich 14. April 1576, am Tage vor Palmsonntag, wurde das Urtheil Gregors XIII. in Anwesenheit des Papstes, der Con- sultoren und einiger Cardinäle u. s. w. von einem Notar verlesen: Carr. solle als der Ketzerei dringend verdächtig (vehementer suspectus de haeresi) alle Ketzereien und Irrthümer überhaupt und speciell 16 Sätze abschwören und dann von allen Censuren absolvirt werden ; er solle vorläufig fünf Jahre von seinen erzbischöflichen Functionen suspendirt bleiben und in dem Dominicanerkloster zu Veyano wohnen und diese Stadt nicht ohne specielle Erlaubniss verlassen dürfen ; für das Erzbisthum werde ein Verweser bestellt, dem Erzbischof aus den Einkünften jährlich die Summe von 1000 Ducaten gezahlt werden; ehe er Rom verlasse, solle er die sieben Basiliken besuchen und in jeder die Messe lesen; ausserdem solle er binnen drei Mo- naten neun bestimmte Votivmessen lesen, sonst aber während der Suspension nur an bestimmten Festtagen die Messe lesen dürfen ; die Commentare über den Catechismus werden unter den im Index festgesetzen Strafen verboten^). Der Papst soll geäussert haben,

1) De Castro p. 227.

2) Llorente III, 298.

3) Das Urtheil in spanischer Uebersetzung Coleccion p. 482, die 16 Sätze lateinisch p. 583.

Inquisitionsprocess gegen B. Carranza. 465

Carr. habe ein strengeres Urtheil verdient, er habe es in Anbetracht seiner langen Haft gemildert. ISTachdem Carranza abgeschworen, wnrde er nach dem Dominicanerkloster der Minerva geführt, wo er bis zu seiner Abreise wohnen sollte. Er erkrankte bald darauf an einem Harnleiden und starb 2. Mai 1576, 73 Jahre alt, nachdem er in (legenwart der Mönche feierlich erklärt hatte, er habe nie in seinem Leben eine Ketzerei gelehrt, nnterwerfe sich aber dem Ur- theil des Papstes und verzeihe allen seinen Feinden. Auf seinem Grabe in der Minerva wurde mit Erlaubniss des Papstes eine In- schrift angebracht, worin u. a. seine Grelehrsamkeit und Beredsam- keit, die treue Verwaltung seiner hohen Aemter, seine Bescheiden- heit im Grlück und sein Grleichmuth im Unglück gepriesen wird ^}. Sein Nachfolger in Toledo wurde der General-Inquisitor Quiroga.

Dass Carr. die 16 Sätze, die er abschwören musste, die meisten betreffen die Rechtfertigung, zwei die Heiligen- und Bilderverehrung vorgetragen, wird in dem Urtheil nicht ausdrücklich gesagt. Sie werden jedoch wohl ungefähr so in seinem Catechismus stehen, ohne Zweifel aber im Zusammenhange eine orthodoxe Deutung zulassen. Die 15. „Ketzerei", die er abschwören musste, lautet : die Kirche der Gegenwart habe nicht dieselbe Erleuchtung und Auctorität wie die Kirche der ersten Zeit 2). Sie ist aus der Vorrede seines Buches entnommen, worin er sagt: er wolle den Catechismus erklären nach der h. Schrift und den alten Vätern und sich nach Kräften bemühen, „das Alterthum unserer Vorfahren und der Urkirche wieder zu erwecken; denn dieses sei das gesundeste und reinste gewesen^); seine Absicht sei gut; was er in seinem Werke fehlen sollte, werde die Kirche verbessern; er unterwerfe alles ihrem Urtheile und dem jedes christlichen Lesers, dem Gott mehr Licht gebe, als er gehabt.'* Cano hatte in seinem Gutachten gesagt: jener Satz sei, so allgemein ausgesprochen, einer der gefährlichsten des ganzen Buches und die Lutheraner hätten darauf viele Irrthümer gebaut: in der ersten Zeit sei die Communion unter beiden Gestalten gebräuchlich gewesen, der Bischof nicht ohne Wahl des Klerus und Zustimmung des Volkes eingesetzt worden, der Papst

1) Die Erklärung und die Inschrift bei Quetif II, 240. In der Grab- schrift heisst es: viro genere, vita, doctrina, concione atque eleemosynis claro, magnis muneribus a Carolo V. et Philippo Rege Catholico sibi com- missis egregie functo, animo in prosperis modesto et in adversis aequo.

2) Quod praesens Ecclesia non est ejusdem luminis neque auctori- tatis, cuius erat primitiva.

3) En todo cuanto he podido, he procurado de resuscitar aqui la antiguedad de nuestros mayores y de la Iglesia primera; porque aquello fue lo mas sano y lo mas limpio. Castro p. 194. Cano führt dazu in seinem Gutachten (Caballero p. 543) als Parallelstelle f. 322 a an : En todas las eosas de nuestra religion lo mas antiguo tengo por lo mas sano y lo mas seguro.

Rensch, Index. 30

466 Baierische Verordun^en 1561 1579.

nicht ohne Zustimmung des Kaisers [diese Zeit meint doch Carranza gewiss nicht]; in der ersten Zeit seien auch Verheirathete Priester geworden und hätten die Bischöfe die Ketzer nicht verbrannt, son- dern excommunicirt, „und so noch 600 andere Dinge."

Durch S. kam nun Bartholomaei Caranzae Mirandensis Cate- chismus in den Eöm. Index. Erst Ben. hat den richtigen spanischen Titel eingesetzt. Auch im Liss. 81 findet sich das Buch.

45. Verordnungen über Büclierwesen in Baiern 1561-1579.

Eine Hauptquelle des 1590 resp. 1596 piiblicirten Römi- schen Index ist ein zu München 1582 unter Herzog Wilhelm V. erschienener gewesen. Ehe ich diesen bespreche, ist einiges über Verordnungen seines Vorgängers, Albrechts V., voraus- zuschicken.

Schon 1561 wurde von ihm die erste Censurcommission mit den Jesuiten Theodor Peltanus und Peter Canisius an der Spitze eingesetzt, 1562 die Vernichtung der „verführerischen Tractätl und Büchl" angeordnet. Durch ein Generalmandat vom 1. März 1565 wurde das Verbot der ketzerischen Schriften ein- geschärft und verordnet, dass fortan nur theologische Schriften, die in katholischen Städten gedruckt seien, verkauft werden dürften 1). 1566 wurde ein ausführlicher Catalogus der Bücher, die in Baiern öffentlich verkauft werden dürften, also das Gegen - theil eines Index librorum prohibitorum, veröffentlicht^). Ende 1569 Hess Albrecht V. speciell für die baierischen Klöster den Trienter Index und ein Verzeichniss von Büchern, die zur An- schaffung für die Klosterbibliotheken geeignet seien, drucken^).

1) Bist. Zts. 1874, 359. Archiv des D. Buchh. 2, 6.

2) Catalogus. S)cr S3ü(f)cr lutnb ©ci^rifften nnfer ."peiligc 9?eIinion imnb (Sciftlic^c facfien bclanncnbt, wdd)c im Snubt ,^u 93al)m, offcntlid) fnl)( ,yifmficn ünb ^uucrtauffcn, crloubt fcinbt. 6Jcbruc!t)t p Wmd)Qn, bei ?lbani 33crfl. 7 Bl. 4*. Ahgedruckt im Archiv des D. Buchh. 1, 176.

3) Librorum Autorumque S. Sedis Apostolicae Sacrique Concilii Tri- dentini authoritate prohibitorum, iterumque eorum, ex quibus integra

Albrecht V. 467

Vor diesen beiden Indices steht eine im Auftrage des Herzogs von dem Kanzler Eck erlassene Verordnung, d. d. München 1. Oct. 1569, worin die Vorsteher der Klöster angewiesen wer- den, ihre Bibliotheken nach den Vorschriften der Väter des Trienter Concils sorgfältig zu säubern und alle verbotenen Bücher zu beseitigen, bei der Einrichtung neuer Bibliotheken aber und der Vermehrung der bestehenden das hier abgedruckte Verzeichniss zu berücksichtigen. Merkwürdig ist bei dem zweiten Verzeichnisse, dass darin Schriften empfohlen werden, welche in dem Trienter Index verboten werden, wie Onus Ecclesiae, sogar ohne Einschränkung die Werke eines Auetor 1. CL, Jo. Przibram Bohemus^), in grösserer Zahl von Schrift- stellern, die in den späteren Römischen Indices in der 1. Gl. stehen, wie Geiler von Kaisersperg, oder doch in der 2. GL, wie Gonradus Glingius, Jo. Ferus, Henricus Harpflf, Franc. Guicciardinus u. a. Jo. Aventinus ist in dem Abdruck des Trienter Index weggelassen (S. 327). In demselben Jahre erschien eine Schulordnung, worin die in den lateinischen Schulen zu gebrauchenden und nicht zu gebrauchenden Bücher verzeichnet sind 2).

1561 Hess Albrecht die Hofbibliothek durch Jesuiten von ver- dächtigen Büchern säubern^); 1576 Hess er sich aber die Erlaubniss geben, verbotene Bücher zu behalten (S. 187). In dem General- mandat von 1565 wird das Verbot der „sectischen, unserer wahren, alten Catholischen Religion widerwertigen bücher, tractätl, famose schrifften und ergerlich schändlichen gemäll" (Holzschnitte) einge- schärft und verordnet, es dürften fortan nur theologische Schriften verkauft werden, die in München oder Ingolstadt, ferner in Dillingen, Mainz, Köln, Freiburg im Breisgau, Innsbruck, Paris, Leon (Lyon),

Bibliotheca catholica institui recte possit, Indices duo. Pro usu monaste- riorum in Bavaria editi. Monachii typis Ad. Berg. 1569.* N Bogen 4.

1) Der hier genannte Jo. Loricliius Hadamarius ist natürlich nicht der im Index stehende, sondern der Ingolstadter Professor dieses Namens; s. Prantl II, 494.

2) Sd)ul Orbnung bcr Sür[tcntT)umb Obern önnb ^Jibcrcn 35al)crlQnb§. föcbrucft äu 9JJimcf)cn bei) 9lbani 33crg 1569.* 4 Bogen 4.

3) Agricola, Hist. prov. Soc. J. Germ. sup. I, 63: Bibliothecam in aula instruxerat plurimis refertam libris; eos a nostris inspici diligenter jussit et quotquot minus castigatam fidem moresve docerent, omnes auferri.

468 Baierische Verordnungen 1561 1579.

Venedig, Rom, Florenz, Bologna, Antwerpen, Löwen oder in Spanien gedruckt seien. Wer andere Tractätl, Gebet- oder Gesangbücher ins Land bringe, solle in Haft gesetzt und mit Coniiscation seiner Büchervorrätlie, eventuell, „da die Verbrecher so gar freventlich", mit Landesverweisung „mit oder ohne öffentliche Schandt" bestraft werden.

In dem Catalogus von 1566 werden nach einer Recapitulation des Mandates von 1565 folgende Bücher aufgezählt: 1. Die Bibeln von Eck und Dietenberger und das N. T. von Emser, die ver- deutschten Psalmen von Luscinius [Othmar Nachtigal] und Dr. Gienger, und die „gar alte Verdolmetschung der Bibel oder etlicher stuckh daraus, und der heiligen alten Kirchenlehrer verteutsche Bücher, die aber nit vil mehr getruckt werden." 2. Die Postillen von Eck, Nausea, Wild [Job. Perus], Hoffmaister, Dietenberger und Wizel, „item etliche sondere Predig des Bischoffs von Mersenburg [Michael Heiding oder Sidonius, d. i. Bischof von Sidon i. p.] von der Mess, vom hochw. Sacrament und anderm, des Eisengreins von etlichen sondern strittigen articuln, des Nasen vom h. Sacrament des Altars und andern mehr Religionsstücken. 3. Der grössere Catechismus des Bischofs von Merseburg, „so in Predig aussgethailt," der Catechismus des Canisius, der verdeutschte Römische Catechis- mus und andere an den oben aufgezählten Orten gedruckte Cate- chismen. 4. Die Hortuli animae und die Gebetbücher von Faber, Nausea, Wild, Canisius, „und was der Dobereiner, Wallasser und andere verteutscht", was zu Dillingen und Ingolstadt zu finden sein wird. 5. „Von anderen teutschen Tractätlen" Gropper vom Sacra- ment, Faber von der Mess, vom rechten weg, an das Edl Bayrlandt, item was derSedelius, Schatzgeyr, Kaysersperger und andere Catho- lische mehr geschrieben haben. 6. Von Streitschriften, was die Genannten „wider die Newen geschriben", ausserdem die Schriften von Staphylus, Cochlaeus, Card. Hosius, Wizel, Eisengrein, Lautherius, Nasus, Bentzius, Caspar Franckh und „ein Büchel Lindani Dubi- tantius genannt" ^). Ausser diesen „für die Layen brauchsamisten" Büchern (von der Trienter Verordnung über deutsche Bibeln und Controversschriften wird keine Notiz genommen) dürfen auch die anderen an den oben verzeichneten Orten gedruckten ins Land ge- bracht werden. Die gelehrten Leute „wissen selbs, wo die heiligen Bibeln, item der Yätter Bücher und Schrifften in jren Natürlichen Sprachen, ungefelscht, in Truckh khommen." Die Buchhändler sollen aber Schriften der Väter nur von den genannten katholischen Druckereien beziehen, nicht von anderen, „dauon auch guete alte

1) Dubitantius de vera certaque per Christi Jesu evangelium salutis aeternae via, Libris III instructus. . . . Authore Wilhelmo Damasi Lindano, Episc. Eccl. Ruraemundensis. Col. 1565. Dubitantius. Drey Schöner Catholischer Gespräch . . . verdolmetschet durch Jacobum Rabus ülmensem. . . . Köln 1568.

Albrecht V. 469

Bücher der vermainten Correctorn vnd Scholiasten Eeligion halben verdechtlich seindt^^ Auch „alle andere weltliche khunst und Histori Bücher" aus den genannten Druckereien sind zulässig, verboten aber „alles vnd jedes, was in Geistlichen vnd Weltlichen, Teutsch oder Lateinisch geschriben haben Alexander Alexius Scotus, Johannes Eoxus Anglus, Sebastian Franckh, item die Cronica Sleidani von dem was vndter Kaiser Carl geschehen und fürgangen, Türckhische Cronica Magister Hainrichen Müllers (S. 328), Magdenburgische Kirchen Cronica, vom Illirico vnnd seinen mituerwandten gemacht, item alle die Newen Tractätl, die inn Teuffels namen intituiiert seindt, als Hosen Teuffei, Spilteuffel u. s. w. Dann ob wol alle die das ansehen haben, als ob sie allerding Politisch vnd allein gueter zueilt halber geschriben seyen, so seindt sie doch der ergerlichen Exempel vnd anzug halben nicht zeleiden, vnd fast also geschaffen, das sie deme, dessen Titl sie tragen, zu seinem Reich am maisten dienen, vnnd ist nit noth das Christlich Völcklin durch Teuffels Büechlin von lästern abzetreiben, weil sonsten der hailsamen guten schrifften bey der Catholischen Christlichen Kirchen eben genueg darzu verbanden" ^).

Auf den 1569 erschienenen Abdruck des Tr. (mit der Bulle Pius' IV., der Praefatio und den 10 Regeln) folgt: Index selectissi- morum authorum, ex quibus integra Bibliotheca constitui recte potest. In der 6 Seiten langen Einleitung heisst es: es handle sich hier um eine Aufzählung von theologischen und anderen für Klöster nützlichen, also nicht von juristischen und medicinischen Büchern; die Prälaten sollten Bücher anschaffen, die in katholischen Ländern, Spanien, Italien, Belgien, gedruckt seien; bei den in Frankreich ge- druckten müsse eine Auswahl getroffen werden; in Deutschland seien Köln, Mainz, Ingolstadt und Dillingen katholische Druckorte, sehr bedenklich Basel. Ausser den oben verzeichneten Autoren und Schriften werden u. a. noch empfohlen : Abdyas Babilonius, Eranc. Petrarcha, Georgius Wizelius, Jo. Thaulerus, Jo. Gropperus, Jac. Schaepperus (S. 367), Manipulus curatorum, Michael Medina, Michael Baius, Martinus Eysengreinius, Picus Mirandulanus, Poly- dorus Virgilius primae editionis, non auctus, Thomas Murnarus, Sabellici opera omnia, sed absque eo quod historicis libris ejus nuper additum est supplemento [von Caspar Hedio]. In der „Schulord- nung", werden verboten nicht nur die theologischen, sondern auch die grammaticalischen u. s. w. Schriften von Melanchthon, Erasmus Sarcerius, Job. Rivius und allen anderen „so sich von der alten wahren Religion abgesundert haben", empfohlen Grammatica Jo. Lorichii, Prosodia Glareani, Elementale und Syntaxis Erasmi, Jo. Lud. Vivis, Aldi Manutii, in Dialecticis, Rhetoricis et Philosophicis Joh. Caesarius, Aug. Hunaeus, Clenardus, Georgius Cassander u. s. w. Die Colloquia puerilia, heisst es weiter, Epistolae familiäres, Sen- tentiae u dgl., seien „mit Sectischen Scholiis oder Prohemiis fast

1) Uober diese Sorte Literatur s. Gödeke, Grundriss § 161 IL

470 Baierische Verordnungen 1561 1579.

verderbt"; es würden zu Ingolstadt und München neue Ausgaben gedruckt werden. Zulässig seien, aber nur die in katholischen Druckereien und nicht mit ,,Annotata verbotener Authoren" ver- sehenen Ausgaben von Disticha moralia Catonis, Epist. Plinii, Collo- quia Jo. Lud. Yivis, Epistolae et Declaniationes, Erasmus de con- scribendis epistolis, De copia rerum et verborum, Apophthegmata, Adagiorum Epitome. Statt des Virgil sollen Hieronymus Vida und Baptista Mantuanus, statt des Horaz Prudentius, Flaminius und Joh. Pedioneus, statt des Ovid Ambrosius Novidius gelesen werden; empfohlen wurde auch, statt der Briefe des Cicero und Plinius die des Hieronymus zu lesen ^).

In den letzten Monaten des Jahres 1569 wurde unter der Leitung des Landhofmeisters Grafen Otto Heinrich von Schwarzen- berg eine ,, allgemeine Landesvisitation" begonnen, welche fast zwei Jahre dauerte 2). In der Instruction für die Visitatoren vom 31. Oct. 1569 kommen folgende auf das Bücherwesen bezügliche Weisun- gen vor: „Gleichfalls ist auch die höchste notturft, die Büchläden von verfüererischen Büechern Eain zu hallten vnd hergegen guette catholische unter die Leute zu bringen ... So haben wir doch jetzt, damit eine allgemeine durchgehende Gleichheit gehalten vnd dem Uebel, so aus ketzerischen bösen Büechern hergeflossen, so viel möglich aller Orten gewehrt werde, ein lautere verzeichniss und Cathalogum drucken lassen, was wir fürder von Büechern vnd Schrifften in unseren Fürstenthumben und Landen gedulden könnten oder nicht [der Catalogus von 1566 ist gemeint] ... So wollen wir, dass die Prälaten nicht alles, ohne Unterschied vnd zum Ueber- fluss einkaufen, sondern vornehmlich, was zu theologischen und geistlichen Sachen gehört, item katholische historicos. Da aber einer Willens wäre, eine Liberey von neuem anzurichten oder son- sten einen ansehnlichen Bücberkauf zu thun, der soll deshalb bei unseren geistlichen Käthen suchen, die werden ihm des nöthigsten und besten ein Verzeichniss zustellen."

Ueber eine spätere Visitation berichtet Graf Hieronymus Porzia 2. Juli 1576: sie sei in Freising ganz, in München beinahe beendet; die Buchhändler und die Schulmeister hätten Verzeichnisse ihrer Bücher eingereicht und die verbotenen Bücher seien bei ihnen con- fiscirt worden ; ob auch die consiliarii et alii aulici zur Einreichung solcher Verzeichnisse genöthigt werden sollten? u. s. w.^). Bei einer Visitation, welche der gleich zu erwähnende Nuncius Ninguarda 1578 in Freising hielt, wurden zwei Domherren bevollmächtigt, die Bibliotheken der Mitglieder des Capitels und der übrigen Geistlichen

1) L. Westenrieder, Bayerisch-histor. Calender, München 1801, S. 29. Hist. Zts. 1874, 363.

2) Sugenheim, Baierns Kirchen- und Volkszustände, 1842, S. 80.

3) Münchener Reichsarchiv. Ueber Porzia s. Lossen, Der Köln. Krieg I, 339. 440.

Albrecht V. 471

zu untersuchen, um diejenigen, welche verbotene Bücher hätten, zu strafen, die Bücher zu verbrennen. 1579 ermahnte Ninguarda den Bischof von Brixen, alljährlich Visitationen zu halten und dabei auch danach zu forschen, ob jemand der Ketzerei verdächtig sei oder ketzerische Bücher lese oder besitze, namentlich bei den Adelichen auf den Schlössern, den weltlichen Beamten und den Priestern^). Charakteristisch für die damaligen Verhältnisse in Baiern sind ein paar von C. Th. Heigel ^) veröifentlicht*Actenstücke. Das eine enthält Vorschläge, welche der Jesuit Canisius dem Kanzler Eck durch Jesuiten, die nach überbaiern abreisen wollten, vortragen Hess: sie wollten die Pfarrer besuchen und dann dem Kanzler ein Ver- zeichniss der Bücher, welche die Pfarrer hätten und welche sie be- dürften, vorlegen; darauf möge ein Buchhändler (Colporteur) mit den geeigneten Büchern ausgesandt werden ; es würde für die Geist- lichen sehr nützlich sein, Ecks Loci communes deutsch zu drucken ; auch müsse man darauf Bedacht nehmen, die ketzerischen Postillen, die von den Leuten zu Hause vielfach gelesen würden, zu verbieten und zu confisciren und ihnen katholische dafür zu geben. Das andere Actenstück ist eine Eingabe des Buchhändlers Samuel Weissen- horn zu Ingolstadt an den Kanzler Eck vom 9. Jan. 1565, worin es heisst: es sei ihm ein schriftliches Verzeichniss von Büchern von (dem Ingolstadter Professor Job.) Lorichius und dem (Münchener Propst) Lautherius zugestellt worden; er habe die Bücher, so viel wie möglich beschafft und bitte den Kanzler, jemand mit seinem Diener (Colporteur) in die 27 Pfarreien von Niederbaiern zu schicken, da sonst die „Priester sich spreizen und von den Büchern keines annehmen würden, dieweil das Gift der falschen Lehre so gar ein- gerissen"; wenn er niemand mitschicken könne, möge er dem Diener einen fürstlichen Befehl an die Decane oder PÜegrichter mitgeben, „damit sie solche Bücher nehmen müssen, da er sonst in einen grossen Schaden kommen würde von wegen so vieler Postillen und anderen Bücher" ^).

1) Theiner, Ann. HI, 28.

2) Im Arch. des D. Buchh. I, 181.

3) Hinter der Eingabe steht ein Verzeichniss von Büchern, ohne Zweifel von solchen, die Weissenhorn vorräthig hatte. Es sind aber meist solche, die er wohl in Ingolstadt verkaufen, aber nicht den Pfarrern aufdrängen konnte, wie Opera Clementis Alex., 4 Psalteria hebraica, 4 Exemplare der Grammatica hebr. Peraguini [Pagnini], Opera Ciceronis, Quinctilianus u. s. w. Erst zuletzt werden erwähnt Postilla Eckii und Hoffmaisteri teutsch, Biblia Eckii teutsch, 3 Loci communes Eckii und Hoffmaisteri.

472 Münchener Index von 1582.

46. Der Mfinehener Index vom J. 1582.

Der eifrig liatholische Nachfolger des Herzogs Albrecht V. (t 24. Oct. 1579), Wilhelm V. erliess am 1. August 1580 eine Verordnung folgenden Inhalts: jedermann habe von Stund an die ketzerischen Bücher an die Pfarrer und Ortsobrigkeiten ab-' zuliefern und diese sie ad manus einzuschicken; jeder, bei welchem man noch ein verbotenes Buch finde, solle so bestraft werden, dass viele tausend ein abscheulich Ex empel empfingen; sobald fortan jemand sterbe, sollten seine Bücher untersucht werden, und wenn sich unzulässige oder nicht unterzeichnete (anonyme?) darunter fänden, solle die gebührliche Strafe von der Verlassenschaft nicht weniger, als ob die Uebertreter im Leben wären, unnachlässlich eingebracht werden. Es wird aus- drücklich hervorgehoben, dass von dem Verbote, schädliche Bücher zu lesen, auch der geistliche Stand, Prälaten, Pröpste, Dechanten, Pfarrer und gemeine Priesterschaft, nicht ausge- nommen seien 1).

Im J. 1578 war der Dominicaner Felicianus Ninguarda, früher Generalvicar seines Ordens für Deutschland, 1562—63 als Orator des Fürstbischofs von Salzburg in Trient, 1567 Visi- tator der Klöster in Deutschland, seit 1576 Bischof von Scala bei Amalfi ; er starb als Bischof von Como 1595 2), als Nuncius Gregors XIII. cum potestate legati a latere für Oberdeutschland nach Baiern gekommen. Dieser veröffentlichte 1582 zu München eine vermehrte Ausgabe des Trienter Index ^) mit einem Mandate

1) Arch. des D. Buchh. II, 7. Im J. 1581 erschien bei Adam Berg eine Uebersetzung des Buches von Putherbeus (S. 284) von J. B. Fickler : Tractat Herrn Gabriel Putherbeien von Thuron . . . Von verbot vnd auffhebung deren bücher vnnd Schrifften, so in gemain . . . nit mögen gelesen oder behalten werden.

2) Quetif II, 313.

3) Index Librorvm Avthorvmque S. Sedis Apostolicae, Sacrique Con- cilij Tridentini authoritate prohibitorum, insertis suo loco nonnullis in Tridentino Indice non comprehensis , quorum tarnen lectionc omnibus Christi fidelibus in Bauaria existentibus interdixit Reuerendissimus in

Münchener Index von 1582. 473

vom 20. Dec. 1581, worin es heisst: da der von dem Herzog Albrecht veranstaltete Abdruck des Trienter Index vergriffen sei, so habe es dem Herzog Wilhelm und ihm, dem Nuncius, gut geschienen, einen neuen Abdruck zu veröffentlichen, diesen aber durch Bei- fügung der Namen „einiger Neueren zu vervollständigen, welche, obschon sie nach dem Concil geschrieben, doch nach den von diesem darüber erlassenen Canones verboten, oder welche hin- sichtlich des Glaubens verdächtig" seien. Alle in diesem Index enthaltenen Bücher seien den von dem Herzog und dem Nuncius dazu bestellten Personen abzuliefern. Wer nicht gehorche, sei wegen des Behaltens verbotener Bücher der Excommunication verfallen und als der Ketzerei verdächtig anzusehen und solle ausserdem, wenn er ein Geistlicher sei, aller Würden sofort entsetzt werden und zur Erlangung solcher unfähig sein, w^enn er ein Laie sei, der Ungnade des Herzogs verfallen und gemäss den Canones processirt und mit arbiträren Strafen belegt werden.

Die Bereicherung des Trienter Index durch Ninguarda hat dadurch eine mehr als locale Bedeutung erlaugt, dass die von ihm in die 1. Gl. eingereihten Namen, in der 2. und 3. Gl. hat er nichts beigefügt, fast sämmtlich durch Sixtus V. in den Römischen Index gekommen sind. So hat Ninguarda am meisten zu dem Anschwellen der 1. Gl. des Römischen Index beigetragen; denn es sind mehr als 300 Namen, die er einge- reiht hat. Und woher hat er diese genommen? Er hat fast alle Namen aufgenommen, die er in den Frankfurter Messcatalogen von etwa 15G8 bis 1581 in den Abtheilungen „Protestantium Theologorum scripta de rebus sacris" und „der Protestierenden Theologen teutsche Schrifften^ fand, auch einige aus den anderen Abtheilungen: Libri historici, philosophici, poetici u. s. w.

So sind durch ihn neben bedeutenden und fruchtbaren theologischen Schriftstellern auch solche in die 1. Gl. des Rö- mischen Index gekommen, welche jetzt ganz verschollen sind,

Christo Pater ac Dns, Dös Felicianus, Episcopus Scalensis, & Sanctissimi Dui nostri Gregorii XIII. ad Bauariae & alias partes Germaniae supe- rioris Nuncius, cum potestate legati de latere, &c. cum praefixo eiusdem Reuerendissimi Dui Nuncij hac de re mandato. Monachij Excudebat Ada- mus Berg 1582.* 48 Bl. 4.

474 Münchener Index von 1582.

welche nur ganz unbedeutende Sachen, mitunter nur ein paar deutsche Gelegenheitspredigten, ein kleines Erbauungsbuch ^j, eine akademische Dissertation oder dergleichen haben drucken lassen.

Dass Ninguarda die Zusätze zu dem Trienter Index „auf Grund der ihm von Rom aus mitgetheilten neuen Bücherver- bote" gemacht habe, wie Zaccaria (p. 159) angibt, ist aus der Luft gegriffen und stimmt nicht einmal zu Ninguarda's eigenen Worten. Dass er nicht etwa die Ausgabe der Gesner'schen Bibliothek (von J. Simler) vom J. 1574, sondern die Messcataloge benutzt hat, ergibt sich daraus, dass sich in diesen alle Namen finden, während in jener manche nicht stehen, weil sie erst nach 1574 in den Messcatalogen vorkommen.

So stehen z. B. bei Simler nicht: Aemilius Portus Francisci filius (in den Xund. von ihm nur Psalmi carmine heroico conversi, Bas. 1581; er hat später mehr veröffentlicht, meist philologische Schriften), Andr. Freyhub, David Thonner, David Yoitus, Elchanon Pragensis (seit Ben. Elch. Paulus Pr., ein getaufter Jude, der 1*580 eine deutsche Schrift Mysterium novum u. s. w. herausgab, um die Messianität Jesu zu beweisen, sie wird schwerlich etwas Un- katholisches enthalten) u. s. w.

Theiner berichtet (Ann. III, 326), Ninguarda habe den herzog- lichen Rath Canonicus Anton Welzer mit der Anfertigung des Index beauftragt und ihm für die Erfüllung dieser Aufgabe „sehr weise Vorschriften und eine ausgedehnte Vollmacht" gegeben. Ob Welzer die Weisung und Vollmacht erhalten, nur die Nund. zu excerpiren, oder sich in dieser Weise die Arbeit leicht gemacht, ist nicht fest- zustellen. Was für literarische Missethaten aber für ihn genügten, um jemand in die 1. Cl. zu setzen, mögen folgende Auszüge aus den Nund. zeigen (ich wähle Schriftsteller, von denen nur eine oder zwei Schriften angeführt werden) : Georgius Schmaltzing (Der Psalter gebetweis mit vielen anderen Gebeten), Nie. Erbenius (Unterricht, wie ein frommer Christ sich verhalten soll in Sterbensleufften), Wolfg. Andingus (im Ind. noch jetzt Audingus; drei Predigten), Wolfg. Amlingus (eine Streitschrift gegen Jo. Matthaeus Smalcaldensis), Wolfg. Ammonius (Neu Gesangbuch teutsch und lateinisch), Matthias Vehus (Amos der Prophet mit der . . . Erklärung des . . . hebr. Doctors David Kimchi, übers, durch Matthis Vehen, der h. hebr. Sprach Studenten, Köln 1581), Matthias Eberhart (Scholastica trium psalmorum explicatio), Jo. Schutz (Appellationes et epitheta filii Dei), Jo. Hertzberg (Betrachtung des Leidens und Sterbens J. C, dabei

1) Ueber manche dieser Autoren finden sich Mittheihingeu bei H. Beck, Die Erbauungsliteratur der evang. Kirche, 1883.

Benutzung der Messcataloge. 475

auch zwo Leichpredigten), Volradus Comes Mansfeldensis (Tapfere Antwort auf das unchristl. Schreiben D. Wigandi), Thomas Maurer (Erklärung von der ersten Verheissung von des Weibes Samen, Gen. 3, 8), Henr. Efforhen (13 Predigten aus Ezech. 38. 39 von Gog und Magog oder den Türken; auch lat.), Conr. Mercklinus (Dicta insigniora latinogerm. ex Y. et N. T. in usum scholae Eotenburg. ad Tuberim), Simon Siderus (Oratio declarans typum in Mosaico tabernaculo foederis propositum, 1578), Frid. Dedekind Metamorphoseon sacrarum 11. 5, 1565, Liber Prov. Salom. carmine elegiaco, 1574; sein bekanntestes Gedicht, Grobianus, wird wohl nicht die Ursache seiner Verdammung sein), Jo. Strauss (Wider den Kleider, Pluder, Pauss und Krössteuffel, 1581), Theophilus Feurelius (Catechismuspredigten von Paul Eber [dieser steht schon im Tr.], jetzt in Truck verfertiget durch Th. F., Kirchendiener zu Kitzingen, 1577), Joachim Staubius (Zwo Leichpredigten, 1570), Jo. Buslebius (Jungkfraw Spiegelin, d. i. ein Büchlein von guter Zucht in Reimen verfasst, 1570), Valerius Fidler (De obitu Joachim! Morlini Epi- cedium), Christoph Stolberg (Vigilii fünf Bücher wider Eutychen . . . verteutscht) u. s. w. u. s. w. Joachimus von Burg, im Rom. Ind. Vomburg, ist ohne Zweifel Joachim von Burck i), von dem in den Nund. freilich nur musicalische Compositionen verzeichnet werden; wahrscheinlich hat ihn Symboluni apost., Nicenum et Canticum Ambrosii et Aug. ac verba institutionis coenae dominicae quatuor vocum harmoniis reddita, aut. Joa. a Burgk, 1569, auf den Index gebracht. In dem Titel eines Büchleins in Duodez: Drei schöne Trostbüchlin . . durch Caspar Kantzen, Joh. Odenbach und ,Joh. Langen, jetzt in ein Handbüchlin zusammen getruckt, Nürnb. 1570, hatte man gleich drei Autoren der 1. Cl. zusammen. Kantz hat freilich schon 1522 fp. mehrere deutsche Schriften verfasst, aber dafür war er bisher nicht in den Index gekommen. Jo. Hugo steht in den Nund. 74 als Verfasser eines „Berichtes von der Erb- sünd, was dieselb eigentlich sey, w4der lUyricum"; es ist also nicht der bekanntere Elsässer Jo. Hugo ^), der im Index steht. Ernestus Vögelin kommt in den Nund. nur als (Leipziger) Verleger vor.

Weitaus die meisten Schriftsteller, die in den Nund. und darum auch im Mon. stehen, sind Deutsche und Schweizer, doch linden sich auch Schriftsteller aus anderen Ländern, und auch unter diesen ganz unbedeutende, wie die Franzosen Bertrandus Loquaeus (de Loques, De verbo Dei et de cöena Dni, 1573), Christoph. Richardus (Memorabilis bist, persecutionis in populum Valdensem 1555 61, a. 1562 gallice edita, nunc a Chr. R. Biturige latinitate donata, 1581 ; Baumg. II, 186), Georgius Ebouff (Narratio rerum in Gallia gestarum 1576 1577), Lud. Villebois (Rerum in Ardennia gestarum . . a. 1577 luctuosa narratio, 1577), Steph. de Malescot (Catechesis adv. Jesuitarum . . catechesin et sectam, 1570 u. a.),

1) A. D. B. 3, 607.

2) A. D. B. B. 13, 328. Schmidt, Eist. lit. de TAlsace II, 51.

476 Münchener Index von 1582.

Theophilus Banosius (Petri Eami . . Comment. de relig. ehr. 11. 4. Ejusd. vita a Th. B. descripta, 1576), ferner die Engländer Jo. Park- hurstii.s (in den Nund. steht keine Sehrift von ihm, aber In D. Jo. Parkhursti Episc. Nordowic. . . obitum epicedia Rod. Gualtheri, 1576), Thomas Dranta (Anglus, Praesul. Ejusd. Sylva, 1578 unter den Poeten).

Die Nund. sind freilich, obschon so viele unbedeutende Schrift- steller daraus aufgenommen sind, nicht vollständig ausgebeutet; manche in den protestantisch-theologischen Abtheilungen stehende Namen hat Welzer, sei es aus Mangel an Aufmerksamkeit, sei es aus irgend- welchen Gründen, nicht abgeschrieben, auch die Namen einzelner Schriftsteller nicht, die jedenfalls bedeutender oder fruchtbarer waren als die meisten, die er aufgenommen, wie Esrom Rüdinger, Jo. Pomarius, Nicodemus Erischlin. Manche in den Mon. nicht aufge- nommene Namen hat S. nachgetragen ; aber die genannten stehen nicht in der 1. Cl. des Rom. Ind. Nur etwa ein Dutzend Namen des Mon. sind von 8. Cl. nicht aufgenommen, darunter auffallender Weise auch einige, die bei Fris. stehen : Caspar Schutzius, C(aspar) Elaeodus, C(aspar) Cropacius, Daniel Krauxdorfer, Erhardus Cellius, Eusebius Philadelphus Cosmopolitanus, Erid. Roth, Frid. Widebramus u. s. w. Christianus Francken und Jo. Wierus stehen im Rom. Index nicht, wie im Mon., in der 1. Cl.

Mon. gehört zu den am wenigsten incorrect gedruckten älteren Indices. S. hat viele Namen, die im Mon. richtig stehen, corrumpirt und seine Corruptionen sind dann im Rom. Ind. geblieben (meist von >Ben. corrigirt): so Esaias Heidenreich in E. Heinduhich, Gaspar Kantz in G. Hantz (noch jetzt), Gregorius Weiser in Gr. Werser (jetzt Georgius Weiser). Für Christophorus Moll, der 1575 eine Predigt hat drucken lassen, hat Cl. den bei Fris. unmittelbar davor stehenden Chrph. Molhusensis, einen Dominicaner des 14. Jahrb., substituirt, der denn auch noch heute in der 1. Cl. steht. Einige Namen sind freilich schon im Mon. corrumpirt: Christianus Grau- mundt (im Rom. Ind. Chr. Grannundt, seit Ben. Christophorus Gran- mundt) ist Christoph. Graumundt, David Stangius ist Daniel St. (so Ben.), Valentinus Schmidler ist V. Schindler (so Ben.). Leon- hardus Schweiglinus wird L. Schweigker sein, der Armatura spiri- tualis, geistliche Wehr wider die Anfechtung des Teuffels und ver- zweiffelung geschrieben. M. Mento im Mon. und im Rom. Ind., seit Ben. mit dem Zusatz qui et Mento Gogrenius (recte Gogrevius), in jener Form aufgenommen, weil in den Nund. steht: M. Men- tonis Bekänntniss und Lehr von warer wesentlicher Gegenwertigkeit, Exhibition und Empfahung u. s. w. Yinitor (noch jetzt ohne Vornamen) stammt aus den Nund. von 1568: Leichpredigt Vinitoris vber der Leich Abraham von Eynsidel, Churf. Sachs. Landrath.

Durch Mon. ist auch die Zahl der Pseudony mi in der 1. Cl. vermehrt worden: Christophorus Herdesianus (Hardesheim) steht unter seinem wahren Namen i) nicht im Index, aber seit Mon. unter

1) A. D. B. 12, 101.

Pseudonymi. 477

den Xamen Cliristianus Hessiander (Kefiitatio dogmatis de fictitia carnis Christi omnipraesentia, 1571), Germaims Beyer (Grerman Beyers Examen . , . des Selneokerisclien . . . unchristliclien Lester- buchs, 1579), Hermannns Pacificus (Simplex ac dilucida expositio, qua ratione controv. de coena Dni . . . componi possit, 1578; Theses de vivifica carne Christi, 1580), seit S. auch unter dem Namen Ambrosius Wolfius (Fundamenta Lutheranae doctr. de ubiquitate . . ., 1579; De confessione August. . . ., 1579). Donatus Grot- visus ist Johann Fischart, der unter seinem wahren Namen auch nicht im Index steht (Fides Jesu Christi et Jesuitarum, h. e. colla- tio doctrinae Dni et Salv. nostri J. C. cum doctr. Jesuitarum . . . Item Juramentum Pii P. IV. . . . cum confutatione . . . per D, Gr. Trivonensem, Christlingae 1573). Ben. hat dem Donatus Grotvisus beigefügt qui et Donatus Wisartus, unter welchem Namen das Buch zu Oppenheim 1610 erschien i). Elias Palingenius ist Jo. Pin- cierius Yeteranus (S. 409), der unter diesem Namen Dipnosophi- sticae tragoediae procatastrophe tractans controversiam de coena Dni, 1569, und Elenchus sanae de euchar. doctrinae, 1575, heraus- gab ^). Jo. Palmerius ist Franciscus Hotomannus, der unter die- sem Namfen durch S. in die 1. Cl. kam (Nullitatis protestatio con- tra formulam concordiae, nicht in den Nund., aber Andreae Pou- chenii ad Jo. Palmerii Sacramentarii Protestationes . . . christ. responsio, 1579). Josua Lagus ist Zacharias Ursinus (Josue Lagi Berieht vom Nachtmahl unseres Herrn, 1565, und zwei andere deutsche Streitschriften). Laonicus Antisturmius a Sturmeneck (eques auralus) ; unter diesem Namen erschien Spongia adversus Lam- bert! Danaei . . Anti-Osiandrum, 1580, eine der Schriften in dem Streit zwischen Job. Sturm und Lucas Oslander, nach einigen von Oslander, nach anderen in dessen Auftrage von Nicodemus Frisch- lin geschrieben^). Nathanael Nesekius i. e. Theod. Beza (Adv. sacramentariorum 'errorem pro vera Christi praesentia in coena Dni hom. duae, Theopoli 1575)^). Wolfg. Prlsbachius ist gleichfalls Beza (Responsio ad orationem habitam nuper in concilio Helvetiorum pro defensione caedium et latrociniorum , quae in Grallia commissa sunt, Rupellae [Genf] 1573, 60 S. 8, über die Bartholomäusnacht^). Ein Pseudonymus ist auch Theophilus Baldanus (Warhafftige . . . Ausführung, dass das Concilium zu Triendt hat wider Gott und sein h. Wort falsche . . und gotteslästerliche Canones und Satzungen gemacht . . . Laugingen 1570. 52 Bl. 4).

1) Gödeke, Grundriss § 164, 12.

2) Bayle s. v. Pincier.

3) Salig, Gesch. der Augsb. Conf. I, 456. Baillet, Jugem. VI, 105. D. B. 8, 102.

4) Heppe, Th. Beza S. 377.

5) Serapeum 1858, 59.

478 Münchener Index von 1582.

In einem zweiten Erlasse vom 1. Mai 1582 1) verkündete Ninguarda, dass der Index publicirt und mit Zustimmung des Her- zogs von ihm der Canonicus Welzer zu seinem Commissar ernannt sei, um die verbotenen Bücher überall in Baiern aufzusuchen und zu beseitigen. Derselbe werde nöthigenfalls die Hülfe des welt- lichen Armes anrufen. In jeder Diöcese solle ihn ein von dem Bischof zu deputirender Commissar begleiten, dem der Nuncius gleiche Vollmacht gebe. In allen Klöstern und bei den Land- dechanten, Kämmerern, Stadt- und Landpfarrern sei ein Exemplar des Index zu hinterlassen. Ferner bestimmt er: In den Büchern der Kirchenväter oder anderer katholischer Schriftsteller, welche an ketzerischen Orten gedruckt sind, sollen der Name des Druckers, falls er zur Zeit des Druckes ein Ketzer war, der Name des Druckorts und die von Ketzern beigefügten oder irgendwie ver- dächtigen Anmerkungen gestrichen werden. Bücher, welche von Ketzern verfasst sind, aber Grlaubenssachen gar nicht betreffen, können für jetzt geduldet werden, wie das Lexicon von Frisius, der Thesaurus linguae latinae von [Petrus] Dasypodius und dgl. Da- gegen sind solche Bücher zu beseitigen, welche durch schlechte Bei- spiele den Grlauben und die Ehrfurcht vor heiligen Dingen und die Sittenreinheit gefährden, wie die Colloquia des Erasmus, die Diu- lektik, Rhetorik und Grammatik von Melanchthon und dgl. In den Büchern von ketzerischen Verfassern, welche gestattet werden, sind die Namen der Verfasser, Drucker und Druckorte und die Vorreden zu beseitigen. In den Klöstern haben dieses der Prälat und einer der gelehrteren Mönche, anderswo, wenn es die Commissare nicht gut selbst besorgen können, ein benachbarter Theologe zu besorgen. Deutsche Bibelübersetzungen von Katholiken und deutsche Schrif- ten über religiöse Controversen zu lesen, können die Commissare geeigneten Personen gestatten. Das Jus canonicum mit Glossen ist nach der Anordnung der Römischen Curie zu emendiren. Bücher, welche falsche Wunder, falsche oder verdächtige Ablässe, fabulose Geschichten über heilige Dinge und dgl. enthalten j^ sollen, nö- thigenfalls nach einer geeigneten Belehrung, weggenommen werden. Die Verbesserung der Bücher, von denen die 8. Regel des Index handelt, wird der theologischen Facultät zu Ingolstadt oder anderen Theologen übertragen werden.

Sehr interessant ist ein langer Brief, den der Jesuit Peter Canisius am 8. Aug. 1581 an den Herzog Wilhelm schrieb 2). Er spricht darin von einem ihm übersandten Index, womit das Manu- script oder der Entwurf des 1582 publicirten gemeint sein wird, und knüpft daran folgende Bemerkungen: Es sei zweckmässig, je einen von dem Bischof und dem Herzog zu ernennenden Inspector sive Censor librorum zu München, Ingolstadt, Straubing, Burghausen und an anderen Orten, namentlich an solchen, wo grosse Jahrmärkte

1) Theiner, Ann. HI, 326.

2) Im Münehener Staatsarchiv.

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Brief des Petrus Canisius. 479

stattfänden, anzustellen, um die Bibliotheken zu visitiren, die von auswärts importirten Bücher, Lieder, Bilder u. s. w. vor der Ge- stattung des Verkaufs derselben zu revidiren und die Buchhändler zu überwachen ; diese Censoren seien einem Superintendens für ganz Baiern zu unterstellen. Die Prediger hätten oft über das Lesen verbotener Bücher zu predigen und denjenigen, die sich dessen schuldig machten, die Verweigerung der Absolution anzudrohen. Sehr rathsam sei es, eine durch Strafgelder oder sonstwie zusam- mengebrachte Summe (pecunia e mulctis aut aliunde corrasa) zur Anschaffung von guten Büchern, namentlich Gebetbüchern, cate- chetischen Schriften und einigen Theilen der Bibel zu verwenden und diese Bücher gebunden an die Pfarrer und Prediger zu ver- theilen, um sie an solche zu verschenken, welche schlechte Bücher ablieferten, da dieses ohne Aussicht auf einen solchen Ersatz kaum geschehen werde. Zum Verkaufen von Büchern dürften nur zuver- lässige Leute, die zu vereiden seien, ermächtigt werden ; die herum- ziehenden Buchhändler seien meist Ketzer oder unzuverlässig. Der- artige praktische Massregeln seien nöthig. Das Publiciren von Edicten und eines Index genüge nicht. Einen neuen Index mit Bei- fügung der in dem Römischen ausgelassenen Ketzer anzufertigen, sei nicht leicht^); denn die Frankfurter Messe weise immer neue ketzerische Schriftsteller und Schriften auf, so dass man dieselben nicht wohl zählen, geschweige denn in einem Index verzeichnen könne; ebenso erschienen fortwährend neue katholische Schriften (es scheint im Plane gewesen zu sein, auch einen Index der zu em- pfehlenden Schriften, wie 1569, herauszugeben). Ein für das Pub- licum bestimmter gedruckter Index sei also nicht zweckmässig, wenn man nicht fast jedes Jahr einen neuen veröffentlichen wolle; vielmehr sei zu empfehlen, einen Index der ketzerischen und der katho- lischen Bücher so herauszugeben, dass er zunächst für den Ge- brauch der erwähnten Censoren und der Gelehrten und Besitzer von Bibliotheken bestimmt sei. Canisius denkt also an einen hand- schriftlichen oder in wenigen Exemplaren zu druckenden Index, der alle Jahre oder alle paar Jahre aufzustellen wäre^). Er bemerkt

1) In der.Handschrift steht non est difficile, wie der Zusammen- hang zeigt, verschrieben.

2) Später ist einige Zeit der Gedanke des Canisius in etwas anderer Weise verwirklicht worden. Von 1606 an bis 1619 (?) erschien zu Mainz alljährlich ein allerdings zunächst für die Buchhändler in katholischen Ländern bestimmter Auszug aus dem Messcatalog unter dem Titel : Index novus librorum imprimis catholicorum theologorum aliorumque celebrium auctorum quarumcunque facultatum et linguarum, causas religionis tarnen non tractantium . . . pro Italia ceterisque nationibus confectus. Auf der Rückseite des Titelblattes des von 1606 steht ein kurzes Vorwort von Valentinus Leuchtius, S. Th. Dr., S. Sedis Apost. librorum revisor, Imp.

480 Münchener Index von 1582.

dann weiter: „Icli kann und darf hier nicht verschweigen, dass einige Schriftsteller der Gegenwart als katholisch bezeichnet und ihre Schriften geschätzt und gepriesen werden, die in Wahrheit und im vollen Sinne (revera et integre) nicht katholisch sind, wie Georg Wicel, Conrad Cling, Jo. Ferus, Jac. Schöpper, Georg Cassan- der [die in dem Catalog von 1569 stehen, S. 469]. Wenn deren Schriften richtig geschätzt und nach der Norm des Concils von Trient und soliden theologischen Regeln geprüft werden, so ent- halten und vertheidigen sie zwar zum grössten Theile die katholi- sche Lehre, weichen aber mitunter von dem gesunden Glauben und der katholischen Religion ab (in fide sana . . claudicant) und ent- behren einer gewissen Feile und Präcision, welche für Schriften nöthig ist, die ohne Anstoss gelesen werden und die Leser erbauen sollen. Dasselbe möchte ich von gewissen Gebetbüchern sagen, die nicht im Geiste der Kirche geschrieben und durch geheime Künste der Ketzer so corrumpirt sind, dass sie nicht katholisch genannt zu werden verdienen, obschon sie von Katholiken gebraucht werden . . . Ich weiss auch nicht, ob es rathsam ist, im allgemeinen die Bücher als katholisch anzusehen, die in katholischen Städten oder Drucke- reien gedruckt sind. Denn in Köln, Lyon, Mainz sind, wohl ohne Vor wissen der katholischen Behörden, einige Sachen erschienen, welche von Katholiken nicht gebilligt, sondern nur verdammt wer- den könnten. Auf der andern Seite wird man auch nicht alles als ketzerisch ansehen dürfen, was von Ketzern oder in ihren Städten herausgegeben worden; sonst müsste man ja auch Schriften der Kirchenväter verdammen." Schliesslich hebt Canisius drei Functe noch einmal hervor: 1. es kommt weniger auf strenge Gesetze über das Bücherwesen an, als auf tüchtige und eifrige Censoren der oben be- schriebenen Art; 2. es ist nicht bloss auf die Beseitigung schlechter, sondern auch auf die Herstellung und Verbreitung guter, nament- lich auch populärer kleiner Schriften Bedacht zu nehmen; 3. die vorhin charakterisirten „katholischen" Schriften, welche in Baiern verbreitet und um so gefährlicher sind, je eifriger und argloser sie gelesen werden, sollte der Herzog durch gelehrte Männer expur- giren und überarbeiten und in Ingolstadt neu drucken lassen.

Rodolphi n. necnon 111. D. Jo. Steph. Ferrerii, Episc. Vercell. . . Pauli V. cum potestate Legati de latere Nuncii, in re libraria commissarius, worin er sagt, er gebe diesen Index proprius librorum, quorum lectio ubique perraittitur, ex speciali mandato heraus. Schwetschke, Codex nun- dinarius p. XIX.

i

Lissaboner Index von 1581. 481

47. Der Lissaboner Index vom J. 1581.

Unter der Regierung des Königs Sebastian (1557—78), in der Zeit, als sein Oheim, der Cardinal-Infant Heinrich die Regent- schaft führte (1562 68), wurden in Portugal 1564 die Decrete des Trienter Concils publicirt^). Der Cardinal, der schon 1539, 27 Jahre alt, von Paul III. zum General-Inquisitor von Portugal ernannt war (Cardinal wurde er 1545) und dieses blieb, bis er König wurde (1578), Hess auch die Regeln des Trienter Index übersetzen und publicirte 1564 einen portugiesischen Index. Ueber diesen ist nichts Genaueres bekannt. Nacb dem Tode des Königs Heinrich (1580), als Portugal eben unter die Herr- schaft Philipps II. von Spanien gekommen war, im J, 1581 Hess der General-Inquisitor Dom Jorge Dalmeida, Erzbischof von Lissa- bon, den Index Pius' IV. und als Anhang dazu ein „Verzeich- niss der in Portugal verbotenen Bücher mit anderen auf das Verbieten der Bücher bezüglichen Sachen'' drucken 2). An der Spitze dieses Anhanges steht ein Erlass Dalmeida's, worin der Römische Index als für Portugal verbindlich erklärt und zugleich das Lesen, Behalten u. s. w. der in dem Anhang verzeichneten Bücher bei Strafe der den Inquisitoren reservirten« Excommuni-

1) H. Schäfer, Gesch. von Portugal IV, 418; vgl. III, 367.

2) Index librorum . . . comprobatus. Nunc recens de mandato IIlu- striss. ac Reuerendiss. I). Georgii Dalmeida Metropolyt. Archiepiscopi Olyssiponensis, totiusque Lusitanicae ditionis Inquisitoris Genera iis in luce editus. Addito ctiam altero Indice eorum Librorum qui in his Portugaliae Regnis prohibentur, cum permultis aliis ad eandem Librorum prohibi- tionem spectantibus, eiusdem quoque Illustriss. ac Reuerendiss. Domini iussu. Olyssipone excudebat Antonius Riberius. 1581. Auf den Abdruck des Trienter Index (44 Bl. kl. 4) folgt ein neues Titelblatt: Catalogo dos livros que se prohibem nestes Regnos & Senhorios de Portugal, por man- dado do Illustrissimo & Reuerendissimo Senhor Dom Jorge Dalmeida Me- tropolytano Arcebispo de Lisboa, Inquisidor Geral, etc. Com outras cousas necpssarias ä materia da prohibi^äo dos Liuros. Impresso em Lisboa per Antonio Ribeiro impressor de sua lUustrisaima & Reuerendiss. Senhoria. 1581.* (Oxford) 44 Bl. kl. 4.

Reusoh, Index. 31

482 Lissaboner Index von 1581.

catio latae sententiae verboten wird. Dann folgt eine portu- giesische Uebersetzung* der Trienter Regeln, darauf ein doppeltes alphabetisches Ver/eichniss von verbotenen Büchern: lateinische Bücher und Bücher in der Volksprache (livros em lingoajem, portugiesische, spanische, italienische und französische durch einander), zuletzt „Anweisung bezüglich des Bücherwesens und der Reformation (Expurgation) der Bücher", worin sich auch specielle Verordnungen über die Expurgation einer Reihe von einzelnen Büchern finden. Jedes der beiden Verzeichnisse von verbotenen Büchern enthält 80—90 Nummern. Sie haben darum eine mehr als locale Bedeutung, weil ziemlich viele Nummern in den nächsten spanischen Index; den von Quiroga, und aus diesem grossentheils in die 2. und 3. Classe des Index Sixtus' V. tibergegangen, einige von Sixtus direct aus dem Lissaboner In- dex aufgenommen sind. Namentlich finden sich viele Schriften von Katholiken, die durch Sixtus V. in den Rom. Index kamen, zuerst in dem Lissaboner.

Einiges in diesem Index stammt aus dem von Paul IV., manches aus dem von Valdes. Weitaus das meiste aber hat die portugiesische Inquisition selbständig verboten.

In dem Edicte Dalmeida's werden alle früheren portugiesischen Indices cassirt, und dabei wird speciell der 1564 gedruckte als ultimo Rol genannt. Dalmeida erwähnt auch die frühere Ueher- setzung der Trienter Regeln und bezeichnet seine neue Uehersetzung als eine von den Fehlern der frühern gereinigte (Catalogo f. 2. 3. 11). In der Abtheilung, welche von der Expurgation der Bücher handelt, wird wiederholt auf Verordnungen Bezug genommen, welche König Heinrich als G-eneral-Inquisitor erlassen, z. B. dass aus dem 8. Bande der Bibliotheca Patrum das Werk des Nie. Clemangis zu entfernen und an der Spitze des ersten Bandes eine „Censur" (all- gemeine Bemerkung) beizuschreiben sei.

Es ist eigenthümlich, dass Seabra Silva, dessen im J. 1771 erschienenes Buch freilich beweisen soll, dass in Portugal ursprüng- lich die Bücherverbote lediglich von der Regierung ausgegangen seien, weder den Index von 1581 noch irgend einen frühern er- wähnt, sondern nur einige Verordnungen, welche im Namen des minderjährigen Königs Sebastian von dem Cardinal-Infanten erlassen wurden. Durch ein Gesetz vom 14. Juni 1571 wurde unter Be- rufung auf eine Verordnung des Königs Emmanuel und unter An- drohung von strengen Strafen, bis zu Vermögensconfiscation und Todesstrafe, verordnet, dass niemand „die Bücher von Luther, Zwingli, Calvin, Melanchthon, Oecolampadius und anderen notorischen Ketzern, welche über die christliche Religion handeln, oder andere Bücher

Lissaboner Index von 1581. 483

von ketzerischen oder ungenannten Scliriftstellern, welche offenkun- dige und von der Kirche verworfene Ketzereien enthalten", besitzen dürfe. Ferner wurde 1578 verordnet, es dürfe kein Buch, auch wenn es von dem Deputirten der Inquisition approbirt sei, gedruckt werden, ohne zuvor den königlichen Käthen (Desembadores do Pago) vorgelegt zu sein, und einem hohen Beamten, Antonio da Gama, der dieses bei einem juristischen Werke unterlassen, wurde geboten, den Verkauf desselben zu inhibiren und alle Exemplare zur Censur einzuliefern, unter Androhung einer zweijährigen Deportation nach Africa und einer Greldstrafe von 500 Cruzados. 1602 wurde diese Verordnung erneuert und auch auf ausserhalb Portugals zu druckende Bücher von Portugiesen ausgedehnt i).

Der portugiesische Greneral-Inquisitor nimmt Eom gegenüber gar nicht eine so selbständige Haltung an wie die spanische In- quisition. Dass er dem sog. Trienter Index einen Anhang beifügt, rechtfertigt er ausdrücklich durch Bezugnahme auf die 10. Pegel, die den Bischöfen und Inquisitoren gestatte, Bücher zu verbieten, welche im Trienter Index nicht verboten seien, und auf die 2. Regel stützt er sich, wenn er verordnet, die nicht über religiöse Dinge handelnden Bücher von Häretikern der Inquisition zur Prüfung und Expurgation vorzulegen (f. 11. 25). Bezüglich der Horas (der Aus- gaben des Officium parvum B. M. V.) ordnet er die genaue Aus- führung des Motu proprio Pius' V. vom J. 1571 an (f. 19), und bezüglich der Expurgation der Commentare des Card. Cajetan ver- weist er auf eine Anordnung der Römischen Inquisition (f. 34). Das Lesen der in dem Anhange verzeichneten Bücher wird unter Androhung der den Inquisitoren reservirten Excommunicatio latae sent. verboten. Dieselbe Strafe wird denjenigen angedroht, welche die Besitzer von verbotenen Büchern nicht denunciren (f. 3). Die Bestimmung der 6. Trienter Regel, welche das Lesen von Büchern in der Volksprache, die über die Controversen zwischen den Katho- liken und Ketzern handeln, von einer Erlaubniss des Bischofs ab- hängig macht, wird im Liss. 81 bedeutend verschärft: er verbietet allgemein „die Bücher, welche ex professo über die Controversen zwischen den Katholiken und den Ketzern unserer Zeit handeln", und speciell nicht nur die italienischen Schriften von Muzio Justinopoli- tano, Selva odorifera und Vergeriane, sondern auch die Tabulae vigentium nunc atque grassantium passim haereseon u. s. w. und Cochlaeus de actis et scriptis Lutheri! Von Cochlaeus wurde frei- lich auch eine andere Schrift, auf der Wage der portugiesischen Orthodoxie gewogen, zu leicht befunden: seine Catholica consideratio adv. Lutheri articulos wird expurgirt^). Seit Sot. werden beide

1) Seabra II, 61. 88. 97. 598.

2) Es wird freilich nur eine Stelle in dem Capitel de humanis tra- ditionibus gestrichen, wo Cochlaeus sagt: wenn jemand Gebote der Kirche nicht aus Hoclimuth oder geflissentlich, wie die Lutheraner, sondern aus

484 Lissaboner Index von 1581.

Bücher im spanischen Index unbedingt verboten. Wahrscheinlich ist auch mit Historia Husitarum, die olme weitern Zusatz im Liss. und dann auch im Rom. und Span. Ind. steht, die von Cochlaeus gemeint.

In den allgemeinen Anordnungen der ., Anweisung'', mit welcher der Index schliesst, werden durchweg die Bestimmungen der 10. Trienter Eegel umschrieben, erläutert und über die Ausführung der- selben Weisungen ertheilt. Eine Reminiscenz an den Index Pauls lY. ist es, wenn in § 10 den Beamten der Inquisition eingeschärft wird, diejenigen Bücher besonders sorgfältig zu prüfen, die in Basel,' Frankfurt, Zürich, Tübingen, Marburg, Nürnberg, Strassburg, Magde- burg, Wittenberg oder bei Andr. Cratander, Barth. Westhemerus, Jo. Hervagius, Joh. Oporinus, Robert Stephanus, Chr. Froscoverus, Chr. Egenolfus, Henricus Petri, Thomas Wolf, Crato Mylius, „aus deren Druckereien Werke von verschiedenen Ketzern hervorge- gangen", erschienen seien. In § 11 werden Ausgaben der Kirchen- väter verzeichnet, welche keine ketzerischen oder verdächtigen Vor- reden, Randnoten u. dgl. enthalten (meist Pariser Ausgaben; einige zu expurgirende Ausgaben werden § 2 f. 28 verzeichnet). In § 12 wird verordnet, „mit grosser Strenge, wie es in unserm Reiche Brauch ist", die aus dem Auslande importirten Bilder zu untersuchen.

In der lat. Abtheilung finden sich nur unbedingte Verbote, während in der zweiten einige Male eine dem d. c. ähnliche Formel vorkommt. Die mit d. c. verbotenen lateinischen Bücher stehen in der Abtheilung, welche die Expurgation betrifft. In dieser werden bei manchen Büchern die zu streichenden Stellen angegeben, bei vielen aber wird nur verordnet, sie seien der Inquisition zur Ex- purgation vorzulegen, und dabei mitunter angedeutet, dass diese für die Expurgation bestimmter Bücher genauere Vorschriften für die Revisoren erlassen habe, z. B. die sog. Bibel des Vatablus könne frommen und gelehrten Männern gestattet werden, wenn die bedenk- lichen Stellen nach dem Verzeichniss, welches in den Händen des Revisors sei, entfernt seien.

In die 1. Cl. des Rom. Ind. ist aus Liss, nichts gekommen. Auch von Claudius Baduellus verbietet er wie Liss. Q. nur De ratione vitae studiosae ac literatae in matrimonio coUocandae, 1577; bei Sot. steht er in der 1. Cl. und werden speciell die Acta mart^a'um nostri saeculi, 1556, verboten, Baduels Uebersetzung der Histoire des martyrs von Jean Crespin (Crispinus), 1554 u. o. ^).

Einige Schriften, deren Verfasser bekannt sind, stehen im Liss. ohne Angabe derselben und sind so durch S. Cl. in die 3. Cl. gekommen; erst Ben. hat die meisten derselben unter den Namen

Unwissenheit oder Vergesslichkeit oder auch aus menschlicher Schwachheit und Gebrechlichkeit übertrete, so möge er das nicht als Todsünde be- zeichnen.

1) Bull, de la See. du prot. 1880, 275.

Lissaboiier Index von 1581. 485

des Verfassers gestellt: Centiiria prima monasteriorum Germaniae, von Casjiar Bruscliiiis; Clironicon prodigiorum et ostentorum, von Conrad Lycosthenes ; Chronologia ex sacris literis, von Jo. Funccius (noch jetzt unter Cliron., obschon sie im Antw. Exp. p. 147 unter Funks Namen stellt und stark expurgirt wird); Comoedia tragica Susannae, von Xystus Betulejus (seit Ben. noch heute Butelejus!), Dialectica legalis, von Chr. Hegendorphinus ; De regno, civitate et domo . . Jesu Chr., von Fr. Lambert (noch jetzt unter Regno); De re metrica, von Jac.Micyllus; Sermo div. majestatis von Th. Bibliander; Zodiacus vitae von Marcellus Palingenius.

Aus Liss. resp. Q. sind mehrere Schriften durch S. Cl. 1590 resp. 1596 in den Rom. Ind. gekommen, die man schon früher in Rom kennen oder aus älteren Indices entnehmen konnte: Commentarius captae Urbis ductore Carolo Borbonio ad exquisitum modum con- fectus (über den Sacco di Roma), schon 1527 s. 1., dann mit Zu- thaten herausgegeben von Joachim Camerarius, 1536. Gasparis Stiblini Coropaedia s. de moribus et vita virginum sacrarum, 1555. Mirabilis liber (der Titel von Ben. vervollständigt: qui pro- phetias revelationesque nee non res mirandas praeteritas, praesentes et futuras demonstrat), zuerst Lyon s. a. (90 und 28 Bl. 8), dann wiederholt, u. a. Rom (Lyon) 1524, eine Sammlung, welche im 1. Theile lateinische, im 2. französische Prophezeiungen enthält, u. a. Prophetiae Sibyllae, Pronosticatio quaedam super futuro ecclesiae statu edita per Brigidam de Suevia et Sybillam Cretensem et per . . . Cyrillum et Abbatem Joachim; eine französische Ausgabe, Livre merveilleux u. s. w. steht schon im Par. 51 ^). Francisci Irenici Ettelingiacensis Germaniae exegeseos volumina 12, schon 1518 zu- erst gedruckt, eines der ersten Bücher über deutsche Geschichte ^), mit d. c. verboten. Bei Sot. werden im 2. Buche die Cap. 37. 38. 40 über Erasmus und Reuchlin, 42 de Germaniae theologis nobilioribus, 43. 44 über andere deutsche Schriftsteller, in den anderen Büchern nur einige Stellen gestrichen. Alberti Argentinensis chronicon, im Liss. unbedingt verboten, im span. und Rom. Ind. mit d. c, ist die zuerst 1553 von Jo. Cuspinianus, dann 1569 von P. Pithoeus heraus- gegebene, bis 1350 gehende Chronik des Matthias von Neuburg, mit der Fortsetzung des Albert von Strassburg. Bei Q. wird nur ein Absatz de potentia et superbia Sedis apost. ac Praedicatorum et Minorum gestrichen: „Nach Friedrich (IL) wuchs die Macht und der Uebermuth des apostolischen Stuhles und der Minoriten und

1) 1565 censurirte die Sorbonne eine Ausgabe: Livre merveilleux . . . . revü et corrige par Mess. de la Fac. de Theol. de Paris, 1565, als continens propositiones multas ridiculas, falsas ... et quasdam haere- ticas haereticisve omnis fere generis hujus temporis conspirantes et ad seditionem excitantes inter hierarchicum ordinem et civilem. Arg. II a 390. Vgl. Graesse, Tresor 4, 537.

2) A. D. B. 14, 582.

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Dominicaner, die von Friedrich und den Seinigen verabscheut wurden. Da erhöhte sie dieser Stuhl vor allen Ständen so sehr durch Privi- legien, dass jetzt er selbst und die Geistlichkeit sich kaum gegen sie schützen können." Bei Bras. werden noch 6 andere Stellen ge- strichen, darunter „die Geschichte oder vielmehr Erdichtung^^ dass Bonifaz VIII. seinem Vorgänger Cölestin durch ein langes Kohr zugerufen, er solle abdanken, ferner die „falsche und für diejenigen, welche die h. Communion empfangen, Aergerniss erregende" Geschichte von der Vergiftung Heinrichs VII. durch vergifteten Abendmahls- wein, die „scandalöse und injuriöse Erzählung von dem Traum eines gewissen, der den h. Stuhl als einen unreinen Stall voll Koth bezeichnet", und einige „boshafte und injuriöse" Angaben über Weiberliebe, Simonie und Nepotismus des „sonst von vielen Autoren belobten" Clemens VI. Sand, und Sot. streichen noch mehr und verordnen, dem Buche beizuschreiben: Caute legendus hie auctor, nam se aperte prodit schismaticum.

Selbst mehrere nicht unbedeutende Schriften, die bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien gedruckt waren, sind zuerst im Liss., dann bei Q. und S. Cl. verboten worden:

Von demMinoriten Franciscus Georgius Venetus (f 1510) verbot Liss. die schon 1536 zu Venedig gedruckten Problemata (3000) sacrae scripturae, Q. auch die 1525 gedruckten De harmonia mundi cantica tria; diese sind Clemens VII., jene Paul III. gewid- met. S. Cl. nahmen beide mit d. c. auf, und Bras. füllt mit der Expurgation der beiden Bücher 80 Seiten. Sie bekunden freilich eine erstaunliche Belesenheit in der neuplatonischen, neupythago- reischen und kabbalistischen Literatur, enthalten aber allerdings phantastische, für den correcten Theologen unerträgliche Dinge in Menge und waren schon von Sixtus von Siena als ob platonicas et talmudicas quasdam opiniones censura gravi ac diligenti digna bezeichnet ^).

Von Hieronymus Cardanus (1501 76) waren bereits im Par. 51 De subtilitate 11. 21, Lyon 1550, verboten, bei V. 59 De immortalitate animorum, Lyon 1545, und mehrere astrologische Schriften; ebenso bei Q,., der jedoch Commentaria in quadripartitum Ptolemaei, 1554, nur mit d. c. verbietet. S. Cl. verbieten alle seine Schriften (sie waren alle schon vor 1560 erschienen), mit Ausnahme der medicinischen, d. c. (Liss. unbedingt). Bras. liefert eine 30 Seiten füllende Expurgation bloss von den Büchern De subtilitate und De rerum varietate 11. 17, 1557, fol. Das meiste, was ge-

1) Possevinus s. v. Brucker, Hist. phil. IV, 374. Die Problemata wurden noch einmal zu Paris 1622 gedruckt, aber ein Index omnium pro- hibitorum et expurgatorum in hoc opere beigefügt. Rosenthal 34, 1197. Die Harmonia scheint von einer Local-Inquisition schon früher verboten worden zu sein ; Francus p. 140 beschreibt ein im J. 1575 expurgirtes Exemplar.

Lissaboner Index von 1581. 487

strichen wird, hätte ja freilich ohne Schaden für die Wissenschaft ungedruckt bleiben können; manches aber konnte nur Komischen oder spanischen Censoren anstössig sein, z. B. Stellen, wo er, wie der Expurgator sagt, das Hervorbrechen einer Oelquelle in Rom zur Zeit der Geburt Christi natürlich zu erklären sucht, wo er die Erzählung des Flavius Josephus von einem Flusse in Syrien, der am Sabbath kein Wasser habe , als Fabel behandelt und dgl. Speciell wird eingeschärft, überall die Namen der Ketzer, wie Agrippa, Erasmus, Melanchthon, Münster, zu streichen; zu einer Stelle wird bemerkt : habetur hie laudatio Edoardi VI. Angliae regis, qui fuit haereticus, ob id eradendum nomen ejus una cum laude. Q. expurgirt den Commentar zu Ptolemäus und streicht darin u. a. die G'enitura (das Horoscop) Christi i). Von dem Liber geniturarum, 1555, der auch Mittheilungen über Nativitäten enthält, die für Paul III. angefertigt wurden 2), gibt es keine Expurgation.

Petrus Crinitus, Commentarii de honesta disciplina, Florenz 1504 u. s., wie bei Liss., so noch jetzt d. c. Bras. streicht ein etwas scharfes Capitel über Bonifaz VIII., eine Stelle, worin gesagt wird, die für die heidnischen Priester geltenden Vorschriften über einen sittlichen Wandel sollten auch den christlichen Priestern gegenüber geltend gemacht werden, und eine Stelle, die als ein Tadel des Cö- libatsgesetzes gedeutet werden konnte. Dagegen ist merkwürdiger Weise das Buch des Gull. Budaeus De asse et partibus ejus, 1531, nicht in den Rom. Ind. gekommen, obschon Liss. constatirt, er spreche mehrfach schlecht von den Priestern, Bischöfen, der Curie, Concilien, Ablässen, Mönchen und der Vulgata, und Q. 30 40 Stellen streicht, wie luxus pontificalis, bellatores pontifices, pontifi- cum inscitia et incuria, concilia hujus aetatis speciosiora quam reli- giosiora, Concilia Romanum (das 5. Lateran-Concil) et Pisanum stu- dio magis cupiditatis et vindictae quam caritatis indicta, und gar: ut collapsa ecclesiae majestate ipsa jam Dei sponsa velut fidei con- jugalis oblita non modo a sponso divertisse, sed etiam nullo pu- doris respectu per trivia et plateas evagari licenter videretur.

In dem seit 1485 wiederholt, 1491 auch italienisch gedruckten Supplementum chronicorum (orbis ab initio mundi usque ad a. 1485 11. 15) des Jac. Pliilippus [Foresta] Bergomas (Augustiner-Eremit, geb. 1434) streicht Liss. eine Stelle, an der Felix IV. als extremae unctionis institutor bezeichnet wird, Sot. auch einen Passus über die Päpstin Johanna^). In den In s. Apocalypsim Collectanea, welche der Ungar Franz Georg Banffy, Prior eines Klosters auf dem Mons Coelius in Rom"*), unter dem Namen Coelius Pannonius 1541 und 1547 herausgegeben, streichen Liss. und Q. eine Stelle über die Beichte. Beide Bücher wurden von S. mit d. c. aufge-

1) Clement VI, 259.

2) Schelhorn, Am. bist. II, 462.

3) Clement III, 172. 4) Melzi I, 218.

488 Lissaboner Index von 1582.

nommen, aber von Gl. gestricben. Dagegen stellen noch heute mit d. c. im Index des Minoriten Franc. Polygraniis Assertiones quo- rundam ecclesiae dogmatum cum ab aliis tum a Lutherana factione denuü in dubium revocatorum, Köln 1571, weil Liss. und Q. die Sätze beanstandeten : Per immodicas indulgentias enervaretur pe- nitus satisfactio und De jure divino quilibet sacerdos posset dare indulgentias.

Welche gefährliche Sachen auf dem Umwege über Lissabon und Madrid in den Köm. Index gekommen sind, davon sind Bei- spiele: Practica musica Hermann! Finckii, schon 1556 zu Witten- berg gedruckt, Liber inscr. De protrahenda vita ultra viginti quinque annos (jetzt unter Vita). Auch Albertus de secretis mulierum, ipsi falso inscriptus, steht zuerst im Liss., dann bei Q., bei S. als Alberto Magno adscriptum opus de secr. niul. mit d. c. ! Es wurde von Gl. gestrichen, aber 1605 unbedingt verboten^). Aus Liss. stammt auch das noch heute im Index stehende Opus magni lapidis per Lucidarium ; im Liss. steht dabei : manuscriptum ; ob es je gedruckt worden?

Zu den italienischen Autoren, die durch Liss. in den Rom. Ind. kamen, kann man auch Amatus Lusitanus zählen, einen portu- giesischen Juden (Ghabib), der sich taufen Hess (als Glirist hiess er Joao Rodrigo de Gastelbranco), in Italien als Arzt sehr angesehen war, auch von Julius III. consultirt wurde, unter Paul IV. aber vor der Inquisition floh und 1562 als Jude zu Salonichi starb 2). In seinen Gurationum medicinalium centuriae VII, Florenz 1555 u. s., werden bei Bras. u. a. unsaubere medicinische Anekdoten da- durch expurgirt, dass da, wo ein Mönch oder Priester erwähnt wird, quidam, wo eine Nonne vorkommt, mulier innupta substituirt wird; ferner werden Lobsprüche auf Erasmus, Leonard Fuchs u. a. ge- strichen, die Bezeichnung eines Rabbinen als concionator egregius, das Epitheton divus oder divinus bei Hippokrates, Gralenus u. a.; faxint dii wird in faxit Deus corrigirt und dgl. Nur im Liss. wer- den mit d. c. verboten (wegen „einiger jüdischen und platonischen Fabeln") Dialoghi d'amore composti per Leone [Abarbanel] medico di natione hebreo e depoi fatto christiano, 1535^).

Wenn im Liss. und im span. Ind. Ariosto's Orlando Furioso, Bojardo's Orlando inamorato und sogar Dante's Divina commedia mit d. c. verboten werden, so hat das doch selbst S. nicht nach- geschrieben^). Von den beiden ersten Gedichten sagt Liss., es seien

1) Es wurde schon 1489 als Henrici de Saxonia, Alberti M. discipuli, 1. de secr. mul. gedruckt. Frey tag. Anal. 1121. Eine Randnote im Liss. 1624 sagt: Verus auctor Joannes Rex Aragonum teste Jo. Weckero de secretis 15, 1.

2) Graetz 9, 363. Pelayo, Heterodoxos II, 592.

3) Graetz 9, 236.

4) In einem im Auftrage des Papstes zur Zeit des Card. Borromeo

Lissaboner Index von 1581, 489

im 7., 14. und 27., resj). 2., 4. und 24. Canto einige scandalöse und unanständige Saclien zu streichen. In dem Lissaboner Index von 1624 wird bei Ariosto eine ganze Reihe von Ottaven und einzelnen Versen im Original und in der span. üebersetzung von Greronimo da Urrea (1572 u. s.) gestrichen. Sot. streicht nur 4 Stellen, die ziemlich harmlose Spöttereien über Mönche und dgl. enthalten (die 5. Satire wird verboten). In dem Index von 1624 werden auch vier „unanständige" Ottaven in Tasso's befreitem Jerusalem ge- strichen. Das Pariser Parlament verbot 1595 dieses Gredicht, welches eben damals in Paris gedruckt war, wegen einiger Verse im An- fange des 20. Canto, die man politisch anstössig fand^). Von Dante sagt Liss., es seien einige Stellen zu streichen, die man an- geben werde, wenn das Buch der Inquisition vorgelegt werde. Sot. gibt die Stellen an, die man in Spanien strich : Par. 9, 136 142, die Stelle, die anfängt:

Danach nur trachten Papst und Cardinäle, Nicht steht ihr Sinn auf Nazareth ... Inf. 11, 7, die Grrabschrift :

Anastasius verwahr' ich, Den Papst, den ab vom rechten Weg Photin zog, und Inf. 19, 106—117, die Stelle, welche schliesst: 0 Constantin, wie vieles üebel deine Bekehrung nicht, doch jene Schenkung zeugte, Die du ertheilt dem ersten reichen Vater!

Dagegen wurde von S. mit d. c. aufgenommen, aber von Gl. gestrichen der 1536 und 1564 zu Venedig gedruckte Commentar des Cristoforo Landini (1424 1504) zur göttlichen Comödie, ob- schon Liss. und Q,. nur zwei Stellen beanstanden, darunter freilich den Satz, man solle Ketzer nicht mit dem Tode, sondern mit Ge- fängniss bestrafen (Sot. expurgirt freilich die Ausgabe der göttlichen Comödie von Landino und Velutello, 1596, viel stärker).

Von den Epigrammen des Jac. Sannazar verordnet Liss. die- jenigen, welche gegen einige Päpste (Alexander VI. und seine Sipp- schaft und Leo X.) gerichtet und welche unanständig seien, zu streichen. Q. und die anderen span. Indices bezeichnen diese, 15 in der Ausgabe Lyon 1560, genauer^). Die Utopia des Thomas jVIorus verbietet Liss. unbedingt. Q. hat das doch gemildert: Th. Mori, viri alias pii et catholici, Utopia, nisi repurgetur. Er streicht einige Stellen und die in der Ausgabe von 1563 beigefügte Apo- logia pro Moria Erasmi. Sand, und Sot. haben auch dieses fallen

verfassten Reformplane (bei Döllinger, Beitr. III, 239) wird freilich das wirksame Verbot des Petrarca, Ariosto und Boccaccio und anderer las- civer Bücher empfohlen.

1) Fontanini I, 293.

2) In der Ausgabe von J. A. Vulpius, Padua 1731, sind sie wegge- lassen. Schelh., Erg. II, 187. Francus p. 170.

490 Indices des Quiroga 1583. 1584

lassen und expurgiren nur zwei den Lucubrationes Th. Mori 1568 beigefügte Briefe von anderen. Liss. 1624 aber hält das Verbot der Utopia aufrecht mit der Motivirung : cum multa in ea commen- dentur a christ. reipublicae statu abhorrentia. Im Eöm. Ind. steht weder Sannazar noch Morus.

48. Die Indices des spanischen General-Inquisitors Quiroga von 1583 und 1584.

Der nächste spanische Index nach dem des Valdes von 1559 ist der von dem General-Inquisitor Cardinal Gaspar Qui- roga, Erzbischof von Toledo, im J. 1583 veröffentlichte i). An der Spitze desselben steht ein Erlass d. d. Madrid 20. Mai 1583, worin es heisst: da bei der weitern Entwicklung und Ausbrei- tung der Ketzereien die bisherigen Cataloge verbotener Bücher nicht mehr genügten, so habe der Inquisitionsrath nach wieder- holten Berathungen beschlossen, einen neuen zu veröffentlichen und demselben zugleich allgemeine Regeln beizufügen; bei der Ausarbeitung desselben seien die Universitäten und viele Ge- lehrte zu Rathe gezogen worden. Kraft seiner „apostolischen Autorität" gebietet dann der General-Inquisitor bei Strafe der Excommunicatio latae sent., keine Bücher zu behalten oder zu lesen, die in dem Verzeichnisse stehen oder unter die allge- meinen Regeln fallen oder schlechte und verdammte Lehren enthalten, und droht, es werde gegen die Ungehorsamen als im Glauben verdächtig eingeschritten werden. Schliesslich wird

1) Index & Catalogus Librorum prohibitorum, mandato Illustriss. ac Keverendiss. D. D. Gasparis a Quiroga, Cardiiialis Archiepiscopi Tole- tani ac in regnis Hispaniarum Generalis Inquisitoris, denuo editus. Cum consilio supremi Senatus Sanctae Generalis Inquisitionis. Madriti apud Alphonsum Gomezium, Reg. Typogr. 1583* (Stuttgart). 6 nicht numerirte, 96 numerirte Bl. Die spanische Abtheilung ist abgedruckt bei A. de Castro, Hist. de los protestantes espaßoles p. 435—46. Quiroga (S. 464) stand bei Philipp II. in grosser Gunst, weil er sich lieber hatte excom- municiren lassen, als dass er regelwidrige Bullen des Papstes angenommen hätte. Ranke, Fürsten und Völker (WW. 35), 136.

Indices des Quiroga 1583. 1584. 491

dem Secretär der Inquisition, Matheo Vazquez, fiir seine Ar- beit bei der Redaction des Index das Verlagsreclit desselben verliehen.

In dem Erlass Quiroga's und in dem ganzen Buche wird der Trienter Index mit keinem Worte erwähnt. Aber thatsäch- lich liegt dieser, wie wir sehen werden, dem Index Quiroga's zu Grunde, und auch die 14 allgemeinen Regeln, die vor diesem stehen, sind unter Zugrundelegung der 10 Trienter Regeln ver- fasst. Diese werden freilich theilweise modificirt. Wo sie von einer Prüfung und Expurgation der Bücher durch Bischöfe, In- quisitoren oder Universitäten oder von einer von Bischöfen und Inquisitoren zu ertheilenden Erlaubniss sprechen, substituirt Quiroga natürlich die Inquisition. In der 2. Regel wird die Unterscheidung zwischen einfachen Ketzern und Häresiarchen durch die Verweisung auf ein am Schlüsse beigefügtes Ver- zeichniss der Häresiarchen vervollständigt. Bücher, die in dem Index in einer Sprache verboten werden, sollen, wenn nicht das Gegentheil ausdrücklich gesagt wird, in allen Sprachen verboten sein, eine Bestimmung, die durch Clemens VIII. auch in den Römischen Index aufgenommen wurde. Ueber- setzungen der Bibel oder biblische Bücher in der Volksprache werden unbedingt verboten, desgleichen (gemäss derBullePius'V., die aber nicht, wie im Lissaboner Index, erwähnt wird) Ueber- setzungen des Officium parvum. Auf das letztere Verbot folgt das sehr lobenswerthe Verbot aller in Gebetbüchern stehenden Summarien und Rubriken, welche temeräre oder eitle Ver- sprechungen enthalten, z. B. dass derjenige, der das betreffende Gebet spreche, nicht eines plötzlichen Todes oder nicht im Feuer oder Wasser , sterben oder in einer bestimmten Stunde zu Un- serer Lieben Frau kommen werde.

Den Haupttheil des Index bilden lateinische Bücher (f. 7—63), dann folgen spanische (en romance f. 63—71), portugiesische, italienische, französische, flämische und deutsche (f. 72 93). Die italienische Abtheilung enthält die im Trienter, die portu- giesische die im Lissaboner Index stehenden Bücher; die spani- schen, französischen und flämisch-deutschen Bücher sind aus dem Antwerpener Index herübergenommen; in allen diesen Ab- theilungen ist aber einiges beigefügt. Ueberhaupt hat Quiroga

492 Indices des Quiroga 1583. 1584.

den Inhalt des Trienter Index ganz aiifi^cnonimeu, ferner fast alles, was in der Antvverpener Appendix von 1570, in dem Lissa- boner Index und was in dem des Valdes von 1559 steht und nieht schon in den Trienter Index aufgenommen war, einzelnes auch aus dem Antwerpener Index expurgatorius von 1571. Neu hinzugekommen ist verhältnissmässig wenig. In der allge- meinen Geschichte des Index ist Quiroga von Bedeutung, weil er einerseits die genannten Indices zusammengefasst hat, an- derseits eine Hauptquelle für den Index Sixtus' V. gewesen ist.

Die einzelnen Abtheilungen sind alphabetisch geordnet; in der lateinischen sind die drei Classen des Römischen Index in ein Alphabet zusammengezogen. Bei den Autoren der 1. Classe steht opera omnia, auch z.B. bei Jo. a Leydis, Knoper Dellingius, Felix Mansius, Kautius u. a.; auch bei manchen, von denen in den früheren Indices nur einzelne Bücher verboten werden, steht opera omnia. Bei manchen werden dann aber, der 2. Trienter Regel entsprechend, einzelne Schriften verzeichnet, wel- che ohne weiteres oder nachdem sie expurgirt worden, erlaubt werden. Denjenigen Schriften, von welchen der gleich zu be- sprechende Index expurgatorius von 1584 die Expurgation gibt, ist ein Sternchen beigefügt.

In noch viel grösserer Zahl als der Lissaboner Index hat Quiroga katholische Schriften aufgenommen. Eine hinter seinem Erlass stehende, nicht unterzeichnete Vorbemerkung „an den Leser" (f. 5) sagt darüber folgendes:

Wenn in diesem Catalog einige Bücher von Männern von eifriger und weltbekannter christlicher Gesinnung (de grande chri- stiandad y muy conocida en el mundo) verboten werden, wie von Johann (Fisher) von Eochester, Thomas More, Hieronymus Osorio, Francisco de Borja, Herzog von Gandia, Fray Luis de Granada, Juan de Avila u. s. w., so geschieht das nicht, als ob solche Schrift- steller von der h. Römischen Kirche und von dem, was sie uns immer gelehrt hat und lehrt, abgewichen wären, da sie vielmehr dieselbe als ihre wahre Mutter und Lehrerin anerkannt und als solche geachtet und geehrt und ihr gedient haben, sondern entweder, weil die Bücher ihnen fälschlich zugeschrieben werden oder weil sich darin Worte oder Sätze finden, die durch die Nachlässigkeit der Drucker oder durch die Bosheit der Ketzer eingeschoben sind, oder weil es nicht angemessen ist, dass sie in der Volksprache ver- breitet werden, oder weil sie Sachen enthalten, welche zwar solche fromme und gelehrte Schriftsteller in einem gesunden und katholi-

Indices des Quiroga 1583. 1584. 493

sehen Sinne ausgesprochen haben, welche aber bei der Bosheit unserer Zeit von den Feinden des Glaubens zu Gunsten ihrer ver- dammten Irrlehren verdreht werden. Das thut der Ehre und dem guten Andenken jener Männer keinen Eintrag, deren Leben und Lehre stets dem Dienste und der Förderung unserer h. Eeligion und des h. apostolischen Römischen Stuhles geweiht war. Aus denselben Rücksichten werden auch in diesem Catalog die Bücher und Tractate einiger Schriftsteller censurirt, welche einige besondere Meinun- gen hatten, die zu ihrer Zeit zulässig waren, jetzt aber aufgehört haben es zu sein, weil eine entgegengesetzte Entscheidung der Kirche erfolgt ist, deren Urtheile sie ihre Schriften unterworfen haben, oder weil seitdem die Wahrheit auf anderm Wege, durch weitere Erörterungen entdeckt worden ist, wie das von einigen Sätzen gilt, die sich bei dem Card. Cajetanus, Ruard Tapper, Albert Pighius u. a. finden, deren Andenken in der katholischen Kirche stets wird in Ehren gehalten werden.

Im J. 1584 Hess Quiroga seinem Index librorum prohibi- tonim einen Index librorum expurgatorum folgen^), dieser ist viel leichter zugänglich als jener, weil zwei von protestanti- schen Gelehrten besorgte Abdrücke desselben existiren^). Der-

1) Index Librorum expurgatorum, Illustrissimi ac Reverendis. D. D. Gasparis Qviroga, Cardinalis & Archiep. Toletani, Hispan. Generalis In- quisitoris jussu oditus. De consilio supremi Senatus S. Generalis Inquisit. Madriti, apud Alfonsum Gomezium Reg. Typogr. 1584.* 2 nicht numerirte, 194 numerirte, 4 nicht numerirte Bl. 4. Dem von mir benutzten Exemplar (zu Stuttgart) sind einige Blätter beigebunden, auf denen die seit dem Erscheinen des Index bis 1613 (1612 erschien der neue Index von Sandoval) verbotenen Bücher in alphabetischer Ordnung (für jeden Buchstaben ist eine Seite bestimmt) beigeschrieben sind.

2) Index Librorum expurgatorum . . . Anno MLXXXIIIl [so statt 1584]. Salmuri, Apud Thomam Portav. 1601.* (Bonn) 6 nicht numerirte Bl. (Vorrede), . 158 numerirte, 2 nicht numerirte Bl. (Register) 4. Nach der Vorrede zu der folgenden Ausgabe p. 25 hat Philipp Mornay du Plessis von Jakob James ein Exemplar der Originalausgabe erhalten, welches bei der Eroberung von Cadiz 1596 in die Hände der Engländer gefallen war. Vgl. Schelhorn, Erg. II, 131. Es wird Thomas James ge- meint sein ; denn Mendham p. 132 berichtet, der Earl von Essex habe die bei jener Eroberung erbeutete Bibliothek des portugiesischen Bischofs Ilieron. Osorius dem Sir Thomas Bodley geschenkt, dem Gründer der Bod- leyana, deren erster Bibliothekar Thomas James war.

Indices Expurgatorii duo, testes fraudum ac falsationum Pontifi- ciarum ; quorum Prior iussu & auctoritate Philippi II. Regis Hisp. atq.

494 Indices des Quiroga 1583. 1584.

selbe enthält zu vielen in dem Index von 1583 bedingungsweise freigegebenen Büchern die Expurgationen in bequemer alpha- betischer Ordnung. Sie sind grossentheils, unverändert oder überarbeitet und verschärft, aus dem Antwerpener Expurgatorius entnommen, aber mit vielen neuen vermehrt. Nach Llorente (I, 479) hat der bekannte Jesuit Juan de Mariana diesen Index ausgearbeitet. In einem kurzen Vorwort wird derselbe als „ein Anfang und eine Probe^' bezeichnet und der Wunsch ausge- sprochen, gelehrte und fromme Männer möchten die Inquisition bei der Weiterführung der Arbeit unterstützen. „Denn es sind noch viele Bücher zu expurgiren, weil einerseits die Ketzer nicht aufhören, die besten Schriftsteller zu corrumpiren, ander- seits auch Schriften von Ketzern, so weit es ohne Gefähr- dung der Religion geschehen kann, im Interesse der Wissen- schaft geduldet werden sollen, was nur geschehen kann, nach- dem einige Stellen daraus beseitigt worden sind. Dabei wird auch darauf Bedacht genommen werden, dass die Corrcctionen mit möglichst geringen Kosten und Mühe vorgenommen werden können." In der 13. Regel des Index von 1583 war bereits be- stimmt: wer in neuen Büchern etwas gegen den Glauben u. s.w. Verstossendes finde, habe dieses der Inquisition anzuzeigen und

Albani Ducis consilio concinnatus est in Belgio, Anno 1571, Posterior editus iussu D. D. Gasparis Qviroga, Cardinalis & Archiepiscopi Toletani Hisp. generalis Inquisitoris; de consilio supremae Senatus S. Generalis In- quisit. iuxta exemplar, quod typis mandatum est Madriti apud Alphonsum Gomezium Regium Typographum, Anno 1571 [so statt 1584], recusus primo Salmuri in Gallia, & nunc secundo in Germania. Additus est maioris com- moditatis gratia Index Librorum Prohibitorum cum Registris (so statt Regulis] confectis per Patres a Tridentina Synodo delectos auctoritatc Pii IV. primum editus; postea vero a Sixto V. auctus ; denique Clementis VIII. iussu recognitus et publicatus. Hanoviae Apud Guilelmum Antonium, Anno 1611.* 251 S. 8, die Vorreden (auch die der früheren Abdrücke) und den Antw. Exp. und Censurae in Glossas juris canonici u. s.w. enthaltend, dann mit neuem Titelblatt Index . . . Quiroga . . . Anno 1584. Hanoviae, Im- primebatur Anno 1611, 502 S., zuletzt mit neuem Titelblatt Index . . . Clementis Papae VIII. . . . Hanoviae, Imprimebatur Anno 1611, 111 S. 8. Excerpta aus dem Index exp. Quiroga's stehen in dem Abdruck des Antw. Exp. Strassb. 1609 (s. o. S. 424).

Tndices des Quiroga 1583. 1584. 495

dürfe es nicht etwa selbst ausstreichen oder das Buch verbrennen ; auch die Expurgation der im Index stehenden Bücher dürfe nicht von dem Besitzer, sondern nur von den Beamten der In- quisition vorgenommen werden.

Einige Expiirgationen kommen auch schon bei Q. 83 vor. So wird unter Annotatio und Epistola die Streichung von Noten, Widmungs- episteln in einzelnen Büchern verordnet, z. B. Annotatio marginalis ad D. lUefonsum de illibata virg. S. Mariae f. 16, p. 2, quae sie habet: Totam christiani hominis felicitatem esse, Christum verum Deum et hominem confiteri, expungatur. Dieses wird unter M wiederholt in der abgekürzten Form: Mich. Carranzae Annot. marg. ad D. Illefonsum, und dieses hat S. abgeschrieben, und erst Ben. hat es im Rom. Ind. gestrichen. Auch Franc. Jureti Annotationes in Symmachi epistolas hat S. abgeschrieben, obschon Q. nur eine einzige Stelle beanstandet; dieses hat schon Cl. gestrichen.

Das Yerzeichniss der Häresiarchen (heresiarchas, renouadores, cabegas y capitanes de heregias, f. 94), welches Q. „zur Erläuterung der 2. Eegel", also um diejenigen zu bezeichnen, deren sämmtliche auch nichttheologischen, Werke verboten sind, beifügt, darf man wohl ein Curiosum nennen. Es enthält 76 Namen, darunter An- dreas Muncerus, Graspar Peucerus Budissinus, Helius Eobanus Hessus, Jo. Bapt. Vergerius, Jo. Carion, Jo. Lonicerus, Jo. Sleidanus, Lucas Sternberger, Nie. Cambasius, Petrus Eamus, Seb. Munsterus, Steph. Doletus und die Pseudonym! Firmanus Chlorus und Jo. Palmerius, dagegen nicht Balth. Pacimontanus und Schwenkfeldius, die in der 2. Trienter Regel genannt werden. Sand, hat das Yerzeichniss auf 18 Namen reducirt: Wycleif, Hus, Luther, Melanchthon, Zwingli, Calvin, Beza, Carlstadt, A. Osiander, Brenz, Bucer, Oecolampadius, Servet, Stancarus, Pacimontanus, Schwenkfeld, Bernard Rotmann, David Georgius. Sot. hat das Yerzeichniss weggelassen. Yon den Rom. Indices hat nur S. etwas Aehnliches.

Die 1. Cl. hat Q. nicht nur dadurch vergrössert, dass er omnia opera von solchen verbot, von denen im Tr. oder in Antw. App. nur einzelne Schriften verboten waren; so z. B. aus Tr. Hugo Hugaldus, Jo. Soter, aus Antw. App. Andr. Muncerus (von dem dort Eclogae verboten werden), sondern auch dadurch, dass er zu den Namen des Tr. noch die anderen oder verschriebenen Namen der Antw. App. aufnahm, wie Alcaeus Antonius neben Ant. Halieus, Alexius Alexander Lipsensis neben Alexander Alesius Scotus. Neue Namen sind durch ihn nur wenige hinzugekommen: Jac. Schmidelinus (=Jac. Andreae), Jo. (vielmehr Petrus, wie erst Ben. corrigirt hat) Loyselerius Yillerius, Lambertus Danaeus, Petrus Boquinus, ferner Jo. (vielleicht verschrieben für Matthaeus) Judex, Nie. Cambasius (mir unbekannt, vielleicht verdruckt für Nie. Caba- silas) und Lucas Sternberger, der bei Surius, Prateolus u. a. als ein in Mähren thätiger Ketzer, aber nicht als Schriftsteller erwähnt wird.

In die 2. Cl. des Rom. Index sind aus Q. folgende längst ge-

496 Indices des Quiroga 1583. 1584.

druckte Schriften mit d. c. übergegangen : Antonii de Rampilogis Figurae biblicae, ein Buch eines Augustiners aus Genua, der in Constanz gegen die Husiten disputirte, worin unter 138 alphabetisch geordneten Kategorieen (Abstinentia, Adulatio u. s. w.) Stellen und Bei- spiele aus der Bibel und mittelalterlichen Exempelbüchern gesammelt sind, also eine Art biblisches Realwörterbuch, seit 1476 oft unter verschiedenen Titeln gedruckt. Possevin behauptet, es ständen viele von der Kirche verdammte Irrthümer darin, erwähnt aber speciell nur fabulose Geschichten, ungenaue Citate aus der Bibel und den Kirchenvätern, auch Citate aus Apokr^^phen (3. B. Esdras), Solö- cismen und Barbarismen. Er berichtet ferner, im Auftrage des Inquisitors von Mantua habe der Jesuit Petrus Maturus zu Lyon eine expurgirte Ausgabe drucken lassen. Das ist vielleicht die Ausgabe Lyon 1561, welche Bras. expurgirt ; denn dieser hat fast nur Druckfehler zu corrigiren, die freilich zum_ grossen Theile haar- sträubend sind. Später sind approbirte Ausgaben erschienen, gleich- wohl steht das Buch noch heute mit d. c. im Lidex. Gaudentii Merulae (er war ein Mailänder Geistlicher) Liber memorabilium, 1556. Q. streicht 5 Stellen darin; eine beginnt: Donec episcopi Rom. pauperes erant, und eine enthält ein abergläubisches Mittel gegen Zahnweh^). Janoccius de Manettis, De dignitate et excellentia hominis 11. IV. Der Verfasser (Gianozzo Manetti) war einer der angesehensten und gelehrtesten Italiener des 15. Jahrb., Secretär Nicolaus' V. und Calixtus' IIL, in Florenz in hohen Aemtern ^). Das Buch war schon 1532 gedruckt, und Bras. streicht darin an einer Stelle die Worte veneranda ac sacrosancta vestigia und eine Stelle von zwei Seiten.

Ferner stammen aus Q. einige Bücher von Spaniern in der 2. Cl.: Benjamin! Cantabri Itinerarium, Benjamin von Tudela's Reise nach Palästina (im 12. Jahrb.), zuerst zu Constantinopel 1543 hebräisch gedruckt, von Benedict Arias Montanus auf den Wunsch eines spanischen Bischofs übersetzt und zu Antwerpen 1575 gedruckt ^). Diese Uebersetzung ist gemeint. Sie wird bei Sand. Sot. expurgirt und namentlich bonae felicis oder probandae memoriae u. dgl. hinter den Namen von Rabbinen, honesti viri hinter judaei, sacra vor synagoga u. dgl. gestrichen. Petri Fernandez de Villegas (archidiaconi Burgensis) Flosculus sanctorum (1532. 1558). Auch Crux christiani

1) Possevini App. I, 104. II, 413. Marchand I, 289. Baumg. 7, 500. Das Buch ist auch unter den Titeln Aurea biblia, Directorium oder Re- pertorium bibliae, Biblia figurarum gedruckt. Der Verf. wird auch Ant. Rampigolus (Ampigollus) und Ant. de Genua (Janua, Senis) genannt. Pos- sevin hat drei Autoren daraus gemacht. Zu Antw. 1667 erschien in 12. eine Ausgabe nunc primum juxta Romanae correctionis indicem expurga- torium emendata.

2) Tirab. 6, 773. Burckhardt, Cultur I, 242. 260.

3) Annales Plantin. p. 164.

Zweite Classe. 497

cum quibusdam annotationibus in S. Hilarium und Margarita pastorum werden spanische Sachen sein. Ein Buch eines spanischen Medi- ciners, Juan Hnarte de Sant Juan, Examen de ingeniös, 1575, welches allerdings so viele anstössige Dinge enthält, dass man nicht begreift, wie die Inquisition den Druck gestatten konnte ^), wird von Q. stark expurgirt (Liss. verbietet es ohne Nennung des Verfassers unbedingt) und dann auch von S. d. c. verboten. Bei Gl. findet es sich auffallender Weise nicht, obschon es Possevin in seiner Bibliotheca sei. I, 13 weitläufig bekämpft (er schrieb auch eine besondere Widerlegung); aber 1605 wurde dieses Versehen wieder gut gemacht durch das unbedingte Verbot aller Ausgaben und Uebersetzungen.

Von Theophrastus Paracelsus (f 1541) werden bei Q. und S. nur verboten: Libri tres chirurgiae, quam Bertheoniam inscripsit (1573), Chirurgia magna in duos tomos digesta (1570) und Chirurgia minor, alle drei mit d. c. Expurgirt wird von Q. (und Bras.) nur die letzte, in der 7 Stellen gestrichen werden. Gl. setzte ihn in die 1. Gl. und Sot. macht ihn zu einem Lutheranus, expurgirt auch andere Bücher und bemerkt nicht unrichtig: in seinen mehr als 100, 15G0 90 gedruckten Schriften kämen viele magische oder kabbali- stische Namen vor, die kaum zu verstehen seien u. s. w. Von einem holländischen Mediciner, Levinus Lemnius Zirizaeus (Lievin Lemmens aus Ziriczee, er wurde später Geistlicher, f 1568), wird bei Q. S. Gl. mit d. c. verboten Occulta naturae miracula ac varia rerum documenta, zuerst 1559 mit einer Widmung an den Abt von Middelburg gedruckt, dann wiederholt bei Plantin in Antwerpen ^). Bei Q. und Bras. werden einige grössere Stellen gestrichen, u. a. ein Gapitel, worin abergläubische Volksgebräuche (Johannis-Feuer, St. Martin u. dgl.) beschrieben und getadelt Averden, auch eine Stelle über die auf die Auferstehung Ghristi gestützte christliche fiducia, ein 8 Seiten langer Abschnitt über den Einfluss körperlicher Zustände und des natürlichen Temperamentes auf die Seele und merkwürdiger Weise eine Bekämpfung des Wahnes, als ob der Lauf der G-estirne einen Einfluss auf die irdischen Verhältnisse übe.

Unbedingt verboten wird von Q. S. Gl. Juliani Taboetii (Ta- bouet , französischer Jurist) De quadruplicis monarchiae primis auctoribus et magistratibus (in niiscellaneo divini et hum. juris cor- pore dispersis ephemerides historiae), 1559^). Gonstantini Forstei'i de successionibus ab intestato 11. 5 d. o. Avurde von Gl. in Valentini F. corrigirt, Joachimus super titulum ff. de jurejurando erst von Ben. in: Joachimi a Beust Lectura in tit. digesti veteris de jurej. Beust war übrigens aus Mon. durch S. in die 1. Gl. ge-

1) Nie. Antonio I, 543. Bayle s. v. J. M. Guardia. Essai sur l'oeuvre de J. Huarte, Examen u. s, w., 1855.

2) Paquot I, 91. Ann. Plantin. p. 73. 227.

3) Nie. 38, 240. Morery, Suppl. s. y.

liouRch, Index. 32

498 Enchiridioii des Gregorius Capuccinus.

kommen, wurde aber liier, obsclion er auch tlieologiscLe Schriften verfasst hat, (wohl nur durch ein Versehen) von Cl. gestrichen. Erst 1623 wurde sein Tractatus de sponsalihus et matrimoniis von 1586, durch welchen er der Begründer des sächsischen protestanti- schen Eherechts geworden ist, verboten.

Quae regia potestas, quo debent authore solemnes Ecclesiae conventus indici cogique? compendiosa discussio Cl. G. Praet. Se- nensi authore (seit Ben. unter Potestas) ist ein Schriftchen ^) von Claude Grouste, Prevot de Sens, geschrieben bei Gelegenheit der Verhandlungen der französichen Eeichsstände zu Orleans über eine zu berufende Nationalsynode, 1560. In die 3. Cl. ist durch Q. noch gekommen : Conventus Genevensis s. concilium ministrorum Genevensium in diversorio quodam juxta Genevam habitum a. D. 1565 (so wird der Titel schwerlich lauten).

Im J. 1602 erschien zu Leyden ein Schriftchen : Lettre mysti- que touchant la conspiration derniere^). Auf dem Titelblatte steht: Cum examine Indicis Expurgatorii; es enthält aber nur einige de- clamatorische Bemerkungen über den Antw. Exp. und seinen Bear- beiter Arias und über den Ind. exp. von Quiroga.

49. Das EncbirJdion ecclesiasticnm des F. Gregorius Capuccinus von 1588.

Im J. 1588 erschien unter dem Titel Enchiridion eccle- siasticum^), 1597 nochmals unter dem Titel Institutiones eccle-

1) Die 1561 erschienene französ. Uebers. Traicte de la puissance et authorite des Rois u. s. w. (Schulte, Gesch. 3, 561) füllt 55 Bl. 12.

2) Die Fortsetzung des Titels lautet: Avec l'ouverturc de la Caballe misterielle des Jesuistes, revellee par songe, ä un Gentilhomme des Trouppes du Conte Maurice, escrite ä Frere Jean Boucher. Cum examine Indicis Expurgatorij. Le tout dedie a Lexcellence du Conte Maurice. Par M. D. L. F. Qui habet aures audiat, et intelliget misteria. Apocalip. 41. 21. Esa. 7. 10. Derniere edition augmentee. A Leiden. 1602.* (Wolfonbüttel). 3 Bl. 49 und 124 S. 16. (nach p. 124 folgt nochmals p. 65—124). Von dem Antw. Exp. wird B p. 77, von Q. B p. 104 gesprochen.

3) Enchiridion Ecclesiasticum sive Praeparatio pertinens ad Sacra- raentUra Poenitentiae et Sacri Ordinis, Editum a R. P. F. Gregorio Capuc- cino Neapolitano uno ex Deputatis Patribus pro Revisione Librorum in Civitate Neapolitana per Illustriss. et Reverendiss. Archiepiscopum, Nunc denuo auctum, et amplificatum ab eodem Auetore, et tandem typis chaleo-

Enchiridion des Gregorius Capuccinus, 499

siasticaei) ein Handbuch für Beichtväter von einem Capuciner Gregorius zu Neapel, der auch zu den von dem dortigen Erz- bischof bestellten Bücherrevisoren gehörte. Das Buch handelt ausführlich von verbotenen und zu corrigireuden Büchern, ist zwar nur eine Privatarbeit, enthält aber interessante Materialien, namentlich über Expurgation einiger Bücher. Pikant ist, dass P. Gregorius sich erlaubt, vor dem Index expurgatorius Quiroga's ernstlich zu warnen, weil darin Werke des Carolus Molinaeus freigegeben, die Werke des Raymundus Lullus nicht verboten würden und in der Practica Papiensis des Jo. Petrus de Ferrariis nicht genug gestrichen werde. In den folgenden spanischen Indices (Sand. Sot.) wird dann natürlich das Buch des P. Gre- gorius d. c. verboten und die Streichung der den Index Qui- roga's betreffenden Stelle angeordnet.

In der Vorrede (der Ausgabe von 1597) sagt Gregorius: er habe für seine Coadjutores in revisione librorum ein Yerzeichniss von zu corrigireuden Stellen in sein Buch aufgenommen ; die Ju- risten mache er darauf aufmerksam, dass sie, wenn sie nicht den Censuren verfallen wollten, gewisse Bücher nicht gebrauchen dürf- ten, wie die Glossa Parisiensis und die Practica Papiensis, die von ketzerischen Auetores 1. cl. (Carolus Molinaeus und Jo. Petrus de

graphis traditum. Cura admodum excel. ac R. P. D. Horatii Veuetia V. I. D. Canonici Ecclesiae Neapolitanae Ecclesiasticis Viris ac philosophiae, et legum studiosis valde utile, et necessarium. Cum Privilegio S. Fran. Insti. Regv. Fr. Min. Venetiis. Sumptibus J. Anelli de Maria Bibliopolae Nea- politani. H. Polo Typographo Veneto imprimente. 1588. 8. (Mendham p. 95). Die erste Ausgabe war einige Jahre vorher (die Approbation ist vom 10. Dec. 1583) anonym erschienen. Gibbings, An exact Reprint p. XLVIII. 1) Institutiones ecclesiasticae, in quibus, qui ad s. ordines et ad con- fessiones animarumque curam admittendi sunt, facile breviterque instruun- tur . . . librorum corrigendorum ratio et regularum Indicis de libris prohibitis explicatio ac privata quorundam librorum ad ss. literas, ad philosophiam et jurisprudentiam pertinentium correctio . . . Auetore F. Gregorio Capuccino Neapolitano librorum Neapoli Expurgatore. Cum privilegio. Venetiis 1597 apud Jo. Bapt. et Jo. Bern. Sessam* (Freiburg) 239 Bl. 8. An der Spitze steht die Approbation von 1583 von Mag. Philocalus Pharaldus Carmelita und eine Widmung an den General der Capuciner von 1587, f. 238 eine Approbation von Plonorius de Porta, Vic. gen. Neap., vom 5. Febr. 1586: Opus hoc alias Impressum et de novo auctum et araplificatum . . . potest imprimi u. s. w.

5öO Eiicliiridion des Gregorius Capuccinus.

Ferrariis) herausgegeben seien; auch die Sylva nuptialis (von Jo. de Nevizano) und das Lexicon juris civiKs (von Jac. Spiegelius) dürf- ten nur gebraucht werden, wenn sie nach der von ihm verfassten, von den Neapolitanischen Eevisoren genehmigten Expurgation corri- girt seien. Dann heisst es: Praeterea declaravi per publicum de- cretum ego minimus inter deputatos pro revisione librorum , librum expurgationis per Alph. Gometium de a. 1584 editum juxta Trid. Indicis ultimam regulam nullo modo in Neapol. dioecesi esse reci- piendum, ubi praecipitur, nuUum librum in civitatem admittendum absque consensu et facultate deputatorum ab episcopo. F. 218 steht dann: Finaliter summopere cave a quodam libro : Index libr. expurg. impressus Madriti per Alph. Gometium sub a. 1584, cum potius credendum sit falso adscriptum esse in eo, in tali civitate et per dictum Alplionsum Impressum fuisse, ac etiam falso adscriptum esse tanti supremi et ,catholici senatus ordine impressum ac ab eo editum: et inter cetera in eo contenta erronea sive haereticalia est, quod dicit, posse concedi nonnuUa opera Caroli Molinaei haeretici 1. cl. absque correctione u. s. w.

F. 146 159 steht unter der Ueberschrift Libri corrigendi eine von Jo. Franc. Lombardus, Canonicus zu Neapel, verfasste alphabetische Zusammenstellung von Notizen über Bücher, die zu expurgiren seien. Darauf folgen die Bulle Sixtus' V. gegen die Astrologen von 1586 (f. 148 werden Autoren über Astrologie ver- zeichnet, die nicht im Index stehen, aber nach der 9. Eegel und der Bulle Sixtus' Y. als verboten anzusehen seien), eine Correctur von Bibelausgaben aus der Censur des Valdes von 1554, Be- merkungen über die Regeln des Index u. s. w. und Expurgationen zu verschiedenen Büchern, die P. Gregorius selbst verfertigt hat. Gegen Raymundus Lullus ist er besonders erbittert ; er spriclit wiederholt darüber und erklärt: er verbrenne dessen Werke; dem zu Rom gedi'uckten Directorium von Eymeric sei mehr zu glauben als der Vorrede zu Lulls Werken (s. o. S. 28) u. s. w.

Das im Enchiridion expurgirte Buch Sylva nuptialis Jo. Ne- vizani Astensis J. C, schon 1521 und 1556 gedruckt, ist durch S. Cl. d. c. in den Index gekommen. Possevin (Appar. sacer s. v.) erzählt, die Expurgation im Enchiridion sei von dem Canonicus Lombardus; im Auftrage der Inquisition zu Mantua habe der Je- suit Petrus Maturus, im Auftrage der Inquisition zu Venedig er selbst das Buch expurgirt. Diese beiden Expurgationen theilt er mit; sie füllen 7 Folioseiten, sind also viel umfangreicher als die bei Bras. p. 521—530 und die seit Sand, im span. Index stehende. Soviel daraus zu entnehmen ist^), hätte man ohne Schaden für die

1) Im Register werden z. B. gestrichen: Dolus ille bonus dicitur, quo hostis decipitur. Fornicationis peccatum antiquitus minimum habe- batur. Incontinentia mulierum aliquando excusabilis. Einige Stellen werden gestrichen, propterea quod de clerioorum incontinentia agit.

i

Index Sixtus' V. 1590. 501

Wissenschaft das Buch ganz verbieten dürfen, statt so viele geist- liche Herren mit der Expurgation desselben zu belästigen oder zu amusiren ; denn es handelt sich bei dieser, ausser um unrichtig citirte oder erklärte Bibelstellen, um das Erwähnen von Luther (er wird oft citirt), Hütten, Erasmus u. s. w. , an den ailermeisten Stellen um Dinge, die Ppssevin mit Kecht als spurca, obscoena et foeda bezeichnet.

50. Der Index Sixtus' V. vom J. 1590.

Am 22. Aug. 1588 ertheilte Sixtus V. der Index-Congregation den Auftrag, eine neue vermehrte Ausgabe des Trienter Index fertig zu stellen. Diese wurde im J. 1590 von dem Cameraldrucker Paul Bladus gedruckt und hat den Titel: „Bulle unseres alier- heiligsten Herrn Papst Sixtus' V. über einen verbesserten In- dex mit seinen Regeln über das Verbieten, Expurgiren und Re- vidiren der Bücher, sowie mit Abrogation der übrigen bisher herausgegebenen Indices und Zurücknahme der Vollmacht, solche anders als nach der Norm dieser Regeln herauszugeben" i). Das Buch enthält ausser der vom 9. März 1589 datirten Bulle, was der Titel nicht vermuthen lässt, auch den „verbesserten In- dex mit seinen Regeln." Sixtus V. starb noch in demselben Jahre, 27. Aug. 1590. Es scheint, dass sein Index noch nicht versandt und in Rom selbst erst wenige Exemplare desselben vertheilt waren. Jedenfalls wurden, ganz ähnlich wie mit seiner Ausgabe der Vulgata geschah, nach seinem Tode keine Exem- plare mehr ausgegeben, vielleicht auch die bereits ausgegebenen so viel wie möglich wieder eingesammelt und später alle Exem- plare, die man in Händen hatte, vernichtet. So existiren nur

1) Bulla S"^i- D. N. Sixti Papae V. Emendatioris indicis cum suis regulis super librorum prohibitione, expurgatione, & revisione, necnon cum abrogatione caeterorum indicum hactenus editorum, & revocatiohe facul- tatis cdendorum, nisi ad praescriptam harum regularum normam. Romae, apud Paulum Bladum Impressorem Cameralem. M. D. XC. 60 Bl. 4. Die Blätter sind numerirt 1 58; dann folgt auf 2 Blättern, von denen das erste gar nicht, das 2. mit 46 numerirt ist, der Catalogus haeresiarcharum.

502 Index Sixtus' V. 1590.

noch wenige Exemplare: Zaccaria fand in Rom nur zwei, im

Römischen Colleg und in der Bibliothek des Card. Passionei.

Der Index ist weiteren Kreisen erst wieder zugänglich gemacht

worden durch einen ganz genauen Abdruck, welchen Mendham

im J. 1835 besorgt hat^).

In dem Breve Clemens' VIII. vor seinem im J. 1596 publi-

cirten Index heisst es:

„Sixtus Y. hat, nachdem er den Kegeln viele nöthige Erläute- rungen und Zusätze beigefügt, verordnet, dem Index einige andere Bücher derselben Art [verderbliche Bücher, die nach Plus IV. er- schienen oder diesem unbekannt geblieben waren] beizufügen. Da aber Sixtus starb, ehe die Sache vollendet war (re minime ab- soluta), so haben Wir . . . das, was schon längst in nützlicher Weise begonnen und von vielen lange gewünscht war, jetzt ganz zu vollenden und zu veröffentlichen beschlossen und denigemäss den Cardinälen der Index-Congregation . . . alles, was von Sixtus, wie gesagt, angeordnet war (instituta erant), zur sorgfältigen Prüfung überwiesen, und es ist, sehr fleissig revidirt, endlich vollendet (ab- soluta) worden."

Das klingt so, als ob der Index Sixtus' V. nicht nur noch nicht förmlich publicirt, sondern auch noch nicht fertig gedruckt gewesen wäre, und manche curialistische Schriftsteller haben wirklich die Sache so dargestellt. Andere, welche den Sach- verhalt kannten, gehen darüber mit diplomatischen Wendungen hinweg. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Index Sixtus' V. ganz dasselbe Schicksal gehabt hat wie seine Ausgabe der Vul- gata, dass er fertig gedruckt und wenigstens zur Publication bestimmt war, dass er aber von seinem Nachfolger zurückge- zogen und dass dann, um die förmliche Cassirung einer päpst- lichen Bulle zu verschleiern, in dem Breve Clemens' VIII. eine Ausdrucksweise gewählt wurde, welche geeignet war, die Meinung hervorzurufen, als ob die Arbeit Sixtus' V. nicht vollen- det gewesen und unter Clemens VIII. zu Ende geführt worden wäre.

1) Index librorum prohibitorum a Sixto V., Papa, conf actus et publicatus : at verö a successoribus ejus in sede Romana suppressus. Edente Josepho Mendham, A. M. London 1835. 4. VI S., dann der Abdruck des Index mit Beibehaltung der Numerirung der Blätter, dann noch 1 Bl. Corrigenda. Mendhams Exemplar stammt e supellectili celebrium bibliopo- larum Payne et Foss.

Index Sixtus' V. 1590. 503

Weshalb der Index Sixtus' V. dieses Schicksal gehabt, ist nicht so genau und sicher nachzuweisen, als weshalb seine Vul- gata dieses Schicksal hatte. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass Sixtus hier von den Vorschlägen der Index-Congregation in ähnlicher Weise eigenmächtig abgegangen war, wie bei der Vulgata von den Vorschlägen der mit der Revision derselben beauftragten Commission, dass namentlich das Aufgeben der Trienter Regeln und die neuen Regeln, die an deren Stelle treten sollten, und das beigefügte Verzeichniss der Häresiarchen nicht den Beifall aller Mitglieder der Index-Congregation gehabt. Jedenfalls haben die oder doch mehrere Mitglieder der Congre- gation und andere massgebende Persönlichkeiten in der Um- gebung seiner nächsten Nachfolger Anstoss daran genommen, dass einige Bücher auf den Index gesetzt waren, insbesondere die Controversen des Jesuiten Bellarmin und die Relectiones des spanischen Dominicaners Franz Vittoria, ~ beide Werke wurden von Sixtus d. c. verboten, weil sie sich bezüglich der Gewalt des Papstes in weltlichen Dingen massvoller aussprachen, als Sixtus es für zulässig hielt.

Der Index Sixtus' V. ist also nicht zur Geltung gekommen, nimmt aber in der Geschichte des Index schon darum eine be- deutungsvolle Stelle ein, weil er in ähnlicher Weise die Grund- lage des Index Clemens' VIII. geworden ist wie der Pauls IV. die Grundlage des sog. Trienter.

Sixtus V. war als Cardinal unter Gregor XIII. selbst Mit- glied der Index-Congregation gewesen. Als er dieser den Auftrag ertheilte, den Index fertig zu stellen, gehörten zu ihr, wie aus der Bulle hervorgeht, die Cardinäle Marcantonio Colonna, Girolamo Ro- vere, Wilhelm Allen, Ascanio Colonna und Federigo Borromeo. In dem Breve Clemens' VIII. vom J. 1595 werden Allen und Rovere nicht mehr genannt, aber ausser den anderen noch Aug. Valerio, Simeon de Talliavia (Terranova), Girolamo Bernerio (Dominicaner) und Franz Toleto (der erste Cardinal aus dem Jesuitenorden; Bel- larmin wurde erst 1599 Cardinal).

In den Acten der Löwener theologischen Facultät wird unter dem 21. Dec. 1587 berichtet, es sei ein Breve Sixtus' V. verlesen worden, worin dieser die Facultät aufgefordert, bei der Herstellung eines neuen Index mitzuwirken ; die Faculät habe zu dem Ende eine aus den Theologen Henr. Gravius, Joh. Clarius und Henr. Cuyckius und je einem Mitgliede der canonistischen, civilrechtlichen.

504 Index Sixtiis' V. 1590.

medioinisclien und Artisten-Facultät bestehende Commission gewählt. lieber ihre Arbeiten ist nichts bekannt ^J.

Card. Albizzi (Risposta a Fra P. Sarpi p. 293) sagt: „Sixtus dachte daran, den auf dem Trienter Concil festgesetzten ßegeln einige Instructionen beizufügen, durch welche er dem Uebel (der fortdauernden Bosheit der Ketzer) abhelfen zu können glaubte; aber der Tod hinderte ihn, seine heilige Absicht auszuführen^', und Cata- lani (De Secr. Ind. p. 17): „Da Sixtus starb, ehe sein Index voll- endet war, liess Clemens VIII. denselben herausgeben." In den Anal. Juris Pontif. von 1857 (2, 2617) heisst es: „Sixtus V. hatte sich mit der Veröffentlichung einer neuen Ausgabe des Index be- schäftigt und wahrscheinlich liess er dieselbe drucken. Aber alle Bemühungen, sie wieder zu finden sind erfolglos gewesen [schon 1777 hatte Zaccaria zwei Exemplare beschrieben und 1835 Mend- ham den Index neu drucken lassen], und man hat darum geglaubt, der Tod habe den Papst gehindert, seinen Plan auszuführen" ; einige Seiten weiter (S. 2634) wird gesagt, über die Frage, ob der Index Sixtus' V. das Schicksal seiner Bibel getheilt, seien die Ansichten getheilt, und dann wird der Aeusserung Albizzi's eine Stelle aus M. Ruele (Saggio dell' Istoria dell' Indice) gegenübergestellt, worin gesagt wird: der Index sei gedruckt; da er aber ebenso selten sei wie die Sixtinische Vulgata, hätten einige gemeint, Sixtus sei vor der Vollendung seines Werkes gestorben. Noch Heymans (p. 219) behauptet: das Buch von Bellarmin sei nicht auf den Index, son- dern in einen Entwurf eines Index (proposita ad ampliorem inqui- sitionem et discussionem futuri indicis delineatio) gesetzt worden ; denn Sixtus habe keinen Index herausgegeben, da er vor Vollen- dung desselben (opere infecto) gestorben sei. Fessler übergeht die Sache ganz mit Stillschweigen. Die französischen Jesuiten er- kennen in ihrer Zeitschrift (Etudes relig. 1870, V, 634) den richti- gen Sachverhalt an.

Bellarmin selbst erzählt in seiner Selbstbiographie: er sei 1589 mit dem Card. Caetani nach Frankreich gesandt worden und habe dort Anfangs September 1590 die Nachricht von dem Tode des Papstes erhalten. Er fügt bei: „Sixtus war dem Cardinal und sei- nem Secretär und auch Bellarmin aufsässig (infensus) propter in- ventam in libris suis propositionem negantem, Papam esse dominum directum totius mundi." Er erzählt dann w^eiter: 1591, unter Grre- gor XIV. sei darüber verhandelt worden, was mit der Vulgata- Ausgabe Sixtus' V. geschehen solle; einige hätten vorgeschlagen, sie förmlich zu verbieten, er aber habe gerathen, die Ausgabe zu corrigiren und dann nochmals unter dem Namen Sixtus' V. zu publi- ciren mit einer Vorrede, in der zu sagen sei, in den ersten Ab- druck hätten sich in Folge der eiligen Herstellung „durch die Schuld der Drucker und anderer" Fehler eingeschlichen; et sie, fährt er fort, N. (d. i. Bellarmin) reddidit Sixto Pontifici bona pro

1) De Ram, De laudibus etc. p. 34.

Bellarmin im Index. 505

malis. Sixtus enim propter illam propositionem de dominio Papae directo in totum orbem posuit Controversias ejus in Indice 11. proh. d. c; sed ipso mortiio S. Rituum [vielmehr Indicis] Congregatio jussit deleri ex libro Indicis nomen illius^). Grenaiier gesagt: Nach dem Tode Sixtus' V. (und nach Bellarmins Rückkehr aus Frank- reich) wurde die Index -Congregation (ohne Zweifel auf Bellarmins Betreiben) zu einem Gutachten aufgefordert. Dieses lautete: „Nach- dem wir auf Befehl Seiner Heiligkeit alles sorgfältig geprüft haben, was der Pater Franciscus Victoria und der Pater Bellarmin über die weltliche Macht des Papstes geschrieben, und nachdem wir darin, wir unterwerfen uns übrigens in allem dem weisen TJr- theil Seiner Heiligkeit, keine anstössige Neuerung gefunden, richten wir an Seine Heiligkeit die Bitte, auf den guten Ruf dieser Patres Rücksicht zu nehmen. Sollte übrigens auch in den genannten Werken sich eine unvorsichtige Behauptung linden, so weiss man doch, dass die Kirche von jeher lieber guten Schriftstellern ein Ver- sehen nachgesehen als sie durch das Verbot ihrer Werke be- schimpft hat" 2).

1) Vita Von. Roberti Cardinalis Bellarmini, quam ipsemet scripsit rogatu familiaris sui P. Eudaemon-Joanuis Cretensis, eruta ex scriniis Societatis. S. 1. et a.* Das Heftcheu wurde, als 1754 unter Benedict XIV. zum zweiten Male über Bellarmins Seligsprechung verhandelt wurde (schon unter Clemens XI. 1674 war der Process eingeleitet worden), auf Veran- lassung des Card. Passionei gedruckt und hochstehenden Personen in Rom durch die Post zugesandt. Die Bitterkeit, mit welcher Bellarmin darin von Sixtus V. spricht, die Naivetät, mit welcher er allerlei Händel er- zählt, bei denen er sich ebenso wenig heiligmässig benahm wie bei der Edirung der Vulgata, die lächerliche Selbstgefälligkeit, mit welcher er seine Fähigkeiten, Leistungen und Tugenden herausstreicht, er versichert u. a., er wisse nicht, dass er jemals eine Todsünde gethan, und er habe eigentlich nichts zu beichten gehabt, wurden von Passionei und anderen Cardinälen sehr kräftig gegen Bellarmins Seligsprechung geltend gemacht. Die Voti degli . . . Cardinali Barbarigo, Casanate, Azzolini, Passionei sind zu Ferrara 1761 und 1762* gedruckt (s. L. van Ess, Gesch. der Vulgata S. 298) ; dazu gehört noch Raccolta di lettere del Card. A. M. Quirini al Card. D. Passionei coUa risposta alle medesime appartenenti alla causa della beatificazione del Card. Bellarmino, Lucca 1762*.

2) In der offiziellen Historia Societatis Jesu (von Sacchini u. a.) wird die Sache so berichtet: Sixtus habe sich durch keine Vorstellungen der Gelehrten und der Cardinäle davon abhalten lassen, Bellarmins Werk wegen der Lehre über die weltliche Gewalt des Papstes auf den Index zu setzen. Vor dem Erscheinen (prodire) des auf Sixtus' Befehl gedruckten Index sei er gestorben und Urban VII. habe verordnet, die Ausgabe zu

506 Index Sixtus' V. 1590.

Cretineau-Joly erzählt , der Jesuit Julian Vincent habe den Brief des h. Ignatius über den Gehorsam, nachdem er einen Tadel desselben durch die spanische Inquisition erwirkt, auch bei Sixtus V. denuncirt; dieser habe den Brief einigen Theologen zur Begutach- tung gegeben; diese hätten sehr scharf darüber geurtheilt, Bellar- min aber den Brief vertheidigt. Dafür dass ihm Bellarmin in dieser Sache Unrecht gegeben, habe ihn Sixtus dadurch gestraft, dass er sein Buch de summi pontificis potestate (den 1. Band der Contro- versen) trotz der Vorstellungen des ganzen h. CoUegiums [V] auf den Index gesetzt. Die Index-Congregation habe seiner Weisung gehorcht, aber nach seinem Tode (lorsqu'il n'exista plus) das AVerk gelobt und aus dem Index entfernt^).

Sixtus V. war überhaupt kein Freund der Jesuiten 2) ; aber er hatte von der Gewalt des Papstes eine so hohe Vorstellung, dass

unterdrücken und zu vernichten (supprimendam obolendamque decrevit), das Buch Bcll.'s aber sei durch ein sehr ehrenvolles Urtheil der Cardinäle der Index-Congregation von jeder Censur cutlastet worden (omni nota liberatus). In der von den Jesuiten herausgegebenen Biographie Bellar- mius (von Fuligatti, übers, von Silv. Petra Sancta, 1626) wird die Sache so dargestellt: Nonnulli (Gegner Bell.'s) re non discussa urgere atque in- stare, quo ejus opera inhiberentur ... et inseri catalogo deberent volu- minum proscriptorum. Fraudem excepit eventus, et ii, quorum invidia in occulto, adulatio in aperto erat, facile impetrarunt, ut hoc pacto in Bel- larmini libros saeviretur. Sed haec saevitia vocem veritatis, quae in libris iisdem loquebatur, non diu afflixit. Nam excedente Pontifice, cum eo (ut aulici sunt plerumque suorum principum inferiae) cecidere adversarii ejus, et S. Congregatio Cardinalium reputans injurium esse, ita damnari eximium virum, sponte mandavit, ex indice probrosorum scriptorum eximi auctorem egregium, nullo in opinionibus ejus deprehenso vitio. Mendham p. 106.

1) Hist. des Jes. II, 259. 264. Liguori, Theol. mor. App. ad 1. 3. n. 24 sagt : Jure merito opusculura quoddam Bellarmini traditur fuisse ve- titura. Damit werden nicht die Controversen gemeint sein, sondern das ascetische opusculum De gemitu columbae (1617), gegen welches wegen der darin vorkommenden Bemerkungen über die älteren Orden der Domini- caner Dom. Gravina die Yox turturis (1625) schrieb. Dieses opusculum ist aber nie verboten worden; Vinc. Baron, L. apol. II, 612 sagt nur: Parum abfuit quin prohiberetur. „Beinahe verboten" wurden auch andere Schriften von Bell. Card. Passionei berichtet wenigstens: als er das Buch De translatione imperii und zwei ähnliche geschrieben, seien der Papst (Gregor XIII.) und Cardinal Sirleto gegen die Veröffentlichung ge- wesen: gleich nach ihrem Tode (1585) habe er sie drucken lassen.

2) Hübner, Sixtus V. II, 82.

Catalogus haeresiarcharum. 507

er über Bellarmins Buch unzufrieden gewesen sein würde, auch wenn derselbe kein Jesuit gewesen wäre, wie er denn ja auch gleichzeitig das Buch des Dominicaners Vittoria verbot. Als Bel- larmins Buch erschien, soll ihm der französische Jesuit Fronton le Duc Vorstellungen darüber gemacht haben, dass er dem Papste zu viel Gewalt in weltlichen Dingen eingeräumt; Bellarmin soll ihm geantwortet haben : „Wärest du in Eom, so würdest du anders urthei- len ; icli musste so schreiben ; es fehlte nicht viel, so hätte sich die Inquisition mit meinem Buche zu thun gemacht." Die Inquisition hat also das Verbot nicht beantragt und auch die Index-Congregation ist allem Anschöfne nach dagegen gewesen, und Sixtus V. hat die Aufnahme der beiden Bücher in den Index aus eigener Machtvoll- kommenheit decretirt.

Francisci a Victoria (f 1546) Relectiones 13 de potestate Eccle- siae, de pot. civili, de pot, Pontificis et Concilii u. s. w. waren zu Lyon 1557, zu Salamanca 1565, zuletzt zu Ingolstadt 1580 er- schienen, der 1. Band von Bellarmins Disputationes de contro- versiis lidei ebendaselbst 1586, der 2. 1588. Den Anlass zu dem Verbote gab das 5. Buch der im 1. Bande stehenden Disp. de Summo Pontilice, welches von der potestas temporalis des Papstes handelt. Bell, verwirft die Ansicht, der Papst habe nach gött- lichem Rechte plenissimam potestatem in Universum orbem terrarum, tum in rebus ecclesiasticis, tum in politicis, und die Ansicht, er habe nach göttlichem Rechte keine weltliche Gewalt, und begrün- det „die gewöhnliche Ansicht der kath. Theologen", Pontificem ut Pontilicem non habere directe et immediate uUam temporalem po- testatem, sed solum spiritualem, tamen ratione spiritualis saltem indirecte potestatem quandam, eamque summam in temporalibus, wofür er u. a. auch Victoria citirt. In den späteren Ausgaben wird die zweite Ansicht nicht als altera sententia, sondern als non tam sententia quam haeresis bezeichnet, die dritte durch Anführung neuer Auctoritäten und Argumente ausführlicher begründet.

S. ist der einzige Rom. Index, der einen Catalogus haere- siarcharum^) enthält. Demselben liegt der von Q,. (S. 495) zu Grunde; 15 Namen sind in diesem gestrichen, dafür aber 20 neue beigefügt, so dass die Gesammtzahl 81 beträgt, wenn man die dop- pelt vorkommenden Namen (Andreas Musculus und Musculus, Tho- mas Monetarius und Thomas Muncerus und dgl.) nicht mitzählt. Gestrichen sind u. a. Bern, Ochinus, G. Buchanan, Henr. Com. Agrippa, Henr. Nicolaus, Jo. Carion, Petrus Ramus, beigefügt die in der 2. Regel stehenden Balth. Pacimontanus und Gaspar Svench-

1) Catalogus Haeresiarcharum, Haeresum auctorum, eorumque qui eas suscitarunt, seu Haereticorum duces aut capita extiterunt, qui ad faciliorcm intelligentiam quartae regulae hujus indicis (diese entspricht der 2. Trienter Regel) apponitur.

508 Index Sixtus' V. 1590.

feldius (sie), Claudius Taurinensis, Marsilius de Padua, die Husiten Jac. Misnensis alias Jacobellus, Nie. Galecus und Petrus Esdrensis (i. e. Dresdensis), Hermannus Kisuuik (i. e. Eijswijck, S. 61), Jo. a Leydis, Nie. Storkius, Jae. Praepositus, endlicli drei, die S. ohne Zweifel aus Grabriel Prateolus (de Preau), De vitis, sectis et dog- matibus omnium haereticorum, 1569 u. s., genommen hat: Aegidius Aquensis (Gillis van Aken), ein Wiedertäufer, der zu Antwerpen hingerichtet wurde, aber allem Anscheine nach nichts geschrieben, Ludovicus Alemani, von dem Prateolus weitläufig berichtet, er sei ein italienischer Zwinglianer gewesen, der 1566 in Lyon durch Bekämpfung der Calvinischen Lehre Aufsehen erregt habe^) und Jo. Valentinus, ohne Zweifel Jo. Val. Gentilis (Prateolus gibt den Namen vollständig, nennt aber die Anhänger Valentinistae), der Antitrinitarier, der 1566 in der Schweiz enthauptet wurde. Der letzte steht merkwürdiger Weise in keinem Rom. Index, auch nicht bei S.; die beiden ersten hat nur S, in der 1. Cl., sie wurden von Cl. gestrichen.

Der spanische Dominicaner Alfonsus Ciaconius (Chacon) war von der Index-Congregation beauftragt, über die Unterscheidung zwischen Häresiarchen und einfachen Häretikern ein Gutachten aus- zuarbeiten. Dieses wurde von einem andern Spanier, Franc. Pena, damals Uditore der Rota in Rom, scharf getadelt, weil danach einige Namen aus dem spanischen Verzeichniss gestrichen werden sollten. Aus Ciaconius' Antwort (abgedruckt bei Zacc. p. 161) ersehen wir, welche Kriterien er aufgestellt hatte: Häresiarchen seien diejenigen, welche entweder neue Ketzereien erfunden oder alte erneuert oder an ketzerischen Akademieen die Ketzerei vertheidigt oder in ketze- rischen Conciliabula für die anderen das Wort geführt hätten; auf die schriftstellerische Thätigkeit allein komme es nicht an, da man sonst fast alle zu den Häresiarchen, nur sehr wenige zu den ein- fachen Ketzern zu zählen habe. Wenn Pena es tadle, dass erHenr. Corn. Agrippa nicht unter die Häresiarchen zähle, der doch zum Lobe des Ehebruchs geschrieben, so bemerke er, dass letzteres nicht wahr sei, da Agrippa nur zwei Declamationen von Andocides und Demades übersetzt habe, von denen die eine für, die andere gegen den Ehebruch spreche. Wenn Pena hervorhebe, dass die Spanier nach reiflicher Ueberlegung und nach Befragung der Löwener Uni- versität ihr Verzeichniss aufgestellt, so erinnere er daran, dass man in Spanien manches von dem, was in Belgien von einer Commission von Bischöfen und Theologen und mit königlicher Auctorität fest- gesetzt worden, ausser Acht gelassen und Seb. Münster, Stephan

1) Also nicht der als Verfasser des Lehrgedichtes über den Land- bau bekannte Luigi Alemani, der schon 1556 in Frankreich star)). Gre- gorovius 8, 844. Nie. 13, 53. Seine 1532 erschienenen Opere toscane, worin auch leggiadre poesie, sind nach Mazzuchelli unter Clemens VIII. in Rom verbrannt worden.

Catalogus haeresiarcharum. 509

Dolet und Jo. Carion unter die Häresiarchen gesetzt, die man in Belgien als einfache Ketzer angesehen, da man Schriften von ihnen expurgirt habe. Interessant ist in Ciaconius' Schreiben folgender Passus, der zeigt, wie man sich in Rom das Verhältniss der spani- schen Inquisition zur Curie dachte: „Die Römische und die spani- sche Inquisition haben denselben Zweck, die Erhaltung der katholi- schen Religion. Es besteht unter ihnen nur der Unterschied, dass jene übergeordnet, diese untergeordnet (illa praeest, ista subest), jene die Mutter, diese die Tochter, jene die Sonne, diese der Mond ist, der von jener sein Licht erhält. In Spanien waltet der Greist des Elias, in Rom der doppelte Greist des Elisäus. . . . Die Spanier haben die Bücher vieler katholischen und ketzerischen Schriftsteller expurgirt, von denen man in Rom bei einer nochmaligen Prüfung erkannt hat, dass sie von Irrthümern wimmeln, die man in Spanien übersehen. . . . Wenn die spanische Inquisition einen Beschluss und die Römische einen entgegengesetzten fasst, wirst du . doch als guter Katholik den letztern anerkennen.*' In Spanien dachte man frei- lich anders. Die spanische Inquisition hat auch in der Folgezeit eine gewisse Unabhängigkeit von der Römischen Index-Gresetzgebung bewahrt, und wenn der Cardinal Albizzi einmal behauptet: sie nehme mit pünktlichem Gehorsam alle päpstlichen Constitutionen in Glaubenssachen an und führe alle Befehle des Papstes aus ^), so ist das bezüglich des letztern Punktes, wie viele Fälle zeigen, eine Ver- wechselung dessen, was die spanische Inquisition nach der curia- listischen Anschauung hätte thun sollen, mit dem, was sie that.

Man wird übrigens Ciaconius nicht für alle Thorheiten des Häresiarchen-Yerzeichnisses verantwortlich machen dürfen; wahr- scheinlich hat Sixtus V. selbst manches hineincorrigirt. Als man sich unter Clemens VIII. mit der Ausarbeitung eines neuen Index beschäftigte, wurde in der Congregation (im Sept. 1592 und im Juli 1596) auch über die Fragen verhandelt, ob man das spanische Häresiarchen- Verzeichniss aufnehmen oder ein neues anfertigen solle; man beschloss, es solle bei der 2. Trienter Regel sein Bewenden haben ^).

In der Bulle, die vor dem Index steht, sagt Sixtus nach einer geschichtlichen Einleitung: die Cardinäle der Index-Con- gregation hätten mit Zuziehung frommer und gelehrter Männer einen Index ausgearbeitet, der viel reichhaltiger sei und zahl- reichere und klarere Regeln enthalte als der von Pius IV.; er selbst habe denselben sorgfältig geprüft und beschlossen, ihn zu veröffentlichen. Alle anderen bisher an irgend einem Orte kraft irgend welcher Autorität, auch die von früheren Päpsten heraus-

1) Risposta a P. Paolo Servita p. 282.

2) Zacc. p. 166. 168.

510 Index Sixtus' V. 1590.

gegebenen Indices hebe er hiermit auf und verordne, dass der neue Index allein als „Norm, die von dem apostolischen Stuhle vorgeschrieben sei, von welchem alle Gesetze für das richtige Denken, Glauben und Lehren für die ganze Kirche auszugehen hätten", angesehen werde. Niemand solle fortan, auch kein Collegium und keine Universität ohne Genehmigung des apostoli- schen Stuhles anders als gemäss den neuen Kegeln Bücher ver- bieten oder einen andern Index verbotener Bücher herausgeben oder Anordnungen über Expurgation von Büchern treffen. Alle bisher in dieser Hinsicht ertheilten Vollmachten seien zu- rückgenommen. Nach der in üblicher Weise erfolgten Anheftung der Bulle solle sie in einem Monate in Rom, in drei Monaten in Italien, in sechs jenseits der Berge jedermann so verpflichten, als ob sie ihm persönlich intimirt wäre.

Die 10 Trienter Regeln werden durch 22 neue ersetzt. Manche Bestimmungen derselben stimmen inhaltlich im wesent- lichen mit den Trienter überein; von einigen Modificationen derselben war bereits § 30 die Rede. Von den neuen Bestim- mungen sind manche in anderer Form in den Index Clemens' VIII. übergegangen. Bemerkenswerth sind folgende:

1. Wer die Bücher oder Schriften der h. Väter, die den Glauben und die Sitten betreffen und von der Kirche bisher ange- nommen worden sind, nicht anerkennt, soll mit den im Rechte fest- gesetzten Strafen bestraft werden.

2. Weil aber eben diese heiligen Lehrer, entweder weil sie vor dem Auftauchen der Ketzereien oder weil sie, um die auf- tauchenden Ketzereien zu bekämpfen, [geschrieben], von Glaubens- eifer entzündet, mitunter Ausdrücke gebraucht haben, welche später die Kirche Gottes, vom h. Geiste belehrt, verworfen hat, so soll es fortan niemand gestattet sein, diese beizubehalten oder zu ge- brauchen; den heiligen Lehrern selbst aber soll, weil sie dergleichen nicht in der Absicht, sich von der katholischen Kirche zu entfernen, geschrieben, die gebührende Achtung gezollt werden (vgl. die In- struction Clemens' VIII. 11,4).

4. Von den Häresiarchen wird alles verdammt, was sie unter irgend einem Namen geschrieben, mag es über Religion oder über irgend einen andern Gegenstand handeln und bevor oder nachdem sie in Ketzerei gefallen, herausgegeben worden sein. Desgleichen auch die Sätze derselben, welche unter ihrem Namen in die Bücher von Katholiken aufgenommen worden sind, falls sie nicht zum Zwecke der Bekämpfung derselben angeführt werden. Desgleichen werden ihre Bilder, Lobsprüche auf sie und alles Aehnliche durch-

Regeln. 51 1

aus verboten, damit ihr Andenken aus der Gemeinde der G-läubigen völlig ausgetilgt werde (vgl. S. 453).

9. Thesen, Behauptungen oder Axiome oder Probleme und anderes der Art, auch solche, die nur zur Hebung des Geistes oder zum Zwecke der Disputation oder aus einem andern Grunde auf- gestellt werden, werden, wenn sie der Lehre der h. Väter, dem orthodoxen Glauben und der cliristliclien Frömmigkeit zuwider sind, aus welcher Wissenschaft sie auch entnommen sein mögen, durchaus verboten. Sind dieselben von Ketzern gesammelt, so werden sie, auch wenn sie in keiner Weise dem Glauben zuwider sind, mit Rücksicht auf den den Ketzern gebührenden Abscheu (in haereti- corum detestationem) verboten, wenn nicht deren Namen gestrichen werden und der Name dessen, der sie gestrichen, angegeben wird.

10. Bücher der neueren Griechen, mögen sie griechisch ge- schrieben oder ins Lateinische übersetzt sein und mögen sie was immer für einen Namen, Titel und Inhalt haben, werden, wenn sie ex professo gegen irgend ein Dogma, einen Artikel, einen Eitus oder die Disciplin der katholischen Kirche geschrieben sind, durch- aus nicht gestattet. (Von Clemens nicht aufgenommen. Thatsäch- lich stehen auffallend wenige Schriften von Griechen im Index; in der 1. Cl. stehen nur Leo Achrydanus und Marcus Ephesius, in der 2. Nilus Thessalon., Laonicus Chalcondylas und Theodorus Prodromus, und in der Expurgation der Bibliotheca Patrum bei Bras. werden einige Griechen wohl als schismatici, impii u. dgl. bezeichnet, aber nur mit Caute lege oder Antidota versehen, wie Gregorius Palamas, Georgius Pisida, Balsamon).

15. Duell-Bücher, Briefe, Broschüren, Schriften u. s. w., in welchen die Duelle vertheidigt, angerathen und gelehrt werden, werden verboten, wie auch der abscheuliche Gebrauch der Duelle von dem Trienter Concil verboten ist. Wenn aber solche Bücher zur Beilegung von Controversen und zur Wiederherstellung des Friedens dienen können, werden sie, nachdem sie gereinigt und approbirt sind, gestattet. (Diese Bestimmung steht in kürzerer Fas- sung auch bei Q. , bei Clemens VIII. im Index unter D, seit Ben. in den Decreta gen. II, 7. Fontanini II, 397 verzeichnet viele Bücher der Art unter Filosofia cavalleresca und erwähnt p. 335. 407, dass Pius V. dem Girolamo Muzio durch ein Breve gestattet habe, seine opere cavalleresche und Schriften über religiöse Dinge nach vorheriger Prüfung durch den Mag. S. Pal. oder die Inquisi- tion drucken zu lassen).

16. Alle Bücher, welche ohne den Namen des Verfassers oder unter dem Namen eines andern in Umlauf sind, sollen in Zu- kunft nicht herausgegeben, die schon herausgegebenen sollen emen- dirt und mit dem Naihen des Correctors oder Revisors bezeichnet werden. Fortan sollen keine Bücher, welchen Namen oder Titel sie auch haben mögen, ohne den Namen eines bestimmten Verfassers, Approbators oder Revisors und ohne Angabe des Ortes und der Zeit des Druckes herausgegeben werden (ähnlich die Instruction Cle- mens' VIII. III, 1); widrigenfalls sollen sie als heterodoxe Bücher

512 Index Sixtus' V. 1590.

angesehen werden. Noch nicht gedruckte Schriften sollen nicht von einer Hand in die andere gegeben werden, wenn sie nicht zuvor mit dem Namen des Verfassers versehen oder in Eom von der Index -Congregation revidirt und von dem Magister Sacri Palatii unterschrieben, an anderen Orten von den Inquisitoren und Ordi- narien, oder in Universitätsstädten von dem Bischof und dem Decan [der Universität] approbirt worden sind. Uebrigens werden solche Bücher von unbekannten Verfassern, welche vor dem J. 1515 ge- druckt und in der Kirche in Grebrauch sind, gestattet.

I)ie umfangreichen Regeln 18 21 enthalten im wesentlichen die Bestimmungen der 10. Trienter Regel über das Drucken von Büchern. Was Sixtus beigefügt hat, ist meist in die betreffende Instruction Clemens' VIII. übergegangen. Eigenthümlich und von Clemens VIII. nicht aufgenommen ist folgendes: Wo in der 18. Regel von der Büchercensur die Rede ist, wird von Rom gesagt: „von wo, wie aus einer Quelle, aller rechte Bücherdruck zu den übrigen Provinzen und Gregiinden hinströmt". In derselben Regel wird ein Formular für die Approbation eines Buches angegeben. In der 19. Regel wird bestimmt : „Die heiligen [biblischen] und kirchlichen [wohl die liturgischen] Bücher sollen nicht an jedem beliebigen Orte, sondern in grösseren Städten, wo sich ein Inqui- sitor, eine Universität und Censoren befinden, gedruckt werden, und nicht von jedem beliebigen Drucker, sondern nur von hervorragen- den, die von den Oberen als rechtgläubig, zuverlässig und in ihrer Kunst erfahren anerkannt und vereidet sind. Dem Drucke sollen Vaticanische Drucke, sobald solche erschienen sind, zu Grunde ge- legt werden." In der 20. Regel wird bestimmt: „Niemand darf ein verbotenes Buch zerreissen oder verbrennen; er hat es in Rom an den Magister S. P., an anderen Orten an den Ordinarius und In- quisitor oder den Decan der Universität abzuliefern, und diese haben an den Abliefernden die geeigneten Fragen zu stellen", ferner : „Bücher, deren Gebrauch den Gläubigen verboten ist, dürfen auch Juden, Ungläubige und andere derartige Menschen, die in christ- lichen Provinzen oder Orten leben, nicht haben, lesen, kaufen, ver- kaufen, exportiren. Wenn einer von ihnen sich gegen diese Be- stimmung verfehlt, soll er von den Vorbesagten (Magister S. P., Ordinarius u. s. w.) je nach der Grösse der Schuld bestraft werden." In der 21. Regel wird bestimmt: „Bibeln, Schriften der h. Lehrer, Bücher der Decretalen und kirchengeschichtliche Bücher, die von Ketzern oder anderen schlechten Menschen corrumpirt oder depravirt sind, dürfen nur in Rom von der Index- Congregation oder anderen vom h. Stuhle deputirten Personen, von niemand ausserhalb Roms expurgirt werden". Ferner wird in der 21. Regel die am Schlüsse der 10. Trid. Regel stehende Bestimmung, dass diejenigen, welche häretische Bücher lesen oder haben, ipso facto der Excommunication verfallen sollen, dahin verschärft, dass von dieser Excommunication, von dem articulus mortis abgesehen, nur der Papst absolviren könne, Die Regel schliesst mit dem Satze: „Damit niemand bei einer so wichtigen Sache Unwissenheit vorschütze, wollen Wir, dass die

Erste Classe. 513

Buchhändler , bei den von den Bischöfen und Inquisitoren zu be- stimmenden Strafen, diesen Unsern Index bei sich haben; dieUebri- gen aber, welche aus anderen Ursachen Bücher haben, fordern Wir im Herrn auf und ermahnen Wir, zur Vermeidung von Ueber- tretungen diesen Index zu haben und zu lesen."

Im Index finden sich seit S. die allgemeinen Verbote : Agenda seu formulae precum aut officia haereticorum und Kalendaria omnia (Cl. hat beigefügt: ab haereticis confecta), in quorüm corpore nomina haereticorum recensentur. Seit Ben. stehen sie in den Decreta gen. I, 1 und 5, das letztere in der Form: Calendaria, martyrologia ac necrologia haereticorum.

In dem Index selbst hat Sixtus in der 1. Classe reichlich doppelt so viele Namen als Pius IV. (unter A, B und C hat dieser 93, Sixtus über 200 Namen). Er hat mit sehr wenigen Ausnahmen alle beigefügt, die er in dem Münchener und dem Quiroga'schen Index fand, ferner in ähnlicher Weise das Lexicon von Frisius benutzt wie Paul IV. das von Gesner, etwa 140 Namen stammen aus Frisius, und endlich auch einige Frank- furter Messcataloge, jedenfalls die von 1583 1587, in ähnlicher Weise ausgebeutet wie der Müncbener Index. Nur sehr wenige Namen sind nicht aus diesen Quellen geschöpft. Auch die 2. und die 3. Classe sind von Sixtus bedeutend vermehrt, die 2. namentlich durch die Aufnahme von Schriften katholischer Ver- fasser mit d. c. (unter A, B und C hat der Trienter Index 16 Schriften in der 2., 88 in der 3. Cl., Sixtus 88 und 177). Auch hier sind Quiroga (in einigen Fällen auch direct der Antwer- pener und der Lissaboner Index) und die Messcataloge seine Hauptquelle gewesen. Dass manches, was in Trient in dem Index Pauls IV. gestrichen war, durch Sixtus wieder eingesetzt wurde, ist schon früher erwähnt worden.

Die ungeschickte Benutzung des Frisius und der Mess- cataloge hat zur Folge gehabt, dass nicht nur viele ganz unbe- deutende Schriftsteller, auch einige, die in den Messcatalogen nur als Respondenten bei Disputationen genannt werden, son- dern auch eifrige Katholiken in die 1. Classe kamen und, wie z. B. der polnische Erzbischof Andreas Critius und der Regens- burger Weihbischof Caspar Macer, noch jetzt darin stehen.

1. Dass unter den 140 Autoren, die S. ausFris. aufgenommen, manche sind, die nur ein oder wenige ganz unbedeutende und harm- lose Schriftchen verfasst, ist selbstverständlich. iJNTeben den Deut-

Reusch, Index. 33

514 Index Sixtus' V. 1590.

sehen sind bei Fris. mit Hülfe von Jo. Balaeus besonders die Eng- länder sehr stark vertreten, deren auf diese Weise durch S. viele in den Index kamen, jetzt (1590) auch manche, die wir in den engli- schen Indices aus dem dritten und vierten Decennium kennen ge- lernt haben. Mit Einschluss der bereits im Tr. stehenden werden der Engländer bei S. gegen 100 sein. Darunter sind natürlich viele, die nur eine oder einige Broschüren, Predigten oder dergleichen ge- schrieben oder nichts Theologisches, wie Jo. Caius, der Arzt John Kaye, einer der Gründer des Cajus-College in Oxford, von dem es übrigens nicht einmal feststeht, dass er nicht Katholik geblieben^). Durch S. ist auch Anna Askew (Ascough) in die 1. Cl. gekommen, die einzige Frau neben der Magdalena Heymairin, von der Fris. berichtet, sie habe eigenhändige Berichte über ihre Verhöre hinterlassen (sie wurde 1546 hingerichtet), die Balaeus herausge- geben^). Sie heisst bei S. Anna a Skeve, bei Cl. und in den fol- genden Indices Andreas a Skeve, seit Ben. Anna Askeve. Unter den Franzosen, die aus Fris. durch S. in die 1. Cl. gekommen, ist auch Antonius Pocquius, erst Ben. hat den richtigen Namen, früher hiess er im Index A. Paquius, von dem Fris. sagt, eine concio von ihm stehe in Calvins Schrift gegen die Libertiner. In der Schrift Contre la secte fantastique des libertins, 1545 (Opp. VII, 226), führt Calvin als je ne sais quel brouillon de M. Ant. Pocque einige Spalten von ihm an. Den Musikern Joachim von Burgk und Hermann Fink (in der 2. Cl.) wurden aus Fris. zugesellt: Jo. Steurlin und Matthaeus Ludtke (Ludecus), die aber freilich ausser Noten auch einige unbedeutende deutsche Schriften haben drucken lassen.

Nicht nur Schriftsteller aus der ersten Hälfte des 16. Jahrb., wie viele Engländer und Lud. Berquin, sondern auch mittelalter- liche sind erst durch S. aus Fris. in den Index gekommen. So mehrere Wycleffiten (S. 37), ferner Leo Achrydanus, Leo von Achrida in der Bulgarei, der mit Michael Caerularius den Brief an Joh. von Trani schrieb, in welchem dem ganzen Abendlande der Fehdehandschuh hingeworfen wurde ^), von dem aber sonst nichts gedruckt ist (Michael Caerularius kam nicht in den Index, weil er nicht bei Fris. steht, während er von Leo sagt, er habe una cum Niceta(!) contra Romanos de azyma, sabbatho et nuptiis sacerdotum geschrieben), und Petrus Cassiodorus, von dem Fris. sagt: Italus c. 1302, scripsit monitorie ad Anglorum ecclesiam, ne amplius ferrent Rom. Pontificis tyrannidera, librum unum*).

1) Niceron 20, 6. Clement VI. 44. Freytag, Anal. 180.

2) Select Works of John Bale, Bp. of Ossory, Cambr. 1849, p. 135. Gerdas, H. R. IV, 334.

3) Hefele Conc.-Gesch. IV, 727. Baron, a. 1053, 23.

4) Abgedr. bei Flacius, Catal. 193 (er nennt sich hier Petrus filius Cassiodori, miles cath.).

Erste Classe (Katholiken). 515

I)ie Katholiken, welche in Folge von theilweise nicht ver- zeihlichen — Missverständnissen aus Fris. in die 1. Gl. gerathen, sind folgende: Andreas Critius Polonus, von dem Fris. anführt: Encomia de Luthero cum aliis quibusdam impr. sunt Wittenbergae. Das konnte allerdings zu der Vermuthung Anlass geben, dass es sich um einen Lobredner Luthers handle. Hätte man aber zu Sixtus' y. Zeit ebenso sorgsam wie unter Paul lY. Cochläus De actis Lutheri gelesen, so würde man aus f. 111 gesehen haben, dass A. Critius Bischof von Przemisl, später von Plock, zuletzt Erz- hischof von Grnesen und ein eifriger Gregner Luthers war, wie denn auch seine Encomia Luteri &)C, eK TpiTioboi;, eine Spottschrift auf Luther sind. Auf dem Titelblatt steht unmittelbar dahinter An- dreae Cricii Episcopi Premis. in Luterum oratio . . . S. 1. 1523* (8 Bl. 4). Von Jo. Avicinius führt Fris. an: Chronoiogia evangelica, h. e. summa chronicorum novorum evangelicorum de ori- gine, progressu et fructibus novi christianismi, germanice rhytmis conscripta, Ingoist. 1570. Hier hätte doch, wenn nicht der Titel, so der Druckort die Gelehrten der Lidex-Congregation stutzig machen müssen^). Jo. ßichardus Osanaeus war Professor in Ingol- stadt, später Assessor am Eeichskammergericht, er hat einige juristische Sachen geschrieben^), jedenfalls Katholik. Man scheint ihn mit dem bei Fris. unmittelbar nach ihm stehenden Jo. Eichar- dus, J. C. et mathematicus Argentinensis, verwechselt zu haben, der Melanchthons Declamationes neu herausgegeben. Bei Ben. steht Ri- chardus, Jo., als ob jenes der Zuname wäre, aber mit dem Zusätze Ossanaeus, so dass auch hier nur jener gemeint sein kann. Mi- chael Hager wird von Fris. ganz deutlich als Professor der Theo- logie in Freiburg und Verfasser von zu Ingolstadt gedruckten Streit- schriften gegen Jakob Heerbrand bezeichnet. Von Graspar Macer wird bei Fris. eine deutsche Schrift Evangelicae quaestiones ex variis libris M. Lutheri diligenter collectae angeführt, aber als Druckort Ingolstadt angegeben und Macer als Weihbischof von Regensburg bezeichnet. Er war ein eifriger Gegner der Lutheraner^).

2. Da in den Nund. die protestantischen und die katholischen Theologen gesondert verzeichnet werden, so würde S. vor dem Feh- ler, aus den Nund. Katholiken in den Index aufzunehmen, bewahrt geblieben sein, wenn er sich an die protestantisch-theologische Ab- theilung gehalten hätte. Er hat aber hier und da auch die anderen Abtheilungen angesehen, und so fand er unter den Libri poetici:

1) Die Schrift von Avicinius (Vogelgesang) heisst: Chr. ev., d. i. ein summar. Auszug der neu-evangelischen Chroniken, darin der Anfang, Erweiterung und Früchte des neuen Christenthumbs, wie es Dr. M. Luther selbst gepflanzt hat, ordentlich beschrieben und ... in lustige Reymen gestellet (76 Bl. 8.), mit einer Vorrede von J. Nass. Gödeke, Grundr. § 163, 9.

2) Schulte, Gesch. III, 127. 3) Kobolt S. 421.

516 Index Sixtus' V. 1590.

Julianum Hospitale arte rara, singulari pietate immensoque sumtu a Eev. etc. Principe ac Dno. Julio Dei gr. Episc. Wirceburg. in usus pauperum extructura, carmine adumbratum a M. Martino Locliandro Grorlicensi Silesio, Wirceb. 1585. Wie er den Poeten für einen Protestanten und sein Gredicht für ein glaubensgefäbr- liches hat halten können, ist nicht zu erklären; er hat ihn aber mit vollem Namen und Bezeichnung der Heimath in die 1. Cl. gesetzt, wo er noch jetzt steht.

Aus den Nund. sind, wie im Mon., so auch bei S. ziemlich viele Schriftsteller aufgenommen, von denen nur eine unbedeutende Schrift verzeichnet ist, z. B. Conradus Neander Bergensis : Hebräi- sche Uebersetzung der sonn- und festtäglichen Episteln, 1586, Grreg. Perlitius : Introductio methodica in passionem et mortem J. C. u. s. w., Görlitz 1583, Jo. Amplia : Oratio qua Christi duae naturae u. s. w., Altdorf 1584, Melchior Neofanius (im Ind. bis Ben. Neofarius) : Catalogus episcoporum Halberstad., 1586, Michael Scrinius Dantiscanus : Precatiunculae, 1583, Seb. Figuhis: Grenea- logia Christi secundum recentiorum theol. annotationes correcta, Frcf. 1584, in mappa, Simon Grediccus : Orationes duae de lingua hebr., 1583. Eine der komischsten Bereicherungen hat die l.Cl. durch S. dadurch erhalten, dass er von den Titeln einer Anzahl von akademischen Disputationen die Namen der Eespondenten abge- schrieben, die bekanntlich durchweg an der Abfassung der betref- fenden Abhandlung ganz unschuldig waren und von denen mitunter ausdrücklich gesagt wird, dass sie nicht die Verfasser seien, wie z. B. bei einer Heidelberger Disputation von 1586: Problema de beatis angelis . . . Authore Jo. Jac. Grynaeo, respondente Abraham a Muushole Antwerpiensi. Der Respondent steht, freilich als Abr. de Munsholt Antw., (noch jetzt) im Index. Andere Eespondenten, die auf diese Weise durch den Index verewigt worden (von keinem derselben verzeichnen die Nund. oder Fris. irgend eine Schrift), sind : Georgius Grynaeus Bodicenus (Tüb; 1586), Henr. Boethius (Heimst. 1586), Martinus Helling (Heid. 1586), Otto Gry- phius Goarinus Cattus (Tüb. 1587), Yalentinus Hesener (Herborn 1586), Vitus Moller (Tüb. 1587). Auch ein Verfasser (?) von me- dicinischen Thesen ist durch S. in den Index gekommen: Enocus Saracenus Genevensis, von dem die Nund. Theses de humorum ne- cessitate et proximis humani corporis principiis, Heid. 1587, ver- zeichnen. — Für Martinus Helling hat Ben. Mauritius Helling (recte Heling) substituirt, der bis dahin nicht im Index stand, ob- schon er bei Fris. steht ^).

Ben. hat noch einen zweiten Eespondenten aus dem Index hinausgeworfen. Die Nund. von 1586 verzeichnen eine Tübinger Disputatio de coena Domini, praeside Jac. Andrea, resp. Christoph. Freijo Passaviensi, Illustrium Stiriae Procerum Concionatore. Nun setzte S. in die 1. Cl. Chr. Ireyus Passav. und dieser behauptete

1) A. D. B. 11, 690.

Erste Classe. 517

seinen Platz bis 1758; da substituirte Ben. für ihn Chr. Irenaeus, der allerdings ein bedeutenderer Schriftsteller war^) und im Mon. stand, aber von S. Cl. nicht aufgenommen war. Das diesem gar nicht zukommende Epitheton Passaviensis liess Ben. stehen.

Viele andere, die in den Nund. als Respondenten von theolo- gischen Disputationen figuriren,- hat S. allerdings nicht aufgenommen; aber zur Abwechselung hat er mitunter Disputationen mit Weg- lassung der Namen des Praeses und des Eespondens in die 3. Cl. gesetzt. So ist Disputatio de festo corporis Christi ohne Zweifel Theses Tubingenses de F. c. C. authore et praes. Jac. Heerbrando 1584, Disp. de peccato originis die in den Nund. unmittelbar da- vor stehende Disp. . . auth. et praes. Jacobo Andrea, Tüb. 1584, Disp. de ministerio verbi die auch in den Nund. ohne Namen des Verfassers (Th. Schnepf) verzeichnete Tübinger Disp. von 1582, und mit Disp. de poenis wird es sich ähnlich verhalten.

Die deutsche Abtheilung der Nund. hat S. viel weniger stark ausgebeutet als Mon.; indess sind aus dieser z. B. aufgenommen: Jac. Kolch (so noch jetzt, es ist Jac. Kelch) : Kurtze Predig über das Evang. am 22. Sonnt, nach Trin., 1583, Jac. Peregrinus: Vermahnung an die, so begehren dess Abendtmals u. s.w., Grörlitz 1579, Jac. Pandocheus : wohl nicht wegen der „kurtzen einfeltigen und doch christl. TaufPpredig", 1585, sondern wegen „Theatrum doctri- nae papisticae, d. i. Spiegel dess gantzen Bapstthumbs", 1586, im Index, Matthias Ritter: Predigten, 1584; Michael üranius : Grrundtfest dess h. Catechismi, 1587.

Palatinus Kednadod, erst seit Ben. wie bei Fris. Pal. Kedna- don a Straswick, ist ein angenommener Name, unter dem Pantaleon Candidus (Weiss) einen Dialogus de unione personali u. s. w., Grenf 1583, veröffentlichte^). Von Pant. Candidus kamen sonst erst 1605 zwei geschichtliche Schriften in den Index. Auch Eeinholdus Mar- canus Westphalus ist ein angenommener Name. Die Vorrede der Conquestio de quibusdam nunc theologis rhythmis expressa, Leyden 1582 (über den Abendmahlsstreit), ist von Adolf Berg unterzeichnet und von ( Hohen-) Siburg (in der Mark) datirt^).

Zwei Schriftsteller , von denen S. wahrscheinlich den ersten auch aus den Nund., den zweiten aus Fris. kennen gelernt, hat er nicht in die 1. Cl. gesetzt, aber in der 2. ihre sämmtlichen Werke verboten: Jo. Drusius und Jo. Thomas Phreigius. Bei dem 1. hat Cl. d. c. beigefügt; seine meisten und bedeutendsten Schriften, auch die Streitschriften gegen den Jesuiten Serarius, sind freilich erst nach 1596 erschienen ; im Rom. Ind. wurde aber an dem Verbote von Cl. nichts geändert. Bei Sot. steht er in der 1. Cl. und füllt die Expurgation seiner Schriften 10 Folioseiten, während von den zahlreichen philosophischen, philologischen und juristischen Schriften

1) A. D. B. 14, 582. 2) R.-E. 3, 128.

3) Fabricius, Bist. Bibl. III, 385.

518 Index Sixtus' V. 1590.

von Freigius viele einfach freigegeben, andere nur wenig expurgirt werden.

Manche aus Fris. oder den Xund. entnommene Namen sind im Rom. Ind. entstellt und erst durch Ben. grösstentheils berichtigt: Ant. Grhelbius (in einigen Indices Ghelbinus) Linconiensis (daneben bei S. Ant. Gilby) ist Ant. Grilby, -Bischof von Lincoln; Georgius Toye = Gr. Joye, Marcus Andreas Falkhembergerus = M(ag). An- tonius Franckenberger, Moyses Pelacherus == M. Pflacher, Nie. Les- serus = Nie. Lessaeus, Oswaldus Betus = 0. Berus, Primus Tu- berus = P. Trüber, Quirinus Beuterus = Q. Reuter, Rodulphus Radolif = R. Radclif. , Thomas Copperus = Th. Cooper, Thomas Gottisfordus = Th. Cottisford, Wolfg. Ampelandaeus = W. Am- pelander. — Antonius Sadeel, unter dieser hebraisirten Form seines Namens schrieb Ant. Chandieu, steht auch als Sadaellus Antonius bei S., Georg Sohn auch als G. Shon, Phil. Heilbrunner auch als Phil. Delbrunnerus. Theodorus Neogeorgus (seit Ben. Naog.) wird identisch sein mit Thomas Naogeorgus. Jo. Dausus (bei Gl. vel Dousa) nannte sich Janus Dousa. Einige Druckfehler stammen aus den Nundinae: Franc. Burgovius (noch jetzt) ist F. Burgo- nius (Bourgoing); die Nund. verzeichnen eine lateinische Ueber- setzung seiner Erklärung des Calvin'schen Katechismus. Wolfg. Gamling, von dem in den Nund. 1587 eine Predigt verzeichnet wird, ist verdruckt für W. Amling.

Einige Engländer, die seit S. in der 1. Gl. stehen, finden sich nicht bei Fris. und in den Nund., sind also S. anderswoher bekannt geworden: die Bischöfe Bentanus Anglus (seit Ben. Thomas Bent- ham), Edmundus Grindallus, Pilkinton pseudo-episcopus (seit Ben. Jac. F.), Robensonus Baugar. (seit Ben. Nie. Robinson Bangoriensis), Sandes Wigorn. (seit Ben. Edwin Sandys seuSandus), Scamblerus Petro- burg. (seit Ben. Edmundus Sc), ferner Bullingamus Anglus (seit Ben. Jo. BuUingham), David Whitedus, Guil. Colus, Gull. Hieron, Guil. Wide- phus, Jo. Calfildus (seit Ben. Jac. Galfhillus), Lud. Evans u. s. w.

Unauffindbar sind für mich u. a. Filis Pastor in Austria und Filis Pastor Halberstadiensis.

3. Ganz überflüssig stehen, da die Autoren in der 1. Gl. stehen, in der 2. Gl. Postillae Draconitis per annum (aus Nund. 1573) und Georgii Nigrini conciones ; Ben. fügt bei in Apocalypsin ; es wird die nur deutsch erschienene „Auslegung der 00". Joh. in 60 Predigten sammt den zugethanen Figuren mit lat. und deutschen Versen geziert, 1573", gemeint sein. Rationell ist es dagegen, wenn von einem Auetor 1. cl. ein nicht theologisches Buch in der 2. Gl. speciell unbedingt oder mit d. c. verboten wird, wie von Joa- chim Curaeus die Annales gentis Silesiae, 1571, von Glemens Schu- bert Liber (erst seit Ben. richtig Libri IV) de scrupulis chronolo- gorum (. . . editi cum praef. Dav. Ghytraei, 1575) d. c. (er hat freilich sonst nichts geschrieben und ist um eben dieses Buches willen im Mon. und dann durch S. in die 1. Gl. gekommen); von Hartmann Schopper Panoplia omnium illiberalium, mechanicarum aut sedentariarum artium u. s. w. (1568) d. c.

Dritte Classe. 519

Wenn S. in der Regel von den Büchertiteln in den Nund. den Namen des Verfassers nahm und in die 1. Cl. setzte, so hat er mit- unter den Titel des Buches mit Weglassung des Verfassers, der in der Regel in der 1. Cl. steht, in die 3. Classe gesetzt. Die meisten derartigen Bücher hat dann Ben. unter den Namen des Verfassers gestellt. So stehen in der 3. Cl. (ausser den bereits erwähnten Disputationes) : Calvinianus Candor (h. e. de eximia pietate ... et modestia Theod. Bezae, 1582) von Wilh. Holder, Ethicae chri- stianae libri tres, in quibus u. s. w. von Lambertus Danaeus, Querela de pontificiis insidiis per Gerraaniam (item Carmen de laniena Antwerpiae tentata) von Matthaeus Dresser, 1584, Quinque libro- rum Mosis brevis ac perspicua explicatio von Lucas Oslander, Sententiae ss. patrum de coena Dni von Ph. Melanchthon, Heidelb. 1584 neu gedruckt, Spiritus sancti figurae von M. Flacius Illyri- cus, Theatrum historicum (Andreae Hondorff s. prom.ptuarium illustrium exemplorum . . . juxta praecepta decalogi in 10 classes distinctum, a Phil. Lonicero latine conversum u. s. w., 1585; das Original: Historien- und Exempelbuch zuerst 1568), Triumphi Romanorum et Jesu Chr. in coelum ascendentis coUatio von Alber- tus Lonicer (nicht in der 1. Cl.), 1583, Turcograeciae libri VIII, Basileae impr. 1584, von Martin Crusius. Quirinus Reuter Mons- bacensis in der l.Cl. und Catechesis religionis christ. quae traditur in eccl. et scholis Palatinatus stammen aus dem Titel: Catechesis .... Pal. Accessere censurae Theologorum quorundam . . editae . . opera Q,. R., 1585. Hieher gehört auch die lateinische Bearbei- tung des Reineke Vos von Hartmann Schopper : Speculum vitae aulicae u. s. w. sub titulo poetici libri. So von S. (weil das Buch in den Nund. unter den Libri poetici steht) bis Ben., der den rich- tigen Titel herstellte : Sp. v. aul. sive de admirabili fallacia et astutia vulpeculae Reinikes libri 4, 1579. In der flämischen Ab- theilung der Antw. App. und in den späteren span. Ind. steht auch Reynaert de vos.

Charakteristisch für S. sind einige Nummern, die gleich von Cl. gestrichen wurden: Bibliotheca Constantinopolitana ; stammt aus dem Titel: Supplementum Epitomes Bibliothecae Gesnerianae . . . Antonio Verderio collectore. Adjecta est Bibl. Ctp [qua antiqui- tates ejusd. urbis et libri mscr. in hac exstantes recensentur], Lyon 1585; Historia de Jo. Calvini magni quondam Genevensis ministri vita; steht allerdings in den Nund. 1580 unter den pro- testantisch-theologischen Schriften und ohne Namen des Verfassers, aber mit dem Druckort Köln, und in der deutschen Abtheilung wird bei Angabe der gleichzeitig in demselben Verlag erschienenen deutschen Uebersetzung der Verfasser genannt, Hieronymus Hermes Bolsec, der wieder katholisch gewordene bittere Gegner Calvins. Das französische Original war 1577 erschienen. Vielleicht ist die Vermuthung nicht zu boshaft, dass S. (nur er) Petri Bizarri Sena- tus populique Genuensis annales 1573 79, Antw. 1579, verboten, weil er das Buch für eine Geschichte von Genf gehalten; gedruckt ist wenigstens bei ihm Genevensis.

520 Index Sixtus' V. 1590.

4. Für die 3. Cl. hat S. eine ganze Keihe von protestantisch- theologischen Schriften aus den Kund, excerpirt: Acta et scripta Theologorum Wirtembergensium et Patriarchae Constantinopolitani D. Hieremiae, quae utrique 1576 80 de Augustana Confessione inter se miserunt, graece et lat. ab iisdem theologis edita (Wittenb. 1584. 386 S. fol.), von Martin Crusius herausgegeben, dessen Tarco- Graecia Ergänzungen dazu liefert^). E,ichard Simon meint zwar, dieses Buch solle man nicht verbieten, sondern neu auflegen; denn nous n'avons rien de plus fort contre les protestants que les repon- ses du Patriarche 2) ; aber das Buch enthält ausser diesen auch die Schreiben der Tübinger Theologen und eine polemische Vorrede, und für die katholische Polemik waren die Schreiben des Patriarchen schon von Stanislaus Socolovius in der Censura orientalis Ecclesiae de praecipuis nostri saeculi haereticorum dogmatibus u. s. w., 1582, verwerthet worden; dieser gab 1585 auch noch heraus Ad Wirt. Theologorum invectivam, quam Actis et scr. . . praefixerunt, brevis responsio. Carmina amicorum in honorem nuptiarum Rev. . . . viri Stephani Isaaci^), verbi div. apud Heydelbergenses ministri (Heid. 1587), wörtlich aus Nund. 1587. Die unmittelbar davor stehenden Carmina et epistolae de conjugio ad Davidem Chytraeum (haereticum) werden schon in GrA. unter Nie. Cisners Schriften ver- zeichnet. Es ist eine 1562 zu Wittenberg erschienene vermehrte Ausgabe von Jo. Stigelii Elegia qua celebratur dignitas et fructus legitimi conjugii, scripta in nuptiis . . . Dav. Chytraei, et alia epi- thalamia scripta a Jo. Fincelio, Nie. Cisnero et Jo. Willebrochio, Witt. 1553*). Epistola consolatoria ad rev. et gravissimos theo- logos erst von Ben. vervollständigt: D. Jac. Andreae et D. Lud. Osiandrum de Palatinatus electoralis administratione et instituta in ecclesiis et scholis emendatione, [de qua in postremis suis scriptis cum magna perturbatione queruntur, scripta a ministri s orthod. eccl. Heydelberg. 1585J. Scriptorum publice propositorura a profes- soribus in Academia Wirtembergensi (seit Cl. richtig Wittenb.; Ben. hat beigefügt Tom. I— VII), die 1553 (1560) —72 erschienene Samm- lung der Wittenberger TJniversitätsschriften von 1544 69 : Anzeigen der Vorlesungen, Festprogramme, Leichenprogramme, Anschlagzettel, Relegationen, Gredichte u. s. w. (vom 2. Bande an heisst es a gu- bernatoribus studiorum), der 1. Band von Paul Eber, die folgenden von Michael Majus herausgegeben^). ~ Solida refutatio compila-

1) Clement VII, 350. Tüb. Q.-S. 1848, 544.

2) Sainjore IV, 177. Possevinus, App. II, 75 führt solche Stellen an, sagt dann aber, das Buch sei im übrigen so voll Blasphemieen und Irr- thümer, ut S. Sedes apost. optime statuerit abolendum esse hoc opus, quod nonnisi igne queat expurgari.

3) A. D. B. 14, 609.

4) Strobel, N. Beitr. I, 1, 152.

5) Strobel, N. Beitr. I, 2, 81.

Dritte Classe. 521

tionis Cinglianae et Calviniaiiae [quam Uli Conseiisum orthodoxum . . . appellarimt et aliqiioties recoxerimt] per Theologos Wirtem- bergicos, Tüb. 1584 fol. (jetzt unter Eefut.), von Jac. Andrea ver- fasst. Synodus sanctorum patrum convocata ad cognoscendam et dijudicandam controversiam multos jam annos Ecclesiam Christi gra- vissime exercentem de majestate corporis Christi, Wittenb. 1582, von Andreas Perlitius? Theologorum Wirtembergensium (jetzt unrichtig Wittenb. Th.) Vera et solicia refutatio duorum libellorum Jesuitarum, Tüb. 1587, 4., gegen das Buch: „Entdeckung der grossen Thorheit, abschewlichen Irrthümer und greifflichen Lügen, in dem Schmidelinschen zusammengeschweisten Concordi-Buch begriffen, an- fenglich durch Herrn Rob. Bellarminum . . . beschriben, jetzt aber von newem paraphrastice verteutscht und umb vil vermehrt durch Petrum Hansonium Saxonem", Ingoist. 1586. Dazu zwei andere Antijesuitica: Doctrinae Jesuitarum praecipua capita a doctis qui- busdam theologis retecta . . . altera editio, duplo maior. . . tomus 1. 5. Diese Sammlung von katholischen und protestantischen Schrif- ten gegen die Jesuiten erschien zuerst zu Rochelle 1580, dann 1584 auf 6 Bände vermehrt. Die Sammlung ist wohl nicht von Jo. Ser- lanus (de Serres) veranstaltet, enthält aber mehrere Streitschriften von ihm, auch die nicht von ihm verfasste und 1586 auch separat gedruckte: Gratianus Antijesuita, i. e. canonum ex scriptis auctorum theologorum a Gratiano in illud volumen, quod Decretum appella- tur, coUectorum et doctrinae Jesuiticae ex variis istius nuperae sectae mataeologorum scriptis excerptae collatio a quodam veritatis studioso instituta.

Nicht aus den Nund. scheinen zu stammen De falsa et vera unius Dei Patris et Filii et Spir. S. cognitione libri duo, auctoribus ministris ecclesiarum consentientium in Sarmatia et Transilvania (1567), von Georg Blandrata, De mediatoris Jesu Chr. hominis divinitate aequalitateque libellus ; item de restauratione ecclesiae Mar- tini Cellarii cum epist. praeliminari Fabricii Capitonis, 1568, gleich- falls von den Socinianern herausgegeben 2), Judicium et censura ecclesiarum piarum de dogmate in quibusdam prövinciis septen- trionalibus contra adorandam Trinitatem per quosdam turbulentos noviter sparso, sowie De regno Christi liber primus, de regno Christi 1. secundus, dafür Alex.: De regno Chr. 1. 1. et 2., erst Ben. rich- tig: De regno Christi 1. 1., de regno antichristi 1. 2. Accessit tractatus de paedobaptismo et circumcisione.

5. Von der Apologia Ecclesiae anglicanae wird zwar in d-en Nund. eine Ausgabe London 1584 ohne Nennung des Verfassers an- gezeigt, aber in den. Nund. 1581 die Ausgabe Lond. 1581 mit Au- thore Jo. Juello, olim Episc. Sarisburiensi; es ist doch sonderbar, dass sie erst seit Ben. unter Jo. Juellus, bis auf ihn seit S. als

1) Marchand I, 40. II, 201. De Backer I, 388.

2) Sandius, Biblioth. Antitrinit. p. 30. 33.

622 Index Sixtus' V. 1590.

Apol. Anglicana seu Eccl. Angl. sive Apol. Anglorum in der 3. Cl. steht. Das Buch war schon 1562 mit Je weis Namen erschienen und schon zu Trient wurden Theologen, von Card. Ghislieri Giro- lamo Muzio mit der Widerlegung desselben beauftragt^). Con- cordia pia et unanimi consensu repetita Confessio lidei et doctrinae u. s. w., die Concordienformel von 1580, stammt aus den Nund. 1581. Confessio fidei ministrorum Wirtenbergensium (seit Cl. Wittenb.) wird die Confessio paucis articulis complectens summam doctrinae de vera praesentia corporis .... comprobata in synodo Torgensi, Wittenb. 1575'^), sein. Confessio ministrorum Jesu Chr. wird erst verständlich, wenn man aus Nund. 1579 beifügt: in Eccl. Antwerpiensi, quae Augustanam confessionem amplectitur, 1579. Es ist die von Flacius verfasste, 1567 zuerst gedruckte Confession^), die als Conf. Antwerpiensis in Antw. App. (und aus dieser auch bei S.) steht. lUustr. Principis ac D. Joannis Friderici II., Ducis Saxoniae u. s. w., ac fratrum D. Jo. Wilhelmi et D. Jo. Friderici natu junioris nomine, Solida [et ex verbo Dei sumpta] confutatio et condemnatio praecipuarum corruptelarum, sectarum et errorum hoc tempore grassantium, ist das 1559 von dem streng lutherischen Herzog Joh. Friedrich dem Mittlern von Sachsen(-Weimar) lateinisch und deutsch publicirte sog. Confutationsbuch, welches 1570 von dem Herzog Joh. Wilhelm in das Corpus doctrinae Thuringicum auf- genommen wurde '^).

Von den vielen Kirchenordnungen, die in den Nund. verzeich- net werden, in der Collectio in unum corpus II, 114 stehen 15, hat S. eine ausgewählt und den Titel ins Lateinische übersetzt : Ordo ecclesiasticus circa doctrinam ... in ducatu 111. Ducis Ba- variae Friderici observandus. Ben. hat den deutschen Titel substi- tuirt: Kirchenordnung wie es mit der christl. Lehre ... in des Durchl. . . . Herrn Friderichs Hertzogen in Bayern [Friedrich III. von der Pfalz] gehalten wird. Von der Mecklenburgischen der Her- zoge Joh. Albert und Ulrich vom J. 1552 fand S. in den Nund. eine lateinische Uebersetzung : Liber continens doctrinam ... in ditione . . . Jo. Alberti et D. Huldrici fratrum , Ducum [Megalo- polensium ... a Jo. Fredero in lat. linguam conversus], Franch- furti per P. Brubachium 1562. Von den zahlreichen Catechis- men hat S. nur aufgenommen: Catechesis doctrinae christ. in usum scholarum Pomeraniae, Greifsw. 1588, aus Nund. 1583, Catechis- mus latinogermanicus, Frankf. 1582, aus Nund. 1582, und Catechis- mus pro eccl. Antwerp. quae confessionem Aug. profitetur. Vergerio spottet darüber, dass Paul IV. nicht das Interim auf den Index ge-

ll R.-E. 6, 686. Fontanini I, 365.

2) Feuerlin, Biblioth. symb. I, 192.

3) Preger, Flacius 111. II, 290. 565.

4) Feuerlin, Bibl. symb. I, 5. 252. Preger, Flacius, II, 78. Döllinger, Ref. HI, 443.

Zweite und dritte Classe. 523

setzt 1). Seit S. steht es im Index als Liber qui inscribitur Inte- rim, a. 1548 editns (seit Ben. Declaratio S. C. Majestatis ... in comitiis Augustanis 15. Maii 1548 proposita et publicata). S. hat noch ein anderes Versehen der früheren Päpste wieder gut ge- macht : seit 1590 steht im Index : Ursulae Munsterbergensis Du- cissae defensio, quare vitam monasticam deseruerit, die deutsche Rechtfertigungsschrift, welche die Herzogin 1529 mit einem Nach- wort von Luther (Erl. 65, 131) drucken Hess, als sie mit zwei anderen Nonnen das Kloster zu Freiberg verlassen hatte ^j. De digna praeparatione ad sacramentum eucharistiae (seit Ben. Sermo de u. s. w.), ist ohne Zweifel Luthers Predigt von der würdigen Bereitung zu dem hochw. Sacrament von 1519.

S. griff mit seinen Verboten noch weiter zurück: er verbot auch Nicolai Cusani de concordantia catholica 11. 3 (Vertheidigung des Baseler Concils, schon 1513 gedruckt) mit d. c. (von Gl. ge- strichen) und unbedingt Theoderici Nemiensis vel a Niemen (seit Ben. de Niem) Historia de schismate (1368—1410, Nürnberg 1532 und Basel 1560) und Libellus apostolorum nationis gallicanae cum constitutione s. concilii Basileensis (et arresto Curiae Parlamenti super annatis non solvendis, vom J. 1406), schon 1512 gedruckt^). Ferner finden sich bei S., aber nicht bei GL : Dionysius Gartusianus de quatuor novissimis (seit 1487 oft gedruckt), nisi repurgetur in art. 47 (wo, wie Bellarmin De purg. 2, 4 rügt, Dionysius unter Be- rufung auf Visionen annimmt, die Seelen im Purgatorium seien ihres Heiles nicht gewiss), und Jo. Taulerii Sermones et Institutio passionis Domini d. c. Diese beiden Verbote hat S. aus Q., der die Bücher aber nur in üebersetzungen verbietet*). Das Verbot Taulers beruht jedoch nicht etwa auf einer persönlichen Antipathie Sixtus' V.

1) Postr. catal. f. 6. Agl' Inq. f. 11. Hier sagt er: in einer zu Venedig 1558 gedruckten, dem Cardinal von Alexandria dcdicirten Schrift des Arciprete di Citadella stehe : jenes libretto di Carlo V. sei apocrifo e proibito.

2) Köstlin, Luther II, 118. N. Archiv f. sächs. Gesch. 1882, III, 290.

3) Auch, in Ortuin Gratius' Fasciculus p. 189 abgedruckt. Der Li- bellus gehört zu den Constanzer Verhandlungen über die Abgaben an die Curie im Oct. 1415 (Hefele 7, 239) und steht auch (trotz des Index) in dem beiMansi 28, 161 abgedruckten Berichte p. 198—217. Nach Bras. p. 4 soll bei Albert Krantz gestrichen werden: Longam inde tragoediam scripsit, qui vidit, Theod. de Nyem, secretarius apostolicus.

4) In der span. Abth. Instituciones de Taulero (auf Veranlassung des Cardinal-Infanten Heinrich war zu Coimbra 1551 eine spanische und portugiesische Uebersetzung erschienen. Riformistas vol. 17, App. 610), in der fläm. (aus Antw. App.) Tauleri Homilien in de nederspraecke ouer- ghesedt ende gheprint tot Franckfort, tot dat sy gecorrigeert syn.

524 Index Sixtus' V. 1590.

Taiiler wird zwar von Sixtus Senensis olme Reserve gelobt, und Bellarmin (De script. eccl.) sagt, Eck habe ihn zwar als hinsichtlich seiner Eechtgläubigkeit verdächtig verachtet, Luther lobte ihn und Flacius Illyricus nahm ihn in den Catalogus testium veritatis auf, aber Ludovicus Blosius habe ihn vortrefflich vertheidigt; auch Possevin vertheidigt ausführlich seine Eechtgläubigkeit. Aber im J. 1603 beschäftigte sich die Index-Congregation mit der Ex- purgation Taulers (S. 270).

Eine Anzahl von Greschichtswerken, die bei Sigismund Feyer- abend und Andreas Wechel in Frankfurt erschienen, hat S., zum Theil mit schlecht abgekürzten Titeln, mit d. c. in die 3. Cl. gesetzt: Historia Belgica, seit Ben. H. B. h. e. rerum memorabilium, quae in ßelgio a pace Cameracense . . evenerunt, brevis designatio, 1583; die unbestimmte Bezeichnung Hist. Belg. passt auch auf die Belg. Hist. deducta ab 1529 usque in praesentem annum una cum epitomate XPO'^^'^^V regum Francorum omnium, 1583, von Phil. Galläus und Gerh. Candidus, die Epitome von Michael Vosmerius^).

Historia Germaniae Franchfurti edita 1584 kann nur sein: Yeterum scriptorum, qui Caesarum et Imperatorum Germ, res . . gestas literis mandarunt, Tomus unus, ex bibliotheca Justi Reuberi, oder Germani- corum scriptorum qui rerum a Germanis . . gestarum historias vel annales posteris reliquerunt, Tomus alter, ex bibl. Jo. Pistorii Ni- dani, oder beides. Ben. hat ersteres Werk (unter Scriptorum) ; Sot. expurgirt beide und auch die fünf folgenden Bände. Hist. Grae- ciae nuper edita wird sein: Historia rerum in Oriente gestarum ab exordio mundi usque ad nostra temp. Nomina auctoris hujus operis et eorum quos secutus est F. Modius in auctorio suo, quod continet res gestas . . ab exordio Constantinop. usque ad a. 1584, post praef. invenies, 1587. Historia Scotorum nuper edita ist wohl wegen nuper nicht Scotorum Historiae 11. 19, Hectore Boethio auctore . . . Accedit continuatio per Jo. Ferrerium Pedemont., Paris 1575, son- dern Scoticarum rerum historiae libris 20 descriptio, von Georg Buchanan, Frkf. 1584 (die beiden letzten sind von Ben. weggelassen).

Flores historiarum per Matthaeum Westmonasteriensem (im 14. Jahrb.) collecti, praecipue de rebus britannicis, ab exordio mundi usque ad a. 1307, von dem Erzb. Parker zuerst 1570, dann 1573 herausgegeben, steht seit S. mit d. c. im Rom. Ind., seit Cl. mit dem Zusatz: editi a. 1573, so dass eigentlich nur diese Ausgabe verboten ist. Sot. verbietet diese horrida historia ab haereticis de- pravata et corrupta unbedingt. Pandulphi Collenutii Compendium historiarum bei S. ist der ungeschickt abgekürzte und übersetzte Titel von Compendio delle istorie del Regno di Napoli da Pandolfo Collenuccio, Ven. 1539 u. s., worin Q. eine einzige Stelle (Sot. 5 Stellen) streicht. Es wurde von Cl. gestrichen, wahrscheinlich weil 1591 eine von Tomaso Costa besorgte expurgirte Ausgabe con pri-

1) Clement III, 52.

Zweite und dritte Classe. 525

vilegio del Sommo Pontefice erschienen war^). Unbedingt wurden verboten: Rerum in Gallia ob religionem gestarum libri III [regi- bus Henr. IL, Franc. II. et Carolo IX., so in Nund. 70], ohne Zweifel der 1. Theil des von Jean de Serres (Serranus) anonym herausgegebenen Werkes Commentariorum de statu religionis et rei- publicae pars I— Y (15 Bücher, die bis 1576 gehen), 1580 vollen- det^), 1603 auf den Index gesetzt, noch jetzt ohne Angabe des Ver- fassers, — dagegen auffallender Weise nicht die Werke des fran- zösischen Protestanten Richard Dinoth^) De hello civili gallico re- ligionis causa suscepto 11. VI, 1582 (im Liss. 1624 verboten) und De hello civili belgico (1555—86) 11. VI, 1586, und nur mit d. c. seine De rebus et factis memorabilibus loci communes historici [et sententiae historicorum], 1580, und Adversaria historica, 1581.

Ferner sind durch S. in die 3. Cl. gekommen folgende auf die politischen Streitigkeiten der damaligen Zeit bezügliche Schriften: Ludovici Borbonii, Principis Condaei literae ad Carolum IX. Regem (xalliae (vom 23. Aug. 1568), testiiicatio causarum quae eum arma sumere coegerunt. Brevis narratio caedis ejusdem principis (13. März 1569) et scripfa in eundem epitaphia, auch französisch, beide Aus- gaben bei Henr. Stephanus s. a. (1569) gedruckt^). Discursus de morte reginae Navarrae (Jeanne d' Albret), 1572 französisch er- schienen ^), von S. aus Q. aufgenommen, von Cl. gestrichen. Brutum fulmen Papae Xisti Y. adv. Henricum Regem Navarrae et Henricum Borbonium Principem Condaeum una cum protestatione multiplicis nuUitatis, 1585 u. o., von Fr. Hotoman. Apologia catholica adv. libellos, declarationes . . . editas a foederatis pertur- batoribus pacis in Regno Franciae, qui insurrexerunt, ex quo tempore dominus frater unicus Regis vita functus est, per E. D. L. J. C, Par. 1586, von Pierre de Belloy, eine Yertheidigung des Thron- folgerechtes Heinrichs lY. mit scharfen Angriffen gegen das Trienter Concil, zuerst 1585 französisch erschienen'^). In Rom erschien da- gegen 1586 Responsio ad praecipua capita Apologiae, quae falso catholica inscribitur, pro successione Henrici Navarreni in Francorum regnum, von Franc. Romulus (Bellarmin). Eine andere Schrift steht, obschon Bellarmin sie auch (in einer Appendix zu dem Trac- tat de summo Pontifice in seinen Controversen) ausführlich bekämpfte, merkwürdiger Weise nicht im Index: Avviso piacevole dato alla bella Italia sopra mentita data dal Re di Navarra a Papa Sisto Y. da un nobile Francese, Monaco 1586, von Frangois Perrot ; die Schrift

1) Clement VII, 235. 2) Rev. bist. 22 (1883), 301.

3) Bayle s. v.

4) Renouard, Ann. des Etiennes p. 133.

5) Brief discours sur la mort de la royne de Navarre, abgedr. im Bull, du Prot. fr. 1882, 12.

6) Schelh., Am. hist. I, 922. Clement I, 428. Hist. Zts. 1874, 82.

Ö26 Index Sixtus' V. 1590.

beutet gegen die Bulle Sixtus' V. gegen Heinrich IV. u. a. die anticurialistischen Stellen bei Dante, Petrarca und Boccaccio aus. Von den zahlreichen Schriften, welche über die Bartholomäusnacht (1572) erschienen, haben S. und CL, abgesehen von Wolfg. Pris- bach (S. 477), auffallender Weise keine auf den Index gesetzt. Erst 1728 wurden verboten: Nuptiae Parisinae s. ternio epistolarum de nuptiis Paris, una cum praefatione in easdem Chr. Frid. Fran- ckensteinii, seit 1672 oft gedruckt, und Stanislai Elvidii seu Joachimi Camerarii responsio una cum carminibus annexis. Letzteres hat Ben. geändert in: Elvidius, Stan., Responsio ad epistolam ornatissimi ciijusdam viri de rebus gallicis, quae habetur in libello inscripto : Nuptiae Paris, p. 59. Die Epistola (von Grui du Four de Pibrac, zur Vertheidigung der Bartholomäusnacht 1572 geschrieben), ist vor der Antwort des Stan. Elvidius (J. Camerarius) abgedruckt; beide waren schon 1573 zusammen erschienen, in demselben Jahre De furoribus gallicis vera et simplex narratio, Ernesto Yaramundo Frisio [Fr. Hotoman] auctore, die nicht im Index steht ^).

Andere kirchlich-politische Schriften sind: Apologia [Illustris- simi Principis] Willelmi [Dei gratia] Principis Auraicae, comitis Nassaviae . . . [ad proscriptionem ab Hispaniarum Rege in eum promulgatam ... Ad ordines generales.] Apud Carolum Silvium Typogr. ord. Hollandiae 1581 (142 S. 8). Die beiden ersten in Parenthese gesetzten Ausdrücke hat S. schwerlich ohne Absicht weggelassen. Fidelis servi subdito infideli responsio una cum errorum et calumniarura quarundam examine, quae continentur in Septem libris de visibili ecclesiae monarchia a Nie. Sandero con- scriptis, London 1573, von Barth. Clerk im Kings College zu Cam- bridge, gegen das 1571 erschienene streng curialistische Buch von Nie. Saunders, damals Professor in Löwen, bald darauf von Pius Y., der das Buch gesehen, nach Rom berufen-). Justitia Britannica (der Titel erst von Ben. vervollständigt: per quam liquet, aliquot in eo regno cives morte mulctatos esse, propter religionem vero ne- minem in discrimen vocatum), 1584, von Will. Camden im Auftrage Lord Robert Cecils herausgegeben, um zu zeigen, dass unter Elisa- beth die Katholiken nicht um ihrer Religion willen verfolgt worden

1) Clement VI, 224; VIII, 21. Serapeum 1858, 31. Die zum Lobe der That von einem päpstlichen Beamten, Camillo Capilupi, verfasste Schrift Lo stratagemma di Carlo IX., Re di Francia, contro gli Ugonotti, ribelli di Dio e suoi, wurde in Rom 1572 gedruckt, unterdrückt, aber gleich mit (unwesentlichen) Veränderungen und einer Vorrede neu gedruckt. Vgl. The Massacre of St. Bartholmew in North British Review, vol. 51 (N. S. 12), p. 30, Von diesem Artikel erschien eine Uebersetzung von Tommaso Gar, La strage di San Bartoloraeo, con introduzione ed aggiunte; sie ist nicht auf den Index gekommen.

2) Dupin, Bibl. 16, 124.

Zweite und dritte Classe. 527

seien; Parsons, Allen u. a. schrieben dagegen. Liber contra re- gimen feminarum; erst Ben. hat dafür den wirklichen Titel gesetzt: The first Blast of the trumpet against the monstruous regiment and empire of women, aber nicht den Verfasser, John Knox, genannt. Das Pamphlet, zunächst gegen Maria die Katholische gerichtet, 1558 zu Grenf gedruckt, wurde auch von der bischöflichen Greistlichkeit in England und von der Königin Elisabeth missbilligt und von der Universität Oxford 1583 censurirt ^).

6. Die Schriften, welche aus älteren Indices in die 2. und 3. Cl. kamen, wurden bereits angegeben. Aus anderen Quellen oder aus eigener Initiative hat S. noch folgende beigefügt: Georgii Vic- torii (erst Ben. hat corrigirt Pictorii) poemata; Pictorius ist eben nicht als Dichter hervorragend, und die Threnodia ecclesiae catho- licae ad Christum sponsum suum, die in der 3. Cl. steht, wird wohl sein bedenklichstes Gredicht sein. Hadrianus Damman Grand a- vensis, Iraperii ac sacerdotii ornatus, diversarum item gentium pe- culiaris vestitus, cum commentariolo Caesarum, pontificum et sacer- dotum^). Jo. Lalamantius niedicus, Exterarum fere omnium et prae- cipuarum gentium anni ratio et cum romano collatio (Grenf 1571) d. c, von Sot. ohne Expurgation freigegeben. Jo. Scapula, Lexi- con graecolatinum 1580 u. a., und Henr. Decimator, Sylva vocabu- lorum et phrasium cum solutae tum ligatae orationis, 1578 u. o. In jenem expurgirt Sot. ausser der Vorrede nur ein paar Artikel, euxapiCTTia und tticTti^, in diesem mehr: Gottes Gesetz, Glaube der Christen, Papst Antichrist u. dgl. Expositio nominis Jesu juxta meutern Hebraeorum, Cabbalistarum, Graecorum, Chaldaeorum, Per- sarum et Latinorum. Jo. Schneidewini (bei S. Schenekdeuuini), Comment. in 4 libros Institutionum juris civilis Justiniani, 1571, mit d. c. verboten. Eine Expurgation gibt es nicht; im span. In- dex steht Sehn, in der 1. Cl.

Von dem calvinistischen französischen Juristen Jo. Corasius (de Coras f 1572) verbot S. mit d. c. In universam sacerdotiorum materiam erudita ac luculenta paraphrasis, 1548. 1603 wurden von ihm verboten Memorabilium senatus consultorum summae apud To- losates curiae ac sententiarum tum scholasticarum tum forensium

1) Blunt, Ilist. of the Ch. of Engl. II, 262. 2G4. Beza schreibt (Zürich Letters II, 77) an Bullinger 1566: Elisabeth sei sehr erzürnt über die Genfer wegen dieser Schrift und einer ähnlichen von Goodmann (How superior powers ought to be obey'd, 1558, worin zur Rebellion gegen Maria aufgefordert wird); die Schriften seien ohne Vorwissen der Genfer Geistlichkeit erschienen und von dieser ein Verbot des Verkaufs derselben erwirkt worden.

2) Dammann, ein holländischer Humanist, lebte später in Schottland bei G. Buchanan und wurde dort Calvinist. Die fragliche Schrift wird Biogr. nat. 4, 656 nicht erwähnt.

528 Index Sixtus' V. 1590.

centuriae, 1600, und 1609 mit d. c. die schon 1552 erschienenen Miscellaneorum juris civilis libri VI. Bei Sot. werden alle drei Bücher expurgirt^). Die Schrift des protestantischen Juristen Jo. Ferrarius (Eisermann, Montanus, f 1558) De republica bene in- stituenda paraeneses (wahrscheinlich aus Fris.) d. c. wurde von CI. gestrichen. Dagegen blieb im Index Jo. Casi (Gase in Oxford, Con- vertit) Sphaera civitatis h. e. reipublicae recte ac pie secundum leges administrandae ratio, 1588 (aus Nund.) d. c. Bei Sot. 582 steht er in der 1. Gl. und werden diese und andere Schriften von ihm expurgirt.

Von Gerardus Mercator verbot S. mit d. c. Ghronologia, quae a Sleidano et damnatis auctoribus sumta est; erst Ben. hat dafür gesetzt: Ghron. h. e. temporum demonstratio ab initio mundi usque a. 1568 (Köln 1569). 1603 wurde von ihm verboten Atlas, also Atlas s. Gosmographicae meditationes de fabrica mundi, 1595, nicht, wie seit Ben. im Ind. steht, Atlas minor, der erst 1610 er- schien. Bras. expurgirt den Atlas maior (er hat freilich den Titel weggelassen). Die Expurgation beschränkt sich, abgesehen von der Dedication an die Königin Elisabeth und zwei dem Buche beige- fügten Briefen anderer-), auf die Einleitung de mundi creatione, wel- che Erörterungen über das Sechstagewerk und andere theologische Dinge enthält. Sot. streicht diese Einleitung ganz und corrigirt noch vieles andere. Er expurgirt auch die Ghronologia; die Expur- gation der Ausgabe von 1569 füllt nur eine halbe Spalte, aber die der Ausgabe von Matthäus Beroaldus von 1577 zwei Spalten.

Antonii Bonfinii Gommentaria de pudicitia, erst seit Ben. richtig: Symposion trimeron s. A. Bonfinii de virginitate et pudi- citia conjugali dialogi tres. (Nunc primum ex bibliotheca Jo. Sam- buci J. G. in lucem prolati. Basel 1572, Frkf. 1621.) A. Bonfini aus Ascoli lebte am Hofe des Königs Matthias von Ungarn und starb 1502. Sein Hauptwerk ist eine Greschichte von Ungarn, 1543 gedruckt. Das Symposion ist der Königin Beatrix gewidmet : in den Dialogen werden der König und die Königin, Gardinäle, Bi- schöfe und andere hochgestellte rersonen redend eingeführt. Das Verbot ist ohne Zweifel durch die darin vorkommenden Obscönitäten veranlasst, auf welche Possevin die (auch in anderen Fällen beliebte) Vermuthung stützt, das Buch sei von den ketzerischen Herausgebern

1) Nie. 13, 1. Schulte, Gesch. 3, 2, 252.

2) In einem dieser Briefe wird eine Stelle gestrichen, worin es nach der Hervorhebung der theologischen Kenntnisse Mercators heisst: Atqui non singulis theologis per omnia satisfaciet ; statuit enim, animam ex tra- duce propagari et non divinitus infundi in recens creati pueruli corpus. In der Einleitung wird eine merkwürdige Stelle (f. 27) gestrichen, worin die Ansicht begründet wird, dass die Noachische Fluth nur den damals bewohnten Theil der Erde betroffen habe.

Zweite und dritte Classe 529

interpolirt ^). Die Magia naturalis (s. de miraculis rerum natura- lium) von Jo. Bapt. Porta, zuerst Antw. 1561, wurde von Q. mit d. c. verboten, von S. mit si fuerit ex impressis usque ad a. 1587; auch Sot. gibt die Ausgabe Neapel 1588 frei. Seit Cl. steht das Buch nicht mehr im Index; aber ein 1579 zu Venedig erschienener Aus- zug daraus, Miracoli e maravigliosi efFetti dalla natura prodotti'^), wurde 1668 verboten! David de Pomis, De medico hebraeo enar- ratio apologetica, cum consensu superiorum Venedig 1588, seit S. im Rom. Ind. mit d. c, bei Sot. unbedingt verboten. Der Ver- fasser, ein angesehener jüdischer Arzt, f 1588, hatte von Pius IV. die Erlaubniss erhalten, auch bei Christen zu practiciren; Pius V. nahm die Erlaubniss zurück. Seine Schrift, dem Herzog von Urbino gewidmet, bekämpft die Vorurtheile gegen jüdische Aerzte^).

Baldassare Castiglione, 1524 Gresandter Clemens' VII. in Madrid, f 1529, hatte zu Venedig 1528 ein Buch II Cortegiano, der Hofmann wie er sein soll, herausgegeben, welches wiederholt gedruckt wurde. Unter Gregor XIII. scheint man an einigen Stellen Anstoss genommen zu haben; denn auf Ersuchen eines Sohnes des Verfassers, Camillo, Hess die Rom. Inquisition dasselbe 1576 ex- purgiren, und 1584 erschien zu Venedig eine von Antonio Cicarelli besorgte expurgirte Ausgäbe*). S. verbot dann Balth. Castellionei 1. qui inscr. II Cortigiano, nisi fuerit ex emendatis et impressis Ven. 1584. Dieses wurde von Cl. gestrichen, 1623 aber wieder in den Index gesetzt. 1612 expurgirte auch Sand, das Original und die spanische Uebersetzung von Juan Boscan, von der seit 1534 eine Reihe von Ausgaben unbehindert erschienen war; er streicht 5 Stellen.

7. Die Abhängigkeit des Index Sixtus' V. von Q. ergibt sich am deutlichsten daraus, dass eine grosse Zahl von Titeln von Büchern und Büchlein, die bei diesem in der spanischen, französi- schen und flämischen Abtheilung stehen, ins Lateinische übersetzt und dadurch zum Theil fast unkenntlich gemacht, sich bei S. finden. So ist Arbor scripturarum s. tragoedia sex personarum exhibita Mitelburgii in Zelandia = Den boom der scriftueren, van ses per- sonagien ghespeelt tot Middelburch in Zeelant; Liber dictus 750 linguae (sie) germanicae, Wormatiae apud Fridanck = Een boecxken gheheeten 750 duytsche spraecken, Freydanck tot Worms (die platt- deutsche Ausgabe von Joh. Agricola's Sprüchwörtersammlung von 1534; s. Kawerau, Joh. Agricola S. 105); Veritas catholica ante centum annos impressa, recognita et aucta per modum dialogi ^^ La verite cachee devant cent ans, imprimee et depuis revue et aug- mentee par maniere de dialogue; Pes rosae fragrantis sive Equitatus

1) Appar. s. V. Mazzuchelli 2, 1621.

2) Nie. 43, 30.

3) Graetz 9, 504. Revue des etudes juives I, 145.

4) Fontanini II, 387. Burckhardt, Cultur der Ren. II, 118. Ticknor, Gesch. der Lit. in Spanien I, 377. II, 744.

Keusch, Index. _ 34

530 Index Sixtus* V. 15Ö0.

coelestis = Pie de la rosa fragante, 6 por otre nombre Cavalleria celestial (auch unter Equitatus, wie bei Q. aucb unter Caval- leria). Letzteres ist übrigens nicht etwa ein religiöses Buch, sondern (nach Pelayo II, 708) „einer der dümmsten und langweiligsten Eitter- romane". Eine ganze Reihe von Comedie, die bei S. stehen, Orfea, Aquilana, Jacinta u. s. w., gehören nicht etwa zu den zahlreichen unsauberen italienischen Theaterstücken, sondern sind spanische, die er aus Q,. abgeschrieben.

Cl. scheint beabsichtigt zu haben, diese Dinge alle zu streichen; aber einige sind ihm entgangen und stehen noch heute im Index: Exemplarium sanctae fidei catholicae = Exemplario de la sancta fe catholica; Exercitatio vitae spiritualis = Exercitatorio de la vida Spiritual; Explicatio primi, 3., 4. et 5. capitis Act. Apost. = Een spei van sinnen op t'derde, 4. ende 5. Capittel van het werck der apostelen (S. 112); Explicatio symboli per dialogos =: Explication du Symbole et articles de la foy par dialogues; Expositio secundae epistolae D. Petri et Judae = Exposition sur les deux epistres de S. Pierre et sur celle de Judas, Genf 1545, wohl eine Uebersetzung von Luthers Die zwo Episteln S. Petri und eine S. Judae, geprediget und ausgelegt, 1523; Expositio super Cantica cant. Salomonis = Exposicion sobre los cantares de Salomon en octava rima 6 en prosa, en roraance 6 en otra lengua vulgär solamente; Q. verbietet also gar nicht ein einzelnes Buch, sondern, wahrscheinlich in Folge des Processes gegen Luis de Leon ^), alle Bearbeitungen des Hohen Liedes in der Volksprache; Recantatio de inferno == Eenen weder- roep van het vaghevier, ohne Zweifel Luthers Widerruf vom Feg- feuer, 1530 (Erl. 31, 184). Dahin gehört auch Petri Lesvandert (bei S. Lesvanderoth) Laus matrimonii et congestio bonarum mulierum ex diversis historiis (bei S. ex sacris libris), wie im Ind. stand, bis Ben. (unter E) setzte: Pierre de l'Esnaudiere (bei Q. stand, wie schon im Lov. 46 P. de l'Esuanderie), La louange du mariage et recueil des histoires des bonnes . . . femmes. Föns vitae, wel- ches Cl. gleichfalls aus S. beibehalten, wird also auch nicht die von Melzi und Graesse erwähnte satirische Schrift Föns vitae et sapientiae, Ven. 1588, sein, sondern das bei Q. als La Fontaine de vie und De fonteyne des leuens verzeichnete, nur eine Sammlung von Bibel- stellen enthaltende Schriftchen sein ^). Institutio religionis christia-

1) Keusch, Luis de Leon S. 17. 71.

2) De Fonteyne des leuens uwt welken een jegelick, der door syn senden of ander ongevallen verdruct is, scheppen mag vercoelinge ende troost syner sielen, getogen uwt de H. Schriftuere (1533). Ein Francis- caner in Brabant soll alle Exemplare der 1. Auflage aufgekauft und verbrannt haben. Studien en Bijdr. II, 164. La Fontaine de vie (von Dolet 1542 gedruckt, Peignot I, 107) steht im Par. 1543. Föns vitae, ex quo scaturiunt suavissimae consolationes afflictis mentibus imprimis necessariae (Nürnb. 1561, 50 Bl. 24) bei Graesse wird eine Uebersetzung davon sein.

Chr. Francken, Paul Scalichius u. a. 531

nae, "Wittembergae 1536, wie noch jetzt im Ind. steht, ist die von S. gelieferte Ueberselzung des bei (V. 59 und) Q. stehenden: In- stitucion de la religion christiana en romance, impressa en Witteni- berga 1536, der span. Uebersetzung der Institutio Calvins von Cy- priano de Valera^).

8. Es wurde schon erwähnt, dass S. von einigen Schrift- stellern die Bücher, die sie als Ketzer geschrieben, unbedingt, die nach ihrer Rückkehr zum katholischen Grlauben verfassten mit d. c. ver- bietet. Es sind ausser Wicel (S. 359) noch vier, und man muss in der That bedauern, Wicel in dieser Gresellschaft zu sehen. Christian Franc ken aus Grardelegen wurde als junger Mann katholisch, 1568 Jesuit, war 1576 Professor im Collegium zu Wien, folgte 1579 seinem Ordensbruder Paul Florenius, der nach Prag geflohen, wurde mit ihm Protestant und publicirte nun Breve colloquium jesuiticum . . . habitum a S. Th. Doctore et Prof. Paulo Florenio cum Chr. Francken Phil. Prof. in Caesareo Jes. Gymn. Viennae, 1580, 6 Bl. und 135 S. 8. Nachdem er sich einige Zeit an verschiedenen Orten aufgehalten, wurde er wieder katholisch und veröffentlichte zu Wien (d. d. Breslau 18. Oct. 1581) eine Epistola, in qua deplorat suuni a S. J. et Eccl. cath. discessum u. s. w., 1582, 10 Bl. 4. Ob ihn die Jesuiten wieder aufgenommen, darüber differiren die Angaben. Nach einiger Zeit trieb er sich in Ungarn, Siebenbürgen und Polen herum. Er scheint Socinianer geworden zu sein, wurde aber 1590 wieder katholisch und gab 1594 und 95 einige kleine Schriften her- aus ; nach 1595 hört man nichts mehr von ihm"). Cl. hat ihn ge- strichen; das CoUoquium jesuiticum hat mit diesem abgekürzten Titel bis Ben. in der 3. Cl. gestanden, und Paulus Florenius steht noch heute in der 1., wohin ihn S. ohne Zweifel lediglich wegen der Erwähnung auf dem Titelblatte gesetzt (nach Clement VIII, 454 hat er selbst einige Streitschriften gegen die Jesuiten geschrieben). Richardus Sampson hatte 1535 eine Schrift zu Grünsten Hein- richs VIII. herausgegeben (S. 288), ausserdem einige exegetische Schriften ; er starb unter Maria der Katholischen 1555 als Bischof von Lichfield, gehört also jedenfalls nicht in die 1. Cl., wo er im Tr. und seit Cl. steht. Lancelot Ridley hat 1540—50 englische Commentare zu einigen Büchern des N. T. veröffentlicht. Balaeus (9, 37) sagt, er sei Canonicus in Canterbury gewesen und dem Ver- nehmen nach relicta uxore ad papae sodomismum, coelibatum dixis- sem, reversus. Er steht seit Cl. nicht mehr im Index. Paulus Scalichius ist der Schwindler, der sich mit Hülfe gefälschter Ur- kunden als Paul Scaliger oder della Scala, Markgraf von Verona, Graf von Hun u. s. w. aufspielte (sein Vater war ein Schulmeister zu Agram), durch theologische Geheimnisskrämerei und Vorspie-

1) 1597 mit seinem Namen gedruckt. Clement VI, 84.

2) Raess, Convertiten 3,296. Wiedemann, Reform. 2, 210. De Backer 4, 241. Sandius, Biblioth. Antitr. p. 86.

533 Index Clemens' VIII.

gelung "himmlisclier Erscheinungen bei dem Herzog Albrecht von Preussen und dessen Hofprediger Funok zu Ansehen gelangte, 1561 65, dann wieder als Katholik auftrat, 1574 von Heinrich von Valois nach Polen berufen wurde und in Danzig starb i). Er stand im Tr. in der 1. Cl., und Cl. hat ihn dahin zurückversetzt. Yielleicht hat S. zu dieser Kategorie auch den französischen Ju- risten Jo. Quintinus (1500 61) gezählt, dessen opera omnia er (nur er) mit d. c. verbietet. Derselbe war anfangs der Reformation geneigt, aber seit 1536 Professor des canonischen Eechtes in Paris und eifriger Gregner der Protestanten ; seine Schriften stammen alle aus seiner katholischen Zeit ^).

51. Der Index Clemens' VIII. vom J. 1596.

Drei Päpste, welche auf Sixtus V. folgten, Urban VII., Gregor XIV. und Innocenz IX. regierten zusammen nicht viel mehr als ein Jahr. Clemens VIIL, 1592—1605, Hess schon im April 1592 die Index-Congregation die Verhandlungen über die Publication eines neuen Index wieder aufnehmen. Bellarmin, der Consultor der Congregation war, trug 25. Juli Bedenken gegen den Index Sixtus' V. und dessen Regeln vor, und die Congregation beschloss, denselben fallen zu lassen und einen neuen auszuarbeiten. Am 8. Juli 1593 überreichte der Cardinal von Ascoli (Girolamo Berner io, Dominicaner) dem Papste den von der Congregation fertig gestellten Index (wahrscheinlich zunächst in einigen Exemplaren) gedruckt 3). Der Papst befahl

1) C. A. Hase, Herzog Albrecht von Preussen und sein Hofprediger, 1879, S. 287. 375. In einem seiner Bücher behauptet Scalich, Herzog Albrecht sei vor seinem Tode katholisch geworden, und Documente, die er fabricirt hat, führt Theiner für diese Angabe an; s. Joh. Voigt, Send- schreiben an Aug. Theiner, 1846. Seine Schriften verzeichnet Fris. Possevin erwähnt nur Miscellaneorum Tom. 2. s. Catholici Epistemonis contra quandara Encyclopaediam (wohl seine eigene, Basel 1559) libri 15, Köln 1570 (Frey tag, Anal. p. 815). Sot. verzeichnet nur ältere Schriften von ihm, Occulta occultorum occulta, 1556, u. dgl.

2) Schulte, Gesch. HI, 556.

3) Index Librorum prohibitorum cum regulis confectis per Patres a Tridentina Synodo delectos, auctoritate Pii IV. primum editus, postea

Index Clemens' VIII. 533

aber aai folgenden Tage, den Index vorläufig nicht zu publiciren, da er die Sache noch weiter überlegen wolle. Es wurden von verschiedenen Seiten, u. a. auch von Baronius, gegen den Index Bedenken geltend gemacht. Erst 12. Febr. 1594 übersandte der Papst diese Bedenken, ohne Zweifel mit Directiven bezüglich der Beachtung derselben, durch Mons. Silvio Antoniano der Congregation. Erst im Spätsommer 1596 wurde diese mit ihrer Arbeit fertig ; das Breve, durch welches der Index bestätigt und publicirt wird, ist vom 17. Oct., das Privilegium für den Drucker vom 29. Dec. 1596 datirt. Der Index erschien gleichzeitig in einer Quart- und in einer Duodez-Ausgabe i). Die Herausgabe besorgte der Secretär der Index-Congregation, Paulus Picus a Burgo S. Sepulchri^).

Der Index Clemens' VIII. verhält sich, was den Inhalt be- trifft, zu dem Sixtus' V. ähnlich wie der Index Pius' IV*. zu dem Pauls' IV.; nur hat Clemens mehr gestrichen als Pius IV. Was die Anordnung betrifft, so hat Clemens den sog. Trienter

vero a Sixto V. et nunc demum a Sanctissimo D. N. demente Papa VIII. recognitus et auctus. Instructione adjecta de imprimendi & emendandi libros ratione. Romae apud Paulum Bladum Impressorem Cameralem. 1593. 4. Da dieser Index nicht publicirt ist, ist er äusserst selten. Zacc. p. 166 erwähnt ein Plxemplar in der Bibliothek des Collegiura Romanum.

1) Index Librorvm prohibitorvm cvm Regvlis confectis Per Patres a Tridentina Synodo delectos Avctoritate Pii IUI. primvm editvs postea vero a Syxto V. avctvs et nvnc demvm S. D. N. Clementis PP. VIII. iussu, recognitus, & publicatus. Instrvctione adjecta. De exequendae prohibi- tionis, deque sincere emendandi, & imprimendi libros, ratione. Romae, Apud Impressores Camerales. 1596.* (München. K. ß.) 18 nicht numerirte, 46 numerirte Bl. 4. Index . . . Camerales. Cum Privilegio Summi Pont, ad Biennium. 1596. 65 Bl. 12 Petzh. p. 143. Die .\usgabe Romae 1596.* (München, K. B.) 64 S. 8, in der p. 65 119 Librorum post Indicem Clementis VIII. prohibitorum Decreta omnia hactenus edita, Romae 1624, folgt, ist erst 1624 gedruckt. Das Privilegium steht in der Quart- Aus- gabe auf der Rückseite des Titelblattes : ohne Genehmigung der Cameral- Drucker soll in zwei Jahren niemand in Italien den Index nachdrucken, bei Strafe von 50 Ducaten und Confiscation der Exemplare und der Typen im Kirchenstaate, der grössern Excommunication und arbiträren Strafen im übrigen Italien.

2) Catalani, De secr. Ind. p. 18.

534 Index Clemens' VIII.

Index in seiner ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt, bei jedem Buchstaben und jeder Classe aber eine Appendix beige- fügt. In diese Appendices ist, mit Weglassung vieler und Bei- fügung einiger weniger Nummern, das aufgenommen, was Sixtus beigefügt hatte: unter A, B und C hat Sixtus in der 1. Classe etwas über 200 Namen, Clemens 93 4- 109, in der 2. Sixtus Bücher von 88, Clemens von 16 -f 44 Autoren, in der 3. Sixtus 177, Clemens 88 + 68 Schriften.

Auch die zehn Trienter Regeln sind unverändert wieder aufgenommen, hinter denselben aber einige einzelne Bestim- mungen derselben modificirende Observationes beigefügt (über Bibelübersetzungen, astrologische Schriften und den Talmud und jüdische Bücher; s. S. 50. 333. 339). Die bedeutendste Vermeh- rung, welche der Index durch Clemens erhalten, ist eine aus- führliche Instruction über das von den Bischöfen und Inquisitoren (in Rom von dem Magister S. Palatii) bezüglich des Verbietens und Expurgirens gedruckter Bücher und der' Beaufsichtigung des Druckes neuer Bücher einzuhaltende Verfahren (s. § 52).

Das dem Index vorgedruckte Breve enthält nach einer ge- schichtlichen Einleitung die Bestätigung des neuen Index unter Androhung der von Pius IV. für seinen Index festgesetzten Strafen, dann die Bestimmung:

Damit aber das Geschäft sowohl des Verbietens als des Rei- nigens und Drückens der Bücher um so leichter ausgeführt werde, wollen Wir alle Vollmachten, Privilegien und Indulte, welche zu- erst Pius V. dem Magister Sacri Palatii, dann Gregor XIII. und Six- tus V. den Cardinälen der Index - Congregation ertheilt, hiemit be- stätigen und, so weit es nöthig ist, in allen Punkten, welche dem in diesem Index Beigefügten nicht widersprechen, erneuern. Wir wollen und verordnen ausserdem, dass, falls in Zukunft bezüglich des In- dex und seiner Regeln und der Zusätze zu denselben irgendwelche Zweifel oder Controversen entstehen sollten, diese der Index-Con- gregation vorgelegt und durch sie, wenn die Wichtigkeit der Sache es fordern sollte, nachdem Wir oder Unsere Nachfolger be- fragt worden, erklärt und entschieden werden sollen. Ihre Au- torität soll in Bezug auf das Erlauben, Verbieten, Reinigen und Drucken von Büchern und auf das Erläutern aller anderen darauf bezüglichen Bestimmungen die höchste (praecipua) sein und von allen . . . unverletzlich geachtet werden.

Worin sich der Index von 1596 von dem von 1593 unter- scheidet, ist nicht zu sagen, da über letztern nichts Genaueres be-

Erste Classe. 535

kannt ist. Der Venetianische Gesandte berichtet unter dem 15. Jan. und 19. März 1594 : als bekannt geworden, dass der von der Index- Congregation ausgearbeitete Index nicht eine revidirte, sondern eine stark vermehrte Ausgabe des Trienter sei, sei unter den italieni- schen Gelehrten und Buchhändlern eine grosse Aufregung entstan- den und der Papst von allen Seiten mit Vorstellungen bestürmt worden; er habe dann dem Gesandten gesagt, er habe den von der Congregation ausgearbeiteten Index nicht genehmigt ^). Wenn Cle- mens wirklich 1594 die starke Vermehrung des Index missbilligt hat, 80 hat er dieses Bedenken fallen lassen, wie der von ihm ge- nehmigte Index von 1596 zeigt. Es werden andere, wahrscheinlich Einzelheiten betreffende Mängel gewesen sein, wegen deren der In- dex von 1593 nicht bestätigt wurde. Baronius schreibt 31. Juli 1593 an Lipsius : „In diesen Tagen ist in Folge meiner und vieler anderer Reclamationen der Verkauf des schon gedruckten Index von dem Papste verboten worden, weil vieles darin gefunden worden, was der Verbesserung bedarf; ich glaube, es werden mehrere Mo- nate vergehen, ehe die Meinungsverschiedenheiten werden ausge- glichen werden". An demselben Tage schreibt Bellarmin: „Seit einigen Monaten habe ich wegen meiner anderen Geschäfte an den Sitzungen der Index-Congregation nicht theilgenommen", und sein Ordensgenosse Benzi : „Bellarmin hat vor vielen Monaten sein Amt als Bücher-Eevisor [Consultor der Index- Congr.] niedergelegt" 2). Offenbar war Bellarmin, der, wie wir sahen, im Juli 1592 in der Index-Congr. eine grosse Kolle spielte, verstimmt, ob aber über den (seinen Wünschen nicht entsprechenden) Index von 1593 oder über die Nichtbestätigung dieses (unter seiner Mitwirkung zu Stande ge- kommenen) Index, erhellt nicht.

In der 1. Gl. hat Gl. nur wenige I^amen weggelassen: Aegi- dius Aquensis, Lud. Alemani (S. 508) und, wohl nur durch ein Ver- sehen, Joachim a Beust, Jo. Schutz, Jo. Tetelbach, Jo. üdalricus Eagor, Israel Achatius (Uebersetzer des Sleidanus), Nie. Gambasius, Petrus Eicherus. Aonius Palearius, Jac. Palaeologus und Theo- phrastus Paracelsus hat er aus der 2. in die 1. Gl. versetzt. Bei- gefügt hat er 25. Diese stammen zum Theil aus Fris.; einige der- selben stehen auch in den Nund. 1590 92. Dass auch diese benutzt sind, zeigen einige Namen, die nicht bei Fris. stehen: Hieremias Bastingius (Nund. 90 wird ein Gommentar zum Heidelberger Gate- chismus von ihm verzeichnet ; er hat aber auch sonst einiges ge- schrieben), Jac. Kimedoncius, Jo. Darrius, Jo. Schumaier (er wird in den Nund. 90 als Stud. theol. und als Verfasser einer Streit- schrift für Jac. Heerbrand gegen Jo. Pistorius aufgeführt), Owenus Guntherus. Auch der Buchhändler Seb. Henricpetri wird sich aus den Nund. eingeschlichen haben. Diese sind aber jedenfalls nur flüchtig durchgesehen worden, sonst würden protestantische Theo-

1) Brosch, Gesch. des K.-St. I, 305.

2) Burniann, Sylloge I, 657. 658.

536 Index Clemens' VIII.

logen, die bedeutender sind als die aufgenommenen, nicht übersehen worden sein, wie Amandus Polanus, Jo. Piscator, Polycarpus Leiser, Sam. Huber. Die Historia jesuitici ordinis von Elias Hasenmüller und der Mus exenteratus . . . per Fratrem Wilhelmum de Stuttgardia Ordinis Minorum (Wilh. Holder), die beide 1593 erschienen und in Deutschland so grosses Aufsehen erregten^), stehen weder bei Cl., noch in einem spätem Index. Ausser einigen Italienern (s. u.) hat Cl. ferner noch folgende nicht bei Fris. stehende Namen beige- fügt: den Wiedertäufer Adam Pastoris, die Unitarier Franc. Davi- dis und Petrus Statorius ^j und mehrere Engländer, die Erzbischöfe Jo. Wirgiflus (erst seit Ben. Whitgift) und Matth. Parker von Can- terbury, Matth. Hutton von York, Gruil. Fulcus (Fulke)^), Guil. Carcus (Charke) und Metterus (Meredith) Hanmer, die gegen Ed- mund Campian schrieben ^), und Jo. Kneustobtus, der nicht, wie Schöttgen meinte, der verdruckte Jo. Knipstro, sondern John Knew- stub ist, von dem Lowndes einige Schriften anführt.

In der 2. und 3. Cl. hat Cl. aus S. nicht aufgenommen eine Anzahl von astrologischen u. dgl. Schriften, italienischen Poeten und Novellisten und die meisten aus Q. eingeschleppten spanischen u. s. w. Schriften. Unter den wenigen Büchern, die er in der 2. Cl. beigefügt hat, sind zu bemerken: Bernardini Telesii De rerum natura juxta propria principia 11. 9; De somno; Quod animal Uni- versum ab unica animae substantia gubernetur. Dem Verfasser soll Pius IV. ein Bisthum angeboten haben; er wurde aber nicht geist- lich. Von dem Hauptwerke wurden zwei Bücher 1565 zu Eom ge- druckt, das ganze superiorum licentia 1586 zu Neapel'^). Die natur- philosophischen Ansichten des Telesius wurden von Campanella eifrig vertheidigt. Francisci Patritii Nova de universis philosophia, Ferrara 1591, mit einem Sendschreiben ad Gregorium XIV. et ejus successores futuros omnes, worin ihnen empfohlen wird, die Aristo- telische Philosophie aus allen Schulen der Christenheit zu verbannen und die Einführung der Platonischen (d. h. der Patrizi'schen) zu gebieten. Andere Schriften von Patr., auch die schon 1581 er- schienenen Discussionum peripateticarum tomi 4, wurden nicht ver- boten. Das Verbot musste Aufsehen erregen: Clemens hatte 1591 als Cardinal Patr., dessen Zuhörer er gewesen, für die Widmung des 14. Buches seiner Pancosmia, die in der Nova philos. abge- druckt ist, in einem Briefe gedankt, worin er ihn belobt, dass er eine Philosophie begründet, quae cum christiana pietate congruere et convenire videtur, und hatte ihn 1592 gleich nach seiner Thron-

1) Stieve, Briefe und Acten V, 329. 341.

2) Sandius, Biblioth. Antitrin. p. 38. 55. 92. A. D. B. 4, 787.

3) Backer II, 100.

4) Von ihm und den vorher genannten, ausser Hutton, hat die Parker Society Schriften herausgegeben.

5) Baumg. 8, 507. Stöckl, Gesch. der Ph. des M.-A. 3, 329.

Zweite und dritte Classe. 537

besteigung zum Professor der Platonischen Philosophie an der Sa- pienza ernannt. Bellarmin war freilich über seine Vorlesungen unzufrieden i). Seine Nova philos. w^urde, da er noch lebte (f 7. Febr. 1597) verboten, nisi fuerit ab auctore correcta et Romae cum ap- probatione Eev. Mag. S. Pal. impressa (erst Ben. hat d. c. dafür gesetzt), die Schriften des Telesius dagegen, der schon 1588 gestor- ben war, mit einem einfachen d, c. Expurgirte Ausgaben sind übri- gens von beiden nicht erschienen. Während Cl. diese beiden wenigstens der Intention nach christlichen Philosophen auf den In- dex setzte, strich er das von S. auf den Index gesetzte Buch eines Anhängers des Pomponatius, Simon Portius, De mente humana, Flor. 1551 (gegen die Unsterblichkeit der Seele), von dem Fris. etwas derb sagt: opus impium et porco, non homine auctore dignum.

Jo. Roa D a vila Apologia de juribus principalibus defendendis et moderandis juste, Madrid 1591, ist die erste Schrift von einem spanischen Regalisten im Index, deren uns im 17. Jahrb. mehrere begegnen werden. Der Verfasser, erst Jesuit, dann Augustiner, wurde in Rom dafür von der Inquisition processirt. Baronius (t. 6, a. 447, 8) ereifert sich sehr gegen das Werk, quod atra statim Romae inustum nota flammae ultrices exspectant, fügt aber bei : Speratur de auctore utpote adhuc catholico profitente palinbdiam fore propediem recantaturum. Das muss geschehen sein ; denn Roa selbst sagt: sein Buch sei zwar verboten, er selbst aber per senten- tiam Sancti Officii absolutus ab omni suspicione haeresis in causa libri. Ein nicht gedrucktes Werk von ihm De potestate Ecclesiae et concursu potestatis principum wird eine Ausführung der Palino- dia gewesen sein; dennSerry sagt von ihm: Ignarus et audax, So- cietatis desertor, ex Hispania Romam profectus, quam ibi jurisdictio- nem regiam defenderat, eandem novis elucubrationibus impugnavit^).

Von Jo. Bodinus wird die Daemonomania (S. 417) unbedingt verboten, liber (vielmehr libri sex) de republica (zuerst französisch 1576, lateinisch 1586) und Methodus ad facilem historiarum cogni- tionem (1566) mit quousque ab auctore expurgata cum approbatione Magistri S. Pal. prodierint (Bodin starb als Katholik 1596. S. hatte Daem. und Methodus mit d. c. verboten, Liss. und Q. letztere un-

1) Fontaninil, 239. Baunig. I, 199. 209. Werner, Thomas von Aquin 3, 500.

2) Nie. Antonio 1, 768. Serry p. 269 spricht von ihm, weil er sich auch in den Streit de auxiliis einmischte: er habe 1599 Clemens VIII. eine Denkschrift gegen Molina eingereicht, vergebens gebeten, zu den Dis- putationen zugelassen zu werden, sich (non sine emuncti marsupii suspi- cione) wieder auf die Seite der Jesuiten gestellt, 1601, angeblich in deren Auftrag, von der Fehlbarkeit des Papstes und der Nothwendigkeit eines allgemeinen Concils gesprochen u. s. w. Leo Allatius, Apes Urbanae p. 231 führt Schriften von ihm an, die nach 1608 in Rom gedruckt sind,

538 Index Clemens' VIII.

bedingt). In einer Observatio hinter den Trienter Regeln (!) wird dieses aber dahin berichtigt, dass De republica 15. Oct. 1592 und Daemonomania 1. Sept. 1594 vom Papste unbedingt verboten seien; von der unrichtigen Angabe des Index, die eine arge Unauf- merksamkeit der Compilatoren verräth, wird gesagt: per errorem fortasse librarii factum creditur! Noch curioser ist, dass diese Druckfehler-Berichtigung bis auf Ben. ihren Platz behauptet hat, obschon im Index selbst das Richtige stand. Bodins Universae naturae theatrum, welches 1596 zu Lyon mit kirchlicher Approba- tion erschien, der Augustiner Jo. Comes attestirt, es enthalte nichts contra cath. fidei et S. Eom. Ecclesiae decreta, wurde 1633 verboten. Die Methodus wird bei Bras. expurgirt; gestrichen werden die Erwähnung des Melanchthon, Sleidanus, Machiavelli, der Magdeburger Centurien, Bemerkungen über geschichtliche Fabeln bei Nicephorus, Zonaras und mittelalterlichen Historikern, über die vier Monarchieen bei Daniel, die Notiz über die Venetianer: quam quisque religionem privatim colat, non magnopere curant et ponti- ficibus quaestiones impietatis ademerunt (Beschränkung der Inqui- sition), einige kurze Ausfälle auf Päpste, den Fusskuss, die Hieilig- sprechungen ^) u. s. w. und eine längere, aber ganz massvolle Stelle über die Ausbreitung der Reformation (in cap. 5). Sot. expurgirt das Buch gründlicher, aber auch das im Rom. Index unbedingt verbotene Theatrum.

Von dem Thesaurus linguae sanctae des Dominicaners Santes Pagninus wird die von Jo. Mercerius (Le Mercier) und Ant. Ceval- lerius (Chevalier) besorgte Ausgabe, Lyon 1577, d. c. verboten. (Mercerus stand schon in der 1. Cl., CI. setzte auch Cevallerius in dieselbe). Bras. verordnet, die Namen der beiden Herausgeber zu streichen und ausser einigen „lutherisch" klingenden Stellen ein paar tadelnde Worte über die Vulgata; ausserdem soll statt auctor epistolae ad Hebraeos immer S. Paulus gesetzt werden.

Lexicon (juridicum) Simonis Schardii, 1582, wird mit d. c. ver- boten. Die Expurgation bei Sot. füllt fast 5 Foliospalten.

1) Bodin führt die Aeusserung des Card. Bessarion an, die auch Card. Passionei in seinem Votum über die Beatification Bellarmins citirt: wenn man sehe, wie es bei den modernen Canonisationen zugehe, könne man auch bezüglich der alten Heiligen Zweifel bekommen. Bodin sagt freilicli : Bessario Cardinalis, cum inter divos inepta quadam diroGeuüaei Romae quamplurimos referri videret u. s. w. Gretser, Opera 13, berichtet nach Possevin, in der italienischen Uebersetzung des Buches de republica quae- dam adjecta esse ab iis, qui librum emendatum cupiebant, de unius ecclesiae Rom. Vera et unica religione ejusque potestate. Er findet das ganz unbe- denklich: an scelus est, si, qui male et haeretice loquuntur, doceantur bene et orthodoxe loqui aut si, qui dissimulant, quod dicendum erat, jubeantur id vel iuviti proferre?

Instruction Clemens' VIII. 539

In der 3. Cl. sind einige auf kirclilicli- politische Händel be- zügliche Schriften beigefügt : Totius Belgicae urbium, abbatiarum, collegiorum divisio ad opprimendum per novos episcopos evangelium [Romae a. 1558 definita, auctore Franc. Sonnio Theol. Lov.] sine nomine auctoris, censurae, impressoris et loci, eine 1570 erschienene Schrift über die Errichtung der neuen Bisthümer, worüber Sonnius 1558 in Rom verhandelt hatte; seit Ben. unter Sonnius, aber mit der Bemerkung: quae tamen falso ei adscribitur, und drei auf Heinrich IV. bezügliche Schriften aus dem J. 1591 : De christia- nissimi Regis periculis et notata quaedam ad Sfondratae Pont. Rom. literas monitoriales [ad Cl. V. D. Casparum Peucerum], Frcf. apud Martinum Lechlerum, Pium consilium super Papae Sfondra- tae, dicti Gregorii XIV^. monitorialibus ut vocant bullis [et excom- municationis s. interdicti in Galliae regem, ecclesiam et regnum minis . , .] a Tussano Bercheto Lingonensi e gall. sermone in lat. con- versum, und Helvetiaegratulatio ad Galliam de Henrico IV. Gallia- rum et Navarrae Rege christianissimo. Man wird diese Schriften in Rom gekannt haben; sie stehen freilich auch in denNund. 91; aber wären sie dorther genommen, so würde die hinter den beiden ersten stehende, gleichfalls zu Frankfurt erschienene Schrift: Gregorii XIV. literae monitoriales . . et ad eas Turonense Senatusconsultum auch aufgenommen sein. Dagegen ist aus den Nund. 91 fast wörtlich ab- geschrieben: Catechesis s. prima institutio aut rudimenta religionis Christ, hebraice, graece, lat. explicata, Lugd. Bat. ex off. Plantin. apud Fr. Raphelengium.

52. Die Instruction Clemens' VIII.

Die oben (S. 534) erwähnte Instruction, ein Seitenstück zu den Trienter Regeln 30), enthält folgende Bestimmungen:

I. Ueber das Verbot von Büchern.

1. Nach der Publicaton dieses Index sollen die Bischöfe und Inquisitoren unter Androhung strenger Strafen alle ihrer Jurisdiction Unterworfenen auffordern, innerhalb einer bestimmten Zeit ein Verzeichniss aller in ihrem Besitze befindlichen im In- dex stehenden Bücher einzureichen.

2. Die Bischöfe und Inquisitoren (in Rom der Mag. S. Falatii) können Männern von hervorragender Frömmigkeit und Gelehrsamkeit, jedesmal für drei Jahre, erlauben, Bücher, die verboten sind, aber nach den Regeln des Index gestattet werden können, [mit d. c. verbotene Bücher] auch vor der Expurgation

540 Instruction Clemens' VIII.

derselben zu behalten (s. S. 183). Diese sollen dann aber ver- pflichtet sein, was sie beim Lesen Anstössiges finden, mit An- gabe des Capitels und der Seitenzahl dem Bischof oder In- quisitor mitzutheilen.

3. Ausserhalb Italiens sollen die Bischöfe und Inquisitoren und die Universitäten einen Index ketzerischer oder der Sitt- lichkeit gefährlicher Bücher, die in den betreffenden Ländern verbreitet sind, veröffentlichen und die Bischöfe und Inquisitoren ihren Untergebenen das Lesen und Behalten dieser Bücher bei Strafe verbieten.

Diese Vorschrift ist, so viel wir wissen, nicht zur Ausführung gekommen, und in Rom selbst ist man bald davon zurückgekommen, anderen als der Index-Congregation die Anfertigung von Indices auf- zutragen. Durch ein Decret dieser Congregation vom 16. März 1621 werden sogar „alle seit dem Erscheinen des allgemeinen Index von 1596 ausserhalb Roms ohne Auftrag und Genehmigung der Index-Congr. -— von einer solchen sagt Clemens nichts —- gedruckten Particular- Indices" verboten.

4. Die Nuncien und Legaten und in Italien die Bischöfe und Inquisitoren sollen alljährlich ein Verzeichniss der in ihrem Bezirke erschienenen verbotenen oder der Expurgation bedürfen- den Schriften an den h. Stuhl oder die Index-Congregation schicken.

5. Die Bischöfe und Inquisitoren und ihre Bevollmächtigten sollen sich die Indices der einzelnen Nationen verschaffen, um zu sehen, ob sie die darin stehenden Bücher nicht auch in ihren Bezirken zu verbieten haben.

6. Von allen Büchern, die von dem apostolischen Stuhle verboten sind, sind auch alle Uebersetzungen als verboten an- zusehen [vgl. S. 491]. ^

II. Ueber das Corrigiren der Bücher.

1. Das Expurgiren der Bücher nach den Vorschriften dieses Index steht den Bischöfen und Inquisitoren, wo keine Inquisitoren sind, den Bischöfen allein zu. Sie sollen damit ge- lehrte und fromme Männer, in der Regel je drei, beauftragen.

2. Die Expurgatoren haben zu streichen u. a. (die selbst- verständlichen Dinge lasse ich weg): Bibelstellen, welche aus schlechten Uebersetzungen von Ketzern entnommen sind, falls sie nicht etwa citirt werden, um die Ketzer zu bekämpfen und

Instruction Clemens' TUT. 541

mit ihren eigenen Waffen zu schlagen; ehrende Beiwörter der Ketzer und alles, was zu ihrem Lobe gesagt wird (s. S. 454); Sätze gegen die kirchliehe Freiheit, Immunität und Jurisdiction ; Sätze, welche unter Berufung auf die Aussprüche, Sitten und Beispiele von Heiden die staatliche Tyrannei begünstigen und die dem evangelischen und christlichen Gesetze widersprechende fälschlich sogenannte Staatsraison (quam falso vocant rationem Status) geltend machen.

3. Wenn in Büchern von neueren Katholiken, die nach 1515 geschrieben sind, die nöthige Verbesserung durch Bei- fügung oder Weglassung weniger Worte bewirkt werden kann, soll es geschehen; geht das nicht an, so sind die betreffenden Stellen zu streichen.

4. In den Büchern von alten Katholiken- soll nichts ge- ändert werden, wenn nicht etwa durch die Hinterlist der Ketzer oder durch die Unachtsamkeit des Druckers ein augenschein- licher Irrthum eingeschlichen ist. Wenn etwas Anstössiges von grösserer Bedeutung vorkommt, darf es in neuen Ausgaben am Rande oder in Anmerkungen bemerkt werden; dabei ist nament- lich darauf zu achten, ob nicht etwa aus der Lehre und an- deren Stellen desselben Autors die schwierigere Stelle erläutert oder sein Gedanke klarer dargelegt werden kann (s. S. 510).

5. Wenn der Codex expurgatorius von dem Bischof und Inquisitor durch den Druck veröffentlicht worden ist, können mit ihrer Erlaubniss die Besitzer der betreffenden Bücher selbst nach jenem Codex die betreffenden Bücher expurgiren. (Anders in Spanien; s. S. 495.)

III. Ueber den Druck von Büchern.

1. Auf dem Titel jedes Buches soll fortan der vollständige Name und das Vaterland des Verfassers genannt werden. Ist dieser nicht bekannt oder nach der Ansicht des Bischofs und Inquisitors ein genügender Grund vorhanden, das Buch anonym erscheinen zu lassen, so muss jedenfalls derjenige genannt wer- den, der dasselbe geprüft und approbirt hat.

2. Ordensleute haben ausser der nach der 10. Trienter Regel erforderlichen Erlaubniss des Bischofs und Inquisitors gemäss der Bestimmung des Trienter Concils auch die Erlaubniss ihres

542 Instruction Clemens' VIII.

Ordensobern zu erwirken. Beide sind im Anfange des Buches abzudrucken.

Nach einer Erklärung der Inquisition vom 10. Dec. 1601 (Albit. p. 279) ist es, wenn es sich nicht um Schriften handelt, die notorisch nichts Schlechtes enthalten, nicht genügend, einfach auf das Titelblatt zu setzen: „mit Erlaubniss der Oberen", ist vielmehr der Wortlaut der Approbation abzudrucken.

3. Die Bischöfe und Inquisitoren sollen unter Androhung von Strafen dafür sorgen, dass die Drucker den Büchern nicht obscöne Bilder beifügen oder obscöne, in Büchern religiösen Inhalts profane Initialen anbringen. In jedem Buche ist der Name des Druckers und Ort und Jahr des Druckes im Anfang und am Ende anzugeben.

4. Wer ein Buch drucken lassen will, hat dem Bischof oder Inquisitor eine vollständige Abschrift vorzulegen, welche diese nach der Prüfung und Approbation aufzubewahren haben. Nach Vollendung des Druckes darf das Buch nicht eher ausge- geben werden, bis es mit der Abschrift verglichen und die Er- laubniss zur Veröffentlichung ertheilt worden ist; diese ist nur zu ertheilen, wenn das gedruckte Buch mit der Abschrift über- einstimmt (S. 99 ; die Erlaubniss hiess in Rom, wo sie der Mag. S. Pal. ertheilte, licentia super publicatione).

5. Mit der Prüfung zu druckender Bücher sollen der Bischof und der Inquisitor Männer von anerkannter Frömmigkeit und Gelehrsamkeit beauftragen, von denen sie überzeugt sind, dass sie ohne Gunst und Hass verfahren u. s. w. (S. 341). Ihre Approbation ist mit der Druckerlaubniss des Bischofs und In- quisitors dem Werke vorzudrucken.

6. Die Buchdrucker und Buchhändler sollen eidlich ge- loben, dass sie ihr Geschäft katholisch, aufrichtig und getreu be- treiben, den Decreten und Regeln des Index und den Verordnungen der Bischöfe und Inquisitoren gehorchen und wissentlich keine ketzerische Gehülfen annehmen wollen. Hervorragende und ge- lehrte Buchdrucker und Buchhändler können auch zur Ablegung des Trienter Glaubensbekenntnisses angehalten werden.

7. Wenn von einem Buche eines verdammten Autors eine vorschriftsmässig expurgirte neue Ausgabe gedruckt wird, so ist der Titel nach folgendem Schema zu gestalten : Bibliotheca . . .

m

Reception des Index Clemens' VIII. 543

a Conrado Gesnero Tigurino, damnato auctore, olim edita ac prohibita, nuncjussu superiorum expurgata et permissa.

53. Reception des Index Clemens' VIII.

Der Index Clemens' VIII. wurde noch im J. 1596 auch zu Bologna, Perugia, Florenz, Mailand, Verona, Venedig und Prag gedruckt, 1597 zu Turin, Lissabon, Ltittich und Köln, 1598 zu Paris und Besangon u. s. w. ^). Da er vielen Ausgaben der Decrete des Trienter Concils beigedruckt ist, ist er überhaupt unter allen Indices der am öftesten gedruckte. Einige Ausgaben werden ausdrücklich als officielle bezeichnet : der Turiner von 1597 ist ein italienisches Promulgationsedict des General-In- quisitors Barth. Rocca vom 2. April 1597 beigefügt 2), der von Ferrara 1599 eine Verordnung des Bischofs Giov. Fontana vom 28. Nov. 1596^); die Lissaboner von 1597 wird auf dem Titel als auf Befehl des General-Inquisitors von Portugal gedruckt bezeichnet*); in der Prager Ausgabe von 1596 ist ein Erlass

1) Vgl. Petzholdt p. 143. Der Titel aller Ausgaben ist dem der Römischen gleich; es genügt also Ort und Jahr des Druckes der (ältesten und der sonst irgendwie bemerkenswerthen) Ausgaben anzugeben : Romae et Bononiae 1596, Romae et Mediolani 1596* (der Zusatz Romae et scheint anzudeuten, dass die Ausgabe gemäss dem Privileg S. 533 im Einver- ständniss mit dem Römischen Drucker veranstaltet war), Perusiae 1596 (Rosenthal 36, 1102), Veronae 1596, Florentiae 1596 (ohne das Breve Clemens' VIII., Schöttgen II, § 20), Venetiis 1596 (s. u.). Romae et Brixiae apud societatem Brixiensem 1597.* Coloniae apud Goswinum Cholinum 1597* (auch 1598* mit dem Conc. Trid., 1599, apud B. Gualther 1602 und 1614*). Vesontione 1598, Parisiis 1599. Die vor 1603 er- schienenen Ausgaben sind alle einfache Abdrücke der Römischen. Als Anhang zu den Trienter Decreten findet sich der Clementinische Index noch lange, nachdem andere Römische Indices publicirt waren, in vielen Ausgaben, z. B. in einem Abdruck der Gallemart'schen Ausgabe des Conc. Trid. Augsb. 1766.

2) Taurini apud Jo. Dom. Tarinum 1597. Schöttgen II, § 20.

3) Romae et Ferrariae 1599. Zacc. p. 169.

4) Impress. de mandato Illustriss. et Reverendiss. Domini D. Antonii

544 Reception des Index Clemens' VIII.

von dem päpstlichen Nnncius cum facultate Legati de Latere, Cesare Speciano, an alle Prälaten seines Legationsbezirkes bei- gedruckt, worin er sagt: er publicire hiemit im Auftrage des Papstes den Index mit allen Regeln, Appendices und Instruc- tionen für alle Gebiete der kaiserlichen Majestät und des Reiches, für welche er als Nuncius bestellt sei, und ermahne alle Bischöfe, dafür zu sorgen, dass der Index baldigst in den ihnen unterwor- fenen Kirchen, Universitäten, Collegien und Orten publicirt, recipirt und beobachtet werdet). Auch mehrere Provinzial- und Diöcesansynoden, nicht nur in Italien, sondern auch in Frankreich, Belgien und Deutschland schärften die Beobachtung des Index ein. In Venedig wurde derselbe von der Regierung förmlich recipirt, nachdem Clemens VIII. einige Bestimmungen seiner Instruction für das Venetianische Gebiet modificirt hatte, und mit dem Vorbehalt, dass auch in Zukunft Römische Bücher- verbote in Venedig einer ausdrücklichen Reception durch die Regierung bedürften.

In Rom wurde gemäss der Instruction Clemens' VIII. (I, 1) folgendes Edict publicirt: Edictum R. P. Magistri S. Palatii super notificatione librorum prohibitorum ad praescriptum novi Indicis S. D. N. Clementis VIII. Ut ea, quae in Indice librorum prohibi- torum, nuper iussu S. D. N. Clementis VIII. edito, executioni (ut par est) quanto citius demandentur, praecipimus omnibus et singulis, qui in Curia Romana sunt, cuiuscunque dignitatis, gradus et con- ditionis existant, ut infra trium mensium spatium, a data praesen- tium computandum, ad nos vel a nobis deputatos descripta singil- latim deferant vel mittant nomina librorum omnium et singulorum, quos apud se in eodem Indice prohibitos quisque hahuerit. Alioquin

de Matos de Norogna Episcopi Helvensis, Inquisitoris generalis Lnsitaniae etc. ' Olisipone. Apud Petrum Craesbeeck. Expensis Christ. Ortegae Bibliop. 1597. 73 Bl. 4.

1) Index . . . Auctoritate nunc Illustrissimi et Rev. Domini D. Cae- saris Speciani, Episcopi Cremonensis ac Nuntii Apostolici recusus. Pragae, typis Wenc. Marini a Gencziz, Anno 1506.* 12 Bl. 151 S. 8. In dem Erlass des Nuncius kommt die Notiz vor: Sbincon s. Sbignaeus ab Hazmburg, archiep. Pragensis, ut serpentem tunc per Jo. Huss Wiclefi doctrinam Pragae reprimeret, ejusdem Wiclefi libros, tractatus, articulos, scripta (citatis quotquot ea haberent) conquisivit ampliusque ducenta exemplaria tanta aestimatione, ut major numerus buUis fibulisque argenteis ac in- auratis esset ornatus, omnia publice in area aulae archiepiscopalis exussit.

ßeception des Itictex Clemens^ VIII. 54o

qui non paruerint librosque eiusmodi post lapsum trimestris tem- poris praedicti sine legitima licentia retinueririt, sciant se in poenas in Constitutione S. D. N". eidem Indici praefixa incursuros, subituri etiam alias arbitratu nostro poenas pro contumacia et libroriim qualitate. Dat. Romae in Pal. Apostolico die 17. Maii. 1596. F. Barth, de Miranda S. Pal. Mag. 17. Maii 1596 siipradictum edietum affixum et publicatum fuit in Cancell. Apost. et Acie campi Florae . . ^). Aebnliclie Edicte werden die Inquisitoren an an- deren Orten publicirt haben.

Yon den bei Zaccaria p. 171 und A. J. P. 6, 1724 zusammen- gestellten Synodaldecreten sind folgende zu bemerken: Narbonne 1609: alle Pfarrer sollen den Index besitzen und wenigstens zwei- nial im Jahre durchlesen; Bordeaux 1624: wer nicht eine schrift- liche Erlaubniss hat, darf die im Index expurgatorius (S. 3) des Trienter Concils verzeichneten Bücher nicht lesen oder behalten, bei Strafe der Excommunicatio latae sententiae ; Mecheln 1607: Die Pfarrer sollen oft an die Verbote in den nach dem Concil heraus- gegebenen Indices des apostolischen Stuhles erinnern; Köln 1612 : alle Pfarrer sollen den Index haben. Damit kann doch nur der Römische gemeint sein^). Die Diöcesansynoden von Augsburg 1610 und Osnabrück 1628 sprechen ausdrücklich von den nach dem Trienter Concil herausgegebenen Indices. In Baiern wurden unter Maximilian I. (1595 1651) die Verordnungen über verbotene Bücher noch verschärft^).

Im Dec. 1599 schrieb der Carthäuser Jodocus Grraes an Card. Baronius: es sei ihm bei seinen Studien sehr hinderlich, dass er viele Bücher wegen des Verbotes nicht gebrauchen dürfe, die er nicht entbehren könne; in Deutschland gebe es sehr viele Bücher, die wegen des Namens des Verfassers oder Druckers oder wegen der Fehler in den Anmerkungen oder der Uebersetzung Scrupel ver- ursachten, so dass man nicht einmal ein Lexicon, einen Thesaurus oder Index mit ruhigem Gewissen benutzen könne, da die meisten an protestantischen Orten gedruckt seien; der Cardinal möge ihm die Erlaubniss verschaffen, aber wo möglich nicht bloss für die in dem Index Clemens' VIII. festgesetzte Frist von drei Jahren (S. 539), da er aus seiner Einsamkeit zwischen Trier und Metz nicht alle drei Jahre die Erlaubniss nachsuchen könne. In einem Briefe vom J. 1603 bittet der Franzose Nie. Faber Baronius, ihm die Erneuerung der demnächst ablaufenden Licenz zu verschaffen, aber wo möglich für Lebenszeit, damit er ihn nicht weiter zu belästigen brauche.

1) Ich theile das Edict nach einem Exemplar in meinem Besitze vollständig mit, weil es sonst noch nicht abgedruckt ist.

2) Zts. f. Phil, und kath. Th. 29, 151.

3) Stieve, Das kirchl. Polizeiregiment S. 18. Arch. des D. Buchh. 2, 5.

Renscb, Iudex. 35

546 Reception des Index Clemens' Vlll.

M. Ant. Bonciarius bittet um die Erwirkung der Erlaubniss, die Bücher des Erasmus zu lesen i).

Die Buchhändler von Venedig führten nach dem Erscheinen des Index bei dem Senate Klage über mehrere Bestimmungen in der Instruction Clemens' VIII. , und der Senat machte in Rom so energi- sche Vorstellungen, dass nach längeren Verhandlungen der Papst bezüglich einiger Punkte nachgab. In seinem Auftrage unterzeich- neten der Patriarch Card. Lorenzo Priuli, der Nuncius Anton Maria Bischof von Amelia und der Greneral-Iuquisitor Fra Viiicenzo 14. Sept. 1596 eine „Erklärung der Regeln des Index Clemens' VIII., wie sie in dem Gebiete der durchlauchtigen Signoria von Venedig zu beobachten sind," welche folgende Modificationen der Instruction enthält: 1. Die mit d. c. verbotenen Bücher dürfen auch vor der Expurgation an solche verkaiift werden, welche von dem Bischof oder Inquisitor die Erlaubniss haben, sie zu behalten. 2. Wenn Bücher, die mit d. c. verboten sind, neu gedruckt werden sollen, brauchen sie nicht nach Rom gesandt, sondern sollen sie unverzüg- lich von dem Bischof und Inquisitor expurgirt werden. 3. Die Drucker brauchen nicht eine Abschrift des Manuscriptes einzureichen (Instr. III, 4), sondern haben das bei dem Drucke gebrauchte Manu- script dem Secretär der Riformatori dello studio abzuliefern, und dieses gilt nur von neuen Büchern und neuen expurgirten Ausgaben mit d. c. verbotener. 4. Auf der Rückseite des Titelblatts ist die Druckerlaubniss der Behörden in der herkömmlichen Form ab- zudrucken; darin sind die Namen derjenigen anzugeben, welche das Buch geprüft und approbirt haben (Instr. I, 5). 5. Unanständige Bilder oder Initialen sind verboten, nicht aber profane, die nicht un- anständig sind (Instr. I, 3). 6. Die Buchhändler sollen einmal ein Verzeichniss ihrer Bücher dem Inquisitor einreichen, um die Buchläden von den in dem neuen Index verbotenen Büchern zu säubern. 7. Bezüglich der den Bischöfen und Inquisitoren (Inder Reg. 10 und Instr. I, 3) eingeräumten Befugniss, ausser den im Index stehenden Büchern auch andere zu verbieten, wird erklärt, dass dieses von Büchern gegen die Religion und von Büchern, die mit falschen und erdichteten Approbationen gedruckt sind, zu ver- stehen ist. Solche Verbote sollen nur sehr selten und nicht ohne den gewichtigsten Grund und nur unter Mitwirkung der Inquisition und der Assistenten (S. 175) erlassen werden. 8. Die Bestimmung über die Vereidung der Buchhändler und Drucker (Instr. I, 6) soll im Venetianischen Gebiete nicht ausgeführt werden. -— 9. Alle Erben müssen, nöthigenfalls mit Hülfe von Sachverständigen, ein Verzeich- niss der zur Erbschaft gehörenden unbedingt oder mit d. c. ver- botenen Bücher anfertigen und binnen drei Monaten dem Inquisitor einreichen und dürfen mittlerweile die Bücher nicht gebrauchen oder

1) Baronii Epistolae I, 473. II, 148. 224.

Ueception in Venedig". 547

veräussern ^). Diese Erklärung acceptirte der Senat, liess sie in 150 Exemplaren für die Buchhändler drucken und gestattete nun auch die Publication des Index ^}.

Auf die Abschliessung dieses Concordates, wie man die ver- einbarte Erklärung vom 14. Sept. 1596 nannte, wurde nun aber in Venedig die Folgerung gestützt, dass alle weiteren Bücherverbote, um in Venedig gültig zu sein, gleichfalls einer förmlichen Aner- kennung durch die Regierung bedürften. Allerdings wurde dieser Grundsatz in der Form ausgesprochen, dass im Venetianischen Ge- biete kein Bücherverbot gelte, welches nicht von der Venetianischen Inquisition promulgirt sei; diese durfte aber kein von Rom aus er- gangenes Verbot promulgiren ohne Zustimmung der drei Senatoren, die an ihren Sitzungen theilnahmen (savii all' eresia, s. S. 175). Nur rein theologische ketzerische Bücher durfte die Inquisition selb- ständig verbieten ^}. Bischöfe und Geistliche suchten zwar vielfach mit mehr oder weniger Erfolg diese Bestimmung zu umgehen und Römische Bücherverbote als ohne weiteres auch für Venedig gültig darzustellen. Sie versuchten auch, die Beifügung derselben in den neuen Venetianischen Ausgaben des Index zu erwirken'*). Die Re- gierung aber hielt an jenem Grundsatze fest, und erst im J. 1 766 erschien eine von ihr anerkannte vermehrte Ausgabe des Index ^). Das Concordat von 1596 ist derselben vorgedruckt und hinter dem Index Clemens' VIII. steht eine Appendix, und eben diese zeigt, Avie wenige Römische Verbote in Venedig förmlich anerkannt wor- den waren. Sie enthält die Decrete von Alexander VII. und Inno- cenz XI. über Moralsätze und die Sätze des Molinos, das Verbot von 14 quietistischen Büchern vom 8. Febr. 1688 mit der Bemer- kung, es sei 22. März acceptirt worden, 5 andere Inquisitionsdecrete über Bücher aus den Jahren 1682 1709, zuletzt das Verbot des Berruyer von 1760. Aus der Zeit von 1596 1665 finden sich nur zwei Verbote von 1609 und 1617: Libro infamatorio detto Puri- tanus contro il Re d' Inghilterra und Libri di G. Aventrot, und

1) Zacc. 170. Cecchetti, La Repp. di Venezia e la Corte di Roma II, 257.

2) Index . . . Venetiis apud Nie. Morettum 1596* 12. (Stuttgart). Weitere Abdrücke erschienen zu Venedig 1597* (mit dem Conc. Trid.), 1598, 1602,* 1607, 1608,* 1614,* 1624,* 1707.* Der Clementinische Index und die Dichiarazione delle Regole von 1596 sind auch abgedruckt in den Opere di P. Sarpi. Helmstadt 1763, 4, 431.

3) Sarpi, Opere 6, 56, 61. Cecchetti I, 35. 79. II, 259. 260.

4) Sarpi, Opere 6, 52.

5) Index .... Clementis Papae VIII. jussu recognitus et publicatus. Editio n. ad exemplar primae Morettianae an. MDIVC. cum Appendice aliquot operum, quae subinde prohibita censeri debent juxta formam con- cordatorum. Venetiis ex typographia Columbiana a. 1766. Superiorum auctoritate. VIII und 202 S. 8.* (München, Univ.).

640 ißeception des Index Clemens^ VIII.

diese Büclier waren niclit in ßom, sondern von der Venetianischen Eegierung verboten i).

Bezüglich der Ertlieilung der Druckerlaubniss verordnete der Senat 1615, es solle auf dem Titel der Bücher einfach gesagt wer- den : Cum licentia superiorum, ohne dass die Revisoren genannt würden (wie Clemens VIII. Instr. III, 5 verordnet). Paul Y. re- clamirte dagegen^). 1622 wurde dann auf Grrund der iSTo. 4 des Concordates und der bestehenden Praxis verordnet, dass dieselbe von den drei Eiformatori dello studio in folgender Form zu er- theilen sei: „Wir, die Eiformatori u. s. w. ertheilen die Erlaubniss zum Druck, nachdem wir durch die Eevisions- und Approbationsbe- scheinigung des Inquisitors gesehen, dass das Buch nichts gegen den katholischen Glauben, und durch die Bescheinigung unseres Secre- tärs, dass es nichts gegen die Fürsten und die guten Sitten enthält". Man hielt strenge darauf, dass der Inquisitor sich auf die Erklärung zu beschränken habe, ob ein Buch etwas gegen den katholischen Grlauben enthalte^). Für den Secretär beantragte Sarpi 1615 eine Instruction zu entwerfen. In der Motivirung seines Antrages^) kommen folgende Bemerkungen vor: „Früher waren die Interessen und Grrundsätze der Kirche und des Staates dieselben und die In- quisition sorgte dafür, dass, wie nichts gegen die Eeligion, so auch nichts gegen die Eegierung gedruckt wurde. Seit 50 Jahren ist aber ein solcher Gregensatz zwischen den Interessen der kirchlichen und der weltlichen Gewalten hervorgetreten, dass man sich bezüg- lich der letztern nicht mehr auf die Inquisition verlassen kann. Nach der Instruction Clemens' VIII. (1,2) sollen keine Bücher mehr gedruckt werden, in welchen die kirchliche Freiheit, Immunität und Jurisdiction angegriffen oder die Staatsraison geltend gemacht wird; unter letzterer versteht man aber in Eom alle Massregeln, welche die kirchliche Oberaufsicht über die bürgerlichen Angelegenheiten der Fürsten und Obrigkeiten hindern. Darum gibt es jetzt keine Bücher mehr, welche die Eechte der weltlichen Gewalt vertreten: neue dürfen nicht gedruckt werden, die älteren sind geändert. Diese Sitte, die Bücher zu ändern, ist nicht nachzuahmen, weil alle Welt sie tadelt und als Fälschung bezeichnet und weil die Geistlichen für sich allein dieses Eecht beanspruchen, wie man denn in Eom sich sehr ungehalten gezeigt hat, als man in Venedig in einem Buche des Jesuiten Suarez eine der Eegierung anstössige Stelle weggelassen hatte. Anderswo schon gedruckte Bücher dürfen also in Venedig nicht castrirt werden. Eandnoten beizufügen, wie „das ist falsch" oder ;,von anderen widerlegt" (wie in dem Eömischen Index expur-

1) Cecchetti II, 258. Eine Schrift von Aventrot wurde 1621 auch in Rom verboten.

2) Albizzi, Risposta a Fra Paolo p. 298.

3) Sarpi, Opere 6, 14. Cecchetti I, 405. 408.

4) Sarpi, Opere 6, 1. Cecchetti II, 238.

m

Iudex expurgatorius des J. M. Brasicliellensis. 519

gatorius mitunter verordnet wird), ist lächerlich. Wenn ein Unter- than der Eepublik ein neues Buch drucken lassen will, kann von ihm verlangt werden, dass er die der Regierung anstössigen Stellen ändere oder das Buch ungedruckt lasse; ist der Verfasser kein Venetianer, so ist nicht eine Aenderung zu verlangen, sondern die Druckerlaubniss zu verweigern. Vor zehn Jahren hat ein Autor in einem Buche, das in Venedig gedruckt wurde, auf den Wunsch eines der Riforraatori einiges geändert; später Hess er es in Rom neu drucken mit Schmähungen gegen die Behörden. Wenn der Se- cretär den Druck von zehn Büchern nicht gestattet, so ruinirt er damit nicht den Buchhandel; in Rom verbietet man tausend, nicht nur der Religion wegen, was nöthig ist, sondern aus anderen Grün- den". — Bei einer andern Gelegenheit macht Sarpi den Römern den Vorwurf: sie verbieten oder corrumpiren gute Bücher, nament- lich solche, die von den Rechten des Staates handeln; sie verbieten Bücher, die sie nichts angehen (nicht theologische); sie bestreiten das Recht der Republik, schädliche Bücher zu verbieten. Bezüglich des ersten Punktes verweist er auf den Römischen Index expurga- torius und bemerkt: aus den expurgirten Ausgaben könne man nicht mehr sehen, was der Verfasser, sondern nur noch, was die Curie meine ^).

54. Der Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis.

Der einzige Römische Index expurgatorius, den es gibt, wurde 1607 von dem Dominicaner Giammaria Guanzelli aus Brisighella bei Faenza, er nennt sich auf dem Titelblatte Fr. Jo. Maria Brasichellensis, herausgegeben, der seit 1598 Magister Sacri Palatii war, 25. Juli 1607, also gleich nach der Veröffentlichung seines Werkes von Paul V. zum Bischof von Polignano (episc. Polyamniensis) ernannt wurde und 1619 starb (Catalani p. 142). Es erschien nur der erste Band 2). Derselbe

1) Opere 6, 52.

2) Indicis Librorvm expurgandorvm in studiosorum gratiam confecti. Tomus Primus. In qvo qvinqvaginta Avctorvm Libri prae caeteris desi- derati emendantur. Per Fr. Jo. Mariam Brasichellen Sacri Palatii Apo- stolici Magistrvm in vnum corpus redactus, & publicae commoditati ae- ditus. (Hier das päpstliche Wappen zwischen Petrus und Paulus). Romas, Ex typographia R. Cam. Apost. 1607. Svperiorvm Permissv. 8 Bl. 742 S. und 1 nicht numerirtes Blatt 8.* (Bonn), Auf dem letzten Blatte: Series

550 Index expnrgatorius des J. M. Braaichellensis.

wurde 1608 zu Bergamo nachgedruckt^), aber im J. 1611 in der Stille unterdrückt. In Folge davon sind beide Ausgaben selten geworden. Der Index wurde aber nach der Ausgabe von Bergamo von Georg Serpilius zu Regeusburg 1723, bei Joh. Adam Hesselius zu Altdorf 1745 ^j, endlich 1837 von R. Gibbings (buchstäblich genau) mit einer ausführlichen Einleitung neu herausgegeben ^),

In der kurzen Vorrede sagt Brisighella : da zu seinen amt- lichen Pflichten auch die Expurgation der Bücher gehöre, so habe er sich angelegen sein lassen, dass die mit d. c. verbo-

chartarum . . . Romae M.DC.VII, Ex Typographia Reu. Camerae Apo- stolicae. Svperiorvm Permissv. Der Index ist in durchlaufenden Zeilen gedruckt. Clement V, 209. Annuaire de la Bibliotheque Roy. de Belgique, Par le Baron de Reiffenberg. Annee X. (1849) p. 186.

1) Indicis Librorvm expvrgandorvm In studiosorum gratiam con- fecti Tomus priraus. In quo quinquaginta Auctorum Libri prae cacteris desiderati emendantur, per F. Jo. Mariam Brasicbell. Sacri Palatij Apost. Magistrum In vnum corpus redactus, & pub, commoditati aeditus. (Hier Petrus und Paulus, ohne Wappen). Romae Primö; Deinde Bergomi, Typis Comini Venturae, 1G08. 8 Bl. 608 S. 8. Der Index ist in zwei Spalten gedruckt.

2) Der Regensburger Druck hat denselben Titel wie die Römische Ausgabe, der Altdorfer den der Ausgabe von Bergamo. Nach dem Er- scheinen der Altdorfer wurde zu den noch nicht verkauften Exemplaren der Regensburger der erste Bogen neugedruckt und auf dem Titel bei- gefügt: Editio secunda, Multorum desiderio juxta exemplar Romanum typis mandata. Superiorum permissu, Pedeponti vulgo @tabt nm §of. Sumptibus Jo. Gastl Bibliopolae a. 1745. Mehreren Exemplaren der Alt- dorfer Ausgabe, die ich gesehen, ist beigebunden: Notitia Indicis Librorum expurgandorum editi per Fr. Jo. Mariam Brasichellen, S. P. Ap. Mag., quae et introductionis loco in historiam Indicum prohibitoriorum et ex- purgatoriorum esse queat. Recensente M. Nie. Ernesto Zobelio, ecclesiae Raschensis Pastore et Altorfinae Vicario. Altorfii, J. A. Hessel 1745. 80 S. 8. Zobel wird also auch den Neudruck veranlasst haben. Die sonstige ältere (antiquirte) Literatur über Bras. verzeichnet Clement V, 209. Vgl. Mendham p. 129.

3) An exact Reprint of the Roman Index Expnrgatorius. The only Vatican Index of this kind ever published. Edited, with a Preface, by Richard Gibbings, A. B., Scholar of Trinity College, Dublin. Dublin 1837. Die Vorrede p. I— LXXXVI. Nach dieser Ausgabe citire ich.

Iudex expui'gatorius des J. M. Brasichellensis. 551

tenen Bücher castigarentur talesque restituerentur studiosis, ut tuto et inoffense tractari possent; da die Zahl dieser Bücher aber sehr gross sei, habe er sich vorläufig auf solche beschränkt, deren Emendation für das Publicum am nützlichsten sei, quosque sibi e manibus extorqueri gravius fcrre horaines animadvertimus et quorum ut permitteretur facultas pene quotidie a nobis effla- gitabatur; seine Vorgänger hätten dafür Vorarbeiten hinterlassen, die theils von ihnen selbst, theils von Universitäten und anderen Gelehrten herrührten; die nach seinem Index corrigirten Bücher seien nicht verboten; den zweiten Band habe er schon unter Händen. Dann folgt ein Abdruck der auf die Expurgation be- züglichen Trienter Regeln (2, 5, 7, 8) und des zweiten Theiles der Instruction Clemens' VIII. Hinter dem Index sind zwei (italienische) Edicte des Mag. S. Pal. vom 7. Aug. 1603 und vom 10. Dec. 1605 abgedruckt, worin eine ziemlich grosse Zahl von Büchern verzeichnet ist, die seit der Publication des Index von 1596 verboten worden waren.

Der Index selbst umfasst in alphabetischer Ordnung 50 (51) Autoren und Bücher, darunter vier, die nicht in dem Index von 1596, sondern in den beiden Edicten verboten werden, und sonderbarer Weise drei Bücher von Benedictus Arias Montanus, die in Rom nie verboten worden sind. Dass gerade die Bücher aufgenommen seien, deren Expurgation am nützlichsten und wünschenswerthesten gewesen, wird in dieser Allgemeinheit mit Unrecht behauptet: die Expurgation des C. Molinaeus, die 70 Seiten füllt, war bereits gedruckt (S. 443), und der Raum, welchen die Expurgation des Franc. Georgius Venetus (p. 373 -460; s. S.486) und des Jo. Nevizanus (p. 521—530; s. S. 500) einnehmen, hätte auch besser verwendet werden können i). Am umfangreichsten ist die Expurgation der Bibliotheca Patrum von Margarinus de la Bigne, Paris 1589 (p. 55—259). Von Janus Cornarius und Leonh. Fuchsins werden einige (medicinische)

1) Zu Franc. Georgius' Harmonia hat Bras. übrigens (p, 424) ein Gutachten irgend eines Consultors unverändert abdrucken lassen. So heisst es, was sich doch für einen Index expurgatorius nicht passt, darin sehr oft: Puto esse delenda, delerem, nam etc., non probo u. s. w., p. 428 sogar: non intelliguntur haec verba. Vgl. S. 428,

552 Index expurgatorius des J. M. Brasicliellensis.

Bücher ganz unbedeutend expurgirt, viele einfach freigegeben. Auch in einigen anderen Büchern werden nur wenige Stellen gestrichen, an letzter Stelle in den Ausgaben des Xenophon die Vorreden undNamen der Ketzer Joachim Camerarius, Seb.Castalio, Jo. Ribittus, Wilibald Pirkheimer und Conrad Gesner. Diese drei Expurgationen und noch mehrere andere sind übrigens, ohne dass etwas davon gesagt wird, aus dem Antwerpener Ex- purgatorius resp. Quiroga abgedruckt, auch die des Polydorus Vergilius von 1544 und der älteren Ausgaben des Didacus Stella, obschon bei Cl. expurgirte Ausgaben von 1576 resp. 1581 aus- drücklich erwähnt werden.

Man kann den Index nicht als eine Privatarbeit bezeichnen ; denn der Herausgeber sagt ausdrücklich, dass er ihn in seiner amtlichen Eigenschaft veröffentliche. Man wird höchstens sagen können, der Magister S. Palatii habe den Index nicht im aus- drücklichen Auftrage des Papstes oder der Index-Congregation herausgegeben. Hätte er einen solchen Auftrag gehabt, so würde er es sagen. Die Formel Superiorum permissu auf dem Titel- blatt der ersten Ausgabe ist unklar. Nach der 10. Tri enter Regel hatten für Bücher, die in Rom erschienen, der Magister S. Pal. und der Cardinal- Vicar die Druckerlaubniss zu ertheilen; ob für den Index neben dem letztern statt des erstem eine an- dere Behörde die Druckerlaubniss ertheilt hat, ist nicht auszu- machen. Jedenfalls wird er nicht ohne Vorwissen der Index- Congregation erschienen sein. Hätte sich Brisighella mit der Veröffentlichung desselben einer Ueberschreitung seiner amt- lichen Befugnisse schuldig gemacht, so würde er nicht zum Bischof ernannt und sein Buch förmlich desavouirt worden sein. Dass man dasselbe ohne Aufsehen unterdrückte, erklärt sich aber daraus, dass man nicht verkennen konnte, wie wenig Ehre mit demselben einzulegen war, ein Vergleich mit dem Ant- werpener und dem Quiroga' sehen Expurgatorius konnte nur zu Ungunsten desselben ausfallen, und dass einzelne Theile desselben, namentlich die Expurgation der Bibliotheca Patrum, vielfachen Widerspruch fanden.

Die Autoren, von denen erst nach 1596 Schriften verboten wurden (und von denen darum im 2. Bande zu handeln ist), sind Alph. Martinus Vivaldus, Emmanuel Sa, Laurentius Schradaeus

Index expiirgatorius des J. M Brasichelleiisis. 553

(Schrader) und Franc. Vallesius. Ausser den oben genannten sind aus Q. oder dem iVntw. Exp. einfacli abgedruckt die Expurgationen von Amatus Lusitanus, Arnaldus de Villanova, Beatus Rhenanus, Biblia Vatabli, Didacus Stella, Epigrammatum flores Leod. a Queren, Franc. Duarenus, Janoccius de Manettis, Jo. Carion, Jo. Oldendor- pius, Leop. Dickius, Levmus Lemnius, Lud. Yives, Mart. Martinez, Melchior Clingius, Petrus Crinitus, Plato ed. Jo. Serranus, Theo- phrastus ed. J. C Scaliger und Theophrastus Paracelsus (dieser ist mit Theophrastus zusammengeworfen und steht nicht im Eegister ; darum zählt Bras. 50 statt 51 Expurgationen). Hinzugekommen sind zu diesen, bei denen einfach auf die früheren Indices hätte ver- wiesen werden können, ausser den * oben genannten nur folgende, bei denen aber zum Theil auch Q. oder Antw. benutzt sind: Alber- tus Argentinensis, Alb. Krantz, Analysis s. resolutio dialectica, An- dreas Masius, Ant. de Rampelogis, Franc. Hottomanus (in De ver- bis juris, Yen. 1564, und Commentaria in libros Instit., Ven. 1569, werden einige Stellen über Papst und Kaiser, über Geistliche und Mönche u. dgl. gestrichen, in letzteren auch eine Stelle, wo Justi- nian als ein frommer Christ bezeichnet wird, mit der Motivirung: er sei als Eutychianer gestorben), Gerardus Mercator, Gruil. Grata- rolus. Hier. Cardanus, Jo. Bodinus, Jo. Förster (Lexicon hebr.), Jo. Guil. Stuckius (Antiquitatum convivalium, 11. 3, 1592), Jo. Petrus de Ferrariis, Josias Simler (De republica Helvetiorum und Yallesiae descriptio), Lud. Castelvetro, Matth. Wesenbecius, Seb. Münster (im Dictionarium hebr. die Yorrede und alle Stellen zu streichen, an denen die Yulgata getadelt wird), Theatrum vitae hum. von Theodor Zwinger und Thesaurus Santis Pagnini.

Im J. 1611 sollte der Index in Antwerpen nachgedruckt wer- den; aber 21. Jan. 1612 schrieb der Nuncius an den Drucker: „Auf Befehl Seiner Heiligkeit ist der Index kürzlich siispendirt worden (nuper suspensus fuit). Da ich dir im vorigen Jahre ein Exemplar übersandt, um ihn dort zu drucken, so glaube ich dich jetzt ersuchen zu müssen, ihn nicht zu drucken oder, wenn der Druck schon voll- endet ist, dich zu bemühen, dass alle Exemplare unterdrückt wer- den". Zobel und Mendham (p. 131) meinen, der Index sei auf den Index gesetzt worden; aber das im J. 1621 erlassene Yerbot der „ausserhalb Roms ohne Approbation der Index-Congregation gedruck- ten Indices et Syllabi particulares" bezieht sich schwerlich auf Bras. Das von dem Nuncius gebrauchte Wort suspendere ist der technische Ausdruck für ein Yerbot d. c. Aber auch so ist Bras. nicht förm- lich verboten worden. Es scheint aber, dass man in Rom daran gedacht hat, eine expur'girte Ausgabe dieses Expurgatorius zu ver- anstalten. Wenigstens sagt P. Wastelius, der 1643 die von Bras. bestrittene Echtheit eines dem Johannes von Jerusalem zugeschrie- benen Buches (s.u.) vertheidigte : er habe ein Exemplar in Händen gehabt, nach welchem eine neue Ausgabe hätte gedruckt werden sollen, und nach dem, was er darüber sagt, sollten in dieser, wie bei Q., nur die in den zu expurgirenden Büchern vorzunehmenden Aenderungen angegeben, dagegen die Motivirungen derselben, die

554 Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis.

bei Bras. namentlich bezüglich der Bibliotheca Patrum eine so grosse Rolle spielten, weggelassen werden^). Dieser Plan kam aber nicht zur Ausführung. Der Index wurde, wie Papebroch sagt, ohne Auf- sehen unterdrückt (modeste suppressus), der Wiederabdruck und die Veröffentlichung eines zweiten Bandes verboten.

Bras. wurde von den Carmelitern angegriifen, weil in der Ex- purgation des 8. Bandes der Bibliotheca Patrum (p. 254) gesagt war, der Bischof Johannes von Jerusalem, der Zeitgenosse des Hiero- nymus, dürfe nicht als Heiliger bezeichnet werden und habe wahr- scheinlich nicht das Buch de institutione monachi geschrieben, dessen Verfasser sich als einen Carmeliter bezeichne und welches über die Gründer und Verbreiter des Carmeliterordens handle, was durch Anführung einer Stelle aus Baronius begründet wird, der in ziem- lich starken Ausdrücken in directem Gegensatze zu der im Carme- literorden herrschenden Ansicht sagt, im 5. Jahrh. habe es noch keine Carmeliter gegeben. Ausserdem sprachen sich Raynaud, Poza und andere Jesuiten sehr bitter über Bras. aus, weil er ihren Moral- theologen Emmanuel Sa sehr stark expurgirt hatte (Gibbings p. LVII). Auch in Spanien war man unzufrieden. Ein Secretär der Inquisi- tion schreibt im J. 1633: er habe an dem Index von Sandoval von 1612 mit gearbeitet; dabei sei Bras. nicht berücksichtigt wor- den, weil er (oder Malvenda, der der eigentliche Verfasser sei) darin seine persönlichen Meinungen, namentlich den Jesuiten (Sa) gegen- über geltend gemacht ; Pineda und die anderen spanischen Quali- licatoren hätten die von Bras. gegebene Expurgation des Arias Montanus, Franc. Vallesius und anderer orthodoxer Schriftsteller und der Bibliotheca Patrum vielfach gemildert u. s. w.^).

Dass Bras. von Sand, nicht berücksichtigt worden, ist übrigens unrichtig. Es wird vielmehr wiederholt darauf verwiesen , z. B. bei den Büchern von Melchior Kling: permittuntur, qui ad prae- scriptum Expurgatorii Mag. S. Pal. correcti fuerint. Der spanische Dominicaner Thomas Malvenda ist auch nicht der eigentliche Ver- fasser des Index, wohl aber der einen grossen Theil desselben füllenden Expurgation der Bibliotheca Patrum ^). Diese ist aller- dings eine der sonderbarsten Partieen des Index. Es ist weniger

1) So wird der Satz zu verstehen sein, den Clement V, 211 aus Wastelius, Vindiciae, in quibus Joanni Hierosol. u. s. w. anführt: Vidi ego, manibus tenui et legi indicem illum expurgatorium novo prelo dcstina- tum, Omnibus ejus probationibus virga censoria cancellatis, ut tantura nudae conclusiones in posterum vulgarentur.

2) Pelayo, Heterodoxos 3, 854.

3) Quetif II, 455 sagt, er sei 1605 von der Index- Congregation mit der Expurgation beauftragt und in 1—2 Monaten damit fertig geworden. Wahrscheinlich ist auch die Expurgation des Arias Montanus und viel- leicht noch anderes von ihm.

Bibliotheca Patrum. 555

eine Expurgation als eine Eeihe von kritischen Bemerkungen, grossentheils mit ausführlicher Begründung, die nicht immer so zu- treffend ist wie bei Johannes von Jerusalem. Eine Expurgation ist es doch z. B. nicht, Avenn p. 133 verordnet wird, der Vita D. Vi- gilii Tridentini einen 5 Spalten füllenden Passus beizufügen, worin Malvenda alles zusammengestellt hat, was er über diesen Autor weiss. Dieser Fall ist aber gar keine Ausnahme: auch zu den Sprüchen des Xystus, zu Evagrius, zu Jonas von Orleans (p. 164. 181. 136) u. a. fügt er Seiten lange Erörterungen bei, wobei er fleissig seine eigenen Schriften citirt.

Die erste Ausgabe der Bibliotheca SS. Patrum supra 200 u. s. w., welche übrigens nicht nur patristische, sondern auch Schriften von heterodoxen, schismatisch-griechischen und mittelalterlichen Au- toren enthält, weshalb Bras. den Titel in Bibliotheca patrum et veterum auctorum ecclesiasticorum corrigirt, erschien zu Paris 1575—78 in 8 Foliobänden (dazu eine Appendix 1579). Sie wurde alsbald in Eom als ein unzeitgemässes und der Kirche schädliches Werk denuncirt^). Von Q. wurde sie 1583 mit d. c. verboten und expurgirt. Aus U. nahmen S. Cl. das Verbot auf. Mittlerweile war aber 1589 die 2. Ausgabe in 9 Bänden erschienen, und diese ist es, die von Bras. expurgirt wird. Die 3. Ausgabe von 1610 und die 4. von 1618 wurden ex praescripto Indicis expurgatorii ,emen- dirt", und die Ausgabe von 1610 wurde von Sand, ausdrücklich freigegeben und nur das Auctarium derselben expurgirt. Im Köm. Index aber steht - noch heute (unter Eigne) die Bibliotheca ohne irgend welche Bezeichnung der Ausgabe mit d. c.

An die Expurgation der Bibl. Patrum knüpft sich die Frage, ob auch Schriften von Kirchenvätern in den Indices prohibitorii und expurgatorii stehen. Verboten werden Schriften von einzelnen mittel- alterlichen griechischen und lateinischen Theologen, und aus der älteren Zeit einige Apokryphen (S. 292); das einzige Verbot einer eigentlichen patristischen Schrift findet sich, abgesehen von dem Opus imperfectum in Matthaeum (S. 292), bei V. 59 : er verbietet den dem Eucherius (im 5. Jahrh.) zugeschriebenen Commentar zur Grcnesis. Alle anderen Verbote von patristischen Schriften beziehen sich lediglich auf die von Ketzern oder der Ketzerei Verdächtigen besorgten Ausgaben. Was die Indices expurgatorii betrifft, so streichen sie alle in den Indices (Eegistern) der Ausgaben der Kirchenväter viele Stellen, welche wörtlich aus dem Texte derselben entnommen sind, wie das ja auch bei Bibel-Indices geschieht (S. 202) ; aber diese Stellen werden eben nur im Eegister, nicht im Texte ge- strichen 2). Bezüglich der Behandlung des Textes ist zu unter- scheiden zwischen Quiroga und den späteren Indices. Q. streicht in der Bibl. Patrum nicht nur einen Tractat des Marcus von Ephesus, und

1) Theiner, Ann. II, 416.

2) Beispiele bei Junius, Indices exp. duo p. 26. Francus p. 152,

556 Index expurgatorius dos J. M. Brasichellensis.

einige Schriften von Clemangis ganz, sondern, was viel bedenkliclier ist, in anderen Büchern einzelne Abschnitte: zwei Capitel in einer Schrift des Nie. Cabasilas, den Schluss des dem Melito unterschobenen Tractatus de transitu B. Mariae, viele Stellen in den, wie er aus- drücklich beifügt, dem Einsiedler Antonius mit Unrecht zugeschrie- benen Melissae betitelten Predigten, ferner, was noch bedenklicher ist, einige Stellen in der lateinischen üebersetzung des Cyrillus Alexandrinus von Laur. Humfredus und Bon. Vulcanius und in dem erwähnten Commentar des Eucherius, eine Stelle in den Quae- stiones des Anastasius und zwei Stellen in dem Pastor des Hermas, den er bei der Expurgation der Orthodoxographa mit einem Moni- tum freigibt. In der Instruction Clemens' VIII. (II, 4; S. 541) wird verordnet: „in de.n Büchern alter Katholiken, d. h. solcher die vor 1515 geschrieben, solle nichts geändert werden, falls nicht durch die Arglist der Ketzer oder die Nachlässigkeit der Drucker ein handgreiflicher Irrthum eingeschlichen sei". Dass man diese Vorschrift nicht in ihrer ganzen Ausdehnung beobachtete, zeigt die Expurgation des Jo. Petrus de Ferrariis, Albertus Argentinensis u. s. w. Aber bei der Expurgation der Bibl. Patrum beschränkt sich Bras. darauf, bei Pseudo-Melito 5 Worte zu streichen und den Pseudo-Antonius ähnlich zu corrigiren wie Q., nachdem er bemerkt hat, die Predigten seien von einem spätem Grriechen Antonius Me- lissa (um 1000) und die Gesner'sche üebersetzung derselben sei unzuverlässig^). Sonst beschränkt er sich bezüglich patristischer Schriften auf warnende Vorbemerkungen und Eandnoten. Auch Sand, und die folgenden span. Indices streichen im Texte nichts mehr (nur Sand, noch die Stellen im Hermas). Von den angegebenen Fällen abgesehen, trifft also die Indices der Vorwurf einer Aende- rung des Textes der Kirchenväter nicht.

Eine andere Frage ist, ob nicht im 16. Jahrhundert katholi- sche Herausgeber patristischer Schriften auf Veranlassung oder mit Vorwissen der kirchlichen Behörden, welche ihre Ausgaben revi- dirten und approbirten, die Kirchenväter verfälscht haben, wie von protestantischen Polemikern vielfach behauptet worden ist 2), während

1) V. 59 verlbietet: Antonii Melissae 1. sententiarum et Facismi disser- tationes contra graecos [ed. Com. Gesner 1546: s. Fabricius, Bibl. gr. V, 25, 2]. Bei Q. steht Antonii Melissae s. Musae sent. u. s. w. Das sonder- bare sive Musae ist wohl dadurch entstanden, dass in Q.'s Manuscript auf Ant. Melissa der lutherische Theologe Ant. Musa folgte. S. hat den Unsinn nachgedruckt, Cl. aber Ant. Melissa u. s. w., Sand, sive Musae gestrichen.

2) Th. James, A Treatise of the corruption of Scripture, Councels and Fathers by the Prelates, Pastors and Pillars of the church of Rome for the maintenance of Popery and irreligion. London 1612.* Ders., Ecloga Oxonio - Cantabrigensis, 1600.* Francus p. 98. 213. Mendham, An exact Reprint p. LXXVII. Vgl. Gretser p. 260. (Opera 13, 110).

Ausgaben der Kirclienväter. 557

von katholischer Seite versichert wurde, man habe sich immer an die Vorschrift Clemens' YIII. gehalten. Es erregt nun allerdings Bedenken, wenn wir sehen, wie rasch manche Theologen des 16. Jahrh. bei Stellen der Kirchenväter, die irgendwie unbequem waren, mit der Yermuthung bei der Hand waren, sie seien von älteren oder neueren Ketzern corrumpirt worden. So verordnet Bras. p. 101, zu einer Stelle in einem Briefe des Ignatius (nach der längern lateinischen Eecension), Petri et Pauli et aliorum apostolorum, qui nuptiis operam dederunt, am Eande zu bemerken: Verba illa „et Pauli et aliorum ap." videntur e textu abradenda ; nam . . . haud levis suspicio est, Graeculos, quo suo recentiori mori de presbyteris conjugatis suppetias accerserent, hunc locum depravasse. Zu einer andern Stelle: unus calix qui omnibus nobis distributus est, bemerkt Bellarmin: Neque multum fidendum est graecis codicibus; multi sunt enim in eis errores. Hier haben spätere Ausgaben qui pro omni- bus u. s. w.^). So werden auch sonst wohl einzelne Stellen ge- ändert worden sein. Dass dieses aber mit patristischen Schriften, von dem Opus imperfectum in Matthaeum (S. 292) abgesehen, in grossem Massstabe geschehen sei, ist nicht zu erweisen. In den meisten Fällen, wo man von Fälschung spricht, handelt es sich nur um ein unkritisches Verfahren : man hat in Ausgaben der Kirchen- väter Stücke, deren ünechtheit jetzt erwiesen ist, als echt auf- genommen und echte Stücke, die man für unecht hielt, wegge- lassen, jüngere und schlechtere Handschriften bevorzugt, ver- derbt scheinende Stellen nach ungeschickten Conjecturen zurecht gemacht und namentlich Bibelcitate vielfach nach der Vul- gata geändert. Sehr oft wird citirt, was Franciscus Junius erzählt: ein Corrector des Lyoner Druckers Frelonius habe ihm 1559 einen Correcturbogen von einer Ausgabe des Ambrosius ge- zeigt, auf welchem zwei mit der Censur beauftragte Franciscaner den Text, wie er nach Handschriften gesetzt war, stark geändert hatten (Mendham p. 84). Da aber jene Lyoner Ausgabe gar nicht erschienen, ist es nicht auszumachen, ob die Censoren willkürlich oder nach einer andern Handschrift geändert haben.

Indess eine Untersuchung darüber, ob nicht überhaupt Heraus- geber patristischer Schriften ihren confessionellen oder theologischen Anschauungen auf die Handhabung der Kritik einen ungebührlichen Einfluss gestattet haben, würde zu weit führen und ist hier nicht am Platze ; sie würde wohl zu dem Ergebnisse führen, dass innerhalb und ausserhalb Ilions Mauern gesündigt worden. Mehr am Platze ist hier die specielle Frage, ob einige unter den Anspielen von Päpsten erschienene Ausgaben von Kirchenvätern gefälscht, sogar, wie man behauptet hat, eingestandener Massen gefälscht sind.

Durch den Index Pauls 1559, ja auch durch die Moderatio desselben vom J. 1561 (S. 267. 299) war die Benutzung der brauch- barsten Ausgaben der Kirchenväter für Katholiken, wenn nicht un-

1) Gibbings, Reprint p. XXVHI.

558 Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis.

"bedingt verboten, doch ungebührlich erschwert. Stanislaiis Hosius schreibt 1565 an den Cardinal Ant. Amulius (Ep. 95 ; Opera 2,239): Vor Pius y. seien die Schriften der Kirchenväter nicht in Rom und katholischen Städten, sondern (hauptsächlich) in Basel, von den Xetzern depravirt und corrumpirt, gedruckt worden. Er habe in Rom die Werke der vier grossen Kirchenlehrer (Ambrosius, Augu- stinus, Hieronymus und Grregorius M.) kaufen wollen. Die Buch- händler hätten ihm aber gesagt, die Ausgaben derselben seien ver- boten. Die Katholiken, fügt er bei, hätten die Kirchenväter ver- nachlässigt; es habe in den letzten Jahren noch manche gegeben, die ausser dem Thomas oder Scotus kaum noch einen andern Autor gelesen, ja die nicht einmal die Bibel einer fleissigen Leetüre werth erachtet hätten. Pius Y. und mehrere folgende Päpste veranlassten nun die Publication von katholischen Ausgaben zunächst von lateini- schen Kirchenvätern; Gregor XIII. dachte auch an die Edition von griechischen Vätern ^), und Sixtus Y. sogar an Yaticanische Aus- gaben der Classiker. Zum Beweise dafür , dass in diesen gewissermassen amtlichen Ausgaben der Text der Kirchenväter ver- fälscht worden, hat man sich auf eine Stelle in der Dedication der Bibliotheca des Sixtus von Siena (vom J. 1566) berufen, wo von der Thätigkeit, die Pius Y. als Cardinal und Greneral-Inquisitor ent- faltet, u. a. gesagt wird: Expurgari et emaculari curasti omnia ca- tholicorum scriptorum ac praecipue veterum patrum scripta, haereti- corum aetatis nostrae faecibus contaminata et venenis infecta. Aber diese Stelle bezieht sich, wie der Zusammenhang zeigt, lediglich auf die Moderatio vom J. 1561 (S. 299), in der nur die Beseitigung häretischer Anmerkungen u. s. w. verordnet wird.

Wenn auf dem Titelblatte einer zu Yenedig 1570 und noch- mals 1584 gedruckten Ausgabe des Augustinus gesagt wird: in quo praeter locorum multorum restitutionem secundum collationem ve- tustiorum exemplarium curavimus removeri omnia, quae fidelium mentes haeretica pravitate possent afficere aut a cath. et orthodoxa fide deviare, so bezieht sich das, wie eine Yergleichung mit der zu Grunde gelegten Yenetianischen Ausgabe von 1550 zeigt, auf die Weglassung der Summarien, Schollen u. s. w. von Erasmus und an- deren verdammten Autoren. Die im Text vorgenommenen Aenderun- gen sind nicht der Art, dass sie als tendenziös bezeichnet werden müssten^). Der Bischof von Yenusium, der die Römische Aus- gabe Gregors des Grossen von 1585 besorgte, sagt, er habe obscura elucidasse et nova addidisse hinc inde magno conquisita labore. Letzteres bezieht sich auf die Beifügung noch ungedruckter Briefe, die ja zum Theil unecht sind, ersteres auf Noten und wirkliche oder vermeintliche Textesverbesserungen, und bei diesen wird eine will-

1) Theiner, Ann. II, 342.

2) Schoenemann, Bibl. Patrum II, 128. Clement I, 265. Sainjore I, 260.

Ausgaben der Kirchenväter. 559

kürliclie Aenderung des Textes im Interesse der Orthodoxie schwer- lich nachzuweisen sein. Wenn Thomas James (Vindiciae Grregorianae, Grenf 1625) 1085 Stellen verzeichnet, an welchen die Ausgabe von den besten Handschriften abweiche (Calandrini sagt 130001), so spricht das nicht dagegen; die meisten Abweichungen werden der- selben Art sein, wie die Hunderte, die er zwischen der Sixtinischen und der Clementinischen Vulgata-Ausgabe gefunden. Eine Aus- gabe des Ambrosius (Eom 1580—85) wurde im Auftrage Pius' IV. und y. von Felix Peretti begonnen und von ihm als Sixtus V. mit einem Breve vom 14. Sept. 1585 approbirt, in welchem er verordnet, die Werke des Ambrosius, nunc erroribus purgata, sollten fortan nur nach dieser Römischen Ausgabe gedruckt werden. Dass sie ge- fälscht sei, dafür beruft man sich auf die Mauriner, welche neben anderen Fehlern der Ausgabe auch dieses rügen, dass die Bearbeiter multa in ipso textu sibi permiserunt. Aber die Mauriner erläutern dieses durch : nihil aliud sibi proposuerunt nisi voces quasdam, quae paulo duriores ipsis videbantur, emollire vel, quae obscuriores, mu- tare clarioribus vel denique ad scripturae seriem auctoris expositiones revocare, und so willkürlich auch vielfach bei der Gestaltung des Textes verfahren sein mag (Dupin, Bibl. II, 292), Fälschungen im Römischen Interesse werden nicht nachzuweisen sein.

Am bedenklichsten steht es um die Römische Ausgabe des Cyprianus von 1563. Latinus Latinius, der daran hauptsächlich ge- arbeitet, sagt: Quorundam hominum libidine non sat scio an pru- dentia commissum est, ut contra scriptorum codicum fidem nonnulla retenta sint, aliqua etiam addita, plurima vero immutata. Das Letzte bezieht sich allerdings, w^ie er selbst beifügt, darauf, dass die Bibel- citate nach der Vulgata geändert wurden, und wenn er von dem Beibehalten und Beifügen gegen die Autorität der Handschriften spricht, so meint er damit vorzugsweise die unechten Schriften (er sagt vorher, aus dem Veroneser Codex sehe man, multa, quae Cy- priano tribuuntur, notha esse), aber auch die bekannten Interpola- tionen in dem Buche de unitate ecclesiae wurden gegen seinen Willen und gegen die Autorität der älteren Handschriften nach einer späten Handschrift abgedruckt i). (Die Sache wird im 2. Bande noch ein- mal zur Sprache kommen). Auch die Nichtaufnahme des Briefes des Firmilianus (und einiger anderer Briefe) hat hauptsächlich ihren Grund darin, dass sie den Curialisten unbequem waren.

1) Cyprianus ed. Hartel I, 213; III, p. X. XL. LXXIX. Lit.-ßl. 1868, 395. 1870, 2G3. Buchmann, Verm. Aufsätze V, 7.

560 Katholische Schriftsteller im Index Clemens* VlII.

55. Katliolisclie Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

Wenn Theophil Raynaud (Erot. p. 5) sagt: Clemente VIII. Poiitifice dilatatae admodum sunt Indicis fimbriae, tametsi arcte et ang'uste id tunc factum videri debeat prae posterioribus tem- poribus, so ist das insofern ganz richtig, als in dem Index Clemens' VIII. neben Schriften von Häretikern und sittlich anstössigen Schriften theologische Werke von Katholiken in viel grösserer Zahl stehen als im Trienter Index und sein Index in dieser Beziehung den Uebergang bildet zu den Indices der folgenden Jahrhunderte, in denen das Verbieten häretischer Schriften gegen das Censuriren von Schriften katholischer Ver- fasser ganz in den Hintergrund tritt. Es handelt sich hier nicht um Auetores nota haeresis suspecti (S. 356), sondern um Männer, deren katholische Gesinnung auch in Rom nicht bezweifelt wer- den konnte und die nur wegen Ansichten, welche sie ohne irgendwelche Hinneigung zum Protestantismus vorgetragen, der Censur der Inquisition oder der Index- Congregation verfielen. Es sind darunter nicht wenige, deren Schriften schon vor 1564 erschienen waren, theilweise auch schon Widerspruch ge- funden hatten, die aber von Paul IV. und Pius IV. nicht in den Index gesetzt worden waren. So, um hier nur die bekanntesten zu nennen, Johannes Ferus, Lud. Vives, Ambrosius Catharinus, Conrad Kling, Job. Gropper. Dazu kommen aus späterer Zeit Claudius Espencaeus, Christophorus a Capite Fontiura, Martin Eisengrein, mehrere Exegeten wie Martinus Martinez, Didacus Stella u. a., die bereits erwähnten Philosophen Telesius und Patricius, endlich Papirius Masson und Justus Lipsius.

Nicht zur Entschuldigung Clemens' VIII., aber im Interese der geschichtlichen Wahrheit muss constatirt werden, dass er die Verbote fast alle aus dem Index Sixtus' V. und dass dieser sie grösstentheils aus dem Lissaboner Index von 1581 und dem Quiroga'schen von 1583 herübergenommen hat, wobei anzuer- kennen ist, dass er bei diesen noch viel mehr derartige Verbote fand, die er nicht aufgenommen.

Da Th. Raynaud die im Index begangenen Sünden den Domi- nicanern aufzubürden liebt, so mag hier an den oben S. 480 mitge-

Jo. Ferus. 561

theilten Brief seines Ordensgenossen P. Canisius erinnert werden, in dem u. a. Ferus und Kling als zu expurgirende Theologen ge- nannt werden.

Von dem Franoiscaner Jo. Ferus (Wild, gest. zu Mainz 1554) werden im Par. 51 verboten die Commentare zum Evangelium (1536 u. s.) und zum 1. Briefe des Johannes (1545 u. s.; die Pa- riser Ausgabe beider Commentare von 1553 wird also expurgirt sein ; beide erschienen auch zu Antw. 1562 mit Approbation). Nach seinem Tode erschien, von Philipp Agricola herausgegeben, Ferdi- nand I. dedicirt, zu Mainz 1559 der Commentar zum Matthäus; er wurde in demselben Jahre zu Antwerpen mit Approbation des geist- lichen Censors und zu Lyon nachgedruckt. Er wurde auch der Sor- bonne vorgelegt; diese erklärte aber, derselbe sei so voll Irrthümer und Ketzereien, dass er der Emendation nicht werth sei, und es solle keine expurgirte Ausgabe gedruckt werden, damit nicht unter deren Namen auch die deutschen und Lyoner Ausgaben verkauft würden ^). In Spanien griff der Dominicaner Domingo de Soto 1554 Ferus an in den Annotationes in commentarios Jo. Feri Moguntini super Ev. Jo., Salamanca 1554. 4. Phil. Agricola vertheidigte Ferus, ohne Soto zu nennen, in der Dedication an das Mainzer Domcapitel, wel- che er 1555 der Historia passionis von Ferus vorausschickte. Dann erschien 1558 zu Alcala von seinem Ordensgenossen Michael Me- dina eine Apologia Joannis Feri, in qua 67 loca commentariorum in Joannem, quae antea Dom. Soto Segoviensis lutherana traduxerat, ex s. scriptura sanctorumque doctrina restituuntur (wiederholt ge- druckt). Soto antwortete 1560 in seinem Commentarius in 1. 4 Sent. Medina besorgte auch 1562 eine (expurgirte) Ausgabe des Commen- tars zu Matth. und Joh. 1567 liess die Inquisition die Commentare von Ferus confisciren und leitete gegen Medina einen Process ein. 1578 erschien dann zu Alcala eine von der Inquisition approbirte expurgirte Ausgabe der Commentare zu Joh., 1 Joh. und Rom. Q. verbot 1583 unbedingt Medina's Apologia, mit d. c. die drei ge- nannten Commentare und die zu Matthäus und zum Ecclesiastes und gab zu allen fünf eine Expurgation. In der zu den drei zuerst ge- nannten Commentaren wird die Streichung vieler Stellen verordnet, dabei aber gestattet, diese Stellen, statt sie zu streichen, nach der approbirten Ausgabe zu ändern. (Im Liss. 81 wird Medina's Apo- logia und Jo. Ferus ad Romanos unbedingt verboten, letzterer mit der lächerlichen Bemerkung: quod opus ipsi videtur falso impositum). S. Cl. gingen einen starken Schritt weiter und verboten mit d. c. Jo. Feri opera omnia mit Ausnahme der zu Rom (1577 in 2 Bän- den 8.) erschienenen Editio recognita et expurgata der Commentare zu Matth., Joh. und 1. Joh. (sie ist abgedruckt Lyon 1604 u. s.) und der nach 1587 erschienenen Ausgaben des Examen ordinan- dorum.

1) Arg. IIa 278. Clement VIII, 294.

Beusch, Iudex. 36

562 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

Sixtus Senensis, obschon Dominicaner, lobtFerus und die Apo- logie des Medina ohne Reservation nnd berichtet ausführlich und ganz objectiv über die Controverse zwischen Medina und Soto^). Yon dem Commentar zu Matth. aber sagt er bei der Stelle Matth. 16, 17, die Ferus allerdings nicht im curialisti sehen Sinne deutet: non desunt testes fide digni, qui pro certo asseverent, commentaria in Matthaeum post mortem auctoris, antequam excuderentur, ab haereticis, praesertim hoc loco depravata, eine ganz grundlose Behauptung^). üeber die Stellen, die man bei Ferus beanstandete, sagt R. Simon: Er spricht, namentlich in dem Commentar zu Joh., oft die Sprache der Protestanten; aber Medina hat gezeigt, dass er sich nicht von der Lehre, nicht einmal von der Redeweise der alten Lehrer der Kirche entfernt hat. Er hat neben den älteren Autoren auch protestantische benutzt, namentlich Brenz und Oecolampadius, aber, wie er in der Vorrede sagt, nur das aus ihnen excerpirt, quae bonae doctrinae consona videbantur et quae illi non in schismate, sed in ecclesia catholica didicerant^). Q. hat freilich ausser dog- matisch anstössigen oder anfechtbaren Stellen bei Ferus auch Sätze zu streichen wie: Quis sacerdotum ac religiosorum et pontificum inexplebilem avaritiam ac imposturas non videt? In dem Examen ordinandorum*) wird hauptsächlich die auf die Atifzählung <ler Bücher des A. T. folgende, allerdings dem TrienterDecrete von 1546 nicht conforme Bemerkung Anstoss erregt haben: Herum aliqui olim dice- bantur apocryphi i. e. occulti, propterea quod domi quidem et pri- vatim pro suo cujusque animo fas esset eos legere, in ecclesia autem publice non recitabantur nee quisquam eorum auctoritate premebatur. Hi sunt 3. et 4. Esdrae, Tob., Judith, Sap., Eccli., Bar. et Machab. 2 libri.

Die Werke des Jo. Ferus mit Ausnahme derjenigen, von denen expurgirte Ausgaben erschienen, sind noch heute mit d. c. verboten. Das Verbot ist in Deutschland ebenso in Vergessenheit gerathen, wie bis vor kurzem das des Greiler von Kaisersberg. Brischar hat 1867 einige Predigten in den ersten Band seiner „katholischen Kanzelredner Deutschlands" aufgenommen, und M. Jocham 1841 einen ganzen Jahrgang von „des berühmten Franciscaners Joh. Wild

1) Bibl. 1. 4 s. V. Jo. Ferus; 1. 6, ann. 178 ff.

2) Bibl. 1. 6, ann. 72 und 45; s. dagegen Clement VIII, 294.

3) Lettres I, 148. Hist. crit. des comm. p. 559.

4) Ich besitze die (zweite) zu Mainz 1554 gedruckte Ausgabe: Examen ordinandorum. Ad quaestiones sacrorum ordinum candidatis in dioecesi Moguntinensi proponi consuetas aptae et piae responsiones catholicam veri- tatem succincta brevitate indicantes. Es ist mit der beigedruckten Expositio canonis missae von dem Bischof Odo von Cambray (f 1113) ein Bändchen von 112 Bl. 12., interessant, weil es zeigt, welches geringe Mass von theo- logischen Kenntnissen man damals in Mainz von den Ordinanden verlangte.

Claudius Espencaeus. 563

Predigten, gehalten im Erzdomstift Mainz 1528—54" neu heraus- gegeben^).

Claudius Espencaeus (Claude d'Espence, 1511 71) hatte wiederholt Händel mit der Sorbonne. Schon 1543 wurde er wegen einiger Aeusserungen über Bilder- und Reliquienverehrung, die er in Predigten gethan haben sollte, in Untersuchung gezogen; er be- stritt von einigen Sätzen, dass er sie ausgesprochen, und gab an- deren eine orthodoxe Deutung^). 1546 wollte die Sorbonne zwei Bücher auf ihren Index setzen ; aber das Parlament verhinderte dieses (S. 149). 1553 verbot sie zwei französische Schriften von ihm: Paraphrases ou meditations sur l'oraison dominicale (Lyon 1550) und Consolation en adversite, weil sie einige miss verständliche, ver- fängliche und der Ketzerei verdächtige Sätze enthielten^). 1558 wurde wieder über die Bilder- und Heiligenverehrung mit ihm verhandelt, und 1562 wurde er wegen einer bei dem Peligionsgespräch von St. Germain 1561 von ihm, dem Erzbischof von Seez, dem Bischof von Valence u. a. abgegebenen Erklärung über Bilderverehrung zu Rede gestellt. Er erklärte, das Actenstück sei nicht von ihm ver- fasst, sondern ihm von der Königin-Mutter eingehändigt, und gab eine zufriedenstellende Erklärung; auf den Rath, er möge, um das scandalum saltem pusillorum zu beseitigen, ein Buch über Bilder- verehrung schreiben, antwortete er aber: ein solches Buch würde wohl nicht so ausfallen, dass es der Facultät zusage ^). Paul lY. dachte daran, Esp., der 1555 mit dem Cardinal von Lothringen in Rom war, trotz seiner freimüthigen Aeusserungen über kirchliche Missbräuche, zum Cardinal zu machen. Esp. erwähnt dieses selbst, einmal mit dem Zusätze: Quid facerem Romae? mentiri nescio. Thuanus sagt, er sei nicht Cardinal geworden, weil der Papst er- fahren, dass er in einer Predigt die Legenda aurea als ferrea be- zeichnet. J. B. Gallus (der Jesuit Jean de Machault) sagt in seiner Schrift gegen Thuanus : das sei nicht der einzige Grund gewesen ; Esp. habe sich manches andere zu Schulden kommen lassen; er sei ein tüchtiger Humanist, aber ein schlechter Theologe gewesen (in theo- logicis pene rudis et destitutus iis adjumentis, quae scholastica theo- logia solet oflferre ad difficiliores scripturae et ss. patrum nodos ex- plicandos). Raynaldus (a. 1560, n. 33 35) zählt ihn zu den moUiores catholici, die das energische Einschreiten gegen die Ketzer miss- billigten ^). Im Index stehen von Esp. nur zwei spätere Schriften

1) Es verräth eine grosse Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit, wenn der ungarische Bischof Roscovany, Romanus Pontifex, 1867, II, 363, Ferus als apostata Franciscanus bezeichnet.

2) Arg. I ad ind. 13. II a 134. 137.

3) Arg. I ad ind. 19. II a 220.

4) Arg. II a 187. 382. I ad ind. 22.

5) Thuanus, ed. Lond. Vllb 42. Clement VIII, 125.

564 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VlII.

mit (1. c: Commentariiis in Epistolam ad Titum (Paris 1567. 8.), im Liss. 81, bei Q. und seit S. im Köm. Index, und Collectaneorum de continentia 11.6 (Paris 1565. 8.), seit S. Ersteres Buch wird bei Q,., letzteres bei Sot. expurgirt. In beiden kommen allerdings Stellen vor, die, so schön sie sind, die Grelelirten des Index nicht passiren lassen konnten: über Dispensen, welche Reiche kaufen, Arme nicht erlangen können, über die Taxae camerae s. cancellariae apostolicae, über Aeusserungen Hadrians VI. und das Consilium de emendanda ecclesia, die Missbräuche an der Curie, die geistliche aiaxpOKepbia u. s. w. Es wurde bei ihm auch eine Anzahl von Versen des Baptista Mantuanus (f 1516) über Rom gestrichen i) ; dieser selbst ist nicht in den Index gekommen.

Wenn die Löwener Theologen bei der Gensurirung des Perus und Espencaeus nicht betheiligt sind, so sind sie es, die Ludovicus Vives auf den Index gebracht haben. Sie expurgiren in der Antw. App. p. 50 seine Commentarii ad libros Augustini de Civitate Dei (1522 u. 0.), und nun wurden diese von Liss. 81, Q., S., Cl. mit d. c. verboten. Jene Expufgation wurde von Q. und Bras. abge- druckt. Die ganze umfangreiche Praefatio de veteribus interpretibus hujus operis, drei Dominicaner und einen Franciscaner, deren Fehler allerdings scharf gerügt werden, wird gestrichen, ausserdem eine Reihe von in dogmatischer Beziehung nicht im mindesten anstössi- gen Stellen über kirchliche Missstände und Fehler der Scholastik, z. B. die Stelle zu 18, 18, wo er die Zänkereien über die Frage tadelt, ob Grott die Macht, zu schaffen, einem Geschöpfe mittheilen könne, und die Stelle zu 21, 7, an der er es rügt, dass die Scholastiker über den locus de resurrectione, de judicio, de suppliciis impiorum et beatudine piorum, qui terminos captumque hujus naturae excedit, auf die dogmata Aristotelica gestützt, so vieles mit Bestimmtheit vortragen und omnia tam philosophice disputant, ut putet aliquis eos Athenis ethnicos esse, non Parisiis christianos. Es wird sogar in der Einleitung zum 8. Buche, wo Vives sagt, er werde die philo- sophischen Ansichten Piatons etwas ausführlicher darstellen, quoniam a nostris hominibus, qui in philosophorum scholis theologorumque versantur, prorsus sunt ignoratae, der Satz qui . . . versantur ge- strichen. — Theophil Raynaud sagt, die Dominicaner hätten Vives wegen seiner Angriffe auf Theologen ihres Ordens verdammt; Ca- salas, der Vertheidiger der Dominicaner, antwortet (Candor Lilii p. 556), er sei wegen seiner Freundschaft mit Erasmus in den Index gekommen. In dem Lissaboner Index von 1624 wird ausdrücklich gesagt: Ejus scripta non parum obscuravit consuetudo cumErasmo;

1) Francus p. 172. Andere bei Esp. gestrichene Stellen bei Schelhorn, De consilio de em. Eccl. Ep. 2, 24—34. Vgl. R. Simon, Hist. crit. des comm. p. 593. Die Opera omnia Cl. Espencaei ed. Gilb. Genebrardus, Par. 1619, enthalten nur die lateinischen Schriften, diese aber nicht castrirt. Clement VIII, 120.

Conrad Kling. Joh. Gropper. 565

darum seien auch seine nicht verbotenen Schriften caute zu lesen, namentlich das opusculum de studio philosophiae, ubi scholasticae theo- logiae methodum et terminos nimis grammaticus et male cautus notat.

Conradi Klingii opera omnia werden von Q,. unbedingt, von 8. Cl. und seit Sand, auch im span. Ind. mit d. c. verboten. Eine Expurgation gibt es nicht; aber in den Loci communes (Col. 1565, fol.) von Kling, er war Franciscaner, der letzte in Erfurt (1520) promovirte Doctor der Theologie und Führer der dortigen katholischen Partei (f 1556), kommen allerdings Aeusserungen über Ablässe, die Curie, Greistliche und Mönche vor, die in Spanien und Eom nicht gefallen konnten^).

Enchiridion doctrinae | institutionis] christianae concilii Co- loniensis, von Cl. (in der 2. Cl.) mit d. c, 1623 als Enchiridion concilii Coloniensis unbedingt verboten, seitdem standen beide Verbote neben einander, bis Ben. das zweite strich, ist das 1538 mit den Canones des Kölner Provincialconcils von 1536 gedruckte Lehrbuch der Religion, welches als Institutio compendiaria doctrinae Christ, ex Concilio prov. Col. zu Verona 1541, als Euch, christ. in- stitutionis in Conc. prov. Col. editum zu Paris 1550 nachgedruckt wurde. Es ist verfasst von Joh. Grropper, von Paul IV. zum Cardinal ernannt, f zu Rom 1559, und wurde ein halbes Jahr- hundert nach seinem Erscheinen verboten, weil darin die Lehre von der Rechtfertigung in einer der reformatorischen sich annähernden Darstellung vorgetragen wird'^). Bei Sand. Sot. wird es expurgirt. Das gleichfalls von G-ropper verfasste, 1544 unter dem Namen des Kölner Domcapitels veröffentlichte Antididagma gegen Bucers und Melanchthons Reformationsversuche, welches dieselbe Lehre enthält und in Löwen mit einer warnenden Randbemerkung der dortigen Theologen nachgedruckt wurde und diese zu einem scharfen Schreiben an die Kölner veranlasste, steht nicht im Index. Von Albert Pighius (Pigghe), der dieselbe Lehre vorträgt, werden De libero arbitrio contra Calvinum (1542) und Controversia de peccato ori- ginal! (in Controversiarum praecip. in comitiis Ratisponensibus tracta- tarum explicatio, 1549) zuerst im Liss. 1624, dann bei Sot. ver- boten, nicht im Rom. Ind. Aus dem Enchiridion ist manches in das Regensburger Buch von 1541 übergegangen, welches in Rom keine gute Aufnahme fand^). Der von Contarini zu Regensburg

1) Kampschulte, Erfurt II, 239. 241. A. D. B. 4, 333.

2) Döllinger, Ref. III, 309. Possevin sagt mit Berufung auf Bellar- min, Controv. de justif. 3, 2, 3 : Coloniense Enchiridion in modo loquendi doctrinam Melanchthonis et Buceri redolct. Bei Greg. Capuc.Instit. (S. 498) f. 152 steht : In Concilio Coloniensi cave a doctrina de justificationc, ut dicit Alph. de Castro 1. 7. c. haer., quia sapit haeresim Lutheranam, et idem sapit in doctrina de modo orandi Deum in dicto Concilio.

3) Compendium Inquisitorum (S. 176) p. 272: Card. Badia . . . inter-

566 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

verfasste Tractatus s. Epistola de justiücatione, eine weitere Aus- führung des 5. Artikels desselben, wurde in der von der Sorbonne approbirten Pariser Ausgabe seiner Werke von 1571 unverändert abgedruckt, in einer Separatausgabe Venedig 1589 aber von dem dortigen General-Inquisitor Marco Medici corrigirt: Hie tractatus ante Concilium Tridentinum editus fuit, nunc vero post conimemo- ratum Conc. expurgatus prodit. Card. Uuerini liess den Tractat in seiner Ausgabe der Briefe Card. Pole's (vol. III jj. CIC) in seiner ursprünglichen Gestalt sammt den Yenetianischen Veränderungen ab- drucken, und vertheidigte die Rechtgläubigkeit Contarini's gegen J. R. Kiessling, bis Benedict XIV. ihm gebot, die Controverse ab- zubrechen ^).

Von Q., dann von S. Cl. wurde unbedingt verboten Martini Eiseng reinii De certitudine gratiae tractatus apologeticus pro vero ac germano intellectu canonis 13. sess. 6. Concilii Trid. [nuper a quibusdam gnosticis exagitati], die von dem Kölner Theologen Tilnian Bredenbach (K.-L. 2, 1219) 1569 zu Köln herausgegebene Uebersetzung der 1568 zu Ingolstadt erschienenen „Erklärung dreyer Hauptarticul christlicher lehr. I. Ob es wahr sey, das man auff dem . . . Concilio beschlossen, welcher Mensch vestigklich glaube, dass jme sein sünd verzygen seien, der solle verflucht vnd verdampf seyn. II. Ob man im Papstumb die menschen von verzeyhung jrer sünd vnd Gottes Gnad ewigklich zweifflen, zittern vnd zagen haisse. III. Wie man im Papstumb die Sterbenden tröste vnd jnen an jrem letzten end zuspreche^ (308 Bl. 4). M. Eisengrein, 1555 katholisch geworden, von Herzog Albrecht von Baiern als der gefürchtetste Polemiker nächst Eck bezeichnet, war 1567 in Rom sehr gut auf- genommen und 1568 von Pius V. zum Propst in Passau ernannt worden; Commendone meinte, er solle Bischof von Wien werden 2), Hieronymi Serrae Lutheranorum serra in liberum arbitrium bei S. Cl. ist mir unbekannt.

Das scandalöseste mit der Rechtfertigungslehre zusammen- hangende Verbot ist: Ordo baptizandi cum modo visitandi, Ven. 1575, bei Q., Ordo baptizandi juxta ritum S. Rom. Ecclesiae, Ven. apud Jo. Variscum et socios 1575, bei S. Cl. (mit d. c). Q,. ist so naiv, die zu streichenden Stellen vollständig abzudrucken : Credis non propriis meritis, sed passionis D. N. Jesu Christi virtute et merito ad gloriam pervenire? Credis quod D. N. J. C. pro nostra salute mortuus sit et quod ex propriis meritis vel alio modo nullus possit salvari, nisi in merito passionis ipsius? Non erit desperan-

fuit ut Mag. S. Palatii in comitiis Ratisbonae, in quibus fuit male deter- minatum de articulo justificationis.

1) Card. Quirinii Epistolae ed. Colesi, 1756, p. 559. Brieger, G. Contarini, 1870, S. 7. Studien und Krit. 1872, 87. Rist. Jahrb. der Görres- Ges. 1880, 349.

2) J. Pogiani Epp. II, 119. III, 310. 311.

M. Eisengrein, Ordo baptizandi. Chr. Javcllus. 567

dum vel dubitandum de salute illius, qui suprapositas petitiones corde crediderit et ore confessus fuerit. Es war ganz in der Ord- nung, dass weiterbin gestrichen wurde: Hae protestationes morientium revelatae fuerunt cuidam religioso viro u.s. w. und: Erat quidam papa, qui dum ad extrema pervenisset u. s. w., so wie an einer andern Stellen die Exorcismi Luciferini et Cypriani; aber jene beiden Fragen, die auch in der Sacra institutio baptizandi, Paris 1575, und in dem Sacerdotale, Ven. 1579, stehen, galten, wie Card. Hosius zugibt, als von dem h. Anselm herrührend und entsprechen jedenfalls der Lehre desselben^).

Nur bei S. wird mit d. c. verboten Chrysostomi Javelli (Dominicaner, f um 1540, s. S. 60) Tractatus de praedestinatione et de trinitate, qui habentur inter ejus commentaria ad 1. partem S. Thomae. Der letztere Tractat war von U. verboten und an 4 Stellen ex])urgirt, der erstere wurde von den Dominicanern in den stärksten Ausdrücken desavouirt als eine Abhandlung, bei der Ja- vellus aus Opposition gegen Luthers Gnadenlehre (s. S. 400) in den reinen Semipelagianismus verfallen sei^).

Ende 1586 beauftragte Sixtus V. den Nuncius in Belgien, Giov. Franc. Bonomi, den Bischof von Cäsarea und Suffraganeus des Cardinais von Sens mit Hülfe des Herzogs von Parma verhaften zu lassen und nach Kom zu schicken, der „in Paris einige Sätze, die ketzerisch und geeignet seien, neue Flammen schlechter Meinun- gen in Frankreich zu entzünden, verötfentlicht und hartnäckig ver- theidigt und sich dann nach Löwen oder Antwerpen zurückgezogen habe." Es handelte sich um den Franciscaner Christophle de Chef- fontaines (Christophorus a Capite fontium; bretagnisch hiess

1) Gibbings, Report of . . P. Carnesecchi p. 32. Dieselbe Expur- gation wie Q. gibt auch Greg. Cap. Instit. f. 186 mit der Bemerkung: manche meinten irrthümlich, dieses „Baptisterium" sei eine officielle Aus- gabe, wie die des Breviers, Missale und Officium parvum (S. 438). In dem Rituale Romanum Pauli V. jussu editum et a Benedicto XIV. auctum et castigatum lauten die Formeln allerdings etwas anders: Der Priester soll den Sterbenden ermahnen, ut tirmiter credat omnes articulos fidei et quidquid s. Rom. Ecci. Cath. et Apost. credit et docet; ut speret Christum D. N. pro sua immensa dementia sibi fore propitium, et merito ejus sanc- tissimae passionis et per intercessionem B. Mariae et omnium sanctorum se vitam aeternam cousecuturum u. s. w. Von einem Exemplare des Ordo, Venet. Variscus 1580, bemerkt Rosenthal 28, 4484: Les fif. 11—14 en partie effagees par le censeur. Einer Expurgation bedürftiger war ohne Zweifel der ebend. 4483 verzeichnete Ordo . . . cum multis exorcismis contra daemoniacos, Ven. Aeg. Regazola 1575.

2) So Quetif II, 104, der beifügt: qua lucubratione nomen suum indelebili macula foedavit, ac utinam aeternis tenebris mandasset.

568 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

er Penfentenion), einen berühmten Prediger, der 1571 Greneral seines Ordens, 1579 von Gregor XIII. zum Erzbischof von Cäsarea und Weihbischof des Erzbischofs von Sens ernannt war. Er wurde wirklich 1587 in das Grefängniss der Inquisition zu Eom gesetzt. Die Pfarrgenossen von St. Gervasius und Protasius in Paris baten in einem Briefe vom 27. Mai 1588 um seine Freilassung und be- zeugten, dass er bei ihnen immer orthodox gepredigt. lieber den Inquisitionsprocess ist nichts weiter bekannt; Ch. starb 26. Mai 1595 in dem Kloster Montorio^).

Von seinen theils französischen, theils lateinischen Schriften wurden durch S. Cl. unbedingt verboten: De necessaria correctione theologiae scholasticae ; De missae Christi ordine et ritu ; Novae illustrationis christianae lidei adversus impios, libertinos, atheos, epicureos et omne genus inlidelium epitome (Par. 1583. 1586), alle anderen mit d. c. Die beiden ersten Schriften, die erste war Sixtus V. gewidmet; Ch. hatte sie betitelt: De conciliatione variarum scriptorum eccl. opinionum, der Drucker aber den Titel geändert, sind wieder abgedruckt in den 1586 zu Paris mit Approbation er- schienenen Varii tractatus et disputationes de eo quod sit utile at- que necessarium, nonnullos secum pugnantes scholasticorum scrip- torum opiniones, licet in iis, quae sunt iidei, summa sit inter illos concordia, ad decretorum Conc. Trid. normam conciliare et corrigere, sc. liber unus de necessaria correctione theol. schoL, opus de veteri ritu celebrandi missam, cui subjicitur Ambrosii Catharini tract. de consecrationis euchar. formula, propositiones ex variis tractatibus Chr. de Cap. F. de eucharistia conscriptis. Der eigentliche Stein des Anstosses war die von Ch. entwickelte Ansicht: Christus habe nicht mit den Worten Hoc est corjms meuni u. s. w., die er bei der Spendung gesprochen, sondern vorher durch die Segnung des Brodes und Weines consecrirt, und bei der Messe werde die Consecration nicht durch das Eecitiren der Einsetzungsworte allein, sondern auch durch Segen und Grebet des Priesters bewirkt, eine Ansicht, die freilich vor Ch. auch Ambr. Gatharinus und viele andere Theologen vertreten hatten 2). Bei Sand. Sot. werden drei andere Schriften

1) Miscellanea di storia ital. 18, 623. A. J. P. 12, 515.

2) Man wird auch daran Anstoss genommen haben, dass Ch. bei dem Versuche, die sieben verschiedenen Ansichten über die Consecration auszugleichen, es tadelt, dass man manches als de fidc bezeichne, was es nicht sei, und dass er dem Catechismus rom. keine Auctorität beilegt. E. Simon, Critique II, 166 (p. 180 sind die 8 Blätter abgedruckt, die in den meisten Exemplaren des Buches De nee. corr. fehlen). LettresII, 198. K.-L, 1, 603. Auch Odo von Cambray (bei Ferus M 6, S. 562 Anm. 4) sagt: Patet quod panis benedictus sit corpus Christi. Non enim post bene- dictionem dixisset: Hoc est corpus meum, nisi in benedictione fieret corpus suum. Ueber die Schriften von Ch. s. Clement VI, 224.

Chr. a Capite Fontium. Ambr. Catharinus. 569

expurgirt: Assertio catholica de libero arbitrio et meritis bonorum operum, Antw. 1575 (6 Stellen gestrichen und im Register: Grratiae nomen condigni superbum vocabulum sustulit), Defensio tidei ma- jorum nostr^rum, Rom 1576 (eine Stelle über die Eucharistie ge- strichen und im Register: Naturalibus rationibus contraria docet fides cath.), Cath. defensio perpetuae virginitatis Mariae V. et Jo- seph!, Lyon 1578 (3 Stellen gestrichen).

Sixtus' V. Unwille über Cheffontaines' Ansicht von der Con- secration brachte 1590 auch noch einen schon 1552 gestorbenen tapfern Gregner der Reformatoren auf den Index, den Dominicaner Ambrosius Catharinus Politus. Als er unter Paul 111. Bischof von Minoria bei x4malli werden sollte, reichte der Mag. S. Pal. Spina eine Denkschrift ein, worin er ihm 50 Irrthümer (meist über Gnade und Rechtfertigung) zur Last legte; Cath. vertheidigte sich in der im Sept. 1546 geschriebenen (erst 1552 in den Tractatus theologici zu Rom gedruckten) Defensio contra schedulam Fr. B. Spina M. S. P. Paulo oblatam, und wurde Bischof, 1552 F^rzbischof von Conza (Compsa) und sollte auch Cardinal werden^). Wahr- scheinlich, weil Cheffontaines die Schriftchen hatte wieder abdrucken lassen, wurden durch S. Cl. Quaestiones duae de verbis, quibus Christus sanctissimum eucharistiae sacramentum confecerit (in den zu Rom gedruckten Tractatus) verboten (jetzt unter Politus). Bellarmin (De Script. eccl.)sagt: Seine Werke sind überhaupt caute zu lesen, und einige communiter a doctoribus refelluntur, namentlich Defensio catholicorum pro possibili certitudine gratiae, Yen. 1547 {gegen Soto), und De praescientia, Providentia et x)raedestinatione Dei und De statu futuro puerorum qui sine sacramento defuncti sunt, Par. 1541 und in den Opuscula, Lyon 1542^). Bei Sand, werden in den Opuscula mehrere Seiten gestrichen und Contirmatio defensionis cath. u. s. w. (in der Expurgatio adv. Apologiam Dom. Soto, 1551, p. 81—360) verboten. Sot. streicht bei Cath. noch einige Stellen mehr.

Die Schrift des Cath. über das Loos der ungetauft sterbenden Kinder^) steht nicht im Rom. Ind., wohl aber seit S. CL, ohne Zweifel wegen derselben Lehre, des Neapolitanischen Dominicaners Thomas Elysius Clypeus piorum adversus veterum recentiorumque haereticorum pravitatem fabrefactus, Ven. 1563. 697 S. 4*).

1) Pallav. 9, 6, 2, Quetif II, 144.

2) R. Simon, Grit. II, 93. 596. Bellarm. Controv. de justif. 3, 3. 8.

3) Bellarm. De amiss. gr. 6, 2 bezeichnet die von Cath., Savonarola, Alb. Pighius (auch von Lucianus Mantuanus, s. S. 400) vorgetragene An- sicht, infantes sine baptismo morientes futuros post Judicium beatos na- tural! beatitudine et in quodam veluti paradiso terrestri perpetuo feliciter- que victuros, als ketzerisch.

4) Die betreffende Stelle wird von G. Cassander, Opera p. 769 ange- führt. Quetif II, 212 sagt nichts über den Grund des Verbotes,

570 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

Von einem andern Dominicaner, Bartholomaeus Ferrariensis, ver- bot Cl. mit d. c. De Christo Jesu abscondito pro solemnitate Cor- poris ejusdem 11. VI, Ven. 1557, Liss. 1624 und Sot. streichen an zwei Stellen solum in dem Aasdrucke ipsum solum orare und noch drei andere Stellen. Seit S. sind, ich weiss nicht warum, verboten: Antonii Poli Yeneti Lucidarium potestatis papalis [septem libros complectens. Yen. 1576. 74 Bl. 4], und Jo. Pauli Donati libellus de reservatione casuum ; Mich, a S. Josepho sagt, dieser sei Carmeliter gewesen, erwähnt von ihm aber nur die Pius Y. gewidmeten Solu- tiones ad contradictiones in dictis Aristotelis et S. Thomae, 1569.

Q,. verbot mit d. c. die 1535 erschienene Cosmopoeia des x\ugustinus (Steuchus) Eugubinus (Steuco aus Gubbio; er gehörte zu den Canonici reguläres S. Salvatoris [Lateranensischen Chorherren, K.-L. 2, 1831], wurde 1538 Bischof von Chisamo auf Candia und Bibliothecar der Yaticana, f 1549), strich aber nur eine einzige Stelle, obschon das Buch mehrfach angegriffen worden war, namentlich von Ambrosius Catharinus. Dom. Soto hatte 1546 in Trient privatim sogar geäussert, das Buch enthalte viele Ketze- reien^). S. schrieb das Yerbot von Q. nach, aber Cl. änderte das d. c. in: nisi fuerit ex emendatis et impressis Yenetiis 1591. Steu- chus' sämmtliche Werke wurden zu Paris 1578 und zu Yenedig 1591 in 3 Bänden Folio mit einer Yita von seinem Ordensgenossen Am- brosius Morandus gedruckt; letztere Ausgabe ist also expurgirt. Bei Sand, werden nur 2 Stellen mehr gestrichen als bei Q., bei Sot. aber füllt die Expurgation der Opera 5 Folio-Spalten. Es handelt sich darin zum Theil um exegetische Ansichten, meist aber um die Yulgata: Steuchus' Worte werden geändert, wenn er den Grundtext als Vera oder verlor lectio bezeichnet oder von der lateinischen Psalmenübersetzung sagt : inepte transferens, supervacaneo additum est u. dgl., und die ganz richtige Bemerkung zu Ex. 34, 30: Igi- tur non habetur in contextu: cornutam [Moysi faciem], sed: radian- tem wird geändert in: Igitur habetur in contextu cornutam vel ra- diantem.

Martinus Marti nez, Prof. des Hebräischen zu Sala- manca, hatte 1565 einen Folioband: Hypotyposeon theologicarum s. regularum ad divinas scripturas intelligendas 11. 10 herausgegeben. Er wurde von der Inquisition processirt, weil er darin die Yulgata und die Auslegung der Kirchenväter nicht gebührend respectirt

1) DöUinger, Ungedr. Berichte I, 237. Soto zählte zu den Ketzereien namentlich die Sätze: Quae hie scripsit Moyses, non tarn scripsit ea, quae spiritu Dei didicerat, quam quae sua tempestate versabantur, und Adam etiam, si neu peccasset, mortuus fuisset. Letztere Ansicht : ex Adami lapsu genus humanum in mortem animae, non corporis incidisse, und die An- sicht: coelum empyreum esse coaeternum Deo rügt auch Possevin, App. I, 136, der im übrigen Steuchus sehr rühmt. Auch Sixt. Sen. 1. 5, ann. 4. 36 tadelt einiges. lieber die Ausgabe von 1591 s. Frey tag. Anal. 907.

Exegeten. 571

habe, und musste de levi abschwören^). Von seinem Buche Hess die Inquisition zu Salamanca 1582 eine expurgirte Ausgabe drucken, und Q,. verbot die frühere Ausgabe d. c. und gab eine starke Ex- purgation derselben. S. Cl. druckten das Verbot und Bras. die Ex- purgation ab. An einer Stelle soll beigefügt werden : Unamvis haec, quae Hieron. et Aug. docuerunt, vera sint, tarnen post Concilii Trid. decretum non licet Vulgatae testimonia quovis praetextu rejicere. Auch des Andreas Masius Commentarii ad Josuae imperatoris historiam, Antw. 1574, die im Liss. 81 unbedingt, bei Q. S. Cl. mit d. c. verboten wurden, erregten wegen einiger tadelnden Be- merkungen über die Vulgata, aber auch wegen einiger anderen Sätze Anstoss. Bei Q,. werden nur 5 Stellen (3 über die Vulgata), bei Bras. aber 23 (viele über die Vulgata) gestrichen oder geändert, u. a. einige Bemerkungen über übertriebene Heiligen- und Bilder- verehrung, über Ueppigkeit und Unsittlichkeit der Geistlichen u. dgl.; die Bemerkung: man solle nicht solche, die ohne bösen Willen von den religiösen Anschauungen der Voreltern abwichen, und zwar nicht so fast in der Lehre als in den Grebräuchen, grausam ver- folgen, wird nicht gestrichen, wohl aber die Fortsetzung: immo uUos omnium, qui gladio spiritus corrigi possunt, vita a magistratu puniri").

Anders verhält es sich mit den Commentarii in Lucam von Didacus Stella, dem portugiesischen Minoriten Diego Estella. Das Buch war zu Salamanca 1575, zu Alcala 1578 (schon etwas corrigirt) gedruckt. Q. S. Cl. verboten alle vor 1581 gedruckten Ausgaben ; zu Antwerpen 1584 erschien eine expurgirte Ausgabe, die oft nachgedruckt ist. Q,. und Bras. streichen viele Sätze (sie sind bei ihnen grossentheils vollständig abgedruckt), bei denen es sich zum Theil um exegetische, zum Theil um dogmatische, die Gnadenlehre betreffende Ansichten handelt, Sätze, von denen Wadding entschuldigend sagt: quae nimium pietatis Studium vel concionatorius exaggerandi modus extorsit, z. B. : Non meremur beatitudinem de condigno u. dgl.; Modo corrupta est ecclesia; Christus abominatur redditus temporales, sumtuosa aedificia et ornatus tem- plorum, quando sacerdotes pravi sunt et habitatores templi impie vivunt.

Von dem Benedictiner Jo. Bapt. Folengius aus Mantua (t 1559) waren 1543 zu Basel ein Commentar zu den Psalmen (dem Card. Hercules Gonzaga gewidmet), 1555 zu Lyon Commen- taria super Epistolas canonicas S. Petri et S. Jacobi et super 1. Ep. S. Joannis gedruckt. Letzteres Werk wird im Liss. 81, von Q. und Cl. unbedingt (von S. mit d. c.) verboten, ersteres nur im Liss. 81

1) Rausch, Luis de Leon S. 51. Possevini App. s. v.

2) lieber ein 1575 im Auftrage der Inquisition „entsprechend dem neuen Catalog", aber viel stärker, als Q. vorschreibt, expurgirtes Exemplar s. Reusch, Luis de Leon S. 63.

572 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

mit d. c. und mit der Bemerkung, es seien bedenkliche Stellen über die Gnadenlehre zu streichen. Im J. 1585 erschien zu Rom mit Approbation des Mag. S. Pal. vom 12. Sept. 1583 eine expurgirte Ausgabe des Psalmencommentars (nachgedruckt Köln 1594); um so auffallender ist es, dass nicht wie in ähnlichen Fällen (S. 561) die frühere Ausgabe verboten wird. Die Ausgabe wird bezeichnet als von den Ordensgenossen ab erroribus et mendis, (juibus olim jam inde a prima editione cum typographorum incuria tum haereticorum vitio undique redundabant, ex manuscripti cum impresso exemplari collatione expurgata et nutu ac voluntate Grregorii XIII. typis ex- cusa, und in der Vorrede gesagt, die Commentaria seien zu Basel gedruckt worden, odio et livore haereticorum hominum adeo foedata, adeo veneno conspersa, ut nihil aeque mortiferum, nihil aeque per- niciosum legi posse videretur. Grerdes, Specimen Italiae ref. p. 257 führt aus der Baseler Ausgabe Stellen über Gnade und Recht- fertigung an, die evangelisch, aber nicht protestantisch lauten. Wenn Gerdes sagt, Fol. citire oft den Aretius Felinus (S. 135), so ist das ein Irrthum: es ist die 1540 zu Basel gedruckte Psalmenübersetzung des (getauften Juden) Felix (Pratensis), die citirt wird^). Es ist übrigens möglich, dass die Baseler Ausgabe getreu nach dem Ma- nuscripte Fol. 's gedruckt ist und den Herausgebern der Römischen Ausgabe das Manuscript einer zweiten, vorsichtigem Ausarbeitung vorgelegen hat. Possevinus sagt von Fol. : Non potuit omnia sive limare sive praecavere, quin in eadem aliqui errores irrepserint aut astu haereticorum pleraque depravarentur. Sixtus Senensis lobt beide Commentare ohne Reservation. Von dem zu den Briefen der Apostel existirt keine Expurgation. Jo. Matthaei Toscani Psalmi Davidis [ex hebraica veritate latinis versibus expressi] ist vielleicht bei S. und Cl. verboten, weil nicht die Vulgata zu Grunde gelegt ist. Der Verfasser, Giammatteo Toscano aus Mailand, ein Schüler Paleario's, lebte lange in Frankreich und hat unter dem Titel Peplus Italiae, Paris 1578, Elogia von gelehrten Italienern heraus- gegeben (Tiraboschi 7, 1025). Weshalb Vincentii Ciconiae Vero- nensis Enarratio in Psalmos (Patav. 1567) von S. Cl. mit d. c. ver- boten worden, weiss ich nicht. Nur S. verbietet: Angelici Bon- ricii Paraphrases in ev. S. Matthaei et S. Joannis et in epist. S. Pauli et canonicas, allem Anscheine nach nur darum, weil er über- haupt Paraphrasen biblischer Bücher in der Volkssprache verboten hatte (S. 333), die Paraphrasen von Buonrici sind italienisch er- schienen; — wenigstens ist die Stelle, welche Gerdes 1. c. p. 198 aus dem einen Buche (Le Christiane & devote parafrasi sopra tutte l'epistole di S. Paulo & le canonice del Rev. Don Angelico Buon- ricio Venetiano, Can. reg. della Congr. del Salvatore, Ven. 1565) anführt, um zu zeigen, dass Buonrici die Rechtfertigung aus dem Grlauben gelehrt, ganz unverfänglich (die Paraphrase der beiden

1) Schmidt,' P. M. Vermigli 8. 18.

tfl

Verbote bei Sixtus V. 573

Evangelien war 1569 ei^scliienen, eine Paraphrase der Psalmen 1584).

Bei S. stehen noch einige andere Verbote, die von Cl. ge- strichen wurden: Ant. Pantherae Monarchia D. N. Jesu Christi d. c. ; der Verf. stand als Jo. Ant. Panthera Parentinus im Ven., wurde aber von P. nicht aufgenommen. Das Buch ist italienisch erschie- nen: Monarchia del N. S. Gesu Cristo, Ven. 1545. 1573, und nach Bayle (s. v. Xenophanes ) eine Greschichte der Kämpfe Lucifers gegen Christus von Anfang der Welt bis Muhammed. Damiani MaraflPi, Carmina in figuras Y. T. sind die Figure del V. T. con versi toscani per Dam. Maraffi, Lyon 1554, Bilder von Albrecht Dürer mit je einer Ottava^). Etwas ähnliches werden sein Grabrielis Simeoni figurae bibliorum carminibus illustratae = Le figure della biblia illustrate de stanze tuscane per G. S., Lyon 1565 u. s.^). Vic- toris Populensis Sermones sexdecim super Catechismum Rom. bei S. wurde von Cl. gestrichen, aber 1609 mit richtiger Titelangabe ver- boten: II piovano, cioe sedici sermoni, composti da Messer Vittor de' Popoli, piovano di S. Germano, sopra il Catechismo Rom., 1580.

Des berühmten portugiesischen Bischofs Hieronymus Oso- rius (t 1580) De justitia coelesti 11. 10, Köln 1574, erklärt Liss. 81 für „an einigen Stellen der Erklärung oder Modification" (moderatio) bedürftig; Q. expurgirt dieselben und im Auftrage des Card. Pacheco gab der Dominicaner Alfons Ciaconius ein Gutachten darüber ab. Er beanstandet darin 6 Stellen, wovon 4 von der Gnade, Erbsünde u. dgl. handeln, und sagt zur Entschuldigung des Verfassers . derselbe seheine in der scholastischen Theologie (in theologia, quam scholae per disputationes profitentur) nicht bewan- dert zu sein. Auch die bei Q,. gestrichenen oder geänderten Stellen beziehen sich auf die Gnadenlehre. Auch S. verbot das Werk mit d. c. ; das Verbot wurde von Cl. gestrichen, weil mittlerweile der gleichnamige Neffe des Osorius 1592 eine Gesammtausgabe seiner Werke in 4 Bänden herausgegeben, in der er bezüglich der Bücher de justitia die nöthigen Erläuterungen beigefügt hatte ; auch zu dem Briefe des Osorius an die Kfjnigin Elisabeth war auf Befehl des Mag. S. Pal. eine Bemerkung beigefügt^). Sand, corrigirt übrigens auch in der Römischen Ausgabe noch 2 Stellen in dem Buche de regis institutione.

1) Sixt. Sen. 1. 4 s, v. Die Bilder erschienen gleichzeitig auch mit französischen und flämischen Versen. Rosenthal 22, 7192.

2) Tiraboschi 7, 978. Rosenthal 34, 1900.

3) Possevinus App. s. v. Das Gutachten des Ciaconius bei Schelh., Samml. f. Gesch. I, 155. Charakteristisch ist die Weisung von Q., in dem Satze: Fides continet omnem religionem atque pietatem; omnes enim virtutes ex fide aptae nexaeque sunt, hinter fides und fide das Wort viva beizufügen.

574 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

S. verbietet auch mit d. c. Laurentii a Yillavincencio Tabulae in epistolas et evangelia, d. i. Tabulae compendiosae in evangelia et epist. a Jo. Spangenbergo, nunc opera Laur. a Y. edi- tae, Löwen 1563, also eine katholische Bearbeitung eines protestanti- schen Buches, von S. wohl verboten, weil der protestantische Ver- fasser genannt oder die Umarbeitung nicht gründlich genug war. Lorenzo de Villavicencio, ein spanischer Augustiner, der längere Zeit in Diensten Philipps II. und Alba's in Belgien thätig war (t 1580), hat mehr dergleichen Arbeiten geliefert. Sein Buch De formando studio theologiae 11. 4, Antw. 1565, ist nur eine Ueber- arbeitung von De recte form, theol. studio 11. 4 von Andreas Hy- perius (1556) , ohne dass dieser genannt wird (selbst dessen Vor- rede ist wenig geändert), und das jenem Buche angehängte De formandis sacris concionibus ist nur eine Bearbeitung eines gleich- namigen Buches von Hyperius (1562, Dupin 16, 164). Auch die Phrases scripturae sacrae coUectae per Fr. Laur. de V., Antw. 1572, sind nur eine Bearbeitung des Buches von B. West- hemer (S. 108). Von dieser Arbeit steht eine sonderbare Ex- purgation bei Sand. Es wird darin constatirt, dass zwei Exem- plare derselben Ausgabe an mehreren Stellen stark von einander abwichen, dass z. B. in dem einen stehe: Antichristi nomine non hominem quendam singularem . . . intelligit s. scriptura, sed totam illam congregationem mala docentium, in dem andern : Antichristi nomine nunc hominem quendam singularem . . . intelligit s. scri- ptura, nunc totam u. s. w. Sand, bezeichnet natürlich die „Les- arten" des einen Exemplars als haereticorum fraude forte suppo- sitae. Allem Anschein nach tragen aber nicht ketzerische Setzer in Antwerpen die Schuld, sondern hat Villavicencio Westhemers Buch anfangs nicht sorgfältig genug corrigirt und dann, als er dieses bemerkte, die betreffenden Bogen neu drucken lassen.

In den spanischen und portugiesischen Indices werden noch viel mehr Schriften von orthodoxen Theologen verboten oder ex- purgirt; verboten z. B. Schriften von Cochlaeus (S. 483), Pighius (S. 565), expurgirt wegen dogmatischer Sätze Jo. Hesseis, Ruardus Tapper, Alphonsus Salmeron, Dieghus de Payva, Aloysius Lippo- manus, Laur. Surius, Antonio de Gruevara (sein Monte Calvario auch bei S, d. c), Jodocus Clichtovaeus (wegen eines leisen Tadels des 0 felix Adae culpa, quae talem meruit habere redemtorem), in den portugiesischen (nicht in den span.) Indices auch Jo. Driedo, Jo. Pineda, Dom. Soto und Melchior Canus (die Loci theol. werden im Liss. 1624 ziemlich stark expurgirt), wegen unehrerbietiger Be- merkungen über die Vulgata Wilh. Lindanus, Cornelius Jansenius von Gent^), im Liss. 1624 sogar Franc. Forerius, der Herausgeber

1) Bei ihm werden auch ein paar andere Stellen corrigirt, z. B. die Bemerkung zu Matth. 5, 13: Quod si sal evanuerit u. s. w.: Plane major pars episcoporum (dafür setzt Liss. 1624 quidam, Sot. quidam epi-

Ben. Arias Montanus. 575

des Trienter Index. Ein katholischer Arzt in Holland, Raynerius Snoy Goudanns, hatte Psalterinm Davidicnm paraphrasibus ex Hieron., Arnobio, Aug., Cassiodoro et aliis vetustis patribus ilhi- stratum herausgegeben, welches wiederholt gedruckt, 1555 auch ins Spanische übersetzt wurde. Die span. Ausgabe wurde von Y. 59 verboten, in der lateinischen von Q. eine Eeihe der Argumenta apposita super psalraos gestrichen oder corrigirt, z. B. Credentis typum describit in Pii typum describit und wiederholt fidel is in justus, und gestrichen z. B. Imprecantur fideles, ut Dens Pater Christi pro ipsis preces exaudiat, per quem sperant salutem, et non per alium, ut impii. Der portugiesische Dominicaner Hieronj^- mus ab Oleastro (da Azambuja), der 1545 von Johann III. nach Trient gesandt wurde (t 1563), Hess mit Grenehmigung der Inqui- sition zu Lissabon 1556 58 einen Commentar zum Pentateuch drucken (auch Antw. 1569). Q. verbietet das Buch mit d. c, streicht aber nur einen langen Passus in der Vorrede, worin Ol. von der Yulgata sagt, sie sei nicht fehlerlos und nicht die beste mögliche Uebersetzung. In der Ausgabe Lyon 1589, die als se- cunda operis editio, mendis omnibus quibus antea scatebat repur- gata et reformata juxta Indicem expurgatorium Quirogae u. s. w. bezeichnet wird, ist lediglich dieser Passus weggelassen. Diese Ausgabe wurde dann von Sot. mit dem Monitum bereichert: Hie auctor scripsit ante Conc. Trid. et ideo in his, quae minus defert Viilgatae editioni, caute legendus, und ausserdem noch expurgirt ^). In Grilberti G-enebrardi chronographiae 11. 4, 1580 u. s., streichen die span. Indices einige beigefügte rabbinische Schriften (in dem Buche selbst streicht Q,. nur den Namen Hütten unter den katholi- schen Theologen, Sot. einiges andere). Im Rom. Ind. steht das Buch nicht, aber Possevinus meint, es falle unter das von Clemens VIII. den Regeln beigefügte Verbot der talmudischen Bücher'^).

Benedictus Arias Montanus (1527 98) erlebte mancherlei Anfechtungen. Er bat Pius V., die von ihm im Auftrage Philipps II. herausgegebene Antwerpener Polyglottenbibel (vollendet 1572) zu approbiren und zu segnen oder doch wenigstens dem Verleger ein Druckprivileg für die darin zuerst gedruckten Stücke zu geben. Der Papst erklärte, er werde die Bibel, wenn sie vollendet sei, genau untersuchen lassen und vielleicht verbieten: er wisse nicht, ob die neue Bearbeitung der lateinischen Uebersetzung des Pagninus gut

scoporum), pastorum et eorum, qui sunt gradus ecclesiastici, adeo sunt infatuati, ut nee micam salis quod dicitur vita et doctrina se habere ostendant; hinc in tantam hodie conculcationem, direptionem et contem- tum incidit ordo ecclesiasticus.

1) R. Simon, Lettres I, 193.

2) Apparatus s. I, 641. Genebrards Buch De sacrarum electionum jure et necessitate ad ecclesiae gallicanae redintegrationem, 1593, wurde auf Befehl des Parlaments von Aix verbrannt. Peignot I, 160. Nie. 22, 315.

576 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

sei; die Tractate de arcano sermune und de ponderibus et mensuris schienen ihm Sachen von zweifelhaftem Werthe zu sein, der erste cabbalistische Dinge zu enthalten; der Talmud und Sebastian Münster, die vielfach citirt würden, seien verboten; auch Andreas Masius, von dem ein Brief abgedruckt sei, gehöre zu den verdächtigen Autoren. Der spanische Gesandte bat den Papst, die Löwener oder andere belgische Theologen mit der Prüfung zu beauftragen und dann das Privileg zu geben ; er lehnte dieses ab: für einen einfachen Abdruck der Complutenser Polyglotte wolle er ein solches geben. Arias reiste 1572 selbst nach Eom, Phillip II. verwendete sich für ihn, und Gregor XIII. Hess sich bestimmen, dem Verleger Plantin ein anerkennendes Breve und ein Druckprivileg zu schicken ^). Nun wurde die Polyglotte in Spanien angefochten, namentlich von Leo de Castro, der Arias bei der Inquisition denuncirte und ihm ausser der Beifügung rabbinischer Tractate namentlich Mangel an Respect vor der Yulgata vorwarf: er habe die Uebersetzung des Pagninus propriissima versio genannt, an einigen dogmatisch wichtigen Stellen die Uebersetzung der Vulgata bemängelt, da es doch nach dem Trienter Concil nicht erlaubt sei, confugere ad hebraicas et graecos fontes u. dgl. Die Anklagepunkte wurden 1576 Arias mitgetheilt und von ihm beantwortet. Zu einem förmlichen Process scheint es nicht gekommen zu sein. Der Jesuit Juan de Mariana, einer der Quali- ficatoren der Inquisition, sprach sich dahin aus: Arias hätte statt des Pagninus eine den Juden weniger günstige Uebersetzung auf- nehmen sollen; er ziehe mitunter die Züricher Uebersetzung der Yulgata vor; in der chaldäischen Paraphrase und in dem Tractat De idiotismis hebraicis kämen Fehler vor; einige Namen erkläre er nicht nach den Kirchenvätern, sondern nach der Cabbala; er citire verbotene talmudische Bücher, Wilh. Postel, Seb. Münster und Mercier u. s. w. Auf diese Fehler, meinte Mariana, sollte man aufmerksam machen, aber die (unter den Anspielen Philipps IL herausgegebene) Polyglotte nicht verbieten ^). In Belgien hatte Arias seit 1572 einen heftigen Gregner an Wilh. Damasi Lindanus, Bischof von Ruermonde, der ihn in Briefen an Card. Baronius 1586 als hartnäckigen Erneuerer des Pelagianismus bezeichnet ^). Bei Q. S. Cl. steht von Arias, ausser seiner Uebersetzung des Benjamin

1) Memorias de la R. Acad. de la hist. 7, 159. Gachard. Corr. de Philippe II. sur les äff. des P.-B. 2, 229, 249. In den 1573 gedruckten Exemplaren der beiden letzten Bände des Apparatus zur Polyglotte ist einiges geändert. Max Rooses, Christophe Plantin, Imprimeur Anversois, 1882, p. 123.

2) Memorias 7, 77. 84. 170. Serapeum 1845, 241. Rooses p. 141. Reusch, Luis de Leon S. 71. 86. Auch eine (handschriftliche) spanische Auslegung des Hohen Liedes von Arias beschäftigte 1574 die Inquisition.

3) Card. Baronii Epist. III, 144. 147. Memorias 7, 188. Rooses p. 145.

Papirius Massön. 577

von Tudela (S. 496), nichts, aber bei Bras. eine wahrscheinlich von Thom. Malvenda verfasste (S. 554) Expurgation seiner Coninien- tare zu Isaias, den kleinen Propheten und zum N". T. und des Liber generationis et regenerationis Adam. Die Erklärung der Apokalj^pse, meint der Expurgator, sei vielleicht ganz zu beseitigen, da hier alles neu und gefährlich sei. Zum Schkisse verzeichnet er, da nicht alle bei Arias zu streichenden Stellen einzeln aufgezählt werden könnten, sieben neue und irrthümliche Ansichten desselben (über Gnadenlehre; sie sind übrigens nicht „lutherisch"), die überall zu beseitigen seien. Auch in den späteren Eöm. Indices wird von Arias nichts verboten und auch Sand, und Sot. streichen in seinen Büchern nichts, sondern verordnen nur bei manchen Stellen die Beifügung eines Caute lege oder einer erklärenden oder berichtigen- den Randnote, und Sot. stellt ihm ausdrücklich das Zeugniss aus, er sei vir de ecclesia cath. et de s. scripturarum studio bene meritus gewesen. Nur Liss. 1624 hat im wesentlichen die Expurgation von Bras. aufgenommen.

S. verbot mit d. c. Papirii Massoni libri VI de episcopis Urbis [qui Rom. Ecclesiam rexerunt, rebusque gestis eorum. Ad Henricum III. 0. M. Francorum Regem. Par. 1586. 422 S. 4], eine Geschichte der Päpste bis auf Gregor XIII. Masson, früher Jesuit, dann Jurist f 1611, scheint durch Baronius von diesem Verbote Kenntniss erhalten zu haben; denn er schrieb diesem im Sept. 1591: er habe zu seinem Bedauern aus dessen (nicht erhaltenen) Briefe ersehen, dass einiges in seinem Buche einigen italienischen Gelehrten nicht gefalle; er sei bereit, zu verbessern, was diese und Baronius wünschten. Baronius schickte ihm darauf im Febr. 1592 eine Censur des Buches, mit dem Bemerken: dieselbe sei keine amtliche und der Verfasser derselben sei vielleicht zu peinlich gewesen; er habe viele Kleinigkeiten monirt und namentlich viele Stellen, die nur Citate aus anderen Schriftstellern seien ; es sei jedoch in der That bedenk- lich, wenn aliena convicia von bewährten katholischen Schriftstellern citirt würden; Masson werde aber ohne grosse Schwierigkeit aus den vielen Monita des Censors diejenigen herausfinden, die zu be- rücksichtigen seien; wenn er in dieser Weise sein Buch ändere, glaube er ihm zusichern zu können, dass das Werk unverzüglich von dem apostolischen Stuhle werde freigegeben werden ^). Die Angabe von Niceron V, 196, Masson habe sich Baronius gegenüber geweigert, an seinem Buche etwas zu ändern, s'en rapportant sur cela a la posterite qu'il en laissait juge, kann nicht richtig sein; er muss sich vielmehr zu einer Expurgation seines AVerkes bereit erklärt haben; denn bei Cl. steht das Verbot desselben mit dem Zusätze: nisi fuerit ex correctis ab auctore cum approbatione Mag. S. Pal., und so stand im Index, bis Ben. d. c. dafür setzte, obschon nie eine zweite Ausgabe erschienen ist (vielleicht hat sich Masson

1) Baronii Epistolae I, 241. II, 68.

Eeusch, Indes:. 37

578 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.

mit dem Mag. S. Pal. nicht einigen können). 1605 wurde Massons Ausgabe des Agobardns verboten (S. 14).

S. verbot mit d. c. Justi Lipsii Politicorum s. civilis doc- trinae libri sex [qui ad principatum maxime speetant, Lngd. Bat. 1589 und 1590]. Lipsius, der 1591 wieder katholisch geworden, erfuhr von Bellarmin, dass das Buch auch auf den neuen Index gesetzt werden solle, dessen Ausarbeitung gleich nach der Unterdrückung des Sixtinischen in Angriff genommen wurde, ßellarmin theilte ihm auch mit, woran man in Rom Anstoss nahm. Er corrigirte danach sein Buch und schickte die Aenderungen an Bellarmin mit der An- frage, ob sie genügen würden. Bellarmin lehnte es im Juli 159.3 ab, sich amtlich darüber zu äussern, da er seit Monaten an den Sitzungen der Index-Congregation nicht mehr theilnehme. Grleich- zeitig theilte aber der Jesuit Benzi Lipsius einige Aenderungen mit, die Bellarmin und er ihm vorzunehmen riethen, und wies ihn an, die neue Ausgabe von dem königlichen und päpstlichen Censor Heinr. Cuyck zu Löwen approbiren zu lassen, dann werde man sich bemühen, dass das Buch nicht auf den neuen Index komme. (Auch Baronius correspondirte mit Jjipsius in dieser Augelegenheit.) Die neue (dritte) Auflage erschien mit Cuycks Approbation 1593, und Lipsius steht wirklich nicht bei Cl. Es war hauptsächlich das 4. Cap. des 4. Buches der Politik, welches in Rom Anstoss erregte. Xachdem Lipsius im 3. Cap. auseinander gesetzt, dass man auf Ge- waltmassregeln gegen Störer der religiösen Einheit eines Staates unter Umständen für eine Zeit lang (also nicht principiell) ver- zichten dürfe, sagt er im 4. Cap. : einzelne religiöse Dissidenten, die sich ruhig verhielten, sollte man nicht systematisch aufsuchen und bestrafen, ihnen gegenüber sei eher Belehrung als G-ewalt am Platze; doctore magis hie opus quam tortore. Bellarmin empfahl durch Benzi, dafür zu setzen: quod si doctor non persuasit, deinde tortore oder etwas ähnliches. Lipsius schrieb allerdings nur: doctore pri- mum hie opus, non tortore, corrigirte aber im Verlaufe des Capitels alles heraus, was als eine Missbilligung der Inquisition verstanden werden konnte, strich u. a. das Citat aus Lactantius: „Nichts ist so sehr Willenssache wie die Religion; ist hier die innere Ueber- zeugung nicht vorhanden, so ist die Religion schon aufgehoben, so ist sie gar nicht mehr da." Benzi resp. Bellarmin nahm auch einigen Anstoss an dem 13. Capitel, worin Lipsius auf die Frage, ob der Fürst immer strenge ehrlich sein müsse, die Antwort gibt: mit der Klugheit dürfe der Fürst, wenn das Wohl des Staates es erheische, auch etwas Unehrlichkeit (aliquid e fraudium faece) ver- hinden; wie es Müttern und Aerzten gestattet sei, den Kindern etwas vorzumachen (fucum facere), so sei das auch dem Fürsten seinem Volke (plebecula sua) oder einem Nachbarfürsten gegenüber ge- stattet. Benzi schrieb darüber: „Schliesslich ist das, was nach Machiavellismus schmeckt, mit katholischem Salze zu würzen. Mir missfällt einiges in dem 13. Capitel, wie das, was du von der Ver- mischung des Stromes der echten Klugheit mit einem Tröpfchen Betrug sagst." Lipsius strich aber in diesem Capitel nur den Satz:

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Justus Lipslus. 579

„Also ist auch Machiavelli nicht so scharf zu verdammen, auf den jetzt jeder Lump losschlägt (qui misera qua non manu hodie vapulat)". Damit gab man sich in Rom zufrieden ^). Die spanische Inquisition war nicht so nachsichtig. Sand, verordnet, in der Politik die Cap. 3, 4 und 13 des 4. Buches ganz und noch eine Anzahl von Stellen zu streichen, expurgirt auch die Schrift De una religione, welche Lipsius 1590 schrieb, um sich gegen den Vorwurf des Theodor Cornhert zu vertheidigen, dass er in der Politik die Ketzer mit Feuer und Schwert vertilgt wissen wolle ^), und ausserdem noch andere Schriften von Lipsius, namentlich auch seine Briefsammlungen.

Lipsius ist später unter eigenthümlichen Umständen doch in den Eöm. Lidex gekommen. 1600 erschien zu Zürich eine angeb- lich von Lipsius 28. Juli 1573 zu Jena gehaltene Oratio de duplici concordia (über die Eintracht in den theologischen Schulen und in der Kirche) mit sehr starken Ausdrücken über die Augsburgische Confession, für welche der Eedner „sein Blut vergiessen" will, und über das Papstthum, das mit den bekannten apokalyptischen Be- zeichnungen belegt wird, über die „vom Papste angestiftete" Bar- tholomäusnacht u. dgl. Melchior Goldast hatte die Rede veröffent- licht, um den damals eifrig katholischen Lipsius zu ärgern, und dieser und seine Freunde behaupteten, Goldast habe sie fabricirt. Nach Lipsius' Tode (f IGOG) erschienen dann zu Darmstadt 1607 Justi Lipsii orationes VIII Jenae potissimum habitae, e tenebris erutae, darunter auch die Or. de dupl. concordia und drei andere zu Jena gehaltene, die gleichfalls einen eifrigen Lutheraner ver- rathen. Diese Orationes wurden 7. Sept. 1609 verboten. Alex, (1664) änderte das Verbot (wie bei Sot.) in: Justo Lipsio falso ad- scriptae Orationes octo u. s. w. ; seit Ben. heisst es: Orationes octo . . . cum falsum sit has omnes ejus esse, als ob die Reden wegen ihrer Unechtheit und nicht vielmehr wegen ihres Inhalts verboten wären.

1) Der Briefwechsel mit Bellarmin und Baroniua steht theils in Lipsius' Epistolao ad Italos (No. 9. 11 ; Opera, Lugd. Bat. 1613, I, 349), theils bei Burmann, Sylloge I, 78. 657. 755, eine genauere Vergleichung der älteren Ausgaben und der expurgirten im Deutschen Merkur 1882, 89. Raess, Convertitcn 3, 142, theilt die betreffenden Stellen aus Lipsius' Politik nach der Ausgabe von 1590 mit, ohne zu ahnen, dass eben diese Stellen nach den Römischen Weisungen geändert worden sind.

2) Diese Schrift steht in den Opera IV, 137 mit einer Approbation von IL Cuyck vom J. 1593, worin bezeugt wird: was darin de una reli- gione gesagt werde, sei nach der ausdrücklichen Erklnrung des Verfassers und wie der Zusammenhang zeige, nur von der orthodoxa catholica et romana, quae una et sola vera est religio, zu verstehen, also nur in deren Interesse seien Gewaltmassregeln gegen Andersgläubige zulässig.

o80 Italienische reformatorische Schriften im Index Clemens' VIII.

Es ist erwiesen, dass alle acht Reden von Lipsius sind ^). 1627 wurden noch verboten: Notae in Justi Lipsii epistolas et carmina editionis Hardevici.

56. Italienische reforraatorische Schriften im Index

Clemens' VIII.

Durch Sixtus V. und Clemens VIII. sind noch 20 Italiener in die 1. Classe gekommen. Die meisten derselben stehen schon in dem Münchener oder dem Quiroga'schen Index; einige sind aus Frisius entnommen. In der 2. Classe sind Ludovico Castelvetro, Guilelmo Grattarola und Olympia Fulvia Morata beigefügt. Die Vermehrung der 3. Classe ist ganz unbedeutend.

Aus Q. oder Mon. sind in die 1. Cl. gekommen: Jac. Acon- tius, Paul Jo. Alciatus, Georgius Blandrata, Jac. Brocardus, Alph. Conradus, Aemilius Portus Francisci filius, Phil. Eusticus (S. 373), Simon Simonius, Immanuel Tremellius, Hier. Zanchius, aus Fris. Jo. Pontisella, Vorsteher des Seminars in Chur^), von dem Fris. nur ein Carmen in obitum BuUingeri, 1575, verzeichnet, und Minus Celsus, der in Basel lebende Verfasser der Schrift: In haereticis coer- cendis qiiatenus progredi liceat, Mini Celsi Senensis diputatio. Ubi nominatim eos ultimo supplicio affici non debere, aperte demonstra- tur, 1577. 8^). Nur bei S. stehen Lud. Alemani und Jo. Val. Gen- tilis (S. 508). Durch CI. kamen hinzu die Antitrinitarier Faustus und Laelius Socinus und Franc. Stancarus (aus Fris.) und Aonius Palearius und Jac. Palaeologus (S. 435). Barth. Fontius, seit S. in der 1. CL, von Ben., jedenfalls nur durch ein Versehen, weg- gelassen, ist der Minorit Bartolomeo Fonzio, welcher, des Luthera- nismus verdächtig, aus Venedig floh, 1532 in Augsburg war, 1533 eine Uebersetzung einer Schrift Luthers herausgab (S. 383) und

1) K. Halm, lieber die Aechtheit der dem Justus Lipsius zuge- schriebenen Reden, Sitzungsber. der Ak. zu München 1882, II, 1. Die hauptsächlich auf die Gr. de dupl. conc. basirte Streitschrift: Lipsius Proteus ex antro Neptuni protractus et claro soli expositus a Thoma Sagittario, Frkf. 1614, steht nicht im Index, wohl aber seit 1619 dessen, wahrscheinlich harmlosere Epistolica institutio s. de conscribendis epistolis tractatus.

2) Porta, Hist. Ref. Raet. I, 187. 192. Strobel, N. Beitr. 3, 86.

3) Schelh. Erg. II, 267. Clement II. 267.

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Italienische reformatorische Schriften im Index Clemens' VIII. 581

1562 nach einem vierjährigen Process in Venedig ertränkt wurde ^). Franc. Pucci US Filidinus, falso usurpans cognomen Pucciorum, so seit Cl. in der 1. Cl., ist der vagirende Scliwärmer, welcher Clemens VIII. ein 1592 zu Grouda gedrucktes Buch De efficacite servatoris Christi , in omnibus et singulis hominibus quatenus ho- mines sunt übersandte und wabrscheinlich auf der Reise nach Rom zu Salzburg starb. Sein Buch wurde von dem Jesuiten Serarius und von Lucas Oslander und Franc. Junius bekämpft'^).

Olimpiae Fulviae Moratae Dialogi, Epistolae, Carmina hat S. wörtlich aus Q. Gemeint ist die Briefe, Dialoge und Ge- dichte, meist Psalmen -Paraphrasen, enthaltende Sammlung: Olym- piae Fulviae Moratae mulieris oninium eruditissimae latina et graeca quae haberi potuerunt monumenta, welche nach ihrem Tode (1555) von Curio zu Basel 1558 herausgegeben wurde (R.-E. 10, 269). Neben Magdalena Haymairin und Anna Askew hätte die Italienerin immerhin einen Platz in der 1. Cl. verdient. Wie sie, so hätte auch Ludovico Castelvetro schon im Trienter Index stehen können. Er war 1560 in Rom in Untersuchung (vielleicht wegen seiner Uebersetzung der Loci Melanchthons, S. 154), entfloh, wurde 1561 in absentia als Häretiker verdammt und wandte sich nun an das Trienter Concil (Pallav. 15, 10, 5); er starb in Chiavenna 1571. Seit S. stehen seine sämmtlichen Werke (sie sind nicht theologi- schen Inhalts) mit d. c. im Index. Argelati wollte die Werke neu herausgeben, unterliess es aber, wie Muratori berichtet, aus Furcht vor der Fulmini di Roma und vor zu geringem ilbsatz, und be- schränkte sich auf ein Bändchen Operette critiche, Lyon (Mailand) 1727. Zu diesem schrieb Muratori eine Vita, worin er Castelvetro von dem Verdacht der Ketzerei zu reinigen sucht, was ihm heftige Angriffe von Seiten Fontanini's zuzogt). Bei Bras. p. 540 549 steht eine Exjmrgation der dem Kaiser Maximilian gewidmeten, 1570 zu Wien und 1576 mit einigen Weglassungen zu Basel ge- druckten Poetica d' Aristotele vulgarizzata e sposta. Gestrichen werden einige theologisch incorrecte Stellen, einige ziemlich harm- lose Bemerkungen über Päpste und Geistliche, Geschichten aus Boccaccio u. dgl. (s. auch S. 153), aber auch Stellen, bei denen gar nicht abzusehen, warum sie beanstandet wurden, wie die Be- merkung, Augustinus habe nicht an Antipoden geglaubt, oder : Simon

1) De Leva, Carlo V. III, 328. (Vgl. Degli erctici di Cittadella in den Atti dell' Ist. Ven. S. IV, vol. 2). Laemmcr, Mon. Vat. p. 116. 130. 172. Nach Leva hat er auch einen Catcchismo composto in forma di dia- lügo ; interlocutori Eusebio c Teofilo und eine (nicht gedruckte) Apologie verfasst.

2) Friedrich, Francesco Pucci, in den Sitzungsber. der Münch. Ak. 1880, I, 111.

3) P^ontanini I, 256. II, 46. Lettere scelte all' ab. Conti, Ven. 1812, p. 90. Rassegna settim. V (1880), 25.

582 Italienische reformatorische Schriften im Index Clemens' VIII.

heisse bald Kephas, bald Petrus, was gleichbedeutend sei u. dgl. Eeligione pagana wird in setta pagana geändert, santo, von anderen als anerkannten Heiligen gebraucht, in buono. Sot. fügt dieser Ex- purgation eine andere des Commentars zu den Rime del Pe- trarca bei.

Auch die (medicinischen) Werke des Gruilelmo Grattarola aus Bergamo, er war 1551 wegen Ketzerei in Untersuchung und lebte später in Basel (Riv. crist. 1876, 14), werden mit d. c. verboten, und die 1568 gedruckten Opuscula bei Bras. exj)urgirt: ausser einer Anzahl von wunderlichen physiognomischen Bemer- kungen wird in der Stelle: Est et remedium (gegen den Blitz), ut amota superstitione omnes urbis campanae sonentur, der Zusatz amota superstitione gestrichen, ferner eine Stelle ob nomen et testi- raonium Erasmi auctoris damnati; Christus servator wird in salva- tor corrigirt, ut vitentur profanae vocuni novitates, und einige Bibel- citate werden nach der Vulgata richtig gestellt.

Mehrere durch S. Cl. in die 3. Cl. gekommene Schriften sind bereits § 35 erwähnt. Nur bei S. steht: Apologia Michaelis An- geli Florentini in qua agitur de vera et falsa ecclesia. Gemeint ist die schon 1557 erschienene Apologia di M. MichelagnoloFioren- tino, ne la quäle si tratta de la vera e falsa Chiesa, de l'essere e qualitä della messa, de la vera presenza di Christo nel sacramento de la Cena, del papato e primato di S. Pietro, de Concilii et au- torita loro. Der Verfasser hiess Michelangelo Florio, und war Prediger in Soglio und London^]. Grleichfalls nur bei S. steht: Libellus continens pulchram declarationem praeceptorum, super sym- bolum fidei et orationem dominicam, d. i. tln libretto volgare con la declaratione de li dieci commandamenti, del Credo, del Pater noster, con una breve annotatione del vivere christiano, s. 1. et a^).

Eine schon 1558 gedruckte satirische Schrift von Giacopo Riccamati Ossanese wurde 1621 als Dialogo di G. R. 0.: inter- locutori il Riccamati et il Mutio verboten. Ben. hat den Titel ge- nauer: Dialogo nel quäl si scuoprono le astutie con che i Luterani si sforzano d'ingannare le persone semplici e tirarle alla loro setta ^).

1) Trechsel, Antitrinitarier II, 127. Strypc, Cranmer p. 196. Bocca 12, 112 verzeichnet von ihm noch: Historia de la vita e de la morte di Giovanna Graia giä regina . . . Con l'aggiunta d'una disputa fatta in Osso- nia l'a. 1554. (London) 1607.

2) Biblioth. Thomas. I, 575, wohl verschieden von der in Versen geschriebenen Una brevissima et semplicissima espositione delli dieci coman- damenti di Die, della oratione insegnataci da G. C. et del Simbolo detto degli Apostoli, 1559. Riv. crist. 1875, 363.

3) Die Fortsetzung des Titels lautet bei Fontanini I, 365: o si mostra lavia che avrebbono da teuere i principi e i magistrati per estir- pare dagli stati loro le pesti delP eresia, cosa in questi tempi ad ogni

Verbote spanischer Bücher. 583

Die gleichzeitig erschienene Somma brevissima della dottrina chri- stiana steht nicht im Index.

Neben so vielen italienischen Ketzern, die nichts oder nur unbedeutende Sachen geschrieben, hätten doch wohl auch einen Platz im Index verdient : Gabriel Valiculi, Verfasser eines 15o0 ge- druckten Trattato suUa libera grazia di l)io, Pietro Cittadella oder Petrus de Specialiis, der ein (nicht gedrucktes) Buch De Dei gra- tia mit einigen anderen Schriften Karl V. widmete und 1542 zu Venedig zu lebenslänglicher Haft verurtheilt wurde (f 1554), Baldo Lupatino (S. 176), Nie. ßalbani, Prediger in Genf, Verfasser der Istoria della vita di Galeazzo Caraccioli, 1587, und andere ^).

Zum Schlüsse ein Curiosum aus Sot. Er fand bei Fris. : An- gelus Masarellus, S. R. Apost. Sedis Notarius, Epistola monitoria ad Jac. Schroppium, Abbatem Maulbruneusem, de synodo oecume- nica ab ipso iicta et scripta, Romae 1582. Es ist eine in der Pfalz gedruckte Streitschrift eines Calvinisten ^). Sot. aber setzte An- gelus Masarellus in die 1. Cl., freilich mit der vorsichtigen Bemer- kung : üctitium creditur nomen, denn der päpstliche Notar dieses Namens sei ein Katholik gewesen.

57. Verbote spanischer Bücher.

In dem ersten Index des Valdes von 1551 werden nur einige wenige spanische Bücher verboten; der zweite von 1559 hat eine umfassende spanische Abtheilung, die mit einigen Mo- dificationen in der Antwerpener Appendix von 1570 und mit Vermehrungen von Quiroga abgedruckt wurde. Sie enthält nur verhältnissmässig wenige ketzerische Bücher; die meisten

qualitä di persone non solo utile, ma grandemente necessaria da intendere. S. 1. (Basel) 1558. 8. Der Anfang ist in der Römischen Zeitschrift II Se- minatore 1877 neu gedruckt. Riv. crist. 1880, 407. Die Somma (Cate- chismus) bei Bocca 12, 228, Vergerio, Agl' Inquisitori f. 27 sagt: es sei auffallend, dass man neben Franc. Betti nicht auch in diel.Cl. gesetzt il suo Acate ovvero il suo Scipione, cioe M. Giacobo Riccamati Ossauese, fatto di nostri ancor' egli e di cosi bei doni ornato, . . e ha pur scritto ancor egli qualche libro in latino e in volgare, tra gl'altri uno : Somma brievissima u. s. w.

1) Lcva, Carlo V., III, 337. 441. Riv. crist. 1875, 5. 227.; 1881, 105.

2) Feuerlin, Biblioth. symb. II, 153.

584 Verbote spanischer Bücher.

Biicherverbote hangen zusammen mit dem Verbote der Bibel- übersetzungen und Controversschriften (8. 334. 337) oder mit den damals bei der Inquisition geltenden Grundsätzen, dass es nicht rathsam sei, dem Volke ausführliche Erörterungen über dieLeliren der Kirche oder Belehrungen über die Bedeutung ihrer Ge- bräuche, wie das Buch des Erzbischofs Carranza, in die Hand zu geben, und dass ascetische Schriften über inneres Gebet, Be- trachtung u. dgl. Gefahr liefen, den Werth der herkömmlichen äusserlichen Andachtsübungen herabzusetzen und die Irrthümer der Alumbrados (Pseudomystiker, Quietisten), die in Inquisitions- processen dieser Zeit vielfach mit den Luteranos zusammenge- stellt werden, zu verbreiten. Dieser letzte Grundsatz hat die scandalöse Folge gehabt, dass von Valdes 1559 Schriften des später heilig gesprochenen Francisco de Borja und der beiden Männer, die noch heute zu den besten ascetischen Schriftstellern gezählt werden, des Juan de Avila und des Luis de Granada, verboten wurden. Es ist nicht geeignet, die Strenge der In- quisition gegen solche religiöse Schriften in einem mildern Lichte erscheinen zu lassen, wenn wir sie sehr tolerant finden bezüglich der Obscönitäten, die im 16. Jahrhundert in Spanien, wenn auch in geringerm Grade als in Italien, eine Makel der „schönen Literatur" bilden.

Zu den § 14 besprochenen ketzerischen Schriften (und Ant. del Corro, Juan Diaz, ßeginaldus Gonsalvius) kommen folgende hinzu: Constantino Ponce de la Fuente, 1548 55 am Hofe Philipps, von Karl V. zum Hofprediger und Beichtvater ernannt, seine Summa de doctrina christiana war eins der 30 Bücher, die der Kaiser in San Yuste bei sich hatte, seit 1556- Canonicus in Se- villa, daher auch Constantin von Sevilla genannt, wurde 1558 von der Inquisition gefänglich eingezogen und starb im Sommer 1560 im Gefängnisse ; 22. Dec. wurden seine Gebeine und die seines Freundes Dr. Gil (Aegidius, f 1556; seine Schriften sind nicht gedruckt) ver- brannt. Seine Schriften sind alle zu Sevilla 1544—48 mit Appro- bation der Inquisition gedruckt, die sie, wie es scheint, lediglich darum verbieten zu müssen glaubte, weil der Verfasser als der Ketzerei verdächtig gefangen gesetzt war. In dem Index von 1559, der ihn einfach Constantino nennt, werden sie einzeln aufgezählt i).

1) Summa de doctrina christiana (zuerst 1544, dem Card. Garcia de Loaisa, Erzb. von Sevilla, gewidmet); Dialogo de doctr. christ. cntre el maestro y el discipulo; Confession de unpeccador delante de Jesu Christo;

Const. de la Fuente. Juan Perez. 585

Bei Q,. werden „alle Werke von Constantino, Doctor de Sevilla" verboten, ebenso im Liss. 81. Seit Sand, steht Const. de la Fuente in der 1. Cl. Aus U. oder Liss. nahm S. Constantinus de Sevilla in die 1. Cl. auf, Cl. setzte dafür Const. de la Fuente Hispanus. Seit Ben. steht er auch unter Fontius, wie ihn Fris. nennt. U. verordnet in der ,Vida de Carlos V. von Alonso de Ulloa (Yen. 1573), Sand, in einem Berichte über die Reise Don Philip[)s von J. C. Calvete de Ulloa (Antw. 1552) Stellen, in denen rühmend von Constantino gesprochen wird, zu streichen^). Auch in Posse- vins Apparatus verordnet Sand, den ganzen Paragraphen zu strei- chen, qui agit de Const. Fontio, auctore damnato, inter auctores catholicos (Possevin zählt ihn noch in der Ausgabe von 1608 zu diesen).

Yon Juan Perez, der von Sevilla nach Grenf floh, 1556 58 in Frankfurt, dann wieder in Genf lebte und dort mit anderen eine spanische Gemeinde gründete, t 1567'^), verbietet V. 59 zunächst einen Catechismo impr. en Venecia 1556, mit dem Bemerken, der- selbe sei angeblich von der Inquisition approbirt, was aber nicht wahr sei, dann Sumario de la doctrina christiana. Catechismo wird nur eine ungenaue Bezeichnung des letztern Buches sein, dessen Titel lautet: Sumario breve de la doctr. ehr. hecho por via de pre- gunta y respuesta . . . Yen. (wohl Genf) 1556, mit der Angabe am Ende : fue visto y aprovado este librito por . . la Inq. de Espana, 128 S. 8, ein dem Calvin'schen ähnlicher Catechismus. Ferner wird von ihm verboten Psalmos de David en romance con sus su- marios, Yen. (Genf) 1557. Yon Perez ist auch die Uebersetzung des N. T., welche in dem allgemeinen Yerbote der spanischen N. Testamente als zu Yenedig 1556 gedruckt speciell erwähnt wird ^),

Catechismo christiano (diese zwei zusammen auch Antw. 1556, dem Bischof von Leon gewidmet) ; Exposicion sobre el primcr Psalmo de Dauid. Vgl. E Boehmer, Biblioth. Wiffen. II, 30. Mit Dialogo u. s. w. ist wohl die 1544 erschienene Summa de doctr. ehr. und mit Summa de doctr. ehr. die 1548 erschienene grössere Schrift Doctrina christiana . . . Parte pri- mera. De los articulos de la fe (Boehmer p. 39) gemeint. Bei Con- fession fügt V. 59 bei: del misnio Constantino, o sin auctor; es scheint also auch eine anonyme Ausgabe gegeben zu haben. Darum wird sie auch bei Q. und Liss. 81, welche die anderen Schriften nicht speciell aufzählen, in ähnlicher Weise verzeichnet. Diese Schrift ist also auch bei S. mit Con- fessio peccatoris ante Deum gemeint.

1) Die Stellen bei Boehmer p. II. 26.

2) Boehmer, Bibl. Wifif. II, 57. Pelayo III, 850 hält es für zweifel- haft, ob er mit dem Juan Perez, der 1527 Secretär des spanischen Ge- sandten in Rom und ein Freund des Juan Valdes war, identisch sei.

3) Eine spätere Ausgabe wurde 1574 von der Sorbonne ausführlich censurirt. Arg. II a 420.

586 Verbote spanischer Bücher.

und die anonyme Carla embiada a . . . Don Phelippe Rey de Espana (1557, über seinen Streit mit Paul IV.), die seit Y. 59 im span. Ind. steht ^). Perez steht auffallender Weise bei Sand. 8ot. in der 2. Cl. Aus Q. nahm S. in die 2. Cl.: Jo. Perez, Cathe- chismus, Versio Psalmorum, Summarium doctr. ehr. Cl. strich dieses wie die meisten von S. aufgenommenen spanischen Sachen, und so steht Perez überhaupt nicht im Rom. Index.

Cypriano de Valera, früher Mönch in Sevilla, später in London, steht erst bei Sot. in der 1 . Cl. mit dem Zusätze : lla- mado vulgarmente el Hereje espanol, und mit der Bemerkung, er habe Calvins Institutio übersetzt (schon 153G, S. 531), so wie die Bibel (s. u.) und einen Catechismus unter dem Titel Catholico re- formado. Letzterer steht schon bei Sand., aber ohne Xamen : Cath. reform. 6 una declaracion que muestra quanto nos podamos confor- mar con la Iglesia Romano u. s. w. Es ist die üebersetzung eines Buches von W. Perkins^). Seit Sand, steht im Ind. auch Auiso a los alicionados de la Iglesia Romana, que muestra la dicha religion u. 8. w., gleichfalls von Perkins , seit Sot. Avisos a los de la Igl. Rom. sobre la indiccion del Jubileo por la Bula del Papa de- mente VIII., 1600, beide von Valera. Im Rom. Ind. stehen von ihm nur, und zwar erst seit 1624 : Dos tratados, el primero es del papa y de su autoridad, colegido de su vida y doctrina, el segundo es de la misa por C(ypriano) D(e) V(alera), 1588. Sand, und Sot. erwähnen, es seien beigedruckt: Tratado para contirmar los pobres cativos de Berberia (die Spanier) und Un Enxambre de los falsos railagros y ilusiones del demonio, con que Maria de la Visitacion, Priora de la Anunciada de Lisboa, engano u. s. w.

Eine Declaracion o confession de fe, welche seit Q,. im span. Ind. steht, ist das von Cassiodoro de Reina (aus Sevilla, seit 1557 im Ausland, f 1594) für die protestantischen Spanier in London 1560 verfasste, zu Frankfurt 1577 gedruckte (ilaubensbekenntniss*^). In die 1. Cl. kam Reina durch die Compilatoren des Mon., die im Messcatalog das 1573 zu Frankfurt erschienene Evangelium Joannis . . . per Cass. Reinium Theologiae studiosum fanden, als Cass. Rei- mius. So stand er seit S. Cl. auch im Rom. Ind., bis Ben. Rei-

1) üeber seine Üebersetzung der Reden des Sleidanus s. S. 122 ; über andere Schriften von ihm, die nicht im Ind. stehen, Boehmer 1. c.

2) Auf dem Titel steht weiter : por Guillermo Perquino . . . trasla- dado por Guill. Hassan 1599. Die Vorrede ist unterzeichnet C. du V., d. i. Cypriano de Valera. Das Buch von Perkins, A reformed Catholike, ist 1597 erschienen, eine latein. Üebersetzung von Guil. Masson 1599; nach dieser wird Valera das Buch übersetzt haben. Pelayo II, 491. 495. Schriften von Valera sind abgedruckt in den Riformistas VI.

3) Boehmer, Bibl. Wiff. II, 166. 232. Er gab 1569 auch eine spa- nische Bibel heraus, die 1602 von Cypriano de Valera revidirt wurde.

Cypr. de Valera. Cass. de Reina. 587

nius corrigirte. Aus dem Rom. Index kam er dann aucli durch Sand, als Cass. Keimius in die 1. Cl. Bei Sot. steht in der span. Ahtheilung Casiodoro de la Keyna, in der lat., als ob das ein an- derer wäre, Cass. Remius s. Reimius s. Renius s. Reinius, Grerm. Theol. Luth. Aug. Conf.; scribebat et edebat Francofurti 1563 73 (Aehnlich noch im Indice von 1790).

Unter den anonymen spanischen Schriften steht bei V. 59 und in den folgenden span. (und Lissaboner) Indices eine Satire auf die Ablässe, veranlasst durch das Jubiläum von 1550: Jubileo de ple- nisima remision de peccados concedido antiguamente (der Schluss lautet: „gegeben am himmlischen Hofe des Paradieses bei Erschaf- fung der Welt mit ewigem Privilegium, unterzeichnet und besiegelt mit dem Blute des eingeborenen Sohnes Gottes, Jesu Christi, unseres einzigen und wahren Erlösers"), ohne Zweifel eine Bearbeitung des im Par. 51 stehenden Schriftchens: Le grand pardon de pleniere remission pour toutes personnes, durant ä toujours, impr. a Geneve par Adam et Jehan Rivery 1550. S. nahm eine lateinische Ueber- setzung des spanischen Titels in den Rom. Index auf, die aber von Cl. gestrichen wurde i). Seit V. 59 steht ferner im span. Ind. Imagen del x\ntechristo, aus dem Italienischen (von B. Ochino) über- setzt von (dem wahrscheinlich Pseudonymen) Alonso de Peiia-Fuerte '^).

lieber die Gründe, weshalb unter Valdes eine Reihe von gut

1) Boehmer, Bibl. Wiflf. II, 51. Dieses Schriftcheu oder das damit jedenfalls im wesentlichen identische Brevo sumario de indulgencias y gracias ist ohne Zweifel die „von den Ketzern fabricirte Bulle", die nach Col. de doc. ined. V, 529 mit der Carta von Juan Perez von Frankfurt und Belgien aus in vielen Exemplaren nach Spanien eingeschmuggelt wurde. Boehmer p. 64. 16. März 1621 verbot die Index-Congregation foliuui quüddam: Un gran Giubileo, una generale perdonanza & assoluta remissione de peccati, per proprio moto conceduta dalla santitä di Nostro Signore e Summo Pontitice ad ogni buono e fedel catholico senza obligo di mo- versi di casa [e con ordine che sia publicata da tutti i vescovi e pastori di Chiegia. Data nclla suprema Corte del Paradiso in fin dall' origine del mondo con privilegio perpetuo ; seit Ben. unter Giubileo]. Dieses ist ohne Zweifel ein Abdruck des Schriftchens Questi sono i gran perdoni & indulgentic della plenaria remissione di pena et di colpa u. s. w., welches in dem Inquisi- tionsprocess des Lucio Paolo Roselli zu Venedig 1551 erwähnt wird (Jahrb. f. prot. Th. 1882, 184), und dieses das Original des 1555 von Vergerio herausgegebenen Schriftchens: ünsers Herrn Jesu Christi des obersten Priesters Gnaden und Ablassbrief. Boehmer p. 52.

2) Boehmer, Bibl. WifF. II, 103. ~ Im Rom. Ind. nur bei S. (aus Q.) Imago Autichristi quoc. idiomate. Im Par. 51 wird eine französische Uebersetzung mit Ochino 's Namen verboten.

588 Verbote spanischer Bücher.

katholischen Büchern in spanischer Sprache verboten (und wahr- scheinlich manchen ähnlichen die Druckerlaubniss versagt) wurde, gibt uns vollständiger als Uuiroga (S. 492) das Gutachten Aus- kunft, welches Melchor Cano, der damals für die Inquisition eine Haupt-Auctorität war, 1558 in dem Process gegen Carranza abgab (S. 457). Er sagt darin: es sei bedenklich, in Büchern, die in spa- nischer Sprache geschrieben und so dem gewöhnlichen Volke zu- gänglich seien, über schwierige und verwickelte Punkte der Theo- logie und der h. Schrift zu handeln. Die genaue Kenntniss der Glaubensartikel, die Conclusionen und Argumente der Theologie, die Lehre von der Materie und Form, den Spendern und den Ceremo- nien der Sacramente, „die Unterscheidung des Bösen und Guten, des Unvollkommenen und Vollkommenen" (die Casuistik), das alles gehöre zu der „Wissenschaft der Priester" und sei nicht den Wei- bern und Ungebildeten (idiotas) vorzutragen. Die ausführliche Dar- legung der Lehre von den Sacramenten und die Erklärung der da- bei gebräuchlichen Gebete und Ceremonien in spanischer Sprache sei eine Profanation der Mysterien ; man könne die Ehrfurcht vor der Religion nicht erhalten ohne Mysterien, und Mysterien gebe es nicht, wo nichts Geheimnissvolles sei. Ferner dürften in Büchern für das Volk nicht die Streitfragen zwischen den Lutheranern und den „Christen" behandelt werden, da die Argumente der Ketzer oft auf die Leser Eindruck machen könnten und die Widerlegung derselben ihnen nicht immer genügend erscheinen werde. Da in S])anien die Bücher der Ketzer nicht gelesen werden dürften, sei auch eine Widerlegung derselben nicht nöthig. Sehr entschieden spricht sich Cano gegen die Gestattung des Lesens auch nur einzelner aus- gewählter Theile der Bibel in der Volksprache aus; ja er tadelt es scharf, dass Carranza überhaupt die Frage, ob nicht unter Umstän- den und mit gewissen Einschränkungen das Lesen der Bibel auch für Laien heilsam sein könnte, eine Frage, die durch die Praxis der Inquisition entschieden sei, erörtere. Endlich hält er es für unzulässig, die „mystische Theologie" in der Volksprache zu behandeln, wie Heinrich Herp und Baptista da Crema gethan; er findet es verkehrt, in Büchern für das Volk den höhern Werth des Innern Gebetes und der Contemplation zu betonen und das Lippen- gebet und die äusseren Ceremonien nur als Mittel der Förderung des Innern Gebetes darzustellen, und dem Lobe, welches Carranza dem Buche des Luis de Granada über das innere Gebet spendet, stellt er folgende Bemerkungen entgegen : die Kirche könne in drei Punk- ten Fray Luis ernst tadeln: 1. dass er alle contemplativ und voll- kommen machen wolle und dem Volke in spanischer Sprache vor- trage, was nur für wenige aus dem Volke passe, weil nur sehr wenige gewöhnliche Leute den Weg des Fray Luis einschlagen könnten ; 2. dass er von dem Wege der Vollkommenheit als von einem solchen spreche, den Leute aus allen Ständen, auch ohne die klösterlichen Gelübde, wandeln könnten, eine Ansicht, die „dem P^vangelium, dem Gebrauche der Apostel und der kirchlichen Lehre widerspreche" ; 3. dass in seinem Buche einige grobe Irrthümer vor-

Katliolische Schriften. 589

kämen, die einen gewissen Beigeschmack von der Ketzerei der Alumbrados hätten, nnd andere, die augenscheinlich dem katholi- schen Glauben widersprächen ^). Carranza schreibt über diese letzte Bemerkung Cano's in einem Briefe an seinen Ordensgenossen Domingo de Soto: „In der ganzen Welt ist die Frömmigkeit des Fray Luis de Granada bekannt, und wie er durch sein Leben und seine Lehre ganz Spanien erbaut hat, und nun, nachdem seine Bücher unter dem Beifall der ganzen Welt fünf Jahre lang verbreitet wor- den sind, will man sie öffentlich verbieten!" ^),

In einem Briefe vom J. 1556 sagt Cano : er höre, dass die Jesuiten Tauler, Herp und Baptista de Crema folgten; des letztern Lehre sei in Eom als die eines alumbrado o dexado (Quietisten) ver- dammt worden (S. 899), und die beiden ersten trügen an vielen Stellen die Lehre derselben Secte vor^). Den Jesuiten im allge- meinen that Cano damit Unrecht ; denn ihr General Everard Mer- curian (1573 80) verordnete: Neque spirituales quidam, qui insti- tuto nostro minus conveniunt, nostris permittantur, quales sunt Tau- lerus, Eusbrochius, Henr. Suso, Eosetum, Henr. Herz [Herp], Ars serviendi Deo, Eaym. Lullus, Gertrudis opera et Mechtildis et alia hujusmodi. Nihil vero horum librorum uspiam servetur in nostris collegiis nisi ex P. Provincialis sententia^). Aber Ignatius von Loyoia sollte allerdings als Alumbrado von der Inquisition verhaftet werden, und auch Fr an c i s c o d e B o r j a, der 1565 der dritte General des Ordens wurde, war 1559 von einem Inquisitionsprocess bedroht. Verboten wurden von V. 59: Obras del Christiano compuestas por Don Francisco de Borja, duque de Gandia, kleine ascetische Schrif- ten, die Borja vor seinem Eintritt in den Orden verfasst und die in der Sammlung : Las obras niuy devotas y provechosas para qual- quier fiel christiano compuestas por el 111. Senor Don Fr. de B., duque de Gandia u. s. w. zu Antw. 1556 gedruckt waren. (Eins derselben heisst: Colirio espiritual; ob dieses das beiLiss. 81 und Sot. und als Collyrium spirituale bei S. als anonyme Schrift stehende ist?). 1561 wurde zu Venedig eine italienische und, nachdem Borja als General seines Ordens im Eufe der Heiligkeit gestorben war (1572), 1579 eine lateinische üebersetzung von dem Jesuiten Alfons Daza zu Salamanca gedruckt, ohne Zweifel mit Genehmigung der Inquisition ; denn Q,. beschränkt das Verbot auf die Ausgaben in spanischer oder einer andern Volksprache.

Vicente de la Fuente sagt: ein Drucker zu Alcala habe einen mystischen Tractat Borja's und einen von Luis de Granada mit Schriften der Ketzer von Valladolid zusammengedruckt; der Luthe- raner Fray Domingo Eoxas habe bei seinem Process behauptet, er

1) Caballero, M. Cano p. 597.

2) Coleccion de doc. ined. V, 512.

3) Caballero, M. Cano, App. 33.

4) Friedrich, Beitr. zur Gesch. des Jesuiten-Ordens, 1881, S. 47.

590 Verbote spanischer Bücher.

erkläre die Worte: „Ohne mich könnt ihr nichts thuen" gerade so wie Borja, und die Inquisition habe das zu Alcala gedruckte Buch verdammt, die Tractate von Borja und Grranada aber freigegeben^),

eine Behauptung, die um so kühner ist, da Fuente den Index von 15fi9 sehr wohl kennt. Cretineau-Joly fabelt: es seien von fremden Händen in die Schrift Borja's bedenkliche Stellen einge- schoben worden; die Inquisition habe später ihren Irrthum ein- gesehen und, um die Orthodoxie des Verfassers zu bezeugen, selbst die Schrift lateinisch herausgegeben 2). Als der Canonisationsprocess im Gange war, das war aber erst 1660, wurde freilich ein Zeugniss der span. Inquisition beigebracht, dass in den ihr vorge- legten Schriften Borja's nichts Tadelnswerthes enthalten sei^).

Ferner verbot V. 59 Fray Luis de G-ranada, de la Oracion y Meditacion, y de la Devocion, y Gruia de peccadores en tres partes, und Aviso y reglas christianas compuestas por el Maestro Avila sobre aquel verso de David Audi filia (Alcala 1556). Juan de Avila, „gewöhnlich der Apostel Andalusiens genannt, ausgezeichnet als Prediger, Seelenführer und ascetischer Schrift- steller, einer der glänzenden Sterne, die im 16. Jahrh. am kirch- lichen Himmel Spaniens leuchteten" *), sein Heiligsprechungspro- cess ist nicht zu Ende geführt worden, wurde auch 1534 von der Inquisition processirt, aber freigesprochen. Von seinem Buche erschien nach seinem Tode (1569) eine von der Inquisition approbirte Ausgabe, und Q. beschränkte das Verbot auf die älteren Ausgaben.

Der nicht minder gefeierte Luis de Granada (f 1588) wurde nach Pelayo (II, 535) nicht selbst processirt, sondern nur die Nonne Maria de la Visitaciön (zu Lissabon, 1588, S. 586), die auch er für eine Heilige gehalten. Er besorgte selbst neue Ausgaben seiner Schriften (De la oracion, Salamanca 1567; G-uia, Sal. 1570), und Q. beschränkte das Verbot auf die älteren Ausgaben. Pelayo (II, 531. 706) entschuldigt diese Verbote mit der „Bosheit und den Gefahren jener Zeiten" und mit dem „allgemeinen Schrecken, den zur Zeit der Alumbrados die mystischen Schriften eingeflösst" ; er beansprucht sogar für die Inquisition den Dank der Nachwelt, weil mehrere der verbotenen Werke durch die Neubearbeitung ge- wonnen, wie namentlich eine Vergleichung „des Mangels an Ord- nung und Eleganz und der Wiederholungen in den ersten Ausgaben der Guia de peccadores mit dem schönen Texte, den wir jetzt be-

1) Eist, eccles. de Espana, 2. Ed. V, 2ßB. Llorente III, 102. 106 sagt, es habe schon eine ältere Denunciation gegen Borja's Schriften vor- gelegen.

2) Hist. des Jes. I, 296. II, 50.

3) Bened. XIV. De beatif. 2, 26, 2.

4) K.-L. 1, 1763. Dass sein Buch, „eine der besten Anleitungen zur christlichen Vollkommenheit", von der Inquisition verboten worden, davon weiss oder sagt wenigstens das K.-L. nichts.

Katholische Schriften. 591

sitzen", zeige, als ob die Inquisition darauf Gewicht gelegt hätte. Auch das verdiene Anerkennung, dass nicht auch Luis de Leon, Juan de la Cruz und die h. Teresa in den Index gekommen und von Jeronimo Grracian nur die Conceptos del amor divin und Lamentaciones del miserable estado de los ateistas, „welchen Stoff man für ge- fährlich hielt, weil es in Spanien keine Atheisten gab."

In die Antw. App. 70, Liss. 81 und in den Eöm. Ind. wurde kein Buch von Borja, Avila und Grranada aufgenommen, und seit Sand, sind sie auch aus dem spanischen Ind. verschwunden. Da- gegen blieb im span. Ind. seit Q. Manual de diversas oraciones y espirituales exercicios, sacados por la mayor parte del libro llamado Gruia de pecadores, que compuso Fray Luis de Grranada, nur wird seit Sand, dabei bemerkt, die Grebete u. s. w. seien angeblich aus Granada entnommen, und in dem Index von 1790 wird ein zu Brüssel 1662 erschienenes Buch: Or. y Exerc. de diversos y graves autores, por el P. Fray L. de Gr., con los Salmos penit. y Le- tanias en romance y las Oraciones de S. Brigida verboten und für apokryph erklärt. Sonst stehen ausser den bereits erwähnten Schriften von Tauler, Herp, Idiota und üionysius Carthusianus unter anderen noch folgende ascetische Schriften bei V. 59: Combite gracioso de las gracias del sancto sacramento (bei S. Convivia gratiosa gratiarum sanctissimi sanramenti), von Francisco de Ossuna, dem Lehrer der h. Teresa; seit Sand, nicht mehr im Ind.; aber seitdem wird sein Abecedario espiritual expurgirt ^); Obras de Jorge de Monte mayor en lo que toca a devocion y cosas christianas (im Liss. Obras assi as de devogaö como as de amores profanos); Obra muy provechosa, como se alcanga la gracia divina, por Hiero- nimo Sirino; seit Q. auch Vida de Sancta Catalina de Fiesco 6 de Genova.

Die Furcht vor zu gründlicher Belehrung des Volkes über die Eeligionswahrheiten zeigt vor allem die Thatsache, dass 1571 der Druck einer spanischen Uebersetzung des Catechismus romanus nicht gestattet wurdet), dann der Process gegen Carranza. Zu den ver- botenen Büchern dieser Kategorie gehören sonst noch: Libro de la verdad de la fe, hecho por el maestro Fray Juan Suarez (Q) und Sacramental de Clemente Sanchez de Yercial, 1551 u. s. (V. 59).

Zu den polemischen Schriften, die seit V. 59 im span. Ind. stehen, gebort ein schon 1481 gedrucktes Buch: Catholica impug- nacion del heretico libelo, que en el ano passado de 1480 fue divulgado en la ciudad de Sevilla, por el licenciado Fr. Hernando de Talavera, Prior que fue de Nuestra Seiiora de Prado, eine Widerlegung einer Schrift eines Juden, welche Angriffe auf die Re- gierung Ferdinand's und Isabel la's und auf die christliche Eeligion enthielt. Talavera, Ilieronymit, war damals Beichtvater der Königin. Er wurde Bischof von Avila, dann (erster) Erzbischof von Granada

1) E. Böhmer, Franzisca Hernandez, 1865, S. 233.

2) Keusch, Luis de Leon S. 66.

592 Verbote spanischer Bücher.

und als achtzigjähriger Grreis 1504 von dem Inquisitor Lucero als der Ketzerei verdächtig angeklagt, weil er 1478 und in den folgen- den Jahren sich gegen die Errichtung der Inquisition ausgesprochen (natürliidi fand man auch heraus, dass er mütterlicherseits von Juden abstamme). Der Greneral-Inquisitor Deza beauftragte den Erzbischof von Toledo, den spätem Cardinal Ximenes, mit der Untersuchung; dieser machte dem Papste Mittheilung und dieser verbot durch den Nuncius dem Greneral-Inquisitor den Process weiter zu führen, nahm selbst die Untersuchung in die Hand und sprach den Erzbischof frei. Er starb einige Monate darauf 4. Mai 1507 ^). Sein Buch scheint nicht Gregenstand einer Anklage geworden zu sein. Sand, strich es im Ind., aber Sot. setzte es wieder ein (S. nahm es auch in den Rom. Ind. auf, aber Cl. strich es). Pelayo (II, 706) meint, Valdes habe es auf den Index gesetzt, weil er es für gut gehalten, „jene alten Controversen nicht wieder in Erinnerung zu bringen."

Bei y. 59 findet sich am Schlüsse der spanischen Abtheilung: „Verboten sind alle handschriftlichen Predigten, Briefe, Tractate und sonstigen Schriften, welche von der h. Schrift oder den Sacra- menten handeln. Gredruckte oder geschriebene Bücher, welche Stücke der Evangelien, der Briefe des h. Paulus und andere Stellen des N. T. in spanischer Sprache enthalten, sie mögen den ^amen des Verfassers angeben oder nicht, sind an die Inquisition abzuliefern, bis anders verfügt wird." Diese Verbote wurden in den folgenden Indices weggelassen; aber im Anschlüsse an das Verbot der Bibel- übersetzungen (S. .334) bemerkt Sot. zu dem Buche des Bonaventura Vulcanius De litteris et lingua Getarum sive Grothorum u. s. w., Leyden 1597: es ständen darin einige biblische Stücke, Magnificat, Benedictus und Nunc Dimittis, der Anfang der Grenesis und das Hohe Lied, linguis quibusdam vulgaribus, die eigentlich zu verbieten seien, aber stehen bleiben möchten, weil jene Volksprachen doch valde antiquae et nimium obsoletae und die Stücke nur als Sprach- proben, sine uUo, ut videtur incommodo, zu gebrauchen seien; jedoch sollen drei Zeilen gestrichen werden, in denen der Herausgeber zum Lesen der Biblia cymbrica et islandica aulfordert. Im An- schluss an das Verbot der Bibelübersetzungen werden seit V. 59 auch verboten: Historia de los sanctos padres del Test, viejo von Fray Domingo Baltanas, Uebersetzungen der Christias des italienischen Bischofs Hieronymus Vida, und Homances sacados al pie de la letra del Evangelio: la resurrection de Lazaro, el juicio de Salomon, el hijo prodigo, y un romance de la Nadividad de J. Chr.

Als abergläubische Sachen werden seit V. 59 (auch im Liss. 81) verboten Oraciones de los angeles, de S. Leon Papa, de S. Marina, de S. Cyprian und viele andere, Revelacion de S. Pablo,

1) Llorente I, 146. 341. Vic. de la Fuente V, 40. Dieser sagt von Lucero: er habe, wie Eymeric an der Manie des haeresicupium (caza de herejia) gelitten.

Nichttheologische Schriften. 5Ö3

Vida de Nuestra Senora en prosa y en verso, seit Q,. mit dem Zu- sätze: que es un libro apocrypho.

Gonsalvo de lUescas liess eine Historia pontifical in zwei Bänden zu Valladolid 1565 und 1567 drucken; sie wurde confiscirt und der Verfasser von der Inquisition verfolgt (daher in Antw. App. verboten). Er verstand sich dazu, zu Salamanca 1573 eine neue expurgirte Ausgabe drucken zu lassen; seit Q. steht die ältere im Index ^). Das Buch des Augustiners Hieronymo Roman, Las republicas del mundo, 1575, wird von Q. nur mit d. c. verboten, aber stark expurgirt; auch in seiner Historia de la orden de S. Augustin wird eine Stelle gestrichen. Yon Summa y compendio de todas las historias 6 chronicas del mundo, traducida por el hachiller [Franc] Tamara (bei Q.) bemerkt Sot., das Buch sei auch unter dem Titel De las costumbres de todas las gentes erschienen und sei eine Uebersetzung von Carions Chronik. Es gereicht der Inquisition nicht zur Ehre, dass sie Bücher, die in Spanien doch nicht ohne ihre Genehmigung gedruckt sein konnten, nachträglich verbot oder expurgirte. Auch eine ganze Reihe von belletristischen Schriften, ich erwähne von diesen nur einige im Anschluss an Pelayo und Ticknor ^), erschien unbehindert in einer Reihe von Auflagen und wurde dann verboten oder expurgirt. Von der Propa- ladia des (Geistlichen) Bartolome de Torres Naharro (er lebte unter Leo X. einige Zeit in Rom, machte sich dort aber durch eine Satire auf die Laster der Curie unmöglich) erschienen in Spanien 1520—45 wenigstens 4 Ausgaben. V. 59 verbot sie und die Comödie Aqui- lana, Q. gab eine expurgirte Ausgabe von 1573 frei (in der Propa- ladia ist eine Diatribe gegen Rom gestrichen). Pelayo (III, 841) rühmt, dass man im Index nicht finde Tragicomedia de Lisandro y Rosalia, 1542, von Sancho Munon, Rector der Universität Salamanca, obschon darin in einer Beschreibung der Hölle der Satz vorkomme : „Dort werden sehr grausam gequält die Päpste, welche ohne Grund grosse Ablässe und Dispensationen ertheilt, kirchliche Würden an Unwürdige vergeben, Simonie und Pensionen geduldet" u. s. w. Aber der Lazarillo de Tormes von Diego Hurtado Mendoza, zuerst 1553, wurde wegen einer Stelle über das Treiben der vendidores de bulas verboten (Pelayo II, 518) und erst eine expurgirte Ausgabe von 1573 freigegeben (im Liss. 81 und bei S. wird er unbedingt verboten).

Charakteristisch ist ein allgemeines Verbot (seit Q,.) : Comedias, Tragedias, Farsas 6 Autos, in denen der fleissige Empfang der Sacramente oder Kirchenbesuch getadelt oder ein von der Kirche anerkannter Orden oder Stand verspottet wird. Liss. 81 fügt bei: oder in denen Geistliche eine Rolle spielen oder sacramentale Acte

1) Llorente I, 475. Freytag, Anal. 1750.

2) Gesch. der schönen Lit. in Spanien, deutsch von N. H. Julius, 1867.

Beusch, Index. 38

594 Verbote spanischer Bücher.

dargestellt werden. Bezüglich der Obscönitäten war die portu- giesische Censar strenger als die spanische. Liss. 81 verbietet z. B. Celestinas, assi de Calisto e Melibea, conio a Resurreigab ou segunda comedia u. s. w., also den dramatischen Eoman Tragicomedia de Celisto y Melibea, gewöhnlich La Celestina genannt, (von Fern, de Rojas), der von 1499 1600 mindestens 30mal spanisch ge- druckt, in mehrere Sprachen übersetzt wurde, dreimal ins Italienische (Ven. 1514 u. o.), auch ins Lateinische (von Caspar Barth, Porno- boscodidascalus, 1624), in welchem „grosse Theile von schamloser Ausgelassenheit der Gredanken und der Sprache sind", und die lange Reihe der Nachahmungen, deren sechs bis 1554 erschienen und die „meist noch anstössiger für Sittlichkeit und öffentlichen An- stand sind" (Ticknorl, 214). In Spanien wurde die (erste) Celestina erst 1793 verboten, und Pelayo (II, 708) rühmt, dass „die alten Inquisitoren (die gegen Avila, Granada, Carranza u. a. so strenge waren) toleranter gewesen und sie mit einigen Streichungen (und diese verordnet erst Sot.) wie die heidnischen Classiker propter ele- gantiam sermonis gestattet hätten". Bei V. und Q. wird von den Celestinas, die auch Pelayo zu den libros lupanarios zählt, nur die zweite verboten. Von dem Cancionero general erschienen 1511 73 zehn Ausgaben. 1582 wurde es im Liss. mit d. c. verboten, 1583 von Q. die Beseitigung der Obras de burlas (Spässe) verordnet (Liss. 1624 und danach Sot. geben eine Expurgation des portu- giesischen Cancionero, Liss. 1517). Ticknor (I, 343) beschreibt ein 1584 expurgirtes Exemplar, in welchem 60 Blätter, u. a. die im Anfange stehenden sog. geistlichen Gedichte, herausgeschnitten und manche kleine Gedichte durch inquisitorische Dinte unleserlich ge- macht sind. Von Gil Vicente (f 1557) wurde ein Auto, Amadis de Gaula, schon von V. 59 verboten, obschon es erst 1562 mit anderen Stücken von ihm gedruckt wurde (auch einige andere Comedias, die von V. und Q,. verboten werden, scheinen nie ge- druckt zu sein). Sot. streicht in den expurgirten Ausgaben von 1586 und 1612 noch eine Stelle und verbietet oder expurgirt auch andere Dramen Vicente's, die allerlei Frivolitäten, auch über Mönche u. dgl. enthalten. Es sind auch Büclier verboten und in expur- girten Ausgaben freigegeben worden, die in keinem Index erwähnt werden, wie die Werke des Cristobal de Castillejo, von denen 1573 eine expurgirte Ausgabe erschien (Ticknor II, 754). Schliesslich noch die Notiz, dass Sot. auch den 2. Theil des Don Quijote expurgirt; er streicht freilich nur den Satz: Las obras de charidad que se hazen floxamente, no tienen merito ni valen nada.

Protestantische Censur im 16. Jahrhundert. 595

58. Protestantische Censur im 16. Jahrhundert.

In den protestantisch gewordenen Ländern finden wir viele genaue Analogieen zu der Römischen Inquisition und Index- Gesetzgebung. Der Unterschied ist nur der, dass es der Natur der Sache gemäss ausserhalb der römisch-katholischen Kirche nicht zu einer einheitlichen Organisation kam und dass doch nirgend das Besitzen und Lesen verbotener Bücher förmlich als eine Todsünde erklärt und mit der Excommunicatio latae sen- tentiäe bedroht wurde (S. 323).

Die Büchercensur stand in protestantischen Ländern den welt- lichen Fürsten oder Obrigkeiten zu (vgl. S. 86); sie wurde in der Regel in deren Auftrag von den Universitäten, theologischen Facul- täten, Consistorien oder besonders bestellten Censoren gehandhabt ^). Einzelne Fürsten übten die Censur in manchen Fällen selbst. So rühmte sich Herzog Ludwig von Würtemberg 1585, er lasse nicht bald eine Schrift von seinen Theologen ausgehen, welche er nicht zuvor übersehen hätte. Als 1561 einem aus vier Geistlichen und vier Weltlichen bestehenden Consistorium, welches jährlich viermal zu Weimar zusammentreten sollte, die Vorcensur über alle von Geistlichen und Weltlichen im Inland oder Ausland zu veröffent- lichenden Schriften übertragen wurde, erklärten sich die Jenaer Theologen gegen eine solche Censur, namentlich der im Ausland zu druckenden Schriften : das Schreiben sei ein Theil des Bekenntnisses ; dem h. Geiste würden durch diese Ordnung Zügel angelegt u. s. w. ^). Seit der Entstehung verschiedener Parteien unter den Lutheranern benutzte eben die gerade herrschende Partei die Censur vielfach gegen die Gegenpartei. Ziemlich allgemein verboten sonst die lutherischen Regierungen den Druck und die Verbreitung papisti- scher und sacramentirerischer, die reformirten papistischer und lutheri- scher Schriften. Zwingli forderte die Esslinger auf, sich die Züri- cher Kirche . zum Muster zu nehmen, welche sogar den Verkauf wiedertäuferischer Schriften nicht hindere; aber diese Duldsamkeit war auch in Zürich nicht von langer Dauer. Der Kurfürst von Sachsen verbot den Druck des Corpus doctrinae von Melanchthon bei einer Strafe von 3000 Gulden und Friedrich II. von Dänemark

1) Die folgenden Notizen sind, wenn nicht eine andere Quelle an- gegeben wird, aus Döllinger, Reform. I, 495, oder Kirchhoff, Beitr. II, 122, entnommen. Andere Notizen im Archiv für Gesch. des D. Buchh. IV, 63 ; V, 40; VI, 24; VII, 18.

2) Preger, Flacius 111. II, 159. Döllinger I, 506.

§96 Protestantische Censur im 19. Jahrhundert.

das Einbringen der Concordienformel bei Leibes- und Lebensstrafe und den Predigern und Schulbeaniten das Besitzen derselben bei Strafe der Absetzung und anderen Strafen. Der Herzog von Braun- schweig verbot 1594 auch den Predigern und Pfarrern, der Jesuiten, Sacramentirer und anderer irriger Lehrer Bücher zu haben und zu lesen, und der Kurfürst von Sachsen verlangte 1574 von den Sti- pendiaten der Wittenberger Universität, sich schriftlich zu ver- pflichten, dass sie sacramentirerische Bücher, darunter auch die von Yermigli, weder kaufen noch lesen wollten ^).

In Leipzig wurde 1439 Nie. Wolrab, der auf Anordnung des Herzogs Georg und des Leipziger Eathes den Druck der Postille Wicels begonnen, auf Verlangen des Kurfürsten Jobann Friedrich von dem Herzog Heinrich ins Gefängniss gesetzt; er musste sich verpflichten, seinen Verlag der Censur des Superintendenten und des Bürgermeisters zu unterwerfen; auch den drei anderen Leipziger Buchhändlern wurde geboten, nichts Neues ohne Bewilligung des Rathes zu veröffentlichen, und zwei Rathsmänner wurden beauftragt alle acht Tage bei den Buchdruckern nachzusehen, dass nichts denn dem Evangelio gemäss gedruckt werde ^).

Sogar von einem Index ist einmal die Rede. Herzog Julius von Braunschweig sprach 1579 die Erwartung aus, dass man vor Publicirung des Concordienbuches eine Generalsynode berufen werde, um die Aufstellung eines Verzeichnisses aller ketzerischen Bücher und die Handhabung einer strengen Büchercensur zu berathen ^). An die Index-Gesetzgebung erinnert auch ein Erlass des Herzogs Ludwig von Würtemberg vom 15. Jan. 1593 an die Universität Tübingen^): Die Buchhändler sollen bei einer namhaften Strafe ernstlich verwarnt werden, keine sectischen und irrigen Bücher wie auch die Schmach- und Lästerschriften und Famoslibellen der Jesuiten und ihres gleichen feil zu haben ; die Prediger sollen, sonderlich wann es etwa der Text gibt, vor dergleichen unreinen sectischen Büchern und Lästerschriften, die nirgendzu dienen, warnen; damit man aber der Adversariorum argumenta und ihre calumnias wissen und ihnen desto bass der Nothdurft nach begegnen könne, soll der Buchdrucker Georg Gruppenbach von jedem solchen scripto ein oder zwei Exem- plare beschaffen und an die Universität abliefern (vgl. S. 98). Auch solchen ministri, deren eruditio und Judicium wohl bekannt und von denen nicht zu besorgen, dass dergleichen sectische Bücher bei ihnen Unrath schaffen, sondern sich mehr zu versehen, dass sie sich desto bass gegen den Adversariis werden gefasst machen, sollen selbige scripta nicht verwehrt werden; die Supperattendenten sollen ihnen

1) Schmidt, P. Vermigli S, 292.

2) Archiv des D. Buchh. I, 22. 52.

3) Jahrb. f. D. Th. 1877, 57.

4) Abgedr. im Archiv des D. Buchh. 2, 242.

Protestantische Ceiisur im 16. Jahrhundert. 597

auf ihr Anbringen einen unterschriebenen Zettel oder ürkund, was ihnen von dergleichen Büchern gebracht werden solle, zustellen; den Supperattendenten und Amtleuten sei wegen der Jahr- und Wochenmärkte, da allerlei solche irrige unreine Bücher unter die Leute gebracht werden könnten, gebührender Befehl gethan; alles dieses werde verordnet, „damit dem leidigen Satan, der zu diesen letzten Zeiten je länger je mehr wider die Kirche Gottes tobt und wüthet, mit seiner göttlichen Hülfe gewehrt und die selig machende Lehre sonderlich in diesem unserm Fürstenthum zu der Leute Seelenheil rein erhalten werde."

In der Schweiz finden wir die frappantesten Analogieen zu dem Römischen Verfahren in Genf. 1553 wurde Miguel Servede mit seinen Büchern verbrannt, und Calvin schrieb eine Defensio orthodoxae fidei de s. trinitate contra prodigiosos errores Mich. Serveti Hispani : ubi ostenditur, haereticos jure gladii coercendos esse et nominatim hoc de homine tam impio juste et merito sump- tum Genevae fuisse supplicium, welche, von allen 15 Genfer Geist- lichen unterzeichnet, 1544 gedruckt wurde. Als zu Basel im J. 1554 dagegen die pseudonyme Gegenschrift: Martini Bellii de haereticis puniendis multorum sententiae erschien, verlangte Calvin in einem Briefe an die Baseler Geistlichkeit eine Untersuchung und Bestra- fung des Verfassers^). Im Sept. 1566 wurde Jo. Val. Gentilis in Berücksichtigung seiner Reue nicht zum Tode, aber dazu verur- theilt, im Hemde, barfuss und barhaupt, eine brennende Kerze in der Hand, kniefällig Abbitte zu thun und seine Schriften mit eige- ner Hand zu verbrennen, dann in gleichem Aufzuge unter Trompeten- schall durch die Strassen geführt zu werden und in Genf internirt zu bleiben. Er entfloh, wurde ergriflPen und zu Bern im October enthauptet^). 1562 bewirkte Beza, dass die Synode ein Buch von Morelli de Villiers als der Kirche schädlich verwarf und ver- ordnete, dieses Urtheil ohne Nennung des Verfassers von den Kan- zeln zu verlesen. Später wurde das Buch von Henkers Hand ver- brannt. Die öffentliche Verbrennung von Büchern kam auch sonst vor^). 1539 wurde verordnet und die Verordnung 1556 und 1560 erneuert, dass in Genf nichts ohne Erlaubniss der Seigneurie gedruckt werden dürfe*). Henr. Stephanus wurde 1580 vor den Conseil gefordert und getadelt, dass er in den Dialogues du nou- veau language frangais italianize zu dem approbirten Manuscript Zu- sätze gemacht (S. 542) ; er wurde zugleich daran erinnert, dass er schon wegen der Apologie des Herodot (S. 415) und wegen seiner Epigramme einen Verweis erhalten, und angewiesen, nichts mehr ohne Revision zu drucken. Wegen unehrerbietiger Bemerkungen

1) Stähelin, Calvin H, 316. Ueber Minus Celsus s. S. 580.

2) Trechsel, Antitr. II, 329.

3) Stähelin II, 451. Heppe, Beza 196.

4) Boehmer, Bibl. Wiffen. 2, 71.

598 . Schluss.

bei dem Verhör erklärte ihn das Consistorium für excommunicirt und Hess ihn der Kath acht Tage einsperren^).

In Basel wurde 1559, als man erfuhr, dass David Joris dort einige Zeit unerkannt gelebt hatte und 1556 gestorben war, ein förmlicher Process gegen seine ausgegrabene Leiche, sein Bildniss und seine Bücher eingeleitet und in Folge richterlichen Spruches alles dieses öffentlich durch den Henker verbrannt. In Zürich wurde bei dem Process gegen Ochino 1563 diesem zum Vorwurf gemacht, dass er, ohne nach der Vorschrift der Kirchenordnung die Erlaubniss der Züricher Censur einzuholen, ein Schriftchen über das Abendmahl in Basel mit Approbation der dortigen Censoren hatte drucken lassen^), was an die S. 341 erwähnte Kömische Ver- ordnung erinnert.

Die Generalstaaten von Holland erliessen 1581 und 1588 Placate gegen verbotene Bücher und papistische Superstitionen und Hessen 1598 die bei Socinianern in Amsterdam conüscirten Bücher, nachdem sie von den Leydener Professoren für ketzerisch erklärt worden, im Haag verbrennen ^). Ueber England s. S. 97.

59. Schluss.

Bei der Beurtheilung des Römischeu (und mutatis mutan- dis des spanischen) Index ist zu unterscheiden zwischen dem Verzeichnisse der Schriftsteller und Schriften und den vor dem- selben stehenden allgemeinen Verordnungen, den Trienter Hegeln und der Instruction Clemens' VIII. Dass ersteres an den er- heblichsten Mängeln leidet, auch nachdem unter Benedict XIV. viele grobe Fehler corrigirt worden sind, ist wiederholt hervor- gehoben worden und kann auch von den Apologeten des Index nicht bestritten werden. Was die allgemeinen Verordnungen betrifft, so ist nicht zu verkennen, dass die Durchführung der- selben ein geeignetes Mittel gewesen wäre, die Verbreitung ketzerischer und anderer missliebiger Schriften zu hindern und das ganze Bticherwesen unter die Aufsicht der geistlichen Be- hörden, in letzter Instanz der Römischen Curie zu bringen. Aber

1) Renouard, Ann. des Etiennes p. 414.

2) Trechscl, Antitr. II, 55. 261.

3) Brandts, Historie I, 758. 839.

Schluss. 599

die Verwirklichung dieser in ihrer Art grossartigen Idee war doch von Anfang an nur in einem bescheidenen Umfange, nur in den Ländern möglich, wo die Inquisition Macht hatte. Dies- seits der Alpen und Pyrenäen ist thatsächlich die Verötfentli- chung und Verbreitung protestantischer Schriften kaum er- schwert worden. Wenn man in den Ländern der Inquisition das Lesen verbotener Bücher durch äussere Mittel so gut wie unmöglich machen konnte, so hatte man in den anderen Län- dern durchgängig kein anderes Mittel, dasselbe zu hindern, als dass es als schwere Sünde bezeichnet und mit kirchlichen Ceu- suren bedroht wurde. Dass manche katholische Gelehrte gewissen- haft genug waren, das Verbot zu achten, zeigen die Gesuche um Dispensation von demselben. In welcher Ausdehnung aber das Verbot freiwillig beobachtet wurde, ist schwer zu constatiren. Es finden sich auch bittere Aeusserungen über den Index von auf- richtig der Kirche ergebenen Männern (S. 62. 362), und dass auch bei manchen Katholiken das Nitimur in vetitum Anwen- dung fand, wird schon für das 16. Jahrhundert, wenn auch noch nicht so vielfach wie für die folgenden Jahrhunderte, be- zeugt. Gabriel Putherbeus klagt schon 1549 (Theotimus p. 238), dass Leute, die von den durch die (Pariser) Theologen ver- botenen Büchern früher nichts gehört, durch das Verzeichniss derselben veranlasst worden seien, sie sich zu verschaffen, wäh- rend sie dieselben vielleicht sonst gar nicht beachtet haben würden, und Gratianus Verus (p. 41; S. 269) sagt, der Index Pauls IV. habe mehr als die darin excerpirte, aber weniger verbreitete Gesner'sche Bibliothek dazu beigetragen, auf die protestantischen Schriften aufmerksam zu machen (vgl. S. 362). Dass protestantische Gelehrte die Verbote des Index als Em- pfehlungen der betreffenden Bücher ausbeuteten, wurde bereits S. 4 bemerkt.

Auch auf dem streng katholischen Standpunkte kann nicht verkannt werden, dass, wenn der Index die Katholiken von der Leetüre der als gefährlich angesehenen Bücher fern hielt, dieser Vortheil doch nur um den Preis schwerer Nachtheile er- kauft werden konnte: 1. Das Lesen der h. Schrift wurde auch für solche, denen es unzweifelhaft Nutzen bringen konnte, mehr oder weniger erschwert (S. 333). -— 2. Das Studium der Bibel

600 Schluss.

und der Kirchenväter wurde auch für die Gelehrten durch das (bedingte) Verbot vieler Ausgaben erschwert (S. 331. 557). 3. Für die wissenschaftlichen Studien der Katholiken überhaupt war es ein grosses Hemraniss, dass viele nicht theologische und nichts oder so gut wie nichts Anstössiges enthaltende Bücher, sogar Lexica u. dgl. nur mit besonderer Erlaubniss oder nach vorheriger Expurgation durch die Bischöfe oder Inquisitoren benutzt werden durften (S. 330. 337.545). In Spanien, Portugal und Belgien wurde doch wenigstens durch die Indices expurgatorii eine grosse Zahl von Büchern von Autoren der 1. Classe aus- drücklich freigegeben und für andere genau bestimmt, was zu streichen oder zu ändern sei. Wo der Römische Index galt, war dieses in das Belieben der Localbehörden gestellt. 4. In den Ländern der Inquisition war den Gelehrten die Berück- sichtigung und Benutzung der ausländischen Literatur so gut wie unmöglich gemacht^). Es ist doch nur eine frivole Ausrede, wenn Zaccaria (p. 265) rühmt, in einigen Römischen Biblio- theken finde man selbst die ketzerischen Bücher (S. 188), und wenn er behauptet, daran, dass deutsche Bücher in Italien so selten seien, sei nicht der Index Schuld, so widerlegt er sich selbst, indem er in demselben Satze zur Erklärung jener That- sache neben den Transportkosten und den Zöllen den „geringen Verkehr der italienischen Buchhändler mit ketzerischen oder verdächtigen Ländern'' erwähnt, der darin seinen Grund habe, dass es sich für sie nicht rentire, Bücher kommen zu lassen, die doch nicht ungehindert verbreitet werden dürften. ~ 5. Palla- vicini (15, 18, 3) rühmt, die Furcht vor dem Index halte viele Schriftsteller von dem Schreiben, viele Drucker von dem Drucken,

. 1) Gabriel Naudaeus schreibt aus Rom 1632 an P. Gassendi (Epistolae, Genf 1667, p. 232; bei Schelh. Am. lit, 7, 100): er habe in dem Frank- furter Messcatalog, den ihm ein Cardinal gezeigt, den Titel einer Schrift von Rob. Fludd gegen Gassendi gefunden, kenne aber eben nur den Titel. Nobis enim, qui Romae vivimus, non licet esse tarn beatis, ut libros omnes absque metu et delectu penes nos habere possimus; sed nee mercatoribus ipsis bibliopolis quidquam huc advehere concessum est, quod examen ignis perhorrescat, non modo Lutheranis, sed etiam Paracelsistis ob blasphemias utrisque communes saepe saepius intentatum.

Schluss. 601

viele Buchhändler von dem Verkaufen bedenklicher Bücher ab. Wie viele gute Bücher mögen aber nicht aus Furcht vor dem Index oder vor derCensur^) ungeschrieben und ungedruckt ge- blieben sein, namentlich seitdem es von den letzten Decennien des 16. Jahrhunderts an so oft vorkam, dass Bücher wegen ein- zelner in Rom als bedenklich angesehener Ansichten, ja wegen einzelner Sätze auf den Index gesetzt wurden! 6. Das Ver- bieten von Schriften katholischer Verfasser, nicht wegen ketzeri- scher, sondern wegen solcher Ansichten, die mit den in Rom herrschenden nicht übereinstimmten, eine Praxis, welche frei- lich im 16. Jahrhundert erst begonnen und erst später in grös- serer x\usdehnung geübt wurde, und eine dieser Praxis ent- sprechende Präventivcensur für neue Bücher war ein wirksames Mittel, die in Rom herrschende Ansicht zur sententia communis zu machen und abweichende Ansichten, die vormals unbehindert vorgetragen worden, zu unterdrücken^), eine Wirkung, welche

1) Muratori de ing. mod. 2, 5: Novimus, qui ne sibi confligendum foret cum indocili quoruiidam censorum iuscitia atque impotciitia, diraissis theologicis ac philosophicis studiis se totos coniecerunt in eruditionem profanam . . . Non ergo privatis tantura studiis officitur ab his censori- bus, sed publicae etiam utilitati et ecclesiae, quae scriptoribus theologisque indiget non assentatoribus, dum scribunt, neque zelo immoderato ferven- tibus, dum judicant, sed solida eruditione refertis et omni superstitione et aJBfectu vacuis.

2) Aehnlich wie Sarpi (S. 548) sagt der Exjesuit Julius Clemens Scotti (De seligendis opinionibus u. s. w., 1652, p. 244): Non est miran- dam, quod multae sententiae prodire possint ac fieri quasi communes ad auctoritatem pontificiam spectantes, quae minus juri divino ac naturali ac rationi viderentur congruae. . . . Tam Pontifices quam Episcopi et Inquisitores satis sunt solliciti, tum ne libri, qui Pontificis potestati dero- gare videntur, in publicum prodeant et, si prodierint, vel omnino suppri- mantur vel a nemine sine speciali facultate perlegantur, donec expurgati fuerint, tum ut memoria deleatur librorum antiquiorum, e quibus multa desumi possent illi haud faventia. Atque ita difficillimum est, inquit Kogerus Widdrington, hisce praesertim temporibus aut in libris catholi- corum clausulam ullam reperire, quae oppositae pätrocinetur sententiae, aut certo cognoscere, quid scriptorum catholicorum plerique modo saltem sentiant; nam saepissime aliorum verbis loquuntur licet inviti.

602 Schluss.

doch nur diejenigen als eine wohlthätige bezeichnen werden, welche, mit der Einheit des Glaubens nicht zufrieden, die „ge- setzliche Einheit des theologischen Denkens oder der religiösen Ueberzeugung" als Ideal anstreben i) und die katholische Kirche in eine Römische Kirche umwandeln möchten. Durch das Ex- purgiren katholischer Schriften von missliebigen Sätzen und mehr noch durch das Veranstalten von expurgirten Ausgaben, wie sie von Joh. Petrus de Ferrariis, Polydorus Vergilius, Joh. Ferus, Card. Cajetanus und manchen anderen (s. im Register „Expur- girte Ausgaben") erschienen, wurde geradezu die wissenschaft- liche Tradition im curialistischen Interesse gefälscht.

1) Keusch, Galilei S. 470.

Berichtigungen und Nachträge.

S. 2, Z. 21 St. 1594 1. 1612.

S. 46. lieber die Verhandlungen über den Talmud im J. 1240 vgl. Revue des etudes juives I, 247; II, 248; III, 39. Ein Breve Innocenz' IV. an Ludwig IX. vom 12. Aug. 1247 ebend. I, 293.

S. 49, Z. 7 St. 1592 1. 1593.

S. 50. Ueber die Expurgation des Talmud durch Marini (und andere Expurgationen jüdischer Bücher) vgl. Schoettgen, Horae hebr. II, 824—882. Zu Note 2 vgl. Theiner, Ann. III, 50. 55. 333. Gregor XIII. verwendete sich für Job. Frohen, der sich in Rom katholisch angestellt, bei dem Kaiser und dem Erzherzog Ferdinand, sie möchten Simon Jud zum Bezahlen anhalten.

S. 59. Das Breve Innocenz' VIII. gegen Pico's Thesen (vom 4. Aug. 1487) ist 1860 gedruckt in der Turiner Ausgabe des Bullarium V, 327. Vgl. Civ. catt. S. 12, vol. 2, p. 616.

S. 79, Z. 2. V. u. Sogar Wilhelm V. von Baiern forderte 1586 den Administrator von Regensburg auf, die Publication der Bulla Coenae zu unterlassen. Friedberg, Grenzen zw. Kirche und Staat, S. 224.

S. 84. Im J. 1526 antwortete der Rath von Frankfurt auf eine Mahnung des Erzbischofs Albrecht von Mainz: er habe den Verkauf lutherischer Bücher wiederholt verboten; sie seien aber ohne sein Vorwissen auf der Messe verkauft worden, und dem Ver- nehmen nach geschehe dergleichen auch in Mainz und in anderen Fürstenthümern und Städten. J. Sachse, die Anfänge der Bücher- censur in Deutschland, 1870, S. 17.

S. 173, Z. 3. Clemens VII. erwähnt in einem Breve vom 13. Juli 1528 an den Bischof und den Inquisitor von Brescia (Bull. I, 674) lobend, dass sie gegen die Lutheraner eingeschritten und dass die Stadt dazu drei Bürger bestellt, und gibt beiden Voll- macht und Instruction ; er erwähnt einen Carmeliter G. B. Pallavicino, der einige Irrthümer gepredigt. In einem Breve vom 15. Jan, 1530 an den Generalvicar der Dominicaner, Inquisitor in Ferrara und Modena (Bull. I, 681) erklärt er, die Inquisitoren seien ermächtigt, auch gegen Carmeliter und andere Ordensgeistliche einzuschreiten. Paul IV. erliess 7. Aug. 1555 eine Bulle über das Verfahren gegen negantes Trinitatem aut divinitatem J. Chr. u. s. w. (Bull. I, 821).

604 Berichtigungen und Nachträge.

S. 191, Z. 5. Die Schrift von Vermigli ist neu gedruckt in der Biblioteca della ßiforma ital. vol. 3 (1883).

S. 225, Z. 6 V. u. st. Democrator 1. Democrates. Z. 2 v. u. Die Joci et sales von Luscinius werden von Sot. p. 794 expurgirt, p. 814 auch seine Allegoriae Psalmorum {1524}.

S. 271, Z. 6. Von Petrus Cholinus ist die Uebersetzung der Apokryphen in der Biblia Tigurina (1543). Z. 13 v. u. Nie. Quodus steht seit Ben. als Nie. Quadus im Index.

S. 341, Z. 8. Was Alexander VII. in dem Zusatz zur 10. Eegel einschärft, war zuerst durch ein von ihm bestätigtes Decret der Index-Congregation vom 3. Febr. 1659 (Nr. 68 in der Samm- lung) verordnet worden.

S. 380, Z. 11 V. u. Plantin erhielt ein Privileg für die lateinische und eine französische Ausgabe der Theologia germanica. Als 1570 bei den Antwerpener Buchhändlern Haussuchung gehalten wurde, wurde das Buch von den Inquisitoren nicht nur nicht con- Uscirt, sondern gelobt. Erst 1580 wurde Plantin darüber ange- griffen, dass er dasselbe gedruckt. Max Rooses, Christophe Plantin (1882), p. 39.

S. 386, Z. 19 st. dem Fürsten 1. vom Fürsten.

S. 403, Z. 5 V. u. In den spanischen Indices werden seit Sand, die (von den Compilatoren sehr fleissig benutzten) Messcataloge verboten, desgleichen CoUectio in unum corpus omnium librorum . . . qui in nundinis Francof. 1564 1592 venales extiterunt (1592), Unius saeculi . . 1500 1602 Nundinarum Elenchus . . . Auetore Jo. Clessio (1602) und die Bibliotheca classica von Georg Draudius (1611), bei Sot. p. 239 mit der Bemerkung, die Inquisitoren dürften die Erlaubniss, dieselben zu behalten, ertheilen non passim neque quibuscunque, sed vel viris probatae doctrinae et eruditionis vel selectioribus bibliopolis vel demum aliis, qui bonum publicum juvare posse videantur.

S. 403, Note 1. lieber die Untersuchung gegen Plantin vgl. M. Eooses p. 56. Das betreffende Schriftchen hiess Briefve In- struction pour prier. Plantin wurde wiederholt verdächtig, ketzerische Bücher gedruckt zu haben. Dass er ein Anhänger des Heinrich Niclaes (S. 412) und später, wie es scheint, bis zu seinem Tode, des Heinrich Janssen Barrefelt war und für beide Bücher druckte, wurde nicht bekannt. Rooses p. 61.

S. 413, Z. 3: Speculum justitiae = Den Spegel der Gerechticheit, ein starker Band in Kleinfolio, bei Plantin gedruckt. Rooses p. 68. 85.

S. 432, Z. 10. Die Inquisition erklärte 12. Juni 1620 im Auftrage Pauls V., nicht nur in der Stadt Rom, sondern in der ganzen Romana Provincia dürfe kein Buch ohne Approbation des (Bischofs und des) Magister S. Palatii gedruckt werden (No. 22 unter den Decreten bei Alex.).

S. 443. Im J. 1659 verbot die Index-Congregation (No. 70

J

Berichtigungen und Nachträge. 605

bei Alex.), als ob die Bulle Clemens' VIII. nicht existirt hätte, Caroli Molinaei consilia duo, primum super facto Concilii Trid., secundum super commodis vel incommodis novae sectae religionis Jesuitarum, einen zu Paris 1606 erschienenen Abdruck der bereits 1565 resp. 1604 einzeln gedruckten Schriften (Schulte, G-esch. 3, 2, 252).

S. 449, Z. 16: Sot. p. 374 verordnet, aus der Ausgabe von J. Ecks Enchiridion locorum communium adv. Lutherum vom J. 1572 den Index errorum adnotatorum in Caietani commentariis herauszu- schneiden, und p. 46, in dem Triumphus cath. veritatis adv. omnes haereses von Ambrosius a Mediolano, Venedig 1619, in der Haeresis 6. den § Acta Caietani und im Index Thomas de Vio zu streichen.

Register.

Abälard 16.

Abano, Petrus de 34.

Abbas Urspergensis 109. 218.

ABC, Libellus 420.

Abdias de vitis apost. 292. 329. 4G9.

Abergläubische Bücher 310. 421.

439. 491. 592. Ablass 272. 439. 488. 587. Abstemius, Laur. 307. Abydenus Corallus 237. Achatius, Israel 535. Achillinus, Alex. 395. Acridanus s. Leo 514. Acontius, Jac. 413. Acta colloquii Ratisb. 244.

comitiorumAugust, 244. 287. 320.

cum Protestant. 289.

et scripta 520.

synodi Bern. 289. Actiones duae 257. Adamo, Ant. d' 374. Admonitio ministrorum 240.

paterna 290. Aegidius Aquensis 508. Aemilius, Alph. 234.

Georg. 241. Aepinus, Jo. 210. Aequitatis discussio 398. Aetius 222.

Agenden 513.

Agobardus 14.

Agricola, Jo. 115. 243. 529.

Phil. 561.

Agrippa, Henr. Com. 121. 518. Alanus ab Insulis 284. Alarco, Jo. 228. Alba, Herzog v. 402. 405. 423. Alber, Erasmus 163. 208.

Matth. 231. Albertus Argentin. 485.

Brandenburg. 276. 532.

Magnus 488.

Albizzi 77. 434. 504.

Albrecht V. v. Baiern 187. 466.

von Mainz 57. 70. 603. Albubather 395. Alcoranus 137.

Alcoranus Franciscanorum 163.

Alchimia purgatorii 241.

Alcuinus 150. 328.

Alcuni importanti luochi 378.

Aleander 68. 80. 273. 349.

Alemani, Lud. 508.

Alesius, Alex. 209. 495.

Alexander VI. 54. 59. 368.

Alexander Vn. 1. 332.334.341.604.

Almain, Jac. 283. 447.

Alphabetum christ. 375.

Althamer, Andr. 152. 224.

Alumbrados 399. 584.

Amalrich v. Bena. 17.

Amatus Lusitanus 488.

Ambrosius 557. 559.

America 146.

Amerpach, Vitus 110.

Amica et hum. responsio 247.

Amling, Wfg. 474.

Ammonius, Wfg. 474.

Amore, Guil. de S. 21.

Amplia, Jo. 516.

An statui et dign. 360.

Analysis s. resolutio 418.

Anamnesis 419.

Anastasius Antioch. 556.

Anastasius, Jo. 249.

Anatomia della messa 374.

excusa Marpurgi 145. Andreae, Jac. 408. 495. 517. 521. Anglus, Ant. 95. 123. Annatae, taxationes 212. Annotationes in Abb, Ursp. 109.

in acta Conc. Trid. 125. Anonyme Schriften 82. 87. 195. 198.

265. 404. 511. 541.

Register.

607

Anshelm, Val. 133. Anti-Machiavel 388. Antisturraius, Laonicus 477. Antithese des faits 422. Antithesis de praeclaris 422. Antwerpen 100. 402. 405. 412. Antwyl, Frd. Jac. de 231. Apologi etc. 374. Apologia adv. Henr. Ducem 272.

catholica 525.

Confess. Aug. 256.

c. Status Burgund. 421.

de doctr. Wald. 289.

eccl. anglic. 521.

graecorum 285.

~ Wilhelmi Princ. Aur. 526.

Approbation 54. 56. 195. 339. 541.

Archinto, Fil. 217.

Arcimboldi, G. A. 215. 237.

Aretino, P. 392.

Aretius Felinus 135.

Argyrophylax 288.

Arias Montanus 298. 496. 551. 575.

Aricus 135.

Ariosto 488.

Aristoteles 17.

Armachanus, Rieh. 22.

Arresta amorum 293.

Articuli anabapt. 288.

Fac. Paris. 164.

novorum Worm. ev. 289.

47 plebis Francf. 289. Artopoeus, Hnr. 414.

Petrus 207. Arturus Britannus 284. Ascoli, Cecco d' 34. Ashwarby, Jo. 37. Askew, Anna 514. Astone, Jo. 37.

Astrologie 265. 280.307.338.394.487. Athanasius (Vergerio) 219. 377.

de Vera et pura eccl. 292.

Jo., Veluanus 249. Atrocianus Jo. 165. 306. Auctoritate, De, off. u. s. w. 43. Auding, Wfg. 474. Augsburg 57. 82. 86. Augustini et Hier. Theol. 211. Augustinus 558.

Aurifaber, Aeg. 308.

Aurifex, Guil. 17.

Avene, Jo. 422.

Aventinus Jo. 185. 327. 467.

Avicinius, Jo. 515.

Avila, Juan de 492. 590.

Avvisi 452.

Avviso piacevole 525.

Badius, Conr. 164. Baduellus, Cl. 484. Baiern 85. 176. 187. 466. Bajus, Mich. 425. 444. 469. Balbani Nie. 583. Balbi, Hier. 236. Balaeus, Jo. 95, 514. Baldach, Durandus 34. Baldanus, Theoph. 477. Balduin, Franc. 251. 362. Baling, Nie. 271. Balistarius, Jo. 244. Baltanas, Dom. 592. Bamberg 83. Bandelli, Matteo 393. Bandini, A. M. 386. Banffy, F. G. 487. Banosius, Theoph. 476. Barlandus, Adr. 355. Barlowe, Guil. 96. Barnes, Rob. 95. 123. 137. Baronius, Card. 185. 433. 535. 545. 577.

Justus 184.

Bartholomaeus von Pisa 238. Bartholomaeusnacht 477. 526. Basel, Censur 50. 137. .597.

Concil 38. 40. Basil, Theod. 93. Basileensis Eccl. 242. Basil. ministrorum 242. Bassanus, Hier. 382. Basting, Jer. 535. Battenheimer, Georg 230. Baus, Rob. 244. Beacon, Th. 93.

Bebel, Hnr. 120.

Becanis, Vidal de 145. 167.

Beccadelli, Ant. 38.

Becket, Th. 92.

Beda, Nat. 150. 157. 164. 352.

Bedrotus, Jac. 225.

Begrijp der Bybelen 163.

Belgien 98. 335. 401. 444. 598: s.

Löwen, BeliaJ s. de consol. 292. Bellarmin 13. 30. 455. 503. 525. 535.

578. Belloy, P. de 525, Bellius, Martin. 597. Bembus, P. 394. Benedict XHI. (Petrus de Luna) 46.

233. Benedict XIV. 2. 341. 397. 430. Benedictus, Erasmus 231.

Renatus 449. Beneficio di Christo 383.

Register.

Benjamiii v. Tudela 496.

Bennazar, P. 32.

Benno, Card. 282.

Benoit, Rene 449.

Berchetus, Toss, 539.

Berengar 15.

Bergen, Adr. v. 108.

Bernensis Disp. und Reform. 289.

Bernhardi, Barth. 143.

Berni, Franc. 378. 392.

Berquin, Lud. 155.

Berthold v. Chierasee 124.

Bertramus 16. 433.

Bettini, Luca 370.

Bettus, Franc. 381.

Betulejus, X. 241. 264. 485.

Beust, Joa. a 497. 597.

Beyer, Chr. 279.

Germanus 477. Beza, Th. 269. 477. Bibelausgaben 126. 161. 168. 199.

266. 831.

Bibellesen 43. 87. 133. 151. 196. 254. 266. 333. 402. 427. 468. 478. 588.

Bibeln, versificirte 332.

Bibelübersetzungen , deutsche 57. 335. 468 englische 89 flä- mische 107. 127 französische 144. 151. 157. 159. 335. 449 italienische 335. 373 polnische 335 portugiesische 335 spanische 138. 334.585.586. 592.

Bibliander. Theod. 137. 209. 287.485.

Bibliorum summaria 336.

Bibliotheca Constantp. 519.

Ss. Patrum 482. 551. 554.

studii theol. 416. Bibliotheken 188. Bigel, Jaspar 276.

Bigne, Marg. de la s. Bibl. Patrum.

Billicanus s. Gerlachius.

Birgitta 310.

Bizarrus, P. 519.

Blandrata, G. 521.

Blasius, Jo. 271.

Blast, The first 527.

Bloccius, Nie. 412.

Boccaccio 389.

Bodinus, Jo. 417. 537.

Bodius, Herm. 105.

Boethius, Hnr. 516.

Bojardo 378. 488.

Bolsec, H. 519.

Bomelius, Hnr. 105. 136. 193. 228.

Bonagratia 25.

Bonfinius, Ant. 528.

Bonnus, Herm. 250. 331.

Bouricius, Aug. 572.

Boom der schriftueren 112. 529.

Borbonius, Nie. 120.

Borja, Franc, de 492. 589.

Borrhaus, Mart. 207.

Borromeo, Carl 79. 461.

Borstius, Jo. 409.

Botzheim, Jo. v. 232.

Bourges, Concil 144.

Boxhorn, Hnr. 428.

Brasichellensis, J. M. 549.

Brentius, Jo. 115. 134.256.275.286.

312. 378. Bres, Guido de 412. Breslau 346. Bresnicer, Alex. 826. Brevier 438. Brevis cometarum explicatio 258.

et comp, instructio 139.

pastorum isagoge 287.

tractatus 243. Brigonnet, Wilh. 157. Briesmann, Jo. 209. Brieve modo 383. Brightwell 94. Brinkelow, Hnr. 95. Brodeau, Victor 160. Brombach, Frid. 276. Brown, Ed. 247. Brucioli, Ant. u. Franc. 373. Brück, Greg. 279. Brunfels, Otto 118. 126. Brunsvicensis, Jac. 281. Brus, Anton 314. 319. 344. Brusch, Casp. 366. 485. Brutum fulmen 525. Buchdrucker und Buchhändler im

Index 266. 268. 409. 411. 475.

484. 535. Buchdruckerkunst 54. Bucer, Mart. 115. 135. 165. 210. 212.

225. 234. 287. 360. 420. Bucerus, Nie. 412. Budaeus, Guil. 487. Bulla Coenae 71. 88. 603.

Diaboli 291. Bullinger, Hnr. 115. Burcardi, Franc. 326. Burck, Joa. von 475. Burgovius, Franc. 518. Burgund 176. ßurgundia, Jac. a 281. Burying of the mass 96.

Caballinus, Caspar 442. Cabasilas, Nie. 274. 556. Caesarius, Jo. 305.

Register.

Caesarius v. Heisterbach 308. Cajetanus, Card. 65. 447. ß05. Cajus, Jo. 514. Calabria, Nie. de 34. Calendaria haereticorum 513. Calendarium Gregorianum 451. Calvin, Ant. 210.

Jo. 134. 139. 144. 150. 164.290. 381. 519. 531. 597.

Justus 184. Calvininianus candor 519. Cambasius, Nie. 495. Camden, Guil. 526. Camerarius, Joa. 485. 526. Camling, Wfg. 518. Campanus, Jo. 277. Campeggio 82. Cancionero general 594. Candidus, Eusebius 414. Candidus, Pant. 517. Canisius, Petrus 199. 471. 478. Cantica selecta 417.

Canus, Melch. 303. 399. 457. 465. 574.

588. Capilupus, Laelius 393. 526. Capita fidei christ. 286. Capite fontium s. Cheffontaines. Capito, Wfg. Fabr., 134. 209. 240. Capo finto 122.

Carairal69. 173. 180. 258. 3S4. 396. Caramanius, Jul. Dom. 381. Carcus, Guil. 536. Cardanus, Hier. 486. Cardona J. B. 189. 453. Carion, Jo. 250. 312. 593. Carlstadt, A. 143. Carmeliter 554. Carmina amicorum 520.

et epistolae 520. Carnesecchi, P. 436. Carolus M. 255.

Carranza, Barth. 180. 182. 198. 445. 585.

Mich. 495.

Sancho 351.

Carvajal, Lud. 232. 351. 355. Casa, Giov. della, 133. 204. Cassander, Georg 361. 480. Cassianus 222. Cassiodorus, Petrus 514. Castalio, Seb. 153. 203. 380. Castello, Barth., de 451. Castelvetro, Lud. 154. 581. Castiglione, Balth. 376. 529. Castillejo, Crist. 594. Castro, Alph. de 449.

Leo de 576.

Keusch, Index.

I Casuisten über Bücherverbote 75. Casus, Jo. 528. Catalogue du Pape 423. Catalogus testium 252. 287. Catechismen 126. 191.240.420. 519.

522. 539. Catecismo 139. Catharina v. Genua 591. Catharinus, Ambr. 104. 369. 373.

384. 447. 569. Cato, Hier. 382. Causae, quare Aug. 287. .

synodum 289, Causse, Barth. 408. Celestina 594. Cellario, Franc. 436. Cellarius, Diethelm 232.

Mart. 207. 521.

Mich. 276. Celsus, Minus 480.

Centum et quatuord. sent. 285. Centum gravamina 211, Centuria prima monast. 485. Centuriae Magdeb. 329. 410. Cervantes 594. Cesena, Mich, 25. Cevallerius, Ant. 538. Chalcondylas, Laon. 256. Chansons 168.

Chateaubriand, Edict von 142. 146. Cheffontaines, Chrph. de 567. Chemnitz, Martin 409. Chieregati 81. 211. Chiromantie 395. Chlorus, Firmianus 124. Cholinus, Petr. 271. 604. Christiana institutio 111.

responsio 242.

juvent. crepundia 286. Christianae scholae epigr. 126. Christoph v. Würtemberg 256. Chronicon prodigiorum 485. Chronographia ecclesiae 30. Chronologia ex s. lit. 485. Chytraeus, David 409. 520. Ciaconius, Alph. 455. 508. 573. Ciconia,oVinc. 572.

Circulus charitatis 451. Cisner, Nie. 308. 520. Cittadella, P. 583. Civitella, Felic. de 381. Ciarenbach, Ad. 239. Clarius, Chrph. 228.

Isidorus 266. Clarke, P. 37.

Classen des Index 263. 324. 355.534. Classiker, Heidnische 338. 470.

39

610

Register.

Claudius Taurin. 14.

Clauser, Conr. 256.

Clavicula Salomonis 23.

Clemangis, Nie. 367. 482.

Clemens IV. 46.

Clemens VII. 173. 603.

Clemens VIII. 29. 49. 442. 532. 560.

Clemens XIV. 73.

Clerk, Barth. 526.

Clichtovaeus, Jod. 130. 574.

Cling s. Kling.

Cochlaeus, Jo., 83. 248. 268. 277.

286. 398. 483. Codes, Barth. 395. Coelestinus, Georg 326.

Jo. Frid. 411. Coelius Pannonius 487. Coena dominica 210. Cogelius, Charicius 123. Cognatus, Gilb. 367. 422. 437. Collatio div. et pap. can. 291. Collectanea demonstr. 242. Collectio figurarum 134. 311. Collensis, Julian 401. Collenutius, Pand. 524. CoUoquia 419. Colloquium Altenb. 420.

Cochlaei 286.

Herphord. 247.

Jesuiticum 631.

Marpurg. 230.

Wormat. 289. Collyrium spirituale 589. Comander, Jo. 271.

Comitia Spirae et Worm. 289. Commendone 444. Commentaria Germaniae 224. Commentarii in ep. ad Rom. et Gal.

312. Commentariorum de regno 388.

de statu 525. Commentarium in bullam Pauli III.

75. 177. Commentarius captae urbis 485.

de angelo Melanchth. 287.

in 1. Tim. Ep. 293. Commissar der Inquisition 173. 174. Commissioni. Delle 377. Commodus, Paulus, Brett. 244. Comoediae ac trag. 137.

super quaestione 112. Comödien 530. 593. Compendium inquisitorum 176, Conceptio immaculata 440. 450. Conciliabulum theolog. 237. Concilium Pisanum 243. Concordantiae graecae 241.

Cocordantiae principum 291. Concordia pia 522. Confessio August, u. andere Confes- siones 256. 412. 522.

Baronum 289.

Waldensium 38. 290. Conformi, Barth. 238. Confutatio determ. Par. 231.

21 propositionum 240. Confutationsbuch 522. Conradus al. Gothardus 136. Conradus, Alph. 136. Conseglio d'alcuni vescovi 377. Consilium cujusdam 355.

de emendanda eccl. 390.

Pauli III. 290.

pium 539.

Constabilis, Paul 434. 441. Constantinus de Sevilla 248. Constantinus, Rob. 257. Consultoren 174. 430. Contarini 176. 396. 565. Contra regimen Minor. 287. Contra sanctos Zeylleystein 294. Controversschriften 387. 402. 478.

483. 584. 591. Conventus Augustanus 243.

Genevensis 498. Copia d'una lettera 337. Coptis Christianus 230. Corasius, Jo. 527. Corbeau, Th. 409. Cordatus, Conr. 277. Cordelius, Marcus 279. Corderius, Mat. 225. Cordigerae navis conflagratio 235. Cordus. Euricius 428. Cornarius, Janus 551.

Corner, Chrph. 417. Corpus juris can. 440. Corranus, Ant. 413. Correctores Romani 440, Corvinus, Ant. 135. 210. 211. Corvus, Andr. 395 Cottalambergus, Jo. Fr. 235. Coverdale, Milo 90. 94. Cranach, Lucas 422. Cranmer, Th. 93. 274. Crema, Bapt. de 399. Crinitus, P. 487. Crispinus, Jo. 484. Critius, Andr. 515. Cromwell 90. Crotus Rubianus 237. Cruciger, Casp. 209. Crusius, Martin 519. 520. 589. Crux christiani 496.

i

Register.

611

Culmann, Leon. 123. |

Cur Eccl. quatuor ev. 293. j

Curaeus, Joa, 518. Curio, Coelius See. 191. 237. 374. I

Horatius 374. Cusanus, Nie. 523. Cuspinianus, Jo. 282. Cymbalum mundi 166. Cypriaiius 559. Cyrillus Alex. 556. Czoch, Laur. 279.

Dalmeida, Jorge 481.

Dammann, ITadr. 527.

Danaeus, Lamb. 495. 519.

Dante 226. 488.

Darrius, Jo. 535.

Dasypodius, Petr. u. Conr. 271. 478.

Dathenus, P. 412.

Dausus, Jo. 518.

Davidis, Franc. 536.

Daxer, Jac. 232.

Decimator, Hnr. 527.

Declaratio nominum 108.

S. Caes. Maj. 523. Declaratione del jubiloo 377. Decretum Gratiani 441.

Norimb. 289. Dedekind, Frid, 475. Defensio adv. axioma 287. Deliberatio simplex 239. Delrio, Martin 418. Denck, Jo. 231. Determinatio Fac. Par. 164. Deutschland 54. 56. 77. 79. 80. 335.

344; s. Baiern, Oesterreich. Diabetica legalis 485. Dialoghi di Mercurio 376.

sacri 380.

Dialogi. Decoctio. Eckius 235.

Septem 237.

Dialogo della bella creanza 394.

delP unione 451. Dialogus Karsthans 236.

obscurorum virorum 235.

oratoris pontif. 291.

paradoxes 291. Diaz, Jo. 212.

Didymus Faventinus 233. 305.

Dieterich, Georg 411.

Diether, Andr. 217.

Dinanto, David de 17.

Dinoth, Rieh. 525.

Dionysius Carthusianus 523.

Dirixon, Ph. 412.

Discorso sopra i fioretti 377.

Discursus de morte reg. Nav. 525.

Disordine della chiesa 377. Disputatio Badensis 286.

Bern. 240.

de festo corp. Chr. u. andere 517.

Groning. 239.

Herford. 247.

inter clericum 124.

Lipsica 286. Diurnale Rom. 440. Doctrinae jesuitarum 521. Doelschius, Jo. 250. Dogninus, P. 409. Dolcino, Frä 24.

Dolet, Steph. 144. 156. Dolscius, Paul 281. Dominicae prec. 111. Dominicaner 178. 432. Donatus, Jo. P. 570. Donec corrigatur 3. 30. 325. Doni, Ant. Fr. 392. Dos informaciones 123. Dos tratados 586. Dottrina vecchia 192.

verissima 383. Douay 62. 446. Draco, Alb. 271. Draconites, Jo. 209. 240. 518. Dragale locorum comm. 287. Dranta, Thom. 476. Dreher, Conr. 411. Dresdensis, Petrus 37. 508. Dresser, Mth. 519. Drilhon, L. 151.

Drusius, Jo. 125. 138. 517. Dryander, Jo. 125. 138. Duae disputationes Herf. 247. Duarenus, Franc. 419. Duclevier, Th. 166. Due lettere 377. Duell-Bücher 511. Dugo, Jo. Philonius 359. Dulichius, Hartm. 97.

Eberhart, Mth. 474. Eberlin v. Günzburg 243. Eberstain, Lud. ab 280. Ebner, Erasmus 270. Ebouff, Georg 475. Eccius dedolatus 235. Eck, Jo. 68. 102. 364. 605. Eckart, Meister 26. Eckstein, Ulr. 235. Eder, Georg 345. Eduard VI. 92. 97. Efforhen, Hnr. 475. Einsidel, Hnr. ab 280. Eisengrein, Martin 469. 566.

61^

Register.

Elchanon, Paul 474. Elegiae Pistorii 229. Elementa christ. 243. Elias, Paul 97. Elisabeth v. England 97. Elvidius, Stan. 526. Elysius, Th. 569. Emendatione, De, et corr. 383. Empfohlene Bücher 115. 130. 466. Enarrationes epist. 286. Enchaustius, Huldr. 235. 275. Enchiridion christ. institutionis 565.

christianismi 243.

manuale 421.

parvi catech. 312.

piarum prec. 287.

principis 428.

England 69. 87. 274. 514. 526. Enzinas, Franc. 126. 138. Epistola apologetica 165. 224.

christiana 285.

consolatoria 520.

de magistris 291.

de non apost. 291.

directa ad paup, 167.

Luciferi 291.

ministri cujusd. 285. Epistolae duae 360.

consolatoriae 409.

piae et christ. 377. Epithemata historiae 421. Epitoma responsionis 256. Epitome chronicorum 111.

ecclesiae renov. 287.

figurarum 312. Eppendorf, Henr. ab 271. Erasmianer 355.

Erasmus 97. 128. 131. 156. 157. 165.

297. 320. 347. 408. 413. 564. Erbenius, Nie. 474. Erbenus, Mth. 411. Erigena 15. Erlaubniss zum Lesen verbotener

Bücher 70. 88. 179. 261. 323.

388. 432. 443. 539. 545. Erythraeus, Val. 413. Esdrae Lamentationes 136. Esnaudiere, P. de 1' 530. Espencaeus, Cl. 149. 421. 442. 563. Esposizione delP orazione 383. Ethica christiana 519. Etiro, Partenio 392. Eucherius 555. Eugubinus s. Steuchus. Eulenspiegel 223. Evagrius 222. Evangelicae conciones 210.

Evangelium aeternum 20.

laetum 413.

Nicodemi 257. 292.

Pasquilli 291. Evia, Franc, de 310. Exameron 209. Excommunication 74. 341. Exempla virtutum 309. Exemplarium fidei 530. Exemplorum variorum 311. Exercitatio vitae 530, Explicatio 1. . . cap. Act. 530.. Expositio nominis Jesu 527.

sec. ep. Petri 530.

super Cant. 530. Expurgation 3. 15. 423. 427. 478.

484. 493. 540. 549. 602. Expurgirte Ausgaben 119. 155. 156. 204. 225. 284. 246. 327. 354. 385. 387. 390. 392. 393. 401.

418. 448. 486. 489. 496. 524. 529. 538. 555. 561. 566. 570. 571. 572. 573. 575. 578. 590. 593. 594.

Expurgirte Exemplare 155. 204. 355.

419. 486. 567. 571. 594. Exspectanten 356. Eymeric, Nie. 14. 26. 221.

Faber Stapulensis 144. 156. Fabricius, Erasmus 276.

Georg 254.

Jo. 360.

Jo., Montanus 254. 320. Fagius, Paul 52.

Faits, Les, de J. C. 422. Falsa et vera 521. Falsa religione, Do 211. Familisten 98. Famosschriften 81. 80, Farrago concord. 136.

locorum comm. 287.

poematum 421. Fasciculus rerum expet. 247. Fatis, De, monarchiae 287. Faure, J. B. 75. 178. Favorini, Aug. 38. Ferrariensis, Barth. 570. Ferrariis, Jo. Petr. de 245. 499. Ferrarius, Jo. 528.

Ferraris, L. 75. 336.

Ferus, Jo. 438. 467. 480. 561.

Feurelius, Theoph. 475.

Fidelis servi 526.

Fidler, Val. 475.

Figulus, Seb. 516.

Filis Pastor 518.

Register.

613

Finck, Herrn. 488.

Firmanus, Scr. 400.

J'iscliart, Jo. 477.

Fish, Simon 95. 104.

Fisher, Jo. 135. 419.

Flacius, Math., Illyricus 117. 247.

252. 275. 287. 326. 410. 519. Fladorius, Georg 411. Flaminius, M. A, 384. Flinsbach, Chumaun 281. Florenius, Paul 531. Florenz 214. 298. 390. Flores epigramm. 421. Florio, M. A. 582. Folengius Jo. B. 572.

Theoph. 394. Föns vitae 530. Fontius, Const. 584. Fonzio, Bart. 176- 383. 580. Forerius, Franc. 314. 324. 574. Foresta, J. Ph. 487.

P'orma delle orationi 381. Formula missae 312. Forster, Jo. 405.

Val. 497.

Fortius Ringelb., Joa. 395. Fox, Ed. 288.

Jo. 250. 469. Franchini, Franc. 392. Francisci noct. apparitio 235. Franck, Casp. 411. Franck, Sei). 129. Franeken, Chr. 476. 531. Franckenstein, Chr. Fr. 526. Francford. Synodus 255. Franco, Nie. 58. 392. Frankreich 140. 298. 336. 343. Franz I. von Frankreich 141. 161. Fregoso, Frid. 382.

Freigius, Jo. Th. 517. Frejus, Chrph. 516. Fricius, Andr. 438. Fridangus, Jac. 411. Frischlin, Nicod. 476. 477. Frisias Orientalis 224. Frisius, Jo. Jac. 513. Frith, J. 94. Fuchs, Leon. 307. 551. Fuente, Const. de la 584. Fulcus, Guil. 536. Funccius, Jo. 485. Fundamentum malorum 286. Furius, Frid. 254.

Galatheus, Hier. 173. 382. Galatinus, Petrus 47, Galecus, Nie. 37.

Gallasius, Nie. 233.

Gallicius, Ph. 271.

Gardiner, Stephan 136.

Gassarus, Ach. Pirm. 111.

Gast, Jo. 107. 242. 247.

Gaudentius 212.

Gaufridus de Monte 283.

Gauricus, Lucas 307. 395,

Gebwiler, Hier. 357.

Gediccus, Sim. 516.

Geiler v. Keisersberg 370. 467.

Gelasianisches Beeret 13. 330.

Geldenhauer, Gerh. 165.

Gelli, G. B. 393.

Genebrardus, Gilbert 575.

Genesis cum cath. expos. 416.

Genesius, Jo. 225.

Genf 142. 415. 527. 597.

Genter Spiele 112.

Gentilettus. Inn. 388.

Gentilis, Jo. Val. 508. 597.

Geographia univ. 126.

Georgius, Franc, Venetus 486. 551.

Gerbais, J. 283.

Gerberon, 446.

Gerlachius, Theob. 357.

Germanicae nationis lam. 291.

Gertoph, Jo. 350.

Gesner, Conr. 218. 268. 474. 556.

Gesta Romanorum 308.

Gherardino 20.

Ghislieri, Mich. 47. 170. 299; s.

Pius V. Gibbings, R. 436. 550. Gilbcrtus Porretanus 17. Giovanni Fiorentino 391. Giraldus, Gregor 382. Giubileo, Un grau 587. Giudicio sopra le lettere 378. Glossa ord. Genev. 416. Glossae juris can. 440, Glottocrysio, Fidentio 394. Goch, Jo. V. 106. Godelmann, J. G. 417. Goldast, Mechior 579. Gondisalvus 34. Gonsalvus, Reginaldus 414. Gothardus al. Conradus 136. Gotvisus, Donatus 477. Gough, Jo. 95. Gouste, Cl. 498. Gracian, Jeron. 591. Granada, Luis de 492. 588. 590. Granmundt, Chrph. 476. Grapheus, Corn. 106. Gratarolus, Guil. 582. Gratia Dei, De 285.

614

Register.

Gratia Dio de Monte Santo 377.

Gratianus Antijesuita 521.

Gratius, Ortuinus 247.

Gravius, Hnr. 44G.

Grazzini, A. F. 394.

Gregor IX. 45.

Gregor XI. 26.

Gregor XIII. 28. 50. 72. 344. 387.

390. 429. 430. 435. 464. 558. Gregor XIV. 532. 539. Gregorii XIV. literae 539. Gregorius Capuccinus 498. Gregorius Magnus 558. Greitcr, Mtli. 232. Grelus, Jo. 276.

Gretser, Jac. 76. 348. 427.538.603. Griechisehe Theologen 274. 511. 514. Grimani, Jo. 321. Grimoire 23. Grisonius, Franc. 378. Gropper, Jo. 362. 565. Grosher, Wig. 326. Gruncher, Vinc. 306. Grünpeck, Jos. 233. Grynaeus. Georg 516.

Jo. Jac. 257. 516. Gryphius, Otto 516.

Seb. 111. Gualther, Rod. 209. Giiarini, Pastor fido 285. Guevara, Ant. de 574. Guicciardini, Fr. 388. 467. Guillaud, Claude 156. Günther, Owenus 535.

Hadrian VI. 72. 83. 101. 131.

211. 348. Hager, Mich. 515. Halieus, Ant. 233. 409. Halle, Edwin 95. Haller, Bercht. 279. Hamelius, Jo. 446. Hamelle, God. de 411. Hamelmann, Herrn. 410. 417. Hanapus, Nie 309. Haner, Jo. 272. Hanmer, M. 536. Hanson, P. 521. Hantz, Jo. 476.

Häresiarchen 330. 495. 507. 510. Harphius s. Herp. Hartelius, Jac. 418. Hasenmüller, Elias 536. Hebraea, chald. nomina 108. Hedio, Casp. 109. 126. 128. 469. Heerbrand, Jac. 517. Hegendorphinus, Chrph. 111. 485.

Hegenwald, Erhard 252. Heidelbergensis Theol. 420. Heidelius, Bruno 254. Heidenreich, Esaias 476. lleimburg, Gregor 42. Heinrich II. von Frankreich 145,

161. 442. Heinrich IV. von Frankreich 539. Heinrich VIII. 87. 272. 288 Heinrich, Cardinal Infant 481, Heidelinus, Casp. 270. Heiding, Mich. 468. Heliodorus Alexicacus 276, Helling, Mart. u. Maur. 516. Helvetiae gratulatio 539. Henricpetri, Seb. 535. Henricus Senensis 24.

Tolosanus 16. Ilenriquez, Alf. 355. Herdesianus, Chr. 476. Hereford, Nie. 37. Hermannus Italus 24. Hermaphroditus 38. Hermas, Pastor 257. 556. Hermetis Magi libri 23. Herold, Bas. Jo. 300. 329. Herp, Henr. 309. 467. 589. Hertzberg. Jo. 474. Hesener, Val. 516. Hesseis, Jo. 363. 444. 574. Hessiander, Chr. 477. Hessus, Eobanus 110.

Herm. 123.

Simon 135. Hexameron 209. Hexenprocesse 121. 417. Heyden, Sebaldus 123. Heymairin, Magd. 411. Hieronymus v. Prag 37. Ilippinus 210.

Hippophilus Melangaeus 153. Historia Belgica 524.

de Germ, origine 110.

eccles. (Magdeb ) 410.

Germaniae 524.

Graeciae 524.

Hussitarum 484.

Jo. Hus 37.

Scotorum 524.

Vera de morte Jo. Diaz 212.

Vera de vita Buceri 420. Historiarum . . . epitome 111. Hitchins = Tyndall 93. Hoflfmann, Chrph. 192. 209. Holbein, Hans 241.

Holder, Wilh. 519. 536. Hondorflt', Andr. 519.

J

Register.

615

Honius, Com. 285.

Ilonorius, Necromaut 28.

Hüiiter, Jo. 289.

Hooper, Jo. 95.

Horae B. M. V. 311. 440. 483.

Hortulus animae 90. 810. 489.

Hosius, Card. 186. 300. 558.

Hospinianus, Jo. 250.

Host, Jo. 273.

Hotonian, Franc. 525. 526.

Ilouvardus, Balth. 412.

Hiiarte, Juan 497.

Hugo, Jo. 475.

Hugwaldus, Udalr. 271.

llulrici Epist. 292. 409.

Humfredus, Laur. 326. 556.

Hus, Jo. 34. 554.

Huschinus, Jo. 245.

Huser, Jo. 271.

Hütten 70. 136. 227. 237. 287.

Huttich, Jo. 272. 282.

Hutton, Mth. 536.

Hyperius, Andr. 574.

Jacob, Frid. 231.

Jacobellus 37.

James, Th. 4. 493. 556. 559.

Janovesius, Barth. 34.

Jansenius, Corn. 574.

Jarava 334.

Javellus, Chrys. 60. 567.

Idiota 309.

Jesuiten 467. 505. 521. 531. 537. 554.

Ignatius Antioch. 557.

Hlescas, Gons. 393.

Imagines mortis 241.

Imago Antichristi 422. 587.

Imelius, Jac. 279.

Imperatorum et Caes. vitae 282.

Indagine, Jo. de 280.

Iudex biblicus 282.

rerum omnium 108.

Indices zu Bibeln und Kirchenvätern

127. 162. 201. 555. Informaciones, Dos 123. Ingolstadt 68.' 85. Initialen 307. 542. 546. Innocenz IV. 46. 603.

IX. 387.

Inquisition, Römische 47. 169. 262. 434. 603. Im Mittelalter 33. In Belgien 101. In Frankreich 140. 145. In Portugal 481. In Spanien 181. 175. 296. 301. 318. 456. 490. 509. 561. 584.

Inquisitionis Hisp. artes 414.

Institutio rel. christ. 530.

Instructio brevis 139.

visitationis 289. Interim 522.

Interpretatio nomiuum 108. Introductio mirabilium 415. Joachim v. Fiore 18. Joannes Albertus 522.

Jo. Frid. IL 522. Joannes Hierosol. 554. Joannis, Petrus s. Oliva. Johannes XXII. 24. Jonas V. Orleans 255. Jonas, Justus 209. 279. Jonvillaeus, Car. 374. Joris, David 412. 598. Joye, Georg 94. 518. Ippofilo di Terra negra 153. Irenaeus, Chrph. 517.

Jo. 224.

Philotheus 124. Irenicus, Franc. 485. Isaac, Steph. 520. Isagoge, Brevis 287.

Italien 169. 335. 343. 346. - Bel- lettrist. Literatur 886. 488. Reformationslit. 173. 378. 580.

Itinerarium Petri 292. 329.

Jubileo de plenis. remisiou 587.

Judicium et censura 521.

Jüdische Bücher 43. 488. 496. 529. 575. 603.

Juellus, Jo. 409. 521.

Julius IL

236.

Julius m. 47. 165. 171. 180. Julius Caesar P. s. Paschalis. Julius Dialogus 236. Julius Mediolanus 377. Junius, Franc. 417. 424. 557. Hadr. 366. Juretus, Franc. 495. Justi, Jac. 34. Justitia brittannica 526. Juterbocensis, Ambr. 270.

Kalzius s. Katzschius.

Kantz, Jo. 475.

Karl V. 80. 98.

Katholiken in der 1. Cl. 269. 272.

279. 355. 367. 515; vgl. 560. Katzschius, Jo. 307. Kautius, Jac. 278. Kednadon, Palatinus 517. Kemhitius s. Chemnitz. Kempis, Th. a 381. Keningius, Nie. 411. Keysersberg s. Geiler. Kimedoncius, Jac. 585.

616

Register.

Kimchi 52.

Kinthisius, Jod. 153.

Kirchenordnung 522.

Kirchenväter 484. 510. 555.

Kleiuaw, Jo- 326.

Kling, Conr. 467. 480. 565.

Melch. 120. 554. Kneustobtus (Kncwstub) Jo. 536. Knipperdolling 278.

Knox, Jo. 527. Kolbius, Franc. 279. Kolch, Jac. 517. Köln 56. 67. 85. 128. Koran 137. Korn, Gallus 294. Krantz, Alb. 307. Krenzer, Seb. 32. Krompach, Nie. 277.

JLac spirituale 376. Lachraann, Jac. 229. Lagus, Conr. 119.

Josua 475. Lalamantius. Jo. 527. Lambacli, Jo. 367. Lambert, P'ranc 164. 287. 485. Lambertus de Nigro Monte 276. Lamentatio missae 165. Lamentationes germ. 291.

Petri 136. Landini, Chrph. 489. Landus, Hort. 375. Langius, Jo. 247. 475. Lansperg, Jo. Justus 310. Laonicus s. Chalcondylas. Lasdeuus, Bapt. 122. Lateran-Concil, fünftes, 55. 80. 88. Latimer, Hugo 95.

Latinius, Latinus 295. 433. 559. Laude, De, parochorum 243. Laude, Greg, de 19. Laudibus, De, Julii III. 165. Lazarillo de Tormes 593. Lee, Eduard 350. Legenda aurea 308. 563. Lemnius, Laevinus 417.

Simon 276. Lentitius (Leucius) 222. Leo X. 47. 55. 60. 65. 348. Leo Achrydanus 514.

Leo Hebraeus 488. Leon, Luis de 335. 530. Lepusculus, Seb. 270. Lessius, Leon. 446. Lesvandert, P. 530. Lethmatius, Hermas 210. Lettre mystique 498.

Leucht, Val. 479.

Lcxicon graecum 421.

Leydis, Jo. a 278.

Libellus apostolorum Galliae 520.

aureus 125.

consolatorius 383.

ex scriptis 242. Liber Belial 292.

conformitatum 238.

continens doctr. 522. 582.

contra reg. fem. 527.

egregius 37.

militantis 165.

psalmorum 416.

virginalis 34. Liberinus, Abdias 414. Libretto consolatorio 383. Libri Carolini 255.

decem annulorum etc. 23.

scripti contra diaetamRatisb. 134. Licaula, Jo. 244.

Licentius Evangelus 106.

Liechteuau, Conr. v. 109.

Liesveldt, Jac. 127.

Liguori, Alf. 76. 284. 391. 434.

Linck, Wenc. 65. 232.

Lindanus, Willi. 413. 468. 574. 576.

Lindius, Steph. 414.

Lindoverus, Frid. 277.

Lipsius, Justus 578.

Lismaninus, Fr. 380.

Listrius, Ger. 225.

Litania Gernianorum 165.

Loca insignia 137.

Lochander, Mart. 516.

Loci insigniores 137.

multi integri 417.

omnium ferc cap. 126.

utriusque Test. 192. Loquaeus, Bertr. 475. Lollardus 37.

Lonicerus, Alb. und Phil. 519.

Lorichius, Gerh., Jo., Reinh. 358. 467.

Lossius, Lucas 329.

Lotius, Berhardus 358.

Löwen 67. 113. 152. 248. 269. 353.

404. 427. 444. 503. 564. Lubicensis, Jo. 395. Lucca 190. Lucian 228.

Lucianus Mantuanus 440. Lucius Pisaeus 276. Lucta christiana 287. Ludi teutonici 112. Ludovicus Borbonius 525. Ludovicus Imperator 255. Ludtke, Mth. 514.

I

Eegister.

617

Ludus pyramidum 236, Luithold, Waremuiid 234. 244. Lukawitz, Jo. 37. Lullus, Raymaud 26. 500. Luna, Petrus de 223. Lupano, Otto 382. Lupatino, Baldo 176. 583. Lupulus, Hnr. 244. Luscinius, 0. 225. 468. 604. Luther 65. 134. 143. 256. 286. 287.

383. 422. 523. 530. Lüttich 404.

Lutzenburg, Bern, 14. 218. Lycosthenes, C. 418. 485. Lyon 143.

Macer, Casp. 515. Machiavelli 386. 579. Machumetes 137. Magazor (Machsor) 51. Magdeburg, civitatis 247. Magister S. Pal. 24. 59. 61. 65. 174.

341. 432. 440. 554. 559. 604. Mahusius, Jo. 292. 355. Mailand 78. 175. 214. 343. Mainardus, Aug. 374. Mainz 56. 479. Major, Georg 126. Maire, Jo. le 165. Maldonatus, Jo. 450. Maler, Wfg. 279. Malescot, Steph. 475. Malleolus, Felix 275. Malvenda, Th. 554. Manettus, Jan. 496. Maniera di tenere 375. Manipulus curatorum 309. Manrique, Alf. 131. 351. 376.

Thora. 390. 440. 463. Mantelius, Jo. 276. Mantuanus, Baptista 564. Manz, Felix 278. Maraffi, Dam. 573. Marcanus, Reinhold 517. Marcus Ephesinus 274. 285. Margaretha von Navarra 160. Margarita pastorum 497.

theologica 287.

Maria v. England 87. 90. 92. Mariana, Jo, 494. 576. Marinus, Marcus 50. 603. Marius, Hier. 374. Marloratus, Aug. 416. Marnix, Phil. 421. Marolt, Ortolph 280, Marschalk, Hang 243, Marshai 96.

Marsilius v. Padua 25. 106. Martinez, Mart. 570. Martiniko 230. Masarellus, Aug. 583. Masencal, J. de 149, Masius, Andr. 295. 361. 571. Massarius, Hier. 374. Masson, Guil, 586.

Papirius 14. 577. Massuccio 392.

Masurier, Martialis 158. 160. Matthaeus Westmonast. 524. Matthew, Th. 94. Matthias Bohemus 222. Maurer, Thom. 475. Maximilian H. 344. Mediatoris J, C, De 521. Medicina animae 241. Medicinische Bücher 33. 145. 497.

529. 551. Medina, Mich. 561. Mediolanensis, Julius 377. Meditationes in or. dorn. 242.

sanctorum patrura 417. Meglin, Mart. 280. Melanchthon 103. 125. 143. 153. 233.

240. 250. 287. 288. 519. 595. Melangaeus, Hippophilus 153. Melhofer, Chrph. 232. Melissa, Ant. 556. Melito 556. Menandrino 25. Menanti 452. Mendham 3. 220. 502, Mendoza, Diego Hurtado 593. Menno Simonis 249. 412. Mento, M. (Gogrevius) 476. Mercator, Gerh. 528. Mercerus, Jo. 538. Mercklin, Conr. 475. Merlinus Anglus 284. Merlinus Coccaius 394. Merula, Gaud. 496, Messbuch s. Missale. Messcatalogc 403. 410. 473. 479. 513.

604. Messe, Schriften darüber 96. 165. Metaphrasis epist. 287. Methodus s. Script. 111. Meyer, Seb. 147. Micropresbyticon 258. Microsynodus Norimb. 360. Micyllus, Jac, 485. Mirabilis liber 485. Misa, Jac, de 37. Missa evangelica 312.

latina 410.

618

Kegister.

Missale 438.

Mittelalterliche Schriften 14. 221.

225. 485. 496. 523. Mochius, Petrus 394. Modec, Heur. 412. Modena 176, Modestus s. Veranius. Modo breve 383.

di tenere 375,

6 via 378.

Modus confitendi et orandi 350.

Simplex 288.

solemnis 292. Molhusensis, Chrph. 476. Moliuaeus, Carolus 441, 605. Moller, Hnr. 278.

Vitus 516. Molther, Menrad 287. Monhemius, Jo. 414. Monluc, Jean 149. 450. Mouner, Bas. 276, Montanerius, Arn, 34, Monte Santo s. Gratia. Montemayor, Jorge 591. Montesino, Ambr. 334. Moutholon, Jos. 232. Montprot, Hnr. 232 Monumenta s, Orthodoxogr. Morata, Ol, Fulvia 581. Morgenstern, Ben. 326. Mornay, Phil. 493. Morone 176. 180. 183. 187. Mors, Rod. 95,

Morus, Th. 88. 94, 95, 489,

Mosellanus, Petr, 121.

Mosliam, Rudp, 359.

Muchkius, Jo. 231.

Müglitz s. Brus.

Munon, Sancho 593.

Munsholt, Abr, 516.

Münster, Seb. 112. 126. 134. 408. 553.

Münzer, Th. 229,

Murmann 164,

Murnarus Leviathan 237.

Murner, Th. 210, 237.

Mus exenteratus 536,

Musaeus, Raphael 238,

Musculus, Wfg. 275.

Musicalien 341. 475. 488. 514.

Muslerus, Jo. 306.

Mutius, Huldr. 110. 271.

Muzio, Girol. 47. 181. 379. 381. 389.

483. 511. Myconius, Osw. 134. Mylius, Crato 109. 230. Myon, Eutychius 261. 275.

Nachtmahlsbulle 71,

Namen der Ketzer 337. 436. 453. 478.

552, Naogeorgus, Th. 261. Nardi, Jo, Leo 382. Narratio eoruni 421. Nausea, Frid. 84. 356, 360. Neander, Conr, 516. Neapel 78, 175. 499. Necker, Georg 326. Necromautie 248. 338. Neocorus, Tim. 326. Neofanius, Melch. 516. Nesekius, Nath. 477. Nesenus, Wilh. 278. 291. Neue Testamente, holländ. 107: vgl.

Bibel. Nevizanus, Jo. 500. Nicolai, Hnr, 98, 412. 604. Niederlande s. Belgien, Niem, Theod. a 523, Niger, Franc, 374, Nigrinus, Georg 388. 518. Nigro Monte s. Lambertus. Nilus Thessalon. 274. Niuguarda, Fei, 470. 472. Nomandia 395. Nomenciator 257, Novellen 386, Nuptiae Parisinae 526. Nürnberg, Reichstag 81.

Obseöne Schriften 338. 386. 501.

594. Occara, Guil. 25. 124. Ochino, Bern. 170. 190. 374. 598. Odenbach, Jo. 475. Odo von Tusculum 46. Odonus, Jo. Ang. 381. Oecolampadius 102. 218. 240. 242.

245. 268. 276. Oeconomica christ. 105. Oesterreich 84. 344. 543. Officio, De, pii 362. Officium parvum B. M. V. 439. Ogerius Danus 284, Oldcastle, Jo. 37. 96. Olearius, Paul 243, Oleastro, Hier, ab 575. Olerii, Petrus 34. Oliva, Jo. Petrus 24. Onus Ecclesiae 124. Opera divina 383. Oporinus, Jo. 138. Opus eximium de vera 288. imperf. in Mth. 292. , magni lapidis 488.

er.

611)

Oratio ad Chr. pro Julio II. 236.

dorn, cum aliis 311.

ecclesiarum 420.

et defeusio pro Vcrg. 378. Oratione dei pcrseguitati 378. Oratiouem dorn., In 242. Orationes, abergläubische 401. 592.

funebres 420. Ordo baptizandi 566.

ecclesiasticus 522. Ordonnanzen Karls V. 103. Oresmius, Nie. 291. Orichovius, Stan. 253. Orthodoxographa 257. Osanaeus, Jo. Rieh. 515. Oslander, Andr. 209.

Lucas 477. 519. Osorius, Hier. 493. 573. Ossuua, Fr. de 591. Oster, Die Bibel 336. Otho, Ant. 326. 409. Ottheinrich v. d. Pfalz 272. Otther, Jac. 370.

Ovidii Metamorph. 285.

l*(aschalis), Jul. Caesar 381. Pacificus, Herrn. 477. Pagano, Marco 392. Paguinus, Santes 127. 538. Palaeologus, Jac. 437. Palearius, Aonius 384. 435. Palingeuius, Elias 477.

Marc. 253. Palladius, P. 410. Palmerius, Jo. 477. Panchus, Hier. 409. Pandocheus, Hellas 122.

Jac. 517. Panegyristae 236. Panormitanus 38.

Abbas 283. Pantaleon, Hnr. 311. Panthera. Ant. 573. Pappus, Jo. 424. 441. Paracelsus, Theophr. 497. Paradossi 375. Paralipomena rerum 109. Paris 140; s. Sorbonne. Parker, Mth. 524. 536. Parkhurst, Jo. 476. Paschalis (Pasquali), J. AI. 381. Pasquille 265. 291.

Pasquilli et Marforii hymnus 165. Pasquillorum tomi duo 191 237. Pasquillus ecstaticus 170. 191.

Fagius 291.

germanicus 213.

Pasquillus proscriptus 234.

semipoeta 237. Pasquino in estasi 170. 191. Passio M. Lutheri 236. Pastoris, Adam 412. 536. Pataviensis, Jo. Decanus 361. Pateshull, P. 37. Patricius, Franc. 536.

Paul III. 72. 169. 205. 349. 395. Paul IV. 48. 169. 258- 301. 347. 369.

396. 603. Paul V. 30. 194. Pauli IV. Epistola 291. Payne, P, 37. Pecock, Reg. 36. Pelhrzimow (Pilgram), Nie. 37. Pellicanus, Cour. 52. Pelt, Jo. 101. Perazonus, Nie. 248. Perca, Conr. 326. 585^ Peregrinus, J. 278. 517. Perez, Jo. 123.

Periculis, De christ. regis 539. Periers, Bon. des 166. Perkins, Gull. 586. Perlitius, Georg 516. Persecutione, De, barbarum 375. Pes rosae 529. Petrarca 378. Petri, Andr. 411. Petrosellanus, Jo.. P. 375. Petrus de Aragonia 222. Peucer, Casp. 428. Phalarismus 287. Philalethes Polytopieusis 375.

Utopiensis 236. Philarchus, Valerius 275. Philargyrus, Mth. 280.

Philipp II. 78. 98. 248. 318. 401. 458.

481. 490. Philippus Cattus 272.

Jac, Bergomas 487. Philips, Dirk 412. Philologus, Jo. 16. Philoneus Dugo 359. Philotheus Irenaeus 124. Photinus 222.

Phrases hebr. 163.

scripturae 108. 574. Phreigius s. Freigius.

Pico V. Mirandola 25. 58. 369. 603.

Pictorius, Georg 527. i Picus, Jo., Carthus. 401. j Pie et Christ, epistole 377. j Pighius, Alb. 493. 565. 569. j Pincierus, Jo. 409. 477.

Pio, Alberto, Carpense 353. 355.

620

Register.

Pirckheimer, Wil. 224. 235, Pisaeus, Lucius 276. Piscatorius, Jo. 416.

Jo. Bapt. 230. Pistorius, Jo. 229. Pium consilium 539. Pius IL 40.

PiusIV. 48. 170. 182. 194. 297. 321.

347. 459. PiusV. 47. 170. 390. 429. 435. 461.

558. Pius IX. 32. 74. 341. Placate 98. 401. 598. Plantin, Chrph. 403. 604. Pocquius, Ant. 514. Poemata varia 252, Poggius 120. Politus s. Catharinus. Poliaco, Jo. de 222. Pollio, Symph. 229. Pollius, Jo. 209. Polus, Ant. 570.

Polus, Reginald 90. 176. 257. 456. Polyglotte, Antwerpener 575. Polygranus, Franc. 488. Ppmis, David de 529. Pomponatius 59. Pontanus, Jov. 393. Pontificii Oratoris 211. Pontisella, Jo. 580. Popoli, Vittore 5Z3. Porta, J. B. 529. Portius, Simon 537, Portugal 79. 334. 481. 543. 594. Portus, Franc, u. Aem. 176. 474. Postellus, Guil. 121. Potestas, Quae regia 498. Praepositus, Jac. 228. Prateolus, Gabr. 449. 508. Präventivcensur 51. 195. 265. 339.

541. 595. 601. Praxis et taxa 421. Precationes bibl. und christ. 126.

dorn. Gryphii 111. Precationum enchiridion 287. Precedentie all' Apol. 377. Priapeia 338. 392. Prierias, Sylv. 65. 256. 292. Primer 96.

Prisbach, Wfg. 477. Privilegien 57. 65. 188. Processus consistor. 37.

jocoserius 293. Protestantische Censur 86. Protestatio concionatorum 326. Protocollum Mulbrunn. 420. Prototypograph 402.

Providentia, De 211.

Przibram, Jo. 37. 467.

Psalmi aliquot 411.

Pseudonymi 94. 95. 122. 123. 233.

235. 253. 275. 377. 413. 414.

476. 517. Puccius, Franc. 581. Pulci, Lud. 392. Pumekchius, Hier. 409. Pupper, Jo. 105. Purpurei, Jo. 105. Purvcy, Jo. 37. Putherbeus, Gabr. 284. 599.

Quadus, Nie. 271. 604. Qualificatoren 174. Quamobrem papae et diso. 240. Queren, Leod. a 421. Querela missae 165.

de pontif. insidiis 519. Querimonia Frid. II. 308. Querini, Card. 396. Quinones, Card. 439. Quintinus, Jo. 532. Quiroga, Casp. 490. 500. 555. Quodus s. Quadus.

Rabbinische Commentare 52. Rabelais 166. Radensis, Wilh. 326. Radziwil, Nie. 272. Ragnonus, Lact. 382. Raida (Raidenus), B. 277. Raimondi, Ann. 395. Rampelogis, Ant. de 496. Rapsodus 288. Rasoro, Lud. 380. Ratio brevis 288.

cur. etc. 125.

et methodus 241. 378. Rauscher, Hier. 326. Raymundus Lullus und Neophytus

27. 500. Raynaud, Theoph. 560. 564. Re metrica. De 485. Recantatio de inferno 530. Rederijker 112. Reformatio eccl. Cor. 239. Regensburg 82. 134. Regis et Sen. Angl. 290. Regno Christi, De 521.

et civitate 485.

Regulae Indicis 330. 427. 510.

Reichstage 81. 320.

Reineke Vos 519.

Reinius (de la Reina), Cass. 586.

Reiter, Chrph. 326.

Register.

621

Remonde, Chrph. v. 108. Repugnantia, De 422. Rerum in Gallia 525. Responsio de missa 209.

fidelis servi 526. Restitutione, De 279. Retention der Bullen 78. Reuchlin 60.

Reuter, Quirin 518. 519.

Rhegius, Urban 135. 192. 214. 383.

Rhenanus, Beatus 106. 356.

Rhodophanta, Jo, 232.

Riccamati, Giac. 582.

Ricci, Scipio 387.

Richardus Anglicus 222.

Armachanus 22. Richardus, Chrph. 475.

Jo. 515. Ricius, Paul 273. Ridley, Lancelot 531.

Nie. 274. Rinch, Melch. 120. Ritter, Erasmus 231.

Mth. 517. Rivius, Jo. 249. Roa, Jo., Davila 537. Robertus Anglus 274. Rochete, E. de 145. Rockyzana, Jo. 37. Roffensis s. Fisher. Rogers, Jo. 94. 274. Roma, Aug. de 38. Roman de la Rose 284. Roman, Plier. 593. Romanus, Petrus 451. Romberch, Jo. 273. Rosarius, Simon 422. Rosellis, Ant. de 58. Rottmann, Bern. 278. Roussel, Gerard 158. 100. Roye, Will. 94.

Rueff, Jac. 225. Ruess, Wfg. 232. Ruffi, Bened. 222. Rupertus, Wfg. 326. Rupescissa, Jo de 25. Rusticus, Phil, 373. Ryd, Val. Anselm 136. Ryser, Adam 232. Ryswick, Herm. 60.

Sa, Emm. 552. 554. Sahir, Hier. 326. Sabunde, Raym. 283. Sacchetti, Fr. 391. Sachs, Hans 231. Sachsenspiegel 26.

Sadeel, Ant. 518. Sadoleto, Jac. 399. 401. Sagittarius, Jo. 251.

Thomas 580. Saint-Amour, W. v. 21. Salernitanae scholae op. 33. Salomonis liber 22. 34. Sampson, Rieh. 278. 288. 531. Sanchez, Clem. 591. Sannazar, Jac. 489. Sandoval 2. 554.

Sapidus, Jo. 279.

Saracenus, Enoch 516.

Sarcerius, Erasmus 111. 147. 211. 287.

Sarpi, P. 547.

Sartoris, Gull. 36.

Sartorius, Jo. 413.

Sattler, Mich. 278.

Savonarola 368.

Savonensis, Hier. 377.

Sawtry, J. 95.

Saxo, Jo. 395.

Scalichius, Paul 531.

Scaliger, Jos. 154. 452.

Jul. Caesar 418. Scapula, Jo. 527. Schapler, Chrph. 230. Schard, Simon 419. 420. 538. Schefer, David 326. Schegkius, Jac. 409. Scheltling, Jo. 326.

Schenck, Frdr., v. Toutenborch 408. Schenck, Jac. 225. Schiurpff, Hier. 251. Schmähschriften 81. Schmaltzing, Gr. 474. Schmidius, Nie. 411. Schneidewin, Jo. 527. Schnepfius, Theod. 409. 517. Schoepper Jac. 367. 480. Scholae ehr. epigr. 126. Scholia in ep. Pauli Hl. 290. Schoner, Jo. 307. Schopper, Hartm. 518. 519.

Jac. 367. Schradaeus, Laur. 552. Schroteysen, Luc. 245. Schubert, Clem. 518. Schueh, Wfg. 145. Schulbücher 128. 130. 467. Schulteis, Mich. 326. Schumaier, Jo. 535. Schurmegistus, Ben. 271. Schutz, Jo. 474. Schweiglin, Leon. 476. Scotus, Henr. 275. Scribonius, Corn. 206. 428.

622

Kegister.

Scrinius, Mich. 516. Scripta eruditorum 420.

quaed. papae 252. Scriptorum puhl. propos. 520. Seabra 294. 482.

Sebecius, Jac. 409. Sebivilla, Petrus 227. Segarelli, Gerardus 24. Sehofer, Arsacius 231. Seidelius, Bruno 254. Sellarius, Mich. 278. Senarclaeus, Cl. 212. Senensis, Henr. 24. Sens, Concil 144. Sententiae patrum de off. 285.

pueriles 123.

SS. patrum de coena 519. Seripando, Card. 182. Sermo de digna praep. 523.

div. majestatis 287. 485. Sermones convivales 247.

de Providentia 211. Serpilius, G. 550. Serra, Hier. 566. Serranus, Jo. 521. 525. Sertorius, Jo. Leon. 382. Servetus, Mich. 127. 135. Severus 222.

Siber, Adam 254.

Sicilien 175.

Siderus, Simon 475.

Siena, Tom. da 374.

Sigebertus Gemblac. 226.

Simeoni, Gabr. 573.

Similitudinum et diss. 1. 137.

Simler, Jos. 268. 346. 474. 553.

Simolachri dell morte 242.

Sirleto, Guil. 184.

Sixtus IV. 24. 42. 56.

Sixtus V.29. 50. 173. 393. 431. 4,53.

501. 559. 567. Sixtus Senensis 48. 438. 558. Sleidanus, Jo. 122. 250. Smaragdus, 126. Snoy. Reiner 575. Sobius, Jac. 41. 237. 365. Socinus, F. und L. 580. Socolovius, Stan. 520. Sohar 53. Sohn, Georg 518. Solida refutatio 520. Somnium viridarii 124. Sonnius, Franc. 270. 539. Sorbonne 68. 141. 146. 298. 351.

449. 563. Soto, Dom. 457. 561. 560 570. 574. Soter, Jo. 282.

Spangenberg, Cyr. 409.

Jo. 287. 574.

Spanien 52. 58. 78. 131. 190. 334.

340. 351 573; s. Inquisition. Speculum caecorum 243.

exemplorum 308.

justitiae 413. 604.

vitae aulicae 519. Speien van zinnen 112. Spengler, Lazarus 232. Speyer, Reichstag 81. Spinus, Jo. 210. Spiritus s. figurae 519. Spondanus 295. Stancarus, Fr. 580. Statera prudentum 273, Statue, Delle 377. Staubius, Joa. 475. Staupitius, Jo. 279. Stella, Did. 571. Stephanus, Henr. 415. 597.

Robertus 108. 127. 161. 203.

Robertus II. 163. Sternberger, Lucas 495. Steuchus, Aug., Eugubinus 570. Steurlin, Jo. 514.

Stiblinus, Gasp. 485. Stifelius, Mich. 232. Stigelius, Jo. 329. 520. Stolberg, Chr. 475. Straparola, G. Fr. 394. Strassburg, 58. 86. 229. Stratagemata Satanae 413. Strauss, Jo. 475. Strubin, Leon. 270. Struma, Jo. de 223. Stuckius, Jo. 270.

Jo. Guil. 553. Studer, Ulr. 279. Stunica, J. Lopes 350. Sturm, Jo. 396. 477. Suarez, Juan 551, Sudphanus, Hnr. 278. Suermenica doctrina 248. Sultzer, Simon 225. Summa purioris doctr. 420.

totius s. Script. 162. Summaria in Smaragdum 126. Summario della scritt. 104. Supplicatio quorund. 245. Supplication of beggars 95. Supplice esortazione 290. Supputatio annorum 286. Susanna, comoedia 485. Sutel, Jo. 282.

Sylvius, Aeneas 40. Syngramma Suevicum 285.

i

Reofister.

623

Synodus Marpurg. 230.

SS. patrura 521.

Taboetius, Jul. 497.

Tabulae duae 163.

Taffin, Jo. 412.

Talavera, Hern, de 591.

Talmud 4.^). 603.

Tamara, Fr. 593.

Tansillo, AI. 392.

Tanzini, Reg. 387.

Tapper, Ruard 269. 574.

Targum 52.

Tasso 489.

Tatianus 222.

Tauber, Caspar 278.

Tauler, Jo. 370. 469. 523. 589.

Taverner, Rieh. 94.

Taxa poenitentiariae 421.

Taylour, Guil. 37.

Telesius, Bern. 536.

Teofilo, Massimo 373.

Terra negra, Ippofilo 153.

Terrae obedientiae 175.

Teufel, Ilosenteufel u. dgl 469.

Thann, Frid. a 279.

Theatrum historicum 519.

vitae hum. 418. Theodorus Prodromus 283. Theologia germanica 380. 604. Theologorum Wirtemb. 521. Theophilus. Jo. 380. Theramo, Jac. de 292. Thesaurus spirit. 439. Thomas Senensis 374.

a Kempis 381. Thrasybulus, Chrph. 275. Threni Hieremiae 291. Threnodia Ecclesiae 527. Tibertus, Ant. 395. Toletus, Franc. 343. 445. Tomitano, Bern. 347. Torelli, Lud. 399. Torquemada, Jo. 38. Torres, Bart, de 593. Tosarrius, Jo. 413. Toscana 175; s. Florenz. Toscanus, Jo. Mth. 572. Tostatus, Alph. 39. Totius Belgiae 539. Tractatus brevis 243. Tracy, Rieh. 95. Traditionibus, De 410. Tragoedia de lil). arb. 374. Tranquillus, Hort. 374. Tratados, Dos 586.

Trattato del beneficio di Cr. 383.

Tremellius, Imm. 413.

Trewe, Conrad 233.

Tricassinus, Patr. 395.

Trient 49. 65. 181. 194. 312. 459.

Trigamus 248.

Trilogium 241.

Trimersheim, P. 326.

Trionfi, canti 394.

Triumphi Rom. 519.

Tudisco, Nie. de 283.

Turcograecia 519.

Turingicorum exulum 420.

Turner, Guil. 95.

Turricella 382.

Tyndall 90. 93.

IJdall, Nie. 97.

Udelo Cimber Cusanus 230.

Ulloa, Alonso 585.

Ulrici s. Hulrici.

Ulricus de Morava 222.

Ultricuria, Nie. 26.

Ungarn 85.

Unio dissidentium 105.

Unitate, De (Hus) 37.

conservanda 71. Universitatis Wittenb. 286. Upton, Nie 37. Uranius, Mich. 517. Urrea, P. de 136. Ursinus, Joa. 415,

Zach. 477.

Urspergensis Abbas 109. 129. Ursula Münsterberg 523. Usingen, Barth, v. 247. Utenhovius, Car. u. Jo. 411.

Vadianus, Joa. 109. Valdes, Alph. 376.

Ferd. 131. 199. 300. 456. 461.

Jo. 375.

Valera, Cypr. de 531. 586. Valiculi, Gabr. 583. Valla, Laur. 227. Vallesius, Franc. 553. Vannius, Val. 413. Varimadus!222. Vatablus 162. 203. 332. Vehus, Hier. 279.

Matth. 474. Velenus, Ulr. 135. 234. Velsius, Justus 252. Veitkirch (Velcurio), Jo. 110. Venedig 58. 79. 175.214. 316.544. 546. Veranius Modestus 362.

624

Register.

Verbrennen der Bücher 9. 15. 66.

68. 84. 143. 145. 177. 332. 384. Vergerius, J. B. 379. ~ P. P. 204. 214. 257. 266. 275.

877. 396. Vergilius, Polydorus 154. 469. Vermilius, P.M., 190. 224. 420.604. Verunghus, P. 224. Verus, Gratianus 154. 269. 599. Verwarnung der Diener 240. Veterum quorund. theol. 258. Victoria, Franc. 503. Vicente, Gil 594. Victorius, Georg 527. Vida, Hier. 380.

Otonellus 380. 592. Villanova, Arn. de 33. Villavicencio, Laur. 445. 574. Villebois, Lud. 475. Villegas, P. Fern. 496. Vineis, Petrus de 308. Vinerius, Otto 230. Vinitor 476.

Viola animae 284. Viret, P. 241. Virginale 34.

Visitatio Saxon. 289. Vita Henrici IV. 283.

juventutis 111.

protrahenda, De 488. Vitae Patrum 126.

Rom. Pontificum 137. Vivaldus, M. Alph. 552. Vives, Lud. 564. Vögelin, Ernst 475. Vogler, Georg 232. Vogtherr, Hnr. 232. Volradus comes Mansfeld. 475. Vom alten u. neuen Gott 97. Vomburgius, Joa. 475.

Voti de' Cardinali 505. Vulcanius, Bonav. 556. 592. Vulgata 194. 405. 439. 570. 571. 574. 575.

ITaldner, Wfg. 326. Waldus, P. 37. Walram v. Naumburg 71. Warham, Erzb. 88. Weisse, Mich. 232. Welzer, Anton 474. Wesalia, Jo. de 42. Wesenbeck, Mth. 419.

Wessel, Jo. 107.

Westhemerus, Barth. 108. 574.

White, Guil. 37.

Whitgift, Jo. 536.

Wicel, Georg 359. 362. 468. 480. 531.

596. Wick, Rieh. 37. Wied, Herrn, v. 85. 239. Wien 68. 84. 345. Wierus, Jo. 417. Wilhelm V. v. Baiern 188. 327. 472.

603.

V. Oranien 526. Windschemius, Jod. 225. Winmann, Nie. 282. Winsemius, Vitus 270. Wintonensis, Steph, 136. Wirgiflus = Whitgift. Wisartus, Donatus 477. Withling, Jo. 275. Wittenberg. Theologorum 521. Wolfius, Ambr. 477.

Martin 326. Wolsey, Erzb. 69. 88. Worden, Jo. a 229. Wormser Edict 80. 83. Wünschelburg, Jo. 282. Würtemberg 595. 596. Wycleff 84. 544. Wyle, Nie. v. 245.

Xenophon 552.

Youellus, Yuellus, Jo. 409.

Zabarella, Franc. 245. Zanchius, Hier. 409. Zasius, ülr. 864. Zauberbücher 22. 34. 35. Zeghelstein (Zeuleysen) 294. Zell, Jo. 108.

Mth. 229. Ziegler, Jac. 365. Zifer, Mth. 229. Zobelius, N. E., 550. Zoch, Laur. 279. Zürich 595. 598. Zutphaniensis, Hnr. 278. Zwick, Joh. 231. Zwinger, Theod. 418.

Zwingli 211. 218. 243. 268. 276. 285. 287.

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Ünlveraitäts-Buchdruckerei von Carl Öeorgi in Bonn.

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